Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.06.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld.
Der 0000 geborene Kläger stand bis zum 30.04.2009 in einem Arbeitsverhältnis. Ab dem 01.03.2009 bezog er von der DRV C. (DRV) eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 29.05.2018 lehnte die DRV die Weiterbewilligung der Rente ab dem 01.07.2018 ab, da keine Erwerbsminderung mehr vorliege. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und erhob nach der Zurückweisung Klage bei dem Sozialgericht Dortmund (S 108 R 18/20), die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates noch anhängig war.
Nach dem Erhalt des Ablehnungsbescheides der DRV meldete sich der Kläger am 05.06.2018 persönlich zum 01.07.2018 arbeitsuchend und beantragte am 18.06.2018 Arbeitslosengeld. Die Frage, ob er alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen werde, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, beantwortete er mit „Nein“. Außerdem gab er an, bestimmte Beschäftigungen aus gesundheitlichen Gründen und aufgrund von Pflege nicht mehr ausüben zu können. In einem persönlichen Gespräch am 18.06.2018 wurde der Kläger von der Mitarbeiterin der Beklagten Q. auf die nach deren Auffassung gegebenen leistungsrechtlichen Konsequenzen dieser Aussage hingewiesen. Er blieb dabei und gab an, sich „wahrscheinlich“ krankschreiben zu lassen. Der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie G. bescheinigte dem Kläger am gleichen Tag Arbeitsunfähigkeit ab dem 18.06.2018 aufgrund einer psychischen Erkrankung, die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wurde mehrfach verlängert und dauerte jedenfalls bis zum 14.11.2022 an.
Am 14.06.2018 beantragte der Kläger Leistungen nach dem SGB II bei dem Jobcenter S.. Dieses lehnte den Antrag zunächst ab, da der Kläger nicht erwerbsfähig sei. Auf den Widerspruch wurden dem Kläger als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit seinem Sohn und seiner Ehefrau aufstockende Leistungen mit Bescheid vom 10.10.2018 für Juli 2018 und August 2018 bewilligt. Ab September 2018 war der Bedarf durch das Einkommen der Ehefrau und des Sohnes gedeckt.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 18.06.2018 ab, da der Kläger subjektiv nicht verfügbar und damit nicht arbeitslos sei. Der Kläger legte am 22.06.2018 Widerspruch ein. Ihm sei das Arbeitslosengeld im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung zu gewähren. Zwar habe die DRV die Weiterbewilligung der Rente bereits abgelehnt, ausnahmsweise könne aber dennoch die Nahtlosigkeitsregelung greifen, wenn die Entscheidung des Rententrägers bereits längere Zeit zurückliege oder sich das Leistungsvermögen deutlich verschlechtert habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2018 zurück. Der Kläger sei trotz einer entsprechenden Belehrung in dem Gespräch am 18.06.2018 bei seiner Aussage geblieben und habe ergänzend mitgeteilt, nicht drei Stunden am Tag arbeiten zu können. Dies widerspreche den Feststellungen der DRV. Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 27.07.2018 Klage erhoben (S 23 AL 615/18). Seine Aussage bei der Beklagten sei dahingehend zu verstehen, dass er sich subjektiv nicht in der Lage sehe, drei Stunden und mehr zu arbeiten. Ob dies auch objektiv der Fall sei, werde im Rentenverfahren geklärt. Da er Rente beanspruche sei es nur konsequent, eine entsprechende Aussage zu treffen.
Der Kläger hat sich am 04.10.2018 wieder persönlich arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt. Die Frage, ob er alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen werde, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, hat er wiederum mit „Nein“ beantwortet und angegeben, keine Arbeit mehr ausüben zu können. Gleichzeitig hat wieder ein persönliches Gespräch mit dem Kläger stattgefunden, nach dem Protokoll liege Verfügbarkeit ohne Einschränkungen vor. Aufgrund der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bis zum 22.10.2018 ist der Kläger auf die Inanspruchnahme von Krankengeld verwiesen worden.
Die Beklagte hat den Antrag mit Bescheid vom 08.10.2018 abgelehnt, da der Kläger subjektiv nicht verfügbar und damit nicht arbeitslos sei. Auf einen Widerspruch des Klägers ist der Bescheid aufgehoben worden. Die Beklagte war zu dem Ergebnis gekommen, sich nicht auf fehlende subjektive Verfügbarkeit berufen zu können. Gleichzeitig hat die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 17.10.2018 wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers erneut abgelehnt. Der Kläger hat dagegen Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2018 zurückgewiesen worden ist.
Der Kläger hat am 16.11.2018 Klage gegen die Bescheide vom 08.10.2018 und 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 erhoben (S 23 AL 954/18) und sich wieder auf die Nahtlosigkeitsregelung berufen. Diese gelte ausnahmsweise auch, wenn die Rentenversicherung den Rentenantrag bereits abgelehnt habe, soweit die Entscheidung bereits längere Zeit zurückliege oder sich das Leistungsvermögen verschlechtert habe.
Das Sozialgericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 19.02.2020 verbunden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab 01.07.2018 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2018 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.10.2018 sowie des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab 04.10.2018 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte hat im Klageverfahren eine nach Aktenlage erstellte sozialmedizinische Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 18.12.2018 vorgelegt. Danach bestehe ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden am Tag. Nach einer ebenfalls nach Aktenlage in Anlehnung an ein im Rentenverfahren eingeholtes Gutachten erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme der Beklagten vom 12.07.2021 bestehe demgegenüber ein vollschichtiges Leistungsvermögen.
Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 13.06.2022, dem Kläger zugestellt am 26.07.2022, abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2018, da es an der subjektiven Verfügbarkeit gefehlt habe. Er sei nicht bereit gewesen, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. Für die Zeit ab dem 04.10.2018 fehle es an der objektiven Verfügbarkeit, da der Kläger bei der Arbeitslosmeldung arbeitsunfähig gewesen sei und damit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe.
Der Kläger hat am 24.08.2022 Berufung eingelegt. Er begehrt Arbeitslosengeld und bezieht sich dabei auf die Nahtlosigkeitsregelung. Er sei nicht mehr erwerbfähig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.06.2022 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 sowie des Bescheides vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie des Jobcenters, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2 SGG). Die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG iHv 750 € wird erreicht. Das vom Kläger begehrte Arbeitslosgengeld beträgt kalendertäglich 28,87 €, so dass die Berufungssumme bei einer Anspruchsdauer von zwölf Monaten überschritten wird.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zurecht abgewiesen. Der Bescheid vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 und der Bescheid vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2018 und der Bescheid vom 17.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018. Der Bescheid vom 08.10.2018 ist nicht Gegenstand des Verfahrens, da er zurückgenommen und durch den Bescheid vom 17.10.2018 ersetzt worden ist (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Die Kläger erfüllt die Voraussetzungen der §§ 136, 137 Abs. 1 SGB III insoweit, als er das für die Regelaltersrente iSd SGB VI erforderliche Lebensalter noch nicht erreicht (§ 136 Abs. 2 SGB III), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (§ 141 SGB III) und die Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) erfüllt hatte (§ 26 Abs. 2 Nr. 3 SGB III).
Der Kläger war jedoch nicht arbeitslos iSv § 138 Abs. 1 SGB III. Danach ist arbeitslos, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Der Kläger war nicht verfügbar iSv § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Nach § 138 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Der Kläger war bei seiner Arbeitslosmeldung am 05.06.2018 nicht bereit, jede zumutbare Beschäftigung iSd § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III auszuüben oder an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilzunehmen (subjektive Verfügbarkeit), denn er hat die Frage, ob er alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen werde, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, mit „nein“ beantwortet.
Die Nahtlosigkeitsregelung des § 145 SGB III schützt den Kläger entgegen seiner Auffassung insoweit nicht. Nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch eine Person, die allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil sie wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung ihrer Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Nach § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III trifft die Feststellung, ob eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Nahtlosigkeitsregelung entfaltet zugunsten des Versicherten eine Sperrwirkung. Diese Sperrwirkung hat zur Folge, dass die BA sich nicht auf ein aus gesundheitlichen Gründen aufgehobenes Leistungsvermögen berufen darf, solange der Rentenversicherungsträger nicht festgestellt hat, dass das gesundheitliche Leistungsvermögen aufgehoben ist. Die Sperrwirkung ist auf die objektive Verfügbarkeit (§ 138 Abs. 5 Nr. 1 und 2 SGB III) beschränkt, dh die gesundheitliche Fähigkeit, eine zumutbare Beschäftigung iSd 3 138 Abs. 5 Nr. 1 ausüben zu können bzw. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung Folge leisten zu können. Hinsichtlich der subjektiven Verfügbarkeit – der entsprechenden Bereitschaft des Arbeitslosen iSd § 138 Abs. 5 Nr. 3 und 4 SGB III – entfaltet § 145 SGB III keine Sperrwirkung zugunsten des Versicherten (BSG Urteil vom 09.09.1999 – B 11 AL 13/99 R). Damit fehlt es an der subjektiven Verfügbarkeit und damit einer Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn der Arbeitslose nach der Bejahung des objektiven Leistungsvermögens weiter darauf beharrt, nicht arbeitsfähig zu sein (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.09.2011 – L 12 AL 4286/10; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 145 Rn. 42).
Der Senat lässt offen, ob die Nahtlosigkeitsregelung bis zur Entscheidung des Rentenversicherungsträgers anwendbar sein kann, wenn sich eine mehr als sechsmonatige Minderung der Leistungsfähigkeit nicht sicher ausschließen lässt, etwa nach längerem Krankengeldbezug (in diesem Sinne LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 24.08.2006 – L 4 AL 57/04). Es bedarf keiner Entscheidung, ob in diesen Fällen aus der Zuweisung der Feststellungsbefugnis an den Rentenversicherungsträger (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III) abzuleiten sein könnte, dass bis zu dessen Entscheidung der Versicherte erklären darf, dass er sich gesundheitlich nicht zu einer Arbeitstätigkeit oder Maßnahmeteilnahme in der Lage sieht und dennoch als verfügbar anzusehen ist (vgl. dazu Valgolio in: Hauck/Noftz SGB III, § 145 Rn. 42 ff.). Denn im vorliegenden Fall hatte der Rentenversicherungsträger bereits positiv festgestellt, dass der Kläger wieder erwerbsfähig ist. Eine Anspruchsbegründung mittels der Nahtlosigkeitsregelung entfällt jedenfalls, wenn - wie hier - die Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bereits über die verminderte Erwerbsfähigkeit entschieden hatte. Die Feststellung, ob verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, ist durch § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung vorbehalten, womit zugleich das (ggfs. mit einem Bescheid nach § 48 SGB X umzusetzende) Ende für die besondere Leistung nach § 145 SGB III markiert ist (BSG Urteile vom 30.01.2002 – B 5 RJ 6/01 R und vom 29.04.1998 – B 7 AL 18/97 R). Eine bestimmte Form der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers sowie ein bestimmtes Verfahren sind gesetzlich nicht vorgesehen (BSG Urteil vom 29.04.1998 – B 7 AL 18/97 R). Die Entscheidung kann sowohl im Rahmen eines Rentenverfahrens durch den für die Gewährung der Rente zuständigen Rentenversicherungsträger als auch in anderer Form erfolgen. Im vorliegenden Verfahren hat der zuständige Träger die Entscheidung getroffen, als er die Weiterbewilligung der Rente des Klägers ab dem 01.07.2018 mit Bescheid vom 29.05.2018 abgelehnt hat.
Der Umstand, dass der Kläger gegen die Rentenablehnung geklagt hat und diese bei seiner Arbeitslosmeldung noch nicht bestandkräftig war, ändert nichts daran, dass er sich für den Anspruch auf Arbeitslosengeld als erwerbsfähig behandeln lassen und subjektiv verfügbar sein muss. Der Senat teilt nicht die Auffassung (auf die sich der Kläger beruft), eine Anspruchsbegründung nach § 145 SGB III sei auch nach Ablehnung der vollen Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger bis zu einer Rechtskraft dieser Entscheidung möglich, wenn der Versicherte – wie hier – gegen die Verneinung der Erwerbsminderung klagt (so aber Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 145 Rn. 61; in diesem Sinne auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 12.12.2003 – L 8 AL 4897/02). Eine solche Ausweitung wird dem Sinn und Zweck der Nahtlosigkeitsregelung – Vermeidung eines negativen Kompetenzkonfliktes – nicht gerecht. Die Wirkung der Nahtlosigkeitsregelung besteht darin, ein gesundheitliches Leistungsvermögen des Arbeitslosen (Versicherten) bis zum Eintritt des in der Rentenversicherung versicherten Risikos der verminderten Erwerbsfähigkeit zu fingieren. Diese Fiktion hindert die Arbeitsverwaltung daran, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit der Begründung zu verneinen, der Arbeitslose sei wegen nicht nur vorübergehenden Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit objektiv nicht verfügbar. Allein vor diesem Hintergrund ist der Anwendungsbereich der Nahtlosigkeitsregelung zu bestimmen (so BSG Urteil vom 09.09.1999 – B 11 AL 13/99 R). Die Vorschrift dient insbesondere nicht dazu, einem Versicherten ungeachtet seiner subjektiven Verfügbarkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Laufs eines Rentenklageverfahrens zu verschaffen.
Die zitierte Gegenauffassung lässt sich nicht auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 09.09.1999 – B 11 AL 13/99 R:
„Über die so beschriebene ‚Sperrwirkung‘ hinaus entfaltet die Nahtlosigkeitsregelung keine weitergehende Bindung der Arbeitsverwaltung (BA). Dies gilt auch für Ablehnungsbescheide des Rentenversicherungsträgers, die dieser auf einen Rentenantrag des Versicherten hin erteilt. Ein derartiger Ablehnungsbescheid schränkt auch - entgegen der Rechtsansicht des LSG und der BA - den Anwendungsbereich der Nahtlosigkeitsregelung nicht ein und beendet die Sperrwirkung nicht“ stützen (so aber wohl Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 145 Rn. 61). Hiermit ist allein gemeint, dass es auch nach einer negativen Feststellung des Rentenversicherungsträgers der BA verboten ist, sich auf ein aufgehobenes gesundheitliches Leistungsvermögen zu berufen. Die Sperrwirkung der Nahtlosigkeitsregelung besagt allein, aber auch umfassend, dass die BA sich auf ein aufgehobenes Leistungsvermögen erst berufen darf, nachdem der Rentenversicherungsträger dieses (ebenfalls) festgestellt hat. Dies gilt nach der genannten Rechtsprechung des BSG auch, wenn der Rentenversicherungsträger die verminderte Erwerbsfähigkeit schon verneint hat.
Hat der Rentenversicherungsträger das Vorliegen von voller Erwerbsminderung verneint, darf die BA darüberhinausgehend ihrerseits nicht mehr davon ausgehen, der Versicherte stehe mangels ausreichenden Leistungsvermögens der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung (BSG Urteil vom 29.04.1998 – B 7 AL 18/97 R). Diese zu § 105a AFG ergangene Rechtsprechung beansprucht auch im Rahmen des § 145 SGB III Geltung, weil beide Vorschriften identisch ausdrücklich bestimmen, dass die Feststellung, ob eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, vom Rentenversicherungsträger getroffen wird (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III; § 105a Abs. 1 Satz 2 AFG). Für eine entsprechende Auslegung spricht der offene Wortlaut des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III, der die Feststellung „ob“ eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, dem Rentenversicherungsträger überträgt und damit nicht nur deren positive Feststellung mit Bindungswirkung ausstattet. Der Senat liest das Wort „ob“ im Sinne von „ob oder ob nicht“. § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III hat in dieser Auslegung eine über den Anwendungsbereich von § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III hinausgehende verfahrensrechtliche Wirkung.
Wenn die Nahtlosigkeitsregelung – wie hier – nicht anwendbar ist, muss sich der Arbeitslose im Rahmen des objektiven Leistungsvermögens zur Verfügung stellen. Beschäftigungen, die die tatsächliche gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen übersteigen, sind nicht zumutbar. Die subjektive Verfügbarkeit ist zu bejahen, wenn der Arbeitslose bereit ist, alle seiner objektiven Leistungsfähigkeit entsprechenden und nach Art und Umfang zumutbaren Beschäftigungen aufzunehmen. An der subjektiven Verfügbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitslose trotz entgegenstehender medizinischer Feststellungen und trotz eines Hinweises auf die Folgen darauf beharrt, gar nicht mehr arbeiten zu können (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.09.2011 – L 12 AL 4286/10; LSG Sachsen Urteil vom 19.04.2018 – L 3 AL 157/16). Da die DRV bereits mit Bescheid vom 29.05.2018 ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr pro Tag auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt hatte, hätte der Kläger sich im Rahmen seines Restleistungsvermögens zur Verfügung stellen müssen. Der Kläger hat demgegenüber in dem Antrag auf Arbeitslosengeld angegeben, er werde nicht alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, und dies in einem persönlichen Gespräch am 18.06.2018 nach Belehrung über die Konsequenzen ausdrücklich bestätigt und war damit subjektiv nicht verfügbar. Zwar ist die BA bei Verneinung der Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger zur Feststellung des Umfangs zumutbarer Arbeiten und zur Beurteilung der subjektiven Verfügbarkeit verpflichtet, das tatsächliche Leistungsvermögen der Arbeitslosen eigenständig zu ermitteln und festzustellen (BSG Urteil vom 09.09.1999 – B 11 AL 13/99 R). Dies ändert aber nichts daran, dass der Versicherte erklären muss, zu ihm gesundheitlich möglichen und zumutbaren Beschäftigungen und Maßnahmen bereit zu sein. Ob dann im Einzelfall bei einer Aufforderung zur Ausübung einer Beschäftigung oder Teilnahme an einer Maßnahme ein wichtiger (gesundheitlicher) Grund für eine Weigerung des Versicherten besteht, ist für die Feststellung einer Sperrzeit (§ 159 SGB III), nicht aber für die Frage der Verfügbarkeit von Belang.
Bei der erneuten Arbeitslosmeldung am 04.10.2018 war der Kläger ebenfalls nicht subjektiv verfügbar, da er auch zu diesem Zeitpunkt die Frage, ob er alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen werde, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, mit „Nein“ beantwortete und angab, keine Arbeit mehr ausüben zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).