Wenn die Kassenärztliche Vereinigung gegen ein Urteil, mit dem das SG einen Richtigstellungsbescheid für ein früheres Quartal aufgehoben hat, keine Berufung eingelegt hat, ergibt sich allein daraus in einem späteren Verfahren der Beteiligten nicht ein Anspruch aufgrund einer Rechtskraftwirkung, Bindungswirkung oder eines schützenswerten Vertrauens. Die Definition des Krankheitsfalls bestimmt nach dem klaren Wortlaut von 3.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM i.V.m. § 21 Abs.1 S.9 BMV-Ä grundsätzlich ausschließlich einen Zeitraum. Zum mehrfachen Ansatz der GOP 01793 EBM sowie von Leistungen nach den GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM im Krankheitsfall beim Vorliegen mehrerer Föten. Zu Abrechnungsausschlüssen der GOP 01793 EBM zum einen und der Leistungen nach den GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM zum anderen bei Vorliegen mehrerer Föten.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.04.2022, führendes Aktenzeichen S 38 KA 105/21, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten der Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen in den Quartalen 4/2018, 1/2019 und 4/2019 mit Absetzungen in Höhe von 7.001,48 €, 4.047,87 € und 569,92 € streitig.
Mit Honorarbescheid vom 15.05.2019 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2018 fest. Mit der beigelegten Richtigstellungsmitteilung vom selben Tag wurden u.a. Leistungen nach der GOP 01793 EBM abgesetzt, weil sie neben Leistungen aus dem Kapitel 11.4 EBM bzw. Leistungen aus dem Kapitel 11.4 EBM, weil sie neben der GOP 01793 EBM im Krankheitsfall abgerechnet worden waren; weiter waren Leistungen nach den GOP 11513 und 11513Y EBM gestrichen, weil sie neben der GOP 11514 EBM im Krankheitsfall abgerechnet worden waren. Die Klägerin erhob Widerspruch und teilte mit, es habe sich jeweils um erneute Schwangerschaften gehandelt. Daher sei in der Abrechnung im Begründungsfeld die Begründung "neue Schwangerschaft" angegeben worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2021 wurde der diesbezügliche Widerspruch zurückgewiesen. Die GOP seien nach den Ausschlussbestimmungen im Krankheitsfall nicht neben den weiteren GOP berechnungsfähig. Ein Krankheitsfall umfasse nach § 21 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) das aktuelle sowie die nachfolgenden drei Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistung folgten. Es sei danach die Gesamtdauer einer Behandlung zu verstehen, die sich über mehr als drei und bis zu vier Quartale erstrecke. Auch eine neue Schwangerschaft führe zu keinem neuen Krankheitsfall. Dies ergebe sich auch aus einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG, Urteil vom 16.09.2020, L 12 KA 24/19).
Mit Honorarbescheid vom 14.08.2019 wurde das Honorar für das Quartal 1/2019 festgesetzt. Mit Richtigstellungsmitteilung vom selben Tag wurden u.a. Leistungen nach der GOP 01793 EBM abgesetzt, weil sie neben Leistungen aus dem Kapitel 11.4 EBM bzw. Leistungen aus dem Kapitel 11.4 EBM, weil sie neben der GOP 01793 EBM im Krankheitsfall abgerechnet worden waren. Die Klägerin erhob Widerspruch und teilte mit, es habe sich jeweils um erneute Schwangerschaften gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Mit Honorarbescheid vom 19.05.2020 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal 4/2019 fest. Mit Richtigstellungsmitteilung vom selben Tag wurden u.a. Leistungen nach der GOP 01793 EBM abgesetzt, weil sie neben Leistungen aus dem Kapitel 11.4 EBM im Krankheitsfall abgerechnet worden waren. Die Klägerin erhob Widerspruch und teilte mit, es habe sich um eine erneute Schwangerschaft gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2021 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Gegen die Widerspruchsbescheide hat die Klägerin drei Klagen zum Sozialgericht München (SG) erhoben, die unter den Aktenzeichen S 38 KA 105/21, S 38 KA 106/21 und S 38 KA 107/21 geführt worden sind. Sie hat ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Von dem rechtskräftigen Urteil des SG vom 15.05.2019, , mit dem in einem früheren Verfahren zugunsten der Klägerin entschieden worden und gegen das keine Berufung erhoben worden sei, gehe eine Bindungswirkung aus. Damit verbunden sei ein Vertrauensschutz der Klägerin. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich. Auch sei Art. 3 Grundgesetz (GG) zu beachten. Bei dem Begriff "Krankheitsfall" handle es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht definiert sei. In den der Absetzung zugrundeliegenden Fällen sei oft sei ein Schwangerschaftsabbruch wegen komplexer, vitaler Entwicklungsstörungen erfolgt. Nachdem bei den Patientinnen eine Schwangerschaft mit hoher Pathologie vorgelegen habe, habe natürlich in der nachfolgenden Schwangerschaft eine entsprechende Diagnostik erfolgen müssen.
Die Beklagte hat ausgeführt, das zitierte Urteil des SG sei wegen eines Büroversehens nicht mit der Berufung angefochten worden. Von der Entscheidung gehe keine Bindungswirkung aus. Auch Vertrauensschutz sei nicht gegeben. Die dortige Auslegung durch das SG greife in das Regelungsgefüge des EBM ein. Hätte der Bewertungsausschuss gewollt, dass bei einer erneuten Schwangerschaft ein neuer Krankheitsfall beginne, hätte er dies bei der jeweiligen Ausschlussbestimmung regeln können.
Das SG hat die Verfahren S 38 KA 105/21, S 38 KA 106/21 und S 38 KA 107/21 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 38 KA 105/21 verbunden. Mit Urteil vom 28.04.2022 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, das klägerische Honorar ohne Absetzung der streitgegenständlichen Gebührenpositionen zu vergüten.
In der Begründung ist ausgeführt, das SG habe bereits über Ausschlüsse im Zusammenhang mit den GOP 11501 ff. EBM mit Urteil vom 15.05.2019, im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten entschieden und der Klage stattgegeben. Von dem Urteil gehe zwar eine Bindungswirkung für die Beklagte nicht aus. Auch Vertrauensschutz sei nicht entstanden. Darauf komme es aber nicht an, denn die Sach- und Rechtslage sei nicht anders zu beurteilen als im vorausgegangenen rechtskräftigen Urteil.
Entgegen der in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des LSG (Urteil vom 16.09.2020, L 12 KA 24/19) vertretenen Auffassung gehe das SG davon aus, dass der Wortlaut des Begriffs "Krankheitsfall" in § 21 Abs. 1 S. 9 BMV-Ä nicht eindeutig sei und einer teleologischen Auslegung nicht entgegenstehe. Auch werde durch die Sichtweise des SG nicht unzulässigerweise in das Regelungsgefüge des EBM eingegriffen. In § 21 Abs. 1 S. 9 BMV-Ä werde zwar festgelegt, dass ein "Krankheitsfall" das aktuelle sowie die nachfolgenden drei Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistungsposition folgen, umfasse. Es handle sich jedoch nicht um eine exakte Definition des "Krankheitsfalls", sondern nur um eine zeitliche Eingrenzung. Auch im EBM finde sich keine Definition. Es sei daher von einem unbestimmten Rechtsbegriff auszugehen, der nicht eindeutig und der Auslegung zugänglich sei. Unter dem Begriff "Krankheitsfall" sei ein permanenter, durchgängiger und einheitlicher Zustand einer gesundheitlichen Störung zu verstehen. Dies bringe es mit sich, dass der "Krankheitsfall" auch innerhalb der Zeitspanne von vier Quartalen (§ 21 Abs. 1 S.9 BMV-Ä) zeitlich begrenzt sein könne. Ende eine gesundheitliche Störung, ende damit auch der "Krankheitsfall". Bei einer erneuten gesundheitlichen Störung entstehe ein neuer "Krankheitsfall". Abrechnungsausschlüsse, wie bei den GOP 11512, 11513 und 11513Y sowie 01793 EBM beträfen nur einen einheitlichen "Krankheitsfall" und nicht mehrere "Krankheitsfälle", auch wenn sie in die Zeitspanne von vier Quartalen fielen. Dafür spreche auch, dass es sich bei der Leistung nach der GOP 01793 EBM um die Untersuchung kindlicher Zellen handele, daher sei nicht auf die Mutter, sondern auf den Fötus abzustellen. Die Absetzungen könnten also nicht auf Abrechnungsausschlüsse gestützt werden.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 12.07.2022 beim LSG Berufung eingelegt. Der Senat hat mit Beschluss vom 16.09.2022 die verbundenen Streitsachen getrennt.
Die Beklagte hat ausgeführt, das SG sei zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass das rechtskräftige Urteil des SG vom 15.05.2019 für die streitgegenständlichen Absetzungen keine Bindungswirkung entfalte. Zwar habe die Beklagte gegen das Urteil, das vergleichbare Richtigstellungen betreffe, aufgrund eines Büroversehens keine Berufung eingelegt. Die Verfahren behandelten jedoch unterschiedliche Streitgegenstände nach § 95 SGG, die Rechtskraft des Urteils erstrecke sich nicht auf die aktuellen Verfahren. Zu Recht habe das SG außerdem festgestellt, dass sich eine Bindungswirkung nicht über eine SeIbstbindung der Verwaltung ergebe. Die Beklagte habe ihren (Kürzungs-) Entscheidungen in anderen vergleichbaren Fällen keine von der streitgegenständlichen Entscheidung abweichenden Maßstäbe zugrunde gelegt. Es sei auch nicht von einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auszugehen. Im Übrigen halte sich die Beklagte an Recht und Gesetz. Sie habe das Urteil "gegen sich gelten lassen", allerdings zu Recht nur insoweit, wie sich dies aus dem Tenor des Urteils ergebe.
Auch ein Vertrauensschutz sei nicht begründet worden. Das Urteil des SG sei zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und Abrechnung der streitgegenständlichen Leistungen im Quartal 4/2018 noch gar nicht existent gewesen. Die Beklagte habe außerdem durch fortlaufende Berichtigung entsprechender Abrechnungen, erstmals nach Zustellung des Urteils vom 15.05.2019 am 29.05.2019 mit Honorarbescheid 1/2019 vom 14.08.2019, deutlich gemacht, dass sie das Urteil nicht als bindend für weitere Quartale betrachte.
Das erstinstanzliche Urteil sei jedoch deshalb rechtsfehlerhaft, da das SG nicht den in den Allgemeinen Bestimmungen Nr. 3.2 des EBM i.V.m. § 21 Abs. 1 S.9 BMV-Ä definierten Begriff des "Krankheitsfalles" zugrunde gelegt habe. Es habe mit seiner Auslegung in unzulässiger Art und Weise in das Regelungsgefüge des EBM eingegriffen. Nicht nachvollziehbar komme das SG zu dem Schluss, dass in § 21 Abs. 1 BMV-Ä keine exakte Definition des Krankheitsfalles, sondern nur eine zeitliche Eingrenzung geregelt sei und nehme entgegen des eindeutigen Wortlauts eine unzulässige Auslegung vor. Es sei aber bei jeglichem Verweis im EBM auf den Begriff des Krankheitsfalles allein die Definition nach § 21 Abs. 1 S.9 BMV-Ä maßgeblich. Dafür spreche, dass sich die Definition im EBM unter "Allgemeine Bestimmungen" finde und damit für alle Abrechnungsregelungen im EBM maßgeblich sei. Die Definition sei sozusagen "vor die Klammer" gezogen worden.
Danach umfasse der Krankheitsfall das aktuelle, sowie die drei nachfolgenden Kalendervierteljahre, die der krankheitsfallbezogenen Gebührenordnungsposition folgten und sei damit rein zeitlich zu bewerten. Dass es sich bei dem Begriff des Krankheitsfalles im EBM nicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handele, ergebe sich bereits aus dem Urteil des BSG vom 25.08.1999, B 6 KA 39/98 R. Danach habe der Bewertungsausschuss grundsätzlich die Befugnis, in Vergütungstatbestanden unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden, die einer konkretisierenden Auslegung durch den Normanwender bedürften. Er verstoße aber nur dann nicht gegen seine Verpflichtung, im Wesentlichen selbst den Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung festzulegen, wenn der unbestimmte Rechtsbegriff einschränkend ausgelegt werde, d.h. wenn die Zuordnung auf der Hand liege oder unstreitig sei und zudem keine erhebliche Tragweite habe. Würde man, wie das SG davon ausgehen, dass ein Krankheitsfall ende, wenn die gesundheitliche Störung ende und bei einer erneuten gesundheitlichen Störung ein neuer Krankheitsfall entstehe, so müsste dies durch die Beklagte in jedem Einzelfall geklärt werden. Ob es sich um eine neue Krankheit handele, liege jedoch nicht immer auf der Hand, im Zweifelsfall u.U. erst durch ein Gutachten. Da der Abrechnungsausschluss "im Krankheitsfall" in einer Vielzahl von GOP des EBM geregelt sei, hätte dies eine erhebliche Tragweite. Die Voraussetzungen für einen unbestimmten Rechtsbegriff und einer Übertragung der Regelungsbefugnisse an die Beklagte seien nicht gegeben.
Bestätigt werde die Rechtsauffassung der Beklagten durch die Entscheidung des LSG vom 16.09.2020, L 12 KA 24/19. Gegen die Auffassung des SG spreche auch, dass in der aktuellen Leistungslegende der GOP 01816 EBM ausgeführt sei: "höchstens zweimal im Krankheitsfall" und weiter "die Gebührenordnungsposition 01816 ist nur einmal je Schwangerschaft berechnungsfähig." Wenn jede Schwangerschaft bereits einen eigenen Krankheitsfall darstellen würde, wäre diese Regelung in sich nicht stimmig.
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin stehe die seitens des SG vertretene indikationsbezogene Auslegung des Krankheitsfalles in Widerspruch zu der Systematik des EBM sowie zu den einschlägigen Regelungen des BMV-Ä. Der Begriff des Krankheitsfalls gemäß § 21 Abs. I S. 9 BMV-Ä orientiere sich nicht an medizinisch fachlichen Prämissen, sondern definiere einen bloßen Abrechnungszeitraum, der die (Nebeneinander-) Berechnung von ärztlichen Leistungen einschränke. Er erweitere den im Behandlungsfall auf dasselbe Kalendervierteljahr bezogenen Abrechnungszeitraum auf das aktuelle sowie die nachfolgenden drei Kalendervierteljahre, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistungsposition folgten. Insofern könne für den Krankheitsfall auch nichts anderes gelten als für den Behandlungsfall. Sinngemäß seien die Begriffe Betriebsstättenfall, Arztfall und Arztgruppenfall gemäß § 21 Abs. la), Ib) und Ic) BMV-Ä definiert. Keinem dieser Begriffe liege inhaltlich der Beginn oder das Ende einer "gesundheitlichen Störung" zugrunde. Alle diese Begriffe würden im EBM aber dazu verwendet, die Nebeneinanderberechnung von Leistungen oder den Mehrfachansatz derselben Leistung in einem bestimmten Abrechnungszeitraum auszuschließen. Auch der Krankheitsfall sei in diesem Kontext als bloßes Instrument zu verstehen, die Berechnungsmöglichkeit einer Gebührenordnungsposition auf ein Jahr zu begrenzen. Dies werde auch dadurch klar, dass für den Beginn des Krankheitsfalles im BMV-Ä auf den Zeitpunkt der Berechnung einer Leistungsposition des EBM abgestellt werde und nicht das Auftreten einer Krankheit.
4.3.4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM zur arztpraxisübergreifenden Tätigkeit bilde ein Beispiel dafür, dass der EBM bei den Begriffen Arztfall, Behandlungsfall und Krankheitsfall von der gleichen inhaltlichen Ausrichtung ausgehe und der Krankheitsfall lediglich einen anderen Abrechnungszeitraum im Vergleich zum Behandlungsfall abbilde. Eine indikationsbezogene Definition des Krankheitsfalles würde jedoch dazu führen, dass ein "Krankheitsfall" auch innerhalb eines Quartales, d.h. sogar innerhalb eines Arztfalles bzw. Behandlungsfalles enden und neu beginnen könnte. Diese Interpretation würde der Systematik des EBM widersprechen.
Auch die Aufnahme von expliziten Ausnahmeregelungen in den EBM spreche für die Sichtweise der Beklagten: Der EBM sehe Ausnahmen in den Abrechnungsbestimmungen vor, soweit es diese für die Regelung besonderer Sachverhalte bedürfe, so sei die GOP 01816 EBM höchstens zweimal im Krankheitsfall, nur einmal je Schwangerschaft berechnungsfähig. Weitere Beispiele hierfür seien die GOP 01794, 01795 und 01796 EBM. Solch differenzierte Vorgaben in den Abrechnungsbestimmungen seien gerade erforderlich, weil dem EBM kein indikationsbezogener Krankheitsfallbegriff zugrunde liege. Der Begriff des Krankheitsfalles bzw. der Abrechnungsausschluss "im Krankheitsfall" im EBM finde im Übrigen nicht nur bei kurativen Leistungen, sondern auch bei Früherkennungsleistungen Anwendung, wie beim Neugeborenen-Hörscreening nach GOP 01705 EBM.
In der Regelung 4.4.1 "Abrechnungsausschlüsse" der Allgemeinen Bestimmungen des EBM werde definiert, was im EBM die Formulierung nicht neben/nicht nebeneinander bedeute, nämlich den Ausschluss der Berechnungsfähigkeit im genannten Zeitraum. Werde im EBM geregelt, dass eine GOP im Krankheitsfall nicht neben einer anderen GOP des EBM berechenbar sei, so bedeute dies, dass sich diese beiden GOP innerhalb eines Zeitraums von 4 Quartalen ausschließen würden. Um diesen Zeitraum berechnen zu können, bedürfe es eines beginnenden Ereignisses, und dies sei die Abrechnung einer der beiden sich ausschließenden GOP. Der Begriff "krankheitsfallbezogene Leistungsposition" in § 21 Abs. 1 5. 9 BMV-Ä bedeute daher nicht, dass eine GOP abgerechnet wurde, die einer bestimmten Krankheit zugeordnet sei.
Nach der seit 01.01.2021 geltenden Fassung der Präambel 11.4., Nr.2 des EBM seien bei einer weiteren Schwangerschaft innerhalb von vier Quartalen seit der Abrechnung bei der ersten Schwangerschaft für den oder die neuen Föten (im Falle einer Mehrlingsschwangerschaft) nochmals Leistungen nach 11.4.2. und 11.4.3. EBM abrechenbar. Vorliegend gehe es jedoch um den Abrechnungsausschluss zwischen der GOP 01793 EBM und bestimmten Leistungen aus Kapitel 11.4 EBM. Selbst wenn diese Neuregelung, wie nicht, bereits im Streitquartal 4/2018 gegolten hätte, hätte dies nicht dazu geführt, dass statt der erneuten Abrechnung von Leistungen nach Kapitel 11.4 EBM für den neuen Fötus die Leistung nach der GOP 01793 EBM hätten abgerechnet werden können. Auch die Neuregelung führe somit im Ergebnis nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Richtigstellungen.
Die Klägerin hat ausgeführt, die Beklagte als Körperschaft des Öffentlichen Rechtes müsse sich an das Urteil des SG und die darin gemachten Ausführungen zur Abrechnung einer GOP halten, zumal sie keine Berufung dagegen eingelegt habe. Sie habe aber die Leistungen der Klägerin erneut regressiert und diese dadurch gezwungen, erneut den Rechtsweg zu beschreiten. Das SG habe erneut zu Gunsten der Klägerin entschieden.
Unzutreffend gehe die Beklagte davon aus, dass die materielle Rechtskraft des Urteils des SG nur die Urteilsformel erfasse. Dies lasse sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 08.12.1992, 1 C 12/92) herleiten. Danach sei es der im Vorprozess unterlegenen Behörde verwehrt, bei unveränderter Sach- und Rechtslage gegen denselben Betroffenen einen neuen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen zu erlassen. Auch das Bundessozialgericht nehme eine Bindungswirkung eines vorangegangenen Urteils an (Entscheidung vom 11.12.1956, 1 RA 14/56). Das SG habe mit Urteil vom 15.05.2019 entschieden, dass die Abrechnungsausschlüsse, wie bei den GOP 11512, 11513 und 11513Y sowie 01793 EBM, nicht eingriffen und nicht angewendet werden dürften, wenn nach einer vergangenen Schwangerschaft eine neue Schwangerschaft binnen von 4 Quartalen auftrete. Es handle sich insofern um eine Vorfrage, die für die hiesigen Verfahren von Bedeutung sei. Für diese stehe bindend fest, dass die Abrechnungsausschlüsse nicht eingriffen. Das zeige sich auch daran, dass die Beklagte sog. Abrechnungsregeln aufgestellt habe und diese ohne Unterschied, um welches Quartal oder welche Patientin es sich handle, anwende. Diese Abrechnungsregeln bewirkten insofern ein standardisiertes Verfahren.
Auch verpflichte die sog. Selbstbindung der Verwaltung die Beklagte, zur Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG in gleichgelagerten Fällen gleich zu entscheiden. Die Klägerin könne keine Feststellungsklage dahingehend erheben, gerichtlich prüfen zu lassen, ob die Anwendung der Ausschlussregelungen durch die Beklagte rechtswidrig sei.
Die Ansicht des SG, eine Bindungswirkung trete nur durch ein "aktives Tun", hingegen nicht durch ein "Unterlassen" ein, sei unzutreffend. Die Beklagte habe Kenntnis von der früheren Entscheidung des SG gehabt und darauf verzichtet, Rechtsmittel einzulegen. Dies habe sie wiederholend getan, denn zum einen seien mehrere Verfahren und Quartale betroffen gewesen und zum anderen habe sie auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Beklagte habe nichts getan, was erkennen ließe, dass sie das Urteil des SG nicht akzeptieren wolle. Damit habe sie deutlich gemacht, es gegen sich gelten lassen zu wollen. Damit sei auch ein Vertrauensschutz begründet worden. Die Beklagte könne sich nicht damit entlasten, sie habe mit einem neuen Bescheid zum Ausdruck gebracht, sich nicht an das nicht angefochtene Urteil des SG halten zu wollen.
Zum Begriff "Krankheitsfall" ist ausgeführt worden, es handle sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht eindeutig und der Auslegung zugänglich sei. Weder in § 21 BMV-Ä noch im EBM finde sich eine Definition des "Krankheitsfalls". Die Beklagte sei nicht dazu berufen, diesen Begriff zu definieren. Das SG habe zutreffend festgestellt, dass eine neue Schwangerschaft einen neuen Krankheitsfall begründe. Der Begriff "Krankheitsfall" sei als permanenter, durchgängiger und einheitlicher Zustand einer gesundheitlichen Störung zu verstehen. Dies bringe es per se mit sich, dass der "Krankheitsfall" auch innerhalb der Zeitspanne von vier Quartalen zeitlich begrenzt sein könne. Ende eine gesundheitliche Störung, ende damit auch der "Krankheitsfall". Bei einer erneuten gesundheitlichen Störung entstehe ein neuer "Krankheitsfall". Mit dem Ende der Schwangerschaft sei auch jeweils der erste "Krankheitsfall" abgeschlossen. Mit einer erneuten Schwangerschaft werde jeweils ein neuer "Krankheitsfall" begründet. Letzterer erstrecke sich - werde die Schwangerschaft fortgesetzt - wieder auf vier Quartale, in denen eine "Nebeneinanderabrechnung" ausgeschlossen sei.
Die GOP 01793 EBM sei in Kapitel 1.7.4 Mutterschaftsvorsorge (Singular) geregelt und damit werde bereits deutlich, dass sich die Leistungen auf eine Schwangerschaft beziehe und nicht auf eine nach Ende dieser Schwangerschaft neu eingetretene Schwangerschaft. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des BSG und des LSG zur GOP 01770 EBM (BayLSG, Urt. vom 09.11.2011, L 12 KA 40/08; BSG, Beschluss vom 15.08.2012, B 6 KA 15/12 B). Im Übrigen komme es im Rahmen der Auslegung auf den medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch an. In der Leistungslegende der GOP 01793 EBM heiße es zum obligaten Leistungsinhalt: Chromosomenanalyse aus den Amnionzellen oder Chorionzotten. Es gehe also um eine Untersuchung kindlicher Zellen. Es liege auf der Hand, dass die kindlichen Zellen einer Schwangerschaft nicht gleichzusetzen seien mit denen, die entstünden, wenn eine Schwangerschaft ende und eine neue Schwangerschaft eintrete. Ende die Schwangerschaft und führe somit zum Verlust des Föten und trete eine neue Schwangerschaft ein, lägen mithin neue und andere zu untersuchende Zellen vor, dann gelte für diese neue Schwangerschaft die Frist in Bezug auf die alte abgebrochene Schwangerschaft nicht, sondern es werde ein neue Frist für die neue Schwangerschaft in Gang gesetzt und in dieser dürfe dann u.a. die GOP 01793 EBM neben den weiteren streitgegenständlichen GOP an den neuen anderen Zellen erbracht werden.
Auch nach Ansicht des SG Hamburg (Urteil vom 17.01.2007, S 3 KA 266/03) setze der Krankheitsfall an der Gesamtdauer einer Erkrankung und damit am medizinischen Befund an. Dies bestätige auch der Kommentar zum EBM von Hermanns, Peter und Filler, Gert, S. 44. Auch das Urteil des LSG NRW, L 11 KA 71/08, sei übertragbar. Die Entscheidung des BayLSG vom 16.09.2020 stehe dem Verständnis des Krankheitsfalls im Rahmen der GOP 01793 EBM nicht entgegen. Es betreffe eine gänzlich andere Konstellation. Bei der GOP 01793 EBM sei der "Krankheitsfall" die Schwangerschaft. Bei der dort gegenständlichen GOP 01816 EBM sei der Krankheitsfall eine Infektion der Mutter mit Chlamydia trachomatis. Auch beinhalte die GOP 01793 EBM die Bestimmung "je Fötus". Eine solche Erklärung enthalte die GOP 01816 EBM nicht. Die Erläuterung bedeute, dass der Vertragsarzt für an kindlichen Zellen und nicht bei der Mutter selbst vorgenommenen Leistungen einen Anspruch auf Vergütung habe.
Die Ansicht der Beklagten sei im Übrigen nicht mit dem Gleichheitsgebot (Art. 3 GG) zu vereinbaren. Sie würde dazu führen, dass eine Abrechnung der GOP möglich gewesen wäre, wenn die Patientin in einem späteren Quartal als geschehen neu schwanger geworden wäre. Die Abrechenbarkeit der GOP 01793 EBM hinge dann von dem Zeitpunkt des Eintretens einer neuen Schwangerschaft und somit vom Zufall ab, dies wäre willkürlich. Für eine derartige Willkür und Unterscheidung gebe es keinen sachlichen Grund. Es gebe keinen Grund, einer Patientin zu einem früheren Zeitpunkt eine Diagnostik zu versagen, die ihr zu einem späteren Zeitpunkt zugestanden hätte. Gleiches gelte für den Arzt/ die Ärztin: Den Ansatz der Leistung von dem willkürlichen Moment, auf den der Arzt/ die Ärztin keinen Einfluss habe, abhängig machen zu wollen, sei nicht rechtens.
Dass der Normgeber bei der GOP 01816 EBM den Zusatz "höchstens zweimal im Krankheitsfall" mit einer Anmerkung, dass die GOP 01816 einmal je Schwangerschaft berechnungsfähig sei, aufgenommen habe, bedeute im Umkehrschluss nicht, dass überall dort, wo er dies nicht getan habe, eine Abrechnung ausgeschlossen wäre. Bei den Leistungen nach den GOP 01794 bis 01796 EBM handele sich im Gegensatz zur GOP 01793 EBM nicht um Untersuchungs-, sondern um Beratungsleistungen. Deswegen seien die Regelungen nicht übertragbar. Auch das Neugeborenen-Hörscreening sei eine Untersuchungsleistung, die darauf abziele, eine vorhandene Erkrankung zu erkennen, und sei daher auf eine Krankheit bezogen.
Im Übrigen sprächen auch die Regelung der Präambel 11.4 Nr. 2 EBM für die Klägerin, da es sich auch dort um Leistungen bzw. GOP handele, die den Zusatz "je Fötus" enthielten.
Auf Anfrage des Senats haben die Beteiligten übereinstimmend mitgeteilt, dass die in den streitgegenständlichen Fällen abgerechneten GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM bei der Abrechnung als "vorgeburtliche" Untersuchungen gekennzeichnet worden seien.
In der mündlichen Verhandlung am 06.12.2023 hat der Senat die Verfahren L 12 KA 16/22, L 12 KA 29/22 und L 12 KA 30/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.04.2022, Az.: S 38 KA 105/21, aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.04.2022, Az.: S 38 KA 105/21 (führendes Aktenzeichen) zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Sie ist aber unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klagen abgewiesen, denn die Klagen waren zulässig und begründet. Die Richtigstellungsbescheide in Gestalt der Widerspruchsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Vergütung der streitgegenständlichen Abrechnungspositionen.
1.) Ein Anspruch ergibt sich allerdings - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - nicht aufgrund einer (vermeintlichen) Rechtskraftwirkung, Bindungswirkung oder eines schützenswerten Vertrauens aufgrund des rechtskräftigen Urteils des SG vom 15.05.2019, .
In dem Verfahren hatte das SG mit Urteil vom 15.05.2019 der Klage der hiesigen Klägerin gegen einen Richtigstellungsbescheid der Beklagten für das Quartal 4/2017 stattgegeben, mit dem bezüglich zweier Patientinnen die GOP 01793 EBM mit der Begründung abgesetzt worden war, dass sie im Krankheitsfall nicht neben den GOP 11512, 11513 bzw. 11513Y abgerechnet werden könne (Prüfregel HU 11233). Dieses Urteil ist rechtskräftig. Eine Berufung ist von Seiten der Beklagten nicht eingelegt worden.
a.) Die Rechtskraft des Urteils des SG vom 15.05.2019 erstreckt sich aber nicht auf die vorliegenden Streitgegenstände. Nach § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Die Streitgegenstände der vorliegenden Verfahren sind jedoch andere als die des rechtskräftigen Urteils. Gegenstand eines Verfahrens ist gemäß § 95 SGG der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Mit dem Urteil vom 15.05.2019 ist zum Richtigstellungsbescheid 4/2017 rechtskräftig entschieden worden, dass die Klägerin im Quartal 4/2017 Anspruch auf die Vergütung von Leistungen hatte, die für zwei bestimmte Patientinnen erbracht worden waren. Konkret handelte es sich in den beiden Fällen um Absetzungen der GOP 01793 EBM mit der Begründung, dass sie im Krankheitsfall nicht neben den GOP 11512, 11513 bzw. 11513Y EBM abgerechnet werden könnten, es kam die Prüfregel HU 11233 zur Anwendung. In den streitgegenständlichen Verfahren geht es um unterschiedliche Absetzungen, die in anderen Quartalen (4/2018, 1/2019 und 4/2019) für unterschiedliche Patientinnen erbracht worden waren. Nur teilweise sind die Absetzungen mit ähnlicher Begründung und unter Anwendung derselben Prüfregel erfolgt. Eine Rechtskrafterstreckung kommt nicht in Betracht. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von Klägerseite zitierten Entscheidungen des BVerwG und des BSG.
b.) Eine Bindungswirkung ergibt sich auch nicht daraus, dass die rechtskräftig gewordene Entscheidung des SG vorgreiflich für die Entscheidung über die vorliegenden Streitgegenstände wäre. Zwar handelt es sich bei den Rechtsfragen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vorliegend streitgegenständlichen Bescheide von Bedeutung sind, wie u.a. die Frage, ob die GOP 01793 EBM innerhalb eines bestimmten Zeitraums mehrfach abgerechnet werden kann, um Rechtsfragen, die auch schon im Verfahren eine Rolle gespielt haben. Das rechtskräftige Urteil hat aber gerade nicht die Entscheidung zum Inhalt, dass die GOP 01793 EBM grundsätzlich nicht mit der Begründung abgesetzt werden kann, dass sie im Krankheitsfall nicht neben bestimmten GOP abgerechnet werden kann. Damit war Gegenstand auch nicht - wie die Klägerin meint - die Frage, ob die Anwendung der Prüfregel (HO 11233) im Rahmen einer "standardisierten" Prüfung rechtswidrig ist. Andere Ausschlussregelungen, die Grundlage der in den vorliegenden Quartalen streitgegenständlichen Absetzungen sind, sind im Urteil des SG vom 15.05.2019 überhaupt nicht geprüft worden. Eine Feststellungsklage, mit der die Feststellung beantragt wird, dass eine bestimmte Abrechnungsweise rechtmäßig ist, wäre - wie die Klägerin selbst feststellt - unzulässig.
Eine Bindungswirkung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung bzw. aus Art. 3 GG. Durch das bloße Nichteinlegen einer Berufung gegen das rechtskräftige Urteil des SG vom 15.05.2019 konnte eine solche Bindungswirkung offensichtlich nicht entstehen. Es ist im Übrigen nicht vorgetragen bzw. sonst ersichtlich, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen einen von den streitgegenständlichen Entscheidungen abweichenden Maßstab zugrunde gelegt hat.
c.) Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht entgegen. Vertrauensschutz ist nur dann anzuerkennen, wenn ein Beteiligter insoweit einen Vertrauenstatbestand gesetzt hat. Die Beklagte hat aber zu keinem Zeitpunkt die Abrechnungspraxis der Klägerin bestätigt. Sie hat zu keinem Zeitpunkt positiv geäußert, die von der Klägerin praktizierte Abrechnungsweise zu billigen. Sie hat lediglich gegen das Urteil des SG vom 15.05.2019 nicht Berufung erhoben. Ob dies tatsächlich auf einem "Büroversehen" beruht, oder ob zunächst aus welchen Gründen auch immer von der Einlegung einer Berufung abgesehen worden ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Im Übrigen konnte zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und Abrechnung der Leistungen in den Quartalen 4/2018 und 1/2019 die Klägerin bereits deshalb kein schützenswertes Vertrauen haben, da das für sie positive Urteil erst am 15.05.2019 ergangen und am 29.05.2019 zugestellt worden ist und damit die Berufungsfrist erst am 01.07.2019 (Montag) geendet hat. Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und Abrechnung der Leistungen im Quartal 4/2019 hatte die Beklagte bereits durch den Erlass des Richtigstellungsbescheides für das Quartal 1/2019 vom 14.08.2019 deutlich gemacht, dass sie für spätere Leistungsquartale das rechtskräftige Urteil nicht als bindend ansieht.
2.) Das SG ist aber im Ergebnis zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Beklagten in den Quartalen 4/2018, 1/2019 und 4/2019 vorgenommenen und vorliegend streitgegenständlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen rechtswidrig waren.
Die Klägerin hatte die GOP 01793 EBM neben den GOP 11501 bis 11503, 11512, 11513, 11514 EBM im Krankheitsfall und die GOP 11501 bis 11503, 11512, 11513, 11514 EBM neben der GOP 01793 EBM im Krankheitsfall sowie in einem Fall die GOP 11513, 11513Y EBM neben der GOP 11514 EBM abgerechnet und im Begründungsfeld in allen Fällen angegeben, dass es sich bei der jeweils späteren Abrechnung um eine neue Schwangerschaft und eine konkret bezeichnete Erkrankung in der ersten Schwangerschaft gehandelt habe. Die Beklagte hatte die Absetzung der jeweils späteren Abrechnung damit begründet, dass eine Nebeneinanderabrechnung im Krankheitsfall nach den Ausschlussbestimmungen nicht möglich sei.
Für die Auslegung vertrags(zahn)ärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 16.12.2015, B 6 KA 39/15 R ua - SozR 4-5531 Nr. 40100 Nr. 1 Rn. 25 m.w.N.). Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM, des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V, ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 05.11.2008, B 6 KA 1/08 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 4 Rn. 12 m.w.N.). Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, a.a.O.).
In den in den jeweiligen Quartalen gültigen EBM sind die strittigen Leistungen wie folgt beschrieben:
- GOP 01793: pränatale zytogenetische Untersuchung(en) im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge, obligater Leistungsinhalt: Chromosomenanalyse aus den Amnionzellen oder Chorionzotten mit Anlage von mindestens 2 und Auswertung von mindestens einer Kultur
je Fötus, einmal im Krankheitsfall; ... im Krankheitsfall nicht neben den GOP 11501 bis 11503, 11506, 11508, 11511 bis 11514, 11516 und 11517 EBM und nicht neben den GOP des Abschnitts 11.4.4 berechnungsfähig.
- GOP 11501: Zuschlag zu den GOP 11502 und 11503 für die Anwendung eines Kulturverfahrens zur Anzucht von Zellen und Präparation der Zellkerne zu weiteren Analysen, einmal im Krankheitsfall, im Krankheitsfall nicht neben den GOP 01793 ... berechnungsfähig
- GOP 11502: postnatale Bestimmung des konstitutionellen Karyotyps mittels lichtmikroskopischer Bänderungsanalyse, einmal im Krankheitsfall, im Krankheitsfall nicht neben den GOP 01793 ... berechnungsfähig
- GOP 11503: postnatale molekularzytogenetische Charakterisierung konstitutioneller chromosomaler Aberrationen an Inter- oder Metaphasen mittels in-situ Hybridisierung, je Zielsequenz, im Krankheitsfall nicht neben den GOP 01793 ... berechnungsfähig
- GOP 11512: gezielter Nachweis oder Ausschluss von krankheitsrelevanten oder krankheitsauslösenden großen Deletionen und/oder Duplikationen,
je Gen, im Krankheitsfall nicht neben der GOP 01793 ... berechnungsfähig
- GOP 11513: postnatale Mutationssuche z. Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten oder krankheitsauslösenden konstitutionellen genomischen Mutation in bis zu 25 Kilo Basen kodierender Sequenz einschl. zugehöriger regulatorischer Sequenzen, je vollendete 250 kodierende Basen; im Krankheitsfall nicht neben den GOP 01793, 11514 berechnungsfähig
- GOP 11514: genehmigungspflichtige postnatale Mutationssuche z. Nachweis oder Ausschluss einer krankheitsrelevanten oder krankheitsauslösenden konstitutionellen genomischen Mutation in mehr als 25 Kilo Basen kodierender Sequenz einschl. zugehöriger regulatorischer Sequenzen, einmal im Krankheitsfall, im Krankheitsfall nicht neben den GOP 01793 ... 11513 berechnungsfähig
a.) Ein Anspruch ergibt sich aber entgegen der Auffassung des SG nicht aus einer Auslegung des Begriffs "Krankheitsfall". Der Senat bleibt diesbezüglich bei seiner Auffassung, dass sich die Definition des "Krankheitsfalls" aus 3.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM i.V.m. § 21 Abs.1 S. 9 BMV-Ä ergibt. Danach umfasst ein Krankheitsfall das aktuelle Quartal sowie die drei nachfolgenden Quartale, die der Berechnung der krankheitsfallbezogenen Leistungspositionen folgen (vgl. Urteil des Senats vom 16.09.2020, L 12 KA 24/19). Damit beschreibt der Begriff des Krankheitsfalles i.S.d. BMV-Ä und des EBM nach deren klaren Wortlaut grundsätzlich ausschließlich einen Zeitraum. Der Zeitraum beginnt mit der Abrechnung einer krankheitsfallbezogenen Leistung und umfasst das Abrechnungsquartal sowie die drei folgenden Quartale. Krankheitsfallbezogene Leistungen unterliegen damit einer Mengenbegrenzung.
Das SG geht insoweit zu Unrecht davon aus, dass es sich bei dem Begriff "Krankheitsfall" um einen auslegungsfähigen, unbestimmten Rechtsbegriff handelt und nimmt eine Auslegung dahingehend vor, dass der Begriff "Krankheitsfall" als permanenter, durchgängiger und einheitlicher Zustand einer gesundheitlichen Störung zu verstehen ist. Anders als für den Begriff des Krankheitsfalls in der GOÄ kommt es jedoch bei dem in § 21 Abs. 1 BMV-Ä definierten Begriff nicht auf eine bestimmte Erkrankung des/der Versicherten an. Das Auftreten einer anderen Krankheit oder das erneute Auftreten derselben Krankheit führt damit nicht zu der Möglichkeit einer erneuten Abrechnung einer auf den Krankheitsfall bezogenen Leistung.
Das gilt grundsätzlich auch für die Abrechnung von auf den Krankheitsfall bezogenen Leistungen in der Schwangerschaft. So hat der Senat im oben zitierten Urteil vom 16.09.2020, L 12 KA 24/19, ausgeführt, dass die GOP 01816, die nach den im dort streitgegenständlichen Quartal geltenden Bestimmungen "einmal im Krankheitsfall" abrechenbar war, auch bei Auftreten einer neuen Schwangerschaft innerhalb eines Krankheitsfalles nur einmal abrechenbar ist. Das Auftreten einer neuen Schwangerschaft führt damit grundsätzlich nicht zur Annahme eines neuen "Krankheitsfalls". Zu der dort streitgegenständlichen GOP hatte der Bewertungsausschuss in seiner 455. Sitzung am 11.12.2019 eine Neufassung erst zum 01.04.2020 beschlossen, nach der die GOP höchstens zweimal im Krankheitsfall und einmal je Schwangerschaft berechnungsfähig ist, so dass seit dem 01.04.2020 auch eine zweite Abrechnung im Rahmen einer zweiten Schwangerschaft im Zeitraum des "Krankheitsfalles" möglich ist.
Der Senat bleibt auch bei seiner Auffassung, dass der Krankheitsfall nicht auf ein eigenständiges Abrechnungssubjekt "Fetus" auszudehnen ist und etwa der Nasciturus neben der Mutter eigene Leistungsansprüche gegenüber der GKV hat (vgl. Urteil vom 16.05.2018, L 12 KA 17/16).
b.) Es ist aber festzustellen, dass die GOP 01793 EBM nach dem Wortlaut der Regelung zwar nur einmal im Krankheitsfall abgerechnet werden darf. Aus dem Zusatz "je Fötus" ergibt sich jedoch klar, dass beim Vorliegen mehrerer Föten in diesem Zeitraum ein mehrfacher Ansatz möglich ist. Dies wird im Regelfall beim Vorliegen mehrere Föten zum gleichen Zeitpunkt im Rahmen von Mehrlingsschwangerschaften der Fall sein. Aber auch beim Vorliegen von mehreren Föten zu verschiedenen Zeitpunkten im Rahmen des durch den "Krankheitsfall" vorgegebenen Zeitraums, also bei Beendigung einer Schwangerschaft nach Abrechnung der GOP, dem Eintreten einer neuen Schwangerschaft und erneuter pränataler zytogenetischer Untersuchung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge der neuen Schwangerschaft ist ein erneuter Ansatz möglich.
Dem hat beispielsweise die KV Sachsen in ihren aktuellen Abrechnungshinweisen vom 29.09.2023 zur GOP 01793 EBM Rechnung getragen. Dort ist ausgeführt, wegen der EBM-Bestimmung "je Fötus, einmal im Krankheitsfall" sei in der Begründung die Anzahl der Föten (bei einer Mehrlingsschwangerschaft) sowie bei einer erneuten Schwangerschaft im selben Krankheitsfall anzugeben.
c.) Zu den streitgegenständlichen GOP des Abschnitts 14.4.3 EBM war zwar in den Quartalen 4/2018, 1/2019 eine entsprechende Regelung nicht vorliegend. Erst mit Wirkung zum 01.04.2019 hat der Bewertungsausschuss in seiner 432. Sitzung (Teil B Ziffer 13 des Beschlusses) folgende Änderung der Präambel 11.4 Nr. 2 EBM beschlossen: "Sofern die Untersuchungen als vorgeburtliche Untersuchungen erbracht werden, sind die Leistungen je Fötus gesondert berechnungsfähig und nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen zu kennzeichnen." In der Begründung zu diesem Beschluss ist ausgeführt: "Der Leistungsinhalt der Gebührenordnungspositionen insbesondere des Unterabschnitts 11.4.2 EBM beschreibt den für die Untersuchung eines Individuums notwendigen Leistungsumfang. Diese Leistungen sind auch als vorgeburtliche Untersuchungen ebenfalls nur einmal im Krankheitsfall berechnungsfähig. In dieser Konstellation werden alle Leistungen im Krankheitsfall der Mutter zugerechnet. Mit der vorliegenden Änderung wurde klargestellt, dass die Leistungen je Fötus gesondert berechnungsfähig sind, um Mehrlingsschwangerschaften zu berücksichtigen".
Mit dieser Änderung hat der Bewertungsausschuss eine Klarstellung dahingehend vorgenommen, dass bei Vorliegen von mehreren Föten in dem durch den "Krankheitsfall" umfassten Zeitraum auch die Leistungen nach den GOP der Abschnitte 11.4.2 und 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchungen je Fötus berechnungsfähig sind. Auch wenn in der Begründung des Beschlusses ausgeführt ist, es gehe darum, Mehrlingsschwangerschaften zu berücksichtigen, geht der Senat davon aus, dass die weitere Berechnungsfähigkeit pro Fötus auch den Fall des Vorliegens mehrerer Föten zu unterschiedlichen Zeitpunkten umfasst.
Da es sich bei der Änderung nach der Entscheidungsbegründung des Bewertungsausschusses um eine Klarstellung handelt, konnte die Regelung bereits in den Quartalen 4/2018 und 1/2019 angewendet werden. Davon ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen. Jedenfalls ist den diesbezüglichen Widersprüchen der Klägerin im Quartal 4/2018 bezüglich der mehrfachen Abrechnung der GOP 11351 EBM und im Quartal 1/2019 bezüglich der mehrfachen Abrechnung der GOP 11351 EBM in einem Fall und der mehrfachen Abrechnung der GOP 11501 und 11502 EBM in zwei Fällen mit der Begründung stattgegeben worden, es habe sich jeweils um Mehrlingsschwangerschaften gehandelt. Im Widerspruchsbescheid wird hierzu auf das rechtskräftige Urteil des SG vom 15.05.2019, S 38 KA 361/17, verwiesen, in dem das SG zu dem Ergebnis gekommen ist, dass - da die Änderung der Präambel lediglich eine Klarstellung darstelle - ein Mehrfachansatz bei Mehrlingsschwangerschaft schon vor dem 01.04.2019 zulässig gewesen sei.
In seiner 547. Sitzung hat der Bewertungsausschuss mit Wirkung zum 01.01.2021 im Übrigen folgende weitere Änderung des Wortlauts der Präambel 11.4 Nr. 2 EBM beschlossen: "Vorgeburtliche Untersuchungen stellen je Fötus eigenständige Krankheitsfälle dar und sind nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen zu kennzeichnen. Die Höchstwerte sind entsprechend für die Versicherte/den Versicherten und je Fötus gesondert anzuwenden". In den entscheidungserheblichen Gründen ist hierzu ausgeführt, die Änderung präzisiere die Sichtweise des Bewertungsausschusses zur Anwendung der mengensteuernden Begrenzungsregelungen im Abschnitt 11.4 EBM bei vorgeburtlichen Fragstellungen. Der Bewertungsausschuss hat offensichtlich den Wortlaut der zum 01.04.2019 in Kraft getretenen Änderung der Präambel noch nicht für präzise genug erachtet und daher weiter präzisiert, dass bezüglich der vorgeburtlichen Untersuchungen nicht nur die GOP für jeden Föten jeweils abrechenbar sind, sondern dass auch die Höchstwerte entsprechend für jeden Föten gesondert anzuwenden sind.
d.) Aus der Regelung in 4.4.1 der allgemeinen Bestimmungen des EBM ergibt sich, dass die Formulierung "nicht neben/nicht nebeneinander" den Ausschluss der Berechnungsfähigkeit im genannten Zeitraum bedeutet. Wenn GOP im Krankheitsfall nicht neben anderen GOP berechnungsfähig sind, bedeutet das also, dass nach Abrechnung einer dieser krankheitsfallbezogenen Leistungsziffern innerhalb dieses und der drei nachfolgenden Quartale eine Abrechnung der anderen krankheitsfallbezogenen GOP nicht zulässig ist.
Der Abrechnungsausschluss der GOP 01793 EBM neben GOP der Abschnitte 11.4.3 und 11.4.4 EBM gilt seit 01.07.2016. Der Bewertungsausschuss hatte in seiner 372. Sitzung am 11.03.2016 mit Wirkung zum 01.07.2016 u.a. die Änderung der Anmerkungen zur GOP 01793 EBM beschlossen, nach der sie im Krankheitsfall nicht neben GOP der Abschnitte 11.4.3 und 11.4.4 EBM berechnungsfähig ist. Zu diesem Zeitpunkt war auch eine neue Fassung des Abschnitts 11.4 EBM in Kraft getreten. Aufgrund einer angekündigten Überprüfung der Nebeneinanderabrechnung der GOP der Abschnitte 11.4.3 und 11.4.4 EBM neben der GOP 01793 EBM durch die Trägerorganisationen gestattete die Beklagte in den Quartalen 3/2016 und 4/2016 die Nebeneinanderabrechnung der GOP 01793 EBM neben den GOP des Kapitels 11.4.3 EBM.
Der Bewertungsausschuss hat dann aber in seiner 386. Sitzung vom 12.12.2016 alleine den Ausschluss der Nebeneinanderabrechnung der GOP 11518 und 01793 EBM aufgehoben. Es ist also grundsätzlich - mit Ausnahme der Nebeneinanderabrechnung der GOP 11518 und 01793 EBM - ein Abrechnungsausschluss gegeben. Damit soll dem Risiko einer Mengenausweitung durch leistungsübergreifende Regelungen im Krankheitsfall Rechnung getragen werden.
Dies kann aber vor dem Hintergrund des oben zu der Mehrfachabrechnung der GOP 01793 EBM (unter b.) zum einen und der Mehrfachabrechnung der Leistungen nach den GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchungen (unter c.) zum anderen bei Vorliegen mehrerer Föten zum gleichen Zeitpunkt im Rahmen einer Mehrlingsschwangerschaft bzw. zu verschiedenen Zeitpunkten im Rahmen des durch den Krankheitsfall vorgegebenen Zeitraums ausgeführt, gerade für die hier streitgegenständlichen Fälle nicht gelten. Die hier streitgegenständlichen Untersuchungsleistungen sind - wie dargelegt - bei Vorliegen mehrerer Föten zu verschiedenen Zeitpunkten mehrfach ansetzbar, auch wenn es sich um grundsätzlich nur einmal im Krankheitsfall abrechenbare GOP handelt.
Soweit also nach Abrechnung der krankheitsfallbezogenen GOP 01793 EBM im Zeitraum des Quartals der Abrechnung und der drei darauffolgenden Quartale die Untersuchung eines anderen Föten nach den GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchung aufgrund einer in diesem Zeitraum entstandenen neuen Schwangerschaft erfolgt, kommt für diese der Abrechnungsausschluss nicht zum Tragen. Das ergibt sich nach dem Wortlaut der Regelungen daraus, dass sowohl für die GOP 01793 EBM als auch die vorliegend abgerechneten GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchungen Sonderregelungen beim Vorliegen mehrerer Föten im Krankheitsfall bestehen. In solchen Fällen kann es auch keine Rolle spielen, ob bei den zu unterschiedlichen Zeiträumen vorliegenden Föten ein weiteres Mal die GOP 01793 EBM oder GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchungen durchgeführt und abgerechnet werden, denn die jeweils spätere Untersuchung an einem anderen Föten ist nach den Regelungen im EBM wie ein weiterer Krankheitsfall zu behandeln. Das gleiche gilt für die Konstellation, dass nach Abrechnung der krankheitsfallbezogenen GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchung im Zeitraum des Quartals der Abrechnung und der drei darauf folgenden Quartale die Untersuchung eines anderen Föten nach der GOP 01793 EBM erfolgt, und für die Konstellation, dass nach Abrechnung einer GOP des Abschnitts 11.4.3. EBM als vorgeburtliche Untersuchung im Zeitraum des Quartals der Abrechnung und der drei darauf folgenden Quartale die Untersuchung eines anderen Föten nach einer anderen GOP des Abschnitts 11.4.3 EBM als vorgeburtliche Untersuchung aufgrund einer in diesem Zeitraum entstandenen neuen Schwangerschaft erfolgt.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.