I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger begehrt die Kostenübernahme einer Epilation seiner Körperbehaarung.
Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich gegen Krankheit versichert.
Mit Schreiben vom 23.04.2019 beantragte er bei der Beklagten die streitgegenständliche Epilationsbehandlung.
Er trug vor, dass aufgrund seiner sehr ausgeprägten Behaarung am Oberkörper seine behandelnden Physiotherapeuten geäußert hätten, dass eine Behandlung seiner Beschwerden wegen der Behaarung sehr schlecht möglich sei und er jetzt die Entfernung dieser Behaarung durchführen lassen müsse. Diesbezüglich habe er bereits mehrere Befundberichte seiner behandelnden Ärzte zukommen lassen und es lägen der Krankenkasse auch bereits Fotos der Ausmaße seiner Rückenbehaarung vor.
Von einer Ärztin sei ihm geraten worden, sich in der Hochschulambulanz der Dermatologie in der U. vorzustellen, da hier Behandlungen auf Versichertenkarte durchgeführt werden könnten. Durch die Hochschulambulanz der Dermatologie in der U. sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass hier keine Epilationsbehandlungen durchgeführt würden, sondern diese über die Privatambulanz der Hautklinik in der Uniklinik durchgeführt würden.
Es sei ihm durch die Beklagte zwar bereits mehrfach mitgeteilt worden, dass die Kosten für eine Epilationsbehandlung bei dieser Methode nicht übernommen würden. Es sollten für eine Behandlung jedoch zumindest die Kosten übernommen werden, wie sie durch eine Methode der Krankenkasse übernommen werden könnten.
Vorgelegt wurde ein Bericht der Medizinischen Klinik 1 im U. (Endokrinologie) vom 20.02.2019 sowie ein Bericht der Hautklinik vom 12.03.2019 mit der Empfehlung einer Laserepilation.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 30.04.2019 eine Kostenübernahme ab.
Zum einen sei die Behandlung durch Nichtvertragsärzte, wie z.B. Dr. S. - Privatambulanz der Hautklinik - von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse ausgenommen.
Zum anderen könnten Enthaarungstherapien (Epilationen) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung nur in einem definierten Umfang erbracht werden. Einzelheiten hierzu regle die EBM: "...Epilationen durch Elektrokoagulation im Gesicht und/oder an den Händen bei krankhaften und entstellendem Haarwuchs..."
Mit anderen Methoden, z.B. Laser oder IPL oder an anderen als den genannten üblicherweise frei getragenen Körperarealen könne somit nicht zu Lasten der GKV behandelt (epiliert) werden.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 30.05.2019 Widerspruch.
Auf dieses Schreiben wird verwiesen.
Darüber hinaus wandte sich der Kläger mit einem weiteren Schreiben vom 15.07.2019 an die Beklagte. Beigefügt waren weitere Arztbriefe (darunter einer der Med. Klinik 1 vom 26.03.2019, aus dem hervorgeht, dass man dem Kläger geraten habe, sich wegen der von ihm empfunden psychischen Belastung an einen Psychiater zu wenden), sowie drei Rechnungen über privatärztliche ambulante Behandlungen in der Universitätsklinik E. (Rechnung vom 29.03.2019, Untersuchung/Beratung, 48,26€; Rechnung vom 15.05.2019, Beratung, 40,22€; Rechnung vom 31.05.2019, Untersuchung/Beratung/Laserbehandlung, 396,46€).
Mit Bescheid vom 25.07.2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit komme Krankheitswert im Rechtssinne zu. Die Rechtsprechung des BSG habe diese Grundvoraussetzung für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht vielmehr dahingehend präzisiert, dass eine Krankheit nur vorliege, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirke. Eine Entstellung liege vor, wenn eine körperliche Auffälligkeit schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen - quasi im Vorbeigehen - sichtbar werde.
Zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen habe die Beklagte bereits im Jahr 2017 und 2018 in einem vergleichbaren Antragsverfahren den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) um eine Beurteilung gebeten. In seinen Stellungnahmen vom 20.12.2017 und 26.02.2018 sei der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antrag nicht befürwortet werden könne. Nach seinen Angaben liege im Falle des Klägers schon keine behandlungsbedürftige Krankheit in dem obengenannten Sinne vor. Die vermehrte Körperbehaarung sei als Normvariante anzusehen und habe keinen Krankheitswert.
Zudem stelle die Epilation keine zweckmäßige Behandlung der nach Angaben des Klägers durch die Körperbehaarung verursachten Folgeerkrankungen (Pilz, Follikulitis, Ekzem) dar. Es sei nicht evident, dass diese Erkrankungen nach durchgeführter Epilation nicht mehr fortbestehen würden, da diese Krankheitsbilder auch Patienten ohne Hypertrichose betreffen würden.
Mit Schreiben vom 26.08.2019 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg.
Auf dieses Schreiben wird verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß
den Bescheid des Beklagten vom 22.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Laserepilation des Rumpfes zu übernehmen sowie ihm Kosten in Höhe von 484,94€ zu erstatten.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Zeitgleich mit dem hiesigen Verfahren war beim Sozialgericht das Verfahren S 7 KR 619/18 anhängig. Auch in diesem Verfahren begehrte der Kläger die Kostenübernahme für eine Laserepilation. In diesem Verfahren lehnte die Vorsitzende den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 25.04.2019 ab. Eine Beschwerde des Klägers hiergegen blieb ohne Erfolg (Bayerisches LSG, Beschluss vom 26.02.2020, L 20 KR 345/19 B PKH).
Die Vorsitzende regte aufgrund der übereinstimmenden Streitgegenstände ein Ruhen des Verfahrens an, woraufhin der Kläger mitteilte, dass er beantrage, dass der Streitgegenstand von einer Epilationsbehandlung auf eine Laserbehandlung abgeändert werde, da angeblich hierfür dann von der Beklagten die Kosten übernommen werden könnten.
Mit Schreiben vom 29.06.2020 wurden die Beteiligten zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.
Das Verfahren S 7 KR 619/18 wurde ebenfalls mit Gerichtsbescheid vom 28.07.2020 beendet.
Der Wunsch des Klägers zur Durchführung einer Epilationsbehandlung war bereits Gegenstand des Verfahrens S 7 KR 393/03. Gegen die hier erfolgte Klageabweisung blieben sowohl die Berufung zum LSG (L 4 KR 101/04) als auch eine Beschwerde zum BSG (B 1 KR 84/04 B) ohne Erfolg.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Vorverfahrens S 7 KR 393/03, die Akte des Verfahrens S 7 KR 619/18 sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gem. § 105 SGG entscheiden, weil die Sache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Kläger mit der Mitteilung, er begehre nunmehr eine "Laserbehandlung" eine zulässige Klageänderung gem. § 99 SGG vorgenommen hat. Aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und seinem Behandlungswunsch in der Privatambulanz ist bereits anzunehmen, dass stets eine solche Behandlung mittels Laserepilation gewünscht war.
Ein Anspruch des Klägers besteht jedoch weder auf eine - in bestimmten Fällen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse erbringbaren - Nadelepilation noch auf eine Laserepilation.
Der geltend gemachte Anspruch auf Krankenbehandlung setzt gemäß § 27 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) voraus, dass die Behandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Es fehlt im vorliegenden Fall schon an der grundlegenden Voraussetzung einer Krankheit. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung wird als Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand definiert, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Für die Feststellung der Regelwidrigkeit ist vom Leitbild des gesunden Menschen auszugehen, der zur Ausübung normaler körperlicher und psychischer Funktionen in der Lage ist. Vorausgesetzt wird hier eine erhebliche Abweichung, nur geringfügige Störungen, die keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen zur Folge haben, reichen nicht aus. Behandlungsbedürftigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn durch den regelwidrigen Gesundheitszustand die körperlichen oder geistigen Funktionen in einem so beträchtlichen Maße eingeschränkt sind, dass ihre Wiederherstellung der Mithilfe des Arztes, also der ärztlichen Behandlung bedarf (A-Stadter Kommentar-Höfler, § 27 SGB V, Rdnr.9, 12, 19 m.w.N. der Rechtsprechung des (BSG)).
Im vorliegenden Fall ist ärztlich nicht belegt, dass die Behaarung des Klägers an den Oberarmen, Schultern und am Rücken derart ausgeprägt ist, dass von einem erheblich regelwidrigen Körperzustand gesprochen werden kann, der ihn an der Ausübung normaler körperlicher Funktionen hindert. Bereits die behandelnde Hautärztin hat in der im Vorverfahren vorgelegten Bescheinigung vom 08.08.2002 festgestellt, es liege ein klinisch ausgeprägtes typisch männliches Behaarungsmuster vor. Das Gutachten des MDK vom 11.03.2003 stellt - ebenfalls im Rahmen des Vorverfahrens - gleichfalls eine kräftige Ausprägung der Behaarung fest, verneint jedoch Auffälligkeiten bezüglich entzündlicher Veränderungen, Akne oder ähnlichem. Auch danach fehlt es an einem Krankheitswert.
In der damaligen Berufungsentscheidung (aaO) führt das LSG aus, selbst wenn man ungeachtet dieser ärztlichen Stellungnahmen von einem erheblich regelwidrigen körperlichen Zustand ausgehen würde, der den Kläger an der Ausübung normaler körperlichen Funktionen hindern würde, es für die Annahme einer Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung an der Behandlungsbedürftigkeit fehle, da, wie der Gutachter des MDK am 11.03.2003 festgestellt habe, die Behaarung vor Massagen durch Einsatz von Epilationsmaßnahmen (Enthaarungscreme) beseitigt werden könne. Zu diesem Ergebnis sei auch die gutachtliche Stellungnahme des MDK vom 29.08.2002 gelangt.
Die Vorsitzende schließt sich den damaligen Feststellungen uneingeschränkt an. Für die weiter vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsstörungen (Pilz etc.) ist schon nicht nachvollziehbar, wie die Epilationsbehandlung einen positiven Effekt auf diese ausüben könne, da auch Versicherte ohne ausgeprägten Haarwuchs von solchen Erkrankungen betroffen sind. Darüber hinaus stehen dem Kläger fachdermatologische Behandlungsmöglichkeiten offen.
Es kann offen bleiben, ob die nunmehr begehrte Laserepilation eine neue Behandlungsmethode ist, die zum Leistungsspektrum der vertragsärztlichen Versorgung zählt oder wegen des Erlaubnisvorbehalts nach § 135 Abs.1 Nr.1 SGB V, wonach neue Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V bedürfen, von der Leistungserbringung zu Lasten der Beklagten ausgeschlossen ist. Zwar gehört die Epilation von Haaren durch Elektrokoagulation im Gesicht oder an den Händen bei krankhaftem und entstellendem Haarwuchs zu den Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung im Fachgebiet der Dermatologie (Nr.906 E-GO). Es spricht jedoch nichts für die Annahme eines krankhaften oder entstellenden Befundes.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.