L 8 SB 2584/23 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SB 1485/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2584/23 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Eine Kostenauferlegung nach § 192 Abs. 4 Satz 1 SGG wegen vom Gericht nachgeholter Ermittlungen kommt nur in Betracht, wenn die durch die Behörde unterlassenen Ermittlungen zur Entscheidung über den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens unverzichtbar waren.
2. Nicht unverzichtbar in diesem Sinn ist im Regelfall die Anforderung ärztlicher Befunde, die mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt, ab dem ein (höherer) Grad der Behinderung festgestellt werden soll, erhoben worden sind.
3. Die Behauptung einer Gesundheitsstörung oder ihrer Verschlimmerung zwingt nicht zu Ermittlungen, wenn im verfahrensgegenständlichen Zeitraum oder im engen zeitlichen Zusammenhang mit diesem nach den Angaben des Antragstellers keine ärztliche Untersuchung oder Behandlung der Gesundheitsstörung erfolgt ist.

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.08.2023 aufgehoben.

Die Staatskasse hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 1.397,30 € festgesetzt.



Gründe


I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG), durch den ihm die Kosten für ein im Klageverfahren von Amts wegen eingeholtes orthopädisches Gutachten in Höhe von 1.397,30 € auferlegt worden sind.

Bei dem 1971 geborenen Kläger stellte das Landratsamt L1 mit Bescheid vom 01.03.2010 wegen Knorpelschäden am linken Kniegelenk einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit dem 03.02.2010 fest.

Am 27.04.2021 beantragt der Kläger die Erhöhung des GdB ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Zur Begründung gab er neben Beschwerden in den Knien (Arthrose), im linken Sprunggelenk (Knorpelschaden) und im rechten Ellenbogen auch Funktionsstörungen und Schmerzen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls an. Als ärztliche Behandler des Bandscheibenvorfalls benannte er neben der Hausarztpraxis F1 auch die N1-Klinik F2 GmbH & Co. KG in L1. Dort sei er zuletzt im Jahr 2015 behandelt worden.

Das Landratsamt L1 bat den F1 um Befundangaben u.a. zu einem Wirbelsäulenleiden des Klägers. In seiner am 16.06.2021 vorgelegten Antwort verwies F1 hierzu auf den beigefügten Bericht des in der N1-Klinik F2 K1 und Partner tätigen Z1 vom 30.12.2013 (Lumboischialgie links, lateraler Bandscheibenvorfall in Höhe L5/S1 links) und teilte mit, der Kläger habe seitdem keine Wirbelsäulenbeschwerden mehr bei ihm geäußert. Bei der N1 Klinik F2 K1 und Partner forderte das Landratsamt L1 keine ärztlichen Unterlagen an. Die versorgungsärztliche Auswertung der Befundangaben und Arztbriefe durch die S1 vom 23.06.2021 gelangte zu dem Ergebnis, dass die Knorpelschäden an beiden Kniegelenken mit einem Teil-GdB von 30, die Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenks mit einem Teil-GdB von 20, die Krampfadern mit einem Teil-GdB von 10 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten seien. Eine Funktionsbehinderung des Sprunggelenks sei nicht nachgewiesen. Der Gesamt-GdB des Klägers betrage 40.

Auf dieser Grundlage hob das Landratsamt L1 mit Bescheid vom 13.07.2021 den Bescheid vom 01.03.2010 teilweise auf und stellte beim Kläger einen GdB von 40 seit dem 27.04.2021 fest.
Hiergegen erhob der Kläger am 26.07.2021 Widerspruch. Zur Begründung führte sein Prozessbevollmächtigter aus, dass der GdB für die beidseitigen Kniegelenksprobleme erhöht werden müsse, da paarige Gliedmaßen beeinträchtigt seien. Ferner leide der Kläger an massiven Beschwerden der Wirbelsäule, vor allem an einem Bandscheibenschaden der Lendenwirbelsäule. Er leide an Schmerzen, sei nicht mehr so beweglich und habe auch bereits Ausstrahlungserscheinungen in die Beine. Auch hierzu solle „der Orthopäde“ befragt werden. Es werde angeregt, einen Befundschein des E1 beizuziehen.

Das Landratsamt L1 bat E1 um Befundangaben u.a. zu Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke und zu einem Wirbelsäulenleiden des Klägers. Mit Schreiben vom 11.01.2022 teilte E1 (A1 Praxisklinik) mit, dass der Kläger nur wegen seines rechten Kniegelenks in Behandlung gewesen sei. Die gutachtliche Stellungnahme von M1 vom 31.01.2022 bestätigte die Einschätzung der Versorgungsärztin S1. Es sei kein aktueller Befund für ein Wirbelsäulenleiden mit einem GdB von mindestens 10 vorgelegt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2022 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40 habe. Bezüglich der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule könne keine Änderung festgestellt werden.

Am 08.06.2022 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim SG Klage erhoben und u.a. die Feststellung eines GdB von mindestens 50 beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Funktionsbeeinträchtigungen in beiden Kniegelenken zwei Teil-GdB von jeweils 30 anzusetzen seien. Dies rechtfertige unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für die Beschwerden am rechten Ellenbogen die Feststellung der Schwerbehinderung. Mit Blick auf das Wirbelsäulenleiden sei der Beklagte seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht ausreichend nachgekommen. In dem am 11.06.2022 unterzeichneten Formular über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen seit Antragstellung hat der Kläger nur E1 (wegen Arthrose Knie rechts mit Innenmeniskusschaden sowie Wurzelausriss), S2 (wegen erneuter Probleme mit starken Schmerzen beim Gehen sowie beim Strecken des linken Knies) und R1 (wegen erneuter Varizenprobleme mit Krämpfen und Schmerzen im linken Bein) benannt. Weitere ärztliche Behandler oder die Inanspruchnahme einer ärztlichen Behandlung wegen Wirbelsäulenproblemen hat der Kläger nicht angegeben.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die schriftliche Beantwortung von Beweisfragen durch sachverständige Zeugen angeordnet. Der sachverständige Zeuge E1 (A1 Praxisklinik) hat in seiner schriftlichen Antwort vom 20.07.2022 mitgeteilt, dass er den Kläger nur mit Bezug auf das rechte Kniegelenk behandelt habe. Er habe keine Befunde der Wirbelsäule erhoben. Die an S2 und R1 (jeweils Praxis am R2 in H1) gerichteten Beweisfragen hat der dort tätige D1 mit Schreiben vom 06.08.2022 beantwortet. Darin hat er mitgeteilt, dass der Kläger seit dem Jahr 2004 in der Praxis am R2 wegen beidseitiger Varicosis, Steifheit im linken Sprunggelenk, eines freien Gelenkkörpers im linken oberen Sprunggelenk, Chondromalazie links, einer Varusgonarthrose links und eines beidseitigen Hallux rigidus behandelt worden sei. Diagnosen oder Befunde zu einem Wirbelsäulenleiden enthält die schriftliche Antwort des D1 nicht.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG C1 zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat den Kläger am 14.03.2023 untersucht und ist in seinem Gutachten vom 20.03.2023 zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine geringe Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule ohne Hinweise auf Nervenwurzelreizerscheinungen, eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Hüftgelenke bei röntgenologisch objektivierbarem beginnenden Verschleißleiden, eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung des linken Kniegelenkes nach Meniskusoperation mit innenseitig und im Kniescheibengleitlager betonten Verschleißerscheinungen, eine Arthrose in beiden Großzehengrundgelenken mit Bewegungseinschränkung (Hallux rigidus) und eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung des rechten Ellbogens nach operativer Behandlung einer Ellenbogenluxation und Radiusköpfchenfraktur im Jugendalter bestünden. Die Funktionsbehinderung beider Abschnitte der Wirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke bei weitgehend freier Beugung und nur geringer Einschränkung der Innendrehfähigkeit sei mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Die Funktionseinschränkung der Kniegelenke sei unter Berücksichtigung des kernspintomographischen nachgewiesenen Knorpelschadens am rechten Kniegelenk einerseits und der eingeschränkten Beuge- und Streckfähigkeit des linken Kniegelenkes bei auch hier vorhandenem deutlichen Knorpelschaden, insbesondere im Kniescheibengleitlager, andererseits, mit einem Teil-GdB von 40 zu bewerten. Die Funktionsbehinderung des rechten Ellbogengelenkes sei mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die Veränderungen im Bereich der Großzehengrundgelenke seien mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Der Gesamt-GdB betrage 50.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 26.06.2023 den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 13.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2022 verurteilt, beim Kläger einen GdB von 50 seit dem 27.04.2021 festzustellen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen diesen Gerichtsbescheid, der dem Beklagten am 30.06.2023 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 27.07.2023 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (Az.: L 8 SB 2159/23).

Mit Schreiben vom 28.06.2023 hat das SG dem Beklagten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, dem Beklagten Kosten in Höhe von 1.397,30 € für das Gutachten des Sachverständigen C1 aufzuerlegen. Nachdem die Versorgungsärztin M1 in ihrer Stellungnahme vom 31.01.2022 ausgeführt habe, dass ein aktueller Befund für das Wirbelsäulenleiden fehle, sei für die Beklagte erkennbar gewesen, dass auf orthopädischem Fachgebiet weitere Ermittlungen notwendig seien. Der Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 28.07.2023 ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 192 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erfüllt seien. Im Hinblick auf die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers seien keine erkennbaren und notwendigen Ermittlungen unterlassen worden. Es habe keine Verpflichtung zu weiteren Ermittlungen bestanden, nachdem der F1 ausgeführt habe, keine Kenntnis von Wirbelsäulenbeschwerden seit dem Jahr 2013 zu haben, und der im Widerspruchsverfahren einzig benannte E1 mitgeteilt habe, dass keine Behandlung der Wirbelsäule durchgeführt worden sei.

Durch Beschluss vom 15.08.2023 hat das SG dem Beklagten die Kosten für das Gutachten des C1 in Höhe von 1.397,30 € auferlegt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 192 Abs. 4 SGG erfüllt seien. Der Beklagte habe im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erkennbare und notwendige Ermittlungen zu den Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule unterlassen. Bei Antragstellung am 27.04.2021 habe der Kläger angegeben, dass er wegen seines Bandscheibenvorfalls zuletzt im Jahr 2015 in der N1 Klinik F2 GmbH & Co KG behandelt worden sei. Dem Beklagten müsse bereits mit Antragstellung bewusst gewesen sein, dass der Kläger wegen seines Wirbelsäulenleidens nicht von E1, sondern in der N1 Klinik F2 behandelt worden sei. Der Beklagte hätte deswegen dort Auskünfte zu den Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule einholen müssen. Auf den vom F1 übersandten Arztbrief des Z1 (N1 Klinik F2 K1 und Partner) vom 30.12.2013 habe sich der Beklagte nicht stützen dürfen, da der Kläger bis in Jahr 2015 Behandlungen in der N1 Klinik F2 angegeben habe. Auch auf die Anmerkung des F1, dass der Kläger ihm gegenüber nach dem Jahr 2013 keine Wirbelsäulenbeschwerden mehr angegeben habe, habe sich der Beklagte nicht verlassen dürfen. Denn es sei nicht fernliegend, dass in den zwei Jahren zwischen 2013 und 2015 Veränderungen im Gesundheitszustand eingetreten seien. Weitere Ermittlungen in der N1 Klinik F2 hätten sich dem Beklagten im Widerspruchsverfahren umso mehr aufdrängen müssen, nachdem in der Widerspruchsbegründung auf die Schwere des Wirbelsäulenleidens hingewiesen und eine weitere Sachverhaltsaufklärung bei „dem Orthopäden“ angeregt worden sei. Damit habe der Kläger nicht den E1, sondern einen namentlich nicht bezeichneten Orthopäden gemeint. An den Vortrag des Klägers dürften keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Selbst der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten habe im Widerspruchsverfahren auf die mangelhafte Sachverhaltsermittlung aufmerksam gemacht und ausgeführt, dass ein aktueller Befund in Bezug auf das Wirbelsäulenleiden fehle. Die Einholung des Gutachtens bei C1 beruhe kausal auf den unterlassenen Ermittlungen des Beklagten. Im Rahmen des Ermessens sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte in besonders schwerwiegender Weise seine Amtsermittlungspflicht verletzt habe. Die Nichtbefragung der vom Kläger benannten Ärzte stelle einen derart erheblichen Mangel dar, dass er im Rahmen des Ermessens nicht unberücksichtigt bleiben könne. Ferner sei die präventiv-disziplinierende Wirkung des § 192 Abs. 4 SGG zu berücksichtigen. Behörden müssten die ihnen obliegenden Ermittlungen selbst wahrnehmen und dürften diese nicht auf die Gerichte abwälzen. Der Beschluss des SG ist dem Beklagten am 21.08.2023 zugestellt worden.

Am 05.09.2023 hat der Beklagte beim LSG Stuttgart Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des SG vom 15.08.2023 aufzuheben. Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 192 Abs. 4 SGG in diesem Fall nicht vorlägen. Er habe keine erkennbaren und notwendigen Ermittlungen unterlassen. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass alle im Antragsformular angegebenen Ärzte von der Behörde zwingend befragt werden müssten. Für die Auferlegung von Begutachtungskosten reiche es jedoch nicht aus, wenn Ermittlungen möglicherweise bloß sinnvoll gewesen wären, da ansonsten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 192 Abs. 4 SGG stets erfüllt wären, wenn die Beweisaufnahme im Klageverfahren ergebe, dass ein höherer GdB bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung festzustellen sei. Die Regelung des § 192 Abs. 4 SGG könne nur in Ausnahmesituationen Anwendung finden. Im vorliegenden Fall habe sich die Einholung eines Befundscheins über die letzte Untersuchung oder Behandlung des Klägers in der N1 Klinik F2 im Jahr 2015 im Zusammenhang mit dem im April 2021 gestellten Neufeststellungsantrag auf Feststellung eines höheren GdB für die Zeit ab April 2021 nicht als notwendig aufdrängen müssen. Der Kläger habe keine aktuelle Behandlung des Wirbelsäulenleidens mitgeteilt, sodass aktuelle Befundberichte der N1 Klinik F2 auch nicht zu erwarten gewesen seien. Der behandelnde F1 habe in seiner am 16.06.2021 vorgelegten Auskunft keine gravierenden Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule beschrieben. Nach Angaben des Hausarztes habe der Kläger ihm gegenüber seit dem Jahr 2013 keine Beschwerden wegen des Wirbelsäulenleidens geäußert. Mit Rücksicht darauf, dass der Kläger in seiner Widerspruchsbegründung einzig E1 als behandelnden Orthopäden benannt und allein die Beiziehung eines Befundscheins des E1 angeregt habe, sei im Widerspruchsverfahren eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Befragung von E1 erfolgt. Dieser habe jedoch mitgeteilt, dass er den Kläger nur wegen der Knie- und niemals wegen Wirbelsäulenbeschwerden behandelt habe. Außerdem habe das SG bei der Entscheidung über die Auferlegung der gesamten Gutachtenskosten sein Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt. Das Ermessen betreffe nicht nur die Frage, ob der Behörde Kosten auferlegt werden, sondern auch die Höhe der aufzuerlegenden Kosten. Eine Auferlegung der gesamten bei Gericht angefallenen Kosten zu Lasten der Behörde komme nur ausnahmsweise in Betracht. Dies beruhe darauf, dass das Gericht bei einem Neufeststellungsantrag den bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt zu berücksichtigen habe. Im Sinne des § 192 Abs. 4 SGG „nachgeholt“ werden könnten daher von vornherein nur Ermittlungen bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Die Aufklärung des Sachverhalts nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens sei nicht Aufgabe der Behörde, so dass ihr die hierfür anfallenden Kosten nicht gemäß § 192 Abs. 4 SGG auferlegt werden könnten. Im vorliegenden Fall sei nicht von einer Nachholung auszugehen, weil das SG mit der Einholung des Sachverständigengutachtens von C1 nicht den orthopädischen Gesundheitszustand des Klägers zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Mai 2022, sondern den medizinischen Sachverhalt bis zur gutachtlichen Untersuchung im März 2023 ermittelt habe. Die an den Sachverständigen gerichteten Beweisfragen zielten allein auf die Feststellung des aktuellen Gesundheitszustands des Klägers. Schließlich verstoße der Beschluss des SG gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör, weil das SG erst nach Entscheidung der Hauptsache auf seine Absicht, dem Beklagten die Kosten der Begutachtung aufzuerlegen, hingewiesen habe.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

II.


Die nach § 173 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht beim LSG eingelegte Beschwerde des Beklagten ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthaft und zulässig. Die Beschwerde ist nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 4 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands in Höhe von 1.397,30 € den Betrag von 200 € übersteigt.

Die Beschwerde des Beklagten ist auch begründet. Der Beschluss des SG vom 15.08.2023 ist aufzuheben, weil das SG dadurch dem Beklagten die durch das Gutachten des C1 entstandenen Kosten in Höhe von 1.397,30 € zu Unrecht auferlegt hat.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 192 Abs. 4 Satz 1 SGG, wonach das Gericht der Behörde durch Beschluss ganz oder teilweise die Kosten auferlegen kann, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Beklagte hat im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine erkennbaren und notwendigen Ermittlungen hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens unterlassen.

Notwendig sind Ermittlungen, wenn sie nach der Amtsermittlungspflicht der Behörde im Sinne der §§ 20 und 21 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht nur sinnvoll, sondern unverzichtbar gewesen sind. Von einer Erkennbarkeit ist auszugehen, wenn sich der Behörde ihre Notwendigkeit ausgehend von den gesetzlichen Bestimmungen und ihrer höchstrichterlichen Auslegung beziehungsweise – mangels einer solchen – von einem vertretbaren Rechtsstandpunkt aus erschließen musste. Die Sachverhaltsermittlung musste sich der Behörde im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren aufgrund des Vortrags der Beteiligten oder nach dem Akteninhalt aufdrängen. Daran fehlt es zum Beispiel, wenn es nach vertretbarer Rechtsauffassung der Behörde auf die später vom Gericht für erforderlich gehaltenen Ermittlungen nicht ankam. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Ermittlungen im Verwaltungsverfahren erkennbar und notwendig waren, ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Macht der Kläger im Klageverfahren eine Änderung der Sachlage, zum Beispiel eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes, geltend oder trägt er neue Gesichtspunkte vor, die nunmehr neue Ermittlungen des Gerichts nötig machen, können die dadurch entstehenden Kosten der Behörde nicht auferlegt werden, weil diese Ermittlungen zum Zeitpunkt ihrer letzten Entscheidung weder notwendig noch erkennbar waren (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.2020 – L 3 SB 2455/20 B – juris, Rn. 24 m.w.N.; Stotz, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 192, Rn. 102 f.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2011 – L 9 U 1083/10 B – juris, Rn. 15).

Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Untersuchungsgrundsatz der Behörde aus §§ 20, 21 SGB X ebenso begrenzt ist wie der Amtsermittlungsgrundsatz der Gerichte aus § 103 SGG. Art und Umfang der Ermittlungen richten sich nach dem jeweiligen Gegenstand des Verwaltungsverfahrens (BSG, Urteil vom 25.06.2015 – B 14 AS 30/14 R – juris, Rn. 18). Es müssen somit alle Tatsachen ermittelt werden, die für die Verwaltungsentscheidung wesentlich im Sinne von entscheidungserheblich sind (BSG, a.a.O.; vgl. Mutschler, in: BeckOGK, SGB X, § 20, Rn. 6, Stand: 01.06.2019, m.w.N.). Ist ein Verwaltungsverfahren auf Antrag einzuleiten, bestimmt der Antrag auch Gegenstand und Ziel des Verfahrens (BSG, Urteil vom 26.02.1986 – 9a RVs 4/83 – juris, Rn. 13). Nur innerhalb dieses Rahmens, den der Antrag absteckt, ist die Verwaltung zur Aufklärung des Sachverhalts berechtigt und verpflichtet (BSG, a.a.O.). Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts erstreckt sich nicht auf Tatsachen, für deren Bestehen die Umstände des Einzelfalls keine Anhaltspunkte bieten (BSG, Urteil vom 21.09.2000 – B 11 AL 7/00 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 07.05.1998 – B 11 AL 81/97 – juris, Rn. 20). Zu Ermittlungen auf „ins Blaue hinein“ oder „aufs Geratewohl“ aufgestellte Behauptungen ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts besteht auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Verpflichtung (BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.01.2007 – 2 BvR 1268/03 – juris, Rn. 19; vgl. BSG, Beschluss vom 28.02.2018 – B 13 R 279/16 B – juris, Rn. 21). Eine unzureichende sachliche oder personelle Ausstattung der Behörde rechtfertigt regelmäßig keine Einschränkung von Art oder Umfang der Amtsermittlungspflicht, weil sich dies dem Wortlaut der Norm, die allein auf notwendige und erkennbare Ermittlungen abstellt, nicht entnehmen lässt und andernfalls das Telos der Norm, Verschiebungen des Aufwands für die Amtsermittlung von den Haushalten der Leistungsträger zu Lasten der Landesjustizhaushalte zu verhindern, nicht erreicht werden könnte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.2020 – L 3 SB 2455/20 B – juris, Rn. 24 m.w.N.; Stotz, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 192, Rn. 104).

In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Beklagte im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine notwendigen Ermittlungen zu Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule unterlassen. Die Anforderung entsprechender Befundangaben bei der N1 Klinik F2 war nicht unverzichtbar und musste sich dem Beklagten weder aufgrund der Angaben des Klägers noch nach dem Akteninhalt aufdrängen.

Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war hier das Begehren des Klägers nach Feststellung eines höheren GdB für die Zeit seit dem 27.04.2021. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Antragsformular, in dem der Kläger ausdrücklich erklärt hat, dass die Schwerbehinderteneigenschaft für die Zeit „ab Antragstellung“ festgestellt werden soll, und das dem Landratsamt L1 am 27.04.2021 zugegangen ist. Auf dieser Grundlage hatte der Beklagte die einzelnen, seit dem 27.04.2021 bestehenden, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen des Klägers im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (vgl. § 2 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände von Amts wegen zu ermitteln (allgemein zur Notwendigkeit entsprechender Feststellungen vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2021 – B 9 SB 6/19 R – juris, Rn. 37).

Mit Blick auf diesen für Art und Umfang der Ermittlungen maßgeblichen Verfahrensgegenstand erweist sich die Anforderung von Befundangaben bei der N1 Klinik F2 aus dem Jahr 2015 nicht als unverzichtbar. Der Kläger selbst hat im Antragsformular angegeben, dass er wegen Wirbelsäulenbeschwerden zuletzt im Jahr 2015 ärztlich behandelt wurde. Schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die zur Begründung des Neufeststellungsantrags für die Zeit seit dem 27.04.2021 angegebenen Bandscheibenvorfälle dem Kläger seit mehr als fünf Jahren keinerlei Anlass gegeben haben, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, und deshalb auch seit mehr als fünf Jahren keinerlei ärztliche Befunde zu Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule erhoben worden sind. Die vom Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholte Auskunft des F1, wonach der Kläger im Rahmen hausärztlicher Konsultationen sogar schon seit dem Jahr 2013 keine Wirbelsäulenbeschwerden mehr geäußert hat, bestätigt dies. Bei Befunden zur Funktionalität der Wirbelsäule, die möglicherweise im Zeitraum vom 30.12.2013 (vgl. im Verwaltungsverfahren vorgelegter Bericht des Z1 [N1 Klinik F2]) bis zur letzten Untersuchung oder Behandlung des Wirbelsäulenleides in der N1 Klinik F2 im Jahr 2015 erhoben worden sind, handelt es sich um keine Tatsachen, die in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit Antragstellung am 27.04.2021 stehen. Der Beklagte durfte zu Recht davon ausgehen, dass ihre Ermittlung für die Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Neufeststellungsantrag für die Zeit seit dem 27.04.2021 nicht entscheidungserheblich ist.

Auch im Widerspruchsverfahren mussten sich dem Beklagten über die erfolgte Befragung des E1 hinaus keine weiteren Ermittlungen zu Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule aufdrängen. Die Widerspruchsbegründung der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 18.11.2021 regte lediglich die Beiziehung eines Befundscheins des E1 (A1 Praxisklinik) an, der mit Schreiben vom 11.01.2022 mitteilte, dass er den Kläger stets nur wegen Beschwerden im rechten Kniegelenk, nicht aber wegen Wirbelsäulenproblemen behandelt hat. Sonstige ärztliche Behandler wurden in der Widerspruchsbegründung des Klägers weder namentlich noch praxis- noch einrichtungsbezogen bezeichnet. Allein die in der Widerspruchsbegründung aufgestellte Behauptung massiver Wirbelsäulenbeschwerden verpflichtete den Beklagten zu keinen weiteren Ermittlungen, weil die Behauptung ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt für ihr Vorliegen „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist. Denn der einzige in der Widerspruchsbegründung bezeichnete Arzt hat die Wirbelsäule des Klägers weder untersucht noch behandelt, und der Kläger selbst hat nach seinen eigenen Angaben wegen Wirbelsäulenbeschwerden zuletzt im Jahr 2015 einen Arzt konsultiert. Schließlich hat die vom Beklagten im Widerspruchsverfahren eingeholte gutachtliche Stellungnahme der Versorgungsärztin M1 vom 31.01.2022 entgegen der Auffassung des SG keine weitere Sachverhaltsermittlung angeregt, sondern lediglich ausgeführt, dass kein aktueller Befund für ein Wirbelsäulenleiden vorliegt, das mit einem Teil-GdB von mindestens 10 zu bewerten ist.

Soweit sich das SG zur Begründung eines Ermittlungsdefizits des Beklagten auf das Senatsurteil vom 23.09.2023 (Az.: L 8 R 1633/22) beruft, vermag dies im vorliegenden Fall nicht zu überzeugen. Nach der vom SG zitierten Rechtsprechung des Senats entsteht die Verpflichtung zur Amtsermittlung immer dann, wenn Behandlungen vorgetragen und behandelnde Ärzte „im maßgeblichen Zeitraum“ benannt werden (Senatsurteil vom 23.09.2023 – L 8 R 1633/22 – juris, Rn. 52). Dies ist im vorliegenden Fall freilich nicht geschehen. Der Kläger hat für den hier maßgeblichen Zeitraum seit dem 27.04.2021 gerade keine ärztliche Behandlung oder Untersuchung seiner Wirbelsäule angegeben (s.o.).

Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 192 Abs. 4 Satz 1 SGG nicht erfüllt sind, muss der Senat nicht entscheiden, ob das SG das durch diese Vorschrift eröffnete Ermessen („kann“) pflichtgemäß ausgeübt hat (zur Überprüfung der Ermessensbetätigung im Beschwerdeverfahren nicht nur auf Ermessensfehler, sondern in vollem Umfang vgl. Stotz, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 192, Rn. 106.1; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 176 Rn. 4; Berchtold, in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 176 Rn. 4; Karl, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 176, Rn. 12; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.09.2022 – L 4 KG 1/21 B – juris, Rn. 26, zu § 192 Abs. 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Das Verfahren nach § 192 Abs. 4 SGG ist ein gesondert geregeltes Nebenverfahren über Kosten eines Hauptsacheverfahrens, in dem der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB begehrt. An dem durch den Beklagten eingeleiteten Beschwerdeverfahren ist der Kläger nicht (mehr) beteiligt. Die Kostenregelung § 197a Abs. 1 SGG stellt auf das jeweilige Verfahren bzw. den jeweiligen Rechtszug ab. Der Beklagte ist in einem solchen Verfahren nicht kostenprivilegiert, weil am Verfahren keine nach § 183 SGG privilegierte Person (mehr) beteiligt ist (Senatsbeschluss vom 16.09.2013 – L 8 U 3192/13 B – juris, Rn. 24; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.12.2020 – L 3 SB 2455/20 B – juris, Rn. 39 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.03.2017 – L 18 KN 92/16 B – juris, Rn. 14; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2011 – L 9 U 1083/10 B – juris, Rn. 23). Die im Beschwerderechtszug anfallenden Gerichtskosten sind in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit § 467 Abs. 1 Strafprozessordnung von der Staatskasse zu tragen, weil das Rechtsmittel des Beklagten erfolgreich gewesen ist (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.01.2012 – L 5 AS 228/11 B – juris, Rn. 12; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.01.2016 – L 1 AS 4045/15 B – juris, Rn. 31; Stotz, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 192, Rn. 121; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 192 Rn. 21).

Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Beschwerdeführers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (vgl. § 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Beschwerdeführers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 3 GKG). In Anwendung dieser Maßstäbe ist hier der Streitwert für das Beschwerdeverfahren endgültig auf 1.397,30 € festzusetzen. Dies entspricht der Höhe der Kosten, die dem Beklagten durch den beschwerdegegenständlichen Beschluss des SG vom 15.08.2023 auferlegt worden sind. Im vorliegenden Fall ist auch nichts anderes bestimmt (vgl. § 3 Abs. 1 GKG), weil die vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr von 66 € gemäß Nr. 7504 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nur dann anzusetzen ist, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Hier hatte die Beschwerde des Beklagten jedoch Erfolg.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).


 

Rechtskraft
Aus
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