Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen stehen im Hinblick auf die Widerlegung der von einem Krankenhausträger abgegebenen Mindestmengenprognose in notwendiger Streitgenossenschaft. Neben einer formal in einem Bescheid zusammengefassten gleichlautenden Entscheidung stellt auch die von den Landesverbänden der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen in getrennten Verwaltungakten erfolgte Widerlegung der Prognose eine nicht zu beanstandende Vorgehensweise dar. Zur Widerlegung der Prognose hinsichtlich der erforderlichen Mindestmenge bei Unterschreiten der Leistungszahlen im vorausgegangenen Kalenderjahr bei summarischer Prüfung. Zur notwendigen Anhörung des Krankenhausträgers vor Erlass des Widerlegungsbescheids.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.11.2023, Az. S 15 KR 2249/23 ER, wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) werden die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.12.2023 (S 11 KR 2377/23 ER), vom 10.01.2024 (S 5 KR 2376/23 ER), vom 04.12.2023 (S 16 KR 2379/23 ER), vom 11.12.2023 (S 10 KR 2375/23 ER) und vom 29.12.2023 (S 15 KR 2378/23 ER) aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheiden vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 anzuordnen, abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Antragsverfahren der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) und die Kosten der Beschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Widerlegung einer Mindestmengenprognose für das Jahr 2024 darüber, ob die Klage der Antragstellerin aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragstellerin ist Rechtsträgerin eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenen Krankenhauses in M1.
Am 03.08.2023 übermittelte die Antragstellerin im Zusammenhang mit der anzustellenden Prognose zur Erreichung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgesetzten jährlichen Mindestmenge von komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas für Erwachsene den Landesverbänden der Krankenkassen (Antragsgegnerinnen zu 1 bis 4 und 6) und dem Verband der Ersatzkassen (Antragsgegnerin zu 5) in digitaler Form einen Datensatz über die insoweit stationären Fälle. Daraus geht hervor, dass die Antragstellerin im Jahr 2022 insgesamt sechs Eingriffe und in den beiden letzten Quartalen des Jahres 2022 und den ersten beiden Quartalen des Jahres 2023 ebenfalls sechs Eingriffe durchgeführt hat.
Mit Anhörungsschreiben vom 24.08.2023, in dessen Briefkopf alle Antragsgegnerinnen aufgeführt waren, wurde gegenüber der Antragstellerin ausgeführt, die bislang durchgeführte Anzahl an Eingriffen entspreche nicht den Vorgaben der Mindestmengenregelung des G-BA, welche mindestens 15 solcher Behandlungen pro Jahr vorsehe. Wörtlich heißt es in dem Schreiben weiter: „Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen beabsichtigen auf der Basis der bisher vorliegenden Informationen, die Leistung im Jahr 2024 nicht mehr zu vergüten. […] Die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen geben Ihnen hiermit die Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13.09.2023.“ Die erste Seite des Schreibens enthielt oben links die Namen und Anschriften der Antragsgegner zu 1) bis 6), wobei angegeben wurde, dass die Antragsgegnerin zu 2) durch die Antragsgegnerin zu 3) vertreten werde. Als Gesprächspartner/in war eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) angegeben. Die zweite Seite enthielt am Ende eine Grußformel sowie den Zusatz „ohne Unterschrift gültig“ und unter Nennung der Antragsgegnerinnen zu 1) sowie 3) bis 6) jeweils eine Namenswiedergabe mit dem vorangestellten Zusatz „gez.“.
Hierauf führte die Antragstellerin mit einem an die im Anhörungsschreiben genannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Schreiben vom 04.09.2023 aus, im Jahr 2022 seien bei ihr bedingt durch die abklingende Covid-Pandemie Patienten in fortgeschrittenen Stadien des Pankreaskarzinoms zur Vorstellung gekommen, bei denen eine kurative Resektion schlichtweg nicht mehr möglich gewesen sei. Des Weiteren sei es durch den Weggang zweier Kollegen zu einer personellen – und damit auch fachlichen – Unterbesetzung der Gastroenterologie gekommen. Dem hätte durch eine Neubesetzung, konkret einem Sektionsleiter Gastroenterologie und einem Oberarzt für Gastroenterologie, im April 2023 erfolgreich Abhilfe geschaffen werden können. Die Zusammenarbeit mit ihrer Visceralchirurgie habe sich seitdem sowohl qualitativ als auch quantitativ deutlich verbessert. Im Jahr 2023 seien bis dato neun komplexe Eingriffe durchgeführt worden. Damit sei eine Erfüllung der Mindestmenge von 15 bis zum Jahresende zu erwarten.
Mit gleichlautenden Bescheiden vom 04.10.2023 widerlegten die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 6) die Mindestmengenprognose der Antragstellerin für das Jahr 2024. Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene dürften am Standort der Antragstellerin nicht erbracht werden. Begründend führten sie jeweils aus, für das Kalenderjahr 2024 gelte übergangsweise eine Mindestmenge von 15 Leistungen pro Standort eines Krankenhauses. Der Regelfall einer berechtigten mengenmäßigen Erwartung nach § 136b Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) liege bei der Prognose für die Antragstellerin für den entsprechenden Leistungsbereich im Jahr 2024 eindeutig nicht vor. Die im Rahmen der Anhörung von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe führten zu keiner anderen Entscheidung. Bezüglich der Patienten und Patientinnen, bei denen bedingt durch die abklingende Covid-Pandemie eine zu späte Vorstellung erfolgt und deshalb eine kurative Resektion nicht mehr möglich gewesen sei, fehle eine konkrete quantitative Darstellung zu diesen Nachwirkungen. Auch die von der Antragstellerin angeführten personellen Veränderungen könnten nicht als Grund für eine positive Prognose berücksichtigt werden. Auch dies führe nicht zur Erreichung der Mindestmenge. Die Antragstellerin berücksichtige nicht, dass die Mindestmenge von 15 Eingriffen im Jahr 2024 eine Übergangsmindestmenge sei und ab dem Jahr 2025 20 Eingriffe betrage. Die nach den Angaben der Antragstellerin in den maßgeblichen Zeiträumen durchgeführten Eingriffe (jeweils insgesamt sechs Eingriffe im Jahr 2022 sowie in den letzten beiden Quartalen 2022 und den ersten beiden Quartalen 2023) lägen weit unter der geforderten Anzahl der Mindestmenge von 15 Eingriffen. Es verblieben unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen begründete erhebliche Zweifel, dass die geforderte Zahl dieser mindestmengenrelevanten Eingriffe am Standort der Antragstellerin im Kalenderjahr 2024 erreicht werde.
Gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin am 03.11.2023 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG; S 15 KR 2264/23) erhoben und zusätzlich beantragt, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen. Die Widerlegungsentscheidungen der Antragsgegnerinnen seien vorliegend materiell rechtswidrig. Es bestünden keine begründeten erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der von ihr getroffenen Prognose. Zur Begründung hierfür hat sie im Wesentlichen vorgetragen, durch den Wegfall der Covid-bedingten Verzögerungen und Engpässe, aber insbesondere durch die Neubesetzung der zwei fehlenden Facharztstellen habe sich die Fallzahl nochmals deutlich verstärkt. Bis dato seien im Jahr 2023 14 mindestmengenrelevante Operationen durchgeführt worden. Voraussichtlich fänden im Jahr 2023 noch zwei weitere Operationen statt. Die steigende Patientenzahl seit der Nachbesetzung der fehlenden Facharztstellen und der seitdem wieder täglich geöffneten gastroenterologischen Ambulanz sei unter anderem auch durch die in ihrem Einzugsgebiet bestehende Unterversorgung im Fachbereich Gastroenterologie im niedergelassenen Bereich bedingt. Ferner hätten die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 6) in unzulässiger Weise die Mindestmenge des Jahres 2025 berücksichtigt. Auch unbesetzte Planstellen in der Pflege sowie Covid-bedingte Ausfälle hätten sich negativ auf die Anzahl möglicher Operationen ausgewirkt, was aber beginnend im Mai 2023 durch zusätzliches Pflegepersonal habe behoben werden können. Schließlich führten ihre Zertifizierung sowie ihr Einzugsgebiet bzw. Standortvorteil zur Erfüllung der positiven Mindestmengenprognose. Die Eilbedürftigkeit folge daraus, dass sie ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 nicht mehr erbringen dürfe. Es sei nicht damit zu rechnen, dass bis zum 31.12.2023 eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren erfolge.
Die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 6) sind, jeweils vertreten von der Antragsgegnerin zu 1) als federführend, dem Antrag entgegen getreten. Die Widerlegungsentscheidung sei nicht rechtswidrig. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Festlegung von Mindestmengen diene der Qualitätssicherung. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei nur in Ausnahmesituationen zu bejahen. Die von der Antragstellerin angeführte Zertifizierung bzw. aus ihrer Sicht nicht sichergestellte Versorgung in ihrem Einzugsgebiet seien für die positive Prognose im Hinblick auf eine mindestmengenrelevante Leistung nicht relevant. Ausnahme sei bzgl. planerischer Aspekte § 136b Abs. 5a SGB V, der bei einer Gefährdung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung eine Abweichung vorsehe. Einen diesbezüglichen Antrag habe die Antragstellerin aber nicht gestellt. Des Weiteren werde nach den Tragenden Gründen des G-BA konkret für den Prognosezeitraum 2024 dargestellt, dass für die Prognose die in § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Mindestmengenregelung (Mm-R) definierten Zeiträume heranzuziehen seien, obwohl in diesem Zeitraum noch eine jährliche Mindestmenge von 10 gegolten habe. Es müsse also eine Leistungsmenge von 15 Operationen je Standort des Krankenhauses erreicht werden, was hier nicht der Fall sei. Die Ausführungen der Antragstellerin im Hinblick auf einen Covid-bedingten Einfluss seien nicht plausibel, da die Antragstellerin bereits vor der Pandemie in den Jahren 2017 bis 2019 lediglich zwischen 5 und 12 solcher Eingriffe durchgeführt habe und es infolge der Pandemie zu keinem Leistungsabfall gekommen sei. Auch über das Jahr 2019 habe die Antragstellerin weiterhin zwischen 10 und 11 derartiger Eingriffe durchgeführt. Schließlich müssten aufgrund der für die Prognose maßgeblichen Zeiträume die Monate ab Juli 2023 unberücksichtigt bleiben.
Mit Beschluss vom 17.11.2023 hat das SG die gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) gerichteten Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgetrennt. Das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1) ist unter dem Az. S 15 KR 2249/23 ER, das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 2) unter dem Az. S 11 KR 2377/23 ER, das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 3) unter dem Az. S 5 KR 2376/23 ER, das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 4) unter dem Az. S 16 KR 2379/23 ER, das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 5) unter dem Az. S 10 KR 2375/23 ER und das Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 6) unter dem Az. S 15 KR 2378/23 ER fortgeführt worden.
Im Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1) (S 15 KR 2249/23 ER) hat das SG mit Beschluss vom 30.11.2023 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Der Antrag sei nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung unbegründet, da das Gericht davon ausgehe, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des von der Antragsgegnerin zu 1) am 04.10.2023 erlassenen Widerlegungsbescheids bestünden. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Bescheid vom 04.10.2023 sei formell rechtmäßig, es habe insbesondere mit Schreiben vom 24.08.2023 eine ausreichende Anhörung im Sinne von § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) stattgefunden. Darüber hinaus bestünden auch keine ernsthaften Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit des Widerlegungsbescheids. Zunächst erreiche die Antragstellerin nicht die für 2024 maßgebliche Mindestmenge von 15 Operationen je Standort des Krankenhauses (vgl. Anlage Nr. 4 zur Mm-R). Maßgeblicher Zeitraum für die Beurteilung der Erreichung der Mindestmenge seien nach § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Mm-R zum einen das vorausgegangene Kalenderjahr (hier: 2022) und zum anderen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Mm-R die letzten zwei Quartale des vorausgegangenen Kalenderjahres (hier: drittes und viertes Quartal 2022) und die ersten zwei Quartale des laufenden Kalenderjahres (hier: erstes und zweites Quartal 2023). In diesen in der Mm-R klar definierten Zeiträumen erreiche die Antragstellerin unstreitig nicht die erforderliche Mindestmenge von 15 Operationen. Im Krankenhaus der Antragstellerin seien 2022 insgesamt sechs, in den letzten beiden Quartalen des Jahres 2022 und in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2023 ebenfalls jeweils sechs komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene durchgeführt worden. Die Ausführungen der Antragsbegründung, welche sich auf eine Erhöhung der Anzahl der Operationen ab Juli 2023 bezögen, seien rechtlich irrelevant. Auch die Ausführungen der Antragstellerin im Hinblick auf einen Einfluss der Covid-19 Pandemie, der zwar nach § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 Mm-R zur Begründung einer mengenmäßigen Erwartung herangezogen werden könne, könnten nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht überzeugen. Nach den unbestrittenen Ausführungen der Antragsgegnerin zu 1) seien im Hause der Antragstellerin bereits vor der Pandemie in den Jahren 2017 bis 2019 auch nur lediglich zwischen fünf und 12 komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas durchgeführt worden. Im Jahr 2019 seien nach den ebenfalls unbestrittenen Ausführungen der Antragsgegnerin zu 1) im Haus der Antragstellerin auch nur zwischen 10 und 11 derartiger Eingriffe durchgeführt worden. Damit erscheine ein wesentlicher Einfluss der Pandemie auf die Anzahl der mengenmäßig zu erwartenden Anzahl an Operationen nicht plausibel. Dasselbe gelte für die von der Antragstellerin vorgebrachten personellen Veränderungen mit Neueinstellung zweier Ärzte. Nach dem Vortrag der Antragstellerin sei im November 2021 und im November 2022 jeweils ein Facharzt weggegangen. Die Stellen hätten nach dem Antragsvorbringen im Frühjahr 2023 nachbesetzt werden können. Jedoch hätten sich die Fallzahlen auch in den Jahren 2017 bis 2019 nicht in einem deutlich höheren Bereich bewegt, so dass die von der Antragstellerin vorgebrachte Personalsituation ebenfalls nicht geeignet sei, eine berechtigte mengenmäßige Erwartung zu begründen. Es liege das in § 4 Abs. 4 Satz 2 a.) Mm-R genannte Regelbeispiel für begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prognose der Antragstellerin vor. Damit bestünden nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerlegungsbescheids. Dieses Ergebnis entspreche dem Zweck der Mindestmengenregelung, nämlich der Qualitätssicherung und dem Patientenschutz. Schließlich gebe auch der Gesetzgeber durch die sofortige Vollziehbarkeit des Widerlegungsbescheides zu verstehen, dass grundsätzlich das Vollziehungsinteresse Vorrang gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin habe. Etwaige wirtschaftliche Einbußen der Antragstellerin, welche auch nur punktuell für bestimmte Leistungsbereiche aufgrund des Erbringungsverbotes zu erwarten seien und den Status eines zugelassenen Krankenhauses als solchen nicht veränderten, müssten im Hinblick auf die Patientensicherheit hingenommen werden.
Im Verfahren S 10 KR 2375/23 ER hat das SG mit Beschluss vom 11.12.2023, im Verfahren S 5 KR 2376/23 ER mit Beschluss vom 10.01.2024, im Verfahren S 11 KR 2377/23 ER mit Beschluss vom 22.12.2023, im Verfahren S 15 KR 2378/23 ER mit Beschluss vom 29.12.2023 und im Verfahren S 16 KR 2379/23 ER mit Beschluss vom 04.12.2023 jeweils die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Verwaltungsakt der jeweiligen Antragsgegnerin vom 04.10.2023 angeordnet und zur Begründung jeweils ausgeführt, der jeweilige Verwaltungsakt der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) vom 04.10.2023 sei mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit formell rechtswidrig. Die jeweilige Antragsgegnerin sei zwar mit ihrem Verwaltungsakt vom 04.10.2023 den Anforderungen an einen jeweils für sich getrennt zu erlassenden Verwaltungsakt nachgekommen. Insbesondere die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung sei aber nicht erfolgt. Im Schreiben der Antragsgegnerin zu 1) vom 24.08.2023 sei keine Anhörung im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB X durch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) zu sehen. Es handele sich um ein Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin zu 1). Das Schreiben enthalte im Kopfbogen als Gesprächspartnerin eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) sowie deren Kontaktdaten und Az. Darauf, dass das Schreiben vom 24.08.2023 auch von den Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) erstellt, von diesen abgesandt oder auch nur mit ihrem Wissen und Wollen durch die Antragsgegnerin zu 1) erstellt und abgesandt worden sei, ergäben sich keine Hinweise in den Verwaltungsakten. Die Führung eines gemeinsamen einheitlichen Verwaltungsverfahrens durch eine Behörde sehe das Gesetz für das hiesige Verfahren nicht vor. Dadurch, dass die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) mit Schreiben vom 04.09.2023 Stellung genommen habe, sei keine Anhörung im Verwaltungsverfahren der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) erfolgt.
Gegen den ihr am 30.11.2023 zugestellten Beschluss vom 30.11.2023 (S 15 KR 2249/23 ER) hat die Antragstellerin am 29.12.2023 (L 5 KR 1/24 ER-B), gegen den ihr am 27.12.2023 zugestellten Beschluss vom 22.12.2023 die Antragsgegnerin zu 2) (S 11 KR 2377/23 ER; ursprünglich L 11 KR 293/24 ER-B) am 24.01.2024, gegen den ihr am 12.01.2024 zugestellten Beschluss vom 10.01.2024 die Antragsgegnerin zu 3) am 30.01.2024 (S 5 KR 2376/23 ER; ursprünglich L 11 KR 344/24 ER-B), gegen den ihr am 05.12.2023 zugestellten Beschluss vom 04.12.2023 die Antragsgegnerin zu 4) (S 16 KR 2379/23 ER; ursprünglich L 4 KR 61/24 ER-B) am 05.01.2024, gegen den ihr am 18.12.2023 zugestellten Beschluss vom 11.12.2023 die Antragsgegnerin zu 5) (S 10 KR 2375/23 ER; ursprünglich L 4 KR 230/24 ER-B) am 17.01.2024 und gegen den ihr am 02.01.2024 zugestellten Beschluss vom 29.12.2023 die Antragsgegnerin zu 6) (S 15 KR 2378/23 ER; ursprünglich L 5 KR 342/24 ER-B) am 29.01.2024 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Mit Beschluss vom 31.01.2024 hat der erkennende Senat die Rechtsstreitigkeiten L 5 KR 1/24 ER-B, L 4 KR 61/24 ER-B, L 4 KR 230/24 ER-B, L 11 KR 293/24 ER-B, L 5 KR 342/24 ER-B und L 11 KR 344/24 ER-B unter dem Aktenzeichen L 5 KR 1/24 ER-B (wieder) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholt die Antragstellerin im Wesentlichen ihr Vorbringen aus der ersten Instanz. Vertiefend verweist sie darauf, dass die Antragsgegnerin zu 1) ihrer Widerlegungsentscheidung unzulässig die im Jahr 2025 geltende Mindestmenge zugrunde gelegt habe, welche jedoch im Jahr 2024 keine Bedeutung habe. Sie habe im Jahr 2023 mit den aktuell erbrachten 17 Operationen die im Jahr 2023 geltende Mindestmenge von 10 Leistungen deutlich und die im Jahr 2024 geltende Mindestmenge von 15 Leistungen ebenfalls sicher überschritten. Unabhängig davon würde sie auch die im Jahr 2025 geltende Mindestmenge von 20 erfüllen, da die aktuell bestehende Personalsituation bei ihr erst unterjährig im Jahr 2023 vorgelegen habe. Neben der Fallzahl zur positiven Prognose könne sie sich auch anderer Umstände bedienen, wie sich aus § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 Mm-R ergebe. § 136b Abs. 5 Satz 4 SGB V i.V.m § 4 Abs. 2 Satz 2 Mm-R regele keinen Ausschluss der Berücksichtigung der weiteren Leistungsentwicklung als „weitere Umstände“ i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 3 Mm-R. Es fehle eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den von ihr vorgebrachten Umständen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 sowie Satz 3 Mm-R insbesondere bezogen auf die personellen und strukturellen Veränderungen durch die Antragsgegnerin zu 1). Bei dem im Frühjahr 2023 als Sektionsleiter eingestellten R1 handele es sich um einen ausgewiesenen Experten aus dem Universitätsklinikum W1. Er habe im Klinikum W1 als langjähriger Oberarzt der Gastroenterologie und Endoskopieleiter viele Patienten mit Erkrankungen des Pankreas ambulant, stationär und interventionell betreut/behandelt. Seit dem Beginn der Tätigkeit der neu eingestellten Ärzte habe der Leistungsumfang der Gastroenterologie wieder erhöht und insbesondere eine tägliche gastroenterologische Ambulanz wieder angeboten werden können. Gänzlich ohne Erwähnung geblieben seien zudem objektive Umstände, welche der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprächen. Die Operationszahlen der Jahr 2017 bis 2019 seien unter völlig anderen personellen Voraussetzungen und zu einer anderen Zeit entstanden, sodass diese Zahlen auf die aktuelle Situation nicht übertragbar seien. Im Zweifel sei von einer berechtigten mengenmäßigen Erwartung des Krankenhauses und nicht einer Widerlegung auszugehen. Es bedürfe erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Prognose. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass eine Verbindung der Verfahren nicht zweckmäßig sei.
Bezüglich der Beschwerden der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) trägt die Antragstellerin vor, diese seien unbegründet, sie seien zurückzuweisen. Die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) hätten vor Erlass des Verwaltungsakts kein Verwaltungsverfahren gem. §§ 8, 18 SGB X eingeleitet, indem sie – die Antragstellerin – Gelegenheit gehabt hätte, sich zu äußern. Deren Widerlegungsentscheidungen seien deshalb mangels Anhörung gem. § 24 SGB X bereits formell rechtswidrig. Sie seien – wie im Zusammenhang mit ihrer Beschwerdebegründung ausgeführt – abgesehen davon auch materiell rechtswidrig.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.11.2023, Az. S 15 KR 2249/23 ER, aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheiden vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 anzuordnen,
sowie die Beschwerden der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.12.2023 (S 11 KR 2377/23 ER), 10.01.2024 (S 5 KR 2376/23 ER), 04.12.2023 (S 16 KR 2379/23 ER), 11.12.2023 (S 10 KR 2375/23 ER) und 29.12.2023 (S 15 KR 2378/23 ER) zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin zu 1) beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.11.2023, Az. S 15 KR 2249/23 ER, zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen und den Beschluss des SG vom 30.11.2023. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die Verfahren wieder zu verbinden seien. Die Entscheidung müsse gegen alle (notwendigen) Streitgenossen einheitlich ergehen.
Die Antragsgegnerin zu 2) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.12.2023 (S 11 KR 2377/23 ER) aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheid vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 abzulehnen.
Die Antragsgegnerin zu 3) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.01.2024 (S 5 KR 2376/23 ER) aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheid vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 abzulehnen.
Die Antragsgegnerin zu 4) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.12.2023 (S 16 KR 2379/23 ER) aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheid vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 abzulehnen.
Die Antragsgegnerin zu 5) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 11.12.2023 (S 10 KR 2375/23 ER) aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheid vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 abzulehnen.
Die Antragsgegnerin zu 6) beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 29.12.2023 (S 15 KR 2378/23 ER) aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 03.11.2023 (S 15 KR 2264/23) gegen die mit Bescheid vom 04.10.2023 ergangene Widerlegung der Mindestmengenprognose für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene im Jahr 2024 abzulehnen.
Sie führen zur Begründung ihrer Beschwerden aus, dass jeder Verband einen eigenen Verwaltungsakt erlassen habe. Zudem sei es im Vorfeld auch zu jeweils eigenen Entscheidungen, ein Verwaltungsverfahren einzuleiten und eine Anhörung durchzuführen, gekommen. Allein aus dem Umstand, dass die einzelnen Entscheidungen, ein solches Verfahren einzuleiten, in einem gemeinsamen Schreiben zusammengefasst würden, könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass sie, die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6), keine Anhörung durchgeführt hätten. Das Anhörungsschreiben sei erkennbar von allen Verbänden gezeichnet, zudem sei es auch unter dem gemeinsamen Briefbogen versandt worden. Dort seien alle Verbände einzeln aufgeführt. Für die Antragstellerin sei es daher offenkundig gewesen, dass die Anhörung durch jeden Verband einzeln vorgenommen worden sei und nur der Einfachheit halber dies in einem Schreiben zusammengefasst worden sei. Wie die Verwaltungsakte seien auch die zusammengefassten Anhörungsschreiben jeweils inhaltsgleich, da eine gemeinsame und einheitliche Vorgehensweise, eben auch gesetzlich gewollt sei. In dem der jeweiligen Antragsgegnerin zuzuordnenden einzelnen Verwaltungsakt sei auch jeweils ein Bezug zu dem Anhörungsschreiben hergestellt worden, inhaltlich habe sich die den Verwaltungsakt jeweils erlassende Behörde also mit dem Inhalt der Anhörung auseinandergesetzt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu 1), die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II.
Die Verfahren der Beteiligten waren nach der vom SG am 17.11.2023 erfolgten Trennung durch Beschluss gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wieder zu verbinden. Die Verbindung war erforderlich, denn die Beteiligten stehen im Hinblick auf die Widerlegung der Mindestmengenprognose in notwendiger Streitgenossenschaft. Die Mindestmengenprognose kann von allen Antragsgegnerinnen der Antragstellerin gegenüber nur einheitlich widerlegt werden (§ 74 SGG i.V.m. § 62 Zivilprozessordnung <ZPO>; vgl. hierzu auch Bockholdt: Rechtsschutzprobleme hinsichtlich der Mindestmengenprognose nach § 136b Abs. 4 SGB V in NZS 2019,814).
Die am 29.12.2023 form- und fristgerecht (vgl. § 173 Satz 1 SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG vom 30.11.2023 ist statthaft und zulässig (vgl. § 172 Abs. 1 SGG). Sie führt jedoch für die Antragstellerin nicht zum Erfolg. Das SG hat ihren Antrag vom 03.11.2023, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (S 15 KR 2264/23) gegen den Widerlegungsbescheid der Antragsgegnerin zu 1) vom 04.10.2023 anzuordnen, zutreffend abgelehnt (hierzu 2.).
Die am 24.01.2024 (Antragsgegnerin zu 2), 30.01.2024 (Antragsgegnerin zu 3), 05.01.2024 (Antragsgegnerin zu 4), 17.01.2024 (Antragsgegnerin zu 5) und 29.01.2024 (Antragsgegnerin zu 6) jeweils form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) gegen die Beschlüsse des SG vom 22.12.2023, 10.01.2024, 04.12.2023, 11.12.2023 und 29.12.2023 sind statthaft und zulässig. Sie sind auch begründet. Das SG hat in den Beschlüssen zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache gegen die Widerlegungsbescheide vom 04.10.2023 erhobenen Anfechtungsklage der Antragstellerin nach § 54 Abs. 1 SGG angeordnet (hierzu 3.).
1. Der von der Antragstellerin begehrte einstweilige Rechtsschutz ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu beurteilen, weil ihre Klage gegen den Widerlegungsbescheid wegen der gesetzlichen Bestimmung des § 136b Abs. 5 Satz 11 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat. In solchen Fällen, kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung teilweise oder ganz anordnen. Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt in der Sache (grundsätzlich) voraus, dass das Aufschubinteresse des Betroffenen, vorliegend der Antragstellerin, das Interesse der Allgemeinheit oder eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Im Vordergrund der erforderlichen Interessenabwägung haben wegen der Gesetzesbindung der Verwaltung und der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) ganz maßgeblich die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu stehen. Dabei ist die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes summarisch zu prüfen. Ergibt diese Prüfung, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, besteht für die sofortige Vollziehung kein öffentliches Interesse und auch kein berücksichtigungsfähiges privates Interesse Dritter. Die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfes ist dann anzuordnen. Ist dagegen der Verwaltungsakt rechtmäßig, besteht kein Interesse, den Vollzug bis zur Bestandskraft aufzuschieben. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist dann abzulehnen. Ist nach diesen Maßstäben bei summarischer Prüfung eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht möglich, so dass der Ausgang eines (eventuellen) Hauptsacheverfahrens offen wäre, ist eine Interessenabwägung im engeren Sinne durchzuführen. Das Gericht hat abzuwägen zwischen dem Aussetzungsinteresse und dem Vollzugsinteresse anhand der Folgen, die eine Aussetzung einerseits und die sofortige Vollziehung andererseits hätten. Dabei wird die Gewichtung der Interessen in den Fällen, in denen bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG), durch die Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, vorgeprägt. In diesen Fällen ist die aufschiebende Wirkung nur anzuordnen, wenn die das Aussetzungsinteresse tragenden Gründe eindeutig überwiegen (vgl. u.a. Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG, Stand: 12.12.2023, Rn. 188 ff.).
Rechtsgrundlage für die Berechtigung der Krankenkassenverbände, die von einem Krankenhausträger abzugebende Prognose (wonach die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird) durch eine gemeinsame Entscheidung zu widerlegen, ist die Regelung in § 136b Abs. 5 Satz 6 SGB V in der ab 20.07.2021 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11.07.2021. Danach müssen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit ab der Prognose für das Kalenderjahr 2023 bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose durch einen Bescheid widerlegen; dabei obliegt es außerdem dem G-BA, mit Wirkung zum 01.01.2022 Regelbeispiele für i.d.S. begründete erhebliche Zweifel zu beschließen.
Diesem gesetzgeberischen Auftrag ist der G-BA vorliegend durch die Änderung der sogenannten Mm-R mit Wirkung zum 16.07.2022 nachgekommen. § 4 Mm-R in der hier maßgeblichen Fassung vom 16.06.2021, gültig ab 16.07.2022 lautet:
(1) Für die Zulässigkeit der Leistungserbringung gemäß § 136b Absatz 5 Satz 3 SGB V muss der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen jährlich darlegen, dass die in der Anlage festgelegte Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose). Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt gemäß § 136b Absatz 5 Satz 4 SGB V in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat.
(2) Der gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen jährlich darzulegenden Prognose sind die im Katalog planbarer Leistungen jeweils spezifisch bestimmten Leistungen zu Grunde zu legen. Die voraussichtliche Leistungsentwicklung nach Abs. 1 ist vom Krankenhausträger unter Berücksichtigung
1. der Leistungsmenge gemäß § 3 Abs. 1 des vorausgegangenen Kalenderjahres,
2. der Leistungsmenge gemäß § 3 Abs. 1 in den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres,
3. personeller Veränderungen und
4. struktureller Veränderungen zu begründen.
Der Krankenhausträger kann weitere Umstände zur Begründung der berechtigten mengenmäßigen Erwartung heranziehen. Ein weiterer Umstand nach Satz 3 ist auch die COVID-19-Pandemie; § 4 Abs. 3 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Personelle, strukturelle und gegebenenfalls weitere Veränderungen, die das Erreichen der Mindestmengenzahl in den in Abs. 2 in Nummer 1 und 2 genannten Zeiträumen verhindert haben, können kein weiteres Mal in Folge als alleiniger Umstand zur Begründung der Prognose herangezogen werden.
(4) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen müssen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit ab der Prognose für das Kalenderjahr 2023 bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose gemäß § 136b Abs. 5 Satz 6 erster Halbsatz SGB V durch Bescheid widerlegen (Entscheidung). Begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Krankenhausträger getroffenen Prognose liegen in der Regel vor, wenn beispielsweise
a) die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nach Abs. 2 Satz 2 Nummer 1 nicht erreicht wurde und auch unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß Abs. 2 Satz 2 bis 4 konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen.
b) die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nach Abs. 2 Satz 2 Nummer 1 nicht erreicht wurde, sich die vom Krankenhausträger getroffene Prognose ausschließlich auf die erreichte Leistungsmenge im Zeitraum gemäß Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 stützt und unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß Abs. 2 Satz 2 Nummer 3 und 4 und Satz 3 konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen.
Die Regelbeispiele für begründete erhebliche Zweifel nach Satz 2 finden ab den Prognosen für das Kalenderjahr 2024 Anwendung.
(5) Wird die Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht und sind gemäß § 136b Abs. 3 Satz 3 SGB V keine festgelegten Übergangsregelungen oder Regelungen für die erstmalige und für die auf eine Unterbrechung folgende erneute Erbringung einer Leistung nach § 6 erfüllt, dürfen gemäß § 136b Abs. 5 Satz 1 SGB V entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden. Einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, steht gemäß § 136b Abs. 5 Satz 2 SGB V kein Vergütungsanspruch zu. Satz 2 gilt nicht, wenn diese Leistung im Notfall erbracht wurde oder eine Verlegung der Patientin oder des Patienten in ein Krankenhaus, das die Mindestmenge erfüllt, medizinisch nicht vertretbar war.
Die Prognose wiederum beruht auf § 136b Abs. 5 Satz 3 SGB V. Danach muss der Krankenhausträger für die Zulässigkeit der Leistungserbringung gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose). Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat (§ 136 Abs. 5 Satz 4 SGB V). Für den Leistungsbereich „Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene“ sind in Nr. 4 der Anlage der Mm-R Mindestmengen i.S. vom § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V festgesetzt worden. Diese betragen 20 Leistungen pro Standort eines Krankenhauses. Für die Jahre 2022 und 2023 gilt übergangsweise eine Mindestmenge von 10 Leistungen und im Jahr 2024 von 15 Leistungen pro Standort eines Krankenhauses.
2. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen, da jedenfalls bei summarischer Prüfung nach Maßgabe der derzeitigen Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Widerlegungsbescheid der Antragsgegnerinnen vom 04.10.2023 bestehen und hiernach das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt. Insoweit wird zunächst auf die im Wesentlichen zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG vom 30.11.2023 Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
In formeller Hinsicht ist in der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung zunächst festzustellen, dass die Antragsgegnerinnen zu 1) bis 6) jeweils für sich in getrennten Verwaltungsakten über die Widerlegung der Prognose der Antragstellerin entschieden haben. Dies stellt neben formal in einem Bescheid zusammengefassten gleichlautenden Entscheidung nach der im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verbot einer Mischverwaltung gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V eine nicht zu beanstandende Vorgehensweise dar (BSG, Urteil vom 25.03.2021 - B 1 KR 16/20 R -, in juris Rn. 10 bis 14).
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass ein Vorverfahren nach § 78 SGG nicht durchgeführt wurde. Eines solchen bedarf es gem. § 136b Abs. 4 Satz 11 SGB V nicht.
Das SG hat in seinem Beschluss vom 30.11.2023 auch zu Recht ausgeführt, dass die Antragsgegnerin zu 1) die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.08.2023 in nicht zu beanstandender Weise angehört hat (vgl. zum Erfordernis einer Anhörung Urteil des BSG vom 25.03.2021 - B 1 KR 16/20 R -, in juris Rn. 25ff.). Dies beanstandet auch die Antragstellerin nicht.
Auch die materielle Rechtsmäßigkeit des Widerlegungsbescheides ist aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft. Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt nach § 136b Abs. 5 Satz 4 SGB V nicht vor.
Vorausgegangenes Kalenderjahr im Sinne des § 136b Abs. 5 Satz 4 SGB V ist das Kalenderjahr vor dem Jahr, in dem die Prognose gestellt wird (vgl. hierzu Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 05.06.2023 - L 10 KR 119/23 B ER -, in juris Rn. 25 m.w.N.). In dem vorliegend damit heranzuziehenden Kalenderjahr 2022 hat das Krankenhaus der Antragstellerin lediglich sechs relevante Eingriffe vorgenommen und verfehlte damit die erforderliche Zahl von 15 Leistungen bei weitem. Dies gilt auch – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – unter Zugrundelegung der Leistungsmengen im Zeitraum vom 01.07.2022 bis 30.06.2023 (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Mm-R). In den letzten zwei Quartalen des Jahres 2022 hat das Krankenhaus der Antragstellerin nach den übermittelten Daten nur am 15.08.2022 eine Leistung erbracht und in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2023 fünf Leistungen, mithin ebenfalls nur sechs Leistungen. Eine auf die Leistungsmenge gestützte Prognose mit Blick auf die insoweit maßgeblichen Quartale ist damit nicht tragfähig. Dies hat die Antragstellerin auch nicht versucht.
Aber auch die von der Antragstellerin angeführten Gründe dafür, dass die Mindestmenge trotz des deutlichen Unterschreitens der Leistungszahlen im Kalenderjahr 2022 bzw. in den letzten zwei Quartalen des Jahres 2022 und den ersten beiden des Jahres 2023 im Jahr 2024 erreicht werde, greifen nicht durch. Die dargelegten Gründe erlauben keine positive Prognose. Sie sind von den Antragsgengerinnen im Bescheid vom 04.10.2023 schlüssig widerlegt worden.
Nicht maßgeblich sind zunächst die vom Krankenhaus der Antragstellerin im Jahr 2023 insgesamt durchgeführten mindestmengenrelevanten Operationen. Denn die im dritten und vierten Quartal 2023 erbrachten Leistungen sind nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 Mm-R nicht zu berücksichtigen.
Gegen die Maßgeblichkeit der von der Antragstellerin angeführten Auswirkungen der Coronapandemie, die nach § 4 Abs. 2 Satz 4 Mm-R Berücksichtigung finden kann und die dazu geführt habe, dass sich Patienten zu spät vorgestellt hätten und deshalb eine kurative Resektion nicht mehr möglich gewesen sei, sprechen – worauf die Antragsgegnerinnen in ihren Beschlüssen zu Recht hingewiesen haben – die vor der Pandemie erreichten Fallzahlen. Auch vor der Pandemie wurde die nunmehr relevante Mindestmenge von 15 Eingriffen nicht erreicht. In den Jahren 2017 bis 2019 wurden – dies wird von der Antragstellerin auch nicht bestritten – nur zwischen fünf und 12 derartiger Eingriffe durchgeführt. Dass die Pandemie für die nunmehrigen Fallzahlen ausschlaggebend war und es nach Wegfall der Pandemie nun zum Erreichen der Mindestmenge kommt, ist nicht zu erwarten.
Auch die von der Antragstellerin dargelegten personellen Änderungen tragen die Erwartung eines deutlichen Anstiegs der Eingriffe nicht. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass nachdem im November 2021 und im November 2022 jeweils ein Facharzt das Krankenhaus der Antragstellerin verlassen hat und diese Stellen erst im Frühjahr wiederbesetzt werden konnten, es für das Krankenhaus der Antragstellerin im letzten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 schwierig war, die maßgeblichen Eingriffe vorzunehmen. Aus den übermittelten Daten geht in diesem Zusammenhang hervor, dass am 15.08.2022 der letzte Eingriff im Jahr 2022 stattfand und weitere Eingriffe dann erst wieder am 10.01.2023, 02.03.2023 und am 20. sowie 21.04.2023 erfolgten. Nicht außer acht zu lassen ist insoweit aber, dass die Zahl der Fachärzte nicht erhöht wurde, zwei Fachärzte wurden durch zwei Fachärzte ersetzt. Außerdem drängen sich dem Senat auch Zweifel auf, ob es sich bei dem im Frühjahr 2023 als Sektionsleiter eingestellten R1, bei dem es sich, was der Senat nicht verkennt, um einen Experten handelt, tatsächlich um einen Arzt handelt, der insbesondere operativ tätig wird. Nach dem Vortrag hat er als langjähriger Oberarzt der Gastroenterologie und Endoskopieleiter des Universitätsklinikums W1 viele Patienten mit Erkrankungen des Pankreas ambulant, stationär und interventionell betreut/behandelt. Seit dem Beginn der Tätigkeit der neu eingestellten Ärzte habe – so der Vortrag weiter – der Leistungsumfang der Gastroenterologie wieder erhöht und insbesondere eine tägliche gastroenterologische Ambulanz wieder angeboten werden können. Das damit in der Vergangenheit und auch heute beschriebene Tätigkeitsbild des R1 dürfte damit nicht maßgeblich auf die Durchführung von Operationen gerichtet sein. Damit im Einklang steht auch, dass nach den Ausführungen des Kaufmännischen Direktors der Antragstellerin K1 vom 30.11.2023 im Vergleich der Jahre 2023 und 2022 im Zeitraum 02.02. bis 30.09. die Anzahl an ambulanten Untersuchungen und Kontakte um 50 % stieg, während der Anstieg an stationären Patienten nur um 5 % anstieg. Dass aufgrund der personellen Veränderung ohne Erhöhung der Anzahl der tätig werdenden Ärzte künftig mehr Operationen als in der Vergangenheit durchgeführt werden, dürfte damit nicht belegt sein. Auch die Tatsache, dass im Jahr 2023 bis zum 30.11.2023 15 Patienten im Krankenhaus der Antragstellerein am Pankreas operiert wurden, belegt angesichts der ausgeführten personellen Struktur nicht, dass dauerhaft ein Anstieg der Leistungen gegenüber den Jahren vor der Corona-Pandemie zu erwarten ist.
Im Übrigen ist auch festzuhalten, dass die Antragsgegnerinnen nicht – wie von der Antragstellerin vorgetragen – die Mindestmenge des Jahres 2025 zugrunde gelegt haben. Die Antragsgegnerinnen haben in ihren Bescheiden vom 04.10.2023 insoweit nur begründend ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht berücksichtige, dass die Mindestmenge von 15 Eingriffen im Jahr 2024 eine Übergangsmindestmenge sei und ab dem Jahr 2025 20 Eingriffe betrage. Abgestellt wurde hinsichtlich der Prognose aber auf die (für das Jahr 2024) geforderte Anzahl der Mindestmenge von 15 Eingriffen.
Soweit die Antragstellerin noch auf ihre Zertifizierung als Onkologisches Zentrum T1 mit Organzentren Darm, Mamma, Hämatologie und Prostata bzw. die aus ihrer Sicht nicht sichergestellte Versorgung in ihrem Einzugsgebiet hinweist, handelt es sich um Aspekte, die für die positive Prognose im Hinblick auf eine mindestmengenrelevante Leistung bei Erkrankungen des Pankreas nicht relevant sind. Diese Punkte stellen weder zu berücksichtigende personelle noch strukturelle Veränderungen dar. Eine Zertifizierung als Zentrum für Chirurgische Erkrankungen des Pankreas, was als strukturelle Veränderung gewertet werden könnte (vgl. hierzu LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.11.2023 - L 16 KR 357/23 B ER -, in juris Rn. 30), liegt noch nicht vor. Hinreichend konkretisierte Pläne bzgl. der Zertifizierung auf diesem Fachgebiet, deren Verwirklichung bei realitätsnaher Betrachtung so zeitnah zu erwarten ist, dass die Veränderungen sich auf die Leistungsmengenentwicklung im Jahr 2024 auswirken, wurden nicht dargelegt; es wurde nur vorgetragen, dass dies angestrebt werde.
Schließlich führt auch das Wiederbetreiben der gastroenterologischen Ambulanz nach Neubesetzung der Arztstellen im Frühjahr 2023 nicht zu einer strukturellen Veränderung, die für einen deutlichen Anstieg der Leistungen streitet. Die Antragstellerin führt insoweit selbst aus, dass die Ambulanz „wieder“ betrieben werde. Auch in der Vergangenheit, als die Ambulanz noch mit den früheren Ärzten betrieben wurde, wurde die notwendige Leistungsmenge indessen – wie schon ausgeführt – nicht erreicht. Eine Wiedereröffnung vermag deshalb nicht zu begründen, dass prognostisch nun die notwendigen Leistungen erbracht werden.
Nach alledem erweist sich der Widerlegungsbescheid vom 04.10.2023 nach der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Auch eine (etwaige) nachrangige Interessen- und Folgenabwägung rechtfertigt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht. Dabei ist ohnehin zu berücksichtigen, dass in Fällen, in denen, wie hier, bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt, der Gesetzgeber den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang eingeräumt hat. Ein Fall, in dem die das Aufschubinteresse tragenden Gründe demgegenüber eindeutig überwiegen, liegt unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin nicht vor.
3. In den Beschlüssen vom 22.12.2023, 10.01.2024, 04.12.2023, 11.12.2023 und 29.12.2023 hat das SG zu Unrecht, die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache gegen die Widerlegungsbescheide vom 04.10.2023 erhobenen Anfechtungsklage der Antragstellerin nach § 54 Abs. 1 SGG angeordnet. Die Beschlüsse sind deshalb aufzuheben.
Entgegen der Auffassung sprechen formelle Gründe nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Widerlegungsbescheide der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) vom 04.10.2023. Nicht nur die Antragsgegnerin zu 1), sondern auch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) haben jeweils ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und insbesondere die Antragstellerin im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Nach § 24 SGB X ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der – wie hier – in seine Rechte eingreift, grundsätzlich Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Vorschrift dient der Wahrung rechtlichen Gehörs und soll den Adressatzen einer Verwaltungsentscheidung insbesondere vor Überraschungsentscheidungen schützen sowie sicherstellen, dass die an einem Verwaltungsverfahren Beteiligten alle für sie günstigen Umstände vorbringen können. Hierzu ist es insbesondere erforderlich, dass die jeweilige Behörde die entscheidungserheblichen Tatsachen dem Betroffenen in einer Weise unterbreitet, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen – ggf. nach einer ergänzenden Anfrage bei der Behörde – sachgerecht äußern kann (BSG, Urteil vom 25.03.2021 - B 1 KR 16/20 R -, in juris Rn. 26 m.w.N).
Dabei kommt der Anhörung in dem Verwaltungsverfahren zur Widerlegung einer von einem Krankenhausträger abgegebenen Prognose zur möglichen Entwicklung einer Mindestmengenleistung nach § 136b Abs. 5 Satz 6 SGB V nach der höchstrichterlichen Rspr. eine besondere Bedeutung für das Recht auf ein faires Verfahren zu. Hintergrund ist, dass zum einen ein Vorverfahren nicht stattfindet (§ 136b Abs. 5 Satz 11 1. Hs. SGB V) und zum anderen – zumindest ab den Prognosen für das Jahr 2023 – den Klagen gegen die Widerlegungsentscheidungen der Krankenkassenverbände keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt (§ 136b Abs. 5 Satz 11 2. Hs. SGB V). Daher ist einem Krankenhausträger ggf. bereits vor der Widerlegung seiner Prognose Gelegenheit zu geben, erkennbar unvollständige oder unplausible Angaben zu konkretisieren oder zu ergänzen (BSG, Urteil vom 25.03.2021 - B 1 KR 16/20 R -, in juris Rn. 29).
Diesen verfahrensrechtlichen Anforderungen sind auch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) bei der Widerlegung der von der Antragstellerin für 2024 abgegebenen Prognose mindestmengenrelevanter komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas für Erwachsene gerecht geworden. Mit Schreiben vom 24.08.2023 ist ausdrücklich eine Anhörung der Antragstellerin i.S.v. § 24 Abs. 1 SGB X erfolgt. Dies bestreitet die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren zumindest von Seiten der Antragsgegnerin zu 1) nicht. Es ist entgegen den Ausführungen des SG in den Beschlüssen vom 22.12.2023, 10.01.2024, 04.12.2023, 11.12.2023 und 29.12.2023 und der nunmehrigen Ansicht der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren aber auch eine Anhörung von Seiten der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) erfolgt. Dies ergibt sich daraus, dass das Schreiben vom 24.08.2023 im Briefkopf nicht nur die Antragsgegnerin zu 1), sondern auch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) aufführt und am Ende, wobei die Antragsgegnerin zu 2) durch die Antragsgegnerin zu 3) vertreten wurde, unter Nennung der Antragsgegnerinnen zu 1) sowie 3) bis 6), jeweils eine Namenswiedergabe mit dem vorangestellten Zusatz „gez.“ enthält. Darüber hinaus heißt es im Anhörungstext, dass die „Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen“ beabsichtigen, die Leistung im Jahr 2024 nicht mehr zu vergüten bzw. dass dieselben der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Anhörung nicht nur durch die Antragsgegnerin zu 1) erfolgte. Sie erfolgte auch durch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6). Die Tatsache, dass als Gesprächspartnerin nur eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu 1) mit einer Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben war, ändert hieran nichts. Hieraus ist nicht zu folgern, dass die Anhörung nur von Seiten der Antragsgegnerin zu 1) erfolgte. Die Angabe der Mitarbeiterin als Gesprächspartnerin diente zum einen – auch im Interesse der Antragstellerin – der Verfahrensvereinfachung. Die Antragstellerin konnte sich damit in einem Schreiben äußern und musste sich nicht an alle Antragsgegnerinnen gesondert wenden. Zum anderen ist das einheitliche Vorgehen der Antragsgegnerinnen aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Antragsgegnerinnen bei ihrer Entscheidung gemäß § 136b Abs. 5 Satz 9 SGB V gemeinsam und einheitlich zu handeln zu haben. Als federführenden Verband haben die Antragsgegnerinnen insoweit die Antragsgegnerin zu 1) bestimmt.
Die danach auch durch die Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) erfolgte Anhörung war auch ausreichend. Dies bestreitet – wie ausgeführt – auch die Antragstellerin nicht.
In dem der jeweiligen Antragsgegnerin zuzuordnenden einzelnen Verwaltungsakt wurde auch jeweils ein Bezug zu dem Anhörungsschreiben hergestellt; auf die Anhörung wurde ausdrücklich verwiesen und die Antragsgegnerinnen setzten sich auch mit der unter dem 04.09.2023 erfolgten Stellungnahme der Antragstellerin auseinander.
Darüber hinaus bestehen – wie unter 2. ausgeführt – keine ernsthaften Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit des Widerlegungsbescheids. Auch die – inhaltsgleichen – Widerlegungsbescheide der Antragsgegnerinnen zu 2) bis 6) vom 04.10.2023 erweisen sich nach der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Ein Fall, in dem die das Aufschubinteresse tragenden Gründe demgegenüber eindeutig überwiegen, liegt unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin nicht vor.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
5. Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).