1. Die vom Grundsicherungsträger für das Jahr 2015 ermittelten angemessenen Unterkunftskosten in der Stadt Halle (Saale) beruhen für einen Dreipersonenhaushalt auf einem schlüssigen Konzept. 2. Die für die Stichprobe erhobenen Mietwerte sind nach dem durchgeführten Gewichtungsverfahren zwischen Mietverhältnissen mit institutionellen (Groß-)Vermietern und solchen mit privaten (Klein-)Vermietern entsprechend ihrem tatsächlichen Anteil am Mietmarkt repräsentativ für den Wohnungsmarkt der Stadt Halle (Saale).
Die Berufung der Klägerinnen wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. März 2018 aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägerinnen 50 % der außergerichtlichen Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Weitere außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerinnen begehren für den Zeitraum Februar bis Mai 2015 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II; jetzt: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende). Insbesondere streiten die Beteiligten über die Höhe der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) der Klägerinnen.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der am ... 2002 geborenen Klägerin zu 2) und der am ... 2004 geborenen Klägerin zu 3). Die Klägerinnen standen seit 2005 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie zogen am 1. Dezember 2009 in eine 54 qm große 2-Raum-Wohnung in der S. in H. (II. Obergeschoss [OG] rechts). Nach dem Mietvertrag vom 15. September 2009 war für diese Wohnung eine monatliche Bruttomiete in Höhe von 340,20 € zu entrichten (232,20 € Nettokaltmiete und 108 € Vorauszahlung für die Betriebskosten). Änderungen des Vertrages sollten der Schriftform bedürfen.
Bereits im Jahr 2011 hatte sich herausgestellt, dass der Vater der Klägerinnen zu 2) und 3) (Herr L.) ebenfalls zum 1. Dezember 2009 in eine gleich große Wohnung auf dieser Etage gezogen war (II. OG links) und bereits bei Einzug mit Zustimmung des Vermieters ein Durchbruch zwischen den Wohnungen durchgeführt worden war. Es verblieb bei weiterhin separaten Mietverträgen für die beiden (Teil-)Wohnungen. Die Klägerinnen und Herr L. wurden in der Folgezeit von dem Beklagten als Bedarfsgemeinschaft behandelt, wogegen sie sich nicht wendeten.
Am 10. Juli 2014 forderte der Beklagte die Klägerinnen (und Herrn L. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) auf, die Kosten der Unterkunft und Heizung durch Umzug, durch Vermieten oder auf andere Weise zu senken. Im Stadtgebiet H. würden für einen 4-Personen-Haushalt auf der Basis des Schlüssigen Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der Stadt H. (Endbericht, Mai 2013) folgende KdUH als angemessen angesehen: 446,40 € für die Grundmiete incl. kalter Betriebskosten und 135,33 € für die Heizungskosten (zusammen 581,73 €). Der Wert für die angemessene Bruttokaltmiete würde um 182,84 € überschritten (tatsächliche Bruttokaltmiete: 629,24 €). Unangemessene Kosten seien längstens für sechs Monate zu übernehmen. Herr L. stellte am 1. Oktober 2014 bei dem Beklagten einen Antrag auf größeren Wohnraum. Aufgrund der Trennung von seiner Lebensgefährtin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder wolle er aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen.
Die Klägerin zu 1) teilte am 30. Oktober 2014 dem Beklagten mit, die übersteigenden Kosten selbst tragen zu wollen und sich zu bemühen, innerhalb von sechs Monaten die Kosten (Heiz- und Nebenkosten) zu senken.
Zum 1. Februar 2015 zog Herr L. aus der zweiten (Teil-)Wohnung aus. Die Klägerin zu 1) schloss für sich und die Kinder ab dem 1. Februar 2015 auch für diese Wohnung einen separaten Mietvertrag. Danach betrug die Netto-Miete 270 €. Auf die Betriebskosten war eine monatliche Vorauszahlung von 100 € zu entrichten, die sich in 60 € für die Heizung und 40 € für kalte Nebenkosten aufteilte. Die Klägerinnen überwiesen beispielsweise für April 2015 zwei separate Beträge an den Vermieter (340,79 € für Wohnung 1 und 370 € für Wohnung 2). Gegenüber dem Beklagten schlüsselten sie die von ihnen zu tragenden Mietkosten am 3. Juni 2015 wie folgt auf: insgesamt 710 €, dabei betrügen die gesamte Kaltmiete 502 €, die Nebenkosten 108 € und die Heizkosten 100 € (1. Wohnung: 232 € Kaltmiete, 68 € Nebenkosten, 40 € Heizkosten; 2. Wohnung: 270 € Kaltmiete, 40 € Nebenkosten, 60 € Heizkosten). Der Vermieter stellte zwei Bescheinigungen über die Mietkosten ab dem 1. Februar 2015 aus. Nach der korrigierten zweiten Bescheinigung vom 20. August 2015 (erste Bescheinigung: 680,40 €) betrugen die Mietkosten ab Februar 2015 monatlich 718 € (davon 108 € Nebenkosten und 108 € Heizkosten).
Die Klägerin zu 1) war erwerbstätig und erzielte Einkommen als Verkäuferin in einem Imbiss in unterschiedlicher Höhe. Das Einkommen wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt. Im Januar und Februar 2015 erzielte die Klägerin einen Verdienst in Höhe von 1.020 € brutto (811,41 € netto), im März 2015 einen solchen in Höhe von 1.066,75 € brutto (842,91 € netto) und im April 2015 von 1.020 € brutto und 203 € Prämie (945,57 € netto). Für die Klägerinnen zu 2) und 3) erhielt die Klägerin zu 1) Kindergeld in Höhe von je 184 € im Monat. Für Februar 2015 zahlte die Krankenkasse ihr Kinderkrankengeld in Höhe von 64,68 €.
Der Beklagte bewilligte den Klägerinnen endgültig Leistungen für Februar 2015 mit Bescheid vom 30. März 2015, geändert durch Bescheid vom 7. April 2015 und berücksichtigte dabei KdUH in Höhe von 368,79 €, wogegen die Klägerinnen am 8. Mai 2015 einen „Überprüfungsantrag“ stellten und ergänzend am 19. Mai 2015 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhoben. Auch gegen die vorläufige Bewilligung von Leistungen für März bis Mai 2015 mit Bescheid vom 7. April 2015 legten die Klägerinnen Widerspruch ein („Überprüfungsantrag“ vom 8. Mai 2015, Widerspruch vom 19. Mai 2015). Es seien nicht die tatsächlichen Mietkosten berücksichtigt worden. So sei auch die zweite Wohnung durch sie angemietet worden.
Mit Bescheid vom 1. Juni 2015 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen endgültig Leistungen für die Monate März und April 2015 sowie mit Bescheid vom 6. August 2015 für Mai 2015. Auch in diesen Bescheiden berücksichtigte er nur die KdUH für eine der beiden Teilwohnungen.
Mit drei Bescheiden 19. August 2015 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen jeweils für alle streitgegenständlichen Monate höhere Leistungen unter Berücksichtigung von KdUH in Höhe von 581,73 € (446,40 Bruttokaltmiete und 135,33 € Heizkosten). Die Leistungshöhe betrug für Februar 2015: 696,28 € (hierbei entfielen auf die Klägerin zu 1) 397,44 € und auf die Klägerinnen zu 2) und 3) jeweils 149,42 €), für März 2015: 760,96 € (für die Klägerin zu 1) 434,36 € und für die Klägerinnen zu 2) und 3) jeweils 163,30 €), für April 2015: 734,13 € (419,05 € für die Klägerin zu 1) und für die Klägerinnen zu 2) und 3) jeweils 157,54 €) und für den Mai 2015: 760,96 € (434,36 € für die Klägerin zu 1) und für die Klägerinnen zu 2) und 3) jeweils 163,30 €).
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2015 wies der Beklagte nach Erlass der Änderungsbescheide die Widersprüche der Klägerinnen im Übrigen zurück und erstattete ihnen 50 % ihrer außergerichtlichen Kosten. Ab dem 1. Februar 2015 hätten nur noch die angemessenen KdUH übernommen werden können. Es liege auch eine Wirtschaftlichkeit eines Umzuges vor. Nach dem maßgeblichen schlüssigen Konzept könnten keine höheren KdUH übernommen werden.
Hiergegen haben die Klägerinnen am 25. September 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben. Die tatsächlichen KdUH betrügen 718 € (502 € Kaltmiete, 108 € Betriebskosten und 108 € Heizkosten). Das Konzept sei nicht schlüssig, weshalb die maximalen Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz plus 10 % Sicherheitszuschlag zu übernehmen seien. Danach müssten 526,90 € als Bruttokaltmiete übernommen werden. Hinzu käme der Höchstwert nach dem Heizkostenspiegel für eine mit Heizöl beheizte Wohnung; dies seien 137,08 €. Danach dürften die Klägerinnen in eine Wohnung mit Kosten in Höhe von insgesamt 663,98 € ziehen. Aus diesem Grund sei ein Umzug wirtschaftlich nicht sinnvoll.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 8. März 2018 insoweit stattgegeben, als es den Beklagten verurteilt hat, den Klägerinnen Leistungen unter Zugrundelegung von KdUH in Höhe von 583,48 € (statt 581,73 €, wie vom Beklagten angesetzt) zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei begründet, soweit der Beklagte den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung von KdUH unterhalb des sich aus der Summe der Grenzwerte des schlüssigen Konzeptes des Beklagten und des sich aus der Heizkostenverordnung für die konkrete Wohnung ergebenden Betrages berücksichtigt habe. Aus § 22 Abs. 1 SGB II ergebe sich, dass die KdUH das Gesamtangemessenheitsergebnis aus der Addition der Kosten der Unterkunft und der Heizkosten nicht übersteigen dürften. Innerhalb dieser Gesamtangemessenheitsgrenze müsse es den Beziehern von Leistungen aber möglich sein, eine Überschreitung der Bruttokaltmiete durch geringere Heizkosten auszugleichen bzw. höhere Heizkosten durch eine geringere Bruttokaltmiete „wett zu machen“. Die entgegenstehende Auffassung des Beklagten enge das Recht des Leistungsbeziehers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und die daraus resultierende freie Wahl der Wohnung unangemessen ein. Unter Berücksichtigung dieser beiden Grenzwerte ergebe sich ein zu berücksichtigender Betrag für die KdUH von 583,48 € (446,40 € Bruttokaltmiete nach dem Konzept und 137,08 € Heizkosten nach den Heizspiegel). Soweit die KdUH diese Summe überstiegen, sei die Klage abzuweisen, weil die übersteigenden Kosten nicht mehr angemessen seien. Gegen das von dem Beklagten angewandte schlüssige Konzept bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Das Konzept entspreche den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung in Hinblick auf die Wohnungsgröße, den Vergleichsmaßstab und die Datenerhebung. Das SG hat die Berufung gegen seine Entscheidung zugelassen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 6. April 2018 und dem Beklagten am 13. April 2018 zugestellt worden.
Die Klägerinnen haben gegen das Urteil am 30. April 2018, der Beklagte am 9. Mai 2018 Berufung eingelegt.
Die Klägerinnen rügen, dass der Beklagte nicht die tatsächlichen KdUH in Höhe von 710 € monatlich (502 € Kaltmiete, 108 € Betriebskosten, 100 € Heizkosten) berücksichtigt habe. Mit Blick auf das vom Beklagten zugrunde gelegte Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitswerte haben sie die Frage aufgeworfen, inwiefern bei der Berücksichtigung der Angebotsmieten, welche verschiedenen Quellen entnommen worden seien, Daten doppelt berücksichtigt worden seien und es deshalb Dubletten gegeben habe. Weiter sei problematisch, dass der Erhebungszeitraum im ersten Halbjahr 2012 gelegen habe und damit Besonderheiten einer studentisch geprägten Stadt nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Es sei auch fraglich, ob bei den Angebotsmieten möglicherweise nicht belastbare Angebote erfasst worden seien, sei es hinsichtlich des Preises, sei es hinsichtlich der Lage gebotenen Wohnungen. Weiter wenden sie gegen Schlüssigkeit des Konzeptes ein, dass durch die angewandte Methode die Gefahr der Ghettoisierung bestehe. So weise die Stadt H. mit einer Trabantenstadt eine Struktur auf, die einer Ghettoisierung Vorschub leiste, was nicht hinreichend im Konzept berücksichtigt sei.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. März 2018 und die Bescheide des Beklagten vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar zum 31. Mai 2015 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 710,00 € monatlich zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. März 2018 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen weiter,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte meint, die Berufung der Klägerinnen sei nicht begründet. Das von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers erstellte schlüssige Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der Stadt H. genüge nach der Nachbesserung und Neuberechnung im Bericht vom 13. Januar 2020, welche als Folge der Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 30. Mai 2018 (u.a. L 2 AS 442/15 und L 2 AS 543/15, jeweils veröffentlicht bei juris), die für 1-Personen-Haushalte ergangen seien, den Anforderungen des Bundesozialgerichts (BSG) an die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes. In Umsetzung dieser Entscheidungen sei in Bezug auf einen 3-Personen-Haushalt eine maximale Bruttokaltmiete von 401,10 € anzusetzen (Heranziehung des 35. Perzentils statt des 30. Perzentils bei der Ableitung der Angemessenheitsgrenze aus den Bestandsmieten). Zudem sei eine Fortschreibung des Konzepts nach der Rechtsprechung des Senats bereits zum 1. Juli 2014 nötig, um eine hinreichende Aktualität zu gewährleisten. Eine Fortschreibung sei – wie in der Entscheidung des LSG für den Zeitraum gefordert – anhand des bundesdeutschen Verbraucherindex vorgenommen worden. Hieraus ergebe sich ein anzuerkennender Bedarf für Unterkunft (Bruttokaltmiete) ab dem 1. Juli 2014 in Höhe von 411,60 € monatlich.
Die weiteren Einwendungen der Klägerin gegen die Schlüssigkeit des Konzeptes seien nicht stichhaltig. Das angewandte Verfahren schließe die Berücksichtigung von Dubletten bei den Angebotsmieten weitgehend, wenn auch nicht vollständig aus. Doppelte Werte seien in zwei Schritten zunächst automatisch und dann noch einmal von Hand herausgefiltert worden. Verglichen würden dabei die Mietkosten, die Wohnfläche, die Lage und manchmal sogar die Adresse und die Etage der ähnlichen Angebote. Im Zweifelsfall sei eine Dublette angenommen worden und die Daten seien nicht doppelt herangezogen worden.
In Bezug auf den nach Auffassung der Klägerinnen nicht genügend berücksichtigten Semesterwechsel zum Wintersemester in der Studentenstadt H. sei zu beachten, dass es auch im 1. Halbjahr, in dem die Daten erhoben worden seien, einen Semesterwechsel gegeben habe. Durch einen solchen Semesterwechsel entstünden zudem statistisch betrachtet keine Peaks bei den Nachfragen nach Wohnraum, die die Werte massiv beeinflussen würden.
Die eigene Berufung hingegen sei in Bezug auf die vom SG vorgenommene Anwendung einer Gesamtangemessenheitsgrenze begründet. Das SG habe schon nicht dargestellt, warum § 22 Abs. 10 SGB II a. F. rückwirkend anzuwenden sei. Ferner sei nach der Rechtsprechung des BSG immer auf eine getrennte Prüfung von angemessener Bruttokaltmiete und Heizkosten abzustellen. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F., wonach eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung angestellt werden könne, diene ausschließlich den Interessen der kommunalen Träger und eröffne diesen die Möglichkeit, abweichend von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (zeitweise) auch unangemessen hohe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen. Die Regelung begründe keine subjektiven Rechte zugunsten der Leistungsberechtigten.
Der Berichterstatter hat den Beklagten aufgefordert, darzulegen, inwieweit sichergestellt sei, dass bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzwerte die Teilgruppe der privaten Vermieter (bei denen es im Rahmen der Datenerhebung nur eine geringe Rücklaufquote gab) im Verhältnis zu den institutionellen Vermietern (mit einer sehr hohen Rücklaufquote) entsprechend ihrem Anteil in der Grundgesamtheit berücksichtigt worden sei, bzw. warum dies nicht relevant sei. Daraufhin hat der Beklagte das Konzept erneut nachgebessert (Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012 – Neuberechnung, Bericht vom 12. April 2023). Er hat mitgeteilt, laut Zensus 2011 betrage der Anteil der Privatpersonen und der Gemeinschaften von Wohnungseigentümern in der Stadt Halle 31,74 %. Dieser Anteil sei als Gewichtungsfaktor zur Berechnung der Nettokaltmiete verwendet worden. Es habe eine ausreichend große Stichprobe vorgelegen, um eine gewichtete Auswertung mit den erhobenen Werten für die Kleinvermieter vornehmen zu können. Auch bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten sei dieses Verfahren angewendet worden. Zur Anwendung komme ein entsprechend der Eigentümerstruktur gewichteter Mittelwert der kalten Betriebskosten. Aus der Addition der Quadratmeterpreise mit den durchschnittlichen kalten Betriebskosten ergebe sich eine Bruttokaltmiete. Der so ermittelte Grenzwert für die Angemessenheit liege für einen 3-Personen-Haushalt nicht höher als nach dem bisherigen Konzept. Eine höhere Nettokaltmiete werde durch niedrigere kalte Betriebskosten ausgeglichen.
Weiter hat der Beklagte ausgeführt, die Fortschreibung erfolge nunmehr auf Grundlage einer prozentualen Steigerung der Verbraucherpreisindizes im Zeitraum von März 2012 bis Juli 2014 von 2,68 %. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. November 2023 hat der Beklagte bestätigt, dass es sich um die Indizes der Bundesrepublik Deutschland und nicht des Landes Sachsen-Anhalt handele, wie in Tabelle 1 des Berichtes vom 12. April 2023 über die Fortschreibung des Konzeptes 2012 näher dargestellt. Dies ergebe für den 3-Personen-Haushalt eine angemessene Brutto-Kaltmiete in Höhe von 410,20 € monatlich (5,86 € x 70). Soweit die zuletzt ermittelten Werte niedriger seien als die zuvor angesetzten Grenzwerte, lege er jedoch weiter die höheren Werte zugrunde, so dass weiterhin 411,60 € für den 3-Personen-Haushalt ab dem 1. Juli 2014 anerkannt würden.
Die Klägerinnen haben zu dem geänderten Konzept nicht ergänzend vorgetragen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Daneben haben vier Bände Rohdaten zum schlüssigen Konzept 2012, der Endbericht der Firma A. & K. von Mai 2013, die Indexfortschreibung vom 20. April 2015, ergänzende Stellungnahmen von A. & K. vom 8. Dezember 2017, vom 2. Februar 2018, vom 13. April 2018, vom 18. Mai 2018, vom 25. Mai 2018 und vom 12. November 2020, der Bericht vom 13. Januar 2020 zur „Neuberechnung von Angemessenheitswerten der Konzepte zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012 und 2016 sowie deren Fortschreibungen“ und die beiden Berichte vom 12. April 2023 zum „Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012“ und zur „Fortschreibung 2012 des Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2014“ vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist erfolgreich, wohingegen die Berufung der Klägerinnen keinen Erfolg hat.
Beide Berufungen sind form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Der Senat ist an die Zulassung der Berufung durch das SG in dem angegriffenen Urteil gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).
Zutreffende Klageart für das Klagebegehren der Klägerinnen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), da es auf weitere Zahlungen über die endgültig bewilligten Leistungen hinaus abzielt und zuvor niedrigere Leistungen vorläufig bewilligt worden waren.
A. Die Klägerinnen haben für den streitgegenständlichen Zeitraum von Februar bis Mai 2015 keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen als ihnen mit den Bescheiden vom 19. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2015 vom Beklagten bewilligt worden sind. Mit den Bescheiden vom 19. August 2015 wurden allen drei Klägerinnen in den sämtlichen streitgegenständlichen Monaten jeweils die im Vergleich zu den vorangegangenen Bescheiden höchsten Leistungen bewilligt, weil nunmehr höhere KdUH als zuvor berücksichtigt wurden. Diese abändernde Bewilligung hat die bisherigen endgültigen Bewilligungen bei verständiger Würdigung vollständig ersetzt.
Streitgegenstand ist der gesamte Anspruch der Klägerinnen auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Die Klägerinnen haben den Streitgegenstand nicht auf die Leistungen für KdUH begrenzt.
I. Die Klägerinnen sind leistungsberechtigt i. S. der §§ 7ff. SGB II. Die Klägerin zu 1) hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Die Klägerinnen zu 2) und 3) lebten als dem Haushalt angehörende minderjährige Kinder mit der Klägerin zu 1) in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
II. Die Klägerinnen hatten aber keinen Anspruch auf höhere Leistungen als vom Beklagten bewilligt.
1. Der Regelbedarf nebst Mehrbedarf der Klägerin zu 1) betrug 542,64 € (399 € Regelleistung, 143,64 € Alleinerziehenden-Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II). Die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gehören gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II der Bedarfsgemeinschaft nur insoweit an, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Von dem Sozialgeld-Regelbedarf der Klägerinnen zu 2) und 3) in Höhe von jeweils 267 € nach § 23 Nr. 1 2. Alt. SGB II a. F. sind daher noch 184 € des ihnen nach § 11 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 SGB II a. F. zustehenden Kindergeldes in Abzug zu bringen, so dass insoweit noch ein Restbedarf in Höhe von jeweils 83 € verbleibt. Mit diesem Bedarf zzgl. ihres anteiligen Bedarfs für KdUH sind sie Teil der Bedarfsmannschaft.
2. Der Bedarf für die KdUH nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II betrug jedenfalls nicht mehr als die vom Beklagten berücksichtigten 581,73 €.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F.).
Die Prüfung der Angemessenheit der Bedarfe für die Unterkunft und für die Heizung hat grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen, unbeschadet der nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II eröffneten Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (BSG, Urteil vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 57/19 R – juris Rn. 17).
a) Die tatsächlich geschuldete Bruttokaltmiete der Klägerinnen betrug 610,20 € monatlich. Die Nettokaltmiete belief sich auf 502,20 €. Nach dem Mietvertrag vom 15. September 2009 betrug die monatliche Kaltmiete für die Teilwohnung 1 (II. OG rechts) 232,20 € und für die Teilwohnung 2 (II. OG links) nach dem Vertrag ab dem 1. Februar 2015 270 €. Die sich daraus ergebende Summe findet sich – abgesehen von Ungenauigkeiten beim Cent-Betrag – auch in späteren Angaben der Klägerinnen und des Vermieters. Daneben schuldeten die Klägerinnen Betriebskosten in Höhe von insgesamt 108 €. Für die Teilwohnung 1 zahlten sie nach dem Mietvertrag insgesamt 108 € für Betriebs- und Heizkosten. Nach ihrer Aufstellung vom 3. Juni 2015 entfielen von dieser Summe 68 € auf Nebenkosten und 40 € auf Heizkosten. Für die Teilwohnung 2 betrugen die Nebenkosten nach dem Mietvertrag 40 €. Auch der Vermieter bestätigte in seiner korrigierten Bescheinigung 20. August 2015 Gesamtnebenkosten in Höhe von 108 €.
Die tatsächlich geschuldeten Heizkosten betrugen insgesamt 100 €. Die Angabe zu den Heizkosten variiert zwar in verschiedenen Unterlagen zwischen 80 € und 108 € monatlich. Nach dem Mietvertrag für die Teilwohnung 2 war jedoch eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 60 € monatlich geschuldet. Bei dem nach dem Mietvertrag für Neben- und Heizkosten für die Teilwohnung 1 geschuldeten Gesamtbetrag in Höhe von 108 € entfielen nach der Angabe der Klägerinnen 40 € auf die Heizkosten. Die davon abweichenden höheren Angaben in den beiden Vermieterbescheinigungen (154 €, korrigiert auf 108 €) passen auch nicht zu den Überweisungen der Klägerinnen für die Miete. Danach wurden für die eine Teilwohnung 340,79 € und für die andere Teilwohnung 370 € überwiesen (Überweisungsträger für April 2015).
Die Klägerinnen haben bestätigt, eine Gesamtmiete in Höhe von 710 € geschuldet zu haben, und ihr Klagebegehren entsprechend begrenzt.
b) Die tatsächlichen Heizkosten hat der Beklagte nicht nur in voller Höhe berücksichtigt; er hat mit einem Betrag von 135,33 € sogar höhere Heizkosten angesetzt, als den Klägerinnen tatsächlich entstanden sind.
c) Die tatsächlich geschuldete Bruttokaltmiete war nicht angemessen. Die Begrenzung auf die Berücksichtigung von 446,40 € als Bruttokaltmiete durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden. Insbesondere beruhen die Grenzwerte, die der kommunale Träger auf Grundlage von Berichten der Firma A. & K. in Richtlinien festgelegt hat, auf einem schlüssigen Konzept.
Bei der Prüfung der Angemessenheit sind in einem ersten von zwei größeren Schritten zunächst die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten, zu ermitteln; dann ist die konkrete (=subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen zu prüfen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 13).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der sog. Produkttheorie („Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis“) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: Es ist die angemessen Wohngröße für die leistungsberechtigten Personen und dann der angemessene Wohnstandard zu bestimmen, sodann ist die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept zu bestimmen und dann sind die angemessenen kalten Betriebskosten einzubeziehen (ständige Rechtsprechung BSG, statt anderer: Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 18). Für einen angemessenen Wohnungsstandard muss die Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und sie darf keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/22 R – juris Rn. 25).
aa) Bei der Bestimmung der angemessenen Größe der Wohnung hat der Beklagte zutreffend für eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft in Sachsen-Anhalt 70 qm angenommen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) bzw. aufgrund von § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung festgelegt haben (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 – juris Rn. 14). Maßgeblich für Sachsen-Anhalt sind insoweit die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (Runderlass des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen vom 23. Februar 1993, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Runderlasse des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen vom 23. Februar 1993, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993, S. 1285 und vom 10. März 1995, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 31/1995, S. 1133) über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsbaus in Sachsen-Anhalt (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R – juris Rn. 21; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. April 2021 – L 5 As 391/19 ZVW – juris Rn. 21). Sonderregelungen, die auf persönliche Lebensverhältnisse Bezug nehmen, sind bei der Wohnflächenbestimmung nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 19). Danach ergibt sich für Drei-Personen-Haushalte der Wert von maximal 70 qm. Die Wohnung der Klägerinnen (2 x 54 qm) lag um 38 qm über der angemessenen Größe. Da die Wohnungen bereits bei dem Einzug miteinander verbunden worden waren, handelt sich um eine zusammenhängende Wohnung, unabhängig davon, dass hierüber zwei Teilmietverträge abgeschlossen worden waren.
bb) Die vom Beklagten zur Gewährung von Bedarfen für Unterkunft für den maßgeblichen Vergleichsraum zugrunde gelegte abstrakt angemessene Nettokaltmiete beruht auf einem schlüssigen Konzept.
Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen. Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung (Ermittlungsquellen), Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität der einbezogenen Daten und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von „Brennpunkten“ durch soziale Segregation sowie eine Begründung (Angabe über gezogene Schlüsse), in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (ständige Rechtsprechung BSG, statt anderer: grundlegend Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 18 f.; in jüngerer Zeit etwa Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 24). In diesem Rahmen kann sich der Grundsicherungsträger unterschiedlicher Ermittlungsmethoden bedienen. Der kommunale Träger ist im Rahmen seiner Methodenfreiheit verpflichtet, die gewählte Methode und die Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen, damit geprüft werden kann, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt hat und schließlich, ob er sich in den Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb des gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat (vgl. Luik in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 22 Rn. 123 mit Verweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 – juris Rn. 143 f.).
Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten. Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierte Mietwohnungen ist (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S. 3), ist im Rahmen des schlüssigen Konzepts grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird. Nicht zu berücksichtigen ist nur Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 22).
Dabei erfolgt die gerichtliche Kontrolle von Konzepten als nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle. Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung findet ihre Grenze in der Mitwirkungslast der Beteiligten, die vorliegend dadurch geprägt ist, dass die Methodenauswahl dem Jobcenter vorbehalten ist und es nicht Aufgabe des Gerichts ist, ein unschlüssiges Konzept mit sachverständiger Hilfe schlüssig zu machen. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter auch Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zugrunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf es erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen müssen, oder auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben zur Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung hindeuten (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 34).
(1) Der Beklagte hat den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum in nicht zu beanstandender Weise bestimmt. Für die Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenze hat der Beklagte bzw. die vom kommunalen Träger beauftrage Firma A. & K. das gesamte Gebiet der Stadt H. als Vergleichsraum angesehen, innerhalb dessen für eine „einfache“ Wohnung abstrakt angemessener Größe im unteren Segment des Wohnungsmarktes das (durchschnittliche) Mietpreisniveau solcher Wohnungen ermittelt wird. Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher Angemessenheitswert zu ermitteln und innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist. Dabei ist grundsätzlich vom Wohnort des Hilfebedürftigen als dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsraum auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 – juris Rn. 20). Bei der Bestimmung des Vergleichsraums geht es darum, zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 gebilligt, das gesamte Stadtgebiet der Stadt H. als einen Vergleichsgebiet heranzuziehen (vgl. z. B. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 62 ). Hieran hält er weiter fest. Insbesondere verfügt die Stadt H. über ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz mit Straßenbahnen, Bussen und S-Bahnen. Dadurch sind die einzelnen Stadtbereiche gut miteinander verbunden. Insgesamt handelt es sich um einen homogenen Lebens- und Wohnbereich.
(2) Bei der Kontrolle des Konzeptes 2012 in der letzten Fassung der Neuberechnung vom 12. April 2023 sind bei der Bestimmung der abstrakten Angemessenheitswerte in diesem Vergleichsraum unter Berücksichtigung des oben genannten Maßstabes keine Fehler erkennbar. Das Konzept ist für den Senat nachvollziehbar.
In seiner ursprünglichen Fassung bedurfte das Konzept jedenfalls in Bezug auf einzelne Haushaltsgrößen einer Korrektur, weil der Beklagte den durch einen Abgleich der aufsteigend nach der Höhe sortierten Bestandsmieten für Wohnungen der relevanten Größe mit der Anzahl der leistungsbeziehenden Mieter und anderer Mieter im unteren Einkommenssegment ermittelten Perzentilwert in einem weiteren Schritt abgesenkt hatte. Nachdem der Senat dies in seinen Urteilen vom 30. Mai 2018 (u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 99 ff.) beanstandet hatte, hat der Beklagte das Konzept insoweit auf Grundlage des Berichts von A. & K. vom 13. Januar 2020 nachgebessert.
Auch die ursprünglich fehlende Gewichtung der erhobenen Daten nach der Art der Vermieter (dazu im Folgenden unter (a) (dd)) hat A. & K. mit seinem Bericht vom 12. April 2023 nachgeholt und der Beklagte bzw. der kommunale Träger hat sein Konzept auf dieser Grundlage nachgebessert.
(a) Die Datenerhebung ist nicht zu beanstanden, sie ist auch valide. Die Validität ist ein Kriterium für die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung und ihrer Ergebnisse.
(aa) Es ist eine nachvollziehbare Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard erfolgt. Grundlage der Datensammlung zur Mietwerterhebung durch die Firma A. & K. war eine umfangreiche Vermieterbefragung für die Erhebung der Bestandsmieten. Dabei sind zulässigerweise die Daten von Wohnungen des Gesamtwohnungsbestandes (Wohnungen des einfachen, mittleren und gehobenen Segments) ermittelt worden. Mietwohnungen mit einem untersten Standard (Substandard) sind nicht berücksichtigt worden. Darunter sind Wohnungen zu verstehen, die entweder kein WC und oder keine Badewanne oder Dusche in der Wohnung haben. Auf solche Wohnungen können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche nicht verwiesen werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 31).
Daneben beziehen sich die berücksichtigten Mietwerte nur auf Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 23 qm und 150 qm. Es ist nicht zu beanstanden, dass auch Wohnungen mit einer Größe von weniger als 30 qm mit in die Auswertung einbezogen wurden. Die Frage, welche Wohnungen wegen eines nur einfachsten Wohnungsstandards bei der Ermittlung der Referenzmiete nach der Produkttheorie ausgeklammert werden, ist von den Tatsacheninstanzen unter Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 25; so auch bereits BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R – juris Rn. 18). Der Senat hält daran fest, dass Wohnungen mit einer weniger als 23 qm umfassenden Wohnfläche nicht mehr dem geforderten einfachen Wohnungsstandard in der Stadt Halle (Saale) entsprechen; Wohnungen ab einer Größe von 23 qm sind dagegen als solche einfachen Standards in relevanter Zahl vorhanden (vgl. dazu ausführlich die Senatsurteile vom 30. Mai 2018, u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 76 ff.).
(bb) In dem Konzept sind, wie der Senat bereits festgestellt hat, nachvollziehbare Angaben zu dem Zeitraum der Datenerhebung gemacht worden (vgl. etwa Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 443/15 – juris Rn. 56). Die Ermittlung der Daten zu den Bestandsmieten hat die vom Beklagten beauftragte Firma A. & K. in der Zeit von April 2012 bis März Februar 2013 durchgeführt. Dabei wurden die Daten von den Vermietern unabhängig vom Erhebungsdatum immer zum Stichtag 1. März 2012 abgefragt (Endbericht vom Mai 2013, Ziffer 4.3.2 – Erhebung von Bestandsmieten, 3. Stufe, S. 15). Hinsichtlich der Neuvertragsmieten hat die Firma A. & K. bei den Erhebungen zu den Bestandsmieten die Dauer des Mietverhältnisses erfragt und als Neuvertragsmieten solche definiert, die „unterjährig“, konkret maximal neun Monate vor dem Stichtag, abgeschlossen worden sind (vgl. Endbericht vom Mai 2013, Ziffer 5.2 – Iteratives Verfahren, S. 23 und ergänzende Stellungnahme vom 2. Februar 2018, S. 10 zu Frage 21). Dabei wurden als Neuvertragsmieten nur tatsächlich neu abgeschlossene Mietverträge berücksichtigt, nicht aber Mietänderungen im laufenden Mietverhältnis (Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 13. April 2018, Seite 5).
(cc) Die Art und Weise der Datenerhebung ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 443/15 – juris Rn. 63). Für ihre Erhebung hat die Firma A. & K. die in der Stadt H. tätigen größeren Vermieter und Verwalter identifiziert und für die freiwillige Mitarbeit nach Informationsveranstaltungen/Informationsschreiben und persönlichen Telefonaten gewonnen. Um die Daten auch der kleineren Vermieter zu erlangen, wurden deren Anschriften durch eine Anfrage bei der H. Wasser und Stadtwirtschaft GmbH ermittelt und dann ca. 1.900 kleinere Vermieter angeschrieben und um freiwillige Mitarbeit gebeten. Von den großen und den kleinen Vermietern wurden die Daten zu den Mietverhältnissen gleichzeitig erhoben. Dabei wurden sowohl bei den großen wie den kleinen Vermietern folgende Daten abgefragt: Beginn des Mietvertragsverhältnisses, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Nettokaltmiete, Höhe des Vorauszahlungsbetrages für die kalten Betriebskosten, Einbeziehung der Wasserkosten bei den kalten Betriebskosten, Höhe der Vorauszahlungen für die Heiz- und Warmwasserkosten, Einbeziehung der Warmwasserkosten in die Heizkosten (Bericht vom 12. April 2023, S. 14f.).
Bei der Datenerhebung wurden mittels Zufallsauswahl Daten von Mietverhältnissen berücksichtigt, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen. Anhaltspunkte, dass der Beklagte Daten nur aus bestimmten besonders preiswerten Wohngegenden erhoben hat, bestehen nicht. Den Einwand, dass eine Datenerhebung nur in bestimmten Stadtgebieten stattgefunden habe, hat der Senat bereits umfangreich in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 (u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 79 ff.) gewürdigt und als nicht zutreffend angesehen. Dies ergibt sich zum einen schon aus dem Umfang, dass die Mietwerte für Bestandsmieten (einschließlich Neuvertragsmieten) im gesamten Vergleichsraum erhoben worden sind, als auch daraus, dass die übermittelten Daten aus allen Postleitzahlengebieten der Stadt H. stammen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der vorgenannten Entscheidung verwiesen.
Daten zu Mietverhältnissen, die keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen können, wurden zu Recht ausgeschlossen. So hat die Firma A. & K. durch „Filterfragen“ in zulässiger Weise sichergestellt, dass Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werks- und Dienstwohnungen, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), möblierte und teilmöblierte Wohnungen (damit sind Ferienwohnungen erfasst) nicht berücksichtigt werden. Denn die Daten solcher Wohnungen haben keine Aussagekraft für den frei zugänglichen Wohnungsmarkt. Diese Wohnungen sind schon im Vorfeld der Erhebung ausgeschlossen und nicht in die auszuwertenden Datensätze aufgenommen worden. Zutreffend hat die Firma A. & K. aber die Wohnungen berücksichtigt, die Zugangsbeschränkungen der sozialen Wohnraumförderung unterliegen, da diese gerade den Bedarfsgemeinschaften zur Verfügung stehen sollen (vgl. Bericht vom 12. April 2023 S. 10; vgl. dazu bereits Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 69).
(dd) Die betreffenden Daten sind – nach dem inzwischen von dem Beklagten durchgeführten Gewichtungsverfahren – auch ausreichend repräsentativ für den Mietwohnungsmarkt in der Stadt H.
Die erhobenen Daten müssen ein verkleinertes Abbild der Realität ergeben. Nur wenn die Erhebungsdaten repräsentativ sind, ist beispielsweise ihr Mittelwert nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie identisch oder zumindest sehr nahe dem Mittelwert in der Grundgesamtheit (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, Erstellung und Anwendung, 2. Aufl. 2013, Rn. 538; Clar in: Börstinghaus/Clar, Mietspiegelrecht, 2023, § 6 MsV Rn. 19 ff.). Repräsentativ ist eine Stichprobenauswertung dann, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit entsprechend ihrem Anteil in der Stichprobe enthalten sind, bzw. bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40). Es kommt auf die Verlässlichkeit an, mit der die Stichprobe die Grundgesamtheit abbildet, dabei muss nicht zwingend ein Wert von 10 % der Grundgesamtheit erreicht werden (BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 26).
Der Senat hat keinen Zweifel, dass die verwertbare Datenbasis („Ergebnisstichprobe“) – nach der Gewichtung der Vermietergruppen – den tatsächlichen Wohnungsmarkt der Stadt H. verlässlich abbildet.
Die Stichprobe war mit den für die Auswertung herangezogenen 48.437 Datensätzen mit Mietdaten im Vergleichsraum ausreichend umfangreich. Ursprünglich waren sogar 57.411 Datensätze berücksichtigt worden. Im Rahmen der im Jahr 2023 erfolgten Nachbesserung sind jedoch die Datensätze ausgeschlossen worden, bei denen keine Zuordnung entweder zur Gruppe der großen oder zur Gruppe der kleinen Vermieter möglich war. Die verbliebenen Datensätze bilden nach wie vor eine ausreichende Stichprobe. Nach den vom Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt für das Jahr 2011 ermittelten Daten gab es in H. zum Stichtag 9. Mai 2011 insgesamt 144.307 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum. Davon wurden 20.041 von Eigentümern bewohnt, 16.718 standen leer und 79 wurden als Ferien- oder Freizeitwohnung vermietet (vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalte, Kreisfreie Stadt H., Ergebnisse des Zensus 2011, 2014, S. 6 und 14). Es verbleiben 107.469 zu Wohnzwecken vermietete Wohnungen. Weiter abzuziehen sind 1.433 Wohnungen in Wohnheimen. Die von der Firma A. & K. verwerteten 48.437 Mietwerte entsprechen damit 45 % der gesamten zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in der Stadt H. Auch in der hier relevanten Wohnungsgröße von 60 bis 70 qm lagen noch 9.422 Mietwerte vor (Bericht vom 12. April 2023, Seite 12, Tabelle 3).
Damit alle Teilgruppen entsprechend ihrem Anteil an der Grundgesamtheit in der Stichprobe enthalten sind, musste der Beklagte bei der „Ergebnisstichprobe“ eine Gewichtung nach der Art der Vermieter vornehmen. Insoweit hat A. & K. zutreffend zwischen „privaten (Klein-)Vermietern und institutionellen (Groß-)Vermietern“ differenziert (vgl. Bericht vom 12. April 2023, Ziffer 7.3 – Angemessenheitsrichtwerte / Exkurs Gewichtungsverfahren, S. 27). Auch wenn das verwendete Gegensatzpaar „privat“ und „institutionell“ möglicherweise in Randbereichen keine durchweg trennscharfe Abgrenzung erlaubt und auch die Gleichsetzung von „privat“ und „Kleinvermieter“ auf der einen und „institutionell“ und „Großvermieter“ auf der anderen Seite notwendigerweise vergröbert, handelt es sich doch um grundsätzlich taugliche Kategorien (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40). Nach der vorgenommenen Gewichtung wird der Wohnungsmarkt auch insoweit realitätsgerecht abgebildet.
Eine solche Gewichtung war notwendig. Denn die stark unterschiedliche Anzahl der Rückläufe bei der Befragung von privaten Vermietern und institutionellen Vermietern bewirkte, dass die Wohnungen der institutionellen Vermieter überproportional häufig und die der privaten Vermieter unzureichend häufig in der Stichprobe enthalten waren. In der ursprünglichen Stichprobe waren 773 Datensätze von Kleinvermietern und 47.664 Datensätze von Großvermietern enthalten (Stellungnahme A. & K. vom 28. Oktober 2020, Tabelle 1). Die tatsächliche Verteilung in der Stadt H. beträgt aber nach dem Zensus 2011 – wie im Folgenden noch näher dargelegt wird – ca. 31 % (private Vermieter und Gemeinschaften von Wohnungseigentümern) zu 69 % (institutionelle Vermieter). Bei der Art der Vermieter handelt es sich auch um einen mietpreisbestimmenden Faktor. Die Nettokaltmieten unterscheiden sich zwischen sog. Klein- und Großvermietern nicht unerheblich (bei den hier relevanten 3-Personen-Haushalten liegt der Wert bei Kleinvermietern um 8,7 % höher als der bei Großvermietern, bei 2-Personen-Haushalten ist der Unterschied noch höher (Bericht vom 12. April 2023, Tabelle 11).
Die von dem Beklagten vorgenommene Gewichtung ist nicht zu beanstanden.
Zunächst ist es nachvollziehbar, dass bei den erhobenen Datensätzen noch diejenigen aussortiert werden mussten, bei denen die Eigentumsform (Vermieter) nicht bekannt war. Durch diesen Schritt entfiel zugleich die im ursprünglichen Konzept (Endbericht, Mai 2013) vorgesehene Ergänzung der Mietdaten durch den Datensatz des Beklagten um weitere 8.000 Datensätze (sog. SGB II-Datensatz, dessen Heranziehung die Klägerseite von Anfang an moniert hatte).
Der gewählte Gewichtungsfaktor bei dem von dem Beklagten durchgeführten Gewichtungsverfahren ist nachvollziehbar. Die Firma A. & K. hat – getrennt nach Haushaltsgrößen – die für Mietverhältnisse mit privaten Vermietern ermittelten Werte für die Netto-Kaltmiete und die kalten Betriebskosten mit dem Faktor 0,3174 gewichtet, die für institutionelle Vermieter ermittelten Werte mit dem Faktor 0,6826. Dabei ist das Unternehmen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Anteil der privaten Vermieter an der Grundgesamtheit aller Mietwohnungen in der Stadt H. 31,74 % betrage (vgl. Bericht vom 12. April 2023, Ziffer 7.3 – Angemessenheitsrichtwerte, S. 26 ff.) Dieser Wert erscheint angesichts verschiedener Ergebnisse des Zensus 2011 plausibel. Eine direkte Aufteilung der zu Wohnzwecken vermieteten 107.469 Wohnungen (abzüglich 1.433 in Wohnheimen) auf die Art der Vermieter (bzw. Eigentümer) findet sich dort zwar nicht. Es kann jedoch von den Angaben zur der Gesamtzahl der Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum auf die jeweiligen Anteile geschlossen werden. Von den 144.307 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum entfielen 20.085 auf Gemeinschaften von Wohnungseigentümern und 39.325 auf Privatpersonen. Sowohl von der Gesamtzahl (144.307) als auch von der Summe der Wohnungen in privater Hand (59.410) ist jeweils die Zahl der von Eigentümern selbst bewohnten Wohnungen (20.041) in Abzug zu bringen. Damit entfallen 39.369 oder 31,68 % von 124.266 Wohnungen auf diese Gruppe. Die restlichen 84.897 oder 68,32 % der Wohnungen entfallen auf institutionelle Vermieter.
Durch die vorgenommene Gewichtung ist der jeweilige Wert mit der gleichen Wahrscheinlichkeit in der Stichprobe wie in der Grundgesamtheit enthalten. Dieses Gewichtungsverfahren stellt eine anerkannte Methode dar, um die Repräsentativität im Sinne einer verzerrungsfreien Stichprobe herzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40; zum Mietspiegelrecht vgl. Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, Erstellung und Anwendung, a. a. O., Rn. 581).
(b) Die Auswertung der nach obiger Darstellung zutreffend gewonnenen repräsentativen Daten ist im Ausgangspunkt unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze und unter nachvollziehbarer Begründung der gezogenen Schlüsse erfolgt.
(aa) Von den Daten der 48.437 Mietverhältnissen sind die Daten von 2.391 Mietverhältnissen im Rahmen einer Extremwertkappung nicht berücksichtigt worden, so dass für die weitere Auswertung noch die Mietwerte von 46.046 Wohnungen (bzw. 8.892 Wohnungen für die hier relevante Wohnungsgröße von 60 bis 70 qm, vgl. Bericht vom 12. April 2023, S. 15, Tabelle 5) verblieben. Ausgeschieden worden sind dabei Mietwerte, die sich als „Ausreißer“ deutlich von den anderen Werten des jeweiligen Tabellenfeldes unterschieden. Dies wurde bei Werten angenommen, die außerhalb der mit dem Faktor 1,96 multiplizierten Standardabweichung vom Mittelwert lagen; in dem dann noch erfassten Intervall befanden sich 95% aller Fälle (Bericht vom 12. April 2023, Ziffer 6.2.1, S. 14; vgl. auch bereits Endbericht vom Mai 2013, S. 16). Der Senat hält dieses Vorgehen unverändert für plausibel und zulässig (vgl. bereits Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 542/15 – juris Rn. 91). Die Extremwertkappung ist eine anerkannte statistische Methode. Sie stellt hinreichend sicher, dass Wohnungen nicht berücksichtigt werden, die nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt im Vergleichsraum entsprechen. Für jedes Tabellenfeld ist gesondert die Extremwertkappung nach den oben aufgezeigten Kriterien erfolgt (Bericht vom 12. April 2023, S. 15; Endbericht vom Mai 2013, Anlage 1, S. 35 ff., Abbildungen A1 bis A5).
(bb) Auf der Grundlage der erhobenen Daten wurde auch in nicht zu beanstandender Weise das untere Marktsegment bestimmt, welches für die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten relevant ist.
Weil sich die vorgenommene Erhebung nicht ausschließlich auf das Marksegment von Wohnungen mit einfachem Standard bezog, war zu ermitteln, welcher Anteil des nach dem geforderten Mietpreis aufsteigend sortierten Wohnungsangebots erforderlich ist, um den Bedarf der Leistungsberechtigten und der mit ihnen konkurrierenden Gruppen von Nachfragern zu decken. Dabei wurde im Konzept nachvollziehbar davon ausgegangen, dass zu den konkurrierenden Nachfragergruppen, die ebenso wie Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind, Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII), Wohngeldempfänger-Haushalte und sonstige Nachfragergruppen gehören (Endbericht vom Mai 2013, S. 20). Zu letzteren gehören nach der Auflistung im Konzept Geringverdiener ohne Leistungsbezug und Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). Diese wurden im Ausgangskonzept 2012 im Bericht von Mai 2013, Ziff. 5.1, S. 20 im Fließtext beispielhaft als konkurrierende Nachfragergruppen benannt, im Bericht vom 12. April 2023 entfiel die Nennung bei unveränderter Heranziehung der gleichen Zahlen für die Nachfragergruppen.
Die dem Konzept zugrunde liegenden Annahmen zur Größe dieser konkurrierenden Nachfragergruppen sind nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die dort genannten „sonstigen Nachfragergruppen“. Die Firma Analyse & Konzepte hat nachvollziehbar erläutert, dass bei Erstellung des Konzepts kleinräumige amtliche Statistikdaten zur genauen Größe dieser „sonstigen Nachfragergruppen“ nicht zur Verfügung gestanden hätten. Man sei deshalb vom Bundesdurchschnitt ausgegangen, der bei 7,5 % aller Haushalte gelegen habe (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung, Forschungsprojekt „Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte“, 2009). Dieser Wert sei um einen Sicherheitsaufschlag erhöht und auf insgesamt 10 % festgesetzt worden. Dies ist nicht zu beanstanden.
Ausgehend von den genannten statistischen Erhebungen hat die Firma A. & K. in nicht zu beanstander Weise für die hier relevante Gruppe der 3-Personen-Haushalte in H. eine Gesamtzahl von 14.000 Haushalten und eine Summe von Nachfragern im unteren Marktsegment von 4.320 zugrunde gelegt, was einem Anteil von 31 % entspricht (Endbericht vom Mai 2013, Tabelle 5, S. 21; Bericht vom 12. April 2023, Tabelle 9, S. 21). Der Senat hat keine Zweifel, dass mit einem Anteil von 31 % (bzw. 35 % aufgrund der im Rahmen des im Folgenden noch zu erörternden iterativen Verfahrens erfolgten Anhebung) an der Gesamtzahl der Drei-Personen-Haushalte in H. das relevante untere Wohnungsmarktsegment (Bezieher von SGB II-Leistungen und konkurrierende Nachfragergruppen) ausreichend unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze abgebildet worden ist.
(cc) Im Ergebnis stellt sich die von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers vorgenommen Bestimmung des Angemessenheitsgrenze als Ergebnis einer nachvollziehbaren Schlussfolgerung auf der Grundlage eines anerkannten statistischen Verfahrens dar.
Nachvollziehbar ist der gewählte Ausgangspunkt, einen Mietwert zu bestimmen, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass bei Zahlung einer solchen Miete (Netto-Kaltmiete) der gesamte Bedarf der Nachfrager nach preiswertem Wohnraum bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße gedeckt ist bzw. werden kann. Bei der von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers im Rahmen der Methodenfreiheit gewählten Herangehensweise wird auf der Basis der vorhandenen Daten bestimmt, wie hoch der Anteil derjenigen Wohnungsangebote an der Gesamtzahl der Wohnungen ist, die zu einem bestimmten Mietwert vermietet sind. Bei einer Auflistung der ermittelten Unterkunftskosten mit von unten nach oben aufsteigend aufgelisteten Mieten wird der Anteil auf der Auflistungsachse so lange angehoben, bis der Anteil der dann berücksichtigten Wohnungen der Anzahl der Anfrager des relevanten Segments (Bezieher von SGB II-Leistungen und mit ihnen um günstigen Wohnraum konkurrierender Gruppen) nach Wohnungen entspricht, so dass von einer Bedarfsdeckung ausgegangen werden kann. Die Firma A. & K. hat dies so durchgeführt, dass bis zur Feststellung der Deckung des Bedarfs der Anteil an den für die Auswertung insgesamt herangezogenen Mieten in 5%-Schritten angehoben wurde. Bei dem zugrunde gelegten Anteil der relevanten Nachfrager im grundsicherungsrelevanten Bereich von 31 % der 3-Personen-Haushalte wurde dies bei einer Berücksichtigung von 35 % der Bestandsmieten erreicht. Dies wird in der von der Firma A. & K. verwendeten Terminologie mit dem 35. Perzentil bezeichnet. Diese beschreibt den Punkt, bis zu dem 35 % der aufsteigenden Mietwerte liegen, also die unteren 35 % der gesamten erfassten Mieten. Bei der bereinigten Erfassung von Wohnungsgrößen ab 60 bis 70 qm ergibt sich für dieses Perzentil eine Nettokaltmiete von 4,73 € pro qm (dies entspricht bei 70 qm einem Wert von 331,10 €). Der so gefundene Wert berücksichtigt bereits die Neuvertragsmieten. Damit sind auch aktuelle Werte eingeflossen. Für den 3-Personen-Haushalt waren dies 975 Neuvertragsmieten von den insgesamt berücksichtigten 8.892 Bestandsmieten (incl. Neuvertragsmieten) für diese Haushaltsgröße, d. h. knapp 11% aller berücksichtigten Bestandsmieten waren Neuvertragsmieten. Dies spricht für eine hinreichende Aktualität der erhobenen Daten.
(c) Das Konzept gewährleistet auch, dass tatsächlich für den so als Grenzwert gefundenen Mietpreis Wohnraum verfügbar ist. Die Summe aus Kaltmiete und Betriebskosten kann nur dann einen zutreffend gebildeten abstrakten Angemessenheitswert darstellen, wenn in Betracht kommender Wohnraum zu diesem Preis auch tatsächlich in nennenswerter Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird und damit generell verfügbar ist. Es muss auch erkennbar sein, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten; daher müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R – juris Rn. 22).
(aa) Die Datenerhebung der Angebotsmieten ist nicht zu beanstanden. Dies hat der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 näher ausgeführt (vgl. etwa L 2 AS 542/15, juris Rn. 63). Die Erhebung ist in der Zeit von Januar bis Juni 2012 erfolgt. Im sechsmonatigen Erhebungszeitraum konnten dabei 2.119 Wohnungsangebote ermittelt werden, die für die weitere Auswertung relevant sind. Die Erhebungsdauer von sechs Monaten richtete sich dabei nach dem Zeitraum, den Bedarfsgemeinschaften zur Verfügung haben, wenn sie zur Reduzierung ihrer Wohnkosten aufgefordert worden sind (ergänzende Stellungnahme der Firma A. & K. vom 2. Februar 2018, Antwort 10, S. 6). Die von den Klägerinnen beanstandete unterschiedliche Dauer der Erhebung bei Bestandsmieten und Angebotsmieten ist somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Die Erhebung der Angebotsmieten ist auch valide und die ermittelten Daten sind repräsentativ für den Wohnungsmarkt der Stadt H. Zur Erhebung der Angebotsmieten erfolgte eine Recherche im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2012. Hierbei wurden unter anderem die folgenden Quellen ausgewertet: die Internetportale Immoscout 24, Immonet und Immo Welt, die örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Stadtgebiet. Bei den erhobenen Angebotsmieten musste vorab eine Bereinigung der erhobenen Daten erfolgen, um sicherzustellen, dass das gemessen wird, was gemessen werden soll. Hierbei wurde die Zuordnung der Mieten zum Vergleichsraum geprüft und es erfolgte eine Bereinigung der Daten um Mehrfachinserate (Dubletten). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Herr S. von der Firma A. & K. für den Beklagten nachvollziehbar dargestellt, dass umfassende Vorkehrungen getroffen wurden, um eine Doppelverwertung einzelner Angebote zu vermeiden. So seien doppelte Werte in zwei Schritten zunächst automatisch und dann noch einmal von Hand herausgefiltert worden. Durch den händischen Vergleich der Angaben zu den Mietkosten, der Wohnfläche, der Lage und manchmal sogar der Adresse und der Etage der ähnlichen Angebote ist hinreichend gewährleistet, dass nur ganz ausnahmsweise eine Doppelberücksichtigung von Angebotsmieten vorgekommen ist.
Diese Erhebungsmethode erfasst zwar nicht alle neu angebotenen Wohnungen im Erhebungszeitraum, führt jedoch zu einer ausreichend repräsentativen Stichprobe. So werden nicht alle Wohnungen über die oben genannten Medien vermarktet. Zum Teil erfolgt eine Vergabe auch unter der Hand oder aufgrund von Wartelisten bei großen Vermietern. Insgesamt wäre bei einer durchschnittlichen Fluktuation von ca. 10 % pro Jahr (die Umzugsquote im Jahr 2013 für Sachsen-Anhalt betrug 9,9 %, vgl. www.techem.com/de/de/news-und-wissen/alle-beitraege/mieter-in-deutschland-ziehen-seltener-um-als-im-vorjahr) in der Stadt H. mit 10.769 neu abgeschlossenen Mietverhältnissen im Jahr zu rechnen. Hochgerechnet auf ein Jahr erfasst die Stichprobe 4.238 von 10.769 neuen Mietverhältnissen, also knapp 40 %. Da besonders teure Wohnungen tendenziell eher über die bei der Datenerhebung erfassten Wege vermarktet werden und günstige Wohnungen eher „unter der Hand“ weitergegeben werden, ist nicht mit einer Verzerrung der Stichprobe zu Lasten der Hilfebedürftigen zu rechnen. Auch bei den Angebotsmieten wurden nicht nur die Mieten in wenigen Stadtteilen berücksichtigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Mietangebote nicht immer die Namen der amtlichen Stadtteile ausweisen, sondern mitunter eine Bezeichnung, die möglichst attraktiv für den Interessenten klingen soll. Es ist jedoch zu erkennen, dass sich die Erhebung auf sehr viele verschiedene Stadtbereiche erstreckte. So wurden Angebote mit folgenden „Stadtteilbezeichnungen“ erfasst: N., H., Ne., Innenstadt, S., R., B., G., A., Gi., Bö., F., P., Sa., Altstadt, Sü., D., Se., T., L., Bü., D. und L.
(bb) Die Berücksichtigung der Angebotsmieten im Rahmen des schlüssigen Konzeptes erfolgte zulässiger Weise im Rahmen des sog. iterativen (Annäherungs-)Verfahrens. Der vorläufig bestimmte Angemessenheitswert ist auf der Basis der erhobenen Angebotsmieten darauf überprüft worden, ob ein ausreichender Anteil der angebotenen Wohnungen zu dem ermittelten vorläufigen Angemessenheitswert angemietet werden könnte. Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 37). Sie dient nur dazu, zu prüfen, ob der gefundene Angemessenheitswert ggf. noch angehoben werden muss, weil aktuell nicht ausreichend viele Wohnungen tatsächlich zu diesem Preis angemietet werden können. Soweit das iterative Verfahren in der ursprünglichen Fassung des Konzeptes auch dazu genutzt worden war, den auf Grundlage der Bestandsmieten ermittelten Perzentilwert und damit die Angemessenheitsgrenze abzusenken, hat der Senat dies bereits in seinen Urteilen vom 30. Mai 2018 beanstandet (vgl. etwa L 2 AS 543/15 – juris Rn. 99 ff.) und der kommunale Träger hat davon im Rahmen seiner Nachbesserungen Abstand genommen (Bericht vom 13. Januar 2020: Neuberechnung von Angemessenheitswerten der Konzepte zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012 und 2016 sowie deren Fortschreibungen für die Stadt H. nach Entscheidung des LSG-Sachsen-Anhalt vom 30.05.2018).
Der von der Firma A. & K. vorgenommene Abgleich des ermittelten Angemessenheitsgrenzwerts mit den Angebotsmieten stellt ausreichend sicher, dass zu dem Angemessenheitswert auch ausreichend Wohnungen anmietbar waren. Bezüglich der Angebotsmieten sind die auf die Netto-Kaltmiete je Quadratmeter umgerechneten Angebotsmieten gleichermaßen wie die Bestandsmieten in Tabellen erfasst und Extremwerte sind nach dem bereits geschilderten Verfahren ausgeschieden worden (Bericht vom 12. April 2023, S. 18 Tabelle 8). Daraus ergaben sich noch 2.053 Mietwerte für Angebotsmieten bzw. 474 Werte für die hier relevante Wohnungsgröße von 60 bis 70 qm). Hiervon lagen 246 Werte oder 51% innerhalb der Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete. Da auch die erhobenen Angebotsmieten nur eine Stichprobe der tatsächlich zur Verfügung stehenden Wohnungen darstellen, kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die absolute Zahl von 246 Wohnungen (innerhalb von sechs Monaten) angesichts der tatsächlichen Anzahl von Nachfragern im unteren Marktsegment zu gering sei.
(d) Der Einwand der Klägerinnen, dass angemessene Wohnungen innerhalb der ermittelten Angemessenheitsgrenze tatsächlich nur in wenigen Stadtteilen zu finden seien, also die Gefahr der „Ghettoisierung“ bestehe, greift nicht. So soll ein Konzept nicht durch die Berücksichtigung nur ausgewählter Stadtteile bei der Datenerhebung zur Entstehung oder Verfestigung von sozialen Brennpunkten beitragen; es soll eine soziale Segregation vermieden werden (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 23/20 – juris Rn. 37). Auch die Satzungsermächtigung des § 22a SGB II fordet, dass die Auswirkungen hinsichtlich der Schaffung und Erhaltung sozial ausgeglichener Bewohnerstrukturen berücksichtigt werden (§ 22 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 SGB II), um einer Bildung sozialer Brennpunkt entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 17/4095, 29). Unter Segregation versteht man die Trennung der Wohngebiete von sozialen (Teil-) Gruppen in einer Stadt (Gabler Wirtschaftslexikon, www.wirtschaftslexikon.gabler.de).
Die Erhebung der Mietwerte erstreckte sich – wie dargestellt – auf alle Stadtteile des Vergleichsraumes. Dabei ist es für die Schlüssigkeit des Konzeptes unerheblich, ob im Ergebnis Mietverträge und Wohnungsangebote aus allen Stadtteilen in die Berechnung eingeflossen sind. Der Umstand, dass möglicherweise nicht in allen Stadtteilen Wohnungen des einfachen Standards vorhanden sind bzw. zum Zeitpunkt der Erhebungen angeboten werden, stellt die Schlüssigkeit des ermittelten Angemessenheitswertes nicht in Frage (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 29, wonach bei einem festgestellten Vorhandensein von Wohnungen zu den Referenzwerten in 18 von 26 Stadtbezirken der Stadt M. eine Ghettoisierung nicht zu befürchten sei). Es sollen jedoch keine Bedingungen bestehen, die einen Wegzug unmöglich machen, wenn Wohnungen außerhalb des bereits bewohnten Gebietes nicht anmietbar sind – etwa weil ein bestimmtes Wohnsegment auf ein einziges oder wenige Viertel konzentriert ist. Eine solche Konzentration der mit der Referenzmiete anmietbaren Wohnungen auf wenige Stadtviertel liegt nicht vor. Es trifft zwar zu, dass die Stadt H. durch ihren Bestand an durch Plattenbauten geprägten Großwohnsiedlungen einen hohen Grad an Segregation bzw. einen hohen Segregationsindex aufweist (vgl. Helbig/Jähnen, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten, Mai 2018, Abbildung 16, Seite 97, künftig: Segregationsstudie). Dies zeigt auch der Anteil von Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II, der sich nach Stadtvierteln deutlich unterscheidet (vgl. Wohnungsmarktbericht der Stadt H. 2013, Seite 43, Karte 6.2.). Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die anhand des Konzeptes ermittelte Referenzmiete diese Struktur erheblich verstärkt und damit zu einer „Ghettoisierung“ führt. Die Angebotsmietwerte, welche innerhalb der Referenzmiete des schlüssigen Konzeptes liegen, verteilen sich im Wesentlichen auf die gleichen Stadtteile wie die Werte oberhalb dieser Grenze. So wurden Angebote für Wohnungen in Ortslagen mit den folgenden „Stadtteilbezeichnungen“ sowohl für die Mietwerte innerhalb der Angemessenheitsgrenze wie auch oberhalb der Angemessenheitsgrenze erfasst: N., H., Ne., Innenstadt, S., R., B., G., A., Gi., Bö., F., P., Sa., Altstadt, Sü., D. und Se. Es gibt nur wenige Stadtteile, in denen sich lediglich Mietangebote mit höheren Kosten finden (T., L., B., D. und L.). Auch die am häufigsten vertretenen „Stadtteilbezeichnungen“ bei den 248 innerhalb der Angemessenheitsgrenze liegenden Angebotsmieten verteilen sich auf verschiedene Bereiche des Stadtgebietes (Innenstadt 54, N. 39, S. 27, Si. 25, F. 22, H. 12, B. 11, Bö. 9, Ni. 7, R. (wohl zur S. zählend) 7; selbst in dem gründerzeitlich geprägten G. finden sich 5 Angebote). Die anmietbaren Wohnungen betreffen damit nicht allein die klassischen Großwohnsiedlungen (H. N., N., S. und Sü.).
Auch lassen sich weder den Datensätzen zu den Bestandsmieten noch denen zu den Angebotsmieten Hinweise darauf entnehmen, dass in unverhältnismäßig hoher Zahl Wohnungen berücksichtigt wurden, die charakteristische Merkmale von Wohnblocks aufweisen (vgl. das Urteil des Senats vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 82).
cc) Der Beklagte hat auch die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten rechtmäßig ermittelt. Dabei ist nicht zu beanstanden, für die Ermittlung dieser Kosten auf Durchschnittswerte bzw. den Median von – möglichst lokalen oder regionalen – Erhebungen zu den tatsächlichen Betriebskosten abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 41). Hierbei muss jedoch gewahrt bleiben, dass sich die Datenerhebung auf den gesamten Wohnungsmarkt des Vergleichsraums und nicht nur auf Wohnungen einfachen Standards oder auf Wohnungen von Beziehern von Grundversicherungsleistungen bezieht. Im Konzept wurden die kalten Betriebskosten im Rahmen der Stichprobe vom gesamten Wohnungsmarkt erhoben. So konnten insgesamt 43.949 Werte angesetzt werden, für den hier relevanten 3-Personen-Haushalt waren es 8.520 Werte. Die Fallzahl unterscheidet sich von den erhobenen Bestandsmieten, da nicht zu jedem Datensatz neben den Netto-Kaltmieten auch die Betriebskosten angegeben wurden. Darüber hinaus mussten Datensätze aussortiert werden, die keine Angaben zu Wasser und Abwasser enthielten (vgl. Bericht vom 12. April 2023, Ziff. 6.2.3, S. 16). Aufgrund der ermittelten Daten zu den Bestandsmieten hat die Firma A. & K. den Mittelwert (Median) aller Betriebskostenwerte differenziert nach Wohnungsgröße in Ansatz gebracht (Endbericht Mai 2013, 5.3 Angemessenheitsrichtwerte, S. 26 und Tabelle 8). Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – juris Rn. 34). Die Aussagekraft der so ermittelten Werte wird, wie der Senat bereits entschieden hat, nicht entscheidend dadurch in Frage gestellt, dass keine Daten dazu erhoben worden sind, wie viele Personen in den jeweiligen Wohnungen lebten (vgl. Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 94). Im Wesentlichen werden die Betriebskosten nach Quadratmetern auf die Mieter umgelegt, nur für vereinzelte Verbrauchswerte kommt eine Relevanz der Anzahl der Bewohner in Betracht. Vom Grundsatz her ist aber der Einschätzung der Firma A. & K. zuzustimmen, dass aufgrund der der Ermittlung zugrundeliegenden großen Datenmenge die ermittelten durchschnittlichen kalten Betriebskosten statistisch ausreichend belastbar sind (ergänzende Stellungnahme vom 2. Februar 2018, Antwort 17, S. 8). Angesichts des hohen Aufwands einer Ermittlung der den Vermietern teils, etwa bei zeitlich begrenzten Beziehungen, gar nicht bekannten Anzahl der aktuellen Bewohner einer Wohnung erscheint deshalb die vorgenommene Erhebung als ausreichend. Unschädlich ist auch, dass die Ermittlung des Wertes für die kalten Betriebskosten nur im Zusammenhang mit der Befragung zu den Bestandsmieten erfolgt ist und nicht auch gesondert für die Angebotsmieten. Die Firma A. & K. hat dazu überzeugend ausgeführt, dass eine qualitativ hinreichende Erhebung der kalten Betriebskosten nur im Zusammenhang mit der Befragung der Vermieter zu den Bestandsmieten sichergestellt werden konnte. Denn die ausgewerteten Informationen zu Angebotsmieten enthielten teilweise keine Informationen zu den kalten Betriebskosten. Zudem würden diese auch oft inklusive der Heizkosten angegeben. Zudem sei in der Regel nicht ersichtlich ob diese Angaben auch Kosten für Wasser und Abwasser enthielten (ergänzende Stellungnahme der Firma A. & K. vom 2. Februar 2018, Antwort 8, Seite 6).
Es ist folgerichtig, dass auch bei den kalten Betriebskosten die oben dargestellte Gewichtung zwischen den Werten für Mietverhältnisse mit Kleinvermietern und solchen mit Großvermietern durchgeführt werden muss. Auch für die Betriebskosten handelt es sich bei den verschiedenen Vermietergruppen um einen preisbestimmenden Faktor, wie die deutlich verschiedenen Mittelwerte zeigen. So betrug der Wert für die durchschnittlichen kalten Betriebskosten pro Quadratmeter für einen 3-Personen-Haushalt bei den Kleinvermietern 0,64 € und bei den Großvermietern 1,13 €. Hieraus ergab sich der gewichtete Wert von 0,97 €/Quadratmeter.
dd) Aus der Nettokaltmiete in Höhe von 4,73 € pro Quadratmeter und den angemessenen kalten Betriebskosten in Höhe von 0,97 € pro Quadratmeter ergibt sich eine Bruttokaltmiete i.H.v. 5,70 € pro Quadratmeter für ein 3-Personenhaushalt. Hieraus errechnet sich der Angemessenheitswert für einen 3 -Personenhaushalt nach dem Konzept 2012 i.H.v. 399 € (5,70 €/qm × 70 qm). Dieser liegt unter dem bisher vom Beklagten herangezogen Wert von 401,10 €, weshalb der Beklagte letzteren Wert weiter verwendete.
ee) Mit der Indexfortschreibung zum 1. Juli 2014 hat der Beklagte den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Eine Fortschreibung eines schlüssigen Konzeptes muss regelmäßig erfolgen. Innerhalb eines Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem „Inkraftsetzen“ eines Konzeptes kann das erhobene Datenmaterial ohne weitere Fortschreibung zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 18). Der Senat hält daran fest, dass eine Fortschreibung hier bereits zum 1. Juli 2014 nötig war, um eine hinreichende Aktualität der Daten zu gewährleisten, da zwischen den letzten einbezogenen Daten, nämlich den Angebotsmieten bis Juni 2012, und dem „Inkraftsetzen“ des schlüssigen Konzeptes eine zu lange Zeit vergangen war (nähere Einzelheiten im Urteil des Senats vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 104 ff.). Die Fortschreibung anhand von Verbraucherindizes begegnet keinen inhaltlichen Bedenken, eine solche erfolgt auch bei der Aktualisierung von qualifizierten Mietspiegeln (§ 558d Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Sowohl die Wahl des herangezogenen Indexes als auch der Anfangs- und Endpunkt des herangezogenen Veränderungszeitraums sind von der Methodenfreiheit gedeckt. Der Beklagte hat für die Fortschreibung des Konzeptes 2012 den Verbraucherpreisindex für die Bundesrepublik Deutschland herangezogen (wie in § 558d Abs. 2 Satz 2 BGB für die Fortschreibung von Mietspiegeln vorgesehen). Sowohl im Bericht vom 12. April 2023 über die Fortschreibung des Konzeptes 2012 (etwa in der Überschrift der Tabelle 2 auf S. 4, die die Ergebnisse der Fortschreibung darstellt) als auch in dem diesbezüglichen Schriftsatz, der auf diese Tabelle Bezug nimmt, werden die als Basis herangezogenen Verbraucherindizes fälschlich als solche für Sachsen-Anhalt bezeichnet. Tatsächlich liegen der Berechnung aber die Werte der Verbraucherindizes des Bundes zugrunde. Dies war auch eine bewusste Entscheidung des kommunalen Trägers. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich hinreichend deutlich und ist rechnerisch in der Tabelle 1 auf S. 3 des Berichtes näher erläutert, dass letztlich nur die Werte der Verbraucherindizes für die Bundesrepublik Deutschland herangezogen wurden. Dies hat der Beklagte im Termin vom 9. November 2023 bestätigt. Es ist noch von der Methodenfreiheit gedeckt, den Indexwert für März 2012 mit dem für Juli 2014 zu vergleichen und die dort festgestellte Veränderung einer Steigerung um 2,68 Prozentpunkte auf die Wohnungsmieten und Wohnnebenkosten anzuwenden. Da der Indexwert von März 2012 bis Juli 2012 durchgehend angestiegen ist, benachteiligt es die Klägerinnen jedenfalls nicht, wenn als Ausgangspunkt bereits der Indexwert für März 2012 und nicht erst der für Juli 2012 herangezogen wurde. Da der gewichtete Wert für den 3-Personen-Haushalt nach der Neuberechnung nach dem Bericht vom 12. April 2023 für das Konzept 2012 niedriger lag als der Ausgangswert zuletzt nach dem Bericht vom 13. Januar 2020 und dementsprechend auch der fortgeschriebene gewichtete Wert ab dem 1. Juli 2014 niedriger lag als der Ausgangswert, hat der Beklagte die bisherigen Werte zugunsten der Leistungserbringer beibehalten. D. h. ab dem 1. Juli 2014 betrug der angemessene Wert für die Bruttokaltmiete für einen 3-Personen-Haushalt 411,60 €.
ff) Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der konkreten Angemessenheit unter Berücksichtigung der relevanten Besonderheiten des Einzelfalles zu erhöhen. Die Lebenssituation der Klägerinnen gebietet es nicht, höhere als die abstrakt angemessenen Aufwendungen anzuerkennen. Die Klägerinnen haben auch nach einem entsprechenden Hinweis zur konkreten Angemessenheit nicht weiter vorgetragen. Anhaltspunkte für dem Grunde nach anerkennenswerte besondere Umstände, die zur Berücksichtigungsfähigkeit eines abweichenden Wohnbedarfs führen könnten, liegen nicht vor.
gg) Aus der Unangemessenheit der Aufwendungen der Klägerinnen für die Unterkunft (Bruttokaltmiete) folgte auch unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Umstände eine Pflicht zur Senkung der Kosten.
(1) Die Klägerinnen haben die sie treffende Obliegenheit zur Kostensenkung verletzt.
§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelt, dass die unangemessenen Aufwendungen für die Unterkunft als Bedarf so lange anzuerkennen sind, wie es der leistungsberechtigten Person nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Aufwendungen zu senken. Erst die Verletzung der Kostensenkungsobliegenheit kann dazu führen, dass statt der tatsächlichen Aufwendungen für KdUH nur die angemessenen Aufwendungen übernommen werden. Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarfe anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich das Kostensenkungsverfahren durchführen und den Leistungsberechtigten im Rahmen der einleitenden Kostensenkungsaufforderung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2021 – B 14 AS 31/20 R – juris Rn. 46).
Die Klägerinnen wussten, dass ihre tatsächliche Miete die Angemessenheitsgrenze überstieg. Denn der Beklagte hatte ihnen mit Schreiben vom 10. Juli 2014 eine Kostensenkungsaufforderung zugesandt und damit den Dialog über die unangemessenen Kosten eröffnet. In dem Schreiben hatte der Beklagte auch die nach der Fortschreibung 2014 des schlüssigen Konzeptes 2012 von ihm als angemessen angesehene Leistungshöhe (wenn auch für den damals bestehenden 4-Personen-Haushalt) mitgeteilt (446,40 € für die Bruttokaltmiete). Daneben teilte er auch den maximal zu übernehmenden Betrag für die Heizungskosten mit. Die Leistungsempfänger haben hierauf auch reagiert. So hat die Klägerin zu 1) dem Beklagten mitgeteilt, die zu hohen Kosten selbst tragen zu wollen und sich zu bemühen, die Kosten (ohne Umzug) zu senken. Es ist unbeachtlich, dass der Beklagte seinerzeit nicht die inzwischen aufgrund wiederholter Nachbesserung zutreffend als angemessen angesehenen Werte mitgeteilt hat. Die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – juris Rn. 40). Das war vorliegend nicht der Fall.
Der Beklagte hat zwar auf die Änderung der Sachlage durch den Auszug des Lebensgefährten der Klägerin zu 1) nicht reagiert, dies ist aber unbeachtlich, weil den Klägerinnen bewusst sein musste, dass eine selbst für einen 4-Personen-Haushalt zu teure Wohnung erst recht für einen 3-Personen-Haushalt unangemessen sein würde.
(2) Auch unter Berücksichtigung eines Wirtschaftlichkeitsvergleiches im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II blieb die Obliegenheit der Klägerinnen zur Kostensenkung bestehen.
Schon vor der Einführung von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II war § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. zu entnehmen, dass ein Wohnungswechsel wegen überhöhter Bruttokaltmiete nur zumutbar ist, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R – juris Rn. 30). Dies Interpretation hat die Einführung von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II zum 1. Januar 2011 bestätigt und erweitert. Danach muss eine Absenkung der unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Es kann vorliegend dahinstehen, inwieweit diese Regelung dem Leistungsempfänger ein subjektives Recht bzw. einen Anspruch auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung über das Absehen von der Absenkung eröffnet (vgl. dazu Lauterbach in: BeckOGK, § 22 SGB II Rn. 80, Stand: 1. Dezember 2021). Jedenfalls liegen die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerinnen für KdU in Höhe von 610,20 € so deutlich über den angemessenen Aufwendungen (411,60 €), dass eine Unwirtschaftlichkeit eines Wohnungswechsels nicht in Betracht kommt. Selbst wenn für die Heizkosten der von den Klägerinnen angeführte obere Grenzwert aus dem bundesweiten Heizspiegel von 137,08 € pro Monat herangezogen würde, lägen die tatsächlichen monatlichen Kosten der Klägerinnen immer noch um 161,52 € über dem sich dann ergebenden monatlichen Gesamtwert in Höhe von 548,68 € (411,60 € + 137,08 €); damit ergibt sich eine Differenz von 1.938,24 € im Jahr. Selbst unter Berücksichtigung von Umzugskosten, wäre ein Umzug dann noch wirtschaftlich gewesen. Es ist auch davon auszugehen, dass ein solcher Umzug objektiv möglich war. Dafür spricht schon, dass sich über 50 % der im Rahmen der Konzepterstellung erhobenen Angebotsmieten im Rahmen der Angemessenheit hielten. Da die Klägerinnen keine erfolglosen Umzugsbemühungen aufgezeigt haben, bedurfte es keines weiteren konkreten Nachweises einer geeigneten Wohnung.
(3) Entgegen der Auffassung des SG sind Leistungen für KdUH auch nicht bis zur Höhe der Summe der beiden Angemessenheitswerte für die Bruttokaltmiete einerseits und die Heizkosten andererseits zu gewähren. Nach der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Rechtslage galten diese beiden Grenzwerte vielmehr nach Rechtsprechung des BSG getrennt nebeneinander. Die Feststellung einer angemessenen „Bruttowarmvergleichsmiete“ nach einer „erweiterten Produkttheorie“ war – außerhalb einer Satzungsregelung nach § 22b Abs. 1 Satz 3 SGB II – unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R – juris Rn. 19; Lauterbach, a.a.O., § 22 SGB II Rn. 34).
Die mit Wirkung zum 1. August 2016 eingeführte Vorschrift des § 22 Abs. 10 SGB II, die zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze erlaubt, galt im Jahr 2015 noch nicht. Schon deshalb kann sie – unabhängig davon, dass ihre Voraussetzungen nicht vorlagen – nicht zur Anwendung kommen.
3. Der Beklagte hat das Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1) in den Monaten Februar bis Mai 2015 zutreffend oder jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerinnen in zu hohem Umfang berücksichtigt. Im Monat Februar 2015 betrug das anrechenbare Einkommen der Klägerin zu 1) 594,09 €. Von 1.020 € Bruttoeinkommen waren 208,59 € für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, 100 € Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II, 180 € weiterer Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II und 2 € weiterer Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II abzuziehen, so dass sich hieraus ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 529,41 € ergab. Hinzu kam in diesem Monat noch Einkommen aus Kinderkrankengeld in Höhe von 64,68 €. Im März 2015 betrug das Bruttoeinkommen ebenfalls 1.020 €, wovon 529,41 € anrechenbar waren. Im April 2015 betrug das anzurechnende Einkommen 556,24 € (1066,75 € Bruttoentgelt abzüglich: 223,84 € für Sozialversicherung und Steuern, 100 Grundfreibetrag, 180 € weiterer Freibetrag und 6,68 € Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II). Im Mai 2015 waren bei einem Bruttoverdienst von 1.020 € jedenfalls nicht mehr als 529,41 € als Einkommen anzurechnen. Insoweit kann offen bleiben, ob der Beklagte die Prämie i.H.v. 203 € zu Recht noch nicht im Mai 2015 angerechnet hat. Wenn hier ein Fehler vorläge, hätte dieser sich im streitigen Zeitraum lediglich zu Gunsten der Klägerinnen ausgewirkt.
B. Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war das Teilobsiegen im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen und eine entsprechende Kostenerstattung auszusprechen.
C. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.