Ein in Vollzeit im Homeoffice beschäftigter Arbeitnehmer, der während einer in die betrieblichen Abläufe integrierten Mittagspause auf dem Rückweg vom Erwerb einer Mittagsmahlzeit zum alsbaldigen Verzehr im häuslichen Bereich verunglückt, steht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversichrung.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalles i. S. d. § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII).
Der 1964 geborene Kläger und Berufungsbeklagte (Kläger) erlitt am 10.03.2022 um 12:15 Uhr einen Unfall, als er auf dem direkten Weg vom Einkauf des Mittagsessens in einer ca. 500 Meter entfernten Metzgerei zurück zu seinem Arbeitsplatz im Homeoffice mit dem Fahrrad stürzte.
Der Kläger war am Unfalltag in Vollzeit im Homeoffice tätig und wollte während einer ca. 30-minütigen Pause zwischen zwei Online-Meetings eine warme Mittagsmahlzeit (Leberkässemmel und Eintopf) besorgen, um diese in der verbleibenden Pause im Homeoffice zu verzehren. Auf dem Rückweg von der Metzgerei zu seiner Wohnung musste er wegen am rechten Fahrbahnrand geparkter Fahrzeuge und des Gegenverkehrs abbremsen, betätigte dabei versehentlich zu stark die Vorderradbremse und stürzte über den Lenker, wobei er eine Olecranonfraktur (Bruch der Oberkante der Elle am Unterarm) rechts erlitt.
Mit Bescheid vom 12.05.2022 lehnte die Beklagte und Berufungsklägerin (Beklagte) die Anerkennung des Ereignisses am 10.03.2022 als Arbeitsunfall ab. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sei auch das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit. Werde die versicherte Tätigkeit im Haushalt der versicherten Personen (Homeoffice) oder an einem anderen Ort ausgeübt, bestehe gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII grundsätzlich Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. Die Gleichbehandlung der Tätigkeit im Haushalt oder einem anderen Ort gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII betreffe hierbei versicherte Tätigkeiten nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII im Sinne von Wegen zum Holen von Getränken, zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang. Sie umfasse jedoch nicht Wege zur und von der Nahrungsaufnahme, die aus der Wohnung herausführten, da die Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 SGB VII nicht umfasst werde.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.05.2022 Widerspruch und verwies dabei u.a. auf ein Urteil des Landessozialgerichts Darmstadt vom 24.03.2015 (Az. L 3 U 225/10), wonach auch Wege zur Nahrungsaufnahme grundsätzlich versichert seien. Die von der Beklagten angeführte Unterscheidung zwischen Betriebsstätte und Homeoffice könne er anhand der von der Beklagten angeführten Begründung nicht nachvollziehen. Dem § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII sei zu entnehmen, dass ein Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte bestehe, wenn die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt werde. Dies drücke sehr klar die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers zur Gleichstellung des Homeoffice mit der Betriebsstätte aus. § 8 Abs. 1 SGB VII sei das einleitende Kapitel zu
§ 8 SGB VII und gelte daher auch für die Detaillierungen der nachfolgenden Absätze. Abs. 1 enthalte zum Beispiel auch die Referenz auf § 2 SGB VII zur Definition des Personenkreises. Auch diese Referenz werde in den Abs. 2 bis 5 nicht explizit wiederholt, gelte aber dennoch auch hier. Abs. 1 definiere also den Arbeitsunfall als Oberbegriff allgemein und unterscheide nicht zwischen Arbeits- und Wegeunfall. Dieser Sachverhalt sei bereits aus dem Titel von § 8 SGB VII "Arbeitsunfall" ersichtlich, der nicht etwa "Arbeits- und Wegeunfall" laute. Neben der generell vom Gesetzgeber anerkannten Gleichstellung von Homeoffice und Betriebsstätte komme noch verstärkend hinzu, dass zum Zeitpunkt des Unfalls am 10.03.2022 eine vom Gesetzgeber verfügte und vom Arbeitgeber umgesetzte Homeoffice-Pflicht bestanden habe, d. h., dass er gar nicht die Wahl gehabt habe zwischen Ausübung seiner Tätigkeit an der Betriebsstätte oder im Homeoffice. Die Notwendigkeit der Verpflegung im Homeoffice sei damit alternativlos gewesen. Es sei daher seines Erachtens unzulässig, den Weg vom Homeoffice zum Einkauf des Mittagsessens anders zu bewerten als den Weg von der Betriebsstätte zum Einkauf des Mittagessens oder zur Betriebskantine.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2022 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte trete ein für Unfälle, soweit sie der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen seien. Sonst richteten sich Ansprüche gegen andere Träger der Sozialversicherung. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sei ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge seiner versicherten Tätigkeit erleide. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sei auch das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort einer Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit. Werde die versicherte Tätigkeit im Haushalt der versicherten Person (Homeoffice) oder an einem anderen Ort ausgeübt, bestehe gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII grundsätzlich Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. Die Gleichbehandlung der Tätigkeit im Haushalt oder einem anderen Ort gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII betreffe nach herrschender Literatur (Bereiter-Hahn, Unfallversicherung A 353 f./SGB VII § 8 Arbeitsunfall, 7a.9) hierbei versicherte Tätigkeiten nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII im Sinne von Wegen zum Holen von Getränken, zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang - Wege zur und von der Nahrungsaufnahme, die aus der Wohnung herausführten, würden jedoch nicht vom Versicherungsschutz erfasst, da die Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 SGB VII nicht umfasst werde. Dies entspreche nach herrschender Literatur auch der Gesetzesbegründung, welcher als Gegenstand der Erweiterung vom § 8 Abs. 1 SGB VII nur "Wege im eigenen Haushalt" anführe. Wege zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln außerhalb des häuslichen Bereichs seien daher nicht versichert. Ein Arbeits-/Wegeunfall im Sinne des § 8 SGB VII habe im Fall des Klägers somit nicht vorgelegen. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht. Zuständiger Leistungsträger sei die gesetzliche Krankenkasse des Klägers.
Am 19.07.2022 hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu seinem aktuellen Arbeitsplatz gewesen sei, was grundsätzlich dem von der Beklagten versicherten Bereich zuzuordnen sei. Der Kläger habe auch keine sonstigen privaten Erledigungen gemacht. Ergänzend werde auf die Widerspruchsbegründung des Klägers vom 27.05.2022 verwiesen
Am 21.06.2023 hat vor dem SG München eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Der persönlich erschienene Kläger hat dort ausgeführt, dass er als Product Owner beschäftigt sei und als Projektleiter zweier Softwareteams diesen erkläre, was programmiert werden solle. Diese Tätigkeit mache er auch heute noch oft im Homeoffice. Am Unfalltag habe er um ca. 8:00 Uhr angefangen zu arbeiten und im Arbeitszimmer mehrere Onlinebesprechungen mit den Teams und weiteren Kollegen durchgeführt. Die Besprechung zur Mittagszeit habe sich etwas hingezogen und er sei unter Zeitdruck gewesen, weil später wieder Meetings anberaumt gewesen seien. Er habe etwas zu Mittag einkaufen wollen, da er zuhause nichts gehabt habe, was er einfach schnell hätte verzehren können. Er habe auch etwas Warmes essen wollen.
Mit Urteil vom 21.06.2023 hat das SG München der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zu bejahen sei, der grundsätzlich auch für den Wegeunfallversicherungsschutz beim Homeoffice anzuwenden sei. Dies folge daraus, dass der Wortlaut mit dem "Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" neutral formuliert sei und auch das Homeoffice ein Ort der Tätigkeit sei; ein Ort der Betriebs- oder Unternehmensstätte sei gerade nicht gefordert. Der Wegeunfallversicherungsschutz sei beim Homeoffice auch nicht schon bereits von der Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII ausgeschlossen, da die Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII keine Aussage zum Wegeunfallversicherungsschutz enthalte. Die Gleichheit des Versicherungsschutzes beim Homeoffice und auf der Betriebsstätte sei ausdrücklich allein in Bezug auf die Ausübung der Tätigkeit "auf" und nicht nach und von der Unternehmensstätte geregelt, so dass hier nur der Betriebsweg und damit auch nur der Weg innerhalb der Wohnung beim Homeoffice erfasst sei. Aus der Systematik ergebe sich stützend, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII den nachfolgenden Absatz 2 nicht umfasse. Schließlich sei auch der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/29819, S. 17 f.) detailliert zu entnehmen, dass mit der Vorschrift "Wege im eigenen Haushalt" gemeint seien. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sei für den Wegeunfallversicherungsschutz maßgeblich, ob der Pausenweg zum Holen bzw. Bringen von Nahrungsmitteln für den Verzehr in der Mittagspause ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängender unmittelbarer Weg sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R) seien Wege vom Betriebsgelände zum Ort der Nahrungsmittelbeschaffung bzw. Nahrungsaufnahme grundsätzlich versichert. Ob auch ein Weg zur Nahrungsmittelbeschaffung in der Mittagspause nach und vom Homeoffice ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängender unmittelbarer Weg ist, sei umstritten. Es erscheine sachgerecht, darauf abzustellen, ob eine Pause wie im Büro auf der Unternehmensstätte gestaltet werde, d. h. nicht beliebig, sondern innerhalb bestimmter zeitlicher und örtlicher Vorgaben zu nehmen sei. Vorliegend sei die Mittagspause nicht beliebig, sondern betrieblich - durch die Meetings - vorgegeben gewesen, so dass ein betrieblicher Zusammenhang für die Stärkung und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit auch zeitlich wie auf der Unternehmensstätte zu bejahen sei. Der Kläger habe glaubhaft angegeben, dass er das Essen in der verbleibenden Mittagspause hätte verzehren wollen. Die Voraussetzungen der Zurechnung des Weges zur betrieblichen Risikosphäre seien demnach erfüllt.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 05.07.2023 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Dem SG sei dahingehend zuzustimmen, dass Wegeunfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGV VII grundsätzlich nicht von der Neuregelung des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII umfasst werden. Auch der grundsätzlichen Darstellung zur höchstrichterlichen Entscheidung zu Wegen vom Betriebsgelände zum Ort der Nahrungsmittelbeschaffung und die darin begründete Voraussetzung der Anwesenheit auf der Betriebsstätte könne zugestimmt werden. Verkannt werde jedoch, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln zwingend auf zwei Ebenen mit der Betriebstätigkeit verknüpft werde. Einerseits sei demnach der Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt, persönlich in der Betriebsstätte anwesend zu sein um dort die betriebliche Tätigkeit auszuführen. Daneben würde diese geplante Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und dadurch der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit dienen. Das Zusammentreffen der beiden betriebsbezogenen Merkmale - das Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit - würde begründen, dass ein wesentlicher innerer Zusammenhang zwischen dem Betrieb und dem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegtem Weg angenommen werden könne. Deshalb könne eine betriebliche Risikosphäre bei Wegen zur Nahrungsaufnahme nicht nur mit einer zeitlichen Komponente (hier der aufgrund von verschiedenen Meetings begrenzten Mittagspause) begründet werden. Aufgrund der fehlenden örtlichen Vorgaben im Sinne der Anwesenheit des Versicherten auf der Betriebsstätte sei bei Wegen zur Nahrungsaufnahme aus dem häuslichen Bereich von keiner betrieblichen Risikosphäre auszugehen. Die Gleichbehandlung der Tätigkeit im Haushalt oder einem anderen Ort betreffe nach herrschender Literatur versicherte Tätigkeiten nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII im Sinne von Wegen zum Holen von Getränken, zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang innerhalb des Betriebs. Wege zur oder von der Nahrungsaufnahme würden jedoch nicht von Versicherungsschutz erfasst, da die Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 SGB VII nicht umfasst sei. Der Unfall könne daher weder als Arbeitsunfall noch als Wegeunfall anerkannt werden.
Im Rahmen der Berufungserwiderung vom 14.08.2023 ist seitens des Klägers ausgeführt worden, dass am Unfalltag aufgrund der Corona-Pandemie die Verpflichtung bestanden habe, Arbeitstätigkeiten soweit möglich im Homeoffice zu verrichten. Somit habe neben der arbeitsvertraglichen Verpflichtung, die Tätigkeit zu erbringen auch die gesetzliche Verpflichtung bestanden, diese im Homeoffice zu erbringen, da die Art der Tätigkeit dies erlaubt habe. Es werde Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag und das Urteil genommen.
Mit Schriftsatz vom 30.10.2023 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Nachfrage des Senats u.a. mitgeteilt, dass die Pausenzeiten weder im Betrieb noch im Homeoffice verbindlich geregelt seien. Für das Selbstmanagement der Arbeitszeit sei den Mitarbeitern jedoch ein Excel-Sheet zur Verfügung gestellt worden, in dem eine Mittagspausendauer von 35 Minuten als Normalfall eingetragen sei. Für den Zeitpunkt gebe es keine verbindliche Regelung, jedoch habe sich im Laufe der Jahre im Büro ein Zeitraum von 11:15 bis 12:00 Uhr, auch bedingt durch Belegungszeiten der Betriebskantine, als Standard durchgesetzt und sei auch bei den Besprechungszeiten berücksichtigt worden. Während der Pandemie sei diese De-Facto-Regelung jedoch aufgeweicht, so dass es teilweise auch zu Besprechungen im o.g. Zeitraum gekommen sei. Eine Pausenvertretungsregelung habe es nicht gegeben. Auch für Arbeits- und Pausenzeiten im Homeoffice habe es keine verbindlichen Regelungen gegeben. Kernarbeitszeiten habe es weder im Betrieb noch im Homeoffice gegeben, das Unternehmen habe stark auf die Selbstverantwortung der Mitarbeiter gesetzt. Eine generelle Abmeldung oder Vertretung während der Pausenzeiten habe es nicht gegeben, insbesondere nicht in der Mittagszeit. Nur im Falle von Abwesenheiten zu ungewöhnlichen Zeiten sei eine Abmeldung bei den unmittelbar betroffenen Kollegen erfolgt. Der Kläger erinnere sich, dass der Arbeitstag mit einer Konferenz von 8:00 bis 9:00 mit einem der beiden Entwicklungsteams begonnen habe und er danach weitere Konferenzen gehabt habe. Die letzte Konferenz mit einem Kollegen habe auch der Vorbereitung eines Nachmittagstermins mit seinem anderen Entwicklungsteam gedient. Diese Konferenz sei bis kurz vor 12:00 Uhr gegangen. Da die nächste Konferenz von 12:30 bis 13:00 Uhr und danach noch viele Besprechungen am Nachmittag angesetzt gewesen seien, habe der Kläger sich entschlossen, sein Mittagessen kurzfristig in der nahegelegenen Metzgerei zu besorgen. Seine Lebensgefährtin habe das Haus am Unfalltag gegen 7:30 Uhr verlassen, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen, und sei erst zurückgekehrt, als sich der Kläger nach dem Unfall schon in der Klinik befunden habe.
Die Berufungsklägerin beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichts München Az: S 40 U 289/22 vom 21.06.2023 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Bevollmächtigte des Berufungsbeklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung. Die Berufung ist aber unbegründet, da das SG München zu Recht entschieden hat, dass der Kläger am 10.03.2022 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
1.Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der vorinstanzlichen Entscheidung der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2022 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte und Berufungsklägerin das Ereignis vom 10.03.2022 nicht als Arbeitsunfall anerkannt hat und gegen den sich der Kläger mit einer zulässigen Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG (zum Wahlrecht zwischen Feststellungs- und Verpflichtungsklage bei begehrter Anerkennung von Arbeitsunfällen vgl. stellv. BSG, Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 20, Rn. 13) gewandt hatte.
2. Die Berufung ist unbegründet, da das SG München zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 12.05.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2022 festgestellt hat, dass das Ereignis vom 10.03.2022 ein Arbeitsunfall ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl. stellv. BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 7/17 R -, juris Rn. 8 m.w.N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -, juris Rn. 9).
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Versichert ist in der GUV mithin als Vorbereitungshandlung der eigentlichen Tätigkeit das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, wobei nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert ist, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Urteil vom 06.10.2020 - B 2 U 9/19 R - juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 23.01.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 64 Rn. 12).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da der Kläger am 10.03.2022 als kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter einen Unfall auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Weg erlitten hat.
a)
Der Kläger hat zum Unfallzeitpunkt als angestellter Product Owner unstreitig zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Personenkreis gezählt. In diesem Zusammenhang steht aufgrund der glaubhaften und unbestrittenen Ausführungen des Klägers zur Überzeugung des Senats außerdem fest, dass der Kläger am Unfalltag aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 28b Abs. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der damaligen Fassung und im Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 08.12.2021 - B 2 U 4/21 R -, juris Rn. 14) in Vollzeit im Homeoffice tätig war und dabei ab 8:00 Uhr bis kurz vor 12:00 Uhr betriebliche Termine in Form von Videokonferenzen und -besprechungen absolviert hat. Die nächste Videokonferenz war von 12:30 bis 13:00 Uhr angesetzt, danach hätten noch mehrere Online-Besprechungen am Nachmittag stattgefunden. In dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers war üblicherweise eine Mittagspause von ca. 35 Minuten vorgesehen, die so bereits in einem Excel-Sheet zum Selbstmanagement der Arbeitszeit voreingetragen ist und für die sich im Büro des Klägers ein Zeitrahmen von 11:15 bis 12:00 Uhr als Standard in der betrieblichen Praxis durchgesetzt hat. Der Kläger wollte zwischen zwei Videokonferenzen bei der nahegelegenen Metzgerei ein warmes Mittagessen zum häuslichen Verzehr in der verbleibenden Mittagspause besorgen und er befand sich auf dem direkten Rückweg von der Metzgerei zum Homeoffice, als der Sturz vom Fahrrad geschah.
b)
Durch den Sturz vom Fahrrad mit Aufprall auf den Boden, der zu einer Olecranonfraktur rechts geführt hat, hat der Kläger auch einen Unfall im Sinne eines plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignisses, das zu einem Gesundheitserstschaden geführt hat, erlitten.
c)
Zum Zeitpunkt des Sturzes stand der Kläger unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da er einen mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (Homeoffice) zurückgelegt hat.
aa)
Gemäß dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit versichert. Tätigkeitsort kann dabei auch ein auswärtiger Einsatzort außerhalb des Betriebsgeländes sein, wo der Versicherte eine versicherte Tätigkeit zu verrichten hat. Tätigkeitsort im Sinne dieser Vorschrift kann somit auch der eigene häusliche Bereich sein, wenn es sich um einen durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bestimmten (zusätzlichen) Arbeitsort handelt. Während zwar Wegeunfallversicherungsschutz im selbstbewohnten Haus in jedem Fall ausscheidet, kommt dieser nach Verlassen der Außentür in Betracht, etwa dann, wenn eine im Homeoffice tätige Person ihr Beschäftigungsunternehmen aufsucht (vgl. dazu etwa Keller in: Hauck/Noftz SGB VII, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 8 SGB VII, Rn. 43g und Rn. 192a). Auch der Beschäftigungsort Homeoffice kann somit nach Durchschreiten der Außentür des eigenen Wohnbereichs der Ausgangs- oder Zielpunkt eines versicherten Weges im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sein.
Die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII hat - wovon auch die erste Instanz zutreffend ausgeht - durch die Neuregelung des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII weder eine Erweiterung noch eine Einschränkung erfahren, da § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII sich nur auf Wege im eigenen Haushalt (z.B. zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang) bezieht, bei denen ein Durchschreiten der Außentüre des eigenen Wohnbereichs gerade nicht stattfindet und die somit mit entsprechenden Betriebswegen im Betriebsgebäude oder auf dem Betriebsgelände vergleichbar wären.
Eine dem § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII entsprechende Gleichstellung der im Homeoffice tätigen Beschäftigten auch in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII durch den Gesetzgeber hält der Senat für entbehrlich. Anders als bei Wegen im eigenen Haushalt z.B. zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang, die weder eine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII sind noch einen Betriebsweg innerhalb der Betriebsstätte darstellen und die ohne die Regelung des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen würden (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -, juris), ist nach Durchschreiten der Außentür des häuslichen Bereichs der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII eröffnet, da dieser nur einen Unfall beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit voraussetzt. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist grundsätzlich auch auf Wege aus dem Homeoffice heraus anzuwenden (vgl. oben), so dass es keiner expliziten Regelung durch den Gesetzgeber für im Homeoffice tätige Personen bedarf. Dass § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch auf Wege vom Betrieb zur Nahrungsaufnahme oder -beschaffung zum alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz anzuwenden ist, ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt worden (vgl. dazu sogleich unten unter bb). Es bedarf hier deshalb keiner expliziten dem § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII vergleichbaren Regelung durch den Gesetzgeber für Fälle, in denen das Homeoffice zur Nahrungsaufnahme oder -beschaffung durch das Durchschreiten der Außentüre verlassen wird, sondern einer Klärung, ob die hierzu in der Rechtsprechung für die auf der Betriebsstätte tätigen Personen im Zuge der Gleichbehandlung auch auf im Homeoffice tätige Personen sinngemäß anzuwenden sind.
Vorliegend hat der Kläger unstreitig die Außentür des eigenen Wohnbereichs durchschritten, um in der Metzgerei einzukaufen. Auf dem direkten Rückweg zu seinem Tätigkeitsort (Homeoffice) ist er im Straßenverkehr mit dem Fahrrad verunglückt, so dass der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII hier grundsätzlich auch eröffnet ist.
bb)
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, versichert. Der Versicherungsschutz beruhe zum einen darauf, dass die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit diene, und zum anderen darauf, dass es sich um einen Weg handle der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten (vgl. dazu das Urteil des BSG vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R -, juris Rn. 29 ff., mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).
Ob dies auch für Wege aus dem Homeoffice heraus zur Besorgung oder Einnahme von Nahrungsmitteln außer Haus und zurück gilt, ist bislang nicht höchstrichterlich für in Vollzeit im Homeoffice tätige Versicherte entschieden worden. Einen Versicherungsschutz für eine Nahrungsbeschaffung aus dem Homeoffice heraus hat das BSG in seinem Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R -, juris zwar verneint, wobei der Entscheidung aber ein Fall zugrunde liegt, in welchem der Verunglückte lediglich von seinem zweiten, zusätzlichen Arbeitsplatz aus nächtlich auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme unterwegs war. Das BSG hat in diesem Urteil (vgl. dort juris Rn 22) aber explizit offengelassen, ob im Falle eines in Vollzeit als Heim- oder Telearbeiter Tätigen möglicherweise aus Gleichheitsgründen zu fordern sein könnte, dass jedenfalls ein Weg täglich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen müsse.
cc)
In der unfallversicherungsrechtlichen Literatur existieren unterschiedliche Auffassungen zu dieser Fragestellung, diesbezüglich wird auf die ausführlichen Darstellungen des Meinungsstandes im erstinstanzlichen Urteil sowie insbesondere auch in dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.03.2023 - L 14 U 29/22 -, juris Rn 27 ff., mit welchem bereits in einer mit dem hiesigen Fall vergleichbaren Konstellation ein Arbeitsunfall anerkannt wurde, verwiesen.
dd)
Der Senat ist der Auffassung, dass die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Wegen der auf der Betriebsstätte tätigen Versicherten zur Nahrungsaufnahme oder -beschaffung (vgl. oben bb) im Zuge der Gleichbehandlung grundsätzlich auch auf die in Vollzeit im Homeoffice Beschäftigten sinngemäß Anwendung finden müssen, da weder der Schutzzweck des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII noch eine aus der Neuregelung des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII zu entnehmende Wertung noch andere sachliche Gründe dagegen sprechen.
Die von den Vertretern der Gegenauffassung im Wesentlichen vorgetragenen Argumente, dass ein solcher Weg nicht in einer ähnlichen besonderen Beziehung zur Betriebstätigkeit stehe, wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte, dass Einkaufswege typischerweise dazu dienen, auch noch weitere Artikel als nur das Mittagessen einzukaufen und dies nicht zu verifizieren sei oder dass in der Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII und dessen Beschränkung auf den Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII eher ein Argument gegen die Gleichstellung eines Weges täglich vom häuslichen Bereich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr gesehen werden könne, vermögen den Senat nicht zu überzeugen.
(1)
Der Sachverhalt unterfällt dem Schutzzweck der Wegeunfallversicherung. Diese schützt vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - juris Rn. 23). Anders als bei einem Unfall in der Wohnung des Beschäftigten, bei dem die Außentür der Wohnung nicht durchschritten wird und sich nur die Gefahren des eigenen Haushalts auswirken, ergeben sich bei einem Gang zur Nahrungsbeschaffung aus dem Homeoffice heraus nach Durchschreiten der Außentür des häuslichen Bereichs keine Unterschiede zu einem Beschäftigten, der die Betriebsstätte zu dem gleichen Zweck verlässt. Es wirken vielmehr in gleicher Weise die üblichen Gefahren der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auf den Beschäftigten ein, wie dies auch bei einem vergleichbaren Weg von der Betriebsstätte aus der Fall wäre.
(2)
Aus der Neuregelung des § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII, der sich auch nach Auffassung des Senats nur auf Wege innerhalb des eigenen Haushalts bezieht (vgl. oben), ergibt sich kein Argument gegen die Gleichstellung eines Weges täglich vom häuslichen Bereich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr mit entsprechenden Wegen von der Unternehmensstätte aus, wie dies etwa von Keller in: Hauck/Noftz SGB VII, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 8 SGB 7 Rn. 43h vertreten wird. Da eine explizite gesetzliche Regelung für die Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII entbehrlich ist (vgl. oben) kann aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber nicht auch hier tätig geworden ist, kein nachteiliger Schluss im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII im Zusammenhang mit den Wegen aus dem Homeoffice heraus zur Nahrungsbeschaffung gezogen werden. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII klar zum Ausdruck gebracht, dass die Beschäftigten im Homeoffice den auf der Unternehmensstätte tätigen Beschäftigen gleichgestellt werden sollen, was den Versicherungsschutz auf Wegen innerhalb der eigenen Wohnung betrifft, die ohne die Neuregelung nicht versichert gewesen wären (vgl. oben). Dem Zweck der Gleichstellung der im Homeoffice Beschäftigten dient auch die Neuregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2a SGB VII, wonach das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, versichert ist, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird. Der aus beiden Neuregelungen erkennbare Wille des Gesetzgebers zur Gleichstellung der im Homeoffice tätigen Personen legt nahe, dass auch § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in diesem Lichte auszulegen ist, und dass daher die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anerkennung von Wegeunfälle bei Wegen zur Nahrungsbeschaffung oder -aufnahme vom Beschäftigungsbetrieb aus jedenfalls bei in Vollzeit im Homeoffice Tätigen im Zuge der Gleichbehandlung sinngemäß anzuwenden sind.
(3)
Der Senat sieht auch keine anderen sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung von in Vollzeit im Homeoffice Beschäftigten und auf der Betriebsstätte beschäftigten Personen. Zwar wird in der Rechtsprechung des BSG - wie die Beklagte zu Recht einwendet - im Zusammenhang mit den Wegen zur Nahrungsaufnahme und -beschaffung das Erfordernis der "persönlichen Anwesenheit auf der Betriebsstätte" angeführt. Vergleichbar ist aber für Homeoffice-Sachverhalte (bei denen der Natur der Sache nach der Beschäftigte eben nicht auf der Betriebsstätte anwesend ist) die Frage, ob und inwieweit der Beschäftigte - genauso wie ein auf der Betriebsstätte anwesender Beschäftigter - den ganzen Tag über persönlich in betriebliche Tätigkeiten eingebunden ist und daher - ebenso wenig wie der auf der Betriebstätte ganztägig Beschäftigte - seine Arbeitszeit jederzeit beenden oder unterbrechen kann, um sich selbst eine Mahlzeit zuzubereiten. Wenn dieser Umstand im Einzelfall gegeben ist, besteht auch im Homeoffice das betrieblich bedingte Erfordernis, durch eine rasche und unkomplizierte Nahrungsbeschaffung oder -aufnahme die Arbeitsfähigkeit für den weiteren Arbeitstag zu erhalten. Die Annahme, dass zu Hause stets eine verzehrfertige Mahlzeit zur Verfügung steht, die von dem im Homeoffice Beschäftigten nur eingenommen zu werden braucht, würde zum Beispiel unberücksichtigt lassen, dass es viele Single-Haushalte gibt und viele Familien, in denen beide Partner berufstätig sind und daher gerade nicht über eine ganze Arbeitswoche hinweg eine regelmäßige Versorgung mit sofort verzehrfertiger Nahrung gewährleistet ist. Auch die auf der Betriebsstätte tätigen Beschäftigten werden schließlich nicht darauf verwiesen, sich eine vorbereitete Mahlzeit an den Arbeitsplatz mitzubringen oder eine etwa im Betriebsgebäude vorhandene Teeküche zur Zubereitung einer warmen Mahlzeit zu nutzen. Mit der Annahme, dass die Arbeit im Homeoffice stets beliebig unterbrochen oder beendet werden kann, würde zudem unterstellt werden, dass die Arbeit im Homeoffice weniger ernsthaft auszuüben ist als die Arbeit auf der Betriebsstätte.
Im Übrigen ist aber auch in Homeoffice-Sachverhalten - ebenso wie in den Fällen der Beschäftigung auf der Betriebsstätte - in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit der Gang zur Nahrungsaufnahme unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aufgrund betrieblicher Erfordernisse notwendig ist und ob sich dieser insbesondere aus dem Erfordernis zur Nahrungsbeschaffung zum Erhalt der weiteren Arbeitsfähigkeit aufgrund des ganztägigen persönlichen Eingebundenseins in betriebliche Tätigkeiten ergibt.
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Im hier zu entscheidenden Einzelfall hat der Kläger sich mit der objektivierten Handlungstendenz die Nahrung besorgt, seine auch noch am Nachmittag benötigte Arbeitskraft aufrechtzuerhalten. Er war bereits seit 8:00 Uhr im Homeoffice tätig, hatte bis zur Mittagszeit Online-Meetings und -Besprechungen, nach der kurzen Mittagspause sollte die Tätigkeit im Homeoffice mit weiteren Online-Meetings und -Besprechungen fortgesetzt werden. Er war damit genauso wie ein auf der Betriebsstätte tätiger Beschäftigter über einen vollen Arbeitstag hinweg in betriebliche Abläufe eingebunden. Auch der Kläger konnte somit am Unfalltag nicht nach seinem freien Belieben die Tätigkeit im Homeoffice jederzeit unterbrechen oder beenden, vielmehr schuldete er im Homeoffice dieselbe Arbeitsleistung, die er auch vor Ort im Betrieb als in Vollzeit tätiger Arbeitnehmer hätte erbringen müssen. Zwar war die Nahrungsbeschaffung nicht durch die Notwendigkeit geprägt, persönlich auf der Betriebsstätte anwesend zu sein, wohl aber durch die Notwendigkeit, den ganzen Tag über betriebliche Arbeit verrichten zu müssen.
Der Kläger hat hier nach seinen glaubhaften Ausführungen auch nichts unternommen, was für eine überwiegend eigenwirtschaftlich motivierte Handlungstendenz sprechen könnte, welche die betrieblich motivierte Handlungstendenz (Erhalt der Arbeitsfähigkeit für den Nachmittag) abgelöst haben könnte. Er hat vielmehr mit zeitlichem Bezug zu der betriebsüblichen Pausenzeit mittags in der nahegelegenen Metzgerei eingekauft, so dass auch ein räumlicher Bezug zum Ort der Tätigkeit im Homeoffice gegeben ist. Es wäre ihm somit ohne den Unfall auch möglich gewesen, die übliche Pausenzeit von ca. 35 Minuten (die nach den Angaben des Klägers in einem Excel-Sheet für die Zeiterfassung so als Richtwert voreingetragen war) einzuhalten. Der Kläger hatte auch nicht vor, die Arbeit im Homeoffice unmittelbar im Anschluss an die Mittagspause zu beenden, vielmehr war die Mittagspause umrahmt von der betrieblichen Tätigkeit, die auch am Nachmittag fortgesetzt werden sollte. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die nahelegen könnten, dass eigenwirtschaftliche Handlungsziele hier im Vordergrund gestanden haben. Insbesondere hat der Kläger weder zusätzliche private Einkäufe erledigt, noch hatte er an diesem Tag bereits weitere Gänge zur Nahrungsbeschaffung oder Nahrungsaufnahme außer Haus unternommen, vielmehr war er nach seinen glaubhaften Schilderungen seit 8:00 Uhr morgens mit betrieblichen Aufgaben befasst gewesen.
Das Aufsuchen der Metzgerei war auch die schnellste Möglichkeit, sich eine warme und sofort verzehrfertige Mahlzeit zu beschaffen, insbesondere konnte der Kläger am Unfalltag aufgrund der geplanten Fortsetzung der Online-Meetings gerade nicht beliebig viel Zeit aufwenden, um sich selbst eine warme Mahlzeit zuzubereiten - ungeachtet des Umstands, dass er seinen Angaben zufolge keine verzehrfertige Mahlzeit zu Hause gehabt hätte. Auch war nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls keine andere Person im Haushalt anwesend, die ein warmes Essen zubereitet hatte (denn auch die Lebensgefährtin des Klägers hatte das Haus verlassen, um ihrer Beschäftigung nachzugehen). Außerdem war es dem Kläger infolge des Arbeitens im Homeoffice auch verwehrt, eine ansonsten im Betrieb zur Verfügung stehende Kantine zu nutzen und so auf einfache und zeitsparende Art und Weise eine vollwertige warme Mahlzeit zu sich nehmen zu können.
3. Vor diesem Hintergrund war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Das BSG hat in seinem Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 7/12 R -, juris Rn. 22 ausgeführt, dass im Fall eines in Vollzeit als Heim- oder Telearbeiter Tätigen, der von vornherein seine gesamte Arbeitszeit "zu Hause" zu erbringen hat, möglicherweise aus Gleichheitsgründen zu fordern sein könnte, dass jedenfalls ein Weg täglich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln unter Versicherungsschutz stehen müsse. Aufgrund der Corona-Pandemie und den sich weiter entwickelnden technischen Möglichkeiten sind mittlerweile zahlreiche Beschäftigte im Homeoffice tätig. Auch nach Inkrafttreten des Betriebsmodernisierungsgesetzes ist in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur die Rechtslage bei Wegeunfällen zur Nahrungsaufnahme und -beschaffung aus dem Homeoffice heraus umstritten, so dass der Senat eine höchstrichterliche Klärung für erforderlich hält.