I. Die Klage vom 15.02.2018 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Der im Jahr 1963 geborene, multimorbide Kläger ist mehrfach nierentransplantiert und bedarf der regelmäßigen Dialyse sowie nach Aktenlage einer kostenaufwändigeren Ernährung. Nach den Maßstäben des Schwerbehindertenrechts ist er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den anerkannten Merkzeichen "B", "G" und "RF" schwerbehindert.
Er wohnt in einem Haus in C-Stadt im Landkreis Regensburg, in dem auch seine Mutter, C., wohnte. C. verstarb im April 2018. Der Kläger hat noch einen Bruder und zwei Schwestern (die im Jahr 1952 geborene D. und die im Jahr 1953 geborene E.).
Eigentümerin des Hauses ist seit 1996 seine Schwester E., der er jedenfalls gegenwärtig 530,00 € "Miete" überweist. Im Grundbuch ist ein Leibgeding zugunsten des Klägers eingetragen, wobei er sich zu Inhalt und Umfang des Leibgedings nicht äußert.
Der Kläger hat ein monatliches Einkommen von 1471,65 € (532,01 € Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund und 939,64 € Versorgungsbezüge vom Landesamt für Finanzen, Stand Anfang 2020). Ob und bejahendenfalls welches Vermögen der Kläger hat, ist unbekannt. Er selbst gibt an, keines zu haben.
Beim Kläger, der bei der DAK gesetzlich kranken- und pflegeversichert ist, lagen nach Mitteilung seiner Pflegekasse auf der Grundlage einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen vom 27.01.2017 die Voraussetzungen der Pflegestufe I, nicht dagegen die der Pflegestufe II (a.F.) vor. In der Vergangenheit erhielt er deswegen u.a. Pflegegeld nach der Pflegestufe I, mittlerweile nach dem Pflegegrad II. In der Vergangenheit lies der Kläger seiner Schwester D. für "Hauswirtschaft" ein Entgelt zukommen, später überwies er seiner Schwester E. 316,00 € "Pflegegeld".
Der Kläger macht(e) gegen den Landkreis Regensburg als örtlichen Sozialhilfeträger bzw. seine Krankenkasse verschiedene Ansprüche (u.a. wegen strittiger Akteneinsicht, geltend gemachter Bewilligung von Grundsicherung oder Untätigkeitsklagen über vermeintlich oder tatsächlich nicht verbeschiedene Anträge oder auf Beratung) geltend, weswegen mehrere Verfahren am Sozialgericht respektive Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängig waren bzw. sind. Auch gegen den Beklagten (als überörtlichen Sozialhilfeträger) sind eine Vielzahl an sozialgerichtlicher Klage- und einstweiliger Rechtsschutzverfahren (u.a. auf Eingliederungshilfe oder Erstattung von Fahrkosten) anhängig (gewesen).
Mit Telefax vom 15.02.2018, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage gegen den Bezirk Oberpfalz als überörtlicher Sozialhilfeträger "zum Antrag vom 09.02.2018" erhoben und eine einstweilige Anordnung hierzu beantragt. Letztere wurde mit Beschluss vom 27.03.2018, Az. S 9 SO 11/18 ER abgelehnt; die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (BayLSG, Beschluss vom 16.10.2018, Az. L 8 SO 88/18 B ER).
Soweit ersichtlich, ist der "Antrag vom 09.02.2018" ein Telefax mit dem der Kläger unverzüglich um Auskunft bat, warum seine Anträge auf schriftliche Beratung verweigert würden; mit Telefax vom 12.02.2018 erinnerte er u.a. an seine Bitten um Beratung. Weiter bat er um Beratung, wie im Fall einer ungerechtfertigter Leistungsverweigerung Entschädigung zu erlangen sei.
Hierauf antwortete der Beklagte (Schreiben vom 14.02.2018), dass er gerne bereit sei, den Kläger zu beraten. Eine schriftliche Beratung erscheine jedoch nicht sinnvoll. In einem Gespräch könnten Fragen umgehend beantwortet werden und Sachverhalte sofort geklärt werden. Das Gespräch sei nicht zwingend in den Räumen des Beklagten zu führen. Sollte es der Gesundheitszustand des Klägers nicht erlauben, nach Regensburg zu fahren, wäre der Beklagte bereit, den Kläger in seiner Wohnung aufzusuchen. Der Kläger solle mitteilen, wann und wo die Beratung durchgeführt werden könne.
Dem entgegnete der Kläger wiederum mit Telefax vom 15.02.2018, dass er seine Anträge auf schriftliche Auskunft und schriftliche Beratung aufrechterhalte.
Das Sozialgericht hat die Sozialgerichtsakte S 9 SO 11/18 ER beigezogen, u.a. eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angefordert und den Kläger aufgefordert, die Klage zu konkretisieren und zu begründen (Schreiben vom 28.03.2018 mit Erinnerung vom 04.09.2018 sowie Schreiben vom 16.10.2018).
Der Kläger hat u.a. Verzögerungsrüge erhoben und sinngemäß wiederholt wissen lassen, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehe, sich (weiter) zum Verfahren zu äußern. Der Kläger hat zudem wiederholt in allen anhängigen Verfahren der 9. Kammer die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden geltend gemacht; die Ablehnungsgesuche sind mit Sozialgerichtsbeschlüssen vom 15.03.2018, Az. S 3 SF 57/18 AB, und vom 23.07.2018, Az. S 3 SF 132/18 AB, als unzulässig verworfen worden. Der Kläger hat während des Gerichtsverfahrens weitere Klagen erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt (allein 2018 über 220 neue Verfahren), im Übrigen hat er sich zur Sache selbst nicht weiter geäußert und auch keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.
Letztlich stellt der Kläger keinen bestimmten Antrag.
Der Beklagte beantragt:
die Klage abzuweisen.
Er teilt mit, dass er dem Kläger mehrmals eine Beratung angeboten habe und dieses Angebot aufrecht erhalten bleibe. Sofern der Kläger dies wünsche, könne die Beratung in den Räumen des Beklagten bzw. sofern der Gesundheitszustand dies nicht zulasse auch im Rahmen eines Hausbesuches erfolgen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die weiteren Ausführungen in dem Beschluss vom 18.01.2018, Az. S 9 SO 11/18 ER, sowie die im letztgenannten Verfahren übersandte Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage vom 15.09.2018 ist als unzulässig abzuweisen.
Es fehlt bereits am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis, sodass die Frage der Prozessfähigkeit des Klägers, gemäß § 71 Abs. 1 SGG, bzw. die Frage der Bestellung eines besonderen Vertreters, gemäß § 72 Abs. 1 SGG, für dieses Verfahren offengelassen werden kann (s. hierzu LSG Hamburg, Urteil vom 14.02.2013 - L 4 AS 32/12; LSG Hamburg, Urteil vom 11.04.2013 - L 1 KR 60/12, sowie MKLS/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG, § 72 Rn. 2c).
Jede (zulässige) Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus und es besteht der allgemeine Grundsatz, dass Gerichte nicht unnütz oder unlauter in Anspruch genommen werden sollen. Dies begründet sich aus dem im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG, vor § 51, Rn. 16, 16a).
Auch im nunmehr vorliegenden Fall kann das Sozialgericht jedoch keine nachvollziehbaren und von der Rechtsordnung anzuerkennenden Gründe für ein sachliches Bedürfnis einer gerichtlichen Entscheidung erkennen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 03.11.1971, Az. IV ZR 26/70, Rn. 11).
Der Kläger, der seit Beginn des Jahres 2018 über 220 Verfahren initiierte, erhebt erneut "stereotyp" Klage. Wieder fehlen, trotz eines aus verschiedenen Teilen früherer Anträge zusammengesetzten Schriftsatzes, selbst rudimentäre Ausführungen zu den tatsächlichen Umständen, die eine sachgerechte Prüfung eines Anspruches auf Leistungen der Sozialhilfe ermöglichen würden. Aus welchen Gründen der Kläger nicht von der ihm mit Gerichtsschreiben vom 28.03.2018 eingeräumten Gelegenheit zur Konkretisierung seines Klagebegehrens Gebrauch gemacht hat, bleibt unerschlossen.
Somit erschöpft sich der einzig erkennbare Zweck (auch) dieses Verfahrens darin, den Beklagten und das Gericht zu beschäftigen. Verbindendes Element der Verfahren ist, dass der Kläger einstweilige Rechtsschutzanträge stellt und Klagen erhebt, sich dann aber im Weiteren - regelmäßig unter Verweis auf seinen nicht näher spezifizierten, gesundheitlichen Zustand oder die für sich in Anspruch genommene Überlastung - jeglicher weiteren Mitwirkung enthält (vereinzelt unter Verweis auf die Amtsermittlungspflicht). Der Kläger möchte jedoch weder die Hilfe eines Betreuers, noch auf die Hilfe eines Vertreters für ein Verwaltungsverfahren, gemäß § 15 SGB X, zurückgreifen. Auf wiederholte, letztlich auch seinen Interessen dienende, Gerichtsschreiben reagiert der Kläger regelmäßig nicht. In der Gesamtbewertung wird das Sozialgericht in unlauterer Weise mit einem erneuten Verfahren überzogen und das Gericht unnütz bemüht (vgl. hierzu auch MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 253, Rn. 11 und 12).
Weiterhin ist die Klage unzulässig, weil es dem Gericht (wiederum) nicht möglich war, zu bestimmen, was der Kläger genau will und welche konkrete, näher bestimmte Leistung er warum begehrt (vgl. MKLS/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG, § 92 Rn. 8).
Grundsätzlich entscheidet das Gericht gemäß § 123 SGG über die vom Antragssteller erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung eines Antrags gebunden zu sein. Unklare Anträge sind nach dem sogenannten "Meistbegünstigungsprinzip" unabhängig vom Wortlaut, unter Berücksichtigung des wirklichen Willens, so auszulegen, dass das Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Dabei orientiert sich das Gericht grundsätzlich daran, was nach dem antragstellenden Vorbringen begehrt wird, soweit vernünftige Klagende mutmaßlich ihren Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würden und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (vgl. hierzu bspw. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R, Rn. 11). Zudem ist das Gericht gehalten, bei unklaren Anträgen mit den Beteiligten zu klären, was gewollt ist und darauf hinzuwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1 SGG).
Auch unter Beachtung dieser Grundsätze war es dem Gericht nicht möglich, ein Begehren des Klägers herauszuarbeiten. Im Telefax des Klägers vom 09.02.2018 an den Beklagten bringt der Kläger lediglich das Anliegen einer "schriftlichen Beratung" vor. Zu welchen sachlichen Begehren, welcher Leistung oder ggf. welchen Leistungsmodalitäten eine Beratung gewünscht wird bleibt aber vollkommen im Dunkeln. Die weiteren Ausführungen des Klägers erschöpfen sich darin, auf seine Überlastung, auch in Bezug auf die Abwicklung des notwendigen Schriftverkehrs, hinzuweisen. Angebote, wie das des Beklagten, den Hilfebedarf in einem persönlichen Gespräch zu ermitteln, nahm der Kläger - ohne Begründung - nicht wahr. Ebenso antwortete der Kläger nicht auf das gerichtliche Schreiben vom 28.03.2018. Was der Kläger demnach mit der nun vorliegenden Klage begehrt, weiß das Gericht ohne Mitwirkung des Klägers schlichtweg nicht.
Soweit man demgegenüber der Ansicht ist, das pauschale Begehren einer "schriftlichen Beratung", zu einem nicht näher spezifizierbaren Anliegen, sei hinreichend bestimmt, so ist die Klage in dieser Hinsicht jedenfalls unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf (weitere) schriftliche Beratung besteht nicht.
Grundsätzlich sehen §§ 14 SGB X, 11 Abs. 1, 2 SGB XII eine Beratungspflicht des Sozialhilfeträgers vor. Der Sozialhilfeträger hat über die Form der Beratung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Im Regelfall wird hierbei ein schriftliches Beratungsersuchen schriftlich zu beantworten sein (Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 11/18, § 11 SGB XII, Rn. 15). Eine sinnhafte, zielgerichtete Beratung erfordert allerdings ein Mindestmaß an aktiver Mithilfe des Beratungs- und Hilfesuchenden. Missbräuchlichen Ersuchen darf (auch) der Sozialhilfeträger mit dem aus § 242 BGB ableitbaren Einwand unzulässiger Rechtsausübung begegnen (Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 11/18, § 11 SGB XII, Rn. 9).
Im konkreten Fall wurde im Rahmen der Vielzahl von angestrengten Verfahren immer wieder zu verschiedenen Fragen des Klägers schriftlich Stellung genommen. Eine letztliche Klärung, welches Begehren der Kläger verfolgt, bzw. welcher Beratungsbedarf über die Fragen, die bereits Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen waren, hinaus besteht, konnte nicht herbeigeführt werden. Zudem bringt der Kläger selbst immer wieder vor, er sei gerade mit der Abwicklung des anfallenden Schriftverkehrs überfordert. Vor diesem Hintergrund ist die Ausübung des vom Gesetz eingeräumten Ermessens dahingehend, keine (weitere) schriftliche Beratung wiederholender Art und Weise, bzw. "ins Blaue hinein", zu erbringen - sondern eine mündliche Beratung ggf. auch im Rahmen eines Hausbesuchs anzubieten - nicht zu beanstanden. Von einer Ermessensreduzierung auf null kann keine Rede sein.
Ebenfalls unbegründet ist die Klage, soweit man in ihr das bestimmbare Begehren nach einer "Deckung des Bedarfes" sehen möchte. Eine (sozialhilferechtliche) Leistungsberechtigung ist, in Ermangelung jeglichen substantiierten Vortrages hierzu, nicht nachgewiesen.
Da sich schließlich der Wert der Beschwer des Klägers, weder durch Auslegung nach den Regeln des Meistbegünstigungsprinzips noch durch Nachfrage, ermitteln lies, geht dies nach den Regeln der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers (vgl. Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 144 SGG (Stand: 28.08.2020), Rn. 22). Der Ausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Nr. SGG greift und es ist nur die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 SGG gegen die vorliegende Entscheidung statthaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.