L 3 AS 1765/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 14 AS 1533/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 AS 1765/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

 

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

Tatbestand

 

Streitig zwischen den Beteiligten ist die (endgültige) Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit von Januar bis Juni 2013 und die Rechtmäßigkeit einer gegen den Kläger gerichteten Erstattungsforderung für in diesem Zeitraum erbrachte Leistungen.

 

Der 1961 geborene Kläger wohnte bereits seit Dezember 2009 in der S Str.  in F () in einer 72 qm großen Wohnung (2. OG links) bei einer Miete von insgesamt 494,64 € monatlich (321,84 € Kaltmiete, 93,60 € Betriebskostenvorschuss und 79,20 € Heizkostenvorschuss) einschließlich der Kosten der Warmwasser­aufbereitung (vgl. den mit der  Immobilien und Grundstücks GmbH geschlossenen Mietvertrag vom 01. Dezember 2009 und die Angaben des Klägers im Leistungsantrag vom 08. Dezember 2009). Im Rahmen eines Hausbesuches vom 20. Juli 2010 teilte der Kläger den Mitarbeiterinnen des Beklagten mit, dass er und die seit Juni 2010 bei ihm wohnende, 1977 geborene J H nun ein Paar seien. Sie wollten im September 2010 in die von Frau H im gleichen Haus angemietete, 72 qm große Wohnung im 1. OG rechts (vgl. den mit der  Immobilien und Grundstücks GmbH geschlossenen Mietvertrag vom 26. Mai 2010; Miete insgesamt 484,56 € monatlich: 318,96 € Kaltmiete, 93,60 € Betriebskostenvorschuss und 72 € Heizkostenvorschuss) umziehen, die derzeit aufgrund umfassender Renovierungs­­­­­­arbeiten noch nicht bewohnbar sei. Daraufhin bewilligte der Beklagte ab Juli 2010 dem Kläger und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Frau H Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (vgl. Bescheid vom 19. August 2010) unter Zugrundelegung einer Gesamtmiete von 494,64 €. Änderungen in den Miet- bzw. Wohnverhältnissen wurden bei den späteren Weiterbewilligungsanträgen vom Kläger und Frau H nicht mitgeteilt.

 

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum selbständig tätig. Ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 10. Januar 2012 betätigte er sich im Vertrieb von Leuchtkörpern und als Hauswart (Kleinstreparaturen und Abschließen von Mietverträgen). Frau H war ab dem 12. November 2012 beim Hauswartservice S in F gegen einen monatlichen Nettolohn von 425 € beschäftigt, wobei der Lohn erst am 10. Tag des Folgemonats ausgezahlt werden sollte (vgl. Arbeitsvertrag vom 09. November 2012).

 

Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 04. Dezember 2012, der eine vom Kläger am gleichen Tag ausgefüllte Anlage EKS zum voraussichtlichen Einkommen in der Zeit von Januar bis Juni 2013 mit der Angabe, dass ein 20 qm großer Raum der Wohnung gewerblich genutzt werde, beilag, gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 07. Dezember 2012 der Bedarfsgemeinschaft des Klägers Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 vorläufig in Höhe von insgesamt 914,65 € pro Monat. Davon entfielen 457,32 € monatlich auf den Kläger und 457,33 € auf Frau H. Hierbei kam lediglich das nach Abzug von Freibeträgen bereinigte Einkommen von Frau H i.H.v. 237,78 € monatlich zur Anrechnung. Die Vorläufigkeit wurde auf die noch zu belegenden tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben aus dem Gewerbe gestützt. Dem Kläger wurde aufgegeben, binnen 2 Monaten nach dem Ende des Leistungszeitraums Nachweise über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben vorzulegen.

 

Nachdem der Beklagte Kenntnis von der am 28. Dezember 2012 erfolgten Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber von Frau H erlangt hatte, änderte er mit Aufhebungsbescheid vom 16. Januar 2013 die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab Februar 2013 bis Juni 2013 insoweit ab, als nunmehr 1.152,43 € monatlich gewährt wurden. Auf den Kläger entfielen dabei 576,21 € und auf Frau H 576,22 €. In der Folgezeit reichte Herr S die von ihm ausgefüllten Einkommensbescheinigungen u.a. für den Monat Dezember 2012 ein, wonach Frau H bei einem Bruttogehalt von 404,76 € ein Betrag von 355,45 € netto im Januar 2013 ausgezahlt worden war.

 

Am 21. April 2013 beantragte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten die endgültige Festsetzung der Leistungen. Der Beklagte forderte in den Folgejahren den Kläger wiederholt vergeblich auf, Unterlagen für die Jahre 2012 und 2013 betreffend die Miet- und Wohnverhältnisse, Betriebs- und Heizkostenabrechnungen sowie Nachweise zu den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für die selbständige Tätigkeit im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 nebst der abschließenden Anlage EKS vorzulegen. Am 19. Juni 2014 ging bei dem Beklagten eine von der Q GmbH in F (Frau Sch) am 04. Juni 2014 handschriftlich ausgefüllte Mietbescheinigung ein, in der für die vom Kläger und Frau H bewohnte Wohnung eine Größe von ca. 78 qm, kein Bad/Duschraum, eine Gasheizung sowie eine Miete von 484,56 € seit dem 01. Dezember 2011 angegeben wurde. Zudem enthielt sie einen von einer anderen Person handschriftlich eingefügten und unterzeichneten Zusatz zu der Rubrik Warmwasser: „wird über Boiler zubereitet“. In der am 24. März 2016 ausgefüllten Anlage EKS für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 gab der Kläger Betriebseinnahmen in Höhe von 1.606,67 € (Januar 2013), 960 € (März 2013) und 1.180 € (Mai 2013) sowie Betriebsausgaben in Höhe von 1.332,21 € (Januar 2013) und 150,26 € (Juni 2013) an.

 

Nach Prüfung der weiter eingereichten Belege und Kontoauszüge bewilligte der Beklagte mit zwei Bescheiden vom 03. März 2017 die Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum endgültig. Gewährt wurden der Bedarfsgemeinschaft des Klägers nunmehr für Januar 2013 508,25 € und für die Monate Februar bis Juni 2013 jeweils 746,03 €. Dabei entfielen auf den Kläger Leistungen in Höhe von 254,12 € für Januar 2013 und jeweils 373,01 € für die Monate Februar bis Juni 2013 sowie auf Frau H Leistungen in Höhe von 254,13 € für Januar 2013 und jeweils 373,02 € für die Monate Februar bis Juni 2013. Der Beklagte berücksichtigte nunmehr unter Zugrundelegung eines vom Kläger in der Zeit von Januar bis Juni 2013 erzielten Gewinnes von insgesamt 3.647,99 € (3.746,67 € Einnahmen abzüglich 98,68 € betriebliche Ausgaben) ein durchschnittliches Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit i.H.v. 608 € monatlich. Zudem wurden überzahlte Leistungen in Höhe von 1.209,90 € vom Kläger und 1.219,20 € von Frau H erstattet verlangt.

 

Hiergegen legten sowohl der Kläger als auch Frau H am 07. März 2017 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) seien in voller Höhe zu berücksichtigen und das Einkommen des Klägers sei falsch berechnet worden. Es seien höhere Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Beklagte wies mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 22. Juni 2017 die Widersprüche zurück. Auch unter Berücksichtigung weiterer belegter betrieblicher Ausgaben in Höhe von 100 € im Januar 2013 und 1.332,21 € (Notarkosten) im Mai 2013 sowie weiterer Einnahmen in Höhe von 1.333 € (Erstattung für ausgelegte Notarkosten) im Mai 2013 ergebe sich für den Kläger noch ein durchschnittlicher Gewinn von 591,46 € bzw. nach Abzug der Freibeträge noch ein anrechenbarer Betrag von 393,84 € monatlich. Kosten für Benzin wie auch für Katzenfutter könnten nicht als Betriebsausgaben eingestellt werden. Die Nutzung eines betrieblichen PKW‘s sei im streitigen Zeitraum nicht nachgewiesen. Bei gewerblicher Nutzung von 20 qm der Wohnfläche von insgesamt 72 qm seien 72,22 % der Mietkosten, d.h. 357,24 € als KdUH anzusetzen. Für Frau H sei im Januar ein Einkommen von 355,45 € netto bzw. nach Abzug der Freibeträge noch ein Betrag von 194,50 € anzurechnen. Hiernach ergebe sich ein Leistungsanspruch für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 459,57 € für Januar 2013 und von 654,07 € monatlich für Februar bis Juni 2013. Vom Kläger und Frau H seien an sich jeweils 1.219,20 € an überzahlten Leistungen zu erstatten, aus Vertrauensschutzgründen bleibe es für den Kläger bei dem Erstattungsbetrag von 1.209,90 €. 

 

Mit seiner am 24. Juli 2017 zum Sozialgericht (SG) Cottbus erhobenen Klage (Aktenzeichen S 14 AS 1533/17) hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung höherer Leistungen weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beklagte habe die KdUH zu Unrecht um einen gewerblich genutzten Teil gekürzt. Zumindest wären diese Kosten dann als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, was nicht geschehen sei. Zudem sei eine Kürzung der KdUH aufgrund Unangemessenheit ohne vorheriges Kostensenkungsverfahren erfolgt. Zu berücksichtigen seien darüber hinaus ein Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserversorgung, da die Warmwasserbereitung durch einen Boiler erfolgt sei, sowie als Betriebsausgaben die Kosten für ein Kfz, d.h. insbesondere Benzinkosten.

 

Der Beklagte ist dem entgegengetreten: Über die Berücksichtigung des gewerblich genutzten Raumes hinaus sei eine Kürzung der KdUH nicht erfolgt. Die Kosten für den gewerblich genutzten Raum seien zwar bei den Betriebsausgaben unberücksichtigt geblieben, dies wirke sich auf die Erstattungsforderung nicht aus, da der erstattet verlangte Betrag geringer sei, als der tatsächlich zu erstattende Betrag. Kosten für ein Kfz seien vom Kläger in seiner EKS nicht aufgeführt worden. Eine dezentrale Warmwasserversorgung sei im Verwaltungsverfahren weder vorgetragen noch nachgewiesen worden.

 

Das SG hat am 17. Juli 2019 eine mündliche Verhandlung im vorliegenden als auch in dem von Frau H parallel betriebenen Verfahren (S 14 AS 1536/17) durchgeführt und mit den hierbei verkündeten Urteilen die Klagen abgewiesen.

 

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 25. Juli 2019 in beiden Verfahren ein Teilanerkenntnis abgegeben, wonach der (jeweilige) Bescheid vom 03. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 dahingehend abgeändert werde, dass sich die Erstattungsforderung für die Monate Januar bis Juni 2013 insgesamt auf 1.143,62 € für den Kläger bzw. 1.143,68 € für Frau H reduziere. Es würden nunmehr für den Kläger - wie auch für Frau H – jeweils Leistungen in Höhe von 284,75 € für Januar 2013 und 382 € monatlich für Februar bis Juni 2013 gewährt.

 

In dem am 30. Juli 2019 zur Geschäftsstelle gegebenen, schriftlich abgefassten Urteil hat das SG zur Begründung ausgeführt, die gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sei unbegründet.  Die vorläufigen Bescheide vom 07. Dezember 2012 und 16. Januar 2013 hätten sich auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) durch den Erlass des Bescheids vom 03. März 2017 erledigt; der endgültige Bescheid habe die vorläufigen Bescheide ersetzt (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 17. Februar 2016 - B 4 AS 17/15 R -, Rn. 13, und vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -, Rn. 22; Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. August 2018 - L 29 AS 604/18 NZB -; jeweils in juris). Der Bescheid des Beklagten vom 03. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 25. Juli 2019 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II (ALG II) für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 7a SGB II als erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Sinne des § 8 SGB II die Anspruchsvoraussetzungen insoweit erfüllt, als er älter als 15 und jünger als 67 Jahre gewesen sei und seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in F (), Deutschland gehabt habe. Eine weitergehende Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II als vom Beklagten bereits berücksichtigt, sei nicht ersichtlich.

Hilfebedürftig sei nach § 9 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalte. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfassten dabei den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II.

Der Kläger habe im Januar 2013 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 284,75 €. In den Monaten Februar bis Juni 2013 betrage der Anspruch 382 € pro Monat. So belaufe sich der monatliche Bedarf des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum auf 523,62 €. Hierbei sei der Beklagte zutreffend von einem Regelbedarf in Höhe von 345 € pro Monat ausgegangen. Ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 7 Satz 1 SGB II für eine dezentrale Warmwasserversorgung sei vorliegend nicht zu berücksichtigen. Das Vorhandensein in der Unterkunft installierter Vorrichtungen zur Erzeugung von Warmwasser sei nicht nachgewiesen. Unabhängig davon, dass ein entsprechender Vortrag - die Warmwasseraufbereitung erfolge mittels Boiler - vom Prozessbevollmächtigten des Klägers erstmals im Klageverfahren getätigt worden sei, ergebe sich aus dem Mietvertrag nicht, dass ein solcher in der Wohnung vorhanden gewesen sei. Die Bestimmung in § 5 Punkt 8 des Mietvertrages regele lediglich die Kostenfolge für den Fall, dass ein Durchlauferhitzer oder Boiler in der Wohnung vorhanden sei. Sie sage hingegen nichts darüber aus, ob dies in der vom Kläger und Frau H bewohnten Wohnung der Fall sei. Es handele sich insgesamt um einen vorformulierten Standardmietvertrag, der für mehrere Mietverhältnisse des Vermieters zur Anwendung komme. Individuelle Passagen, die sich auf das konkrete Mietverhältnis bezögen, seien im Vertragsformular fett hervorgehoben. Dies sei bei § 5 Punkt 8 nicht der Fall.

Hinsichtlich der KdUH betrage der Bedarf des Klägers 178,62 € pro Monat. Diesen Betrag habe auch der Beklagte zugrunde gelegt. Der Beklagte habe zurecht die KdUH um den Betrag gekürzt, der auf das 20 qm große Zimmer entfalle, das der Kläger entsprechend eigener Angabe in der Anlage EKS vom 04. Dezember 2012 gewerblich nutze. Zwar würden KdUH gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen seien. Erfasst würden dabei aber nur Aufwendungen für privaten Wohnraum, nicht jedoch für gewerblich genutzte Räume (vgl. BSG, Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/05 R -, Rn. 15, und vom 06. April 2011 - B 4 AS 119/10 R -, Rn. 36; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 20. März 2014 - L 25 AS 2038/10 -, Rn. 58, und vom 23. Mai 2013 - L 25 AS 1064/11 ZVW -, Rn. 34; jeweils in juris). Eine weitergehende Kürzung sei entgegen der Auffassung der Klägerseite nicht erfolgt.

Vom Bedarf des Klägers sei im Januar 2013 ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 238,87 € abzuziehen. In den Monaten Februar bis Juni sei ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von jeweils 141,62 € abzuziehen. Der Kläger selbst habe im streitgegenständlichen Zeitraum ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 283,24 € pro Monat erzielt. Abzustellen sei bei selbständiger Tätigkeit auf die Betriebseinnahmen, von denen im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleistete notwendige Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen seien gemäß § 3 Abs. 1, 2 Arbeitslosengeld ll/Sozialgeldverordnung (ALG II-VO) in der im streitgegenständ­lichen Zeitraum geltenden Fassung. Die Betriebseinnahmen des Klägers beliefen sich im streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt auf 5.079,67 €. Die Betriebsausgaben betrügen im streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung der Kosten, die auf den gewerblich genutzten Teil der Wohnung entfielen - 137,41 €/Monat - insgesamt 2.355,35 €. Daraus ergebe sich ein Gewinn in Höhe von 2.724,32 € insgesamt, was einem durchschnittlichen monatlichen Gewinn in Höhe von 454,05 € entspreche. Von diesem seien gemäß § 11b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB II ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 € und ein Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 70,81 € in Abzug zu bringen. Entgegen der Auffassung des Klägers seien Kosten für ein Kfz vorliegend nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Darunter fielen auch die geltend gemachten Benzinkosten. In der Anlage EKS des Klägers vom 24. März 2016 werde weder aufgeführt, dass ein Kfz für die gewerbliche Tätigkeit des Klägers genutzt werde, noch, dass dafür Kosten angefallen seien. Kosten für ein gewerblich genutztes Kfz würden vielmehr erstmals in der Anlage EKS zum Bewilligungszeitraum von Januar bis Juni 2014 aufgeführt. In der abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vom 15. Dezember 2013, die neben dem Folgebewilligungszeitraum von Juli bis Dezember 2013 auch den Juni 2013 ausweise, werde ebenfalls angegeben, dass im Juni 2013 keine Kosten für ein Kfz angefallen seien (ebenso wenig wie in den Monaten Juli bis Dezember 2013). Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass von der Bedarfsgemeinschaft Benzinquittungen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum beim Beklagten eingereicht worden seien. Ein Bezug zur gewerblichen Tätigkeit werde in diesem Zusammenhang ebenso wenig aufgezeigt wie für die Quittungen für Katzenfutter. Dies werde in der Gesamtschau auch durch die Kontoauszüge für das Konto von Frau H, über das die Transaktionen für die gewerbliche Tätigkeit des Klägers abgewickelt worden seien, gestützt. Der Kläger habe auf diesen alle Posten markiert, die Einnahmen bzw. Ausgaben für seine gewerbliche Tätigkeit darstellten. Abbuchungen von Tankstellen seien nicht als solche markiert. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sei auch das Einkommen von Frau H zu berücksichtigen, die im Januar 2013 ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 194,50 € erzielt habe. Dies ergebe sich aus dem im Januar zugeflossenen Arbeitsentgelt in Höhe von 355,45 € (netto) abzüglich eines Grundfreibetrages in Höhe von 100 € und eines Erwerbstätigenfreibetrages in Höhe von 60,95 €. Unter Berücksichtigung der Aufteilung entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II betrage das beim Kläger zu berücksichtigende Einkommen im Januar 238,87 € und in den anderen Monaten jeweils 141,62 €.

Vom Beklagten seien im Rahmen der endgültigen Bewilligung unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses Leistungen für Januar 2013 in Höhe von 284,75 € und für die anderen Monate jeweils in Höhe von 382 € gewährt worden. Diese Leistungen seien auch ausgezahlt worden, da die vorläufige Bewilligung insgesamt höhere Beträge vorgesehen habe.

Die Erstattungsforderung gegenüber dem Kläger in Höhe von 1.143,62 € sei rechtmäßig. Sie basiere auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach seien auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt werde. Die Differenz zwischen dem vorläufig und dem endgültig Gewährten betrage im Januar 2013 172,57 € und in den anderen Monaten jeweils 194,21 €, was der vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderung entspreche.

 

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27. August 2019 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit der am 03. September 2019 beim LSG Berlin-Brandenburg eingelegten Berufung. Zur Begründung führt der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, das SG habe zu Unrecht das Vorliegen einer dezentralen Warmwasserbereitung verneint. Aus der in den Verwaltungsakten befindlichen Mietbescheinigung sei erkennbar, dass die im streitgegenständlichen Zeitraum bewohnte Mietwohnung über eine dezentrale Warmwasserbereitung mit einem Boiler verfügt habe und auch 78 qm und nicht 72 qm groß sei. Bei der Behauptung, die handschriftliche Ergänzung bezüglich der Warmwasserbereitung sei vom Kläger vorgenommen und abgezeichnet worden, handele sich um eine bloße Spekulation. Die Mietbescheinigung selbst sei jedenfalls nicht vom Kläger, sondern von einem Herrn S unterschrieben. Selbst wenn der Kläger dort einen handschriftlichen Vermerk aufgebracht habe, sei dieser zumindest dann beachtlich, wenn dies vor der Unterschrift durch den Vermieter erfolgt sei. Die gesamte Einkommensberechnung sei nicht nachvollziehbar. Lege man die Angaben in der Anlage EKS zugrunde und berücksichtige noch 137,21 € für den gewerblich genutzten Anteil der Unterkunft als Betriebsausgabe, so ergebe sich ein monatlicher Gewinn i.H.v. 240,17 €. Hiervon ausgehend lasse sich ein um monatlich 142,13 € höherer Leistungsanspruch zuzüglich des Mehrbedarfs für Warmwasser i.H.v. 8,79 €, also monatlich insgesamt i.H.v. 150,92 € ermitteln. Davon abzuziehen seien die bereits vom Beklagten anerkannten 66,28 €, sodass sich für den Kläger weitere Leistungsansprüche i.H.v. insgesamt 839,24 € für den streitgegenständlichen Zeitraum ergäben.

 

Der Kläger beantragt sinngemäß,

 

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. Juli 2019 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 03. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 und des Teilanerkenntnisses vom 25. Juli 2019 abzuändern sowie den Beklagten zu verpflichten, ihm endgültig weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 in Höhe von insgesamt 839,24 € zu bewilligen und den Erstattungsbetrag entsprechend zu reduzieren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Nachweis einer dezentralen Warmwasserbereitung sei nicht erbracht. Vielmehr habe der Kläger in seinem Erstantrag angegeben, dass die Kosten für die Warmwasserbereitung in den angegebenen Unterkunft- und Heizkosten enthalten seien. Soweit die Mietbescheinigung vom 04. Juni 2014 eine handschriftliche Ergänzung enthalte, sei darauf hinzuweisen, dass diese offensichtlich vom Kläger notiert und abgezeichnet worden sei. Auch entspreche die angegebene Wohnraumgröße nicht dem vorgelegten Mietvertrag. Für eine abschließende Klärung des Sachverhalts dürfte die Einreichung der vom Mietvertrag vorgesehenen jährlichen Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter ausreichend sein. Im Übrigen seien die Mietkosten in voller Höhe berücksichtigt worden, und zwar ein Teil als KdUH und der andere Teil als Betriebsausgabe.

 

Der Senat hat die Gerichtsakte des von Frau H für den streitgegenständ­lichen Zeitraum geführten Klage- und Berufungsverfahrens (S 14 AS 1536/17 bzw. L 14 AS 1769/19) beigezogen. Aus diesen ergab sich, dass die vom 14. Senat  erfolgten Versuche, weitere Informationen zu den Mietverhältnissen und der Warmwasserbereitung bei der Fa. Q GmbH zu erlangen, erfolglos geblieben sind, da das Unternehmen infolge von Insolvenz aufgelöst worden ist und nicht mehr existiert. Den Beteiligten sind im hiesigen Verfahren mit gerichtlichem Schreiben vom 22. November 2024 im Hinblick auf die Ermittlungsergebnisse des 14. Senats rechtliche Hinweise zu den Erfolgsaussichten der Berufung erteilt worden.

 

Die Vorsitzende des Senats hat am 06. Februar 2024 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Hierbei hat der Kläger erklärt, er erhebe die Einrede der Verjährung. Zu den Einkommens- und Mietverhältnissen im streitigen Zeitraum könne er nichts mehr sagen. Zudem haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Aktenzeichen L 3 AS 1765/19 und L 14 AS 1769/19 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

 

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144 SGG). Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und 2, § 56 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 08. Februar 2017 – B 14 AS 22/16 R -, Rn. 10, juris) ist unbegründet. Das Urteil des SG Cottbus vom 17. Juli 2019 erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens (§ 157 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 03. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 25. Juli 2019. Bei dem Teilanerkenntnis vom 25. Juli 2019 handelt es sich tatsächlich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X, mit dem der Beklagte seinen Bescheid vom 03. März 2017 über die endgültige Bewilligung von ALG II für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 hinsichtlich der Höhe des monatlichen ALG II-Anspruches und der Höhe des Erstattungsanspruches zugunsten des Klägers abgeändert hat. Dieser nach Verkündung des Urteils des SG, aber vor Einlegung der Berufung durch den Kläger ergangene Bescheid ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 96 Rn. 7a).

 

Der Bescheid der Beklagten vom 03. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 25. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf endgültige Festsetzung höherer Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013. Die vom Beklagten für die Zeit von Januar bis Juni 2013 geltend gemachte Erstattungsforderung begegnet keinen Bedenken.

 

Die Rechtmäßigkeit der endgültigen Festsetzung des Leistungsanspruchs für Januar bis Juni 2013 sowie der Erstattungsforderung beurteilt sich noch nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 gültigen Fassung i.V.m. § 328 Abs. 2 SGB III. § 41a SGB II, mit Wirkung vom 01. August 2016 durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (9. SGB II-ÄndG; BGBl. I 1824) eingeführt, findet auf vor dem 01. August 2016 beendete Bewilligungszeiträume - wie zwischenzeitlich höchstrichterlich entschieden - keine Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 39/17 R -, Rn. 23 ff., juris). Für diese Bewilligungszeiträume gilt nicht § 41a SGB II in seiner Gesamtheit, sondern lediglich § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II mit der Maßgabe, dass die Jahresfrist für den Eintritt der Fiktionswirkung mit dem 01. August 2016 beginnt (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der Fassung des 9. SGB II-ÄndG, vgl. BSG, a. a. O.). Nach § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt, wenn sich innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung ergibt. Die Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II konnte hier jedoch nicht eintreten, da bereits innerhalb der Jahresfrist des § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II mit der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides vom 03. März 2017 eine abschließende Entscheidung ergangen war.

 

War vom Grundsicherungsträger ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II  i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zunächst nur vorläufig beschieden worden, hatte er die vorläufige Entscheidung auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern war (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 2 SGB III), oder eine abschließende Entscheidung zu treffen, wenn ein Leistungsanspruch in abweichender Höhe zuerkannt wurde (vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB III). Waren im Anschluss an Bewilligungszeiträume neue Umstände zu berücksichtigen, war daher zur Beseitigung der Unklarheiten über die Höhe der den Berechtigten endgültig zustehenden Leistungen von Amts wegen notwendig, eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung nach Maßgabe von § 328 Abs. 3 Satz 1 sowie ggfs. Abs. 2 Halbsatz 1 SGB III zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -, Rn. 24, juris).

 

Dem Kläger und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Frau H waren für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 mit Bescheid vom 07. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2013 vorläufig Leistungen bewilligt worden.

 

Die dem Kläger und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Frau H vorläufig für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2013 bewilligten Leistungen entsprechen nicht den endgültig festzusetzenden, da der Kläger ein von der Prognose des Beklagten abweichendes Einkommen erzielte. Endgültig festzusetzen war, dass dem Kläger und Frau H für Januar 2013 jeweils ein Leistungsanspruch in Höhe von 284,74 € (Kläger) bzw. 284,75 € (Frau H) und für die Monate Februar bis Juni 2013 jeweils ein monatlicher Leistungsanspruch in Höhe von 381,99 € (Kläger) bzw. 382 € (Frau H) zusteht. Rechtsgrundlage für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den hier streitbefangenen Bewilligungszeitraum ist in materiell-rechtlicher Hinsicht § 19 i.V.m. §§ 7 ff. und §§ 20 ff. SGB II in der Fassung, die das SGB II insoweit vor dem streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I 453) erhalten hatte; denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2016 - B 14 AS 53/15 R -, Rn. 14, und vom 30. August 2017 – B 14 AS 31/16 R -, Rn. 18, jeweils in juris).

 

A. Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben nach § 19 Abs. 1 SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Leistungen. Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (Nr. 1) sowie als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (Nr. 3 Buchst. c).

 

Der 1961 geborene Kläger wie auch seine, mit ihm eine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 SGB II bildende, 1977 geborene Lebensgefährtin Frau H erfüllten im streitigen Zeitraum unzweifelhaft die zuvor genannten Voraussetzungen betreffend das Lebensalter und den Wohnsitz. Sowohl der Kläger als auch seine Lebensgefährtin waren bzw. sind erwerbsfähig i.S.v. § 8 SGB II. Ebenso waren der Kläger und Frau H hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 9 SGB II.

 

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, und 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben Bedarfe nach § 28 außer Betracht (§ 9 Abs. 2 S. 3 SGB II).

 

Im streitigen Zeitraum verfügten der Kläger wie auch Frau H nicht über Vermögen, jedoch über Einkommen, so dass beide Personen in unterschiedlicher Höhe hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 Abs. 1 SGB II waren.

 

1. So setzten sich die Bedarfe des Klägers und seiner Lebensgefährtin jeweils aus dem Regelbedarf nach § 20 Abs. 1, 4 und 5 SGB II nach der Regelbedarfsstufe 2 i.H.v. 345 € monatlich und den (anteiligen) KdUH nach § 22 SGB II i.H.v. 178,61 € bzw. 178,62 € zusammen, d.h. es bestand ein Bedarf von insgesamt 523,61 € (Kläger) bzw. 523,62 € (Frau H) monatlich.

 

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei Bestimmung der KdUH – zugunsten der seit Juni 2010 bestehenden Bedarfsgemeinschaft des Klägers - von einer Warmmiete von insgesamt 494,64 € monatlich (321,84 € Kaltmiete, 93,60 € Betriebskostenvorschuss und 79,20 € Heizkostenvorschuss) entsprechend dem Mietvertrag vom 01. Dezember 2009 und den beim Hausbesuch vom 20. Juli 2010 angetroffenen Verhältnissen ausgegangen ist. Ob der Kläger und Frau H tatsächlich in die etwas günstigere Wohnung im 1. OG (vgl. Mietvertrag vom 26. Mai 2010) umgezogen sind, lässt sich vorliegend nicht mit Sicherheit feststellen. Entsprechende Umzugsanzeigen sind der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Betriebs- und Heizkostenabrechnungen konnten trotz Aufforderung des Beklagten oder des Gerichts weder vom Kläger im hiesigen Verfahren noch von Frau H im Verfahren L 14 AS 1769/19 vorgelegt werden. Im Rahmen der Bestimmung der KdUH sind die anteiligen Kosten für den gewerblich genutzten Teil der Wohnung (20 qm nach den Angaben des Klägers in der Anlage EKS vom 04. Dezember 2012) außer Acht zu lassen. Laut Mietvertrag vom 01. Dezember 2009 betrug die Wohnungsgröße insgesamt 72 qm, sodass nur 52 qm als privat genutzter Teil und damit 72,22 % der Warmmiete, d.h. ein Betrag von 357,23 €, als KdUH und 27,78 % der Warmmiete, d.h. ein Betrag von 137,41 €, als betriebliche Ausgaben anzusetzen waren. Soweit der Kläger meint, ausgehend von der Mietbescheinigung vom 04. Juni 2014 seien höhere KdUH anzuerkennen, da danach die Wohnungsgröße 78 qm betragen habe, vermag der Senat dem ebenso wenig wie bereits das SG zu folgen. Sowohl in dem vom Kläger am 01. Dezember 2009 als auch in dem von Frau H am 26. Mai 2010 noch mit der S. Immobilien und Grundstücks GmbH geschlossenen Mietvertrag ist jeweils ausdrücklich eine Wohnungsgröße von 72 qm genannt. Die in den Verwaltungsakten befindliche, nunmehr die Q GmbH als Vermieterin und Frau H als Mieterin bezeichnende Mietbescheinigung vom 04. Juni 2014, für die Vermieterin von Frau S unterschrieben, widerspricht den vorliegenden Mietverträgen nicht nur hinsichtlich der Wohnungsgröße sondern auch bezüglich der Ausstattung der Wohnungen. So ist in der Mietbescheinigung vom 04. Juni 2014 eine Ausstattung der Wohnung mit Bad/Duschraum verneint worden, obwohl in beiden Mietverträgen ausdrücklich die Ausstattung mit einem Bad und einer Toilette angeführt wird.

 

Ein Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung nach § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II monatlich, wie vom Kläger mit der Klage gefordert, war dagegen nicht zu berücksichtigen. Wie das SG in dem angefochtenen Urteil vom 17. Juli 2019 (Seite 6) zutreffend ausgeführt hat, ist eine dezentrale Warmwasserversorgung der vom Kläger und Frau H im streitigen Zeitraum bewohnten Mietwohnung nicht nachgewiesen, insoweit nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in seinem Erstantrag bei der Beklagten vom 08. Dezember 2009 in Bezug auf den von ihm am 01. Dezember 2009 geschlossenen Mietvertrag angegeben hatte, die Kosten der Warmwasserbereitung seien in den Kosten der Unterkunft enthalten. Die in den Verwaltungsakten befindliche, handschriftlich ausgefüllte Mietbescheinigung vom 04. Juni 2014 ist nicht nur bzgl. der darin angegebenen Wohnungsgröße und Wohnungsausstattung fragwürdig, sondern auch hinsichtlich des handschriftlich an die Zeile für die Höhe der Warmwasserkosten angefügten Zusatzes „wird über Boiler beheizt“. Dieser Zusatz ist - bei einem Vergleich mit den Unterschriften auf den in den Verwaltungsakten befindlichen Leistungsanträgen - offensichtlich vom Kläger nachträglich angefügt und abgezeichnet worden. Soweit vom Prozessbevollmächtigten des Klägers hierzu vorgetragen worden ist, der von einer anderen Person getätigte Zusatz könne gleichwohl vom Willen der für die Vermieterin am Schluss des Dokuments unterzeichnenden Person umfasst sein, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Denn in der Mietbescheinigung findet sich unter der letzten Rubrik mit der Überschrift „Raum für ergänzende Bemerkungen“ die handschriftliche Anmerkung „Mietvertrag fristgerecht zum 30. Juni 2014 durch die Mieter gekündigt“, welche nochmals (handschriftlich) mit dem Namenskürzel von Frau S und dem Datum 04. Juni 2014 versehen ist. Diese Verfahrensweise spricht gegen die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretene Auffassung, dass der Zusatz „wird über Boiler beheizt“ der Vermieterin zuzurechnen ist. Vielmehr wird für den Senat daraus deutlich, dass ein von dem Willen der Vermieterin getragener handschriftlicher Zusatz auch von der für die Vermieterin handelnden Person – hier Frau S – zusätzlich mit ihrer Unterschrift bzw. ihrem Namenskürzel abgezeichnet worden wäre und nicht von einer anderen Person. In dem von Frau Hzum Aktenzeichen L 14 AS 1769/19 geführten Verfahren sind die Versuche des Gerichts, weitere Auskünfte zu den Mietverhältnissen und der Warmwasserbereitung bei der Fa. Q GmbH zu erlangen, erfolglos geblieben, da das Unternehmen infolge von Insolvenz aufgelöst worden ist und nicht mehr existiert. Der Senat hat daher weitere Ermittlungen insoweit als nicht erfolgversprechend angesehen und unterlassen.

 

2. Als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Dies gilt auch für Nachzahlungen von laufend fällig gewesenen Einnahmen, die nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II als laufendes Einkommen zu werten sind (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R -, juris).

 

a) Vorliegend verfügte die Lebensgefährtin des Klägers lediglich über ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II) aus der Beschäftigung beim Hauswartservice Sim Dezember 2012, welches ihr i.H.v. 355,45 € netto im Monat Januar 2013 zufloss. Hiervon ist der Freibetrag nach § 11b Abs. 2 i.H.v. 100 €  in Abzug zu bringen. Zudem ist, da das Bruttoeinkommen nicht mehr als 1.000 € beträgt, noch ein Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II i.H.v. 20 v.H. von 304,76 €, dh. i.H.v. 60,95 € abzusetzen. Daraus ergibt sich ein bereinigtes Einkommen für Januar 2013 i.H.v. 194,50 €.

 

b) Der Kläger selbst verfügte im Zeitraum von Januar bis Juni 2013 über ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in wechselnder Höhe, so dass hier der durchschnittliche Gewinn zu ermitteln war. 

 

Denn nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (AlG II-V) in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus der selbständigen Tätigkeit erzielten und während des Bewilligungszeitraums zugeflossenen Einnahmen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AlG II-V). Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen (§ 3 Abs. 2 AlG II-V). Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt (§ 3 Abs. 4 S. 1 AlG II-V).

 

Hiervon ausgehend sind als Betriebseinnahmen die vom Kläger in der endgültigen Anlage EKS vom 24. März 2016 genannten sowie die durch Vorlage von Rechnungen und Kontoauszügen belegten – zugeflossenen - Einnahmen i.H.v. insgesamt 5.079,67 € (1.606,67 € im Januar 2013, 960 € im März 2013, 1.180 € und 1.333 € im Mai 2013) einzustellen. Davon sind die nachgewiesenen notwendigen betrieblichen Ausgaben von insgesamt 2.355,36 € (100 € im Januar 2013, 1.332,21 € im Mai 2013, 98,69 € im Juni 2013 sowie 824,46 € <137,41 € x 6> anteilige Miete für den gewerblich genutzten Wohnraum) in Abzug zu bringen, so dass sich ein Gewinn von insgesamt 2.724,31 € bzw. von 454,05 € monatlich ergibt.

 

Die dem Kläger von der Notarin N ursprünglich mit Datum vom 28. Januar 2013 bzw. Erinnerung vom 19. Februar 2013 in Rechnung gestellten Notariatskosten i.H.v. 1.332,21 € sind ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge vom Kläger erst im Mai 2013 an die Notarin überwiesen worden und daher erst in diesem Monat als betriebliche Ausgabe zu berücksichtigen. Für die von ihm verauslagten Notariatskosten ist dem Kläger noch im Mai 2013 ein Betrag i.H.v. 1.333 € von seinem Auftraggeber überwiesen worden, so dass dieser Betrag als Einnahme im Monat Mai einzustellen war. Hinsichtlich der in der vorgelegten Quittung des  Heimwerkermarktes vom 19. Juni 2013 aufgeführten Whiskas Sticks (Katzenfutter) ist für diese Kosten ein betrieblicher Bezug nicht erkennbar, so dass der hierfür angefallene Betrag nicht als betriebliche Ausgabe zu werten ist. Soweit der Kläger  bei der Beklagten Tankstellen-Quittungen eingereicht hatte bzw. Benzinkosten als betriebliche Ausgaben geltend gemacht hat (z.B. für den Monat Juni i.H.v. 258,84  PLN <polnische Zloty >), fehlt es, wie vom SG im Urteil vom 17. Juli 2019 (Seiten 7 bis 8) dargelegt, bereits am Nachweis eines vom Kläger im Bewilligungszeitraum Januar bis Juni 2013 betrieblich genutzten PKW’s; insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

 

Gemäß § 11b Abs. 2 ist von dem monatlichen Gewinn ein Freibetrag i.H.v. 100 € in Abzug zu bringen. Zudem ist, da das Bruttoeinkommen nicht mehr als 1.000 € beträgt, noch ein Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11b Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II i.H.v. 20 v.H. von 354,05 €, dh. i.H.v. 70,81 € abzusetzen. Daraus ergibt sich ein bereinigtes Einkommen für die Monate Januar bis Juni 2013 i.H.v. 283,24 € monatlich.

 

3. Ausgehend hiervon lässt sich der Hilfebedarf für den Kläger (und seine Lebensgefährtin Frau H als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) im streitigen Zeitraum wie folgt feststellen:

 

Januar 2013

gesamt

Kläger

Lebensgefährtin

Regelleistung

690,00 €

345,00 €

345,00 €

KdUH

357,23 €

178,61 €

178,62 €

Summe

1.047,23 €

523,61 €

523,62 €

prozentual

 100 %

50 %

50 %

 

 

 

 

um die Freibeträge

bereinigtes Einkommen

477,74 €

283,24 €

 

194,50 €

Anrechnung (jeweils 50 %)

477,74 €

238,87 €

238,87 €

 

 

 

 

Anspruch

569,49 €

284,74 €

284,75 €

 

 

 

Februar bis

Juni 2013 monatlich    

gesamt

Kläger

Lebensgefährtin

Regelleistung

690,00 €

345,00 €

345,00 €

KdUH

357,23 €

178,61 €

178,62 €

Summe

1.047,23 €

523,61 €

523,62 €

prozentual

 100 %

50 %

50 %

 

 

 

 

um die Freibeträge

bereinigtes Einkommen

283,24 €

 

283,24 €

 

 

                   0 €

Anrechnung (jeweils 50 %)

283,24 €

 

 141,62 €

141,62 €

 

 

 

 

Anspruch

763,99 €

381,99 €

382,00 €

 

 

4. Mit der endgültigen Feststellung erledigt sich die vorläufige Bewilligung (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X), ohne dass es einer gesonderten Aufhebung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 1/13 R -, Rn. 13, juris).

 

B. Die vom Beklagten für Januar bis Juni 2013 gegen den Kläger geltend gemachte Erstattung in Höhe von insgesamt 1.143,62 € ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 3 SGB III sind, soweit mit der endgültigen Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten. Die durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) geltend zu machende Erstattung konnte – wie vorliegend im Bescheid vom 03. März 2017 (zuletzt in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 25. Juli 2019) geschehen - vom Beklagten als selbständige Teilregelung des endgültigen Leistungsbewilligungsbescheides getroffen werden (vgl. Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl., § 328 SGB III <Stand 20. Februar 2023>, Rn. 136, 137 m.w.N.). Die im Bescheid vom 03. März 2017 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 und des Anerkenntnisses vom 25. Juli 2019) enthaltene Erstattungsverfügung ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt. Aufgrund des vorläufigen Bewilligungs­bescheides vom 07. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2013 sind an den Kläger Leistungen i.H.v. 172,58 € (457,32 € - 284,74 €) für Januar 2013 und i.H.v. jeweils 194,22 € monatlich (576,21 € - 381,99 €) für die Monate Februar bis Juni 2013, also insgesamt 1.143,68 € zu viel gezahlt worden. In dieser Höhe bestand nach der endgültigen Bewilligung für den Leistungszeitraum von Januar bis Juni 2013 kein Leistungsanspruch, so dass der Beklagte zu Recht einen Betrag von 1.143,62 € vom Kläger erstattet verlangt.

 

C. Die Erstattungsforderung ist auch nicht verjährt. Der Erstattungsanspruch nach § 328 Abs. 3 SGB III verjährt in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 4 SGB X in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der endgültige Bescheid unanfechtbar geworden ist (vgl. Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 15. März 2023 – L 2 AS 519/22 -, Rn. 54, und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 04. April 2017 – L 3 AS 1921/16 -, Rn. 51, sowie Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 30. März 2022 – L 9 AS 216/22 B ER -, Rn. 13 ff, jeweils in juris; Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl., § 328 SGB III <Stand 20. Februar 2023>, Rn. 140; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB III, 6. Ergänzungslieferung 2023, § 328 SGB III, Rn. 310, m.w.N.). Da aufgrund des laufenden Rechtsstreites der endgültige Leistungsbescheid vom 03. Mai 2017 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 und des Anerkenntnisses vom 25. Juli 2019) noch nicht unanfechtbar geworden ist, hat hier die 4-jährige Verjährungsfrist noch nicht begonnen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

 

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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