L 4 KR 1217/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3185/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1217/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus liegt auch dann vor, wenn der Versicherte unter laufender Reanimation nach Einlieferung durch den Rettungsdienst und Aufnahme auf der Intensivstation innerhalb weniger Minuten (hier: 16 Minuten nach Einlieferung, sechs Minuten nach Aufnahme auf die Intensivstation) verstirbt. In akuten Notfallsituationen wird ein ansonsten erforderlicher Behandlungsplan durch ein standardisiertes Verfahren ersetzt.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.382,28 € festgesetzt.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Der Kläger ist Träger des S1 Klinikums in P1 (im Folgenden: Krankenhaus), das durch Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg nach § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen ist.

Der 1952 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte N1 (im Folgenden: Versicherter) rief am 26. September 2018 aufgrund massiver Atemnot den Rettungsdienst. Beim Eintreffen des Rettungsdienstes und der Notärztin um 21:00 Uhr war eine röchelnde Atmung mit schwachem Puls festzustellen, an der Monitorüberwachung zeigte sich nach kurzer Zeit eine pulslose elektrische Aktivität (PEA), die in eine Asystolie mündete. Durch die Besatzung des Rettungswagens wurde um 21:05 Uhr eine kardio-pulmonale Reanimation eingeleitet. Die Notärztin intubierte den Versicherten, verabreichte einen Vasopressor und leitete um 21:35 Uhr die Lysetherapie ein. Der Versicherte wurde um 22:18 Uhr durch den Rettungsdienst an das Krankenhaus übergeben und dort unter laufender Reanimation auf die Intensivstation verbracht, wo er um 22:28 Uhr aufgenommen wurde. Auf der Intensivstation wurde die Reanimation fortgeführt, ein Elektrokardiogramm (EKG), eine Blutgasanalyse sowie eine Echokardiographie durchgeführt. In der Rhythmuskontrolle zeigte sich weiterhin eine Asystolie, echokardiographisch bestand keinerlei Myokardaktivität. Aufgrund der Ergebnisse der Blutgasanalyse, der Reanimationszeit von insgesamt 90 Minuten und der fehlenden Myokardaktivität wurde die Reanimation schließlich beendet. Ein ROSC (return of spontaneous circulation) war während der Reanimation zu keinem Zeitpunkt festzustellen. Um 22:34 Uhr wurde der Tod des Versicherten festgestellt.

Der Kläger rechnete am 6. November 2018 auf Basis der DRG E64A (Respiratorische Insuffizienz, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC oder Lungenembolie; 3.632,73 €) gegenüber der Beklagten unter Berücksichtigung eines FPG Abschlags bei GVD-Unterschreitung
(- 2.320,54 €) einen Betrag von insgesamt 1.382,28 € ab. Wegen der Rechnungspositionen im Einzelnen wird auf die Schlussrechnung vom 6. November 2018 (Bl. 13 der SG–Akte) Bezug genommen. Die Beklagte beglich die Rechnung über den stationären Aufenthalt nicht und begründete ihre Zahlungsverweigerung damit, dass keine stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten stattgefunden habe. Der Kläger sei auf die Möglichkeit einer vorstationären Abrechnung der Behandlung zu verweisen.

Am 30. September 2019 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage auf Zahlung von 1.382,28 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Dezember 2018. Zwar habe der Versicherte infolge seines Todes nicht einen ganzen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbracht und sei auf den ersten Blick nicht vollständig in den Krankenhausbetrieb eingegliedert gewesen. Hieraus könne aber nicht auf eine ambulante Behandlung geschlossen werden. Der Versicherte sei notfallmäßig in intubiertem und reanimationspflichtigem Zustand auf der Intensivstation des Krankenhauses aufgenommen worden, so dass die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung außer Frage stehe. Das ärztliche und weitere medizinische Personal der Intensivstation habe die Reanimation übernommen und fortgeführt. Parallel seien weitere diagnostische Maßnahmen, wie das Schreiben eines EKGs sowie eine Blutgasanalyse, durchgeführt worden. Der Aufenthalt auf der Intensivstation stelle die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar. Eine Abrechnung der Behandlung über das vertragsärztliche Abrechnungsregime als vorstationäre Behandlung sei nicht möglich, da kein Fall der regulären vertragsärztlichen Versorgung vorliege. Der Versicherte sei auf der Intensivstation behandelt worden, die nicht Teil der vertragsärztlichen Notfallversorgung sei. Er sei notfallmäßig in Begleitung eines Notarztes aufgenommen worden. Die Aufnahme des Versicherten habe auch nicht der Abklärung gedient, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig sei. Mit weiteren Einwänden sei die Beklagte ausgeschlossen, da sie nicht innerhalb der Sechs–Wochen–Frist den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Überprüfung des Falls beauftragt habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Krankenhausaufenthalt umfasse nach den gemeldeten Daten sechs Minuten. Bei Fällen mit kurzer Aufenthaltsdauer komme es darauf an, was aus der ex-ante-Sicht seitens der behandelnden Ärzte geplant gewesen sei. Damit von einer stationären Behandlung ausgegangen werden könne, müsse nach dem Behandlungsplan des aufnehmenden Krankenhausarztes eine Tag- und Nachtleistung geplant sein. Zu einer Aufnahmeentscheidung sei es nicht mehr gekommen. Reanimationsmaßnahmen in der Notaufnahme genügten nicht, um eine vollstationäre Behandlung zu begründen. Eine Integration in den Krankenhausbetrieb erfolge hierdurch nicht. Dass der Versicherte auf der Intensivstation behandelt worden sei, sei aufgrund des dargestellten zeitlichen Ablaufs nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Unabhängig davon führe aber auch eine Behandlung auf der Intensivstation nicht unmittelbar zu der Annahme, es liege eine stationäre Krankenhausbehandlung vor.


Mit Urteil vom 14. Februar 2020 verurteilte das SG die Beklagte, an den Kläger 1.382,28 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Dezember 2018 zu zahlen. Es habe eine „Aufnahme“ zu einer vollstationären Behandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V; sog. „abgebrochene" stationäre Behandlung) vorgelegen. Bei der hier zu beurteilenden Notfallaufnahme sei dies mit der Einlieferung durch den Rettungsdienst der Fall, d.h., sobald der Versicherte in das Krankenhaus hineinverbracht und vom Krankenhauspersonal übernommen worden sei, ohne dass es eines gesonderten von der „eigentlichen" Krankenhausbehandlung zu unterscheidenden Zwischenschrittes zur spezifischen Untersuchung und Beurteilung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit bedürfe. Ob tatsächlich eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich gewesen wäre oder nicht, sei für die Frage der Aufnahme ohne Belang. Die Aufnahme sei vollstationär erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, unter Verweis auf Urteil vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R –) könne bei bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung nur vom Merkmal der (geplanten) Aufenthaltsdauer ausgegangen werden. Der hier vorliegenden Patientenakte könne ein geplantes Entlassdatum nicht entnommen werden, es sei jedoch offensichtlich, dass bei einer Lungenembolie und erfolgter Wiederbelebung eine längere stationäre Verweildauer erforderlich sei. Für reanimationspflichtige Notfallpatienten stehe von vornherein fest, dass nur eine stationäre Behandlung in Frage komme; eine vorstationäre Behandlung scheide aus. Die Aufnahmeentscheidung sei auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans nach außen vorliegend durch die Einweisung auf die Intensivstation dokumentiert worden. Dass der Versicherte bereits nach wenigen Minuten Aufenthaltsdauer im Krankenhaus verstorben sei, spreche nicht gegen eine stationäre Aufnahme; denn es sei darauf abzustellen, ob die Aufnahme eine Behandlung, die sich über einen Tag und eine Nacht hinweg erstrecke, zum Ziel gehabt habe. In welchem Umfang die spezifische Einrichtung des Krankenhauses während des Aufenthalts tatsächlich in Anspruch genommen werde, könne allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein. Eine ambulante oder auch nur teilstationäre Behandlung stelle im gegebenen Fall keine Alternative dar. Der Versicherte habe nicht in eine Notfallambulanz, sondern auf die Intensivstation gehört. Werde, wie hier, ein Patient vom Notarzt mit einer Lungenembolie und Rechtsherzversagen in ein Krankenhaus eingeliefert, liege die vollstationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit auf der Hand. Wäre der Versicherte gerettet worden, hätte sich eine mehrtägige kardiologische und pulmonale Behandlung angeschlossen. Bei Herz- und Lungenerkrankungen stehe grundsätzlich der Einsatz krankenhausspezifischer Geräte im Vordergrund und der Einsatz von Ärzten, Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Medikation rechtfertige die Notwendigkeit einer stationären Behandlung. Bei dem Versicherten seien diagnostische Maßnahmen (EKG, Blutgasanalyse) vorgenommen worden. Mit der Reanimation habe auch eine therapeutische Maßnahme auf der Intensivstation stattgefunden. Bis zur Feststellung des Todes des Versicherten seien die Ärzte des Krankenhauses zur Behandlung unter Ausschöpfung aller vollstationären Therapieoptionen verpflichtet gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Krankenhaus zugrunde gelegten Haupt- und Nebendiagnosen und die sich hieraus ergebende DRG nicht korrekt gewesen wären, ergäben sich nicht und seien auch nicht vorgetragen worden. Darüber hinaus sei die gerichtliche Amtsermittlungspflicht dadurch begrenzt, dass die Beklagte nicht innerhalb der sechswöchigen Frist den MDK mit einer Prüfung des Falles beauftragt habe.

Gegen das ihr am 26. Februar 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. März 2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor, der Versicherte sei bereits mit Herzstillstand aufgefunden und unter laufenden Reanimationsmaßnahmen vom Rettungswagen in die Notaufnahme des Krankenhauses gebracht worden. Es gehe hier nicht um die Prüfung der späteren Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit. Diese sei unstreitig. Es gehe um die fehlende Aufnahmeentscheidung. Erst nach erfolgreicher Reanimation und Stabilisierung wäre diese Entscheidung über die folgende stationäre Behandlung denklogisch überhaupt möglich gewesen. In der bestehenden Konstellation seien alle Beteiligten ausschließlich damit beschäftigt gewesen, den Patienten zu stabilisieren und zu reanimieren, ohne dass er hierdurch über die Notaufnahme hinaus in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert worden sei. Folgte man der Auflassung des SG, würde jeder Patient, der die Schwelle der Krankenhaustür überschreite, eine vollstationäre Behandlung erfordern und erhalten. Vorliegend sei eine Behandlung im Notfallbereich des Krankenhauses erfolgt. Es werde bestritten, dass der Versicherte sich überhaupt auf der bettenführenden Intensivstation aufgehalten habe. Aufgrund der Dauer von sechs Minuten, könne der Versicherte allenfalls im Schockraum, der nicht Teil der stationären Versorgung, sondern der Notaufnahme sei, behandelt worden sein. Auch eine Behandlung auf der Intensivstation rechtfertigte nicht unmittelbar die Annahme, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung vorliege. Der Auffassung des SG, dass es unerheblich sei, in welchem Umfang die spezifischen Einrichtungen des Krankenhauses während des Aufenthaltes tatsächlich in Anspruch genommen worden seien, könne nicht gefolgt werden. Auch wenn es sich bei den Reanimationsmaßnahmen, der weiteren Beatmung und dem EKG um die Nutzung von Einrichtungen eines Krankenhauses handelte, seien diese nicht spezifisch. Die Reanimationsmaßnahmen, Monitoring, Intubation und Lyse seien zuvor auch schon im Rettungswagen über einen Zeitraum von 90 Minuten durchgeführt worden. Nur durch den Umstand, dass Krankenhausärzte die Behandlung übernommen hätten, werde die Reanimation nicht zu einer „krankenhausspezifischen". Es sei auch nicht erkennbar, welche Ärzte des Krankenhauses die weitere Reanimation etc. übernommen hätten. Die Maßnahmen und insbesondere der Abbruch der Reanimation seien auf dem Rettungsdienstprotokoll dokumentiert. Hier sei unter Ergebnis der Reanimation vermerkt, „niemals ROSC". Dies bedeute, dass der Versicherte im gesamten Zeitraum von 90 Minuten keine eigene Herzaktivität mehr gehabt habe, was bereits die Entscheidung, den Versicherten noch ins Krankenhaus zu transportieren, hinterfragen lasse. Die Akte enthalte keine relevante Dokumentation von intensivmedizinischen Maßnahmen der Intensivstation. Die Blutgasanalyse sei um 22:33 Uhr vorgenommen und um 22:34 Uhr – also zum festgestellten Todeszeitpunkt – gedruckt worden. Der Befund sei nicht mehr relevant für irgendwelche Entscheidungen außer der Feststellung des Todes gewesen. Die Intensivkurve sei so gut wie leer und bestätige, dass relevante Maßnahmen dort nicht mehr durchgeführt worden seien. Die Dokumentation auf den klinikeigenen Formularen beinhalte nur das Vorgehen vor Ankunft in der Klinik, gerade weil das Krankenhaus selbst nicht mehr habe „behandeln" können. Die Entscheidung des Krankenhauses habe sich aufgrund der bereits von der Notärztin durchgeführten 90-minütigen Reanimation drauf beschränkt, diese unmittelbar abzubrechen. Es handle sich hier um einen außerhalb des Krankenhauses stattfindenden Notfalleinsatz und trotz der lebensbedrohlichen Lage nicht um einen stationären Krankenhausaufenthalt. Unmittelbar bei Ankunft des Patienten habe festgestanden, dass diese nicht mehr möglich sein werde und damit nicht mehr notwendig gewesen sei. Auch aus dem Urteil des BSG vom 29. August 2023 (B 1 KR 15/22 R) ergebe sich nichts anderes. Der sechsminütige Aufwand einer Reanimation könne nicht mit einer intensivmedizinischen Behandlung durch ein multiprofessionelles Team gleichgestellt werden. Regelmäßig werde der Tod erst im Krankenhaus festgestellt und dort der Totenschein ausgestellt. Der Rettungsdienst könne nicht gegenüber der Krankenkasse abrechnen, wenn er keinen lebenden Patienten ins Krankenhaus bringe. Ein toter Patient erfordere außerdem einen erheblichen hygienischen Anschlussaufwand. Diese Situationen würden üblicherweise durch den Transport ins Krankenhaus und dortige Feststellung des Todes nach kurzen Reanimationsversuchen beendet. Sie gehe schließlich nicht von einer vorstationären Behandlung aus, habe aber angeboten, den Aufwand entsprechend abzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag vor, der Behauptung, relevante Maßnahmen seien lediglich vom Rettungsdienst und der Notärztin durchgeführt worden, sei zu widersprechen. Es seien relevante Maßnahmen auf der Intensivstation des Krankenhauses durchgeführt worden. Neben der fortgesetzten Reanimation seien auf der Intensivstation zur weiteren Abklärung und Einschätzung der Situation eine Echokardiographie und eine Blutgasanalyse durchgeführt worden. Dies sei ebenso wie die behandelnden Ärzte im Entlassbrief dokumentiert. Die Übergabe sei bereits um 22:18 Uhr und damit durchaus einige Zeit vor Abbruch der Reanimationsbemühungen um 22:34 Uhr erfolgt. Der Hinweis der Beklagten, dass es sich hier um einen außerhalb des Krankenhauses stattfindenden Notfalleinsatz gehandelt hätte, entbehre jeglicher Grundlage. Irrelevant sei die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Entscheidung der Besatzung des Rettungsdienstes und der Notärztin richtig gewesen sei, den Versicherten zu behandeln, in das Krankenhaus des Klägers zu verbringen und an die dortigen Ärzte zur weiteren Behandlung zu übergeben. Relevant sei ausschließlich, ob die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen durch die Ärzte und das Personal des Krankenhauses sowie die Inanspruchnahme der dortigen vorgehaltenen Ressourcen eine stationäre Behandlung darstellten. Bei Einweisung durch einen Notarzt des Rettungsdienstes liege in der Regel ein Fall notwendiger vollstationärer Krankenhausbehandlung vor. Nach dem geltenden DRG-System sei der tatsächlich betriebene Aufwand völlig irrelevant für die Frage der Einordnung als ambulante oder stationäre Leistung eines Krankenhauses. Soweit die Beklagte vortrage, der Befund der Blutgasanalyse sei nur noch für die Feststellung des Todes entscheidend gewesen, da diese um 22:33 Uhr durchgeführt und um 22:34 Uhr (zum Todeszeitpunkt) ausgedruckt worden sei, verkenne sie, dass es sich bei der Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes um eine ganz wesentliche Entscheidung handle. Der Vorwurf an das Krankenhaus, unnötige Maßnahmen ergriffen zu haben, entbehre angesichts der prekären lebensbedrohenden Situation des Versicherten jeglicher Grundlage. Eine unumkehrbare Entscheidung, wie der Abbruch von Reanimationsmaßnahmen, ergehe auf Grundlage der Auswertung von medizinischen Untersuchungen. Der Zeitpunkt des Ausdrucks sei dabei ohne jegliche Bedeutung. Nach aktueller Rechtsprechung des BSG (unter Verweis auf Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R –) liege eine stationäre Notfallbehandlung im Krankenhaus schon dann vor, wenn die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen den intensiven Einsatz von sächlichen und personellen Ressourcen erforderten, wie sie regelmäßig bei der Behandlung in einem Schockraum oder auf einer Schlaganfallstation zum Einsatz kommen. Der Versicherte sei im Zustand hämodynamischer Instabilität, bei Bewusstlosigkeit und ohne Kreislauf und bei laufender Reanimation eingeliefert worden, was bereits eine Intensivindikation darstelle. Bei eingeleiteter Lysetherapie sei nach der Reanimationsleitlinie des Deutschen Rats für Wiederbelebung eine Reanimation bis zu 90 Minuten fortzuführen. Auch dies sei leitliniengerecht erfolgt. Bei einer Reanimation würden personelle Ressourcen in höchstem Maße erfordert, so seien in der Regel mindestens zwei Ärzte und vier Pflegekräfte an einer Reanimation beteiligt. Der kombinierte Einsatz des EKG, der Blutgasanalyse und der maschinellen Beatmung sei nicht in gleicher Weise im ambulanten Setting erbringbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Patientenakte des Klägers, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei Berufungseinlegung betrug 1.382,28 € und damit mehr als 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

2. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 1.382,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. Dezember 2018 für eine stationäre Behandlung des Versicherten am 26. September 2018.

3. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 1.382,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. Dezember 2018 aufgrund stationärer Krankenhausbehandlung zu zahlen.

a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 29. Juni 2023 – B 1 KR 20/22 R – juris, Rn. 15 m.w.N.; Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 19/19 R – juris, Rn. 8 m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 253 Rn. 132 m.w.N.).

b) Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.382,28 € nebst Zinsen für die Krankenhausbehandlung des Versicherten am 26. September 2018 zu.

aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2018 (Fallpauschalenvereinbarung 2018 [FPV 2018]) i.V.m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i.V.m. dem Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg.

Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 1 KR 22/18 R – juris, Rn. 11; Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 19/19 R – juris, Rn. 10; Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 2/18 R – juris Rn. 9; Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 8 und – B 1 KR 26/13 R – juris, Rn. 8). Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Eine Definition des Begriffs „stationäre Krankenhausbehandlung“ findet sich damit nicht, sondern nur eine Leistungsumschreibung (BSG, Urteil vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R – juris, Rn. 19)

bb) Der Versicherte wurde am 26. September 2018 im Krankenhaus des Klägers aufgenommen und – wie abgerechnet – vollstationär behandelt.

(a) Der Beginn der vollstationären Behandlung Versicherter setzt deren vorherige Aufnahme in das Krankenhaus voraus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V sowie den Gesetzesmaterialien zu § 39 SGB V (vgl. BT–Drucks 12/3608, Seite 82) und entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG. Als Aufnahme wird die organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses verstanden. Von einer vollstationären Krankenhausbehandlung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll. Maßgeblich ist hierbei nicht die tatsächliche Behandlungsdauer im Krankenhaus, sondern die zur Zeit der Aufnahmeentscheidung auf Grundlage des hierbei getroffenen Behandlungsplans prognostizierte. Eine einmal auf Grundlage der Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes erfolgte physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Krankenhausversorgungssystem kann grundsätzlich nicht rückwirkend entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 11/20 R – juris, Rn. 11; BSG, Urteil vom 19. September 2013 – B 3 KR 34/12 R – juris, Rn. 13). Die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans wird nach außen regelmäßig durch die Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes oder das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen und Ähnliches dokumentiert (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 11/20 R – juris, Rn. 12). Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung im Krankenhaus getroffen, kann im Einzelfall bei medizinischer Notwendigkeit aber auch noch später erfolgen (BSG, Urteil vom 19. September 2013 – B 3 KR 34/12 R – juris, Rn. 15). Die Aufnahmeentscheidung muss dabei weder ausdrücklich erklärt noch förmlich festgehalten werden. Dies gilt insbesondere bei Notfallbehandlungen. Ein Krankenhaus behandelt auch nicht deshalb bereits zwingend stationär, weil es den Patienten parallel zur Aufnahmeuntersuchung notfallmäßig mitbehandeln muss (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 11/20 R – juris, Rn. 14). Dies gilt auch dann, wenn von Beginn an kein ernsthafter Zweifel daran bestehen kann, dass der Notfallpatient überhaupt einer stationären Behandlung bedarf. Die einer Aufnahme in die stationäre Behandlung vorausgehende Aufnahmeuntersuchung dient der Klärung, ob eine Aufnahme des Versicherten gerade in dieses Krankenhaus erforderlich ist. Die hierzu vorgenommenen Untersuchungen begründen nicht zwingend bereits selbst die Aufnahme in das Krankenhaus. Dies folgt aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der anordnet, dass der Versicherte „nach Prüfung durch das Krankenhaus" aufzunehmen ist. Die Diagnostik ist nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V im Regelfall zunächst nur Teil der Prüfung der Aufnahme. Ergibt sich nach der Aufnahmeuntersuchung, dass eine Verweisung des Versicherten an ein anderes Krankenhaus oder die ambulante Weiterbehandlung medizinisch erforderlich und ausreichend ist, liegt keine stationäre Behandlung vor. Das Krankenhaus muss den Versicherten vielmehr umgehend einem anderen geeigneten Krankenhaus zur stationären Behandlung zuweisen, wenn sein eigener Versorgungsauftrag die erforderliche Behandlung des Versicherten nicht umfasst, oder es trotz Versorgungsauftrags tatsächlich nicht dazu in der Lage ist und ein geeignetes Krankenhaus in zumutbarer Zeit erreichbar ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein Versicherter als Notfall mit einem Rettungswagen durch einen Notarzt in ein Krankenhaus eingeliefert wird (BSG, Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 16).

Mit Urteil vom 29. August 2023 (B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 17 ff.) hat das BSG die enge Auslegung des § 39 SGB V, wonach eine stationäre Aufnahme selbst dann zu verneinen und grundsätzlich eine ambulante Notfallbehandlung anzunehmen sei, wenn die parallel zur Aufnahmediagnostik stattfindende Notfallbehandlung die personellen und sächlichen Ressourcen des Krankenhauses in hohem Maße beansprucht (so noch zur Behandlung im „Schockraum“ BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 11/20 R – juris, Rn. 17) aufgegeben. Es lässt nunmehr für eine konkludente stationäre Aufnahme auch eine kurzzeitige Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus bei zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus ausreichen. Die konkludente stationäre Aufnahme eines Versicherten liegt bei seiner kurzzeitigen Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus und nachfolgender zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus dann vor, wenn der Einsatz der krankenhausspezifischen personellen und sächlichen Ressourcen im erstangegangenen Krankenhaus eine hohe Intensität aufweist bzw. damit zu rechnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 20). Für die rechtliche Qualifizierung eines kurzzeitigen, aber intensiven Mitteleinsatzes als vollstationäre Behandlung ist es deshalb unerheblich, dass die Diagnostik auch der Feststellung dient, ob das Krankenhaus in der Lage ist, selbst die kurative Behandlung einzuleiten oder fortzusetzen. Unerheblich ist auch, ob einzelne Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen im EBM-Ä abbildbar sind (BSG, a.a.O., Rn. 18). Die Unterscheidung von ambulanter und kurzzeitiger stationärer Notfallbehandlung folgt nach der Rechtsprechung des BSG aus Regelungssystematik und -zweck des § 39 Abs. 1 i.V.m. § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V. Ein Versicherter hat immer schon dann Anspruch auf eine stationäre Behandlung durch das ihn zuerst aufnehmende Krankenhaus (und dieses dann auch einen entsprechenden Vergütungsanspruch), wenn sein gesundheitlicher Zustand die sofortige Erbringung stationärer Leistungen gebietet. Dieser Anspruch hängt nicht von der ernsthaften Möglichkeit ab, dass das Krankenhaus die begonnene stationäre Behandlung alsbald abbrechen und den Versicherten verlegen muss (BSG, a.a.O., Rn. 19). Die Krankenhausbehandlung als ressourcenintensivste Form der Krankenbehandlung setzt einerseits das Vorhalten dieser Ressourcen voraus, wie § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V belegt. Andererseits müssen diese Ressourcen auch zum Einsatz gelangen oder ihr Einsatz sich zumindest aus einem Behandlungsplan ergeben, damit eine Krankenhausbehandlung vorliegt. Dies ist bei generalisierender Betrachtung dann der Fall, wenn der Versicherte mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll. Ist die im Rahmen der Aufnahme zu erwartende Verweildauer deutlich kürzer, muss sich der in dieser kurzen Zeit tatsächlich durchgeführte oder zumindest geplante Mitteleinsatz entsprechend verdichten (BSG, a.a.O., Rn. 20). Die hohe Intensität kann sich auch aus dem Einsatz verschiedener und in ihrem engen zeitlichen und örtlichen Verbund nur stationär verfügbarer diagnostischer Maßnahmen ergeben. Dies setzt personelle und sächliche Ressourcen voraus, die ambulant nicht in gleicher Weise regelhaft verfügbar sind, wie sie insbesondere bei der Behandlung in einem Schockraum zum Einsatz kommen können. Dies setzt aber voraus, dass ein multidisziplinäres Team tatsächlich zusammenkommt und die dort vorhandenen besonderen apparativen Mittel auch in erheblichem Umfang einsetzt (BSG, a.a.O., Rn. 21).

(b) Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze wurde der Versicherte im klägerischen Krankenhaus aufgenommen und stationär behandelt. Mit seiner sofortigen Verbringung auf die Intensivstation, der Fortführung der durch die Notärztin eingeleiteten Reanimationsmaßnahmen und der Einleitung schnell aufeinander folgender Untersuchungen (Blutgasanalyse, EKG, Echokardiographie) erfolgte jedenfalls eine konkludente Aufnahme in die stationäre Behandlung. Die Einlieferung des Versicherten im Krankenhaus erfolgte um 22:18 Uhr. Dies entnimmt der Senat dem Notfallprotokoll (Bl. 7 der Patientenakte), in dem als Zeitpunkt der „Übergabe Patient“ durch den Rettungsdienst 22:18 Uhr festgehalten ist. Der Versicherte wurde dann um 22:28 Uhr auf der Intensivstation aufgenommen, was der Senat dem Vermerk der verantwortlichen Pflegekraft auf der Intensivkurve (Bl. 12 der Patientenakte) entnimmt. Die genannten Maßnahmen wurden nicht in der Notfallambulanz, sondern auf der Intensivstation durchgeführt. Es kann daher dahinstehen, ob die Weiterführung bereits durch den Rettungsdienst eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen in der Notfallambulanz eine stationäre Aufnahme begründen könnte, da der Versicherte nach der vorliegenden Dokumentation auf die Intensivstation verbracht wurde, was bei dem dokumentierten zeitlichen Ablauf und zehn Minuten zwischen „Übergabe“ des Versicherten durch den Rettungsdienst an das Krankenhaus und Aufnahme auf der Intensivstation ohne weiteres möglich war. Soweit die Beklagte entgegen der eindeutigen Dokumentation die Verlegung auf die Intensivstation anzweifelt, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Die Aufnahmeentscheidung – auf der Basis eines jedenfalls kurzfristigen Behandlungsplans – wurde damit vorliegend durch die Verlegung auf die Intensivstation begründet. Ein umfangreicher Behandlungsplan konnte aufgrund des Zeitdrucks bei konkret lebensbedrohlicher Situation ersichtlich nicht erstellt werden. In akuten Notfallsituationen wird der Behandlungsplan aber durch ein standardisiertes Verfahren (SOP) ersetzt (vgl. Makoski, jurisPR-MedizinR 2/2024 Anm. 1).

Wird ein Versicherter – wie hier – in einem akut lebensbedrohlichen Zustand in eine eigens für solche Fälle vorgehaltene Intensivstation eingeliefert, ist in der Regel von einer vollstationären Behandlung auszugehen. Der durch das BSG (Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 21) für die Annahme einer stationären Notfallbehandlung geforderte intensive Einsatz sächlicher und personeller Ressourcen für diagnostische und therapeutische Maßnahmen, wird bei Behandlungen auf einer Intensivstation regelmäßig gegeben sein. Intensivstationen unterscheiden sich von anderen Einheiten im Krankenhaus durch die Verwendung vielfältiger technischer Apparate und durch den Einsatz von mehr Personal; dies gilt sowohl für Ärzte als auch für weiteres Pflegepersonal (vgl. hierzu und im Folgenden: BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R – juris, Rn. 18 f.). Sie werden in Anspruch genommen beim Verdacht auf akut lebensbedrohliche Erkrankungen und bieten ein Höchstmaß an Behandlungsintensität; häufig erfolgt auch ein temporärer maschineller Ersatz gestörter oder ausgefallener Organfunktionen. Kranke jeden Alters werden auf solchen Intensivstationen betreut, wenn ihre Erkrankung oder ihr Zustand eine besonders intensive Überwachungs- und/oder Behandlungsmethode erfordern. Häufige Indikationen zur intensivmedizinischen Behandlung sind u.a. Schockzustände, Herzinfarkt und bedrohliche Herzrhythmusstörungen; Ziel der Behandlung ist der Bann einer akuten Lebensgefahr und die Wiederherstellung der Funktion lebenswichtiger Organsysteme. Intensivmedizin ist Behandlung, Überwachung und Pflege von Patienten, bei denen die für das Leben notwendigen sog. vitalen oder elementaren Funktionen von Atmung, Kreislauf, Homöostase und Stoffwechsel lebensgefährlich bedroht oder gestört sind, mit dem Ziel, diese Funktionen zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen, um Zeit für die Behandlung des Grundleidens zu gewinnen. Die Zahl der betreuten Patienten auf der Intensivstation ist deutlich geringer als auf normalen Krankenstationen, weil das Pflegepersonal die Körperfunktionen ihrer Patienten wesentlich umfangreicher beobachten und überwachen muss. Die apparative Versorgung ist vielfältiger und umfasst neben den Geräten zur kontinuierlichen Kontrolle von EKG, Blutdruck, Körpertemperatur und anderen Vitalparametern meist zusätzliche Spezialapparaturen – etwa Beatmungsgeräte, elektronisch gesteuerte Medikamentenpumpen, Beobachtungsmonitore oder Dialysegeräte, die alle – abhängig vom jeweiligen Krankheitsbild – in unmittelbarer Nähe zum Patientenbett vorhanden sein müssen. Auch die ärztliche Tätigkeit ist intensiver als auf anderen Stationen; der Arzt muss bei auftretenden Krisen unmittelbar eingreifen, entsprechende Notfallkompetenz besitzen und die Intensivapparatur zielgerecht einsetzen können. Der Aufenthalt auf einer Intensivstation stellt deshalb die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar (BSG, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall wurden die auf der Intensivstation vorgehaltenen Mittel auch tatsächlich benötigt und genutzt. Die präklinisch eingeleitete Reanimation bei Asystolie und hochgradigem Verdacht auf Lungenarterienembolie wurde auf der Intensivstation zunächst fortgeführt. Neben dieser therapeutischen Maßnahme wurden diagnostische Maßnahmen eingeleitet, eine Blutgasanalyse, eine Echokardiographie und ein EKG durchgeführt. Dies entnimmt der Senat den Angaben im vorläufigen Entlassungsbrief vom 26. September 2018 (Bl. 2 der Patientenakte), dem Ausdruck über die um 22:33 Uhr durchgeführte Blutgasanalyse (Bl. 10 der Patientenakte) sowie den Ausdrucken über die um 22:32 Uhr durchgeführte Echokardiographie (Bl. 11 der Patientenakte). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Intensivkurve (Bl. 12 der Patientenakte) sowie dem Entlassungsbrief auch der verantwortliche Arzt (Assistenzarzt E1) zu entnehmen. Die durchgeführten diagnostischen Maßnahmen erforderten einen intensiven Einsatz der spezifischen Mittel des Krankenhauses. Zwar war die Reanimationsmaßnahme durch Beginn der Herzdruckmassage und der Beatmung, Intubation und Lyse-Therapie bereits durch die Notärztin und die RTW-Besatzung eingeleitet worden, was den Notfallprotokollen (Bl. 6 und 7 der Patientenakte) zu entnehmen ist, gleichwohl gehen die durchgeführten Maßnahmen weit über eine ambulante Versorgung hinaus. Bei Übergabe des Versicherten an das Krankenhaus um 22:18 Uhr war eine stationäre Aufnahme und der intensive Einsatz krankenhausspezifischer Mittel aufgrund des akut lebensbedrohlichen Zustandes erforderlich und wurde auch eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war eine medizinische Behandlung nicht ebenso gut auch außerhalb des Krankenhauses möglich. Eine ambulante oder auch nur teilstationäre Behandlung stellte zu diesem Zeitpunkt keine Alternative dar. Wie das SG zutreffend ausführt, gehörte der Versicherte nicht in eine Notfallambulanz, sondern auf die Intensivstation. Die Zuständigkeit des ambulanten Notdienstes endet dort, wo allgemein die Zuständigkeit ambulanter Versorgung endet, namentlich wo akute Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht. Dass die Reanimationsmaßnahmen erfolglos blieben, stand zum Zeitpunkt der Aufnahme auf der Intensivstation nicht fest. Der Tod wurde erst um 22:34 Uhr nach den auf der Intensivstation durchgeführten Untersuchungen festgestellt. Solange diese Feststellung nicht getroffen worden war, waren die Ärzte des Krankenhauses zur Behandlung unter Ausschöpfung aller vollstationären Therapieoptionen verpflichtet. Soweit die Beklagte sinngemäß unterstellt, die Übergabe durch den Rettungsdienst an das Krankenhaus sei erfolgt, obwohl der Versicherte bereits tot gewesen sei, damit der Rettungsdienst den Einsatz abrechnen könne und sich hygienischen Aufwand erspare, gibt es hierfür keinerlei Anhaltspunkte. Bei dem Versicherten kam es zwar, wie dem Notfallprotokoll zu entnehmen ist, zu keinem Zeitpunkt zu einem ROSC. Nach den durch den Kläger vorgelegten Reanimations-Leitlinien 2015 des Deutschen Rats für Wiederbelebung (Seite 121 f.) wird bei Verabreichung eines Fibrinolytikums empfohlen, die Wiederbelegung über „mindestens“ 60 bis 90 Minuten fortzuführen. Dies deckt sich mit den Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) zur kardiopulmonalen Reanimation 2021 (https://leitlinien.dgk.org/files/2022_kommentar_kardiopulmonale_reanimation_druck.pdf, abgerufen am 5. März 2024), in denen empfohlen wird, eine medikamentöse Lysetherapie zu erwägen, falls eine massive Lungenembolie ursächlich für den Kreislaufstillstand angenommen bzw. verantwortlich gemacht wird. In diesem speziellen Fall sollten die ALS (Advanced Life Support)-Maßnahmen „mindestens“ 60 bis 90 Minuten fortgeführt werden, falls nicht zuvor ein ROSC erreicht wurde (Seite 26 der Leitlinie). Ausweislich des Notfallprotokolls wurde die Lyse durch die Notärztin um 21:35 Uhr eingeleitet; zum Zeitpunkt des Eintreffens im Krankenhaus um 22:18 Uhr und bei der Aufnahme in der Intensivstation um 22:28 Uhr war eine Fortführung der begonnenen Reanimationsmaßnahmen leitliniengerecht.

Für zukünftige Abrechnungen von kurzzeitigen (voll)stationären Notfallbehandlungen (mit Verlegung des Patienten in ein anderes Krankenhaus binnen weniger Stunden) weist das BSG (Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 15/22 R – juris, Rn. 26) darauf hin, dass die Vergütung unter Berücksichtigung der Änderung seiner Rechtsprechung erst dann fällig wird, wenn aus den mit der Abrechnung mitgeteilten Daten der konkrete intensive Mitteleinsatz deutlich wird. Dies erfordert nach § 301 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mehr als die bloße Kodierung von Nummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) und Diagnosen des ICD-10-GM (vgl. allgemein zur Ausgleichung des Informationsgefälles bei atypischen Lagen BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R – juris, Rn. 21), da der für eine konkludente Aufnahme in das Krankenhaus erforderliche intensive Mitteleinsatz daraus nicht ohne Weiteres ablesbar ist. Anders verhält es sich nur dann, wenn die kodierten OPS-Kodes untrennbar mit einem solchen intensiven Mitteleinsatz zumindest regelhaft verbunden sind. Ist es zu keinem intensiven Mitteleinsatz gekommen, muss der Behandlungsplan dargestellt und erläutert werden, dass er im Zeitpunkt des Behandlungsentschlusses noch Verwirklichungschancen hatte und warum es nicht zu seiner Durchführung kam. Diese Anforderungen stellt das BSG ausdrücklich erst für künftige Abrechnungen auf. Für die hier streitige Vergütung des stationären Aufenthaltes vom 26. September 2018 ist unschädlich, dass in der Schlussrechnung vom 6. November 2018 keine OPS-Kodes kodiert worden sind und sich keine erläuternden Angaben zu dem erforderlichen intensiven Mitteleinsatz finden.

cc) Die Höhe der geltend gemachten Forderung wird durch die Beklagte nicht bestritten. Der Beteiligtenvortrag genügt insoweit als ausreichende Tatsachengrundlage für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen (st. Rspr, BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 26/18 R – juris, Rn. 11 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Krankenhaus zugrunde gelegte Diagnose und die sich hieraus ergebende DRG (E64A) nicht korrekt war, ergeben sich für den Senat nicht und sind auch von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Darüber hinaus ist die gerichtliche Amtsermittlungspflicht dadurch begrenzt, dass die Beklagte den MDK nicht innerhalb der gemäß § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V (in der bis zum 10. Mai 2019 gültigen Fassung vom 23. Dezember 2016) maßgebenden sechswöchigen Frist mit einer Prüfung des Falles beauftragt hat (BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 – B 1 KR 19/21 R – juris, Rn. 34; Urteil vom 16. Mai 2012 – B 3 KR 14/11 R – juris, Rn. 25 ff.). Den Umstand, dass der Versicherte nur wenige Minuten vor seinem Versterben stationär aufgenommen war, berücksichtigte die Klägerin durch den vorgenommenen Abschlag aufgrund der Unterschreitung der Grenzverweildauer.

cc)
Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung –. Danach hat die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 30 Tagen nach Übermittlung des Rechnungssatzes zu bezahlen. Bei Überschreiten des Zahlungsziels kann das Krankenhaus ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Schlussrechnung des Klägers vom 6. November 2018 übermittelt; Verzugszinsen fallen daher ab dem 7. Dezember 2018 an.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.



 

Rechtskraft
Aus
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