1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erfüllung eines Rentenanspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16.07.2015 zum Insolvenzverwalter über den Nachlass des 2014 verstorbenen Herrn B. bestimmt. Der Verstorbene war bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert. Im Zeitpunkt seines Todes hatte der Verstorbene gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.05.2014 bis 31.07.2014 nach dem Vortrag der Beteiligten unstreitig noch einen nicht erfüllten Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 857,93 EUR.
Mit Schreiben vom 08.02.2016 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Betrag in Höhe von 857,93 EUR an ihn zu zahlen. Mit Schreiben vom 01.03.2016 mahnte der Kläger die Zahlung des vorgenannten Betrages bei der Beklagten an. Weitere Mahnungen erfolgte mit Schreiben vom 15.03.2016, vom 27.04.2016 und vom 11.05.2016.
Mit Schreiben vom 12.05.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Zahlung an den Kläger nicht erfolge und begründete dies unter anderem mit dem Hinweis auf die Vorschrift des § 58 S. 2 SGB I. Es folgten mehrere weitere Mahnungen des Klägers. Mit Schreiben 25.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger abschließend mit, dass eine Zahlung an den Kläger nicht erfolgen könne, da weder ein Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 56 SGB I vorhanden sei, noch andere Berechtigte das Erbe des Verstorbenen angetreten hätten, weshalb der Fiskus nach § 1936 BGB zum Erbe geworden sein dürfte. Diesem stehe aber gemäß § 58 S. 2 SGB I der Rentenanspruch nicht zu, so dass der Kläger auch keine Erfüllung dieses Anspruchs verlangen könne.
Am 27.04.2017 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die Vorschrift des § 58 S. 2 SGB I komme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Es sei zwar richtig, dass natürliche Person als Erben bislang nicht festgestellt worden seien und es daher möglich sei, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe geworden ist. Soweit der Kläger als Insolvenzverwalter über den Nachlass des Verstorbenen Ansprüche geltend mache, liege aber keine Geltendmachung von Ansprüchen durch den Fiskus als gesetzlicher Erbe vor. Auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift des § 58 S. 2 SGB I sei eine Geltendmachung eines noch nicht erfüllten Anspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch einen Nachlassinsolvenzverwalter nicht ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 857,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % hieraus seit dem 01.09.2014 bis zum Tage der Klagezustellung und 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages verweist die Beklagte auf die Vorschrift des § 58 S. 2 SGB I. Vorliegend sei der Fiskus zum Erbe des verstorbenen Versicherten geworden, so dass eine Geltendmachung des noch bestehenden Rentenzahlungsanspruchs durch den Kläger ausgeschlossen sei.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 16.01.2020 zu einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden werden, nachdem die Beteiligten zuvor entsprechend angehört worden sind, ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden ist, die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt darüber hinaus, so wie er für die Entscheidung auf der Grundlage des Vorbringens der Beteiligten in der vorliegenden Fallgestaltung allein rechtlich relevant ist, geklärt ist.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 857,93 Euro.
Die vom Kläger geltend gemachte Forderung fällt zwar in die Nachlassinsolvenzmasse. Da aber nicht feststeht, dass der Fiskus nicht Erbe des verstorbenen Versicherten geworden ist, kann der Kläger von der Beklagte die Erfüllung dieser Forderung aufgrund der Regelung des § 58 S. 2 SGB I nicht verlangen.
Die vom Kläger geltend gemachte Forderung fällt in die Nachlassinsolvenzmasse. Die Nachlassinsolvenzmasse umfasst den Nachlass zur Zeit des Eröffnungsverfahrens und nicht zur Zeit des Erbfalls (vgl. Nerlich/Kreplin, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung, 3. Auflage 2019, § 35 Rn. 62). Fällige Ansprüche auf Geldleistungen aus der Rentenversicherung werden gemäß § 58 S.1 SGB I, soweit die nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, nach den Vorschriften des BGB vererbt. Da vorliegen keine Sonderrechtsnachfolger gemäß §§ 56 und 57 SGB existieren, gehört die geltend gemachte Rentenforderung zum Nachlass und damit auch zur Nachlassinsolvenzmasse.
Der Kläger kann die Erfüllung dieser Forderung durch die Beklagte aber aufgrund der Regelung § 58 S. 2 SGB I nicht verlangen. Eine Forderung kann nur insoweit zum Nachlass und damit zur Insolvenzmasse gehören, wie sie tatsächlich besteht. Eine Forderung, die dauerhaft nicht durchgesetzt werden kann (aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Regelung) gehört zwar zum Nachlass und damit zur Insolvenzmasse, kann aber nicht durchgesetzt werden. Vorliegend ist derzeit nicht sicher ausgeschlossen, dass der Fiskus gemäß § 1936 BGB Erbe des verstorbenen Versicherten geworden ist. Solange der Fiskus als Erbe in Betracht kommt, besteht die Möglichkeit, dass dieser als Erbe nach § 58 S. 2 SGB I die Erfüllung der Forderung von der Beklagten nicht verlangen und damit auch der Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter die Erfüllung der Forderung von der Beklagten nicht verlangen kann.
Zwar besteht ebenso die Möglichkeit, dass ein natürlicher Erbe vorhanden ist, dem gegenüber die Erfüllung der Leistung durch die Beklagte nicht verweigert werden könnte. Diese bloße Möglichkeit genügt aber nicht, um dem Insolvenzverwalter das Recht zuzubilligen, die fälligen Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Für den Fall einer Nachlasspflegschaft hat dies das BSG bereits mehrfach entschieden (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1982, 5b RJ 46/81, BeckRS 1982 30407211 und BSG, Urt. v. 13.09.1994, 5 RJ 44/93, BeckRS 1994, 30750884).
Diese Rechtsprechung des BSG ist, entgegen der Ansicht des Klägers, auch auf den Fall anwendbar, wenn – wie vorliegend – der Insolvenzverwalter als Nachlassinsolvenzverwalter Rentenansprüche eines verstorbenen Versicherten gegen die gesetzliche Rentenversicherung geltend macht. Das BSG hat seine Entscheidung, dass ein Nachlasspfleger Rentenansprüche solange nicht geltend machen kann, bis ausgeschlossen ist, dass der Fiskus Erbe geworden ist, ausgeführt, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des § 58 S. 2 SGB I den Fiskus als Erben generell von der Geltendmachung von rückständigen Rentenansprüche ausgeschlossen habe (BSG, Urt. v. 13.09.1994 – 5 RJ 44/93, BeckRS 1994, 30750884). Dies habe im Ergebnis zur Folge, dass Ansprüche, soweit der Fiskus Erbe ist, für den Nachlass ohne Wert seien und auch nicht dazu dienen könnten, die Nachlassgläubiger zu befriedigen (BSG, Urt. v. 13.09.1994 – 5 RJ 44/93, BeckRS 1994, 30750884). Würde man vorliegend einen Anspruch des Nachlassinsolvenzverwalters auf Zahlung der rückständigen Rentenansprüche anerkennen, ohne dass ausgeschlossen ist, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe geworden ist, wären diese Rentenansprüche für den Nachlass von Wert und würden dazu dienen, die Nachlassgläubiger zu befriedigen. Es ist jedoch kein Grund erkennbar, warum Nachlassgläubiger im Falle einer Nachlassinsolvenz gegenüber Nachlassgläubigern außerhalb des Nachlassinsolvenzverfahrens bessergestellt werden sollen.
Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch besteht mangels Hauptforderung nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.