S 52 AS 405/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 AS 405/17
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 
Bemerkung

Kosten der Unterkunft, schlüssiges Konzept nach § 22 Abs. 1 SGB II.


I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


T a t b e s t a n d :

Streitig ist zwischen den Beteiligten dieses sozialgerichtlichen Verfahrens die Höhe der im Zeitraum September 2015 bis April 2016 sowie November 2016 bis April 2017 gewährten Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der 2000 und 2009 geborenen Kläger zu 3) und 4). Der älteste Sohn der Familie, der nicht Kläger ist, war im November 2014 bereits aus der elterlichen Wohnung ausgezogen.
Die Kläger bezogen vom Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie leben in I-Stadt bei M-Stadt in einer 167 qm großen Doppelhaushälfte mit fünf Zimmern, für die sie eine Miete von 1.400,- Euro (Grundmiete von 1.270,- Euro zuzüglich 30,- Euro Garage und 100,- Euro Nebenkosten) schuldeten, ab August 2016 1.590,50 Euro (Grundmiete von 1.460,50 Euro zuzüglich 30,- Euro Garage und 100,- Euro Nebenkosten). Hinzu kamen Heizkosten in Höhe von monatlich 139,- Euro bzw. später 144,- Euro.

Mit Schreiben vom 13. und 25. Mai sowie 17. Oktober 2014 forderte der Beklagte die Kläger auf, die Unterkunftskosten zu senken, da diese unangemessen hoch seien. Andernfalls würden nach Ablauf von sechs Monaten nur noch die angemessenen Kosten übernommen.
Mit Bescheid vom 16. April 2015, geändert durch Bescheid vom 10. Juni 2015, bewilligte der Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für Mai bis Oktober 2015, wobei zunächst bis August 2015 monatlich die aus seiner Sicht angemessenen 1.089,- Euro Unterkunftskosten übernommen wurden, da man von einer Räumung zum 1. September 2015 ausging. Der Beklagte legte hierbei die Mietobergrenzen aus seinem von der E. erstellten Konzept vom 8. Oktober 2013 zugrunde. Hierin wird der Landkreis M1-Stadt in neun Vergleichsräume unterteilt. Für den Vergleichsraum 2, in dem I-Stadt liegt, wird als Mietobergrenze für einen Vier-Personen-Haushalt eine Grundmiete von 850,- Euro genannt.

Mit Änderungsbescheid vom 14. Oktober 2015 wurden nunmehr auch für die Monate September und Oktober 2015 monatlich 1.089,- Euro Unterkunftskosten bewilligt.
Am 26. Oktober 2015, geändert durch Bescheid vom 25. Mai 2016 (endgültige Festsetzung für Oktober 2015 bis März 2016), bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen für November 2015 bis April 2016, wieder unter Berücksichtigung von monatlich gesamt 1.089,- Euro Unterkunftskosten.
Am 30. Dezember 2015 stellte der Bevollmächtigte der Kläger einen Überprüfungsantrag zu den beiden Bescheiden vom 14. und 26. Oktober 2015. Dies wurde jeweils mit Bescheiden vom 22. Mai 2016 abgelehnt. Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 22. August 2016 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 7. November 2016 wurden den Klägern weiter Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum November 2016 bis April 2017 vorläufig bewilligt. Nunmehr wurden monatlich 1.942,- Euro, davon 1.174,- Euro Unterkunftskosten bewilligt (930,- Euro Grundmiete). Die Erhöhung ergab sich aus der Aktualisierung des o. g. Konzepts vom 12. September 2016 mit der Konsequenz neuer Mietobergrenzen.
Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass an den Vermieter der Kläger nunmehr ein Betrag von 1.460,50 Euro überwiesen werde. In der Aufstellung der Zahlungen war vermerkt, dass dieser Betrag monatlich an den Vermieter ging. Überdies sollten monatlich 144,- Euro an einen Erdgasanbieter vom Beklagten überwiesen werden.
Die Kläger legten dagegen am 15. November 2016 Widerspruch ein. Die Berechnung der angemessenen Unterkunftskosten sei rechtswidrig. Im Übrigen sei keine Erfüllungswirkung eingetreten, soweit der Beklagte einen Teil der Regelleistung zur Begleichung der monatlichen Miete verwendet habe.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2017 als unzulässig verworfen, soweit es um die aus der Regelleistung überwiesene Miete ging.
Der Hinweis, dass und in welcher Höhe die Miete direkt an den Vermieter gezahlt werde, sei mangels Regelung kein Verwaltungsakt. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kläger haben durch ihren Prozessbevollmächtigten Klagen zum Sozialgericht München erhoben; jeweils am 21. September 2016 zu den beiden Widerspruchsbescheiden vom 22. August 2015 zu den Ausgangsbescheiden vom 14. Oktober 2015 (S 52 AS 2229/16) und 26. Oktober 2016 (S 52 AS 2230/16) und am 23. Februar 2017 zum Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2017 (S 52 AS 405/17). Sie haben jeweils den Streitgegenstand allein auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt und zusätzlich kritisiert, dass aus der Regelleistung ein Teil der Miete gezahlt wurde. Die Direktauszahlungsanordnung sei ein Verfügungssatz, der rechtsbehelfsfähig sei.

In den ersten beiden Klageverfahren fand am 26. Oktober 2016 ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Den Klägern wurde hierbei aufgegeben, bis zum 2. Dezember 2016 Nachweise für die vergebliche Suche einer aus Sicht des Beklagten angemessenen Unterkunft vorzulegen. Am 3. Februar 2017 legten sie ein Schreiben vor, in dem sie die Namen und Anschriften von drei Maklern nannten, die für sie tätig seien, sowie zwei Internetportale, bei denen sie selbst suchen würden.
Das Gericht hat die drei Klagen am 25. Oktober 2018 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum führenden Aktenzeichen S 52 AS 405/17 verbunden.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten    übereinstimmend zu Protokoll gegeben, dass streitgegenständliche Zeiträume September und Oktober 2015, November 2015 bis April 2016 und November 2016 bis April 2017 seien.

Die Kläger beantragen,
den Änderungsbescheid vom 14. Oktober 2015 und den Bewilligungsbescheid vom 26. Oktober 2016 in Gestalt des Bescheides vom 25. Mai 2016 jeweils in der Fassung der Überprüfungsbescheide vom 22. Mai 2016 in Gestalt der Widerspruchbescheide vom 22. August 2016 sowie den Bescheid vom 7. November 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13. Februar 2017 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (für den Zeitraum September 2015 bis April 2016 die monatliche Differenz von 450,- Euro x 8 Monate = 3.600,- Euro sowie für November 2016 bis April 2017 die monatliche Differenz von 530,50 Euro x 6 Monate = 3.183,- Euro, gesamt 6.783,- Euro) übernimmt,
  hilfsweise,
unter Abänderung der oben genannten Bescheide den Betrag, welcher aus dem Regelbedarf an den Vermieter entrichtet wurde, nachzuzahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.


Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, insbesondere auch auf das Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung sowie die Fortschreibung von 2016 dazu, Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klagen sind, soweit sie die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung betreffen, zulässig, aber unbegründet, da das Konzept des Beklagten von 2013 zur Herleitung von Mietobergrenzen sowie die Fortschreibung von 2016 nicht zu beanstanden sind. Der Hilfsantrag war mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abzuweisen.

Die Möglichkeit, die drei Klagen durch Beschluss zu verbinden, ergibt sich aus § 113 Abs. 1 SGG. Die Rechtsstreitigkeiten mit den Az. S 52 AS 2229/16 (Zeitraum September und Oktober 2015), S 52 AS 2230/16 (Zeitraum November 2015 bis April 2016) und S 52 AS 405/17 (Zeitraum November 2016 bis April 2017) standen im Zusammenhang, da inhaltlich die gleiche Fragestellung für verschiedene Zeiträume betroffen war, und wurden deshalb zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum führenden Az. S 52 AS 405/17 verbunden. Hinsichtlich der o. g. streitgegenständlichen Zeiträume bestand zwischen den Beteiligten Einigkeit.

Den Streitgegenstand haben die Kläger hier zulässigerweise auf die Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Im Rahmen der Bewilligung von SGB-II-Leistungen handelt es sich bei der Gewährung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung um eine abtrennbare Verfügung, die isoliert anfechtbar ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 8/06).

Im Streit stehen hier nach der Verbindung der drei Klagen die Unterkunftskosten im Zeitraum September 2015 bis April 2016 sowie November 2016 bis April 2017. Nach der endgültigen Festsetzung der Leistungen mit Bescheid vom 25. Mai 2016 (nur) für Oktober 2015 bis März 2016 waren die Leistungen für April 2016 und November 2016 bis April 2017 weiterhin vorläufig bewilligt.
Die Vorschrift des zum 1. August 2016 eingefügten § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II legt fest, dass die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt gelten, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung ergeht.

Gemäß dem ebenfalls neu eingefügten § 80 Abs. 3 SGB II gilt für die abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1. August 2016 beendet waren, die Regelung des § 41a Absatz 5 Satz 1 SGB II mit der Maßgabe, dass die Jahresfrist mit dem 1. August 2016 beginnt.   § 41a SGB II ist ohnehin anzuwenden für Zeiträume, die vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet waren.

Der Monat April 2016 und die Monate November 2016 bis April 2017 gelten damit als endgültig festgesetzt.

Die tatsächlichen Unterkunftskosten beliefen sich auf 1.400,- Euro (Grundmiete von 1.270,- Euro zuzüglich 30,- Euro Garage und 100,- Euro Nebenkosten) bzw. ab August 2016 1.590,50 Euro (Grundmiete von 1.460,50 Euro zuzüglich 30,- Euro Garage und 100,- Euro Nebenkosten) zuzüglich Heizkosten.

Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der Beklagte hatte die mehrmals darauf hingewiesen, dass ihre Miete unangemessen hoch sei, dass sie die Kosten binnen sechs Monaten zu senken habe und dass danach monatlich nur noch die aus seiner Sicht angemessene Grundmiete von 850,- Euro (ab September 2016: 930,- Euro) berücksichtigt werden könnte. Demnach hat er in den streitgegenständlichen Zeiträumen September 2015 bis April 2016 eine Grundmiete von 850,- Euro sowie Heizkosten von 139,- Euro und Nebenkosten von 100,- Euro übernommen.

Im Zeitraum November 2016 bis April 2017 hat er eine Grundmiete von 930,- Euro sowie Heizkosten von 144,- Euro und Nebenkosten von 100,- Euro übernommen.
Die Rechtsprechung hat für die Berechnung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung strenge Kriterien aufgestellt:
Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Hierbei ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 18/06). Für eine Person hat der Beklagte demnach richtig bis zu 50 qm definiert, für zwei Personen bis zu 65 qm, für drei Personen bis zu 75 qm, für vier Personen bis zu 90 qm.
Weiter ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu bestimmen. Der Landkreis B-Stadt wurde hier in neun Vergleichsräume unterteilt. Er hat hier aneinander angrenzende Gemeinden, die ein ähnliches Mietniveau aufweisen, zusammengefasst. Der maßgebliche Vergleichsraum ist hier der VR 2, in dem der Wohnort der Kläger A-Stadt sowie Unterföhring und Garching bei B-Stadt liegen.
Schließlich ist ein sog. "schlüssiges Konzept" zu erarbeiten, das zeit- und realitätsgerecht den abstakt angemessenen Quadratmeterpreis im konkreten Vergleichsraum bestimmt. Hierzu müssen folgende Mindestvoraussetzungen erfüllt sein:
1. Die Datenerhebung darf nur im und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen.
2. Der Beobachtungsgegenstand muss nachvollziehbar definiert sein (z. B. Wohnungsart/ -standard/ -größe).
3. Es sind Angaben über den Beobachtungszeitraum zu machen.
4. Die Art und Weise der Datenerhebung ist festzulegen unter Nennung der Erkenntnisquellen.
5. Die einbezogenen Daten müssen repräsentativ und valide sein.
6. Die Datenauswertung hat nach anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätzen zu erfolgen.
7. Angaben über gezogene Schlüsse müssen enthalten sein.
In einem weiteren Schritt ist dann zu prüfen, ob dem jeweiligen Leistungsempfänger die Kostensenkung unzumutbar oder unmöglich war, mithin, ob trotz intensiver Suche unter Zuhilfenahme aller zumutbaren und erreichbaren Hilfen eine kostengünstigere Wohnung nicht anmietbar gewesen ist.
Im Ausgangskonzept des Landkreises M1-Stadt von 2013 (Erhebung im Zeitraum Juli 2011 bis Juni 2013) wurden 9.484 Daten über Angebotsmieten erhoben, von denen jeweils ein Teil auf die einzelnen neun Vergleichsräume entfiel. Die Datenerhebung erfolgte jeweils gesondert für jeden Vergleichsraum. In der Aktualisierung 2016 (Erhebung im Zeitraum April 2014 bis März 2016) waren es 6.186 Daten über Angebotsmieten.
Der Beobachtungsgegenstand ist hier nachvollziehbar definiert:
Es wurde das untere Viertel des Wohnungsmarktes herangezogen. Der einfachste Wohnungsstandard ist bei der Erhebung nicht mitberücksichtigt worden. So sind jeweils die Mindeststandards überprüft und die Angebote, die diese nicht erfüllen, aussortiert worden. Nach der Rechtsprechung dürfen SGB-II-Bezieher auf Wohnungen mit unterstem Ausstattungsgrad (Kohleöfen, ohne Bad) bei der Wohnungssuche grundsätzlich von vornherein nicht verwiesen werden (vgl. u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az. B 14 AS 65/09 und Urteil vom 18. November 2014, Az. B 4 AS 9/14).
Für das Konzept wurden hier nur Angebotsmieten herangezogen. Auf diese Weise durfte der Beobachtungsgegenstand beschränkt werden. Nur der umgekehrte Fall, wenn ausschließlich Bestandsmieten die Datengrundlage bilden, ist von der Rechtsprechung bemängelt worden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Juni 2016, Az. B 4 AS 44/14).
Auch die Wohnungsgrößenklassen wurden richtig ermittelt. So wird für einen Ein-Personenhaushalt eine qm-Zahl von 50 qm +/- 10 qm, mithin die Spanne von 40 bis 60 qm zugrunde gelegt, für zwei Personen 55 bis 75 qm etc. Wenn nach den maßgeblichen Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau für eine Person 50 qm angemessen sind, dann ist die gewählte Wohnungsgrößenklasse von 40 bis 60 qm nicht zu beanstanden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13. April 2011, Az. B 14 AS 85/09).
Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, dass das Konzept des Beklagten hier die jeweils angemessenen Nettokaltmieten, also die reine Grundmiete ohne jegliche Neben- oder Heizkosten, berechnet. Nach der Rechtsprechung hat zwar die Behörde grundsätzlich die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete (Grundmiete und kalte Betriebskosten) zu bestimmen. Weiterhin hat es auch gesondert zu beurteilen, ob die Heizkosten angemessen sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14). Im Konzept des Beklagten und in der Aktualisierung fehlen Ausführungen zu angemessenen Neben- oder Heizkosten. Da der Beklagte hier jeweils die vollen tatsächlichen Neben- und Heizkosten übernommen hat, kommt es hierauf nicht an.
Soweit der Prozessbevollmächtigte vorträgt, das Konzept sei schon deshalb nicht schlüssig, weil die Datengrundlage absolut zu wenig verfügbare Wohnungen ausweist, so folgt das Gericht dem nicht:
Die Frage der tatsächlichen Verfügbarkeit hat der Beklagte in seinem Konzept dadurch überprüft, dass er an willkürlichen Stichtagen die Online-Immobilienportale abgefragt hat. Überdies hat er anhand von Tabellen offengelegt, welche herangezogenen Angebote in den jeweiligen Vergleichsräumen verfügbar waren. Richtig ist, dass es im Ausgangskonzept für den Vergleichsraum 2 für 85 bis 95 qm im Preissegment 800,- bis 900,- Euro 30 verfügbare Wohnungen gab. In dieser Wohnungsgröße gab es in der Aktualisierung 2016 im Preissegment 900,- bis 1.000,- Euro (aufgrund der erhöhten Mietobergrenze) nur noch 15 Wohnungen. Dies bedeutet, dass es durchaus mögliche Wohnungsangebote gab, wenn auch sehr wenige. Die Datengrundlage begegnet aufgrund der geringen Anzahl aber keinen Einwänden.
Grundsätzlich besteht jedenfalls keine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu angemessenen Preisen zu finden, da in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot herrscht, auch wenn in bestimmten Regionen ausreichender Wohnraum knapp ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 106/10). Ob den Klägern die Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war, ist erst in einem späteren Schritt zu prüfen.
Insgesamt sind das Konzept des Beklagten von 2013 sowie die Aktualisierung von 2016 nicht zu beanstanden.
Überdies konnten die Kläger nicht nachweisen, dass ihnen die Kostensenkung unmöglich oder unzumutbar ist. Hierzu ist der Vortrag insgesamt erheblich zu dünn.
Ob beispielsweise eine Untervermietung oder eine Verhandlung mit dem Vermieter versucht wurde, ist nicht bekannt. Die im Februar 2017 vorgelegte Übersicht genügt nicht als Nachweis für Bemühungen um kostengünstigere Wohnungen. Es wäre den Klägern zumutbar gewesen, konkrete Wohnungsangebote einzureichen bzw. erfolglose Bewerbungen um passende Wohnungen. Trotz der relativ geringen Anzahl an verfügbaren angemessenen Wohnungen geht das Gericht davon aus, dass ausreichende Wohnungen innerhalb der vom Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze zu finden gewesen wären.
Der Hilfsantrag der Kläger war als unzulässig abzuweisen, da ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar ist:
Ab August 2016 schuldeten die Kläger ihrem Vermieter eine Grundmiete von 1.460,50 Euro. Wie im Bescheid vom 7. November 2016 mitgeteilt, hat der Beklagte zwar als angemessene Nettokaltmiete einen Betrag von monatlich 930,- Euro angesetzt und Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 1.174,- Euro bewilligt, aber tatsächlich an den Vermieter monatlich die vollen 1.460,50 Euro Grundmiete überwiesen. Damit hatte er im Gegenzug den Klägern einen geringeren Betrag für die Regelleistung gezahlt.
Gemäß § 22 Abs. 7 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Sie sollen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Die Behörde hat den Leistungsempfänger über eine Zahlung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.
Die Unterrichtung über die Direktüberweisung an den Vermieter stellt hierbei einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 5. August 2015, L 7 AS 263/15). Es handelt sich mithin um eine gesondert anfechtbare Verfügung, auch wenn mit Bescheid vom 7. November 2016 nicht erstmals eine Direktauszahlung der Miete an den Vermieter erfolgte. Dies wurde schon seit längerem so praktiziert (vgl. Bescheide vom 14. und 26. Oktober 2015 sowie vom 25. Mai 2016).
Die Berechtigung zur Direktzahlung an den Vermieter betrifft allein die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Soweit diese bewilligt wurden, dürfen sie nur in dieser Höhe (ab November 2016: monatlich 1.174,- Euro) an den Vermieter gezahlt werden. Für die diesbezügliche Klage auf Rückzahlung der zum Teil aus der Regelleistung bezahlten Miete ist aber kein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar, da die Kläger ihrerseits dem Vermieter die Differenz zur aus Sicht des Beklagten angemessenen Miete gezahlt hätten. Im Erörterungstermin am 26. Oktober 2016 haben sie ausgeführt, dass sie die Differenz an den Vermieter zahlen. Insofern haben sie zwar weniger als die bewilligte Regelleistung vom Beklagten erhalten; diese hätten sie aber ohnehin selbst zur Begleichung der restlichen Mietschulden verwendet. Im Gegenzug sind für die Kläger auf diese Art und Weise keine Mietschulden entstanden, die ihre Unterkunft gefährdet hätten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

 

Rechtskraft
Aus
Saved