1. Bestehen im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, kann eine einstweilige Anordnung nur ergehen, wenn ein Anordnungsgrund von besonders herausgehobener Dringlichkeit vorliegt.
2. Eine solche herausgehobene Dringlichkeit ist hinsichtlich einer beantragten Versorgung mit einem Huntington-Bett nicht gegeben, wenn nicht glaubhaft gemacht wurde, dass die aktuelle (Pflege)Situation für die Antragstellerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar ist.
3. Bei vollstationärer Pflege lässt sich ein Anspruch auf Versorgung mit einem Huntington-Bett gegenüber der gesetzlichen Pflegeversicherung über § 40 SGB XI kaum begründen, da dieser lediglich einen Anspruch bei häuslicher Pflege gewährt und eine entsprechende Regelung in dem für die vollstationäre Pflege geltenden § 43 SGB XI fehlt.
4. Im Rahmen der Prüfung eines Leistungsanspruchs gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine Abgrenzung zwischen der Vorhaltepflicht des Heimträgers und der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin E., C-Straße, A-Stadt, Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für den Beschwerderechtszug bewilligt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin, hilfsweise der Beigeladenen, sie mit einem Huntington-Bett – SAVI Bett der Firma H. Deutschland GmbH – (im Folgenden: Huntington-Bett) zu versorgen.
Die 1988 geborene und unter Betreuung stehende Klägerin ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich pflegeversichert und bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert. Bei ihr wurde der Pflegegrad 5 festgestellt. Sie leidet an der Huntington-Krankheit im klinischen Stadium V von V und wohnt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung.
Die Antragstellerin beantragte über ihre frühere Betreuerin die Kostenübernahme für ein Huntington-Bett. Dem Antrag fügte sie die Verordnung eines „ChoReha B“ Spezialbettes der Firma SAVI mit Sondermaßen für Pflege und Therapieanwendungen 200 x 120 cm mit Komplettpolsterung aller erreichbaren Bauteile der Berufsausübungsgemeinschaft Dr. G./S./Dr. K. vom 13. Dezember 2022 und einen Kostenvoranschlag für das Bett inklusive Zubehör vom 4. Januar 2023 über einen Betrag in Höhe von 13.134,34 Euro bei. Der Kostenvoranschlag enthält den Hinweis, dass das Hilfsmittel überwiegend zum unmittelbaren Behinderungsausgleich (Schutz vor Verletzungen) und für Therapieanwendungen benötigt werde. Der Aspekt der Pflegeerleichterung sei nachrangig.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2023 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für das begehrte Huntington-Bett ab. Stationäre Pflegeeinrichtungen hätten eine nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse ausreichende und angemessene Pflege sicherzustellen und das dafür typische Inventar bereitzustellen. Hierzu gehöre auch der Einsatz und die Vorhaltung einer angemessenen Sachausstattung mit Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln. Das beantragte Produkt werde im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs und/oder zur Erfüllung des Versorgungsauftrages eingesetzt. Die Kosten seien mit dem Pflegesatz bzw. den Investitionsaufwendungen abgegolten.
Unter dem 31. Januar 2023 legte die Antragstellerin über ihre Betreuerin Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die betreuende Einrichtung ausweislich des Versorgungsvertrags nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) nicht auf die Grundpflege und Versorgung der Chorea Huntington-Erkrankung spezialisiert sei. Es bestehe daher keine Vorhaltepflicht der Pflegeeinrichtung, die im Übrigen immer individuell (Einrichtungsstruktur, Bewohnerklientel, notwendiger Behinderungsausgleich) geprüft werden müsse. Das beantragte Spezial-Bett sei zudem in seiner zum Behinderungsausgleich erforderlichen individuellen Konfiguration nur für die Antragstellerin einsetzbar. Es diene dabei nicht ausschließlich der Grundpflege, sondern sei eine an die Bedürfnisse des Behinderungsausgleichs, zur Gefahrenabwehr und zur Therapie (Krankenbehandlung) individuell angepasste Versorgung. Die nötigen Voraussetzungen seien durch eine Bereitstellung eines üblichen PG 50 Standard-Pflegebettes, z.B. mit Gitterpolsterungen, für sie durch die Einrichtung nicht ausreichend und vor allem nicht sicher zu erfüllen. Im weiteren Verlauf wurde vorgetragen, die Antragstellerin müsse mit einem Helm schlafen, damit der Kopf ausreichend geschützt sei. Die Verletzungsgefahr in dem vorhandenen Pflegebett sei zu groß. Die Antragstellerin legte ein Attest des Isar-Amper Klinikums D-Stadt vor. Darin wird eine Bewegungsunruhe mit deutlich eingeschränkter Kognition und fehlender Einschätzungsmöglichkeit von Gefahrensituationen als klinisch führend beschrieben. Die Bewegungsunruhe beeinträchtige die Sitz- und Gehfähigkeit mit erheblicher Sturzneigung und Verletzungsgefahr, die sich auch im Sitzen und Liegen beim Stoßen gegen die Stuhl- oder Bettkante äußere. Durch das Huntington-Bett werde einem Herausfallen und Selbstverletzungen vorgebeugt. Die Kostenübernahme würde die Pflege- und Lebensqualität der Antragstellerin enorm verbessern.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2023 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Es bestehe weder eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin noch der (im hiesigen Verfahren beigeladenen) gesetzlichen Krankenversicherung. In Abgrenzung zu den Pflegehilfsmitteln habe die gesetzliche Krankenversicherung nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht dem Bereich der vollstationären Pflege zuzurechnen seien. Dies seien im Wesentlichen individuell angepasste Hilfsmittel (z.B. Brillen, Hörgeräte, Prothesen) sowie Hilfsmittel, die regelmäßig außerhalb des Heimgeländes und unabhängig vom Pflegepersonal benutzt würden, oder solche, die so außergewöhnlich seien, dass sie nicht zum grundlegenden Inventar einer stationären Pflegeinrichtung gezählt werden könnten. Demgegenüber habe bei vollstationärer Pflege der Träger des Heims für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen. Er sei verpflichtet, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen. Um ein solches Hilfsmittel handele es sich bei dem beantragten Bett. Eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Pflegeversicherung sei ebenfalls nicht möglich, da Pflegehilfsmittel von den Pflegekassen nur im Rahmen der häuslichen Pflege übernommen würden (§ 40 SGB XI). Die Antragstellerin werde jedoch stationär gepflegt. Die hiergegen beim Sozialgericht Gießen erhobene Klage wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 5 KR 293/23 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen S 13 P 92/23 geführt.
Die Antragstellerin hat am 2. Oktober 2023 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 5 KR 292/23 ER, dann unter dem Aktenzeichen S 13 P 93/23 ER geführt. Zur Begründung ihres Antrags hat die Antragstellerin im Wesentlichen vorgetragen, dass sie sich in der Spät- bzw. Endphase der Erkrankung befinde. Ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im gerade erst eingeleiteten Klageverfahren sei ihr nicht zuzumuten. Ihr würden weitere gesundheitliche Nachteile drohen, wenn ihr die für medizinisch notwendig erachtete Versorgung mit dem Hilfsmittel nicht zur Verfügung stehe. Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund seien gegeben. Sie sei ausweislich des ärztlichen Attests des Isar-Amper-Klinikums D-Stadt auf die Versorgung mit dem Huntington-Bett angewiesen. Die Pflegeeinrichtung könne ihr das begehrte Huntington-Bett nicht zur Verfügung stellen. Es bestünde keine Vorhaltepflicht des Pflegeheims, beispielsweise über den Versorgungsvertrag. Aufgrund der individuellen Beschaffenheit für sie und die mangelnde Nutzbarkeit des Pflegebettes für andere Bewohner des Pflegeheims erfolge die Anschaffung des Pflegebettes ausschließlich für ihre Pflege. Vor diesem Hintergrund sei das Pflegebett von der Antragsgegnerin zu gewähren (Verweis auf Urteil SG Köln vom 1. Dezember 2022 - S 9 P 246/20). Ferner lägen die Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 SGB XI vor. Sie sei auf die Versorgung mit einem Chorea-Huntington-Pflegebett angewiesen, da dieses zur Erleichterung der Pflege sowie der Linderung ihrer Beschwerden notwendig sei.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat im Wesentlichen vorgetragen, dass kein Anordnungsanspruch gegeben sei. In der Hauptsache bestünde für die Antragstellerin keine überwiegende Aussicht auf Erfolg. Eine Leistungspflicht der Beigeladenen könne sich allenfalls über den mittelbaren Behinderungsausgleich ergeben. Ein Anspruch scheitere jedoch bereits daran, dass das begehrte Bett keinem Grundbedürfnis des täglichen Lebens diene. Der unbeeinträchtigte und ungefährdete Schlaf zähle nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens (Verweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2008 - L 1 P 17/07). Das Huntington-Bett werde überwiegend zum Schutz vor Verletzungen benötigt. Bei der Unfallverhütung handele es sich ebenso wenig um ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens (Verweis auf BSG, Beschluss vom 24. April 2008 - B 3 KR 24/07 B). Eine Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin scheide aus, da das Bett gerade nicht der Pflegeerleichterung diene. Überdies habe bei vollstationärer Pflege der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebes notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet sei, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (Verweis auf Urteile des BSG vom 10. Februar 2000 - B 3 KR 24/99 R - und vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 30/02 R).
Das Gericht hat Befundberichte bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin J. vom 23. Oktober 2023 (Bl. 75 der Gerichtsakte des Sozialgerichts (GA) S 5 KR 292/23 ER), des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. M. vom 23. Oktober 2023 (Bl. 81 GA S 5 KR 292/23 ER), des Facharztes für Neurologie S. vom 1. November 2023 (Bl. 88 f. GA S 5 KR 292/23 ER), der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 30. Oktober 2023 (Bl. 117 f. GA S 5 KR 292/23 ER) und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. (Isar-Amper-Klinikum) vom 15. November 2023 eingeholt (Bl. 121 ff. GA S 5 KR 292/23 ER). Herr S. hat von bestehenden und für die Erkrankung typischen choreatiformen Bewegungsstörungen der Extremitäten mit ständiger Bewegungsunruhe berichtet. Die Bewegungen könnten nicht willkürlich unterdrückt oder gesteuert werden, seien zum Teil sehr impulsiv. Hinzu kämen kognitive Einschränkungen und eine Persönlichkeitsveränderung, welche Absprachen, die das Gefährdungspotenzial durch die Bewegungsstörungen ansonsten reduzieren könnten, erschwerten bis unmöglich machten. Es bestünden Sprach- und Schluckstörungen. Durch das bestehende Untergewicht sei das Verletzungsrisiko zusätzlich erhöht. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der weiteren behandelnden Ärzte. Während Dr. J. aufgrund einer Beendigung der Behandlung im September 2022 hierzu keine Angaben machen konnte, haben alle weiteren behandelnden Ärzte eine zeitnahe Versorgung mit dem Huntington-Bett aufgrund der Polsterung sowie des hohen Rahmens zur Verhinderung von Verletzungen durch Anstoßen am Bettrahmen, zur Verhinderung eines Verfangens zwischen den Gitterstäben sowie Herausstürzens aus dem Bett befürwortet. Dr. N., Dr. M. und Herr S. haben zudem – ohne Angaben von Gründen – angegeben, das Bett erleichtere die Pflege. Dr. L. hat angegeben, das Bett sei nicht zur Pflegeerleichterung notwendig. Da es vor Verletzungen schütze, müsse in einem solchen Bett der aktuell notwendige Sturzhelm nicht mehr getragen werden.
Das Sozialgericht Gießen hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Dezember 2023 abgelehnt. Zur Begründung hat es – nach Darstellung der Grundsätze zu Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund – ausgeführt, es bestehe bereits kein Anordnungsgrund. Die vorläufige Versorgung mit dem Huntington-Bett sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig. Es drohten bei einem Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache keine schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteile. Ausweislich der eingeholten Befundberichte diene das Bett der Verhinderung von Verletzungen und Stürzen aus dem Bett aufgrund der bei der Antragstellerin bestehenden Bewegungsunruhe. Diesbezüglich sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Gefahr des sicheren Eintritts irreversibler Gesundheitsschäden im Sinne von möglichen Verletzungen der Antragstellerin durch unwillkürliche Bewegungen bzw. das Herausstürzen aus dem bisher verwendeten Pflegebett nicht durch andere Maßnahmen, wie eine Polsterung bzw. eine Erhöhung des Rahmens des Pflegebettes, verhindert werden könne. Insoweit sei es der Antragstellerin zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 19. Januar 2024 Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen die erstinstanzlich vorgetragenen Gründe wiederholt und ergänzend vorgetragen, die Notwendigkeit der Versorgung im Rahmen der einstweiligen Anordnung ergebe sich aus den erstinstanzlich eingeholten Befundberichten. Zwar sei ärztlicherseits festgestellt worden, dass die Versorgung nicht der Erleichterung der Pflege diene, jedoch der Verhinderung von Verletzungen. Das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Erhöhung und Polsterung des Rahmens des Pflegebetts zur Verringerung des Verletzungsrisikos ausreichend sei. Aufgrund der zu erwartenden Länge des Hauptsachverfahrens sei zu besorgen, dass die Antragstellerin dessen Ausgang nicht mehr erlebe.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2023 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig mit einem Huntington-Bett SAVI der Firma H. Deutschland GmbH zu versorgen;
2. hilfsweise, den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2023 aufzuheben und die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig mit einem Huntington-Bett SAVI der Firma H. Deutschland GmbH zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur Begründung hat die Antragsgegnerin auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses verwiesen und im Wesentlichen die bereits vorgetragenen Gründe wiederholt. Diesen Ausführungen hat sich die Beigeladene angeschlossen.
Auf die Anfrage des Senats, aus welchen Gründen eine Polsterung und Erhöhung des Bettrahmens zur Minimierung der Verletzungsgefahr nicht ausreichend sei, hat die Antragstellerin nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten mitgeteilt, eine Polsterung des Rahmens bzw. eine Erhöhung würden zu einer Verschärfung der Unfallgefahr führen. Es sei nicht davon auszugehen, dass eine reine Polsterung des Betts geeignet sei, die Gefahr von Verletzungen zu reduzieren. Die vom Sozialgericht vorgeschlagene Erhöhung des Pflegebetts sei bei dem vorliegenden Krankheitsbild völlig ungeeignet. Zudem handele es sich um eine freiheitsentziehende Maßnahme, die ohne gerichtlichen Beschluss nicht durchgesetzt werden könne. Huntington-Betten verfügten über eine spezielle Polsterung und beugten so Verletzungen vor. Die Antragstellerin bekomme dann auch ausreichend Nachtruhe. Ein Tragen des Sturzhelms sei dann nicht mehr notwendig. Die Pflege werde durch die vierflügelige Falttür erleichtert, die komplett geöffnet werden könne. Zusätzlich sei ein elektrisch verstellbarer Lattenrahmen vorhanden, der insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung das längere Liegen ohne gesundheitliche Schäden ermögliche.
Die Antragstellerin hat einen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums (Dr. N.) vom 13. November 2023 vorgelegt. Dort befand sich die Antragstellerin vom 10. Oktober 2023 bis zum 10. November 2023 in stationärer Behandlung. In dem Arztbrief wird anamnestisch unter anderem von schweren Dyskinesien berichtet, welche zu einer Verschlechterung der Gehfähigkeit mit täglichen Stürzen geführt hätten. Die Klägerin habe angegeben, keine Schlafstörung zu haben. Aufgrund der Überbewegungen sei es zu Problemen im Pflegeheim gekommen, wo man sich gefragt habe, ob die Versorgung der Antragstellerin dort noch möglich sei.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen erstinstanzlichen Gerichtsakten zu den Az. S 5 KR 292/23 ER und S 13 P 93/23 ER sowie die beigezogene elektronische Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen
II.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 18. Dezember 2023 ist nicht aufzuheben. Die Antragstellerin ist nicht im Rahmen der einstweiligen Anordnung mit dem begehrten Huntington-Bett zu versorgen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes. Dabei begründet der Anordnungsgrund die besondere Dringlichkeit der Anordnung. Es muss also ein Sachverhalt vorliegen, der eine Eilentscheidung notwendig macht und ein weiteres Zuwarten – insbesondere das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache – unzumutbar erscheinen lässt. Der Anordnungsanspruch entspricht hingegen dem materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll. Abzustellen ist hier auf den voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG von dem Antragsteller glaubhaft zu machen.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander, es besteht eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderung an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Wenn danach der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann, auch wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist, abzulehnen. Ist hingegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, muss anhand einer die grundrechtlichen Belange einbeziehenden Güter- und Folgenabwägung entschieden werden. Es handelt sich insgesamt um ein im funktionalen Zusammenhang stehendes bewegliches System (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, Rn. 26, juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 und 29 m.w.N.). Grundsätzlich besteht jedoch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Die Regelungsanordnung hat nur vorläufigen Charakter, welchem die Gerichte z.B. durch eine Bewilligung nur im Rahmen eines Darlehens oder auch durch eine zeitliche Befristung gerecht werden können (vgl. z.B. Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 15. Dezember 2023), Rn. 506 ff., 520 f.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen könnte angesichts der – weiter unten näher ausgeführten – erheblichen Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs eine einstweilige Anordnung nur ergehen, wenn ein Anordnungsgrund von besonders herausgehobener Dringlichkeit vorläge. Das vermag der er Senat nicht zu erkennen. Hierzu verweist er zunächst auf Grundlage des § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts und macht sich diese nach Überprüfung zu eigen. Ergänzend wird ausgeführt:
Es erschließt sich dem Senat schon nicht, warum das beschriebene Verletzungsrisiko nicht (ggf. nur vorläufig) durch die vom Sozialgericht angeführte Polsterung und Erhöhung des Bettrahmens möglich sein sollte, geschweige denn solche Maßnahmen das Verletzungsrisiko erhöhen würden (wie von Antragstellerseite vorgetragen). Das nach Rücksprache der Antragstellerseite mit den behandelnden Ärzten erfolgte und insoweit lediglich pauschale Vorbringen lässt hierfür keine konkrete Begründung erkennen noch ergibt sich diese aus den eingeholten Befundberichten. Es ist auch nicht vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Seitengittererhöhungen oder Polsterungen nicht verfügbar wären. Eine Seiten- sowie Kopf- und Fußteilpolsterung findet sich zudem im Hilfsmittelverzeichnis (Pos. Nr. 50.45.02.6001, Safety Tube, textile Schutzwanne mit Seitenpolster, Fuß- und Kopfteil). Als Verwendungszweck/Indikation wird dort genannt: „Eine Versorgung mit dem Produkt Safety Tube kann für Pflegebedürftige in Betracht kommen, bei denen es aufgrund ihres Zustandes zu Verletzungen durch Seitengitter (u.a. durch Schlagen auf die Seitengitter) kommen kann, z.B. bei motorischer Unruhe oder unkontrollierten Bewegungen mit kognitiven Einschränkungen bzw. geistigen Behinderungen […]“. Warum die Verwendung von Seitengittern, ggf. mit entsprechender Erhöhung und Polsterung, im Hinblick auf einen Freiheitsentzug anders zu bewerten wäre als die Verwendung der gepolsterten und erhöhten Seitengitter eines Huntington-Betts, erschließt sich ebenso wenig. Die Antragstellerseite hat keine Gründe vorgetragen, die ihr pauschales Vorbringen belegen oder einen Grund für weitere Ermittlungen darstellen würden.
Zudem ist nicht glaubhaft gemacht, dass die aktuelle (Pflege )Situation für die Antragstellerin bis zu einer Entscheidung unzumutbar wäre. Zwar trägt die Antragstellerin gegenwärtig offenbar zum Schutz vor Verletzungen im Bett einen Helm. Aus dem aktuellen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums (Dr. N.) vom 13. November 2023 ergibt sich jedoch, dass die Antragstellerin dennoch nicht über Schlafstörungen berichtet. Dass es bei der Verwendung eines üblichen – gepolsterten – Pflegebettes zu Verletzungen an den übrigen Körperteilen gekommen wäre und in Zukunft kommen müsste, ist nicht konkret glaubhaft gemacht. Auch die ärztlichen Äußerungen hierzu bleiben allgemein. Soweit aus den medizinischen Unterlagen erkennbar wird, dass die pflegerische Versorgung durch das Pflegeheim, in dem die Antragstellerin gegenwärtig lebt, als zunehmend schwierig wahrgenommen wird und daher gefährdet ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dies einen Zusammenhang mit der nächtlichen Versorgungssituation und dem Schlaf hätte. Im Vordergrund steht erkennbar die krankheitsbedingte Unruhe und eingeschränkte Kooperationsfähigkeit der Antragstellerin, wie sich aus dem erwähnten Arztbrief ergibt.
Überdies ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs zumindest sehr fraglich; das gilt auch unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben zur Prüfungsintensität im Eilverfahren, wenn – wie hier – grundrechtliche Positionen der Antragstellerin betroffen sind (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2018 - 1 BvR 733/18 -, NVwZ 2018, 1467, Rn. 4 f.; BVerfG Beschluss vom 6. Februar 2013 - 1 BvR 2366/12 -, BVerfGK 20, 196, 197 f.).
Eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin könnte sich wohl allenfalls aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ergeben. Hiernach haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen erscheint fraglich. Vor allem aber spricht viel dafür, dass ein Versorgungsanspruch nach summarischer Prüfung gegenüber der Antragsgegnerin nicht besteht, da diese über § 40 SGB XI nur für die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln im häuslichen Bereich zuständig ist. Denn diese Vorschrift findet sich im dritten Abschnitt, Erster Titel des SGB XI, der Leistungen bei häuslicher Pflege betrifft. Demgegenüber regelt allein § 43 SGB XI den Inhalt der Leistung bei vollstationärer Pflege, der eine Versorgung mit Pflegehilfsmitteln durch die Pflegekassen bei vollstationärer Versorgung nicht vorsieht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2000 - B 3 KR 26/99 R -, Rn. 17, juris). Bei Pflegeheimen sind die Aufwendungen für die gewöhnliche Ausstattung zur Erbringung der Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung im Gesamtentgelt in Form des Entgeltbestandteils als Investitionskosten (§ 82 Abs. 3 SGB XI) zu berücksichtigen (vgl. Knorr in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 3. Aufl., § 40 SGB XI (Stand: 1. Oktober 2021), Rn. 35 ff., m.w.N.). Es wird zwar diskutiert, dies in Fällen wie dem vorliegenden anders zu bewerten, weil es sich bei dem Huntington-Bett gegebenenfalls um ein Hilfsmittel handelt, das nicht zur gewöhnlichen Ausstattung zählt und für das das Pflegeheim gerade keine Vorhaltungspflicht hat (so wohl SG Köln, Urteil vom 1. Dezember 2022 - S 9 P 246/20 -, juris, welches – ohne nähere Diskussion – einen Anspruch aus § 40 SGB XI auch bei vollstationärer Pflege bejaht). Angesichts der deutlichen gesetzlichen Regelung zu den bei vollstationärer Pflege möglichen Leistungen aus der Pflegeversicherung aus § 43 SGB XI, der die Versorgung mit Hilfsmitteln gerade nicht umfasst, und dem Gesetzesvorbehalt (auch) für Sozialleistungen (§ 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil [SGB I]) lässt sich ein Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin aber kaum begründen.
Aber auch gegenüber der Beigeladenen ist das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nach summarischer Prüfung zumindest sehr fraglich. Zwar scheidet eine aus § 33 SGB V folgende Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bereits deshalb aus, weil sich die Antragstellerin in vollstationärer Pflege befindet. Jedoch ist hier eine Abgrenzung zwischen der Vorhaltepflicht des Heimträgers und der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen. Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abs. 1, 2 und § 43a SGB XI). Nach § 11 Abs. 1 SGB XI hat die Pflege in einem Pflegeheim nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu erfolgen. Die Heime müssen daher das für die vollstationäre Pflege notwendige Inventar bereithalten. Zur Abgrenzung kann der „Abgrenzungskatalog der Spitzenverbände der Krankenkassen – zugleich handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen – zur Hilfsmittelversorgung in stationären Pflegeeinrichtungen (Pflegeheimen)“ vom 26. März 2007 herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 67/01 R , Rn. 16, juris). So kann sich beispielsweise eine Leistungspflicht ergeben, wenn es um regelmäßige Aktivitäten außerhalb der vollstationären Einrichtung geht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 2000 - B 3 KR 26/99 R -, juris) oder um medizinische Behandlungspflege, welche über die Grundpflege hinausgeht (vgl. Knorr in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 3. Aufl., § 40 SGB XI (Stand: 1. Oktober 2021), Rn. 39; vgl. hierzu sowie zur Abgrenzung der Leistungspflicht der Krankenversicherung von der Vorhaltepflicht vollstationärer Einrichtungen genauer auch BSG, Urteil vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 67/01 R -, juris). Aus dem Abgrenzungskatalog ergibt sich zwar, dass eine Abgrenzung der Leistungspflicht für notwendige Hilfsmittel bei Bewohnern stationärer Einrichtungen nicht allgemeinverbindlich und rein produktspezifisch vorgenommen werden kann. Vielmehr ist in der Praxis jeder einzelne Versorgungsfall insbesondere auch unter Berücksichtigung der Einrichtungsstruktur und der Bewohnerklientel der stationären Pflegeeinrichtung individuell zu prüfen. Aus dem Abgrenzungskatalog ergibt sich aber auch, dass Hilfsmittel u.a. der Produktgruppe 50 (hierzu zählen Pflegebetten) im Regelfall die Grundpflege abdecken und daher grundsätzlich nicht in den Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Unabhängig davon, ob hiernach vorliegend eine Leistungspflicht der Beigeladenen in Frage kommt, ist jedoch ebenso fraglich, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V überhaupt erfüllt sind.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.
Dafür, dass das Huntington-Bett den Erfolg der Krankenbehandlung sichern soll, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Zwar soll das Bett Verletzungen vorbeugen, hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen Fall der Verbeugung einer drohenden Behinderung im Sinne dieser Vorschrift. Denn es muss ein konkretes Behinderungsrisiko bestehen und im Schwerpunkt um die Vermeidung von krankheitsbedingten Funktionsabweichungen gehen, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Teilhabebeeinträchtigung führen können. Es geht um das präventive Abwenden einer nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft und in Form eines ansonsten nicht mehr behebbaren Dauerzustands zu erwartenden konkreten Behinderung als typische Folge einer bestimmten Krankheit (vgl. Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 33 SGB V (Stand: 20. Juli 2023), Rn. 29_1; BSG, Urteil vom 7. Mai 2020 - B 3 KR 7/19 R -, Rn. 21, juris).
Damit bleibt allein die Frage, ob das Huntington-Bett eine Behinderung ausgleichen soll. Da das Bett keine ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion der Antragstellerin ausgleicht (unmittelbarer Behinderungsausgleich), kommt allein ein mittelbarer Behinderungsausgleich in Betracht.
Leistungen zum Zweck des Behinderungsausgleichs sind nicht unbegrenzt von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Vielmehr ist deren Aufgabenbereich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation von den Aufgabenbereichen anderer Rehabilitationsträger und der Eigenverantwortung der Versicherten abzugrenzen. Die gesetzliche Krankenversicherung hat nicht jegliche Folgen von Behinderung in allen Lebensbereichen durch Hilfsmittel auszugleichen. Im Bereich des von ihr zu erfüllenden Behinderungsausgleichs bemisst sich die originäre Leistungszuständigkeit nach dem Zweck des Hilfsmittels, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mindert und damit der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens und einem möglichst selbstbestimmten und selbstständigen Leben dienen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 7. Mai 2020 - B 3 KR 7/19 R -, Rn. 27, juris). Als Grundbedürfnisse des täglichen Lebens anerkannt sind die Wahrnehmung (Sehen, Hören), körperliche Grundaufgaben (Stehen, Gehen, Sitzen, Liegen), die Nahrungsaufnahme, die Ausscheidung, die elementare Körperpflege, die selbständige Haushaltsführung und (in einem bestimmten Umfang) die Mobilität (vgl. Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 33 SGB V (Stand: 20. Juli 2023), Rn. 35). Das Huntington-Bett dürfte bereits keinem Grundbedürfnis des täglichen Lebens dienen.
Zwar ermöglicht das Huntington-Bett der Antragstellerin das Liegen, dies tut ein herkömmliches Pflegebett aber auch. Gegenüber einem herkömmlichen Pflegebett soll das Huntington-Bett die Antragstellerin jedoch vor Verletzungen schützen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört die Unfallverhütung aber gerade nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Daher sind die gesetzlichen Krankenkassen jedenfalls hinsichtlich solcher Gegenstände, die allein der Unfallverhütung dienen, nicht leistungsverpflichtet (vgl. BSG, Beschluss vom 24. April 2008 - B 3 KR 24/07 B -, Rn. 5, juris). Das Huntington-Bett dient zwar nicht allein der Unfallverhütung, jedoch die spezielle Ausstattung (Polsterung, erhöhte Seitenteile, keine Gitterstäbe). Es spricht daher viel dafür auch diese Ausstattung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung als nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst anzusehen. Damit stimmt überein, dass das Bett, mit dem die Antragstellerin versorgt werden will, nicht in das Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen aufgenommen ist, auch wenn diesem keine Verbindlichkeit zukommt und es damit nur eine Orientierungs- und Auslegungshilfe darstellt.
Soweit die Antragstellerseite daneben vorträgt, die Klägerin müsse zum Schlafen einen Helm tragen, und wohl – ausdrücklich wird dies so jedoch nicht angeführt – geltend macht, sie sei für einen ungestörten Schlaf auf das Huntington-Bett angewiesen, hat die Antragsgegnerin dem entgegengehalten (die Beigeladenen hat sich diesem Vortrag angeschlossen), ein unbeeinträchtigter und ungefährdeter Schlaf stelle kein Grundbedürfnis des täglichen Lebens dar (unter Verweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2008 - L 1 P 17/07 -, juris). Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob dies zutreffend ist. Denn wie sich aus dem Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums (Dr. N.) vom 13. November 2023 ergibt, bestehen bei der Antragstellerin keine Schlafstörungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt das vollständige Unterliegen der Antragstellerin.
Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die Antragstellerin nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zur Aufbringung der Kosten der Prozessführung nicht in der Lage ist. Zwar war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz letztendlich abzulehnen, dies jedoch aufgrund erheblichen Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und fehlender besonders herausragender Dringlichkeit des Anordnungsgrundes. Daher ist für die beantragte Prozesskostenhilfe eine hinreichende Aussicht auf Erfolg aufgrund der unterschiedlichen Maßstäbe für die Entscheidung in der Sache einerseits und die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe andererseits noch zu bejahen, das Verfahren erscheint auch nicht mutwillig, §§ 73a SGG, 114 ZPO. Eine anwaltliche Vertretung ist erforderlich §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.