1. Der Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB X steht grundsätzlich nur dem Widerspruchsführer zu. Dieser kann jedoch an den oder die Prozessbevollmächtigten des Widerspruchsführers abgetreten werden, wobei sich die Voraussetzungen der Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 SGB I, sondern nach den §§ 398 ff. BGB in entsprechender Anwendung richten.
2. Die Wirksamkeit der Abtretung setzt insoweit zwei korrespondierende Willenserklärungen voraus, wobei hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein muss, welche Forderung abgetreten werden soll.
3. Bei einem Vollmachtsformular, welches für eine Vielzahl von Mandatsverhältnissen verwendet wird, handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Enthält dieses eine Abtretungsklausel, die weder im Text der Vollmachtsurkunde gesondert hervorgehoben noch in der Überschrift erwähnt wird, handelt es sich um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, die nicht Bestandteil des Vertrages wird.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 230,33 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie vertrat Herrn H. (im Folgenden der Widerspruchsführer) in einem gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 3. März 2021 geführten Widerspruchsverfahren gegenüber dem Beklagten. Dem Widerspruchsschreiben vom 30. März 2021 war ein auf denselben Tag datiertes, vom Widerspruchsführer unterzeichnetes und mit der Überschrift „Vollmacht“ versehenes Dokument beigefügt, in dem es hieß:
„A. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
I.
wird von H.
bevollmächtigt, mich zu vertreten.
- zur Vertretung in sämtlichen Widerspruchsverfahren und Überprüfungsverfahren gegen das Jobcenter, die Agentur für Arbeit und/oder Sozialbehörde im Zusammenhang mit ALG-II, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung oder Kostenstreitigkeiten und den Empfang sämtlicher Schriftstücke im laufenden Verfahren sowie Zweitschriften von neuen Bescheiden, auch außerhalb der konkreten Verfahren.
- zur Durchführung sämtlicher Gerichtsverfahren, einschließlich einer Untätigkeitsklage, Klage gegen Widerspruchsbescheid, Klage gegen Kostenentscheidung, Erinnerungsverfahren und einstweiligen Rechtsschutz.
- zum Zwecke der Durchführung eines Klageverfahrens oder eines Widerspruchsverfahrens im Namen des Mandanten einen Vertrag zwischen dem Mandanten und einem Prozessfinanzierer zu schließen, in welchen der Prozessfinanzierer verpflichtet wird, den Mandanten von allen Kosten der Rechtsverfolgung (Rechtsanwaltskosten, etc.) freizustellen, wenn der für die ALG-II Leistungen verantwortliche Leistungsträger („Jobcenter“), oder der für die SGB-12 Leistungen verantwortliche Leistungsträger („Sozialbehörde“) nicht aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet ist, diese Kosten zu tragen.
- der Mandant tritt den Vergütungsanspruch gegen den für die ALG 2-II Leistungen verantwortlichen Leistungsträger („Jobcenter“) oder den für die SGB-12 Leistungen verantwortlichen Leistungsträger („Sozialbehörde“), oder die Amtsgerichte bzw. Bundes- oder Landeskassen auf Ersatz der A. zustehenden Rechtsanwaltsvergütung an A. ab. A. nimmt diese Abtretung an. Der Mandant willigt ferner ausdrücklich ein, dass A. diesen Rechtsanwaltsvergütungsanspruch an einen neuen Gläubiger abtritt. Im Rahmen dieser Abtretung ermächtigt der Mandant A. bzw. willigt ausdrücklich ein, diejenigen Informationen aus dem Mandatsverhältnis an den neuen Gläubiger weiterzugeben, welche zur Durchsetzung dieses Rechtsanwaltsvergütungsanspruchs von J. erforderlich sind. J. wird dem neuen Gläubiger in gleicher Weise und im gleichen Umfang vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichten, wie A. gegenüber dem Mandanten gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.
- Mit Unterzeichnung dieser Vollmacht wird den Mandatsbedingungen der A. Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH zugestimmt, welche zu jeder Zeit über https:// A..de/agb/ einsehbar und abrufbar sind.“
Für das Widerspruchsverfahren wurde dem Widerspruchsführer Beratungshilfe nicht gewährt. Der Beklagte half dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 teilweise ab und reduzierte die geltend gemachte Erstattungsforderung. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten werde er auf Antrag zu 51,07 % erstatten, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten daraufhin mit Datum vom 21. April 2021 unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid eine Kostennote über einen Betrag in Höhe von 230,33 €. Dieser setzte sich zusammen aus einer Geschäftsgebühr von 359,00 € und einer Pauschale für Post und Telekommunikation von 20,00 €. Dem sich bei einer Kostenquote von 51,07 % ergebenden Nettobetrag von 193,56 € wurden 36,78 € Umsatzsteuer hinzuaddiert.
Der Beklagte erließ mit Datum vom 4. November 2021 einen Kostenfestsetzungsbescheid und setzte die im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten auf 0 € fest. Die Klägerin könne keinen Kostenerstattungs- oder Kostenfreistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten geltend machen, weil eine Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers gegenüber der Klägerin im Innenverhältnis nicht festgestellt werden könne. Nach den bisherigen Feststellungen liege zwischen dem Widerspruchsführer und der Klägerin kein wirksamer Anwaltsvertrag vor, der eine Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers im Innenverhältnis begründen würde. Die Klägerin werbe auf ihrer Homepage offensiv mit einer kostenlosen Prüfung von „Hartz-4-Bescheiden“. Der potentielle Mandant und Widerspruchsführer müsse also davon ausgehen, dass ihm keine Kosten entstünden, auch nicht durch die Durchführung eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 in eigenem Namen Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 4. November 2021 ein. Auf der Internetpräsenz werde lediglich die Überprüfung eines Bescheides kostenlos angeboten, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens jedoch nicht. Es sei hierbei zu berücksichtigen, dass fast immer Beratungshilfe bewilligt werde, was die Rechtslage noch einmal verändere und es einem Anwalt sogar verbiete, Kosten geltend zu machen. Die Internetpräsenz differenziere somit zwischen einer Prüfung eines Bescheides, einem Widerspruchsverfahren und einem Klageverfahren und stelle die entsprechenden kostenrelevanten Aspekte dar. Darüber hinaus komme es hierauf aber auch nicht an, weil selbst wenn sich der Anwalt entscheide, auf eine Geltendmachung von Kosten gegenüber dem eigenen Mandanten zu verzichten, dies nicht zu Gunsten des Beklagten wirke.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2022 als unbegründet zurück. Der Kostenfestsetzungsbescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.
Die Klägerin hat, wiederum im eigenen Namen, am 4. April 2022 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Sie hat ausgeführt, die Ausführungen im Widerspruchsbescheid seien fehlerhaft. Es sei sehr wohl ein wirksamer Anwaltsvertrag zustande gekommen. Insbesondere sei auch in den stets mit einbezogenen Mandatsbedingungen, die auch zu jeder Zeit auf der Internetpräsenz einsehbar seien, der Hinweis auf die Abrechnung nach den gesetzlichen Bestimmungen enthalten.
Der Beklagte ist der Klage, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren, entgegengetreten.
Das SG hat die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 29. März 2023 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei die Klägerin prozessführungsbefugt, da sie ein Recht geltend mache, das ihr nach eigenem Vorbringen zustehe. Allerdings sei die Klägerin nicht aktivlegitimiert. Die Voraussetzungen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 9 S. 2 Beratungshilfegesetz (BerHG) lägen nicht vor, da für das dem Rechtsstreit zugrundeliegende Widerspruchsverfahren keine Beratungshilfe gewährt worden sei. Der Anspruch aus § 63 SGB X sei auch nicht wirksam an die Klägerin abgetreten worden. Bei der Abtretungsklausel im Vollmachtsformular der Klägerin bzw. der Abtretungsklausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin handele es sich um unzulässige überraschende Klauseln im Sinne von § 305c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Ein Mandant müsse bei einer mit „Vollmacht“ überschriebenen Urkunde nicht davon ausgehen, dass diese neben der aufgrund einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung wirksamen Vollmachtserteilung gemäß § 167 Abs. 1 BGB auch noch eine weitere auf Abschluss eines Abtretungsvertrages gerichtete Willenserklärung enthalte. Inhaltlich handele es sich hierbei um eine zweiseitige Abrede, die mit der Erteilung der Vollmacht nicht im Zusammenhang stehe. Jedenfalls wenn sich aus der Überschrift der Urkunde oder sonst in hervorgehobener Weise kein Hinweis darauf ergebe, dass diese neben der Vollmacht noch andere Regelungen enthalte, sei die Klausel als überraschend und damit unwirksam anzusehen. Vor diesem Hintergrund könne dahinstehen, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Freistellungsanspruch überhaupt um einen „Vergütungsanspruch“ bzw. „andere Ansprüche“ im Sinne der AGB der Klägerin handele. Auf die Frage, ob überhaupt Aufwendungen im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X entstanden seien und inwieweit die Durchführung eines kostenlosen Widerspruchsverfahrens die Kostenerstattungspflicht des Beklagten tangiere, komme es angesichts dessen auch nicht mehr an.
Die Klägerin hat gegen das am 26. April 2023 zugestellte Urteil am 23. Mai 2023 zunächst Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 15. November 2023 die Berufung zugelassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt. Die Rechtsfrage, ob durch die Klausel Nr. 4 in der Vollmachtsurkunde, welche der Mandant unter dem 30. März 2021 unterzeichnet habe, ein wirksamer Vertrag nach § 398 BGB über die Abtretung des Anspruchs auf Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren zustande gekommen sei, sei von grundsätzlicher Bedeutung und in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung bislang ungeklärt.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des SG Bremen vom 29. März 2023 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 4. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2022 zu verurteilen, die Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 230,33 € zu erstatten.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin und die Beklagte haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist nicht begründet.
Der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 4. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung des geltend gemachten Betrages von 230,33 € aus § 63 Abs. 1 SGB X. Dementsprechend ist das Urteil des SG Bremen vom 29. März 2023 nicht zu beanstanden.
Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dementsprechend hat der Widerspruchsführer, wie vom Beklagten auch nicht bestritten wird, sondern im Widerspruchsbescheid vom 12. April 2021 anerkannt wurde, dem Grunde nach einen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Erstattung von 51,07 % der notwendigen und nachgewiesenen Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Dieser Kostenerstattungsanspruch kann indes nicht von der Klägerin im eigenen Namen geltend gemacht werden, weil sie, wie vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt worden ist, insoweit nicht aktivlegitimiert ist. Der Kostenerstattungsanspruch des Widerspruchsführers ist nicht auf die Klägerin übergegangen.
Wie bereits das SG in seinem Urteil zutreffend ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 9 S. 2 BerHG nicht vor, da im streitgegenständlichen Widerspruchsverfahren keine Beratungshilfe gewährt wurde. Die Vorschrift ist auch nicht auf Fälle, in denen keine Beratungshilfe beantragt oder bewilligt wurde, analog anwendbar, da keine Anhaltspunkte für das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers ersichtlich sind.
Der Kostenerstattungsanspruch aus dem Widerspruchsverfahren ist auch nicht wirksam an die Klägerin abgetreten worden. Grundsätzlich steht der Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB X nur dem Widerspruchsführer zu (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25. Februar 2010 - B 11 AL 24/08 R - juris Rn. 14). Dieser kann jedoch an den oder die Prozessbevollmächtigten des Widerspruchsführers abgetreten werden, wobei sich die Voraussetzungen der Abtretung nicht nach § 53 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), sondern nach den §§ 398 ff. BGB in entsprechender Anwendung richten (BSG, Urteil vom 20. Februar 2020 – B 14 AS 4/19 R - juris Rn. 13 ff.). Die Voraussetzungen des § 398 BGB sind indes hier nicht erfüllt.
Gemäß § 398 BGB kann eine Forderung von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden. Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des alten Gläubigers. Gegenstand des Vertrages muss eine bestimmte oder bestimmbare Forderung sein. Die abgetretene Forderung kann auch bedingt oder befristet sein oder sogar erst aus einem künftig entstehenden Rechtsverhältnis hervorgehen (z.B. Abtretung der Lohnforderungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses). Erforderlich ist nur, dass das Entstehen der Forderung zur Zeit der Abtretung zumindest möglich erscheint und die abgetretene Forderung zumindest bestimmbar bezeichnet ist (vgl. Fries/Schulze in Schulze, BGB, 11. Auflage 2021, § 398 Rn. 5 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien bestehen ernstliche Zweifel, ob der Widerspruchsführer den hier streitgegenständlichen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten wirksam an die Klägerin abgetreten hat. Ausweislich der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vollmacht vom 30. März 2021 wurde die Klägerin zur Vertretung im „Widerspruchsverfahren und Überprüfungsverfahren gegen das Jobcenter und/oder Sozialbehörde im Zusammenhang mit ALG-II, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung“ bevollmächtigt. Dabei wurde bereits nicht konkretisiert, ob sich die Vollmacht auf ein spezielles Verfahren bezog, wobei sich dieses Problem noch über Auslegung lösen ließe, weil die Vollmacht vom selben Tag wie der Widerspruch ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass diese für das konkrete Widerspruchsverfahren erteilt werden sollte. Ferner hieß es in der Vollmacht, der Mandant trete „den Vergütungsanspruch gegen den für die ALG-II Leistungen verantwortlichen Leistungsträger“ an die Klägerin ab. Es bestehen Zweifel, ob hierin eine wirksame Abtretung eines Kostenerstattungsanspruchs zu sehen ist, weil der Widerspruchsführer die Rechnung der Klägerin bislang nicht gezahlt hat, da er den Anspruch sonst selbst geltend machen würde. Insofern steht dem Widerspruchsführer zum jetzigen Zeitpunkt allenfalls ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014 – B 14 AS 60/13 R - juris Rn. 14). Ein solcher sollte aber ausweislich der Vollmachtsurkunde gar nicht abgetreten werden, da diese sich nach ihrem Wortlaut auf den „Vergütungsanspruch gegen den für die ALG-II Leistungen verantwortlichen Träger auf Ersatz der A. zustehenden Rechtsanwaltsvergütung“ bezog. Unabhängig davon, dass dem Widerspruchsführer gar kein Vergütungsanspruch zusteht, den er abtreten könnte, da ein solcher allein im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Mandanten bestehen kann, sondern allenfalls, nach Zahlung der Anwaltsrechnung, ein Kostenerstattungsanspruch, ist jedenfalls kein Freistellungsanspruch abgetreten worden.
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen scheitert die Abtretung jedenfalls an dem Umstand, dass die in der Vollmachtsurkunde enthaltene Abtretungsklausel als überraschende Klausel im Sinne von § 305c BGB nichtig ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Zunächst stellt das von der Klägerin verwendete Vollmachtsformular AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB dar, weil es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt, handelt.
Die in den AGB der Klägerin als Nr. 4 enthaltene Abtretungserklärung ist als überraschende Klausel unwirksam im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, wonach Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden. Die Abtretungserklärung ist deswegen als überraschende Klausel zu bezeichnen, weil für einen potentiellen Mandanten bei einem Blick auf die Vollmachtsurkunde nicht zu erkennen ist, dass gleichermaßen eventuelle spätere Ansprüche gegenüber dem Leistungsträger an die Klägerin abgetreten werden sollen. Die Abtretung ist weder aus der Überschrift der Vollmachtsurkunde ersichtlich, noch an anderer Stelle gesondert hervorgehoben. Dementsprechend kann ein potentieller Mandant nicht damit rechnen, dass er neben der Erteilung einer Vollmacht im Sinne von § 167 Abs. 1 BGB auch noch eine weitere Willenserklärung, die Annahmeerklärung des Abtretungsvertrages, abgibt bzw. abgeben soll (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. April 2019 – L 20 AS 554/18 – juris Rn. 30 m.w.N.). Zudem geht, wie zuvor ausgeführt wurde, aus der Abtretungserklärung überhaupt nicht klar hervor, welche Art von Ansprüchen abgetreten werden soll. Dies geht nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin als Verwenderin der AGB.
Auf die Frage, ob im streitgegenständlichen Widerspruchsverfahren überhaupt Aufwendungen im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X entstanden sind, und auf die Wirksamkeit des zwischen dem Widerspruchsführer und der Klägerin geschlossenen Anwaltsvertrages kommt es vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht mehr an (siehe hierzu aber das die Beteiligten betreffende Senatsurteil vom 27. September 2023 – L 13 AS 92/23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).