1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches ist im Rahmen der Einschränkung des Dispositionsrechtes der Versicherten nur festzustellen, sofern die Krankenkasse diese missachtet. In der Information der Rentenversicherung durch die Krankenkasse über die Einschränkung des Dispositionsrechtes durch Bescheid und der Ankündigung auf ggf. erfolgende Nachfrage der Rentenversicherung über die Einschränkung des Dispositionsrechtes entscheiden zu wollen, liegt keine Missachtung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen diesen Bescheid.
2. Eine Krankenkasse kann nicht im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahren dazu verpflichtet werden, die Rentenversicherung über die Einlegung eines Widerspruches gegen die Einschränkung des Dispositionsrechtes zu informieren, da der Versicherten es regelmäßig selbst möglich ist, den Rentenversicherungsträger über den eingelegten Widerspruch zu informieren und ggf. auf das nicht eingeschränkte Dispositionsrecht während des laufenden Verfahrens hinzuweisen. Es besteht insofern ein schnellerer, einfacherer und kostengünstiger Weg.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragstellerin war mit Bescheid vom 15.05.2023 des beigeladenen Rentenversicherungsträgers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gewährt worden. Diese Rehabilitation wurde vom 27.06.2023 bis zum 12.07.2023 und musste zur diagnostischen Abklärung weiterer Erkrankungen vorläufig unterbrochen werden. Nach der Einreichung des Berichts für die Krankenkasse bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit schaltete die Antragsgegnerin den Medizinischen Dienst ein. Dieser kam in seiner Stellungnahme vom 07.08.2023 zu dem Ergebnis, dass bei der Antragstellerin eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege. Er empfehle ein Vorgehen nach § 51 SGB V.
Mit Bescheid vom 08.08.2023 schränkte die Antragsgegnerin das Dispositionsrecht der Antragstellerin ein und erläuterte ihr, dass ihre Zustimmung bei Dispositionen über den Rentenantrag notwendig sei. Sie teilte mit, dass sie den Rentenversicherungsträger über die rückwirkende Einschränkung des Gestaltungsrechtes informiert habe. Sie bat zudem um Mitteilung der Entscheidung über den Rentenantrag. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte sie die Beigeladene über die Einschränkung. Die Antragstellerin legte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.08.2023 Widerspruch dagegen ein.
Im Rahmen einer Reaktion auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde verteidigte die Antragsgegnerin ihr Vorgehen. Dies entspreche dem üblichen Verwaltungsverfahren. Sie teilte mit, dass die Beigeladene zur einer Prüfung der Umdeutung nach § 116 SGB V verpflichtet sei und währenddessen nicht zwangsweise von ihr darüber zu unterrichten sei, dass die Antragstellerin einen Widerspruch gegen die Einschränkung des Dispositionsrecht eingereicht habe. Vor einer finalen Bescheiderlass befrage die Beigeladene die Krankenkasse, ob ein Dispositionsrecht eingeräumt werde. Sofern ein Dispositionsrecht eingeräumt werde, werde die Beigeladene von der Krankenkasse unaufgefordert informiert. Zudem sei das Schreiben an die Rentenversicherung erst am 09.08.2023 versendet worden.
Die Antragstellerin stellte am 04.09.2023 drei Anträge im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich die Feststellung, dass der Widerspruch gegen den Bescheid der Antragstellerin vom 08.08.2023 aufschiebende Wirkung entfaltet, die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, die Deutsche Rentenversicherung Bund über diesen Widerspruch zu unterrichten und letzte verpflichtet wird, die von der Antragsgegnerin mitgeteilte Einschränkung des Dispositionsrechtes nicht zu beachten. Sie war der Ansicht, dass ein Rechtsschutzinteresse bestehe, wenn die Verwaltung zu erkennen gebe, dass sie die aufschiebende Wirkung nicht für gegeben erachte oder innerhalb angemessener Zeit auf ein Ansinnen auf Klarstellung nicht reagiere. Gleiches müsse gelten, sofern sie sich über die aufschiebende Wirkung hinwegsetze und den angegriffenen Bescheid vollziehe. Sie war der Ansicht, dass die Antragsgegnerin den Bescheid durch die an die Beigeladene mitgeteilte Einschränkung des Dispositionsrechts vollzogen habe. Der Widerspruch habe aufschiebende Wirkung, sodass die Antragstellerin so zu behandeln sei, als ob das Dispositionsrecht über ihren Rehabilitationsantrag nicht eingeschränkt sei. Die Vollziehung sei in der Mitteilung der Einschränkung des Dispositionsrechtes zu sehen, welcher sogar vor Bekanntgabe des Bescheides erfolgt sei. Im Verfahren erklärte die Antragstellerin, dass ihrerseits keine Notwendigkeit gesehen werden, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund zu stellen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 03.11.2023 erklärt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 08.08.2023 aufschiebende Wirkung in der Hinsicht hat, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Bescheid vom 08.08.2023 das Gestaltungsrecht der Antragstellerin nicht eingeschränkt ist. Die Antragstellerin hat sodann mit Schreiben vom 03.11.2023 das Verfahren für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
II.
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht, wenn das Verfahren anders als durch Urteil endet, auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Die Entscheidung über die Verpflichtung der Kostentragung erfolgt nach billigem Ermessen. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG enthält bei einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage zugleich eine Entscheidung über die Kosten des Vorverfahrens nach § 63 SGB X (vgl. LSG München, Beschluss vom 31.01.2013, Az.: L 7 AS 883/13 B PKH).
Grundsätzlich hat das Gericht zur Ausfüllung des Begriffs des „billigen Ermessens“ im konkreten Einzelfall den gesamten bisherigen Sach- und Streitstand zu bewerten. Dabei kommt im Wesentlichen den Bewertungskriterien der Erfolgsaussicht der Klage sowie des sog. „Veranlassungsprinzips“ Bedeutung zu (Leitherer in Meyer-Ladewig, § 193 Rn. 12a f.). Dabei ist gesondert zu berücksichtigen, dass eine gesonderte Beweisaufnahme nicht vorzunehmen ist (vgl. Gutzler in Roos/Wahrendorf/Müller SGG, § 193 Rn. 29).
Vorliegend hatte die Antragstellerin drei Begehren zum Streitgegenstand dieses Verfahrens gemacht. Zunächst hat sie begehrt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 09.08.2023 gegen den Bescheid vom 08.08.2023 festzustellen, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, die Deutsche Rentenversicherung Bund über den eingelegten Widerspruch zu informieren sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund zu verpflichten, die Einschränkung des Dispositionsrechts nicht zu beachten.
Im Hinblick auf die beantragte Verpflichtung der Deutsche Rentenversicherung Bund, die Einschränkung des Dispositionsrechts nicht zu beachten, ist zunächst festzustellen, dass die Antragstellerin (jedenfalls) sinngemäß den Antrag zurückgenommen hat. Jedenfalls hat die Beigeladene – wie die Antragstellerin selbst eingeräumt hat – keinen Anlass für ein gerichtliches Vorgehen gegen sie gegeben. In der Hinsicht haben weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Soweit die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches festzustellen, fehlte es diesem Antrag am Rechtsschutzbedürfnis. An einem Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellung der aufschiebenden Wirkung fehlt es, wenn die Behörde die von Gesetzes wegen eingetretene, aufschiebende Wirkung gar nicht missachtet (vgl. Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Auflage 2017, Rn. 25). Die Antragstellerin beruft sich insoweit darauf, dass die Antragsgegnerin als Krankenkasse gegenüber ihr hervorgehoben hat, dass sie die Beigeladene über die Einschränkung des Dispositionsrechts informiert habe. Gleichzeitig hat sie aber auch hervorgehoben, dass vor der endgültigen Entscheidung über die Einschränkung des Dispositionsrechtes eine Entscheidung durch sie als Krankenkasse zu erfolgen hat. Nach Auffassung des Gerichts liegt eine Missachtung der aufschiebenden Wirkung erst dann vor, sofern die Antragsgegnerin trotz des eingelegten Widerspruches über die Einschränkung des Dispositionsrechts entscheiden würde. Nur bei einer solchen Fallkonstellation würde sie ausdrücklich zu erkennen geben, dass sie das Dispositionsrecht der Antragstellerin, welches durch den Widerspruch nicht als eingeschränkt zu behandeln ist, tatsächlich als eingeschränkt behandelt. In der Folge bestände ein Anspruch auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches. Eine solche Fallkonstellation ist nicht gegeben. Vielmehr hat die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben, dass sie bei der Nachfrage durch den Rentenversicherungsträger über die Einschränkung des Dispositionsrechts entscheiden werde. Eine Missachtung des eingelegten Widerspruches ist in dieser Ankündigung nicht zu sehen, da die Antragsgegnerin den Sachstand im Zeitpunkt des Eingangs der Anfrage des Rentenversicherungsträgers zu beachten hat. Dazu gehört auch, ob gegen die nachträgliche Einschränkung des Dispositionsrechtes Rechtsbehelfe eingelegt wurden.
Hinsichtlich des Antrages, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, die Deutsche Rentenversicherung über den eingelegten Widerspruch zu informieren, ist festzustellen, dass diesbezüglich dieses Antrages das Rechtsschutzbedürfnis fehlt und der Antrag unzulässig ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nur gegeben, wenn die gerichtliche Eilentscheidung der Antragstellerin einen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil bringt und die Antragstellerin ihr Begehren nicht auf einfachere, schnellere und billigere Art durchsetzen kann. Vorliegend war es der anwaltlich vertretenen Antragstellerin möglich, die Deutsche Rentenversicherung selbst über den eingelegten Widerspruch zu informieren. Während des gerichtlichen Verfahrens ist eine solche Information auch erfolgt. Damit gab es einen einfacheren, schnelleren und billigeren Weg als den Erlass einer einstweiligen Anordnung um die Rentenversicherung zu informieren. Das Gericht kann nicht erkennen, inwieweit eine Information durch die Antragstellerin weniger Gewicht haben soll als eine Information durch die Antragsgegnerin. Rechtliche Beschränkungen sind von Träger öffentlicher Gewalt in jedem Verfahrensstadium zu beachten – unabhängig welche Person diese Beschränkungen mitteilt.
Zudem war die Antragsgegnerin auch verpflichtet, den zuständigen Rentenversicherungsträger zu informieren (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2008, Az.: B 13 R 37/07 R – juris – Rn. 32). Dies entspricht auch der Pflicht der engen Zusammenarbeit nach § 86 SGB X. Dies hat auch die Antragstellerin offensichtlich erkannt, soweit sie in ihrem Schriftsatz vom 26.09.2023 selbst ausführt, dass sich aus der Entscheidung des BSG vom 26.06.2008, Az.: B 13 R 37/07 R die Verpflichtung der Krankenkasse ergäbe, den Rentenversicherungsträger über die Einschränkung des Dispositionsrecht zu informieren. Zudem erscheint es nicht unbillig und interessengerecht, dass die Antragsgegnerin den zuständigen Rentenversicherungsträger über die erfolgte Einschränkung des Gestaltungsrechts informiert, damit dieser auch Kenntnis erlangt und eine doppelte Zahlung von Sozialleistungen vermieden werden (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2008, Az.: B 13 R 141/07 R – juris – Rn. 33)
Das Gericht kann auch die Ansicht der Antragstellerin nicht teilen, dass in der Information der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin eine Vollziehung des Verwaltungsaktes liegen könnte. Voraussetzungen für die Aufhebung einer Vollziehung eines Verwaltungsaktes ist insoweit, dass eine Vollziehung des Verwaltungsaktes überhaupt vorliegt. Mit der nachträglichen Einschränkung der Dispositionsfreiheit wird das Ziel verfolgt, den Versicherten in seinen rentenversicherungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten einzuschränken. Rechtsfolge ist somit, dass die Antragstellerin den Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen bzw. beschränken kann. Eine Vollziehung des Verwaltungsaktes ist somit nur gegeben, sofern die Antragsgegnerin die rentenversicherungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Antragstellerin dadurch begrenzt, dass sie trotz der noch nicht eingetretenen Bestandskraft des Bescheides über die nachträgliche Einschränkung des Dispositionsrechtes diese rentenversicherungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Antragstellerin begrenzt oder ausschließt. Eine solche Wirkung ist mit der Information der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin gerade nicht verbunden, sodass das Gericht diese Wirkung einer solchen Vollziehung auch nicht rückgängig machen kann.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).