Die für eine mehrtägige Trainingsfahrt im Rahmen des Breitensports entstehenden Übernachtungs- und Verpflegungskosten stellen neben den monatlichen Vereinsbeiträgen weitere nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung vom 07. Mai 2013) berücksichtigungsfähige tatsächliche Aufwendungen dar.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2020 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Konkret begehrt die Klägerin die Erstattung von Kosten für die Teilnahme an einer Vereinsfahrt.
Die 2008 geborene Klägerin lebte zusammen mit ihrer Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft. Nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers vom 14. Juni 2018 bezog die Mutter der Klägerin seit dem 01. Oktober 2016 eine bis zum 30. September 2019 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers vom 14. Juni 2018 beruhte die volle Erwerbsminderung nicht allein auf dem Gesundheitszustand, sondern auch auf den Verhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes und betrug ab August 2018 netto 903,14 Euro. Für die Klägerin wurde laufend Kindergeld gezahlt. Ergänzend standen beide als Bedarfsgemeinschaft bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zuletzt bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Mutter mit Bescheid vom 20. Dezember 2018 und hierzu in der Folge ergangenen Änderungsbescheiden Leistungen für den Zeitraum vom 01. Februar 2019 bis zum 31. Juli 2019.
Die Klägerin spielte Fußball in dem Verein SC ., für den ein monatlicher Beitrag in Höhe von 10 Euro zu entrichten war. Der Beklagte bewilligte ihr auf entsprechenden Antrag vom 28. Dezember 2018 für die dortige Mitgliedschaft mit Bescheid vom 07. Januar 2019 für den Zeitraum vom 01. Februar bis zum 31. Juli 2019 Leistungen für Bildung und Teilhabe in Höhe von 10 Euro pro Monat. Neben dem wöchentlichen Fußballtraining besuchte die Klägerin Musikunterricht im Fach Klavier, für den die Mutter monatlich 19,80 Euro aufgewandt hat. Hierfür gewährte der Beklagte keine Leistungen.
Am 03. Mai 2019 beantragte die Mutter für die Klägerin die Bewilligung von 70 Euro für die Teilnahme an einer Trainingsfahrt des Fußballvereins vom 17. bis zum 19. Mai 2019 in das Landesleistungszentrum . Die Trainingsfahrt wurde für alle Spielerinnen der Trainingsgruppe angeboten, eine besondere Leistungsauswahl gab es nicht. Mit Bescheid vom 13. Mai 2019 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, es handele sich nicht um eine Leistung nach dem SGB II. Die Klägerin nahm mit 11 anderen Kindern und 3 Betreuern an der Trainingsfahrt teil. Die Klägerin bzw. deren Mutter übernahmen die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von 70 Euro. Der Betrag setzte sich aus Kosten für die Unterbringung und die Verpflegung abzüglich von Ermäßigungsleistungen des Vereins zusammen. Die Summe der für die Klägerin aufgewandten Kosten hätte ohne Ermäßigung 96 Euro betragen (2x Übernachtung für je 24 Euro, 2x Frühstück für je 8 Euro, 2x Abendessen für je 10 Euro und 1x Mittagessen für 12 Euro). Den gegen die Ablehnungsentscheidung erhobenen Widerspruch vom 01. Juni 2019 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2019 zurück. Zur Begründung verwies er auf die Regelung in § 28 Abs. 7 Nr. 1 SGB II, wonach höhere Leistungen als 10 Euro pro Monat für Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nicht gewährt werden könnten. Dieser gesetzlich vorgesehene Rahmen sei bereits durch die monatlichen Leistungen für die Beiträge für den Fußballverein ausgeschöpft.
Mit ihrer am 06. August 2019 vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Übernahme von Teilnahmekosten sei in § 28 Abs. 7 SGB II abschließend geregelt. § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II ermögliche vorliegend keine weitere Leistungserbringung, da die Teilnahme an der Vereinsfahrt die vom Gesetz erfasste Aktivität – nämlich das Training im Sportverein - selbst darstelle und nicht – wie Satz 2 es nach der Gesetzesbegründung vorsehe – zur Ermöglichung der Aktivität erforderlich sei. Ein Zusammenhang mit dem wöchentlichen Fußballtraining, wie er beispielsweise bei der Beschaffung von Trainingsausrüstung bestehe, fehle bei der Teilnahme an einer Trainingsfahrt.
Mit Urteil vom 21. August 2020 hat das SG den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 13. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2019 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Teilnahme an der Trainingsfahrt 70 Euro zu erstatten. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 13. Mai 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2019 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erbringung weiterer Bildungs- und Teilhabeleistungen nach dem SGB II zur Finanzierung der Vereinsfahrt. Das dem Beklagten zustehende Ermessen sei reduziert. Es komme keine andere Entscheidung als die Erstattung der Kosten in Betracht. Anspruchsgrundlage seien § 28 Abs. 7 Sätze 1 und 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung). Mit der Bewilligung von monatlich 10 Euro für die Vereinsmitgliedschaft der Klägerin habe der Beklagte zwar den Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 7 Satz 1 (in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung) erfüllt. Dieser sei nach der gesetzgeberischen Entscheidung auf einen Betrag von monatlich höchstens 10 Euro beschränkt. Die Regelung in Satz 2 SGB II erfasse jedoch weitere Kosten. Ausdrücklich könnten danach Aufwendungen übernommen werden, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an den in Satz 1 genannten Bildungs- und Teilhabeangeboten stünden. In der Gesetzesbegründung werde hervorgehoben, dass das Mitmachen bei den in Abs. 7 Satz 1 genannten Aktivitäten oft daran gescheitert sei, dass die nötige Ausrüstung gefehlt habe, z. B. Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten. Dafür sei Satz 2 der Regelung eingeführt worden. Die Durchführung des Trainingscamps diene unmittelbar der Vertiefung des sportlich Erlernten und des kollegialen Zusammenhaltes innerhalb der Mannschaft. Durch ein intensives 3-Tage-Training sollten die sportlichen Leistungen erhöht und die Abstimmung der Spielerinnen verbessert werden. Die Vereinsfahrt setze die Teilhabe der Klägerin lediglich an einem Wochenende sowie an einem anderen Ort fort. Zur Überzeugung der Kammer sei der Klägerin und ihrer Mutter im vorliegenden Einzelfall eine Finanzierung der Teilnahmekosten aus dem Regelsatz nicht möglich. Dafür seien die Kosten zum einen zu hoch, zum anderen bestreite die Mutter der Klägerin bereits hohe Kosten für die Bildung der Klägerin in Musik und Schach. Das SG hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Mutter der Klägerin für eine Mathematikförderung im Bereich Schach monatlich bereits 10 Euro sowie weitere 18 Euro für Klavierunterricht aufwende. Aufgrund ihrer Erwerbsminderung könne die Mutter die Kosten nicht durch eine Erwerbstätigkeit erwirtschaften (und aus Freibeträgen finanzieren), aufgrund der Alleinerziehung fehlten wirtschaftliche Synergieeffekte eines Zusammenlebens mit einem erwachsenen Partner. Zwar stehe die Gewährung von Leistungen nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II im Ermessen des Beklagten. Im vorliegenden Fall sei aber das Ermessen auf Null reduziert. Zum einen würde die Verweigerung der Kostenübernahme für die Teilnahme an einer solchen Vereinsfahrt die Klägerin als Leistungsbezieherin nach dem SGB II benachteiligen und stigmatisieren und sie nur wegen der Einkommensverhältnisse ihrer Mutter ausgrenzen. Zum anderen sei der Zusammenhang zwischen den Leistungen nach § 28 Abs. 7 Satz 1 SGB II besonders eng. Etwas anderes könne gelten, wenn die Mannschaft der Klägerin einen Theater- oder Konzertbesuch allein zur Stärkung des Zusammenhalts planen würde. Ein Trainingscamp setze jedoch die sportliche Aufgabe des wöchentlichen Trainings und damit die vom SGB II zu ermöglichende Teilhabe von Kindern unmittelbar fort. Das SG hat zur Begründung der Ermessensreduzierung auch Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juli 2014 genommen, worin ausgeführt sei: „(b) Bildungs- und Teilhabeangebote müssen für die Bedürftigen allerdings auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein. Jedenfalls seit 01. August 2013 werden nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II weitere, mit dem Bildungspaket zusammenhängende tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt. Zwar ist die Norm lediglich als Ermessens-Vorschrift ausgestaltet und die Gesetzesbegründung zielt vorrangig auf die Finanzierung der nötigen Ausrüstung (Musikinstrumente, Schutzkleidung bei bestimmten Sportarten; BT-Drucks 17/12036, S. 7 f.). Die Vorschrift ist jedoch einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, womit die Sozialgerichte sicherstellen können, dass ein Anspruch (...) auf Fahrkosten zu derartigen Angeboten besteht.... Die neu geschaffene Regelung ist hinsichtlich der Erstattung der Fahrtkosten gem. § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II als Anspruch auszulegen." Eine Auslegung als Anspruch für Kosten jeder Vereinsfahrt komme zwar nicht in Betracht, im vorliegenden Fall ergebe sich jedoch eine Ermessensreduzierung, die jede andere Entscheidung als die Übernahme der Teilnahmekosten ausschließe. Das SG hat in seinem Urteil mit Blick auf den ungeklärten Umfang der Leistungen nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 01. September 2020 zugestellte Urteil am 18. September 2020 Berufung eingelegt. Nach seiner Auffassung könne eine Erstattung der Kosten für die Teilnahme an der Trainingsfahrt nicht nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II erfolgen. Die Trainingsfahrt sei Bestandteil der Aktivität selbst und setze diese lediglich an einem Wochenende an einem anderen Ort fort. Die Kosten für die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Aktivität seien jedoch in Satz 1 der Vorschrift abschließend geregelt. Dieser Betrag sei nach der klaren gesetzgeberischen Entscheidung auf 10 Euro monatlich begrenzt. Ein individuell höherer Bedarf könne nicht nach Satz 2 berücksichtigt werden. Dies belege auch die Gesetzesbegründung. Sie stelle allein auf Kosten ab, die zur Durchführung der jeweiligen Aktivität erforderlich seien, wie z. B. die notwendige Ausrüstung in Form von Musikinstrumenten oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten. Es sei daher bereits der Tatbestand des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II nicht erfüllt, sodass es gar nicht zu einer Ermessensprüfung komme. Solange eine Verfassungswidrigkeit von § 28 Abs. 7 Satz 1 SGB II nicht festgestellt worden sei, komme eine abweichende Entscheidung nicht in Betracht. Zur Erwerbsfähigkeit der Mutter der Klägerin hat der Beklagte vorgetragen, dass diese als Bezieherin einer sogenannten Arbeitsmarktrente erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wie das SG in dem angegriffenen Urteil überzeugend dargelegt habe, bestehe ein Anspruch nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II auf die Übernahme der Kosten für die Vereinsfahrt. Zudem sei die Entscheidung auch vor dem Hintergrund verfassungswidriger Fördersätze für die Gruppe der 7- bis unter 14-Jährigen das einzig vertretbare Ergebnis. Die Pauschalen für Bildung und Teilhabe seien aufgrund ihrer geringen Höhe von nur 10 Euro im Monat als verfassungswidrig anzusehen. Dementsprechend sei die Pauschale bereits im Jahr 2019 durch den Gesetzgeber auf 15 Euro monatlich erhöht worden. Dies dürfte zwar die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt haben, belege jedoch die ernsthaften Zweifel daran, dass die 10 Euro monatlich ausreichend gewesen seien. Dieser Unterfinanzierung sei im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II zu begegnen. Zudem seien ihr bzw. der Mutter keine weiteren Aufwendungen aus dem Regelbedarf zumutbar gewesen, da schon die Schulspeisung und der Klavierunterricht finanziert worden seien. Die monatlichen Zahlungen hierfür beliefen sich bereits auf über 30 Euro. Hinzu kämen noch Kosten für eine Choraufführung, an der die Klägerin im Bewilligungszeitraum teilgenommen habe, sowie Ausgaben für die Nutzung der Bibliothek, eine Fördervereinsmitgliedschaft und für gemeinsame Aktivitäten der Familie.
Am 14. März 2023 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden. Im Rahmen des Erörterungstermins sind insbesondere die rechtlichen Auswirkungen der Urteile des BVerfG vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12) sowie des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08. März 2023 (B 7 AS 9/22 R) erörtert worden. Die Mutter der Klägerin hat in dem Termin angegeben, dass, soweit sie wisse, alle Kinder aus der Trainingsgruppe an der Fahrt teilgenommen hätten. Die Fahrt sei allen Kindern der Sportgruppe ermöglicht worden und es sei keine Auswahl nach Leistung erfolgt.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 04. Dezember 2023 (Klägerin) und vom 13. Dezember 2023 (Beklagter) mit der Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vom Beklagten übersandten Verwaltungsakten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Nachdem das SG die Berufung in dem angegriffenen Urteil zugelassen hat, ist sie statthaft (vgl. § 144 SGG). Sie erweist sich auch im Übrigen als zulässig, insbesondere ist sie gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig. Richtige Klageart hinsichtlich des von der Klägerin verfolgten Begehrens - Aufhebung der Ablehnung ihres Antrags auf Bildungs- und Teilhabeleistungen (BUT) und Gewährung dieser Leistungen - ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG). Nach § 54 Abs. 4 SGG kann, soweit der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht, die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage geführt werden.
Die Klägerin kann ihr Begehren in statthafter Weise mit der Leistungsklage verfolgen.
Die Leistungen zur BUT waren im hier maßgeblichen Zeitraum gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung vom 07. Mai 2013 (a. F.) grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen, wobei der kommunale Träger zu bestimmen hatte, in welcher konkreten Form die Leistungserbringung erfolgt. Richtige Klageart ist daher regelmäßig die Verpflichtungsbescheidungsklage.
Hier kann aber dahinstehen, für welche Art der Leistungserbringung der Beklagte sich grundsätzlich entschieden hatte. Der Beklagte hat für die Teilnahme an der Trainingsfahrt konkret jedenfalls keine (Sach)leistung erbracht, eine Sachleistung (z. B. Gutschein) ist auf Grund des Zeitablaufs auch nicht mehr möglich, so dass für die Klägerin allein der auf Übernahme der für eine Vorleistung berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gerichtete Anspruch aus § 30 SGB II und damit ein Zahlungsanspruch in Betracht kommt. Beschafft sich der Leistungsberechtigte die Leistung endgültig selbst, richtet sich das Begehren auf eine Geldleistung, die im Wege einer Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist (Urteil des Senats vom 05. April 2022 – L 3 AS 39/20 –, Rn. 19 f., juris; BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R –, Rn. 10, juris; Schwabe in: BeckOGK, SGB II, Stand: 01. März 2019, § 28 Rn. 72).
II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hatte einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen für die Vereinsfahrt und daher nunmehr auf die Erstattung der hierfür von ihr verauslagten Kosten in Höhe von 70 Euro.
1. Anspruchsgrundlage ist § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II. Die Vorschrift lautete in der für die Entscheidung maßgeblichen bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.):
7) Bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wird ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für
- Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und
Geselligkeit,
- Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3. die Teilnahme an Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten.
Die Klägerin war nach dem SGB II leistungsberechtigt (2.). Auch die besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. lagen vor (3.). Das dem Beklagten grundsätzlich zustehende Ermessen war zu Gunsten der Leistungsgewährung auf Null reduziert (4.).
2. Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die im maßgeblichen Zeitpunkt erst elfjährige Klägerin war zwar weder erwerbsfähig noch erfüllte sie die genannte Altersgrenze. Sie hatte aber gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 23 SGB II einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form von Sozialgeld, weil sie mit ihrer leistungsberechtigten Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft lebte.
Die Mutter der Klägerin war leistungsberechtigt. Sie erfüllte die Altersgrenze und war erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II. Danach ist derjenige erwerbsfähig, der nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat ist von der Erwerbsfähigkeit der Mutter der Klägerin im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum überzeugt. Sie bezog zwar auf Grund des Bescheides des Rentenversicherungsträgers vom 14. Juni 2018 eine bis zum 30. September 2019 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rentengewährung beruhte aber nicht allein auf der vollen Erwerbsminderung wegen des Gesundheitszustandes, sondern auch auf den Verhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Erwerbsfähig im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist auch, wer wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarkts Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, solange er mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009 – B 14 AS 42/08 R –, Leitsatz, juris). Daher kann allein von der Rentengewährung nicht auf das Fehlen der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 8 SGB II geschlossen werden. Vielmehr oblag dem Beklagten nach § 44a Abs. 1 SGB II die Feststellung der Erwerbsfähigkeit der Mutter der Klägerin. Diese hat er bejaht. Der Beklagte hat der Bedarfsgemeinschaft in Kenntnis des Rentenbescheides weiter Leistungen nach dem SGB II gewährt und ist damit inzident von einer weiteren Erwerbsfähigkeit der Mutter ausgegangen. Diese Auffassung hat er auf Nachfrage im Berufungsverfahren bestätigt. Der Senat hat keinen Anlass, an den Feststellungen des Beklagten zu zweifeln, und geht daher ebenfalls von einer Erwerbsfähigkeit aus. Im Übrigen handelte es sich um eine - im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nur noch auf wenige Monate – befristete Rente. Von einem nicht absehbaren Zeitraum konnte keine Rede sein.
Die Klägerin und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Mutter waren auch hilfebedürftig (§ 9 Abs. 1 SGB II). Sie konnten ihren Lebensunterhalt nicht aus dem Einkommen in Form der Rente und des Kindergeldes bestreiten. Insoweit wird auf die Berechnungen des Beklagten in dem Leistungsbescheid vom 20. Dezember 2018 verwiesen.
3. Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. lagen vor.
a. Anspruchsberechtigt nach § 28 Abs. 7 SGB II a. F. sind Leistungsberechtigte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Erfasst werden davon nicht nur erwerbsfähige Leistungsberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, sondern auch weitere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einschließlich der Sozialgeldberechtigten (Leopold/Buchwald in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, Stand: 19. Januar 2024, § 28 Rn. 188). Hierzu zählte die elfjährige Klägerin.
b. Nach § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II a. F. war ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit zu berücksichtigen. Nach Satz 2 konnten neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 standen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden konnte, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten.
§ 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. ermöglichte grundsätzlich eine Leistungsgewährung, die – zusammen mit den Leistungen nach § 28 Abs. 7 Satz 1 SGB II a. F. – über 10 Euro monatlich hinausgeht. Zwar ist der Wortlaut insoweit ambivalent. Eine klare Regelung, ob Satz 2 nur erweiternd hinsichtlich des Zwecks nach § 28 Abs. 7 Abs. 1 SGB II a. F. zu gewährender Leistungen oder auch hinsichtlich der Leistungshöhe ist, enthält die Vorschrift nicht. Die Gesetzesbegründung könnte gegen eine über 10 Euro hinausgehende Erweiterung der Leistungshöhe sprechen. Danach sollte ermöglicht werden, dass der nach § 28 Abs. 7 SGB II anzuerkennende Bedarf neben Beiträgen für Sportvereine, …. auch für Ausrüstung und Ähnliches verwendet werden kann (BT-Drs. 17/12036, S. 8). Die Formulierung, dass der Bedarf auch u. a. für Ausrüstung verwendet werden kann, könnte darauf schließen lassen, dass (nur) der Betrag nach Satz 1 nicht nur für Mitgliedsbeiträge usw., sondern auch für andere Zwecke wie Ausrüstung u. ä. verwendet werden kann. Der Wortlaut lässt aber auch die Auslegung dahingehend zu, dass zu den in Satz 2 genannten Zwecken auch über 10 Euro hinausgehende Ausgaben erstattungsfähig sein sollen. Letzteres Verständnis entspricht der herrschenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt (vgl. Voelzke: in Hauck/Noftz SGB II, § 28 Rn. 119b [Stand Erg.-Lfg. 6/15 - VII/15 ] m. w. N.; Landessozialgericht <LSG> Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Februar 2022 – L 2 AS 261/19 –, Rn. 29, juris). Satz 2 spricht aus, dass neben der Berücksichtigung des Bedarfes nach Satz 1 – dieser Bedarf wird vom Gesetz ausdrücklich mit 10 Euro beziffert – weitere Bedarfe berücksichtigt werden können. Es muss sich also bei den nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II berücksichtigungsfähigen Bedarfen um ein „Mehr“ gegenüber dem Bedarf nach Satz 1 handeln (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Auflage, Stand: 08. Januar 2018, § 28 Rn. 205).
c. Es sind auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. erfüllt. Danach können die weiteren tatsächlichen Aufwendungen (aa.) nur berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen (bb.) und es dem Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (cc.).
aa. Der Klägerin sind tatsächliche Aufwendungen entstanden. Die Klägerin bzw. für sie ihre Mutter haben 70 Euro für die Trainingsfahrt bezahlt.
bb. Diese weiteren Aufwendungen standen auch im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3, nämlich mit dem Fußballtraining, für das die monatlichen Beiträge nach § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II a. F. angefallen und vom Beklagten übernommen worden sind.
Soweit der Beklagte hierzu die Auffassung vertritt, die Trainingsfahrt sei keine Aktivität, die mit dem nach Satz 1 geförderten Training im Zusammenhang stehe, sondern stelle selbst die Aktivität nach Satz 1 Nr. 1 im Sinne der Fortsetzung des Trainings an einem anderen Ort dar, folgt dem der Senat. Dieser Befund sagt aber noch nichts darüber aus, ob die Kosten der Trainingsfahrt berücksichtigungsfähig sind.
Auch in Bezug auf diese Frage lässt der Wortlaut unterschiedliche Auslegungen zu. Das mit der Trainingsgruppe an dem Wochenende durchgeführte Trainingslager lässt sich ohne weiteres als nur eine besondere Form des Trainings und damit als die Aktivität nach Satz 1 Nr. 1 begreifen. Für hierzu zu entrichtende Beiträge – und insoweit ist der Wortlaut eindeutig - werden abschließend 10 Euro gewährt. Dies wird durch die Überlegung deutlich, dass ja auch monatlich keine höheren Mitgliedsbeiträge übernommen werden würden, die ebenso „im Zusammenhang“ mit dem übrigen Mitgliedsbeitrag stehen würden. Die Beschränkung der Beiträge auf 10 Euro dürfte zudem die zum 01. August 2019 erfolgte Änderung des Wortlauts in Nr. 1 bestätigen. Danach werden nunmehr nicht mehr nur Beiträge, sondern auch Ausgaben im Zusammenhang mit Aktivitäten erfasst (die Trainingsfahrt könnte dann darunter fallen). Der Wortlaut lässt aber auch eine andere Auslegung zu. Zwar wird das Training an dem Wochenende an einen anderen Ort fortgesetzt und es handelt sich um die Aktivität nach Nr. 1. Bei den Kosten, die für die Übernachtung und Verpflegung der Teilnehmenden aufzubringen waren, handelt es sich aber nicht um klassische Beiträge und nicht um direkte Trainingskosten. Nur durch die Wahrnehmung der Übernachtung und der Verpflegung war der Klägerin die Teilnahme am Training und damit der Aktivität nach Nr. 1 möglich. Ähnlich wie bei den ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannten Ausrüstungsgegenständen stehen die Übernachtungs- und Verpflegungskosten im Zusammenhang mit dem Training. Es handelt sich um weitere Aufwendungen, derer es zum Mitmachen bei der Veranstaltung des Trainings bedurfte (vgl. Leopold/Buchwald in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, Stand 02. Februar 2023 § 28, Rn. 205).
Der Sinn und Zweck der Regelung spricht für die Erfassung der Kosten der Trainingsfahrt. Mit den Regelungen des § 28 Abs. 7 SGB II soll Kindern aus finanziell benachteiligten Haushalten die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft ermöglicht werden. Die Trainingsfahrt, an der alle Kinder der Trainingsgruppe – ungeachtet ihrer Leistungen – teilnehmen konnten und auch teilgenommen haben, diente einerseits unmittelbar der schon nach Satz 1 Nr. 1 geförderten Aktivität und zusätzlich der Gemeinschaft. Dem steht nicht entgegen, dass Ziel eines jeden und insbesondere eines intensiven Trainings über ein ganzes Wochenende die Steigerung der Leistung ist. Das Ziel, gute Leistungen zu erbringen und ggf. gegen andere zu gewinnen, ist fast jedem Sport immanent und gerade Teil des Gemeinschaftserlebnisses, insbesondere bei dem von der Klägerin ausgeübten Mannschaftssport. Es handelte sich aber gerade nicht um ein Training für besonders leistungsfähige Kader (vgl. hierzu: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Februar 2022 – L 2 AS 261/19 -, Rn. 26, juris), sondern um Breitensport. Das intensive Training, zusammen mit der Übernachtung und Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten war im besonderen Maße geeignet, dem Zweck der Teilhabe an der sozialen Gemeinschaft zu dienen. Mit der Übernahme der Kosten durch den Beklagten würden Hindernisse abgebaut werden, die einer Inanspruchnahme der Leistungen nach Abs. 7 Satz 1 entgegenstehen (vgl. zu diesem Erfordernis LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Februar 2022 – L 2 AS 261/19 –, Rn. 29, juris).
Die systematische Betrachtung der Vorschriften zur Förderung der Teilhabe spricht eher gegen die Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten. § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB II a. F. sah neben der Förderung der Aktivitäten nach Nr. 1 auch die Förderfähigkeit von sogenannten Freizeiten vor. Mit Freizeiten sind mehrtägige Ausflüge gemeint. Diese sind – wie auch das wöchentliche Training der Klägerin – von Satz 1 erfasst. Die Förderung einer Freizeit wäre demnach nicht mehr möglich, weil der insgesamt für die Aktivitäten nach Satz 1 zur Verfügung stehende Betrag von 10 Euro monatlich bereits gewährt worden war. Kann aber neben dem Training eine Gemeinschaftsfahrt nicht mehr gefördert werden, spricht Überwiegendes dafür, dass auch eine Gemeinschaftsfahrt im Rahmen des Trainings nicht zusätzlich über Satz 2 gefördert werden kann.
Die Genese der Vorschrift gibt für die Auslegung nichts her. Die Gesetzesbegründung zählt beispielhaft Ausrüstungsgegenstände, die für die Aktivität erforderlich sind auf. Die Trainingsfahrt ist hiervon zwar nicht erfasst. Es ergibt sich aber aus der Gesetzesbegründung auch nicht, dass diese Nennung abschließend sein soll.
Nachdem nach den gängigen Auslegungsmethoden beide Auslegungen möglich erscheinen, gibt der Senat der Auslegung nach dem Sinn und Zweck den Vorrang. Dies erfolgt aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 -, Rn. 73 bis 75) sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung der Vorschriften zur Bildung und Teilhabe (vgl. zu Schulausflügen sogar entgegen dem Wortverständnis und der Gesetzesbegründung: BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R –, Rn. 25, juris; krit. Anmerkung hierzu: Luthe, jurisPR-SozR 16/2023 Anm. 1).
Das BVerfG hat sich bereits mit den Regelungen zu BUT-Leistungen im Rahmen des SGB II auseinandergesetzt. Danach ist der Umfang des Bildungspakets zwar knapp bemessen, weil nach § 28 Abs. 7 Satz 1 SGB II ein Teilhabebetrag in einer Höhe von monatlich nur 10 Euro geleistet wird. Der nach § 28 Abs. 7 SGB II berücksichtigte Bedarf an Leistungen zur Teilhabe in Höhe von 10 Euro im Monat sei danach jedenfalls für Kinder unter sechs Jahren nicht "ins Blaue hinein" geschätzt, sondern in Orientierung an gekürzten Positionen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ausgewiesen und berechnet worden. Soweit die Höhe des Bildungspakets bei Jugendlichen von 15 bis unter 18 Jahre ebenfalls auf 10 Euro begrenzt ist, sei dies tragfähig begründet, weil daneben ermittelte Verbrauchsausgaben für Hobbys, Spielwaren, den Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen oder -einrichtungen, für Gebrauchsgüter für Bildung, Unterhaltung und Freizeit sowie Ausleihgebühren für Sportartikel und Bücher als regelbedarfsrelevant berücksichtigt worden seien (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 -, Rn. 131, juris). Zur Überzeugung des Senats gilt dies auch für die Bedarfsstufe der Klägerin. Für Freizeit, Unterhaltung und Kultur sah der Regelsatz 43,07 Euro (hochgerechnet aus Ausgabenpositionen entsprechend den Abteilungen der EVS 2018) vor, für die von der Entscheidung des BVerfG erfassten 14 bis17-Jährigen hingegen nur 34,10 Euro. BUT-Angebote müssen für die Bedürftigen allerdings auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein. Die Regelungen geben finanzielle Ansprüche, um vorhandene Angebote zu nutzen und beseitigen so die finanziellen Hürden, die einer Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gesellschaft entgegenstehen oder sie behindern können. Nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II werden auch weitere, mit dem Bildungspaket zusammenhängende tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt. Zwar ist die Norm lediglich als Ermessensvorschrift ausgestaltet und die Gesetzesbegründung zielt vorrangig auf die Finanzierung der nötigen Ausrüstung (Musikinstrumente, Schutzkleidung bei bestimmten Sportarten; BT-Drs. 17/12036, S. 7 f.). Die Vorschrift ist jedoch einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, womit die Sozialgerichte sicherstellen können, dass ein Anspruch auf Fahrkosten zu derartigen Angeboten besteht (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 -, Rn. 132, juris).
Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines eigenständigen Anspruchs auf BUT-Leistungen und dem angestrebten Ziel der Integration aller Kinder in Gemeinschaftsveranstaltungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ausschluss der Kostenübernahme für Aufwendungen für eine Trainingsfahrt gewollt war. Vielmehr wollte der Gesetzgeber umfassend die materielle Basis für Chancengerechtigkeit sicherstellen (vgl. zu Schulausflügen: BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R –, Rn. 25 f., juris). Unter Zugrundlegung der bundesverfassungs- und bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung ist die Interessenlage bei der Frage, ob die Fahrkosten zu einem wöchentlichen Training zu übernehmen sind, vergleichbar mit derjenigen bei der Frage, ob die Kosten der Unterbringung und Verpflegung bei einem besonderen Training mit der Gruppe, in der das Kind auf Grund seines regelmäßigen Trainings integriert ist, zu erstatten sind. Der Ort des Trainings macht unter den genannten Voraussetzungen für die Frage der sozialen Teilhabe von Kindern an sportlichen Freizeitaktivitäten bzw. die mit ihrem Fernbleiben verbundene Ausgrenzung und Stigmatisierung keinen relevanten Unterschied. Bleiben Kinder aus finanziellen Gründen einer mehrtägigen Veranstaltung fern, an der sich die gesamte Trainingsgruppe beteiligt, ist eine Ausgrenzung der betroffenen Kinder im Gegenteil erst recht nicht zu vermeiden. Die gemeinschaftliche Erfahrung des Trainings mit gemeinsamer Übernachtung trägt besonders zum Zusammenhalt der Gruppe bei. Daraus folgt aber nicht, dass jegliche gemeinschaftliche Aktivität einer Sportgruppe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. erfüllt. Wie bereits dargelegt, bezieht sich nach dem Sinn und Zweck der Norm, wie er auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, der geforderte „Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1“ auf die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft und deren Ermöglichung, nicht aber auf alle möglichen Folgekosten, die mit der Mitgliedschaft z. B. in einem Sportverein in irgendeinem Sachzusammenhang stehen. Ob der vom Gesetz geforderte Zusammenhang gewahrt ist, ist anhand einer wertenden Betrachtung zu entscheiden. Nur wenn die weiteren Aufwendungen bei wertender Betrachtung der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen sind und diese ermöglichen, liegt ein solcher Zusammenhang vor (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Februar 2022 – L 2 AS 261/19 –, Rn. 26, juris). Diese Voraussetzungen sind – wie bereits dargelegt – hier gegeben.
cc. Der Klägerin war die Tragung der Kosten nicht zumutbar. Es liegt ein begründeter Ausnahmefall vor.
Im Regelsatz der Klägerin (6 bis 13-Jährige), der im Jahr 2019 302 Euro betrug, war für Freizeit, Unterhaltung und Kultur ein Betrag in Höhe von 43,07 Euro vorgesehen, der sich wiederum u.a. aus Kosten in Höhe von 6,52 Euro für den Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen zusammensetzt (hochgerechnet aus Ausgabenpositionen entsprechend den Abteilungen der EVS 2018). Im Bereich Beherbergung und Gastronomie wurden 5,10 Euro monatlich berücksichtigt. Insgesamt könnten daher knapp 12 Euro monatlich für die Fahrt „angespart“ werden. Hinzu kämen etwaige Bedarfsverschiebungen, d. h., die Klägerin könnte z. B. in anderen Bereichen der Freizeit und Unterhaltung berücksichtigte Beträge für die Trainingsfahrt verwenden. Dies erscheint dem Senat allerdings im konkreten Fall nicht zumutbar. Die Klägerin wendet monatlich schon 19,80 Euro für ihren Klavierunterricht auf. Von dieser monatlichen Aufwendung ist der Senat überzeugt. Zwar hat die Klägerin nicht für alle Monate Kontoauszüge vorgelegt, die die tatsächliche Zahlung nachweisen. Zahlungen des Beitrags sind nur für die Monate Januar, Mai und Juli 2019 belegt. Der Senat hat aber keinen Anlass, an der Angabe der Klägerin, dass die Zahlungen monatlich erfolgt sind, zu zweifeln bzw. weitere Ermittlungen hierzu anzustellen. Zum einen hat der Beklagte die tatsächlichen Aufwendungen nicht bestritten und zum anderen ergibt sich aus dem Internetauftritt des Bezirksamtes R , zuletzt abgerufen am 26. Januar 2024), gegenüber dem die Klägerin die Gebühren entrichtet hat, dass die Gebühren monatlich anfallen.
Die Aufwendungen für den Klavierunterricht stellen ebenfalls Bedarfe für Bildung und Teilhabe dar, die schon durch Bedarfsverschiebungen zu erwirtschaften sind. Die Klägerin bzw. deren Bedarfsgemeinschaft verfügt auch nicht über Freibeträge auf Grund von Erwerbseinkommen oder die Möglichkeit der Erzielung solchen Einkommens, aus denen die zusätzlichen Aufwendungen bestritten werden könnten. Einem elfjährigen Kind ist es nicht zumutbar, für mehrere Monate etwa komplett auf für Spielwaren vorgesehene Bedarfe zu verzichten, um nicht von einer gemeinschaftlichen Trainingsfahrt der Sportgruppe ausgeschlossen zu werden. Auf Grund dieser Umstände folgt der Senat im Ergebnis der Auffassung des SG hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Kostentragung aus dem Regelsatz.
4. Liegen – wie hier - die Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. vor, können die weiteren tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt werden. Aus dem „können“ ergibt sich, dass die Gewährung der Aufwendungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Ihm steht grundsätzlich ein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ und in Bezug auf die Höhe der Leistungen zu. Das Ermessen ist hier aber soweit reduziert, dass es sich zu einem Anspruch verdichtet. Jede andere Entscheidung des Beklagten wäre zu beanstanden.
Nachdem die Unzumutbarkeit der Kostentragung durch den Leistungsberechtigten bereits auf der Tatbestandsebene zu prüfen ist, verbleibt auf der Rechtsfolgenseite nur ein geringes Abwägungspotential. Hier können ggf. noch die absolute Höhe der Kosten, die Höhe der bereits auf Grund von § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. gewährten Kosten, die Bemühungen des Leistungsberechtigten um anderweitige Förderung und die Angemessenheit der Kosten mit einfließen. All diese Umstände sprechen für eine Leistungsgewährung. Die Klägerin hatte bisher noch keine Förderung nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. in Anspruch genommen. Die Kosten für ein Trainingswochenende in Höhe vom 70 Euro für Unterkunft und Verpflegung erscheinen der Höhe nach angemessen. Auf Grund von Zuwendungen bzw. teilweiser Kostenübernahme durch den Verein waren die Kosten von tatsächlich 96 Euro auch schon auf 70 Euro gemindert worden.
Bei dieser Sachlage reduziert sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zum Bereich der Leistungen für BUT das Ermessen des Beklagten zu Gunsten der Leistungsgewährung auf „Null“. Das Grundgesetz garantiert mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Das Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum zu. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 –, juris, Rn. 74 f.). Bildungs- und Teilhabeangebote müssen für die Bedürftigen danach auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein. Die Vorschrift des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. sei einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, womit die Sozialgerichte sicherstellen können, dass ein Anspruch auf Fahrkosten zu derartigen Angeboten besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 –, juris, Rn. 132). Haben die Sozialgerichte danach sicherzustellen, dass im Rahmen der Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums ein Anspruch auf die Übernahme von Fahrkosten zur Teilnahme an Sportkursen etc. besteht, so gilt dies – wie bereits dargelegt – gleichermaßen für die hier in Rede stehenden notwendigen Kosten der Übernachtung und Verpflegung.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Hier fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit. Zwar mag die Frage, ob eine Trainingsfahrt nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. als Bedarf für Bildung und Teilhabe berücksichtigt werden kann, wenn bereits eine Förderung der Aktivität des Trainings nach § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II erfolgt, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben. Es fehlt jedoch an der Klärungsbedürftigkeit, weil sich nach Auffassung des Senats insoweit die Rechtslage zum 01. August 2019 maßgeblich geändert hat. Die Ausführungen zur Auslegung des § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F., insbesondere unter systematischen Gesichtspunkten, dürfte im Hinblick auf die nunmehr offenere Formulierung des § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II einer wesentlichen argumentativen Änderung unterliegen. Zum einen werden nach der Neuregelung in Satz 1 Nr. 1 nunmehr „Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit“ gefördert, wohingegen nach der für den vorliegenden Rechtsstreit noch maßgeblichen bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung „Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit“ förderfähig waren. Eine weitere Änderung hat Satz 1 insoweit erfahren, dass nunmehr pauschal 15 Euro gewährt werden, allein aufgrund des Umstandes, dass an einer entsprechenden Aktivität teilgenommen wird und überhaupt Kosten hierfür entstehen. In der früheren Regelung war dagegen allein eine Erstattung tatsächlich entstehender Mitgliedsbeiträge in Höhe von höchstens 10 Euro monatlich vorgesehen. Es stehen sich damit nicht mehr Mitgliedsbeiträge einerseits und weitere Kosten andererseits gegenüber.