1. Zum einstweiligen Rechtsschutz bei dem Begehren einer gerichtlichen Ersetzung der noch ausstehenden Entscheidung der Schiedsstelle nach § 81 SGB XII. 2. Zu den Kosten des Verfahrens nach Verweisung: Mehrkosten iSv § 17b Abs 2 Satz 2 GVG fallen bei einer Verweisung vom LSG an das SG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Gegensatz zu der entsprechenden Verweisung im Hauptsacheverfahren nicht an.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (einschließlich der Kosten für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L ..... ) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.441,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) verlangt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes während des laufenden Schiedsstellenverfahrens die Verpflichtung des Landes Sachsen-Anhalt als Beschwerdegegner (im Folgenden: Bg.) zu höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen.
Die Bf. hat zunächst am 9. August 2023 vor dem Landessozialgericht (LSG) Klage mit dem Ziel der Verpflichtung des Bf. erhoben, ihr als Trägerin der ungeförderten vollstationären Pflegeeinrichtung „Pflegezentrum F. “ gesondert berechnete Investitionskosten in Höhe von 17,69 € je Pflegetag und Bewohner vom 24. Februar bis zum 31. Dezember 2023 zu vergüten (Az. .... ). Nach Verweisung des Rechtsstreits mit Beschluss des Senats vom 28. August 2023 ist das Klageverfahren noch bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau anhängig.
Mit dem gleichzeitig mit der vorgenannten Klage bei dem LSG eingegangenen Antrag (Az. ..... ) hat die Bf. den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren der Hauptsache, insoweit seit dem 24. Februar 2023 „bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder einem anderen Abschluss des Hauptsacheverfahrens“, geltend gemacht. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist mit dem Klageverfahren an das Sozialgericht Dessau-Roßlau als Gericht der Hauptsache übergegangen und dort als Verfahren ....... registriert worden.
Parallel zu den vorgenannten Verfahren führt die Bf. das am 24. Februar 2023 eingeleitete Verfahren vor der Schiedsstelle des Landes Sachsen-Anhalt nach § 81 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) mit dem Ziel eines Schiedsspruchs mit der Verpflichtung des Bg., zu ab dem 1. Januar 2023 um 7,01 € je Pflegetag und Bewohner höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen weiter. Mit Schreiben der Schiedsstelle vom 13. September 2023 ist ein Schlichtungstermin für den 27. September 2023 anberaumt worden, der auf Grund einer Erkrankung des Schiedsstellenvorsitzenden aufgehoben worden ist. Auf Antrag des Bg. ist der für den 17. Januar 2024 anberaumte Termin der Schiedsstelle aufgehoben und die mündliche Verhandlung auf den 6. März 2024 verlegt worden.
Dem Schiedsstellenverfahren liegt der von der jetzigen Geschäftsführerin damals als Einzelunternehmerin mit dem Bg. seit dem Jahr 2006 vereinbarte Investitionskostensatz von 10,68 € pro Pflegetag und Bewohner zugrunde. Der Aufforderung des Bf. vom 10. November 2022, ab dem 1. Januar 2023 auf der Grundlage von § 76a Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 82 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) eine Vereinbarung über Investitionskosten in Höhe von 17,69 € je Pflegetag und Bewohner abzuschließen, kam der Bg. nicht nach. Dieser verwies darauf, dass die von der Bf. ihrer Kalkulation zugrunde gelegten Mietaufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten, da die Einrichtung bis zum 30. Juni 2020 in Trägerschaft ihrer aktuellen Geschäftsführerin gestanden habe, von der die Immobilie nun von der Bf. zu 9,00 €/m² angemietet werde. In Bezug auf diesen Quadratmeterpreis rechne die Bf. mit einem Durchschnittswert für „Büro/Praxen“ von 7,53 € (Spanne 2,41 bis 12,65 €). Hinzu komme ein Aufschlag für die besondere Gebäudeausstattung einer Pflegeimmobilie am oberen Rand der Spanne für die „Spezialimmobilie“. Der Mietspiegel für H. (Saale) für das Jahr 2022 weise beispielsweise für eine Wohnung mit 22 m² eine Nettokaltmiete von 8,03 €/m² aus. Ein Zuschlag bei der Wohnungsqualität sei für die besondere Sanitärausstattung und die Barrierefreiheit zu berücksichtigen, sodass sich bei einem Aufschlag von ca. 12 Prozent die von ihr - der Bf. - geschuldete Miete von 9,00 €/m² ergebe.
Das Sozialgericht hat den Antrag der Bf. mit Beschluss vom 17. Oktober 2023 abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei bereits unzulässig, weil das gesetzlich vorgeschriebene Schiedsstellenverfahren nicht durchgeführt worden sei. Über die Investitionskosten sei gemäß § 77 Abs. 1 SGB XII eine Vereinbarung abzuschließen. Komme eine Vereinbarung nicht zustande, könne die Schiedsstelle nach § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB XII angerufen werden. Erst gegen die Entscheidung der Schiedsstelle könne dann gemäß § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB XII das Gericht angerufen werden. Vor Durchführung des Schiedsstellenverfahrens sei ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle (Hinweis auf Hessisches LSG, Beschluss vom 18. Juli 2008 - L 7 SO 7/06 ER -, juris, RdNr. 33). Die erforderliche Entscheidung der Schiedsstelle liege hier bisher nicht vor. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei darüber hinaus unbegründet. Die Bf. habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung komme grundsätzlich nur für Zeiträume ab Antragstellung in Betracht, weil das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht der Beschleunigung des Hauptsacheverfahrens, sondern nur einer vorläufigen Regelung diene. Es müsse deshalb eine aktuelle finanzielle Notlage glaubhaft gemacht werden (Hinweis auf LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Mai 2013 - L 8 SO 21/12 B ER -, juris, RdNr. 25). Diese allgemeinen Voraussetzungen für die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes seien auch im vorliegenden Verfahren anzuwenden. Aus dem Umstand, dass die Schiedsstelle gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB XII unverzüglich zu entscheiden habe, folge nichts Anderes. Daraus sei nicht ableitbar, dass im Falle einer nicht unverzüglichen Entscheidung der Schiedsstelle beim Gericht der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt werden könne. Dies wäre auch widersprüchlich, weil dadurch das vorgeschriebene Schiedsstellenverfahren unterlaufen werden könnte. Vielmehr mute der Gesetzgeber mit der Einführung des Schiedsstellenverfahrens den Beteiligten das Vorliegen vertragsloser Zustände zu. Eine aktuelle finanzielle Notlage durch den Abschluss der von der Bf. begehrten Vereinbarung habe dieser weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Die Bf. habe auch einen Anspruch nicht glaubhaft gemacht, dass das Gericht den Bg. zur vorläufigen Vergütung von Investitionskosten in der von der Bf. begehrten Höhe verpflichte. Denn auch im Falle eines durchgeführten Schiedsstellenverfahrens wäre das Gericht nicht berechtigt, den Bg. zur Vergütung von Investitionskosten in einer bestimmten Höhe zu verpflichten. Denn Folge einer erfolgreichen Anfechtung des Schiedsspruchs wäre, dass die Schiedsstelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden hätte.
Gegen den ihr am 18. Oktober 2023 zugestellten Beschluss hat die Bf. am 20. November 2023 (einem Montag) Beschwerde bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegt, die nachfolgend an das LSG Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden ist. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und vertieft. In verfahrensrechtlicher Sicht sei auf § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abzustellen. Der gerichtliche Rechtsschutz sei auf Grund der Regelung in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht der Schiedsstellenentscheidung nachgeordnet. Der Verfahrensablauf ergebe, dass die Schiedsstelle nicht unverzüglich entschieden habe, sodass das Gericht die Entscheidung der Schiedsstelle zu ersetzen habe. Im Regelfall müsse die Schiedsstelle innerhalb eines Zeitraums von maximal sechs Monaten (jeweils drei Monate Verhandlungszeitraum/Wartefrist für einen Schiedsstellenantrag und für die Entscheidung durch die Schiedsstelle) entscheiden. Ihr verbleibe keine Möglichkeit der Quersubventionierung der Einrichtung. Unter Berücksichtigung des derzeitigen EZB-Leitzinses von 4,5 Prozent entgehe ihr zudem ein Renditevorteil, da bei einer rückwirkenden Festsetzung des Investitionsentgelts eine Verzinsung durch den Bg. nicht möglich sei. Ihr sei der Weg versperrt, das erhöhte Investitionsentgelt gegenüber den jeweiligen Sozialhilfeempfängern in der Einrichtung geltend zu machen. Zu berücksichtigen sei auch der Inhalt der zwischen den Beteiligten für das Jahr 2024 abgeschlossenen Vereinbarung nach § 76a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen in Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen, zu der auf Blatt 317 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen wird.
Die Bf. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Oktober 2023 aufzuheben und den Bg. zu verpflichten, der Bf. als Trägerin der vollstationären Pflegeeinrichtung „Pflegezentrum F. “ gesondert berechnete Investitionskosten vorläufig in Höhe von 17,69 €/Pflegetag und Bewohner seit dem 24. Februar 2023 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder einem anderen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu vergüten.
Der Bg. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen ist, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Die prozessuale Rechtsgrundlage für das Begehren ist von Amts wegen zu prüfen. Insoweit stellt es sich hier als Problem dar, dass die Bf. meint, in der Hauptsache mit demselben Begehren eine - bei zutreffender rechtlicher Würdigung nicht zulässige - Klage führen zu können.
Im Verhältnis zum Bg. kann die Bf. in der Hauptsache zulässig mit einer Anfechtungsklage die - hier derzeit noch ausstehende - Entscheidung der Schiedsstelle angreifen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Januar 2021 - B 8 SO 6/19 R -, juris, RdNr. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 - B 8 SO 3/13 R -, juris, RdNr. 12). Die Bf. wendet sich nicht in diesem - zulässigen - Sinne gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle, sondern verlangt die gerichtliche Verpflichtung des Bg. zu um 7,01 € je Pflegetag und Bewohner höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen, sowohl im einstweiligen Rechtsschutz als auch im Hauptsacheverfahren. Dieses Begehren weicht von der gefestigten und auch vom Senat für zutreffend erachteten höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, dass Gegenstand einer gegen den Sozialhilfeträger zu richtenden zulässigen Klage zu Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 81 SGB XII nicht die Verurteilung des Sozialhilfeträgers zu einer Regelung in Bezug auf die zwischen den Beteiligten streitigen Punkte ist (vgl. statt aller: BSG, Urteil vom 23. Juli 2014, a.a.O., RdNr. 12). Erfüllt die angefochtene Schiedsstellenentscheidung die Anforderungen entsprechend dem eingeschränkten Prüfungsbereich des Gerichts nicht, reicht dieses die Entscheidung an die Schiedsstelle zur weiteren Bearbeitung und Entscheidung zurück.
In der Hauptsache ist die Ersetzungsklage als besondere Form der Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG gegenüber dem Sozialhilfeträger nicht zulässig. Soweit die Bf. von einem Leistungsbestimmungsrecht des Gerichts im Rahmen einer Ersetzung der Entscheidung der Schiedsstelle ausgeht, liegt dem die von der Bf. - unzutreffend - angenommene Übertragbarkeit der insbesondere zum Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) entwickelten Verfahrensgrundsätze zugrunde. So regelt insbesondere § 132a Abs. 4 Satz 14 SGB V ausdrücklich die Geltung von Bestimmungen des Vertrages „bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit“. Soweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor diesem Hintergrund insbesondere für die gesetzliche Krankenversicherung auf der Grundlage von § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 319 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Ersetzungsklage für zulässig erachtet wird (vgl. z.B. zur häuslichen Krankenpflege statt aller BSG, Urteil vom 23. Juni 2016 - B 3 KR 26/15 R -, juris, RdNr. 17ff.), gilt dies für den Geltungsbereich des SGB XII nicht (ebenda RdNr. 18). Es kann damit dahinstehen, dass die Ersetzungsentscheidung durch das Gericht nur dann möglich ist, wenn die Tatsachengrundlage geklärt ist (vgl. BSG, ebenda, RdNr. 21). Mangels Erkenntnissen des Senats zu den Maßstäben bei vergleichbaren Einrichtungen wäre auch dies hier nicht der Fall.
Bei dem üblichen Verfahrensablauf, d.h. nach einer bereits ergangenen Entscheidung der Schiedsstelle, gelangt die überwiegende Meinung auf der Grundlage der maßgebenden Interessenlage der Beteiligten im einstweiligen Rechtsschutz zur Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (vgl. z.B. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Januar 2017 - L 9 SO 419/16 ER KL -, juris, RdNr. 20). Bei dem Begehren der Bf. geht die Anwendung dieser Regelung mangels einer Entscheidung der Schiedsstelle ins Leere.
Nur die Anwendung von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG würde den von der Bf. formulierten Regelungsbedarf abbilden. Einstweilige Anordnungen sind nach dieser Vorschrift auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach allgemeiner Meinung gilt die Regelung in § 86 Abs. 2 Satz 1 SGG, dass das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand nur treffen kann, „soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt“ (also nicht die Anfechtungsklage die zulässige Klageart in der Hauptsache ist), indes nicht nur für die Sicherungsanordnung, sondern auch für die Regelungsanordnung (vgl. statt aller Burkiczak, JurisPK-SGG, Stand 5. Februar 2024, § 86b SGG, RdNr. 312; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 86b RdNr. 26). Da der Senat nicht von der stetigen und überzeugenden Rechtsprechung des BSG zur Anfechtungsklage als zutreffender Klageart in der Hauptsache abweicht, scheitert die Bf. auf einfachgesetzlicher Ebene bereits daran, dass das Prozessrecht keine Grundlage für eine Regelungsanordnung bietet.
Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine Entscheidung des Senats im einstweiligen Rechtsschutz kann hier damit nur Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Betracht kommen. Diese Regelung garantiert jedermann effektiven Rechtsschutz bei möglichen Verletzungen seiner Rechte durch die öffentliche Gewalt. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten eröffnet als auch die Effektivität des durch die Gerichte gewährten Rechtsschutzes gewährleistet (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] - 2 BvQ 8/21 - juris, RdNr. 5). Entscheidend ist insoweit der sachliche Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts (BVerfG, ebenda), hier der finanziellen Ausstattung in einem Teilbereich der Vergütungsvereinbarung für einen zeitlich begrenzten Zeitraum.
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG lässt dem Gesetzgeber indes in der Ausgestaltung des Rechtsschutzes beträchtlichen Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 1 BvL 18/11 -, juris, RdNr. 69). Diesem steht es insbesondere frei, den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Schiedsstelle in unterschiedlichen Sozialleistungsbereichen nicht einheitlich zu regeln und den gerichtlichen Rechtsschutz auf die Anfechtung einer Schiedsstellenentscheidung zu beschränken.
Im Übrigen kann frühester Zeitpunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nur derjenige sein, in dem sich ein Bürger bzw. eine juristische Person an die Justiz mit seinem Begehren um Rechtsschutz wendet. Die Bf. hat sich nicht mit den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts auseinandergesetzt, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur der Zeitraum ab Eingang bei dem Gericht maßgebend ist. Unter Berücksichtigung der Regelung in § 17b Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) beginnt dieser Zeitraum mit dem 9. August 2023 und nicht - wie von der Bf. beantragt - mit dem 24. Februar 2023.
Letztlich fehlt zu dem von der Bf. geltend gemachten Rückgriff auf den Justizgewährungsanspruch die Darlegung der Verletzung einer besonders geschützten Rechtsposition.
Die nach Auffassung der Bf. nicht hinreichend beachtete Pflicht der Schiedsstelle, „unverzüglich“ zu entscheiden, ist für sich genommen keine Verletzung einer Rechtsposition im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, soweit sich aus einer zu späten Entscheidung keine erheblichen Konsequenzen für ein geschütztes Rechtsgut ergeben. Es kann damit dahinstehen, dass die Bf. zwar angibt, den Begriff „unverzüglich“ mit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Sinne der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen, gleichzeitig im Ergebnis diesen Begriff aber nicht im Sinne von „ohne schuldhaftes Zögern“ auslegt, sondern darunter einen feststehenden Zeitraum von maximal sechs Monaten versteht (vgl. zum Maßstab im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB z.B. BSG, Beschluss vom 27. Juni 2013 - B 10 ÜG 9/13 B -, juris, RdNr. 29). Zu dem Verfahren der Schiedsstelle ist dem Senat lediglich bekannt, dass die Bf. ihren Antrag bei der Schiedsstelle nicht in der Antragsschrift begründet hat, sondern eine Begründung erheblich später nachgereicht hat. Nachfolgend sind mehrfach Schriftsätze zwischen den Beteiligten ausgetauscht worden. Der Bg. hat sich in seinem Schriftsatz vom 11. September 2023, dort Seite 5, eingehend mit dem zeitlichen Ablauf des Verfahrens auseinandergesetzt, ohne dass die Bf. dieser Darstellung widersprochen hat. Das Vorbringen der Bf. in erstinstanzlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahren enthält keine nachvollziehbaren Angaben dazu, was dem Vorsitzenden der Schiedsstelle, als dem zum Zeitpunkt der Klageerhebung und Antragstellung bei Gericht maßgebenden Verantwortlichen, oder ggf. den für die Besetzung der Schiedsstelle Verantwortlichen in diesem Schiedsstellenverfahren zur Last gelegt wird. Weder die Gewährung von rechtlichem Gehör zu einem Vorbringen der Gegenseite noch die Aufhebung von Terminen auf Grund einer Erkrankung lassen hier eine erheblich verzögerte Verfahrensführung der Schiedsstelle erkennen.
In Bezug auf den zeitlichen Maßstab erfordert der Rückgriff auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG im Übrigen, dass eine Entscheidung durch das Gericht schneller oder effektiver gewährleistet werden kann als die Entscheidung durch die Schiedsstelle.
Dass hiervon nicht auszugehen ist, ergibt sich in Bezug auf den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 8. August 2023 bereits daraus, dass dieser Zeitraum nicht von der Entscheidung des Sozialgerichts oder des Senats umfasst ist. In Bezug auf eine Vergütung für den nachfolgenden Zeitraum vom 9. August bis zum 31. Dezember 2023 hat die Bf. nicht mitgeteilt, auf welcher Grundlage sich im gerichtlichen Verfahren eine Mitwirkungspflicht des Bg. zu Angaben über Vergleichseinrichtungen ergeben könnte. Die von der Bf. herangezogene Regelung in § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) gilt in gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ebenso wenig wie die Regelung in § 106a SGG (vgl. zu § 106a SGG statt aller Mushoff in JurisPK-SGG, Stand 18. August 2022, § 106a RdNr. 26). Dem Senat liegen aus den Akten keine Angaben vor, auf die eine Entscheidung zu den Investitionsaufwendungen der Bf. rechtssicher gestützt werden könnte. Der Senat wird auch eine Schätzung der zutreffenden Investitionsaufwendungen der Bf. nicht vornehmen können. Die Regelung in § 287 Zivilprozessordnung ist über § 202 Satz 1 SGG im Sozialrecht nur nachrangig anwendbar und bildet keinen zutreffenden Maßstab des Verfahrens, wenn sich aus bereichsspezifische Regelungen - wie im vorliegenden Fall den Regelungen über das Schiedsstellenverfahren - ein hiervon abweichendes Vorgehen ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, juris, RdNr. 19). Exemplarisch sei darauf verwiesen, dass selbst dann, wenn man der Rechtsauffassung der Bf. zur Berücksichtigung von Mietaufwendungen folgen wollte, die angemessenen Aufwendungen nicht aus Durchschnittswerten für Wohnimmobilien, Büros oder Praxen, die aus einer Spanne durch Halbierung gebildet werden, berechnet werden, denen dann ein Aufschlag für eine Spezialimmobilie hinzuzurechnen ist. Insoweit kann für eine vollstationäre Pflegeeinrichtung auch nicht auf einen Mietspiegel für Mietwohnungen in der circa 40 km von G. (circa 3.000 Einwohner) bzw. Südliches Anhalt/OT G. (circa 13.000 Einwohner) entfernt liegenden Großstadt H. (S.) Bezug genommen werden kann. Nach allgemein zugänglichen Quellen im Internet soll die durchschnittliche Kaltmiete für Mietwohnungen in der Gemeinde Südliches Anhalt/OT G. im Jahr 2023 bei 4,82 €/m² gelegen haben. Die Angaben der Bf. zu den Referenzwerten entbehren der Plausibilität auch deshalb, weil der vorgelegte Mietvertrag, den die Geschäftsführerin der Klägerin mit sich unter dem 15. April 2020 abgeschlossen hat, mit „Gewerbemietvertrag“ überschrieben ist. Soweit sich das Vorbringen der Bf. alternativ an den Werten im Orientierungsrahmen Gewerbemieten 2021 für den Landkreis Anhalt-B. orientiert, wird in den veröffentlichten Werten ein Zentralwert von 5,50 €/m² und damit nicht der von der Bf. angenommene Durchschnittswert ausgewiesen. Auch ist von der Bf. hier nichts dazu vorgetragen worden ist, unter welchem Gesichtspunkt in G. insoweit mehr als das Dreifache des Mindestwertes von 2,41 €/m² zugrunde zu legen sein soll. Stellt man einen Vergleich zu den Wohnungsmieten an, bewegen sich diese für den Ortsteil G.. bezogen auf den Landkreis Anhalt-B. im unteren Bereich.
Zu dem auf den Erhalt der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Bf. aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 3 GG und Umsetzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG gerichteten Rechtsschutz, insbesondere zu einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz, hat die Bf. keine maßgebenden Gesichtspunkte vorgetragen. Ihrem Interesse der vorläufigen Ausstattung mit höheren Einnahmen steht das von dem Bg. repräsentierte öffentliche Interesse an der Vermeidung einer Belastung des Landeshaushalts gegenüber.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Soweit Mehrkosten im Verfahren vor dem zunächst angerufenen LSG als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird (§ 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG), stellt der Kostenausspruch hier im Ergebnis zu Gunsten der Bf. lediglich klar, dass eine gesonderte Entscheidung über die Kosten des Verfahrens L .... KL nicht mehr ergehen wird. Über „Mehrkosten“ im Sinne des § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG ist hier nicht zu befinden gewesen, da in der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ([GKG], Teil 7, Hauptabschnitt 2, Abschnitt 1) für den vorläufigen Rechtsschutz nicht danach differenziert wird, ob das Sozialgericht oder das LSG angerufen wird. Das ergibt sich insbesondere in der Gegenüberstellung zur Differenzierung im Hauptabschnitt 1 („Prozessverfahren“ Abschnitt 1 „Erster Rechtszug“) nach einem Unterabschnitt 1 und 2, was hier nur die Mehrkosten von 1,0 Gebühren für das noch anhängige Klageverfahren betrifft. Der Streitwert - ausschließlich für das Beschwerdeverfahren, nachdem die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts nicht angegriffen worden ist - wird vom Senat niedriger angesetzt, als diesen das Sozialgericht für das erstinstanzliche Verfahren (mit dem verwiesenen Verfahren) für angemessen erachtet hat. § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG beinhaltet nur Bindungen im Sinne eines „Höchststreitwertes“ für das Rechtsmittelgericht und bezieht sich im Übrigen nicht auf den im ersten Rechtszug festgesetzten, sondern dort objektiv angemessenen Streitwert (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 7 KSt 5.13 [7 C 19.11] -, juris, RdNr. 3 m.w.N.). Bei der Festsetzung des Streitwertes hat das Sozialgericht die Festsetzung auf § 52 Abs. 1 und 3 und § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG gestützt und dabei die Verpflichtung des Bg. für den Zeitraum von einem Jahr zu um 7,01 € täglich höheren Zahlungen für Investitionsaufwendungen bei insgesamt 58 Bewohnern zugrunde gelegt (365 x 58 x 7,01 € = 148.401,70 €). Der Senat hält über die Regelung in § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG die Regelung in § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG für nicht entsprechend anwendbar, sodass der Umstand, dass die Vergütung für das Jahr 2023 auch die Grundlage für die Vergütung in den Folgezeiträumen bildet, vom Senat nicht berücksichtigt wird. Bei den von der Bf. angegebenen insgesamt 16 Bewohnern im Sozialhilfebezug und dem vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes ist nach billigem Ermessen das wirtschaftliche Interesse der Bf. für das Beschwerdeverfahren mit der Hälfte der für die Zeit vom 24. Februar bis zum 31. Dezember 2023 auf die anspruchsberechtigten Personen entfallenden Investitionskosten angemessen berücksichtigt (311 x 16 x 7,01 € = 34.881,76 € : 2 = 17.440,88 €, aufgerundet 17.441,00 €).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG; in Bezug auf die Festsetzung des Streitwertes § 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).