B 5 R 46/21 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 R 1756/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 953/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 46/21 R
Datum
Kategorie
Urteil

 

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts NordrheinWestfalen vom 14. Juni 2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

G r ü n d e :

I

1
Die Klägerin begehrt eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung von weiteren Pflichtbeitragszeiten wegen der Erziehung ihrer vor 1992 geborenen Tochter.

2
Die 1952 geborene Klägerin war von September 1978 bis April 1980 Beamtin auf Widerruf. Vom 1.8.1980 bis zum 31.1.1982 war sie  unterbrochen durch einen unbezahlten Urlaub in der Zeit vom 4.5.1981 bis zum 6.9.1981  in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst in Teilzeit beschäftigt. Zum 1.2.1982 wurde sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt und war bis zum Eintritt in den Ruhestand als Lehrerin tätig. Bereits am 8.3.1981 wurde ihre Tochter K geboren.

3
Die Beklagte stellte mit Vormerkungsbescheid vom 2.9.2013 für die Tochter der Klägerin eine Kindererziehungszeit (KEZ) im Umfang von zehn Kalendermonaten beginnend nach Ablauf des Monats der Geburt fest. Die Vormerkung der Monate Februar und März 1982 als KEZ lehnte sie unter Hinweis auf die Einbeziehung der Klägerin in ein gleichwertiges Alterssicherungssystem ab.

4
Nach Erteilung einer Rentenauskunft im Januar 2015 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beanstandete, dass für ihre Tochter keine weiteren KEZen entsprechend der 2014 eingeführten Mütterrente berücksichtigt worden seien. Mit Bescheid vom 19.1.2015 lehnte die Beklagte die Vormerkung weiterer KEZen für die Tochter ab dem "1.4.1982" (richtig: 1.2.1982) ab. Die Klägerin habe während dieser Zeit Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.2.2015 Widerspruch. Sie habe für ihre Tochter keine Versorgungsanwartschaften aufgrund von Erziehung erlangt. Es seien daher von der Beklagten 24 Kalendermonate der Kindererziehung anzuerkennen.

5
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.8.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vormerkung von KEZen für das Kind K sei mit Beginn des Beamtenverhältnisses am 1.2.1982 ausgeschlossen.

6
Das SG hat den Bescheid vom 19.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2015 geändert und die Beklagte verpflichtet, bei der Klägerin die Zeit vom 1.2.1982 bis zum 31.3.1983 als KEZ für die Tochter K vorzumerken (Urteil vom 17.10.2017). Die Klägerin sei nicht von der Anrechnung weiterer KEZen ausgeschlossen. § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI fordere, dass Versorgungsanwartschaften aufgrund der Erziehung erworben werden. Für die Klägerin seien aber nach beamtenrechtlichen Vorschriften im streitbefangenen Zeitraum keine Zeiten in einem kausalen Zusammenhang mit der Erziehung anerkannt worden. Der bloße Erwerb von beamtenrechtlichen Anwartschaften in der Erziehungszeit genüge für den Ausschluss nicht.

7
Mit Bescheid vom 19.12.2017 hat die Beklagte der Klägerin ab dem 1.1.2018 eine Regelaltersrente bewilligt. Hierbei berücksichtigte sie KEZen für die Tochter weiterhin lediglich für die Zeit vom 1.4.1981 bis zum 31.1.1982.

8
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.6.2021). Die Klägerin sei mit der Ernennung zur Beamtin am 1.2.1982 von der Anrechnung von KEZen gemäß § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI ausgeschlossen. Zwar spreche der Wortlaut der Vorschrift gegen ein solches Verständnis. Die Klägerin habe für ihre Tochter gerade keine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben. Nach Sinn und Zweck der Ausschlussregelung bestehe jedoch Anlass zu einer vom Wortlaut abweichenden Auslegung. Der Gesetzgeber habe Beamte vollständig von der Anrechnung von KEZen ausschließen wollen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Der Senat nehme Bezug auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10.10.2018 (B 13 R 20/16 R) und schließe sich ihnen an. Dass sich die Zeit der Erziehung der Tochter in der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin nicht erhöhend auswirke, habe seine Ursache allein in der Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Vorschriften in Nordrhein-Westfalen (NRW) für vor 1992 geborene Kinder. Da die beamtenrechtliche Versorgung kraft Gesetzes als annähernd gleichwertig gelte, sei nicht im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit sich die Erziehung eines Kindes dort auswirke.

9
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI. Der Gesetzgeber habe mit der zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Neuregelung eine doppelte Berücksichtigung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung vermeiden wollen. Die Fiktion des § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI setze voraus, dass es Ansprüche gebe, die im Rahmen der Beamtenversorgung durch die Kindererziehung erworben worden seien. Bleibe jedoch bei einem Wechsel in die Beamtenversorgung während der Kindererziehung die Zeit der Kindererziehung nach beamtenrechtlichen Vorschriften unberücksichtigt, sei ein Ausschluss nicht gerechtfertigt.

10
Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts NordrheinWestfalen vom 14. Juni 2021 aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 2017 zurückzuweisen und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 19. Dezember 2017 zu verurteilen, ihr höhere Altersrente ab dem 1. Januar 2018 unter Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten vom 1. Februar 1982 bis zum 31. März 1983 sowie ab dem 1. Januar 2019 unter Berücksichtigung eines Zuschlags von persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung zu gewähren.

11
Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Ausschlussregelung, der Entstehungsgeschichte und des Regelungswillens des Gesetzgebers sei entscheidend, ob ein Versicherter in dem anderen Alterssicherungssystem generell Versorgungsanwartschaften während und aufgrund der Kindererziehung erwerben könne, und nicht, ob im Einzelfall auch tatsächlich Versorgungsanwartschaften während und aufgrund der Erziehung erworben worden seien.

13
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und auch inhaltlich nicht Stellung genommen.


II

14
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten zu Recht das angefochtene Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen.

15
A. Das Begehren der Klägerin ist auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer KEZen für ihre Tochter gerichtet. Sie macht dies zutreffend mit einer Anfechtungs und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs 4 SGG, vgl BSG Urteil vom 16.6.2015  B 13 R 23/14 R  juris RdNr 12 mwN). Zwar hatte die Klägerin ursprünglich gegen den Bescheid vom 19.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2015 eine Anfechtungs und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) erhoben, soweit dort die Zeit vom 1.2.1982 bis zum 31.3.1983 nicht als KEZ vorgemerkt worden war. Dieses Begehren ist aber nach Bewilligung der Altersrente zum 1.1.2018 (Bescheid vom 19.12.2017) nicht mehr durch eine Klage auf gesonderte Korrektur des Vormerkungsbescheids, sondern im Rahmen der Überprüfung des Rentenbescheids zu verfolgen (vgl BSG aaO RdNr 13; BSG Urteil vom 14.12.2011  B 5 R 36/11 R  SozR 42600 § 248 Nr 1 RdNr 12).

16
B. Der Klägerin steht kein Anspruch auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer KEZen für ihre Tochter zu. Der Bescheid vom 19.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.

17
I. Die Prüfung der für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten hat auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Rentenbewilligung zum 1.1.2018 maßgeblichen Rechts zu erfolgen (vgl § 300 Abs 1 und 2 SGB VI). Dies sind hier insbesondere die Vorschriften der § 56 Abs 4 Nr 3, § 249 Abs 1 SGB VI jeweils idF des RVLeistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014 (BGBl I 787; im Folgenden: RVLVG). Der Anwendung der zum 1.1.2019 in Kraft getretenen Neuregelung des § 249 Abs 1 SGB VI idF des RVLeistungsverbesserungs und Stabilisierungsgesetzes (RV-LVSG) vom 28.11.2018 (BGBl I 2016), die für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder eine KEZ von 30 Kalendermonaten vorsieht, steht § 306 Abs 1 SGB VI entgegen. Für Versicherte mit zum 1.1.2019 bereits bestehendem Anspruch auf Rente kommt eine weitergehende Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung allenfalls über einen Zuschlag nach § 307d Abs 1a SGB VI in Betracht.

18
II. Gemäß § 56 Abs 1 SGB VI (idF des RVLVG) wird für einen Elternteil eine KEZ in den ersten drei Lebensjahren des Kindes (Satz 1) angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist (Satz 2 Nr 1 iVm Abs 2), die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht (Satz 2 Nr 2 iVm Abs 3) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Satz 2 Nr 3 iVm Abs 4). Nach § 249 Abs 1 SGB VI (idF des RVLVG) sind KEZen  abweichend von § 56 Abs 1 SGB VI  für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder auf 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt begrenzt.

19
Bei der Klägerin sind die ersten beiden Voraussetzungen für die Zuordnung von KEZen im Umfang von 24 Kalendermonaten erfüllt. Aus den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ergibt sich, dass die Klägerin ihre Tochter in den ersten zwei Jahren nach Ablauf des Geburtsmonats in Deutschland erzogen hat und eine übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung der Zeit zur Klägerin vorliegt (§ 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Einer Anrechnung von KEZen über die bereits berücksichtigten ersten zehn Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt der Tochter hinaus steht aber die Regelung in § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI entgegen. Danach sind Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben, wenn diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach diesem Buch; als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen.

20
1. a) Auch bei Beamten werden Zeiten der Kindererziehung bei der Bemessung der zur Alterssicherung vorgesehenen Versorgungsleistungen berücksichtigt. Zeitgleich mit der Einführung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1.1.1986 im Umfang von zunächst zwölf Monaten (durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz vom 11.7.1985, BGBl I 1450; zur Entwicklung s auch BVerfG Urteil vom 7.7.1992  1 BvL 51/86 ua  BVerfGE 87, 1, 6 ff = juris RdNr 5 ff) wurde § 6 Abs 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) um Satz 4 und 5 ergänzt (durch § 36 Nr 1 des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 6.12.1985, BGBl I 2154). Sie bestimmten, dass die Zeiten eines Erziehungsurlaubs oder einer sonstigen nach Beamtenrecht möglichen Freistellung vom Dienst bis zu dem Tag, an dem das Kind sechs Monate alt wurde, als ruhegehaltfähig galten und auf diese Weise bei der Berechnung des Ruhegehalts wirksam wurden (vgl § 4 Abs 3 BeamtVG). Als Bestandteil der ruhegehaltfähigen Dienstzeit beeinflussten sie den maßgeblichen Prozentsatz der insgesamt ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, der die Höhe der im Einzelfall zu zahlenden Versorgungsbezüge bestimmt (vgl § 14 Abs 1 Satz 1 BeamtVG); dieser Anteil ist durch einen im Gesetz vorgegebenen Höchstsatz begrenzt (vormals 75 %, ab 1.1.2003: 71,75 %).

21
Anlässlich der Ausweitung der KEZ in der gesetzlichen Rentenversicherung auf drei Jahre für Geburten ab dem 1.1.1992 (vgl §§ 56, 249 Abs 1 SGB VI in der ab dem 1.1.1992 geltenden Fassung des RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261) erfolgte eine grundlegende Umgestaltung der Berücksichtigung von Kindererziehung in der Beamtenversorgung. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Regelungen zur Anerkennung als ruhegehaltfähige Dienstzeit in § 6 Abs 1 Satz 4 und 5 BeamtVG gestrichen. Stattdessen ist für ab dem 1.1.1992 geborene Kinder nunmehr für bis zu 36 Monate der Erziehung die Zahlung eines Kindererziehungszuschlags zusätzlich zum Ruhegehalt vorgesehen (vgl zunächst § 1 Abs 1 Kindererziehungszuschlagsgesetz, verkündet als Art 16 des Gesetzes zur Änderung des BeamtVG und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften <BeamtVGÄndG> vom 18.12.1989, BGBl I 2218; ab 1.1.2002 nunmehr § 50a BeamtVG idF von Art 1 Nr 33 Versorgungsänderungsgesetz 2001 <VersorgÄndG 2001> vom 20.12.2001, BGBl I 3926). Die Höhe des Kindererziehungszuschlags entspricht dabei für jeden Monat der zu berücksichtigenden Zeit dem in § 70 Abs 2 Satz 1 SGB VI bestimmten Bruchteil des aktuellen Rentenwerts (vgl § 50a Abs 4 BeamtVG). Allerdings werden die Vorteile aufgrund des Kindererziehungszuschlags in zweifacher Hinsicht begrenzt. Zum einen ordnet § 50a Abs 5 BeamtVG an, dass die Summe aus Kindererziehungszuschlag und dem Ruhegehalt, das auf die entsprechende Zeit entfällt, nicht höher sein darf als die Höchstrente, die sich unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben würde. Zum anderen bestimmt § 50a Abs 6 BeamtVG, dass die von dem Beamten erreichbare Höchstversorgung bei Einbeziehung des Kindererziehungszuschlags nicht überschritten werden darf. Die Umstellung auf die Zuschlagslösung sollte auf diese Weise gewährleisten, dass Pensionäre im Hinblick auf die Kindererziehung gegenüber Rentnern nicht bessergestellt werden (vgl BTDrucks 14/7064 S 37  zu § 50a Abs 4 und 5; zu den Hintergründen s auch Weinbrenner in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, § 6 BeamtVG RdNr 235 ff, Stand April 2018).

22
Die neuen Regelungen zur Berücksichtigung der Kindererziehung bei den Versorgungsbezügen mittels eines Kindererziehungszuschlags für bis zu 36 Kalendermonate finden nur auf Beamte Anwendung, die ein nach dem 31.12.1991 geborenes Kind erzogen haben. Die Rechtslage ist insoweit vergleichbar mit der Stichtagsregelung in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl § 249 Abs 1 SGB VI in der ab dem 1.1.1992 geltenden Fassung des RRG 1992). Für die Erziehung eines vor diesem Stichtag innerhalb eines Beamtenverhältnisses geborenen Kindes verblieb es in der Beamtenversorgung bei der bisherigen Regelung, also der Erhöhung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit um bis zu sechs Monate (vgl § 85 Abs 7 Satz 1 BeamtVG in der bis zum 31.8.2020 geltenden Fassung des VersorgÄndG 2001 vom 20.12.2001, BGBl I 3926). Wurde hingegen ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind vor der Berufung in ein Beamtenverhältnis erzogen, wurde dies in der Beamtenversorgung ebenfalls mit einem Kindererziehungszuschlag berücksichtigt, begrenzt auf zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt (vgl § 50a Abs 8 Satz 1 BeamtVG). War der (spätere) Beamte wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig und hatte die allgemeine Wartezeit für eine Rente erfüllt, war die Zahlung eines Kindererziehungszuschlags ausgeschlossen (vgl § 50a Abs 1 Satz 2 BeamtVG).

23
Die dargestellten Regelungen zur Berücksichtigung der Kindererziehung bei der Beamtenversorgung waren zunächst einheitlich für alle Beamten in Deutschland maßgeblich. Nach Wegfall der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Versorgungsrecht der Landes- und Kommunalbeamten im Rahmen der Föderalismusreform (Streichung von Art 74a GG durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 28.8.2006, BGBl I 2034, mit Wirkung ab dem 1.9.2006) galten die Regelungen als Bundesrecht fort, konnten jedoch durch Landesrecht ersetzt werden (vgl Art 125a Abs 1 GG). In diesem Gefüge haben der Bund und die Länder auf die Ausweitung der KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder (zum 1.7.2014 auf 24 Monate und zum 1.1.2019 auf 30 Monate, vgl § 249 Abs 1 SGB VI idF des RVLVG vom 23.6.2014 <BGBl I 787> bzw des RVLVSG vom 28.11.2018 <BGBl I 2016>, sog "Mütterrente I und II") für den Bereich der Beamtenversorgung in unterschiedlicher Weise reagiert.

24
Für Bundesbeamte hat der Bundesgesetzgeber ab dem 1.9.2020 im BeamtVG die Berücksichtigung von KEZen für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder angelehnt an die Regelungen des SGB VI nachvollzogen. Die Sonderregelung in § 50a Abs 8 BeamtVG aF zum Kinderzuschlag für lediglich zwölf Kalendermonate für ein vor der Berufung in das Beamtenverhältnis erzogenes Kind wurde ersatzlos gestrichen. Nunmehr sieht § 50a Abs 2 BeamtVG (idF von Art 9 Nr 31 Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz vom 9.12.2019, BGBl I 2053) vor, dass für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind 30 Kalendermonate, für ein danach geborenes Kind 36 Kalendermonate an KEZ berücksichtigt und über den Kindererziehungszuschlag versorgungswirksam werden (sofern keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI bestand und die allgemeine Wartezeit für eine Rente erfüllt ist, vgl § 50a Abs 1 Satz 2 BeamtVG).

25
In den BeamtVGen der Länder finden sich unterschiedliche Regelungen insbesondere zur Berücksichtigung der vor dem 1.1.1992 geborenen Kinder. So hat Thüringen zB die Regelungen für Bundesbeamte ab dem 1.12.2021 inhaltlich übernommen (vgl § 65 Abs 1 und 7 ThürBeamtVG). Bei Beamten in Sachsen werden für solche Kinder derzeit grundsätzlich 24 Kalendermonate, ab dem 1.1.2024 ebenfalls 30 Kalendermonate berücksichtigt (vgl § 57 Abs 7 Satz 1 SächsBeamtVG). Bayern hat für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder die Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit beibehalten (vgl Art 103 Abs 2 BayBeamtVG: bis zu dem Tag, an dem das Kind 15 Monate alt wird). In einigen Ländern, etwa in NRW, gilt derzeit noch die Rechtslage, wie sie im BeamtVG des Bundes bis zum 31.8.2020 bestand, dh für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder, die vor der Berufung in ein Beamtenverhältnis erzogen wurden, wird ein Kindererziehungszuschlag für zwölf Monate berücksichtigt und für im Beamtenverhältnis erzogene Kinder werden die ersten sechs Monate ab der Geburt des Kindes als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt (vgl § 59 Abs 9, § 88 Abs 5 LBeamtVG NRW).

26
b) In welchem Umfang die Zeit einer ruhegehaltfähigen Kindererziehung, wie sie § 6 Abs 1 Satz 4 und 5 BeamtVG aF vorsah, sich auf die Versorgung des Beamten auswirkt, hängt von der jeweiligen individuellen Dienstbiografie, insbesondere von den zuletzt bezogenen ruhegehaltfähigen Dienstbezügen ab. Bei Erreichen des Höchstruhegehaltssatzes bereits aufgrund anderer Dienstzeiten (vgl § 14 Abs 1 BeamtVG; § 16 Abs 1 LBeamtVG NRW) oder bei der Mindestversorgung (vgl § 14 Abs 4 BeamtVG; § 16 Abs 3 LBeamtVG NRW) wirkt sie sich im Ergebnis gar nicht aus (so zB auch in dem vom BSG entschiedenen Fall vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, in dem die Klägerin eine Mindestversorgung erhielt; vgl dazu auch BVerwG Urteil vom 23.6.2016  2 C 17.14  BVerwGE 155, 280 RdNr 24 ff). Auch die Höhe des Kindererziehungszuschlags ist unter bestimmten Umständen von der Höhe der sonstigen Dienstbezüge abhängig (doppelte Höchstgrenze nach § 50a Abs 5 und 6 BeamtVG); bei Bezug des Mindestruhegehalts wird der Zuschlag nicht ausgezahlt (vgl § 50a Abs 7 Satz 2 BeamtVG).

27
Demgegenüber werden in der gesetzlichen Rentenversicherung KEZen als Beitragszeiten nach § 56 SGB VI für jeden Versicherten grundsätzlich gleich bewertet. Nach § 70 Abs 2 SGB VI beträgt der Wert für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte (EP); das entspricht jährlich rund einem EP. Damit werden der Rentenberechnung für ein Jahr der Kindererziehung fiktiv Beiträge aus dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten zugrunde gelegt. Fallen allerdings KEZen mit zeitgleich zurückgelegten sonstigen Beitragszeiten zusammen, erfolgt ggf eine Höchstwertbegrenzung (vgl § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI iVm Anlage 2b). Dies kann zur Folge haben, dass bei Versicherten mit parallel zur Kindererziehung erzieltem hohem Erwerbseinkommen die KEZ in geringerem Umfang rentenwirksam werden als bei denjenigen, die kein oder ein niedriges Erwerbseinkommen haben (zur Verfassungsgemäßheit der Regelung vgl BSG Urteil vom 16.10.2019  B 13 R 14/18 R  BSGE 129, 192 = SozR 42600 § 70 Nr 3; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG <Kammer> Beschluss vom 30.9.2020  1 BvR 757/20  nicht veröffentlicht).

28
2. Die Klägerin wurde mit dem Wechsel in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ab dem 1.2.1982 in das beamtenrechtliche Versorgungssystem einbezogen. Nach den Feststellungen des LSG sind in der beamtenrechtlichen Versorgung der Klägerin allerdings keine Anteile für die Erziehung ihrer bereits zuvor im März 1981 geborenen Tochter K enthalten. Da die Tochter zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin in das Beamtenverhältnis bereits zehn Monate alt war, konnte keine Anerkennung der ersten sechs Monate als voll ruhegehaltfähige Dienstzeit bzw gleichgestellte Zeit wegen Kindererziehung erfolgen (vgl § 88 Abs 5 Satz 1 LBeamtVG NRW iVm § 6 Abs 1 Satz 4 und 5 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung). Auch die Regelung des § 59 Abs 9 LBeamtVG NRW, wonach für vor dem 1.1.1992 außerhalb des Beamtenverhältnisses geborene und erzogene Kinder neben dem Ruhegehalt die Zahlung eines Kindererziehungszuschlags für bis zu zwölf Monate nach Ablauf des Monats der Geburt gewährt wird, findet im Fall der Klägerin jedenfalls für die zehn Kalendermonate bis zur Begründung des Beamtenverhältnisses am 1.2.1982 keine Anwendung. Für diesen Zeitraum werden ihr KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet (vgl § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI) und ist die allgemeine Wartezeit erfüllt, sodass insoweit die nach § 59 Abs 9 Satz 1 LBeamtVG NRW entsprechend geltende Ausschlussklausel in § 59 Abs 1 Satz 2 LBeamtVG NRW zu beachten ist.

29
3. Der in § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI normierte Ausschlusstatbestand für die Anrechnung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung greift unabhängig davon, ob und in welchem Umfang nach beamtenrechtlichen Vorschriften die Erziehung bei der Versorgung zeitlich und finanziell im Einzelfall tatsächlich Berücksichtigung findet. Da § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI als speziellere Regelung § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 1 SGB VI vorgeht (vgl BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 20 und B 13 R 29/17 R  juris RdNr 16 ff, 19), ist allein ausschlaggebend, dass das System der Beamtenversorgung, in das die Klägerin seit dem 1.2.1982 einbezogen ist, grundsätzlich Leistungen für die Kindererziehung vorsieht, ohne dass im Einzelfall eine Berücksichtigung erfolgt sein muss. Dies ergibt sich bei einer Auslegung des § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI anhand des Wortlauts, der Systematik, der Entstehungsgeschichte und seines Zwecks.

30
a) Wie bereits der 13. Senat zu Recht ausgeführt hat, fordert § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI nach seinem Wortlaut  anders als § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 1 SGB VI  im Fall einer "Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen" keinen konkreten Vergleich der KEZen nach dem SGB VI und nach anderen Versorgungsregelungen in zeitlicher Hinsicht ("während"), in Bezug auf die rechtliche Einordnung/Art der Zeit ("aufgrund der Erziehung") und deren Bewertung ("gleichwertig"). § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI bestimmt vielmehr durch gesetzliche Fiktion, dass eine solche Versorgung als "in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt" (vgl BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 20 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 19).

31
b) Systematische Erwägungen sprechen ebenfalls für einen pauschalen Ausschluss im Falle der Zugehörigkeit zum System der Beamtenversorgung. Der Senat schließt sich auch insoweit den Ausführungen des 13. Senats an (vgl BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 20 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 19). Danach zeigt die systematische Stellung des Halbsatzes 2 innerhalb der Regelung in § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI, dass dieser als spezielle Vorschrift der Anordnung in Halbsatz 1 vorgeht. Halbsatz 2 bezieht die Gleichwertigkeit nicht mehr wie Halbsatz 1 ausdrücklich auf die Berücksichtigung der Erziehung in den während der Erziehungszeit erworbenen Anwartschaften, sondern sieht "eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen" pauschal als annähernd gleichwertig an. Der Gesetzgeber hat damit eine Regelung im Sinne einer "Systemsubsidiarität" getroffen. Dies hat zur Folge, dass es auf die Art und Weise einer Berücksichtigung von KEZen im System der Beamtenversorgung im konkreten Einzelfall nicht ankommt. Eine "Einzelfallsubsidiarität" (vgl zu den Begriffen BSG Urteil vom 18.10.2005  B 4 RA 6/05 R  SozR 42600 § 56 Nr 3 RdNr 21) wird durch Halbsatz 2 gerade ausgeschlossen.

32
c) Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift streitet unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte für einen pauschalen systembezogenen Ausschluss. Bereits bei Einführung der Berücksichtigung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Hinterbliebenenrenten und Erziehungszeitengesetz (HEZG) vom 11.7.1985 (BGBl I 1450) mit Wirkung zum 1.1.1986 (vgl §§ 1227a Abs 5 Satz 2 Nr 2, 1231a iVm § 1229 Abs 1 RVO idF vom 11.7.1985; § 1251a Abs 4 Buchst a RVO idF vom 18.12.1989; §§ 2a, 8a AVG idF vom 11.7.1985, § 28a Abs 4 AVG idF vom 18.12.1989; §§ 29a, 31a RKG idF vom 11.7.1985, § 51a Abs 4 RKG idF vom 18.12.1989) waren Beamte von einer Anrechnung von KEZen ausgeschlossen. Die Überführung des Rentenrechts in das SGB VI hat daran nichts geändert (vgl § 56 Abs 4 Nr 2 SGB VI idF des RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261).

33
Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze (SGB4uaÄndG 2009) vom 15.7.2009 (BGBl I 1939) wurde § 56 Abs 4 Nr 2 und Nr 3 SGB VI neu gefasst. Hintergrund war die Rechtsprechung zu KEZen für in der gesetzlichen Rentenversicherung befreite Personen, für die das BSG eine die Ausschlussregelung verfassungskonform einschränkende Auslegung des damaligen § 56 Abs 4 Nr 2 SGB VI vorgenommen hatte (vgl BSG Urteil vom 18.10.2005  B 4 RA 6/05 R  SozR 42600 § 56 Nr 3; dem folgend BSG Urteil vom 31.1.2008  B 13 R 64/06 R  BSGE 100, 12 = SozR 42600 § 56 Nr 6). In Reaktion hierauf hat der Gesetzgeber die Ausschlussregelung neu formuliert (vgl BTDrucks 16/13424 S 34). Nunmehr waren Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie "während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften … oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehungszeit nach diesem Buch".

34
Die Neufassung führte in der Folgezeit zu Unsicherheit darüber, was als "systembezogen gleichwertig" anzusehen sei. So entschied das SG Dortmund (Urteil vom 22.3.2013  S 34 R 1594/10  juris), dass keine "auch nur annähernde" systembezogene Gleichwertigkeit im Falle der Anrechnung von sechs Monaten KEZ in der Beamtenversorgung für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder gegenüber einer zwölfmonatigen, additiv zu sonstigen Beitragszeiten anrechenbaren KEZ in der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben sei. Der Gesetzgeber nahm dies zum Anlass, § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI erneut zu überarbeiten. Wie sich aus der Begründung zum Entwurf des RVLVG (BTDrucks 18/909 S 21  zu Nr 3) ergibt, sollte im Hinblick auf die Beamten der Rechtszustand vor der Änderung des § 56 Abs 4 SGB VI durch das SGB4uaÄndG 2009 wiederhergestellt werden. Um eine doppelte Berücksichtigung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung in jedem Fall zu vermeiden (BTDrucks 18/909 S 21  zu Nr 3), sollten "Beamte wieder generell von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen werden, da die Beamtenversorgung systembezogen Leistungen für Kindererziehung erbringt".

35
Zwar wurde die im Gesetzentwurf dazu enthaltene Formulierung nicht in die Endfassung des Gesetzes übernommen. Sie sah vor, dass der bisher in § 56 Abs 4 Nr 2 SGB VI aF von der Anrechnung der Erziehungszeit pauschal ausgenommene Kreis der "in § 5 Abs 4 genannten Personen" wieder um die in § 5 Abs 1 SGB VI genannten versicherungsfreien Personen erweitert wird (vgl BTDrucks 18/909 S 7  zu Art 1 Nr 3). Die Vorschrift erhielt vielmehr im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens einen neuen Wortlaut (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 21.5.2014  BTDrucks 18/1489 S 5 a 1 c, 26 zu Buchst c), der der jetzigen Gesetzesfassung entspricht. An dem von der Bundesregierung geäußerten Gesetzeszweck hat aber auch der Ausschuss festgehalten. Mit der Regelung in Nr 3  anstelle der Ergänzung in Nr 2  sollte nur der ausgeschlossene Personenkreis klarer bestimmt werden: Die Neufassung sollte sicherstellen, dass nicht nur für Beamte, sondern auch für weitere Personengruppen, wie zB von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Nr 2 SGB VI befreite Lehrkräfte, die Versorgungsansprüche nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regeln erwerben, der ursprüngliche Rechtszustand vor der Änderung des § 56 Abs 4 SGB VI durch das SGB4uaÄndG 2009 wiederhergestellt wird. Auch für diese Personen habe sich herausgestellt, dass durch die bisherige Nr 3 und auch durch die im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehenen Änderungen von Nr 2 und 3 in § 56 Abs 4 SGB VI eine unzweifelhafte und eindeutige Abgrenzung der Zuständigkeit der Rentenversicherung für die Anrechnung von KEZen nicht möglich sei und es infolgedessen zu Doppelanrechnungen kommen könne. Gleichzeitig sollte verhindert werden, dass bestimmte Personenkreise, etwa satzungsmäßige Mitglieder geistiger Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften nach § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI, generell von der Anrechnung von KEZen auch dann ausgeschlossen werden, wenn sie keine Leistungen für Kindererziehung erhalten, die denen der gesetzlichen Rentenversicherung systembezogen annähernd gleichwertig sind (vgl BTDrucks 18/1489 S 26).

36
Das Erfordernis einer individuellen Prüfung, ob in der Versorgung des einzelnen Beamten nach beamtenrechtlichen Vorschriften bestimmte Zeiten der Kindererziehung tatsächlich berücksichtigt werden, ist dem nicht zu entnehmen. Vielmehr widerspräche ein solches Verständnis dem bezweckten pauschalen Ausschluss der Beamten (vgl auch BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 27 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 25).

37
III. § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich auch insofern den Ausführungen des früheren 13. Senats des BSG in seinen Urteilen vom 10.10.2018 an (B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 28 ff und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 26 ff). Der Gesetzgeber durfte bei der Berücksichtigung von KEZen eine pauschale Abgrenzung zur Beamtenversorgung vornehmen und dabei in Kauf nehmen, dass sich Zeiten der Kindererziehung in den beiden Systemen unterschiedlich und im Einzelfall im System der Beamtenversorgung überhaupt nicht auswirken.

38
1. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor.

39
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr; vgl etwa BVerfG Urteil vom 17.7.2002  1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01  BVerfGE 105, 313, 352 = juris RdNr 108 mwN). Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl BVerfG Urteil vom 26.5.2020  1 BvL 5/18  BVerfGE 153, 358 RdNr 94). Bei der Überprüfung, ob eine Regelung, die allein eine Begünstigung gewährt, den begünstigten vom nicht begünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz abgrenzt, ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Die gesetzlichen Differenzierungen müssen lediglich auf hinreichend sachbezogenen, nach Art und Gewicht vertretbaren Gründen beruhen (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.7.2023  1 BvR 980/23  juris RdNr 2 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 28.4.2022  1 BvL 12/20  BVerfGE 162, 178 RdNr 9; stRspr).

40
a) Ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss scheidet hier schon deshalb aus, weil es an der Vergleichbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung fehlt. Es handelt sich, wie der 13. Senat des BSG bereits überzeugend ausgeführt hat (BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 31 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 29, jeweils mit zahlreichen Nachweisen), seit jeher und auch noch heute um zwei getrennte Alterssicherungssysteme, die sich strukturell in so erheblicher Weise unterscheiden, dass sie nicht vergleichbar iS von Art 3 Abs 1 GG sind (vgl auch BVerwG Urteil vom 13.10.2020  2 C 11.20  juris RdNr 26 mwN). So beruht die Beamtenversorgung auf einem lebenslangen besonderen Dienst und Treueverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten und geht deshalb vom Prinzip der angemessenen Alimentation aus. Sie wird aus Steuern finanziert und vom Dienstherrn als Vollversorgung geleistet (vgl BVerfG Beschluss vom 30.9.1987  2 BvR 933/82  BVerfGE 76, 256, 298 f = juris RdNr 91 ff). Dagegen ist die gesetzliche Rentenversicherung eine grundsätzlich umlagefinanzierte Zwangsversicherung, die in mittelbarer Staatsverwaltung von Selbstverwaltungsträgern durchgeführt wird. Sie ist  im Vergleich zur Beamtenversorgung  als zu ergänzende Grundversorgung (vgl BVerfG Urteil vom 27.9.2005  2 BvR 1387/02  BVerfGE 114, 258 = juris RdNr 132) anzusehen. Ansprüche werden durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter sowie im Bereich "versicherungsfremder" Aufgaben grundsätzlich durch Steuern gedeckt und sind vom Gedanken des sozialen Ausgleichs geprägt (vgl BVerfG Beschluss vom 30.9.1987  2 BvR 933/82  BVerfGE 76, 256, 304 f = juris RdNr 95; BVerfG Beschluss vom 18.2.1998  1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86  BVerfGE 97, 271, 295 = juris RdNr 96). Diese Unterschiede der verschiedenen Alterssicherungssysteme knüpfen an historische Entwicklungen an und bestehen im Kern bis heute fort (s dazu auch Deutscher Bundestag  Wissenschaftliche Dienste, Sachstand "Anerkennung von Erziehungszeiten für Beamtinnen"  WD 6 3000  133/18  unter 3.).

41
Zwar haben sich die beiden Alterssicherungssysteme gerade im Bereich der Berücksichtigung von KEZen in letzter Zeit angenähert. So wurde im Beamtenversorgungsrecht zum Stichtag 1.1.1992 die Art und Weise der Berücksichtigung von KEZen grundlegend geändert und eng an das gleichzeitig verabschiedete RRG 1992 angelehnt (s oben II 1a <S 5 ff> RdNr 20 ff). Auch hat etwa der Gesetzgeber des BeamtVG zum 1.9.2020 die Berücksichtigung von KEZen für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder dem SGB VI entsprechend nachvollzogen (s oben II 1a <S 7> RdNr 24). Dies ändert jedoch nichts an dem eigenständigen Charakter der Beamtenversorgung und der Unterschiedlichkeit der Systeme (BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 32 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 30 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf zum BeamtVG vom 6.9.1989, BTDrucks 11/5136 S 21).

42
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen gleich zu regeln bzw gleich zu behandeln (vgl BVerfG Beschluss vom 8.4.1987  1 BvR 564/84 ua  BVerfGE 75, 78, 107 = juris RdNr 81; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 26.2.2010  1 BvR 1541/09 ua  juris RdNr 35; BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 32 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 30, jeweils mwN). Es ist dem Gesetzgeber überlassen, ob und zu welchem Zeitpunkt er Änderungen und Verbesserungen auf den verschiedenen Einzelgebieten vornehmen will (vgl BVerfG Beschluss vom 18.6.1975  1 BvL 4/74  BVerfGE 40, 121, 140 = SozR 2400 § 44 Nr 1 = juris RdNr 61; s auch BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 32 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 30). Dies gilt umso mehr, wenn, wie hier, für die Ausgestaltung der Versorgungsleistungen und der gesetzlichen Rentenversicherung seit September 2006 unterschiedliche Gesetzgeber zuständig sind (vgl auch BVerfG Beschluss vom 7.11.2002  2 BvR 1053/98  BVerfGE 106, 225, 241 = juris RdNr 48; s auch BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 33 und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 31).

43
b) Selbst wenn der pauschale Ausschluss der Beamten von Leistungen der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI als Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG angesehen würde, so wäre diese gerechtfertigt. Der Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsprechung des früheren 13. Senats an. Die Differenzierung knüpft nicht an die Persönlichkeit oder familienbezogene Merkmale an, sondern an verschiedene systematische Regelungsbereiche mit jeweils eigenen Lösungsansätzen für das mit der Berücksichtigung von KEZen verfolgte sozialpolitische Anliegen.

44
Hinzu kommt, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei aus Bundesmitteln zum sozialen Ausgleich gewährten Leistungen wie den KEZen besonders groß ist (vgl BSG Urteil vom 21.10.2021  B 5 R 28/21 R  BSGE 133, 64 = SozR 42600 § 56 Nr 11, RdNr 34 mwN; BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 35 mwN und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 33 mwN). Zudem besteht ein weiter  freilich nicht unbegrenzter  Spielraum des Gesetzgebers für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen im Bereich der Massenverwaltung, zu der auch das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung zählt (vgl BVerfG Beschluss vom 7.4.2022  1 BvL 3/18 ua  BVerfGE 161, 163 RdNr 316; BVerfG Beschluss vom 4.4.2001  2 BvL 7/98  BVerfGE 103, 310, 319 = juris RdNr 42; BSG Urteil vom 21.10.2021  B 5 R 28/21 R  BSGE 133, 64 = SozR 42600 § 56 Nr 11, RdNr 34). Auch diesen Anforderungen (vgl dazu BVerfG Beschluss vom 7.4.2022  1 BvL 3/18 ua  BVerfGE 161, 163 RdNr 316 mwN) wird § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI gerecht. Der Gesetzgeber ist insbesondere vom Regelfall ausgegangen, dass für Beamte im Rahmen der beamtenrechtlichen Versorgung grundsätzlich Zeiten der Kindererziehung berücksichtigt werden und eine zusätzliche Berücksichtigung von KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Doppelleistungen führen würde.

45
Nachteilig betroffen wird nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen, die  wie die Klägerin  infolge eines "Systemwechsels" während der Kindererziehung von der gesetzlichen Rentenversicherung in die Beamtenversorgung aufgrund der landesrechtlichen Regelungen dort bislang keine Zeiten der Kindererziehung berücksichtigt erhielt. Auswirkungen kann ein "Systemwechsel" während der Erziehungszeit überhaupt nur bei vor dem 1.1.1992 geborenen Kindern haben, weil alle Länder sowie der Bund für ab dem 1.1.1992 geborenen Kinder im Gleichklang mit den Vorschriften des SGB VI mittlerweile einen das Ruhegehalt erhöhenden Kindererziehungszuschlag für bis zu 36 Kalendermonate vorsehen. Soweit, wie hier, weiterhin § 6 Abs 1 Satz 4 und 5 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung Anwendung findet, wird zudem oftmals gleichzeitig mit der Erziehungszeit eine ruhegehaltfähige Dienstzeit vorliegen. Bis zum "Systemwechsel" werden die KEZen in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich berücksichtigt.

46
2. Der 13. Senat hat bereits überzeugend ausgeführt, dass die Ausschlussregelung weder zu einer geschlechtsbezogenen direkten oder indirekten Ungleichbehandlung von Frauen unter Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots in Art 3 Abs 2 Satz 1 GG oder des Benachteiligungsverbots in Art 3 Abs 3 Satz 1 GG führt (vgl BSG Urteile vom 10.10.2018  B 13 R 20/16 R  BSGE 127, 11 = SozR 42600 § 56 Nr 9, RdNr 46 f und  B 13 R 29/17 R  juris RdNr 44 f).

47
3. Ein Verstoß von § 56 Abs 4 Nr 3 Halbsatz 2 SGB VI gegen Art 6 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsgebot ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber ist aufgrund des Schutzauftrags aus Art 6 Abs 1 GG zwar dazu verpflichtet, durch die Kindererziehung entstehende Benachteiligungen in der Alterssicherung von kindererziehenden Familienmitgliedern auszugleichen. Aus dem Verfassungsauftrag lassen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist oder konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen aber nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl BVerfG Urteil vom 7.7.1992  1 BvL 51/86 ua  BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 35761 Allg Nr 1 = juris RdNr 123).

48
IV. Die Voraussetzungen für einen Zuschlag nach § 307d Abs 1a Satz 1 SGB VI liegen nicht vor. Danach wird bei Versicherten, deren Rentenanspruch nach dem 30.6.2014 und vor dem 1.1.2019 entstanden ist, ab dem 1.1.2019 ein Zuschlag an persönlichen EPn für Kindererziehung für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn in der Rente eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde und kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a SGB VI besteht. Diese Voraussetzungen hat die Klägerin nicht erfüllt. Die Tochter K ist zwar vor dem 1.1.1992 geboren; in ihrer Rente ist für die Tochter aber keine KEZ für den 24. Kalendermonat nach Ablauf der Geburt angerechnet worden, weil die Klägerin ab dem 1.2.1982 durch ihren Wechsel in die Beamtenversorgung von einer Anrechnung von KEZen ausgeschlossen ist und daher lediglich die ersten zehn Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt als KEZen angerechnet worden sind.

49
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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