L 8 R 335/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 1167/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 335/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 01.03.2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig sind im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens gem. § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) bis 3) in ihrer Tätigkeit auf Baustellen für den Kläger und die hierauf beruhende Beitragsnachforderung für die Jahre 2012 bis 2013.

Der Kläger betreibt ein Unternehmen im Baugewerbe, für das die Beigeladenen zu 1) bis 3) im streitigen Zeitraum auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen tätig wurden. Der Beigeladene zu 1) (im Folgenden: G.) war zuvor in der Zeit von Juli bis Oktober 2011 beim Kläger als Bauhelfer angestellt. Für den Beigeladenen zu 2) (im Folgenden: B.) erfolgte am 22.05.2012 rückwirkend zum 12.04.2012 eine Sofortmeldung zur Sozialversicherung durch den Steuerberater. Diese wurde mit dem Vermerk „nicht angefangen“ wieder storniert. Auch für den Beigeladenen zu 3) (im Folgenden: A.) wurde (am 05.10.2012) durch die klägerische Firma eine Sofortmeldung erstellt und mit dem gleichen Vermerk wie bei B. wieder storniert. G., B. und A. meldeten jeweils Gewerbe an und stellten dem Kläger für ihre Arbeitsleistungen Rechnungen. Für andere Firmen wurden sie im streitigen Zeitraum nicht tätig.

Veranlasst durch Ermittlungen und einen Hinweis des Hauptzollamtes (HZA) Bielefeld führte die Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Nach Anhörung mit Schreiben vom 05.11.2013 stellte sie mit Bescheid vom 26.03.2014 die Versicherungspflicht des G., des B. und des A. in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie eine hieraus resultierende Beitragsnachforderung in Höhe von 61.461,14 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 5.543,50 Euro fest.

G. unterliege im Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.12.2012 und 01.02.2013 bis 30.09.2013 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung, B. im Zeitraum vom 01.06.2012 bis 30.11.2012 und 01.02.2013 bis 31.08.2013 und A. im Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.12.2012 und 01.02.2013 bis 31.08.2013. Alle drei hätten in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden. Eine Unterscheidung in der Ausführung der Arbeiten zu Arbeitnehmern lasse sich nicht erkennen. G. sei zudem schon zuvor auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags als Bauhelfer beschäftigt gewesen. G., B. und A. hätten dem Weisungs- und Direktionsrecht des Klägers unterlegen. Spielraum für eine im Wesentlichen freie Ausgestaltung der Tätigkeit habe nicht bestanden. Mangels ausreichender Beschreibung des Gewerks sowie der handwerksrechtlichen Voraussetzungen liege eine werkvertraglich geschuldete selbstständige Tätigkeit nicht vor. Außerdem könnten keine eigene Betriebsstätte und kein Unternehmerrisiko festgestellt werden. Regelungen zur Gewährleistung seien nicht getroffen worden. Aus den sichergestellten Rechnungen würden Nettobeträge ohne tatsächlichen Bezug zur Bauleistung und zum Teil Pauschalbeträge für unbestimmte Arbeiten („Diversearbeiten“) abgerechnet. Zwei der Beigeladenen hätte eine Adresse in direkter Nachbarschaft zum Betriebssitz des Klägers angegeben, der dritte bis Ende 2012 sogar die Geschäftsadresse des Klägers selbst. Alle Rechnungen seien in gleichem Format bzw. Aufbau erstellt und teilweise bar gezahlt worden. In ihren Vernehmungen vor dem HZA hätten die Beigeladenen übereinstimmend angegeben, dass Kalkulationen je „Gewerk“ zu einem Preis von 8,00 bis 10,00 Euro pro Stunde bzw. mit 100,00 Euro pro Arbeitstag vorgenommen worden seien. Die Rechnungs-stellung sei offensichtlich nach Arbeitseinsatz und -umfang und nicht nach Gewerk erfolgt. Unter Würdigung aller Umstände handele es sich bei G., B. und A. nicht um selbstständige Subunternehmer, sondern um scheinselbstständige Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung. Aufgrund der illegalen Beschäftigungen und bedingtem Vorsatz des Klägers finde eine Hochrechnung des Nettoarbeitsentgelts gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV statt.

Seinen gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass eine ausreichende Einzelfallprüfung nicht erfolgt und der überwiegend aus Textbausteinen bestehende Bescheid gänzlich unbestimmt bzw. aufgrund fehlender Ermessensbestätigungen rechtswidrig sei. Auch alle angenommenen Bruttolohnsummen würden bestritten. Er habe G., B. und A. als Selbstständige kennengelernt. Die zunächst abhängige und später selbstständige Tätigkeit des G. sei schlicht Ausdruck der verfassungsrechtlich gewährten Berufsfreiheit. Dem Bescheid fehle es weiter an Ausführungen dazu, wie das vermeintliche Weisungsrecht ausgestaltet gewesen sein solle, da er keine weiteren Mitarbeiter auf der jeweiligen Baustelle beschäftigt habe. Die Beigeladenen hätten über eigene Werkzeuge verfügt und seien mit eigenen Fahrzeugen zur Baustelle gefahren. Bei den streitgegenständlichen Arbeiten könnten ausführliche schriftliche Vertragswerke oder der Austausch von Bauzeichnungen zwischen den Beteiligten nicht erwartet werden. Durch eine einmalige Erklärung und Inaugenscheinnahme der Gegebenheiten sei die Tätigkeit hinreichend definiert worden. Von der Wahl der gängigen Vergütungsabrede (Pauschalpreis oder Stundenlohn) könne nicht auf die Art der Beschäftigung geschlossen werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2014 zurück. Ergänzend führte sie aus, dass die gemeinsam in einer Wohnung gegenüber vom Wohnsitz des Klägers lebenden Beigeladenen zu 1) bis 3) ihre Tätigkeit nach vorabendlicher Besprechung mit und Zuteilung durch den Kläger – bei komplexeren Arbeiten zusammen – ausgeübt hätten. Angebote der Leistungen am Markt seien von ihnen – zudem bei mangelnden Deutschkenntnissen – nicht wie bei selbstständigen Unternehmern erstellt und die Tätigkeiten allein für den Kläger und abhängig von diesem erbracht worden. Sie seien vollständig in dessen Betriebsablauf eingegliedert gewesen und hätten – auch mangels weiterer Arbeitskräfte – vollumfänglich zu seinem Personal gezählt. Ein Unternehmerrisiko habe für sie nicht bestanden. Das Material auf den Baustellen sei vorhanden gewesen; eigenes Kapital hätten sie abgesehen von üblichem eigenen Kleinwerkzeug wie z.B.. Spachtel und Kelle nicht einsetzen müssen.

Mit der am 24.11.2014 beim Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Bei Zugrundelegung der Aussage des G. deute nichts auf eine sogenannte Scheinselbstständigkeit hin. Geschildert werde vielmehr der Normalfall des Selbstständigen, der ein Kleingewerbe betreibe. Die Argumentation, die Beigeladenen hätten in einer Wohnung gewohnt, liege offensichtlich neben der Sache. Das Kriterium mangelnder Deutschkenntnisse dürfe auch auf die Vorstandsvorsitzenden von Sony, General Motors etc. zutreffen und sei kein Merkmal der Selbstständigkeit oder abhängigen Beschäftigung. Die Behauptung einer vollständigen Eingliederung beruhe allein auf Unterstellungen. Der Einsatz von eigenem Kapital ergebe sich aus dem genutzten eigenen Werkzeug und der selbst finanzierten Reisetätigkeit.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte, die die angefochtenen Bescheide für zutreffend angesehen hat, hat beantragt,

            die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat die Klage nach Befragung des Klägers, des G. und des B. in einem Erörterungstermin am 31.07.2015 mit Urteil vom 01.03.2017 abgewiesen. Der angefochtene, auf der Grundlage des § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV erlassene Bescheid sei rechtmäßig. G., B. und A. hätten im streitigen Zeitraum bei dem Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Dies ergebe sich für die Kammer aus deren Schilderungen im Termin und gegenüber dem HZA sowie aus dem übrigen Akteninhalt. Bedeutsam sei bereits die – für eine selbstständige Tätigkeit untypische – ausschließliche Tätigkeit für den Kläger. G., B. und A. seien von dessen Arbeitszuteilung abhängig gewesen. Sie hätten die Durchführung der Arbeiten am Abend vorher mit ihm besprochen und keinen maßgeblichen Spielraum bei der Gestaltung der Tätigkeit und der Arbeitszeit geschildert. Darüber hinaus habe der Kläger in den betroffenen Zeiträumen auch nicht über andere Arbeitnehmer verfügt. G., B. und A. seien nicht in der für Selbstständige typischen Art werbend am Markt aufgetreten, um neue Auftraggeber zu akquirieren. Die bestehenden Sprachschwierigkeiten werte die Kammer hierbei auch als hinderlichen Umstand. Auffällig sei zudem die räumliche Nähe zum Kläger in unmittelbarer Nachbarschaft bzw. sogar teilweise unter derselben Anschrift. Die Nähe zueinander spiegele sich auch im identischen Aufbau der erstellten Rechnungen wider. Zudem belegten die Rechnungen eher die Abrechnungen von geleisteten Arbeitsstunden als die eines Gewerks. G., B. und A. hätten darüber hinaus kein Unternehmerrisiko getragen. Sie verfügten nicht über eine eigene Betriebsstätte und setzten kein eigenes Kapital ein. Das notwendige Material sei auf den jeweiligen Baustellen bereits vorhanden gewesen. Lediglich das benötigte Kleinwerkzeug habe in ihrem Besitz gestanden, nicht jedoch größere Maschinen oder Fahrzeuge. Für die Qualifizierung als abhängige Beschäftigung spreche auch, dass G. bereits zuvor im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für den Kläger tätig geworden sei. Maßgebliche Unterschiede in der jeweiligen Ausführung könne die Kammer nicht erkennen. Auch die Berechnung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Zutreffend gehe die Beklagte vom Vorliegen einer illegalen Beschäftigung mit der Fiktion der Nettoarbeitsentgeltvereinbarung aus und berechne die Beiträge nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV. Dem Kläger sei zur Überzeugung der Kammer zumindest auch bedingter Vorsatz hinsichtlich des Verstoßes gegen die zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten des Sozialversicherungsrechts vorzuwerfen. Dies ergebe sich aus den erfolgten Sofortmeldungen und der vorigen abhängigen Beschäftigung des G.. Bei der Berechnung an sich wende die Beklagte zutreffenderweise das so genannte Abtastverfahren an. Eine Fehlerhaftigkeit der Berechnung ergebe sich auch nicht daraus, dass die von ihr festgestellten Beitragsmonate gegebenenfalls nicht mit den tatsächlichen Tätigkeitsmonaten übereinstimmten. Die Beklagte habe ihre Berechnungen auf die aktenkundigen Rechnungen der Beigeladenen gestützt und hieraus soweit möglich Tätigkeitszeiträume abgeleitet. Dieses Vorgehen stelle sich auch mit Blick auf die Verletzung der Aufzeichnungs- und Nachweispflichten des Klägers als sachgemäß und nachvollziehbar dar. Vor dem Hintergrund dieser Sachlage seien auch die Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1, 2 SGB IV rechtmäßig erhoben worden.

Gegen das ihm am 22.03.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.04.2017 Berufung eingelegt. Das SG vermeide eine kritische Auseinandersetzung mit den Merkmalen, die offensichtlich auf Selbstständigkeit hindeuteten. Auffallend sei, dass es lediglich pauschalisierende Feststellungen treffe, die sich auf selektiv ausgewählte Angaben des G., B. und A. stützten. Soweit das SG auf die fehlende schriftliche Fixierung der Vertragsgrundlagen abstelle, könne hieraus nicht auf eine vermeintliche Beschäftigung geschlossen werden. Eine solche Fixierung diene in der Regel nur der Beweissicherung und könne daher nicht als „Negativkriterium“ manifestiert werden. Auch würden seitens des SG zum Merkmal der Eingliederung lediglich pauschalisierende Ausführungen getätigt und insbesondere – fehlerhaft – auf die räumliche Nachbarschaft abgestellt. Berücksichtigt werden müsse die übereinstimmende Erklärung von G., B. und A. in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2015, wonach ihnen keine Arbeiten zugeteilt worden seien, sie ihre Pausen hätten selbstständig gestalten können und keinerlei Anweisungen des Klägers unterlegen hätten, da dieser auf den Baustellen nicht zugegen gewesen sei. Ebenfalls fehle es an Urlaubsregelungen. Die Größe des Unternehmens stelle kein Kriterium dar. Eine sogenannte „Ein-Mann-Unternehmung“ können denknotwendigerweise nur einen Auftraggeber „bedienen“. Jeder Unternehmer müsse zudem in der Regel einmal „klein anfangen“. In der Folgezeit hätten G., B. und A. auch andere Auftraggeber gehabt. Sofern das SG ausführe, dass es keinen maßgeblichen Spielraum der Beigeladenen erkennen könne, fehle die Definition eines solchen Spielraums. Es dürfte auf der Hand liegen, dass gerade bei Bauvorhaben nicht jeder Handwerker kommen könne, wann er wolle, sondern seine Arbeiten in einem vom Architekten vorgegebenen Ablaufplan durchzuführen habe. Schließlich setze sich das SG weder mit der Bekundung der Beigeladenen, die einzelnen Bauvorhaben seien jeweils unterschiedlich kalkuliert worden, noch mit der Unregelmäßigkeit der Rechnungstellungen auseinander.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 01.03.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung in ihren Bescheiden und das Urteil des SG schriftsätzlich,

            die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Verfahrensakten des Amtsgerichts Delbrück in der Strafsache gegen den Kläger (Az.: 5 Ds-21 Js 665/13-331/14) beigezogen. In einem Termin am 07.09.2020 hat das Gericht den Kläger befragt, in einem weiteren Termin am 04.04.2022 G., B. und A.. Der Kläger ist mit Verfügung vom 18.11.2022 aufgefordert worden, sämtliche Baustellen zu benennen, auf denen G., B. und A. für ihn tätig geworden sind, sämtliche Verträge und Rechnungen seiner eigenen entsprechenden Aufträge vorzulegen, die jeweiligen Ansprechpartner zu benennen sowie mitzuteilen, welche Beschäftigten im streitigen Zeitraum von ihm gemeldet wurden und die ladungsfähige Anschrift des damaligen Steuerberaters anzugeben. Eine Reaktion hierauf ist trotz Erinnerungen vom 08.02. und 05.07.2023 nicht erfolgt.

Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 04.09.2023 darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete und beabsichtigt sei, diese gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der Darlegungen des Klägers und der Beigeladenen in den Terminen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

 

II.

Die zulässige Berufung des Klägers wird durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG, die Berufung zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Klageverfahren hat das SG aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für notwendig. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Von der ihm bereits im November 2022 eingeräumten Möglichkeit, weitere eventuelle Unterlagen zu seinen Gunsten einzureichen, hat der anwaltlich vertretene Kläger trotz Erinnerung keinen Gebrauch gemacht. Mit gerichtlichem Schreiben vom 30.08.2023 ist er auf die fehlenden Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels sowie die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss (§ 153 Abs. 4 S. 2 SGG) hingewiesen worden. Einwendungen hiergegen haben die Beteiligten nicht vorgebracht. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte ist nicht zu erwarten und weiteres Vorbringen vom Kläger auch nicht angekündigt worden. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen könnten, sind nicht erkennbar.

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Detmold vom 01.03.2017 ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid vom 26.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2014 beschwert den Kläger nicht gem. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die überzeugenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug, die er sich nach Prüfung zu eigen macht.

Aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich keine andere Beurteilung. Entgegen seiner Auffassung hat das SG die aktenkundigen Umstände in ausreichender Weise sozialversicherungsrechtlich gewürdigt.

Unzutreffend ist zunächst die in der Berufungsbegründung vertretene Auffassung des Klägers, das SG habe fehlende schriftliche Verträge zwischen ihm, G., B. und A. als „Negativkriterium“ zulasten einer selbstständigen Tätigkeit angesehen. Vielmehr ist im angefochtenen Urteil allein dargelegt worden, dass für die Durchführung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung mangels schriftlicher Verträge das tatsächlich praktizierte Verhältnis zugrunde zu legen sei. Dies ist auch zutreffend (vgl. z.G.. Senatsbeschl. v. 16.03.2023 – L 8 R 997/17 – juris Rn. 39).

G., B. und A. sind auch weisungsabhängig und eingegliedert in den klägerischen Betrieb tätig geworden. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das SG nicht lediglich „pauschalierende Ausführungen“ vorgenommen. Vielmehr sind eine (beispielhafte) Reihe von Einzelumständen gewürdigt worden, die in ihrer Gesamtheit eine abhängige Beschäftigung bereits deutlich indizieren. Dabei wird die Eingliederung, die der Kläger nicht zu erkennen vermag und auch das Fehlen eines Unternehmerrisikos in besonderem Maß durch den – von ihm im Termin vom 07.09.2020 selbst vorgetragenen – Umstand belegt, dass G., B. und A. nahezu vollumfänglich auf den Baustellen für sie kostenfrei zur Verfügung stehendes (kapitalintensives) Material verarbeitet haben (vgl. zur Wesentlichkeit der Nutzung fremd beschaffter Arbeitsmaterialien z.B. Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 43). Die räumliche Nachbarschaft zwischen dem Kläger und den Beigeladenen zu 1) bis 3) stellte in der Argumentation des SG lediglich einen die Würdigung (ergänzenden) Umstand dar, den das erstinstanzliche Gericht zu Recht zusammen mit den identisch aufgebauten Rechnungen als Zeichen für eine besondere Nähe zwischen dem Kläger und den Beigeladenen zu 1) bis 3) angesehen hat.

Die – ohnehin inkonsistenten und nach Auffassung des Senats insoweit nicht glaubhaften – Erklärungen von G. und B. im Erörterungstermin vom 31.07.2015, wonach ihnen keine Arbeiten zugeteilt worden seien und sie keinerlei Weisungen des Klägers unterlegen hätten, sind von ihnen – durch A. bestätigt – im Termin am 04.04.2022 in das Gegenteil revidiert worden. Entsprechend ist auch die Forderung des Klägers nach einer weiteren „Definition des maßgeblichen Spielraums“ im Rahmen der Weisungsbindung hinfällig. In letzterem Termin haben G., B. und A. zudem ausdrücklich erklärt, dass sie nunmehr der an sie geäußerten Bitte des Klägers, im Verfahren wahrheitswidrig auszusagen, da dies ansonsten zu einem Problem für ihn werden könne, nicht länger nachkommen wollten.

Soweit der Kläger meint, sich zur Begründung von Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) auf eine fehlende Urlaubsregelung berufen zu können, geht auch dies fehl. Wird eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit und/oder Urlaub nicht gewährt, hat dieser Umstand statusrechtlich keine eigenständige Bedeutung. Vertragsklauseln bzw. vertragliche – auch mündliche – Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien – hier des Klägers – zu, eine abhängige Beschäftigung auszuschließen. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen sie bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus und sind daher eher Folge einer rechtsirrigen Statuseinschätzung als Indiz für eine solche. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (vgl. z.G.. Senatsurt. v. 12.07.2023 –  L 8 R 1089/16 – juris Rn. 94 m.w.N.).

Der Vortrag des Klägers, eine „Ein-Mann-Unternehmung“ könne denknotwendigerweise nur einen Auftraggeber „bedienen“, ist nicht nachvollziehbar, spielt aber ebenso wenig eine Rolle wie sein Hinweis, dass jeder Unternehmer „in der Regel klein anfangen“ müsse. Zum einen ist es für die Statusbeurteilung ohne Relevanz, aus welchen Gründen eine Tätigkeit nach Weisungen und unter Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation statt weisungsfrei ausgeübt wird (vgl. z.G.. BSG Urt. v. 27.04.2021 – G. 12 R 16/19 R – juris Rn. 16; Senatsbeschl. v. 16.03.2023 – L 8 R 997/17 – juris Rn. 47 m.w.N.). Zum anderen käme auch allein der Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden, in der Regel keine erhebliche Bedeutung zu. Teilzeitbeschäftigte können ebenfalls in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig sein (vgl. LSG NRW Beschl. v. 16.03.2023 – L 8 R 997/17 – juris Rn. 45 m.w.N.; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 114). Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet und sich in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie z.G.. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen, ergibt (vgl. BSG Urt. v 19.10.2021 – G. 12 R 1/21 R – juris Rn. 30; Senatsbeschl. v. 15.05.2023 – L 8 BA 32/23 G. ER – juris Rn. 17 m.w.N.). Hieran fehlte es – wie bereits vom SG ausgeführt – bei G., B. und A. im streitigen Zeitraum vollständig.

Soweit der Kläger schließlich mit seiner Berufungsbegründung kritisiert hat, dass das SG sich weder mit der Bekundung der Beigeladenen, die einzelnen Bauvorhaben seien jeweils unterschiedlich kalkuliert worden, noch mit der Unregelmäßigkeit der Rechnungstellungen auseinandergesetzt habe, ist dieser Argumentation bereits durch die zuletzt geänderten Aussagen von G., B. und A. der Boden entzogen worden. Hiernach ist die Entlohnung mitnichten nach einer Kalkulation von Bauvorhaben, sondern arbeitnehmertypisch nach den geleisteten Stunden erfolgt, wie sich dies im Übrigen auch schon zuvor aus dem Akteninhalt aufgedrängt hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 161, 154 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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