Auch wenn Durchschnittseinkommen zu berücksichtigen war, ist bei der Rücknahme einer abschließenden Festsetzung nach vorläufiger Leistungsbewilligung monatsweise zu beurteilen, ob begünstigende oder nichtbegünstigende Regelungen betroffen sind.
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. September 2021 aufgehoben und werden die Sachen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I
1
Die Beteiligten streiten um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 1.4. bis 30.9.2016. Die Kläger begehren die Auszahlung weiterer Leistungen iHv insgesamt 251,71 Euro für April sowie Mai 2016 und wenden sich gegen die Höhe der abschließenden Festsetzung der Leistungen für Juni bis September 2016.
2
Die Kläger zu 1 und 2 sind die Eltern der am 11.8.2010 geborenen Klägerin zu 3. Für die gemeinsam bewohnte Wohnung hatten sie Mietaufwendungen und Nebenkosten zu tragen. Die Klägerin zu 2 bezog monatlich Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit in unterschiedlicher Höhe. So erhielt sie neben den laufenden Bezügen im Monat November 2015 eine Jahressonderzahlung, im Monat Februar 2016 eine zusätzliche Einzelzahlung iHv "netto" 105,36 Euro (Leistungsprämie "LOB") und im Monat Juli 2016 eine Nachzahlung iHv "netto" 109,42 Euro. Für die Klägerin zu 3 wurde Kindergeld iHv monatlich 190 Euro gezahlt.
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Der Beklagte bewilligte den Klägern auf deren Fortzahlungsantrag für April bis September 2016 wegen des schwankenden Einkommens der Klägerin zu 2 zunächst vorläufig Leistungen für die einzelnen Monate in unterschiedlicher Höhe (Bescheid vom 15.3.2016) und setzte im Widerspruchsverfahren nach Vorlage aller Einkommensnachweise die Leistungen abschließend fest (Bescheid vom 9.5.2017). Er gelangte unter Anrechnung der laufenden Entgeltzahlungen und der Nachzahlung iHv netto 109,42 Euro aus Juli jeweils im Zuflussmonat sowie der nach seiner Auffassung auf sechs Monate aufzuteilenden Einzelzahlungen (der Jahressonderzahlung mit Zufluss im November 2015 und der Leistungsprämie "LOB" mit Zufluss im Februar 2016 iHv 105,36 Euro netto) zu dem Ergebnis, dass im April 2016 kein Leistungsanspruch bestehe, sodass deshalb für die übrigen Monate jeweils Leistungen ohne Bildung eines monatlichen Durchschnittseinkommens festzusetzen seien. Den daraus errechneten weiteren Anspruch iHv insgesamt 475,05 Euro zahlte der Beklagte den Klägern aus. Deren Widerspruch wies er sodann zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.5.2017).
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Mit ihren Klagen haben die Kläger geltend gemacht, die Einkommensanrechnung sei insbesondere unter Berücksichtigung der einmaligen Zahlungen teilweise fehlerhaft. Dem hat der Beklagte gestützt auf § 40 SGB II iVm § 44 SGB X durch einen "Änderungsbescheid im Klageverfahren" teilweise Rechnung getragen und die Leistungen für den Zeitraum vom 1.4. bis 30.9.2016 in abweichender Höhe errechnet (Bescheid vom 8.11.2019). Ausgehend davon, dass bei zutreffender Berücksichtigung des Einkommens in keinem Monat des Zeitraums von April bis September 2016 der Leistungsanspruch entfalle, sei nach § 41a Abs 4 Satz 1 SGB II aF Einkommen der Klägerin zu 2 als monatliches Durchschnittseinkommen anzurechnen. Die im November 2015 zugeflossene Jahressonderzahlung finde keine Berücksichtigung mehr, da bereits aufgrund des laufenden Einkommens ohne die Sonderzahlung die Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Zufluss- wie im Folgemonat entfallen sei. Die Ende Februar 2016 zugeflossene Zahlung iHv 105,36 Euro sei auf sechs Monate zu verteilen und im Bewilligungszeitraum in den Monaten April bis Juli 2016 mit je 17,56 Euro anzurechnen. Insgesamt ergebe sich danach ein Einkommen für April bis September 2016 iHv 5804,35 Euro, also ein monatliches Durchschnittseinkommen iHv 967,39 Euro. Auf dieser Grundlage errechnete der Beklagte für April und Mai 2016 für die Kläger jeweils einen gegenüber dem Bescheid vom 9.5.2017 höheren Leistungsanspruch und für Juni bis September 2016 einen niedrigeren. Gestützt auf § 41a Abs 6 Satz 2 SGB II rechnete er monatsübergreifend die bereits erbrachten Leistungen auf die nunmehr festgesetzten Leistungsansprüche an. Der sich im Vergleich zum Bescheid vom 9.5.2017 ergebende Nachzahlungsbetrag von 146,47 Euro ist den Klägern ausgezahlt worden.
5
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die für April und Mai 2016 höher festgesetzten Leistungen dürften nicht mit den geringer festgesetzten Leistungen für Juni bis September 2016 saldiert werden. Die abschließende Leistungsfestsetzung mit Bescheid vom 9.5.2017 sei zu ihren Ungunsten nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X abänderbar. Für April 2016 und Mai 2016 ergebe sich ein Nachzahlungsanspruch von insgesamt 398,18 Euro. Hierauf habe der Beklagte aufgrund des Bescheids vom 8.11.2019 bereits 146,47 Euro gezahlt, sodass ihnen zusätzliche Leistungen iHv 251,71 Euro auszuzahlen seien.
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Das SG hat die Klage(n) abgewiesen (Urteil vom 8.6.2020) und zur Begründung ausgeführt, die Kläger hätten den Festsetzungsbescheid vom 9.5.2017 insgesamt angefochten und damit rechnen müssen, dass, wenn nach ihrem Vortrag sich ein Leistungsanspruch für April 2016 ergebe, ein Durchschnittseinkommen dazu führen würde, dass der Leistungsanspruch in den anderen Monaten geringer ausfalle. Durch den Änderungsbescheid im Klageverfahren seien sie insgesamt günstiger gestellt worden.
7
Das LSG hat die auf Beschwerden der Kläger zugelassene(n) Berufung(en) zurückgewiesen (Urteil vom 21.9.2021). Der nur noch streitbefangene Bescheid vom 8.11.2019 sei nicht an § 45 SGB X zu messen. Er verbessere insgesamt die Rechtsposition der Kläger, auch wenn in einigen Monaten der Leistungsanspruch geringer als nach der ersten abschließenden Festsetzung sei. Denn ausnahmsweise sei keine monatsweise Betrachtung anzustellen, weil das Monatsprinzip durch § 41a SGB II mit dem Gebot einer Durchschnittsberechnung (§ 41a Abs 4 SGB II aF) und dem Gebot der monatsübergreifenden Saldierung (§ 41a Abs 6 SGB II) durchbrochen werde. Dadurch werde die abschließende Leistungsfestsetzung für die einzelnen Monate ausnahmsweise zu einem bloßen Berechnungselement, was auch sachgerecht sei, weil es sich um eine rückwirkende Betrachtung handele.
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Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen rügen die Kläger sinngemäß, das LSG habe zu Unrecht §§ 45, 48 SGB X nicht angewandt und seine Entscheidung auf § 41a Abs 6 Satz 2 SGB II gestützt. Die abschließende Leistungsfestsetzung mit Bescheid vom 9.5.2017 für Juni bis September 2016 sei nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X abänderbar gewesen, weil sich zum Nachteil der Kläger geringere Beträge ergeben hätten. Die Saldierungsvorschrift des § 41a Abs 6 Satz 2 SGB II greife im Übrigen nach ihrem Wortlaut bei der Korrektur einer bereits abschließenden Entscheidung, wie sie hier durch den Bescheid vom 9.5.2017 erfolgt sei, nicht nochmals ein. Nachzahlungen und Erstattungen würden deshalb nebeneinander stehen und eine Verrechnung könne nicht erfolgen.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landesozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. September 2021 sowie das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Juni 2020 und den Bescheid des Beklagten vom 8. November 2019 aufzuheben, soweit er die Monate Juni bis September 2016 betrifft, und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für April und Mai 2016 weitere 251,71 Euro zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
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Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X bzgl der abschließenden Festsetzung nach § 41a SGB II unterliege weiterhin den Regelungen der zugrundeliegenden Norm und damit auch der Saldierung und Erstattung gemäß § 41a Abs 6 Satz 2 und 3 SGB II.
II
12
Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sachen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet. Aufgrund fehlender Feststellungen insbesondere zu den Voraussetzungen der Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 45 SGB X vermag der Senat nicht zu entscheiden, ob der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist.
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1. Gegenstand der Revisionsverfahren ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen nur noch der (Änderungs) Bescheid vom 8.11.2019, den die Kläger teilweise anfechten; außerdem machen sie auf Grundlage dieses Bescheids die Auszahlung weiterer Leistungen geltend. Zwar hatten die Kläger mit ihrem Widerspruch zunächst den Bescheid über die vorläufige Bewilligung vom 15.3.2016 angegriffen. Doch ist dieser Bescheid bereits im Widerspruchsverfahren durch den Bescheid vom 9.5.2017 ersetzt worden, mit dem der Beklagte Leistungen für den Bewilligungszeitraum von April bis September 2016 abschließend in abweichender Höhe berechnet und Nachzahlungsansprüche festgesetzt hat. Der Bescheid vom 9.5.2017 hat den Bescheid über die vorläufige Bewilligung vom 15.3.2016 nach § 39 Abs 2 SGB X auf sonstige Weise erledigt (stRspr; zuletzt BSG vom 29.11.2022 - B 4 AS 64/21 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 44200 § 41a Nr 7 vorgesehen, RdNr 11) und ist nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, das sodann durch den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 16.5.2017 abgeschlossen wurde. Gegenstand des Klageverfahrens war deshalb zunächst der Bescheid vom 9.5.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 (§ 95 SGG). Doch haben sich diese Bescheide mit ihrer Änderung durch den Bescheid vom 8.11.2019 ebenfalls nach § 39 Abs 2 SGB X erledigt. Die Leistungsansprüche für April bis September 2016 sind durch den Bescheid vom 8.11.2019 insgesamt neu errechnet worden. Dadurch hat dieser Bescheid den Bescheid vom 9.5.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 vollständig ersetzt und ist nach § 96 Abs 1 SGG alleiniger Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Eines (neuen) Vorverfahrens bedarf es wegen dieser angeordneten automatischen Einbeziehung in das Klageverfahren nicht (vgl nur BSG vom 6.10.1994 - GS 1/91 - BSGE 75, 159, 166 = SozR 31300 § 41 Nr 7 S 7 <14>, juris RdNr 17; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 96 RdNr 1a, 11c).
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2. Die Klagen sind zulässig. Die Kläger verfolgen ihre Begehren, die Auszahlung weiterer Leistungen für April und Mai 2016 sowie die Aufhebung der Neufestsetzungen für Juni bis September 2016 einschließlich der Saldierung der Ansprüche, jeweils zutreffend mit einer echten Leistungs- und einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Alt 1, Abs 5, § 56 SGG). Bezogen auf Juni bis September 2016 ist die Anfechtungsklage die richtige Klageart, weil mit einer Aufhebung des Bescheids vom 8.11.2019 für diesen Teilzeitraum wieder die für die Kläger günstigeren Regelungen des Bescheids vom 9.5.2017 Bestand hätten. Damit würde zugleich auch die Grundlage für die Saldierung entfallen. Demgegenüber beanstanden die Kläger die Festsetzung höherer Leistungen im Bescheid vom 8.11.2019 bezogen auf April und Mai 2016 ausdrücklich nicht, sondern machen zulässigerweise unmittelbar weitere Zahlungsansprüche aus diesem Bescheid geltend, die sich bei einem Wegfall der Saldierung ergeben würden.
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3. Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 8.11.2019 ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht für den Juni bis September 2016 § 45 SGB X und (nur) für April und Mai 2016 § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Beide Vorschriften sind in Verfahren nach dem SGB II entsprechend anwendbar (§ 40 Abs 1 SGB II). Zudem ist § 330 Abs 2 SGB III entsprechend anwendbar (§ 40 Abs 2 Nr 3 SGB II), der bestimmt, dass unter den Voraussetzungen von § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit vorzunehmen ist, diese Entscheidung also nicht im Ermessen der Behörde steht. In der Sache regelt § 45 SGB X die Voraussetzungen einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte und § 44 SGB X die Rücknahme nichtbegünstigender Verwaltungsakte (vgl dazu nur Schütze in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, Vorbemerkungen zu §§ 4449 RdNr 1 f).
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Mit dem Bescheid vom 8.11.2019 hat der Beklagte die abschließende Festsetzung der Leistungsbewilligung, die durch den Bescheid vom 9.5.2017 erfolgt ist, mit Wirkung für die Vergangenheit wegen dessen Rechtswidrigkeit zurückgenommen. Diese Rücknahme betraf allerdings verschiedene in diesem Bescheid enthaltene Verwaltungsakte. Die Auslegung des Bescheids vom 9.5.2017 am Maßstab des Empfängerhorizonts, zu der auch das Revisionsgericht befugt ist (vgl dazu zuletzt BSG vom 15.2.2023 - B 4 AS 2/22 R - vorgesehen für BSGE und SozR 44200 § 20 Nr 25, RdNr 16 mwN; BSG vom 6.6.2023 - B 11 AL 38/21 R - RdNr 17, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 44200 § 20 Nr 25 vorgesehen) ergibt, dass mit diesem die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils für die einzelnen Kläger und jeweils monatlich für April bis September 2016 verfügt worden ist. Die in diesem Bescheid zuerkannten Leistungen werden ausdrücklich für jeden einzelnen Monat und für jeden Kläger individuell schon im Eingangssatz des Bescheids aufgeführt. Anhaltspunkte für personen- oder zeitraumübergreifende Regelungen finden sich nicht. Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass der Nachzahlungsbetrag am Ende des Bescheids in einer Summe ausgewiesen wird, denn dabei handelt es sich allein um die Mitteilung eines Rechenergebnisses verbunden mit dem Hinweis auf die beabsichtigte Überweisung dieses Betrags auf ein Bankkonto. An diese einzelnen Verwaltungsakte knüpft der Rücknahmebescheid vom 8.11.2019 an und regelt dementsprechend ebenfalls Leistungsansprüche für die einzelnen Kläger jeweils monatlich neu.
17
Hieraus folgt, dass die Frage, ob begünstigende oder nicht begünstigende Regelungen vorliegen, und damit, ob als Rechtsgrundlage für eine Rücknahme § 45 SGB X oder § 44 SGB X heranzuziehen ist, ebenfalls monatsweise zu beantworten ist. Denn es kommt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit darauf an, ob ein Verwaltungsakt - und nicht ein Bescheid, der verschiedene Verwaltungsakte zusammenfasst - im Zeitpunkt seines Erlasses mit der objektiven Sach- und Rechtslage übereingestimmt hat. Anderes kommt allenfalls dann in Betracht, wenn nach der Auslegung des oder der Bescheide von rechtlich einheitlichen Regelungen auszugehen wäre, was hier aber nach dem oben Gesagten nicht der Fall ist.
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a) Entgegen der Auffassung des LSG folgt nichts anderes aus § 41a SGB II aF (so auch Straßfeld, SGb 2023, 418, 423; Šušnjar, jurisPR-SozR 11/2022 Anm 1). Maßgebend ist die vom 1.8.2016 bis 31.3.2021 geltende Fassung, die die Vorschrift durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 (Rechtsvereinfachungsgesetz, BGBl I 1824; im Folgenden: aF) erhalten hat. Nach § 80 Abs 2 Nr 2 SGB II aF ist § 41a SGB II für Bewilligungsabschnitte, die - wie hier - vor dem 1.8.2016 noch nicht beendet waren, bei abschließender Entscheidung über eine zunächst vorläufige Bewilligung anwendbar. Dass der Bewilligungsabschnitt bereits vor dem 1.8.2016 begann und die vorläufige Bewilligung noch nach der bis zum 31.7.2016 maßgeblichen Rechtslage erfolgte, ist ohne Bedeutung (BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - BSGE 126, 294 = SozR 44200 § 41a Nr 1, RdNr 21 ff).
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Nach dem Wortlaut von § 41a Abs 4 Satz 1 SGB II aF ist zwar das monatliche Durchschnittseinkommen im Bewilligungszeitraum bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches zugrunde zu legen, wenn keiner der Ausnahmetatbestände des Satzes 2 vorliegt. Allerdings nimmt die Regelung ausdrücklich Bezug auf die "Feststellung des Leistungsanspruches nach Absatz 3". § 41a Abs 3 Satz 1 SGB II aF wiederum sieht vor, dass der "monatliche Leistungsanspruch" abschließend festzusetzen ist (vgl Šušnjar, jurisPR-SozR 11/2022 Anm 1). Dies entspricht dem sogenannten Monatsprinzip im Grundsicherungsrecht (vgl dazu BSG vom 5.9.2007 - B 11b AS 15/06 R - BSGE 99, 47 = SozR 44200 § 11 Nr 5, RdNr 42; BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - SozR 44200 § 11 Nr 81 RdNr 18 f; BSG vom 7.12.2017 - B 14 AS 8/17 R - RdNr 23; aus jüngerer Zeit BSG vom 29.3.2022 - B 4 AS 24/21 R - SozR 44200 § 11b Nr 15 RdNr 23 ff). Die mit dieser gesetzlichen Bestimmung beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung (vgl BT-Drucks 18/8041 S 53; s auch BSG vom 11.7.2019 - B 14 AS 44/18 R - SozR 44200 § 41a Nr 2 RdNr 24 ff) liegt in der Vereinfachung der Einkommensanrechnung durch Berücksichtigung von Durchschnittsbeträgen auf der Stufe der Berechnung, erfordert aber keine monatsübergreifende Regelung im Außenverhältnis.
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b) Bezogen auf den Bescheid vom 8.11.2019 folgt daraus, dass nur für April und Mai 2016 auf der Grundlage von § 44 SGB X für alle Kläger die Rücknahme der Verwaltungsakte im Bescheid vom 9.5.2017 erfolgen durfte, weil nur insoweit rechtswidrige nichtbegünstigende Verwaltungsakte betroffen waren. Der Beklagte hat entsprechend den Voraussetzungen dieser Vorschrift für diese Monate zunächst einen zu niedrigen Leistungsanspruch zuerkannt, dadurch zu Unrecht Sozialleistungen nicht erbracht und dies zugunsten der Kläger korrigiert. Im Gegensatz dazu sind für Juni bis September 2016 mit dem Bescheid vom 9.5.2017 zu Unrecht jeweils höhere als den Klägern materiell-rechtlich zustehende monatliche Leistungsansprüche zuerkannt worden. Die Korrektur dieser Verwaltungsakte, die einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet hatten, ist deshalb an § 45 SGB X zu messen.
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Die materielle Rechtmäßigkeit der abschließenden Entscheidung über die Leistungsansprüche bestimmt sich nach § 41a SGB II aF. Bei der Rücknahme eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kommt es - in Abgrenzung zu § 48 Abs 1 SGB X - darauf an, ob der Fehler der Rechtsanwendung dem Verwaltungsakt von Anfang an anhaftet (vgl nur BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 10/20 R -SozR 41300 § 45 Nr 23 RdNr 22; Schütze in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 44 RdNr 6). Dies kann - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - nicht anders als anhand der anwendbaren ursprünglichen Rechtsgrundlage beurteilt werden. Es handelt sich auch bei der Änderung bzw Rücknahme einer abschließenden Festsetzung nach vorläufiger Bewilligung in der Sache weiterhin um eine abschließende Festsetzung nach vorläufiger Bewilligung.
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c) Daran gemessen waren die in dem ersetzten Bescheid über die abschließende Festsetzung vom 9.5.2017 enthaltenen Verwaltungsakte rechtswidrig. Nach § 41a Abs 3 Satz 1 SGB II aF entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht. Bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs ist nach § 41a Abs 4 Satz 1 SGB II aF als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen, soweit keine Ausnahmetatbestände nach § 41a Abs 4 Satz 2 SGB II aF vorliegen. Als monatliches Durchschnittseinkommen ist nach § 41a Abs 4 Satz 3 SGB II aF für jeden Kalendermonat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Damit stellt § 41a Abs 4 SGB II aF eine spezialgesetzliche Ausnahme von den allgemeinen Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung dar. Die Vorschrift erfasst alle Arten von Einkommen im Bewilligungszeitraum und bezieht alle Monate des Bewilligungszeitraums in die Bildung des Durchschnittseinkommens ein (vgl BSG vom 11.7.2019 - B 14 AS 44/18 R - SozR 44200 § 41a Nr 2 RdNr 18 ff). Rechtsgrundlage für die vom Beklagten vorgenommene Saldierung der sich für die einzelnen Monate des Bewilligungsabschnitts ergebenden Nachzahlungs- und Überzahlungsbeträge ist § 41a Abs 6 Satz 2 SGB II. Danach sind, soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Weil eine Saldierung damit also voraussetzt, dass die abschließend festgestellten Leistungen feststehen, kann sie erst in einem zweiten Schritt vorgenommen werden und hat im Übrigen auch wegen des individuellen Charakters der Leistungsansprüche personenbezogen zu erfolgen (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 41a RdNr 495, Stand Juli 2023).
23
Der Beklagte hatte im Bescheid vom 9.5.2017 das Recht unrichtig angewandt, indem er auf die Leistungsansprüche der grundsätzlich leistungsberechtigten Kläger eine im November 2015 der Klägerin zu 2 zugeflossene Einmalzahlung noch im April 2016, also im hier streitbefangenen Zeitraum, teilweise als Einkommen berücksichtigt hat. Dem stand nach dem Gesamtzusammenhang der für den Senat bindenden Feststellungen des LSG entgegen, dass im November und Dezember 2015 unabhängig von der Einmalzahlung schon wegen anderer Einkünfte keine Hilfebedürftigkeit vorlag, deshalb in diesen Monaten schon kein Leistungsanspruch der Kläger bestand und deshalb auch weiteres Einkommen nicht von Belang war. Wegen dieser unzutreffenden Einkommensberücksichtigung war der Beklagte zu dem unrichtigen Ergebnis gelangt, dass jedenfalls im April 2016 der Leistungsanspruch durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Feststellung nachgewiesene zu berücksichtigende Einkommen entfallen sei und damit der Ausnahmetatbestand des § 41a Abs 4 Satz 2 Nr 2 SGB II aF vorgelegen habe, der der Berücksichtigung eines Durchschnittseinkommens entgegenstehe. Stattdessen haben die Voraussetzungen von § 41a Abs 4 Satz 2 Nr 2 SGB II aF für eine monatsgenaue Berechnung nicht vorgelegen, denn ein Leistungsanspruch für April 2016 hat bestanden. Auch die Ausnahmetatbestände des § 41a Abs 4 Satz 2 Nr 1 SGB II aF (verletzte Mitwirkungsobliegenheit) und § 41a Abs 4 Satz 2 Nr 3 SGB II aF (Antrag auf monatsgenaue Abrechnung) lagen nicht vor. Die Sach- und Rechtslage bot insbesondere keine Anhaltspunkte für eine Beratungspflicht des Beklagten gegenüber den Klägern über ein solches Antragsrecht, sodass diese auch über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl dazu im Hinblick auf § 41a Abs 4 Satz 2 Nr 3 SGB II aF nur Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 41a RdNr 57 f) nicht so zu behandeln sind, als ob sie einen Antrag auf monatsgenaue Abrechnung gestellt hätten. Im Ergebnis war deshalb nach § 41a Abs 4 Satz 1 SGB II aF bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen.
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d) Allerdings kann der Senat nicht abschließend über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 8.11.2019 befinden, denn bezogen auf die Leistungsansprüche für Juni bis September 2016 fehlt es zunächst an Feststellungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X. Eine Rücknahme nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit ist nur unter besonderen Einschränkungen rechtmäßig, die sich aus den Abs 24 ergeben. Bisher hat das LSG keine Tatsachen festgestellt, die eine Beurteilung zulassen, ob hier solche Einschränkungen vorliegen. Diese Feststellungen sind im wieder eröffneten Berufungsverfahren nachzuholen. Anders als das LSG meint, kommt in diesem Zusammenhang dem Grundsatz von Treu und Glauben keine eigenständige Bedeutung zu. Die §§ 45 ff SGB X enthalten in ihrem Anwendungsbereich eine spezielle und abschließend gedachte Regelung des Vertrauensschutzes bei der Korrektur von Verwaltungsakten. Der Gesetzgeber hat damit ein abgestuftes Vertrauensschutzkonzept geschaffen und zugleich eine gesetzliche Interessenabwägung, die die Sozialgerichte nicht pauschal durch allgemeine, aus der Generalklausel von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitete Vertrauensschutzerwägungen ersetzen können (vgl BSG vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/15 R - SozR 41300 § 48 Nr 31 RdNr 23). In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird das LSG zu beurteilen haben, ob eine Anhörung erforderlich oder nach § 24 Abs 2 Nr 3 SGB X entbehrlich war und ob eine solche ggf stattgefunden hat oder nachgeholt wurde.
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Sollte das LSG von einer Berechtigung des Beklagten zur Rücknahme nach § 45 SGB X ausgehen, hätte es im Übrigen weitere Feststellungen jedenfalls zu dem Ende Februar 2016 ausgezahlten Betrag iHv "netto" 105,36 Euro zu treffen. Ob es sich bei dieser Zahlung um eine aufzuteilende Einmalzahlung handelt, lässt sich nicht ohne weiteres beurteilen. Aus der Bezeichnung Leistungsprämie oder "LOB"-Prämie und dem festgestellten Zahlungszeitpunkt ergibt sich nicht, ob die Zahlung zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt, ggf sogar als Teil davon, ausgezahlt worden und diesem möglicherweise noch zuzurechnen ist. Es ist auch offen, aus welchem Rechtsgrund (vgl dazu BSG vom 24.4.2015 - B 4 AS 32/14 R - SozR 44200 § 11 Nr 72 RdNr 16 ff) und in welchen zeitlichen Abständen diese Zahlung erfolgte sowie, ob sie als Nachzahlung anzusehen ist, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wurde. Die genannten Umstände, die das LSG in erster Linie anhand der arbeitsrechtlichen Grundlagen für die Zahlung und uU auch unter Berücksichtigung der Zahlungspraxis aufzuklären haben wird, sind für die Beurteilung maßgebend, ob eine Aufteilung als Einmalzahlung iS von § 11 Abs 3 SGB II in der hier anwendbaren bis zum 30.6.2023 geltenden Fassung überhaupt in Betracht kommt.
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Sollten die Feststellungen ergeben, dass eine aufzuteilende Einmalzahlung vorliegt, könnte im Übrigen die Rechtsprechung des 7. Senats des BSG zur gleichzeitigen Berücksichtigung von laufendem und aufzuteilendem Erwerbseinkommen von Bedeutung sein. Danach kommen Erwerbstätigenfreibeträge auch kumulativ in Betracht (vgl BSG vom 18.5.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - SozR 44200 § 41a Nr 5 RdNr 30). Hierfür wäre zudem der dann ebenfalls noch zu ermittelnde "Bruttobetrag" der Einmalzahlung maßgebend. Denn die Höhe des Erwerbstätigenfreibetrags ist ausgehend vom Bruttobetrag zu errechnen (vgl dazu BSG vom 29.3.2022 - B 4 AS 24/21 R - SozR 44200 § 11b Nr 15 RdNr 29) und erst dann neben den weiteren Absetzbeträgen von der Einnahme in Abzug zu bringen (vgl BSG vom 18.5.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - SozR 44200 § 41a Nr 5 RdNr 29 f).
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Soweit sich danach der monatliche Verteilbetrag für April bis September 2016 abweichend darstellen sollte, hätte das LSG auf dieser Grundlage das zu berücksichtigende Durchschnittseinkommen zu errechnen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche der Kläger für die einzelnen Monate zu ermitteln. Dies wiederum hätte Einfluss auf die auf der Grundlage von § 41a Abs 6 Satz 2 SGB II im weiteren vorzunehmende Saldierung (vgl Šušnjar, jurisPR-SozR 11/2022 Anm 1), die Auswirkungen auf die Höhe der mit der Leistungsklage geltend gemachten Zahlungsforderung für April und Mai 2016 haben kann. Für diese Monate kommen indessen höhere Leistungsansprüche als durch die Verfügungen im Bescheid vom 8.11.2019 zuerkannt nicht in Betracht, denn die Kläger haben diese Verfügungen ausdrücklich nicht angefochten.
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Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.