Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin werden der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 24.03.2022 und der Festsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Detmold vom 25.11.2019 geändert. Die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 142,80 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) durch Beschluss des Sozialgerichts Detmolds (SG) vom 22.09.2015 beigeordnete Rechtsanwältin in dem Klageverfahren S 6 AS 993/15. Gegenstand dieses Klageverfahrens war die Gewährung weiterer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung und weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für Mai und Juni 2015) für die Klägerin, die von der Antragstellerin als Berufsbetreuerin gesetzlich vertreten wurde. Die geltend gemachten Kosten der Unterkunft wurden von dem Beklagten in dem Erörterungstermin am 30.03.2017 im Rahmen eines von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnisses anerkannt. Im Übrigen wies das SG die Klage mit Urteil vom 11.04.2017 ab. Unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses wurden dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 80 % auferlegt.
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 20.04.2017, gegen den Beklagten – und soweit möglich auch im Rahmen der bewilligten PKH – Gebühren für das Vorverfahren und das gerichtliche Verfahren in Höhe von 1.562,23 Euro festzusetzen (80 % von 1.952,79 Euro). Im Einzelnen beantragte sie folgende Gebühren:
Vorverfahren:
Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Vergütungsverzeichnis (VV)
zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) 360,00 Euro
abzgl. Anrechnung gem. § 15a RVG 175,00 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 RVG 20,00 Euro
Umsatzsteuer 38,95 Euro
Gesamt 243,95 Euro
Gerichtliches Verfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 360,00 Euro
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 336,00 Euro
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 360,00 Euro
Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 360,00 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 Euro
Umsatzsteuer 272,84 Euro
Gesamt 1.708,84 Euro
Summe: 1.952,79 Euro
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.08.2018 die von dem Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 733,04 Euro (80 % von 916,30 Euro) fest. Dabei berücksichtigte er für das Vorverfahren eine Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 Euro und eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro, für das gerichtliche Verfahren eine Verfahrensgebühr in Höhe von 300,00 Euro abzgl. 150,00 Euro Anrechnung gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, eine Terminsgebühr in Höhe von 280,00 Euro und eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro. Zur Begründung führte er unter anderem aus, die hälftige Geschäftsgebühr von 150,00 Euro sei gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG i.V.m. § 15a RVG auf die entstandene Verfahrensgebühr von 300,00 Euro anzurechnen. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer von 19 % ergab sich für das Klageverfahren ein erstattungsfähiger Betrag von 535,50 Euro, von dem der Beklagte 80% (428,40 Euro) zu erstatten hatte. Die hiergegen eingelegte Erinnerung wies das Sozialgericht mit Beschluss vom 02.08.2019 zurück, die anschließende Beschwerde verwarf der Senat mit Beschluss vom 30.10.2019 als unzulässig. Eine Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung sei nach § 197 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen.
Mit Beschluss vom 25.11.2019 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 107,10 Euro (20 % von 535,50 Euro) fest. Die Kosten für das Widerspruchsverfahren seien nicht von der PKH abgedeckt und folglich nicht festsetzungsfähig. Es seien nur eine Verfahrensgebühr in Höhe von 300,00 Euro und eine Terminsgebühr in Höhe von 280,00 Euro entstanden. Auf die Verfahrensgebühr seien 150,00 Euro nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen.
Die Beschwerdeführerin hat hiergegen Erinnerung eingelegt. Die Kürzung sei unzulässig. Die Anrechnung müsse bei der Geschäftsgebühr erfolgen. Gem. § 15a RVG sei sie dazu berechtigt sich auszusuchen, wo die Anrechnung dieser Gebühr erfolge. Im Übrigen könne allenfalls die tatsächlich gezahlte Geschäftsgebühr angerechnet werden. Die Kürzung der Verfahrensgebühr auf 300,00 Euro sei angesichts des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht gerechtfertigt. Es seien zudem auch eine Einigungs- und eine Erledigungsgebühr entstanden. Beide Gebühren könnten nebeneinander entstehen. Dies habe auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) bereits entschieden (Beschluss vom 09.03.2017 – L 9 SO 625/16 B).
Das Sozialgericht hat die Erinnerung mit Beschluss vom 24.03.2022 zurückgewiesen.
Gegen den ihr am 30.03.2022 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am selben Tag Beschwerde eingelegt. Ihr stehe die begehrte Vergütung in Höhe von 1.952,79 Euro abzüglich der von dem Beklagten geleisteten Zahlung zu.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat mit drei Berufsrichtern, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Die Rechtssache wirft eine schwierige Frage auf (Anrechnung der entstandenen oder der tatsächlich erhaltenen Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG), mit der sich der Senat noch nicht befasst hat.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden; auch wird der Beschwerdewert von 200,00 Euro, vgl. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, überschritten. Eine Nichtabhilfeentscheidung des Sozialgerichts liegt vor.
Die Beschwerde ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet. Das SG hat die von der Landeskasse an den Antragsteller zu zahlende Vergütung zu Unrecht auf nur 107,10 Euro statt auf 142,80 Euro festgesetzt. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
1) Die Festsetzung einer Verfahrensgebühr in Höhe von 300,00 Euro ist zu Recht erfolgt. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Verfahrensgebühr in Höhe von 360,00 Euro ist unbillig.
Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG gilt ein Gebührenrahmen von 50,00 Euro bis 550,00 Euro. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Gebühren nach § 14 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Die Mittelgebühr in Höhe von 300,00 Euro ist in den Fällen zu Grunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt (BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 24 ff. bei juris). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt oder aber eine Abweichung von der Mittelgebühr nach oben oder unten gerechtfertigt ist, ergibt sich aus einem Vergleich mit sonstigen sozialrechtlichen Streitverfahren und ist in wertender Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Diese wertende Gesamtbetrachtung ergibt hier, dass bei der Bestimmung der Verfahrensgebühr keine Abweichung von der Mittelgebühr gerechtfertigt ist. Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG handelt es sich damit vorliegend um einen durchschnittlichen Fall, der die Zuerkennung der Mittelgebühr in Höhe von 300,00 Euro rechtfertigt.
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit kann im Vergleich mit sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren allenfalls als durchschnittlich gewertet werden. Zu berücksichtigen ist hier der Arbeits- und Zeitaufwand, den ein Rechtsanwalt in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste. Mit der Verfahrensgebühr in Klageverfahren vor dem Sozialgericht wird der Aufwand für Besprechung und Beratung des Mandanten, das Anfordern und die Sichtung von beigezogenen und eingeholten Unterlagen, die Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, für den Schriftverkehr mit dem Mandanten und dem Gericht sowie für alle Tätigkeiten, für die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht eine besondere Gebühr angesetzt werden kann, vergütet. Durchschnittlich umfangreich ist eine anwaltliche Tätigkeit, bei der die Klage erhoben, Akteneinsicht genommen, die Klage begründet und zu den Ermittlungen des Gerichts Stellung genommen wird (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 02.02.2018 – L 19 AS 1472/17 B, Rn. 51 bei juris; LSG Thüringen, Beschluss vom 09.02.2015 – L 6 SF 25/15 B, Rn. 16 bei juris). Die Zahl der gefertigten Schriftsätze einschließlich ihres Inhalts kann dabei ein Indiz für den zeitlichen Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit darstellen (BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 31 bei juris).
Die Beschwerdeführerin hat eine vierseitige Klageschrift gefertigt. Neben der Vorbereitung auf einen Erörterungstermin sind keine weiteren zeitintensiven Tätigkeiten – wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung –, die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, angefallen bzw. belegt. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war durchschnittlich. Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu werten (BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 35 bei juris). Ausgehend von diesem Maßstab bestand im vorliegenden Fall eine durchschnittliche Schwierigkeit. Eine besondere juristische Schwierigkeit des Verfahrens ist nicht erkennbar, das Verfahren weist – gemessen an einem Durchschnittfall – eine durchschnittliche Schwierigkeit auf.
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war zwar als überdurchschnittlich zu bewerten, weil Streitigkeiten über Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum sichern, in der Regel überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen wird (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R, Rn. 37 bei juris), die Einkommensverhältnisse der Klägerin stellen sich demgegenüber aber als unterdurchschnittlich dar. Ein besonderes Haftungsrisiko der Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar.
Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Von einer Unbilligkeit ist zwar in der Regel erst dann auszugehen, wenn die Abweichung zur (objektiv) angemessenen Gebühr einen Toleranzrahmen von 20 % überschreitet. Dies gilt allerdings nur für die Gebührenbestimmung in Fällen, in denen die Mittelgebühr keinen sicheren Anhalt bietet, also in unter- oder überdurchschnittlichen Fällen. Der Gedanke des Toleranzrahmens rechtfertigt es nicht, dass der Rechtsanwalt in Durchschnittsfällen immer eine bis zu 20 % erhöhte Mittelgebühr ansetzt, weil bereits die Einführung der Mittelgebühr den Zweck hat, in einem großen Teil der Verfahren einen bestimmten Betrag festlegen zu können und dabei jeweils nur zu entscheiden, ob es sich um einen Einzelfall handelt (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Beschluss vom 26.02.1992 – 9a RVs 3/90, Rn. 15 bei juris; Groth, in: Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, XII. Kapitel – Kosten –, Rn. 105).
Auf die Verfahrensgebühr von 300,00 Euro ist die vom Beklagten gezahlte Geschäftsgebühr in Höhe von 120,00 Euro anzurechnen.
Nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird, soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Bei Beitragsrahmengebühren beträgt dieser Anrechnungsbetrag höchstens 175,00 Euro. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Beschwerdeführerin diesbezüglich ein Wahlrecht hinsichtlich der Anrechnung der Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zusteht, weil ein solches Wahlrecht jedenfalls dann nicht mehr bestehen kann, wenn in einem weiteren Kostenfestsetzungsverfahren bereits bestandkräftig über die Anrechnung entschieden worden ist. Dies war hier der Fall. In dem Kostenfestsetzungsverfahren gegenüber dem Beklagten ist mit endgültigem Festsetzungsbeschluss vom 02.08.2019 entschieden worden, dass die hälftige Geschäftsgebühr in Höhe von 150,00 Euro auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Zugunsten der Beschwerdeführerin wurde demensprechend die volle Geschäftsgebühr ohne Anrechnung festgesetzt und vom Beklagten in Höhe der Kostenquote von 80% erstattet. Daran ist die Beschwerdeführerin schon deshalb gebunden, weil ihr anderenfalls beide Gebühren im Ergebnis ohne Anrechnung gewährt werden würden.
Hinsichtlich der Höhe der anzurechnenden Gebühr ist streitig, ob die festgesetzte Geschäftsgebühr in Höhe 300,00 Euro oder die vom Beklagten erstattete Gebühr in Höhe von 80 % von 300,00 Euro, also in Höhe von 240,00 Euro, zu berücksichtigen ist. Nach einer Auffassung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift dafür, auf die entstandene und nicht auf die tatsächlich erhaltene Geschäftsgebühr abzustellen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.02.2017 – L 19 AS 1408/16 B, Rn. 38 bei juris). Allein der Umstand, dass der Beklagte aufgrund der Kostenquotelung die entstandene Geschäftsgebühr für das Betreiben des Widerspruchsverfahrens nicht vollständig, sondern nur teilweise zu erstatten habe, rechtfertige es nicht, die Anrechnungsvorschrift einschränkend auf den gezahlten Betrag zu beschränken, weil dies zur Folge hätte, dass ein Prozessbevollmächtigter im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 55 f. VV RVG eine höhere Verfahrensgebühr von der Staatskasse erstattet bekommen würde als im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG. Dort könne sich der Beklagte auf § 15a RVG berufen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.02.2017 – L 19 AS 1408/16 B, Rn. 38 bei juris; LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2018 – L 9 AS 223/16 B, Rn. 3f bei juris).
Nach anderer Auffassung sind demgegenüber nur tatsächliche Zahlungen auf die Geschäftsgebühr bei der Anrechnung zu berücksichtigen. Dies ergebe sich gesetzessystematisch aus § 55 Abs. 5 Satz 2 bis 4 RVG, wonach der Antrag auf Vergütung aus der Staatskasse die Erklärung enthalten müsse, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten habe. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten habe, müsse er unverzüglich anzeigen. Diese Regelungen seien zeitgleich mit der allgemeinen Anrechnungsregelung des § 15a RVG eingeführt worden und in der Gesetzesbegründung komme unmissverständlich zum Ausdruck, dass bei der Vergütungsfestsetzung nur tatsächliche Zahlungen auf anzurechnende Gebühren zu berücksichtigen seien (vgl. im Einzelnen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.12.2020 – L 39 SF 41/18 B E, Rn.30 bei juris; LSG NRW, Beschluss vom 04.01.2016 – L 10 SB 57/15 B, Rn. 57 bei juris). Dies habe die Gegenansicht nicht ausreichend gewürdigt und bei ihrem Argument, dass das Abstellen auf die tatsächliche Zahlung zur Folge habe, dass ein beigeordneter Rechtsanwalt im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine höhere Gebühr erhalte als im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht berücksichtigt, dass ein Gleichlauf dieser beiden Verfahren vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sei (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.12.2020 – L 39 SF 41/18 B E, Rn. 31 bei juris). Dem ist insbesondere vor dem Hintergrund der systematischen Überlegungen zuzustimmen. Für eine solche Auslegung sprechen die Regelungen in § 55 Abs. 5 und § 15a RVG und auch die in § 58 RVG vorgesehene Regelung (so auch LSG NRW, Beschluss vom 04.05.2020 – L 21 AS 145/19 B, Rn. 19 bei juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gebührenfestsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG nicht zwingend dem Verfahren nach § 55 RVG entsprechen muss, weil letzteres das (Innen-)Verhältnis des Klägers bzw. der Staatskasse gegenüber dem Bevollmächtigten und ersteres das (Außen-)Verhältnis des Klägersgegenüber dem Beklagten betrifft (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 04.05.2020 – L 21 AS 145/19 B, Rn. 20 bei juris).
2) Auch die von der Beschwerdeführerin nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmte Terminsgebühr von 336,00 Euro ist unbillig, weil auch diesbezüglich nach wertender Gesamtbetrachtung von einem Normal-/Durchschnittsfall auszugehen ist, der den Ansatz einer um 20 % erhöhten Mittelgebühr nicht rechtfertigt. Es ist deshalb eine Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 280,00 zu berücksichtigen.
Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit für die Terminsgebühr ist auf den tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand für die Terminsteilnahme, der wesentlich durch die Anzahl und die Dauer der anberaumten Termine bestimmt wird, abzustellen. Der Arbeits- und Zeitaufwand für die Vorbereitung eines anberaumten gerichtlichen Termins ist nicht zu berücksichtigen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 05.10.2016 – L 19 AS 1104/16 B, Rn. 51 bei juris m.w.N). In dem Verfahren fand am 30.03.2017 ein 34-minütiger Erörterungstermin statt. Angesichts einer durchschnittlichen Terminsdauer vor den Sozialgerichten von 30 bis 50 Minuten ist dies als durchschnittlich anzusehen.
3) Eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nrn 1006, 1002 VV RVG ist nicht angefallen. Hiernach entsteht eine solche Gebühr, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtbehelf angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Die anwaltliche Mitwirkung muss dabei über die Abgabe verfahrensbeendender Erklärungen hinausgehen. Ein solches, besonderes Handeln ist hier nicht ersichtlich. Der Beklagte hat im Termin am 30.03.2017 ein Teilanerkenntnis abgegeben, das die Klägerin angenommen hat. Insbesondere genügt die schlichte Beratung eines Mandanten über die weiteren Erfolgsaussichten des Verfahrens nicht für den Anfall einer Erledigungsgebühr (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.09.2015 – L 19 AS 1453/15 B, Rn. 32f. bei juris). Eine nach dem Sitzungsprotokoll „intensive Beratung und Besprechung mit der Klägerin auf dem Gerichtsflur“ reicht hierzu nicht aus.
Unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro und der Umsatzsteuer waren demnach für das Klageverfahren im Rahmen der PKH grundsätzlich folgende Gebühren zu erstatten:
- Verfahrensgebühr nach Nrn. 3102, 1008 VV RVG in Höhe von 180,00 Euro;
- Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 280,00 Euro;
- Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro;
- Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 91,20 Euro;
Summe: 571,20 Euro.
Von diesem Betrag waren die von dem Beklagten bereits geleisteten Gebühren für das Klageverfahren in Höhe von 428,40 Euro abzuziehen. Der Beschwerdeführerin sind dementsprechend 142,80 Euro zu erstatten.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).