L 3 U 72/20

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 200/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 72/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil


I.    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. März 2020 abgeändert und die Klagen des Klägers werden insgesamt abgewiesen. 

II.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 2102 ("Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten") nach der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bzgl. des linken Knies des Klägers und um eine Verletztenrente.

Der 1959 geborene Kläger arbeitete als Fliesenleger vom 1. September 1976 bis zum 19. April 1985 bei der E. C-Stadt, vom 2. Mai 1985 bis zum 19. Februar 1990 bei der Baufirma F. C-Stadt, vom 21. Februar 1990 bis zum 10. April 1990 bei H. und vom 7. Mai 1990 bis zum 10. September 2009 bei M. Er bezieht seit 2013 von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und arbeitet inzwischen nicht mehr kniebelastend in Teilzeit. 

Mit Schreiben vom 22. August 2012 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Feststellung einer Berufskrankheit. Bei seiner Tätigkeit als Fliesenleger habe er sich beide Knie lädiert. Beide Knie seien operiert worden. Er könne sich nicht mehr hinknien und beim Laufen sei er beeinträchtigt. Die Beklagte ermittelte daraufhin zunächst hinsichtlich der BK Nr. 2102. Der Kläger gab auf einem Fragebogen der Beklagten am 12. September 2012 an, dass er als Fliesenleger bei seinen Arbeitgebern jeweils durchschnittlich 6 bis 8 Stunden pro Schicht in kniender oder hockender Körperhaltung gearbeitet habe. Er habe Wand- und Bodenfliesen verlegt und Kunststein versetzt. Er habe zudem bereits 1985 in der DDR (am rechten Knie) Knieverletzungen erlitten und 1995 (am linken und am rechten Knie).

Die Beklagte rekonstruierte ihre Verwaltungsakte, da sie bereits im Jahr 2002 die Anerkennung der BK Nr. 2102 geprüft und mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 abgelehnt hatte. Die erforderliche primäre Meniskopathie sei nicht festzustellen gewesen. Die hiergegen erhobene Klage in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen S 15 U 1169/03 vor dem Sozialgericht Kassel hatte der Kläger am 5. Januar 2004 zurückgenommen. Aus den früheren Unterlagen der Beklagten bzw. aus den von der Krankenkasse beigezogenen Unterlagen ergab sich zunächst folgender Sachverhalt: Der Kläger wurde am 9. März 1995 orthopädisch mit Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion im linken Knie behandelt. Am 13. Juni 1995 fand erneut eine Untersuchung bei einem Durchgangsarzt statt, der in seinem Bericht ausführte, dass der Kläger bei Fliesenlegearbeiten aus der Hocke aufgestanden und mit dem linken Fuß verhakt sei und sich dabei das linke Knie verdreht habe. Auf eigenen Wunsch des Klägers sei eine weitere Behandlung nicht erforderlich. Im Ergänzungsbericht vom 13. Juni 1995 heißt es, dass der Verdacht auf einen Innenmeniskusschaden links bestehe. 
Weiter geht aus der rekonstruierten Verwaltungsakte der Beklagten hervor, dass der Kläger am 13. Oktober 1995 beim Fliesenlegen Beschwerden erlitten habe, als er aufstehen wollte und es plötzlich im rechten Knie geschmerzt habe. Im Durchgangsarztbericht wurde als Erstdiagnose eine „Distorsion rechtes Knie mit stabiler Außenbandzerrung“ dokumentiert. Bei einer sonographischen Untersuchung zeigte sich dann am 3. November 1995 ein Meniskusriss rechts medial. Am 8. November 1995 fand dann am rechten Knie eine arthroskopische Außenmeniskus-Hinterhorn-Resektion statt. Am 8. Februar 1996 fand am rechten Knie sodann eine arthroskopische Innenmeniskus-Vorderhornresektion statt. Dies ergibt sich auch aus dem Arztbericht des Dr. K. vom 3. April 1996. 
Der Arzt für Arbeitsmedizin G. war damals im Rahmen der erstmaligen Prüfung der BK Nr. 2102 am 24. September 2002 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Außenmeniskus-Hinterhornläsion eine Traumafolge und nicht ein degenerativer Schaden sei. Auch die Innenmeniskus-Vorderhornläsion sei eine Traumafolge. Diese sei zudem berufsuntypisch. Es fehle somit der Vollbeweis für ein Krankheitsbild im Sinne der BK Nr. 2102. 

Nach Abschluss des ersten Verfahrens und nach Einstellung der Fliesenlegertätigkeit im Jahre 2009 wurde das linke Knie des Klägers am 23. April 2012 operiert. Hierbei wurde eine Innenmeniskusteilresektion sowie eine Außenmeniskus- und Knorpelglättung vorgenommen. 

Nach Auswertung dieser Unterlagen führte der Beratungsarzt G. am 13. Dezember 2012 insbesondere aus, dass aufgrund der primär traumatischen Meniskusschäden weiterhin die BK Nr. 2102 nicht anerkannt werden könne. 

Die Beklagte zog weitere Unterlagen bei und beauftragte Dr. L. mit einer fachärztlichen Stellungnahme. Dr. L. kam in seiner Stellungnahme vom 28. März 2013 zu dem Ergebnis, dass die Stellungnahmen des Beratungsarztes G. korrekt seien. Ein berufsbedingter Schaden liege weder im rechten Knie noch im linken Knie vor. Im linken Knie bestehe ein Knorpelschaden, so dass von einer sekundären Meniskopathie auszugehen sei. Die Beklagte prüfte sodann auch die BK Nr. 2112 („Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt 1 Stunde pro Schicht“). Diesbezüglich kam der Beratungsarzt G. am 8. August 2013 zu dem Ergebnis, dass es an einem Krankheitsbild im Sinne der BK Nr. 2112 fehle. Die Beklagte gab eine gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. N. in Auftrag, der in seinem Gutachten vom 10. März 2014 hinsichtlich der BK Nr. 2102 zu dem Ergebnis kam, dass im rechten Kniegelenk des Klägers am 8. November 1995 eine primäre Meniskopathie vorgelegen habe. Sowohl hinsichtlich der BK Nr. 2102 als auch hinsichtlich der BK Nr. 2112 kam jedoch zunächst Prof. Dr. N. zu keinem abschließenden Ergebnis. Er forderte die Beklagte auf eine Stellungnahme der Präventionsabteilung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nrn. 2102 und 2112 einzuholen.

Der von der Beklagten beauftragte Präventionsdienst berichtete in seiner Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 16. Mai 2014 bezogen auf die BK Nr. 2102, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit in der Zeit von 1976 bis 2009 „zusammenfassend ca. 33 Jahre einer Meniskusbelastung von 5 bis 35 % Zeitanteil pro Arbeitsschicht - teilweise - ausgesetzt war“.

Prof. Dr. N. empfahl im Juli 2014 sodann die Anerkennung der BK Nr. 2112 hinsichtlich des linken Knies des Klägers. Es bleibe zu prüfen, ob auf der rechten Seite eine primäre Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102 vorliege. Er forderte hinsichtlich der BK Nr. 2102 weitere Unterlagen von der Beklagten an. Der Beratungsarzt Dr. L. führte sodann am 29. Juli 2014 aus, dass – da die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien – die BK Nr. 2112 anzuerkennen sei. Aufgrund der beschriebenen Funktionsstörung könne eine MdE von 20 v.H. anerkannt werden.
Die Beklagte gab eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. J. in Auftrag gegeben, der am 12. Januar 2015 zu dem Ergebnis kam, dass an beiden Knien des Klägers die BK Nr. 2112 nicht vorliege. 

Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 übersandte Prof. Dr. N. der Beklagten weitere medizinische Unterlagen, die der Kläger ihm hatte zukommen lassen. Diesen Unterlagen lässt sich entnehmen, dass der Kläger im Jahr 1985 auf einem Gerüst durch eine Baubohle durchgebrochen war und ca. 1 Meter mit dem rechten Bein nach unten gesackt war. Am 16. Januar 1986 erfolgte eine Meniskusektomie rechts lateral. Im Januar 1987 sei es danach zu einem „erneuten Rotationstrauma“ gekommen. Die Beklagte zog bezüglich dieser Behandlung weitere medizinische Unterlagen bei.

Am 4. Februar 2016 führte Prof. Dr. N. aus, dass seines Erachtens die beruflichen Voraussetzungen im Sinne der BK Nr. 2102 erfüllt seien. Medizinischerseits sei bei dem Kläger eine primäre Meniskopathie rechts festzustellen. Er empfahl die Anerkennung der BK Nr. 2102. Die MdE schätze er auf 20 v.H. Nach der radiologischen Auswertung einer MRT-Aufnahme vom 12. April 2012 durch Dr. P. empfahl Prof. Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 14. April 2016 bei dem Kläger im linken Kniegelenk die BK Nr. 2112 anzuerkennen. Die MdE schätze er auf 20 v.H., wobei sich die MdE der vorgeschlagenen BK Nrn. 2102 und 2112 nicht addieren würden. 

Die Beklagte holte sodann noch eine Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 13. Mai 2016 ein und mit Bescheid vom 7. Juni 2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 2112 ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht.  

Mit Bescheid vom 4. Juli 2016 lehnte die Beklagte auch die Anerkennung der BK Nr. 2102 bei dem Kläger ab. 

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Er verwies auf die jeweils für ihn günstigen ärztlichen Stellungnahmen. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2016 wies die Beklagte den Widerspruch betreffend der BK Nr. 2102 - weiterhin gestützt auf das Fehlen von deren arbeitstechnischen Voraussetzungen – zurück. Eine ausreichende Belastung habe nicht in der überwiegenden Anzahl der Schichten pro Jahr bestanden. Mit (weiterem) Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2016 wies die Beklagte auch den Widerspruch betreffend der BK Nr. 2112 zurück.

Der Kläger hat gegen beide Widerspruchsbescheide am 20. Dezember 2016 Klage bei dem Sozialgericht Kassel (Sozialgericht) erhoben (Aktenzeichen S 4 U 199/16 und S 4 U 200/16). Das Sozialgericht hat die Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 13. März 2020 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 4 U 200/16 miteinander verbunden. 

Der Kläger hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Voraussetzungen der BK Nrn. 2102 und 2112 vorlägen. 
Die Beklagte hat ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten und hinsichtlich der BK Nr. 2102 ausgeführt, dass es sowohl an den arbeitstechnischen Voraussetzungen als auch am medizinischen Schadensbild der BK Nr. 2102 fehle. Die Beklagte vertrete zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen die Auffassung, dass in der überwiegenden Anzahl der Schichten mindestens eine Meniskusbelastung von 20 % pro Schicht erforderlich sei. Dies gewährleiste die notwendige Trennschärfe gegenüber beruflich nicht belasteten Menschen. 

Das Sozialgericht hat ein orthopädisches Gutachten des Sachverständigen Dr. S. sowohl zu der BK Nr. 2102 als auch zu der BK Nr. 2112 in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. S. ist in seinem Gutachten vom 11. April 2017 und vom 11. September 2017 hinsichtlich der BK Nr. 2102 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Außenmeniskusriss im rechten Knie im Jahr 1985 nicht als primäre Meniskopathie anzusehen sei. Die weiteren drei Meniskusoperationen im rechten Knie seien Folgeerscheinungen des ersten Eingriffs. Hinsichtlich des linken Kniegelenks sei ebenfalls nicht die BK Nr. 2102 anzunehmen. Die medial betonte Gonarthrose habe im Vordergrund gestanden. Sowohl im linken als auch im rechten Knie lägen keine typischen berufsbedingten Meniskusschädigungen vor. Er schließe sich der Stellungnahme des Dr. L. an. In dem ebenfalls am 11. April 2017 erstellten Gutachten ist der Sachverständigen Dr. S. im Hinblick auf die BK Nr. 2112 zu dem Ergebnis gekommen, dass im linken Kniegelenk das Schadensbild der BK Nr. 2112 vorliege. 
Die Beklagte hat sodann beratungsärztliche Stellungnahmen des Dr. O. vom 22. Juli 2017, vom 23. Juli 2017, vom 16. Februar 2018 und vom 4. Juni 2018 vorgelegt, wonach ausgeschlossen sei, dass am linken oder am rechten Knie des Klägers die Voraussetzungen der BK Nrn. 2102 oder 2112 vorliegen könnten.
In dem Verfahren S 4 U 200/16 hat das Sozialgericht sodann auf Antrag des Klägers ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. T. eingeholt, der in seinem Sachverständigengutachten vom 7. Januar 2019 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass in beiden Kniegelenken des Klägers eine primäre Meniskopathie und damit das medizinische Schadensbild der BK Nr. 2102 vorliege. Hinsichtlich des linken Kniegelenks seien gerade keine relevanten vorauseilenden arthrotischen Umbauvorgänge bis zum 12. April 2012 gesichert. Konkurrierende Ursachen zur Entstehung der primären Meniskopathie in beiden Kniegelenken lägen nicht vor. Insbesondere sei nicht belegt, dass die Chondrokalzinose eine wesentliche konkurrierende Ursache für die Entstehung einer Meniskopathie gewesen sei. Die MdE werde für die Zeit ab April 2012 mit 20 v.H. eingeschätzt.
Der Sachverständige Dr. S. hat sodann in seiner weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 21. Februar 2019 ausgeführt, dass die Einschätzung des Prof. Dr. T. korrekt sei, dass im linken Knie des Klägers mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bereits 1995 bzw. 1996 ein Innenmeniskusschaden vorgelegen habe. Für das rechte Knie könne er Prof. Dr. T. nicht zustimmen.

Das Sozialgericht hat im Urteil vom 13. März 2020 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Juli 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 verpflichtet, ihren Bescheid vom 6. Dezember 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 mit Wirkung vom 24. April 2012 aufzuheben. Weiter hat das Sozialgericht festgestellt, dass am linken Knie des Klägers die BK Nr. 2102 vorliege, und es hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 24. April 2012 zu gewähren. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen, soweit der Kläger an beiden Knien die Anerkennung der BK Nr. 2112 und am rechten Knie der BK Nr. 2102 sowie daraus resultierende Rentenleistungen begehrt hat. Hinsichtlich der BK Nr. 2102 ist das Sozialgericht zu der Auffassung gelangt, dass am linken Knie des Klägers die Voraussetzungen der BK Nr. 2102 vorlägen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 würden vorliegen. Die von der Beklagten vertretene 20 %-Grenze sei nicht wissenschaftlich begründbar und erscheine eher willkürlich gezogen. Der Kläger sei kontinuierlich 33 Jahre als Fliesenleger beschäftigt gewesen. Weiter sei entscheidend, dass der hier betroffene Beruf des Fliesenlegers im Merkblatt als eine geradezu typische gefährdete Tätigkeit hervorgehoben werde. Das medizinische Schadensbild der BK Nr. 2102 liege am linken Kniegelenk des Klägers ebenfalls vor. Dies hat das Sozialgericht maßgeblich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. gestützt. Dafür spreche, dass er nach dem Gutachten des Prof. Dr. T. sein vorangegangenes Ergebnis revidiert habe. Die Chondrokalzinose könne nicht als konkurrierende Ursache betrachtet werden. Im Hinblick auf das linke Knie habe die Beklagte ihre früheren Bescheide ab dem 24. April 2012 zurückzunehmen. Hinsichtlich des Zeitpunktes sei auf die arthroskopische Operation am linken Knie des Klägers am 23. April 2012 abzustellen. Hinsichtlich des rechten Knies ist das Sozialgericht nicht davon überzeugt gewesen, dass das medizinische Schadensbild der BK Nr. 2102 vorliege.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 2. April 2020 zugestellte Urteil am 30. April 2020 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Den mit der Berufung gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Urteils des Sozialgerichts hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 28. November 2023 zurückgenommen. 

Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Urteil des Sozialgerichts fehlerhaft sei. Der Vollbeweis einer primären Meniskopathie am linken Knie des Klägers sei nicht erbracht. Es lägen links wie rechts sekundäre Meniskopathien vor ohne beruflichen Zusammenhang. Auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 seien nicht erfüllt. 

Die Beklagte beantragt,  

das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. März 2020 abzuändern und die Klagen des Klägers insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, 

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des Sozialgerichts für überzeugend und verweist auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. S. und Prof. Dr. T. 

Die frühere Berichterstatterin hat am 17. August 2021 einen Erörterungstermin durchgeführt und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Verurteilung zur Gewährung einer Rente durch das Sozialgericht nicht zutreffend sei, da die Beklagte bezüglich dieser Leistung noch gar keinen Bescheid erlassen habe. Insoweit sei die Klage unzulässig. Der Senat hat sodann ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. vom 25. Oktober 2021 eingeholt. Prof. Dr. D. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine primäre Meniskopathie am linken Kniegelenk nicht festzustellen sei. Es sei nicht von einem belastungskonformen Schadensbild auszugehen. Unter Berücksichtigung einer Veröffentlichung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus dem Jahre 2020, die im Auftrag des ärztlichen Sachverständigenbeirates Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales erarbeitet worden sei, liege keine beidseitige überwiegende beruflich bedingte Erkrankung der Innenmeniskus-Hinterhörner vor. Gegen eine primäre Meniskopathie würde auch die Einlage von Calciumpyrophosphat (Pseudogicht) sprechen. Nach Auswertung sämtlicher Befunde spreche mehr gegen als für das Vorliegen einer beruflich bedingten Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102. Eine einseitige Entwicklung einer medialen Meniskopathie wäre nur dann zu erwarten gewesen, sofern der Kläger das rechte Bein geschont hätte, also wenn er die Arbeiten links im Hocksitz und rechts mit aufgestelltem Kniegelenk ausgeführt hätte (Winkel zum Beispiel 90°). Derartige Angaben seien von dem Kläger jedoch bei der ausführlichen Befragung nicht gemacht worden. 

Der Kläger hat sodann weitere medizinische Befunde vorgelegt und eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. T. beantragt, der am 21. Dezember 2022 bei seinem bisherigen Ergebnis geblieben ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten und in den medizinischen Unterlagen, wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist daher aufzuheben und die Klagen des Klägers sind insgesamt abzuweisen.

Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren nur noch der von der Beklagten angefochtene klagestattgebende Teil des Urteils des Sozialgerichts vom 13. März 2020, mit dem es einerseits die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 verpflichtet hat, ihren Bescheid vom 6. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 mit Wirkung vom 24. April 2012 aufzuheben, mit dem es andererseits festgestellt hat, dass am linken Knie des Klägers die Voraussetzungen der BK Nr. 2102 vorlägen, und mit dem es darüber hinaus die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab dem 24. April 2012 zu gewähren. Im Berufungsverfahren ist nicht mehr Streitgegenstand die Anerkennung der BK Nr. 2102 bezüglich des rechten Knies des Klägers, die Anerkennung der BK Nr. 2112 bezüglich des rechten und des linken Knies des Klägers, die insoweit ablehnenden Bescheide der Beklagten sowie die Gewährung von Rentenleistungen aus diesen abgelehnten Berufskrankheiten. Denn insoweit hat der Kläger weder Berufung noch Anschlussberufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts eingelegt, so dass die Bescheide der Beklagten insoweit bestandskräftig und damit bindend geworden sind (vgl. § 77 SGG; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 77 Rn. 4). 

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die noch streitgegenständlichen Klagen des Klägers sind teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. 

Keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klagen des Klägers bestehen, soweit das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 als Überprüfungsbescheid im Sinne des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ausgelegt und der Kläger insoweit - neben der zulässigen Klage auf Feststellung der BK Nr. 2102 gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1984 – 2 RU 64/83 – juris Rn. 14; LSG Darmstadt, Beschluss vom 14. November 2022 – L 3 U 23/20; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2020, § 55 Rn. 13) - die Aufhebung des Überprüfungsbescheides sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Ausgangsbescheids beantragt hat (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 44 SGB X (Stand: 15. November 2023), Rn. 192). 
Denn Verwaltungsakte sind auszulegen in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Für die Auslegung kommt es über den bloßen Wortlaut hinaus auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht aus vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 9/17 R – juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 25. August 2022 – B 9 V 2/21 R – juris Rn. 20 jeweils mwN). 
Hier hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 4. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 zwar nicht ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass sie in Anwendung des § 44 SGB X (auch) ihren Bescheid vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 überprüft und eine Rücknahme abgelehnt hat. Hier ergibt sich aber aus der Vorgeschichte und aus dem Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, dass eine Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide erfolgt ist und von der Beklagten beschieden wurde. Denn die Beklagte hat auf den Antrag des Klägers vom 22. August 2012 die Verwaltungs- und Gerichtsakten der früheren Leistungsablehnung beigezogen (soweit noch rekonstruierbar) und hat sodann bezogen auf die frühere Leistungsablehnung eine medizinische Überprüfung bzw. Stellungnahme des Beratungsarztes G. in Auftrag gegeben und sodann auch medizinische Befunde des Klägers von 1986 und 1987 bzw. von 1995 und 1996 bei Krankenhäusern angefordert. Sodann hat die Beklagte erneut unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. L. angefordert. Zudem hat die Beklagte am 10. Mai 2013 einen Probedruck für einen ablehnenden (ausdrücklichen) Überprüfungsbescheid erstellt, den sie jedoch nach dem Aktenvermerk vom 15. Mai 2013 zurückgestellt hat, weil zunächst primär die BK Nr. 2112 zu prüfen sei. Anfang 2015 ist dann die Bearbeitung der BK Nr. 2102 und der BK Nr. 2112 zusammengelegt worden unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die frühere Ablehnung der BK Nr. 2102 und unter Hinweis auf § 44 SGB X. Der Kläger hat dementsprechend den streitigen Bescheid auch als Überprüfungsbescheid behandelt und in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Beklagte hat dagegen erstinstanzlich und auch im Berufungsverfahren keine Einwände vorgetragen, was dafürspricht, dass die Beklagte ihre Bescheide selbst als Überprüfungsbescheide betrachtet, und was auch der Interessenslage des Klägers entspricht. 

Unzulässig ist die Klage des Klägers jedoch, soweit er darüber hinaus erstinstanzlich im Wege der Leistungsklage eine Verletztenrente in Höhe einer MdE von 20 v.H. geltend gemacht hat, so dass bereits aus diesem Grund das Urteil des Sozialgerichts im Hinblick auf den ausgesprochenen Rentenanspruch aufzuheben ist. Denn die Beklagte hat – vor dem Hintergrund der dargelegten Auslegungsmaßstäbe - mit ihrem Bescheid vom 4. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 nicht über eine Verletztenrente entschieden. Hier hat die Beklagte – wie sich bereits aus der Überschrift des Bescheides vom 4. Juli 2016 ergibt – vielmehr nur über die Ablehnung des Versicherungsfalles bzw. über die Ablehnung von Leistungen dem Grunde nach entschieden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 35/03 R – juris Rn. 12). Dafür spricht neben der Überschrift des Bescheides auch, dass die Beklagte hier die Anerkennung der Berufskrankheit aufgrund des Fehlens der arbeitstechnischen – und gerade nicht aufgrund der medizinischen - Voraussetzungen abgelehnt und sich im Verfügungssatz und in der Begründung des Bescheides nicht mit einem Rentenanspruch nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) befasst hat. Nichts Anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass der Bescheid vom 4. Juli 2016 nach der Rechtsbehelfsbelehrung auf der Rückseite allgemeine „Erläuterungen“ enthält zu einem „Anspruch auf Rente“ nach § 56 SGB VII, zu dem Begriff „(1) Berufskrankheiten“, „(2) Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)“ und zu „(3) Leistungen oder Maßnahmen, die dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenwirken (§ 3 BKV).“ Diese allgemeinen Erläuterungen zeigen vielmehr, dass ein Rentenanspruch von zahlreichen Voraussetzungen abhängt, die hier – abgesehen von dem Versicherungsfall der BK Nr. 2102 – gar nicht geprüft wurden. Außerdem sind diese allgemeinen Erläuterungen zu einem „Anspruch auf Rente“, anders als die weiteren Erläuterungen, nicht über eine Nummerierung mit den Verfügungssätzen verknüpft. Ebenso ergibt sich nichts Anderes aus dem Umstand, dass der überprüfte Bescheid vom 6. Dezember 2002 mit „Bescheid über die Ablehnung von Entschädigungsleistungen“ überschrieben war. Auch in diesem Bescheid wurde nur entschieden, dass die BK Nr. 2102 nicht vorliegt und dass deshalb dem Kläger dem Grunde nach keine Entschädigungsleistungen zustehen. Über konkrete Rentenleistungen ist in diesem Bescheid ebenfalls keine Entscheidung getroffen worden.

Im Übrigen sind die Klagen des Klägers (auch) unbegründet. Die Bescheide der Beklagten sind sowohl in formeller Hinsicht als auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und auch keinen Anspruch auf Feststellung der BK Nr. 2102 bezüglich seines linken Knies. 

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Hinblick auf das Feststellungsbegehren des Klägers bezüglich der Voraussetzungen der BK Nr. 2102 am linken Knie ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger über die geltend gemachte Aufhebung der Bescheides hinaus auch einen Anspruch auf Feststellung des vom Unfallversicherungsträger abgelehnten Vorliegens eines Versicherungsfalls geltend machen können, um unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung zu erlangen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 23/09 R – juris Rn. 9 sowie § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG). 

Die Voraussetzungen für die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide liegen jedoch nicht vor. 

Die Bescheide der Beklagten sind nicht wegen einer formellen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Insbesondere ist der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2016 nicht deshalb formell rechtswidrig, weil auch der Rentenausschuss mit dem Fall des Klägers befasst gewesen ist. 
Zwar hat das Bundessozialgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung entschieden, dass dem Rentenausschuss in der Unfallversicherung durch Satzung nur die in der abschließenden Aufzählung in § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) genannten Aufgaben übertragen werden können, namentlich die erstmalige Entscheidung über Renten, Entscheidungen über Rentenerhöhungen, Rentenherabsetzungen und Rentenentziehungen wegen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse (Buchst. a) sowie Entscheidungen über Abfindungen mit Gesamtvergütungen, Renten als vorläufige Entschädigungen, laufende Beihilfen und Leistungen bei Pflegebedürftigkeit (Buchst. b). Dieser Kompetenzkatalog erfasst die - hier betroffene - isolierte Ablehnung eines Versicherungsfalls nicht, auch wenn sie im Einzelfall die Entscheidung über die (Nicht-)Gewährung einer Verletztenrente präjudizierend vorwegnimmt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2020 – B 2 U 2/18 R – juris Rn. 13 f.; vgl. zu den Rechtsfolgen eines formell rechtswidrig zustande gekommenen Verwaltungsaktes insbesondere: Spellbrink/Karmanski, SGb 2021, 461, 465ff.). 
Jedoch hat im vorliegenden Fall gerade nicht der sachlich unzuständige Rentenausschuss den streitgegenständlichen Verwaltungsakt vom 4. Juli 2016 erlassen, sondern die zuständige Geschäftsführung (vgl. § 36 Abs. 1 SGB IV). Denn im vorliegenden Fall war zwar ausweislich des Bescheides der Beklagten vom 4. Juli 2016 der Rentenausschuss mit dem Fall befasst. Jedoch ist nach den dargelegten Auslegungsgrundsätzen der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2016 ausdrücklich durch die Geschäftsführung und nicht durch den Rentenausschuss erlassen worden. Dies ergibt sich – ausgehend von dem objektivierten Empfängerhoriziont – schon daraus, dass es in dem Bescheid unter der Begründung des Verwaltungsaktes und vor der Rechtsbehelfsbelehrung heißt: 
„Mit freundlichen Grüßen
Die Geschäftsführung“. 
Dies spricht nach Auffassung des Senats dafür, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2017 nach außen gegenüber dem Kläger durch die Geschäftsführung und nicht durch den Rentenausschuss verantwortet wurde. Daran ändert nach Auffassung des Senats der Umstand nichts, dass der Rentenausschuss einen Beschluss zu dem Fall des Klägers getroffen hat. Denn zur Erläuterung heißt es in dem Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2016 weiter, dass der Bescheid (der Geschäftsführung) „aufgrund eines Beschlusses des Rentenausschusses ergeht“. Daraus geht nach Auffassung des Senats gerade hervor, dass die zuständige Geschäftsführung der Beklagten die Entscheidung nach außen gegenüber dem Kläger erlassen hat und dass sie sich für ihre Entscheidung lediglich das Ergebnis des Beschlusses des Rentenausschusses zu Eigen gemacht hat. 
Ebenso wenig bestehen Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 6. Dezember 2002. Dass dieser in formell rechtswidriger Weise erlassen worden sein könnte, ist nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht behauptet worden. 
Der Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass dieser Bescheid in sachlich unzuständiger Weise durch den Rentenausschuss ergangen wäre, kein Anspruch des Klägers auf Aufhebung dieses Bescheides gemäß § 44 Abs. 1 SGB X bestehen würde, da nicht ersichtlich ist, dass – selbst bei unterstellter formeller Rechtswidrigkeit - deshalb im Sinne dieser Vorschrift Sozialleistungen damals zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Denn nach der von dem Kläger nicht angegriffenen Entscheidung des Sozialgerichts können die Voraussetzungen für Sozialleistungen aufgrund der BK Nr. 2102 frühestens ab 24. April 2012 angenommen werden, so dass es im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB X an der erforderlichen Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts vom 6. Dezember 2002 und dem Nichterbringen einer Sozialleistung fehlt. Ebenfalls nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger vor diesem Hintergrund auch keinen Rücknahmeanspruch aus § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X wegen formeller Rechtswidrigkeit haben kann. Ein sonstiger Fall des nachrangigen § 44 Abs. 2 SGB X liegt nicht vor bzw. ist nicht einschlägig (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2020 – B 2 U 2/18 R – juris Rn. 10; vgl. zur Sperrwirkung des Anwendungsbereichs des § 44 Abs. 1 SGB X gegenüber § 44 Abs. 2 SGB X auch: BSG, Urteil vom 8. Dezember 2020 – B 4 AS 46/20 R – juris Rn. 33). 

Die Bescheide der Beklagten sind auch materiell rechtmäßig. 

Die Voraussetzungen zur Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 ab dem 24. April 2012 – wie vom Sozialgericht ausgesprochen - liegen schon deshalb nicht vor, weil eine Aufhebung nach § 44 SGB X nur dann möglich ist, wenn diese Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses - also von Anfang an - rechtswidrig gewesen wären (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 22/09 R – juris Rn 18; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 44 SGB X (Stand: 15. November 2023), Rn. 42). Wird der Bescheid hingegen erst nachträglich rechtswidrig, so kann er allenfalls unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X aufgehoben werden. Jedoch kommt dem ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 gerade keine Dauerwirkung im Sinne des § 48 SGB X zu, so dass er bei einer späteren Änderung der Rechts- oder Sachlage nicht erst aufgehoben werden muss, um den Weg für eine abweichende Entscheidung freizumachen (vgl. etwa: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 48 SGB X (Stand: 15. November 2023), Rn. 54, 57; Sandbiller in BeckOKG, SGB X, (Stand: 15. August 2023), § 48 Rn. 21 mwN). Daher findet hier auch § 48 SGB X keine Anwendung. 

Die Bescheide des beklagten Landes sind aber auch deshalb nicht zu beanstanden, weil bei dem Kläger nach Auffassung des Senats zu keinem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Feststellung der Voraussetzungen der BK Nr. 2102 am linken Knie des Klägers vorlagen, so dass der Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen der BK Nr. 2102 am linken Knie hat. 

Rechtsgrundlage für die Feststellung der Voraussetzungen der streitgegenständlichen Berufskrankheit am linken Knie des Klägers ist § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit der BK Nr. 2102. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten nur diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet hat (sogenannte Listen-BKen) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Der Ursachenzusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R – juris Rn. 9; BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 10/17 R – juris Rn. 13 mwN). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung der Listen-BK selbst (stRspr; vgl nur BSG, Urteil vom 30. März 2023 – B 2 U 2/21 R – juris Rn. 12 mwN).

Nach der Definition der BK Nr. 2102 setzt diese „Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten“ (idF der Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung – BKV-ÄndV - vom 22. März 1988, BGBl I 1988, Seite 400) voraus. Nach der Gesetzesbegründung sollte diese Berufskrankheit nicht länger nur auf untertägige Bergmannstätigkeiten beschränkt bleiben, sondern sollte ausgedehnt werden. Als Beispiele für eine überdurchschnittliche Kniebelastung werden genannt die Tätigkeit von Bergleuten unter Tage, von Fliesen- und Parkettlegern, Ofenmaurern, Rangierarbeitern, die Tätigkeit bestimmter Berufssportler sowie die Tätigkeit unter besonders beengten Raumverhältnissen (BR-Drucks. 33/88, Seite 5f.). 
Ergänzend sind zur Auslegung dieser Berufskrankheit die Ausführungen im Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr. 2102 (Bek. des BMA, BArbBl 2/1990, Seite 135) heranzuziehen. Die Merkblätter sind zwar weder verbindliche Konkretisierungen der Tatbestandsvoraussetzungen der Berufskrankheit noch antizipierte Sachverständigengutachten oder eine Dokumentation des Standes der einschlägigen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Jedoch sind sie als Interpretationshilfe und zur Ermittlung des aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 11/14 R – juris Rn. 16 mwN.). Hiernach ist eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke biomechanisch gebunden an eine 

-         Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichwertiger Kraftaufwendung, oder 
-         häufig wiederkehrender erheblicher Bewegungsbeanspruchung, insbesondere durch Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage. 

Zum Krankheitsbild und zur Diagnose heißt es in dem Merkblatt, dass ein chronischer Meniskusschaden lange Zeit unbemerkt verlaufen kann, aber auch mit Schmerzen am Gelenkspalt, medial oder lateral, und späteren Funktionsstörungen einhergehen kann. Differentialdiagnostisch sind u.a. abzugrenzen: Meniskusanomalien, Osteochondrosis dissecans, primäre Arthropathien spezifischer oder unspezifischer Genese, retropatellare Chondromalazien und Einklemmungen von Synovialfalten und -zotten des Hoffa‘schen Fettkörpers. Auch die Abgrenzung gegen Entstehung durch Unfall kann gelegentlich Schwierigkeiten bereiten.

Vor dem dargelegten Hintergrund steht für den Senat zunächst fest, dass der Kläger als abhängig Beschäftigter zum versicherten Personenkreis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gehört hat und dass die im Streit stehende Tätigkeit als Fliesenleger – um deren gefährdende Einwirkung es im vorliegenden Rechtsstreit geht - im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht.

Der Senat hat auch keine Zweifel, dass bei dem Kläger äußere Einwirkungen im Sinne der BK Nr. 2102, die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen, vorlagen, damit eine Anerkennung als Berufskrankheit in Frage kommt (vgl dazu: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 102).
Bei den arbeitstechnischen Voraussetzungen handelt es sich um ein Element der Anspruchsprüfung einer Berufskrankheit, das zwei miteinander in Zusammenhang stehende Aspekte umfasst: das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung. Wurden dem Wortlaut der Listen-BK entsprechende Einwirkungen zwar nachgewiesen, aber können diese z.B. aufgrund ihrer niedrigen Intensität keinen Gesundheitsschaden verursacht haben, kann die Anerkennung der Berufskrankheit bereits wegen Fehlens der arbeitstechnischen Voraussetzungen abgelehnt werden. Alternativ können diese auch verneint werden, wenn das Ausmaß der Einwirkungen nicht ausreicht, um zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Kausalität begründen zu können (BSG, Urteil vom 16. März 2021 – B 2 U 11/19 R – juris Rn 28 mwN.).
Zur Überzeugung des Senats erfüllt der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2102 im Sinne der tatbestandlich vorausgesetzten äußeren Einwirkung. Er war – entgegen der Auffassung der Beklagten - den in der BK Nr. 2102 vorausgesetzten Einwirkungen ausgesetzt, weil er als Fliesenleger eine mehrjährige, nämlich knapp 33 Jahre andauernde, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten ausgeübt hat. 
Soweit seitens der Beklagte und in der Literatur bezweifelt wird, ob Fliesen- und Bodenleger im Hinblick auf ihre überwiegend kniende Tätigkeit tatsächlich schädigungsrelevante berufliche Belastungen ausüben (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 665f.; Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar, M 2102, Seite 6), und die damit bezweifeln, dass die wissenschaftliche Begründung der BK Nr. 2102 aus dem Jahre 1988 bzw. dass das Merkblatt zur BK Nr. 2102 noch dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht (vgl. dazu allgemein: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 48ff., 100 mwN), steht dies der Annahme einer mehrjährig andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten des Klägers im vorliegenden Falle gerade nicht entgegen. Denn aus diesen geäußerten Zweifeln soll folgen, dass in jedem Einzelfall geklärt werden müsse, ob es sich nur um eine kniende und kriechende Tätigkeit (ohne Ursachenrelevanz) gehandelt hat oder ob hockende Belastungen inklusive des Fersensitzes dann auch mit Dauerzwangshaltungen unter besonderer Kraftaufwendung durchgeführt worden sind, was dem Präventionsdienst obliege (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 665). Hier ist jedoch gerade der Präventionsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 16. Mai 2014 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger hinsichtlich der BK Nr. 2102 „zusammenfassend 33 Jahre einer Meniskusbelastung von 5 % bis 35 % Zeitanteil pro Arbeitsschicht – teilweise – ausgesetzt war“. Dabei hat der Präventionsdienst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er gerade im Einzelfall des Klägers als „Meniskus belastend“ nur kniebelastende Tätigkeiten mit endgradiger Beugung im Kniegelenk verstanden hat, wie „sie insbesondere beim Hocken oder Fersensitz auftreten können“. Somit bestehen keine Zweifel, dass der Kläger eine die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit im Sinne der BK Nr. 2102 ausgeübt hat.
Darüber hinaus hat der Senat auch keine Zweifel, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer bzw. des Umfangs der überdurchschnittlichen Kniebelastung bei dem Kläger erfüllt sind. Eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke muss nicht nur ihrer Art nach, sondern auch nach ihrer Dauer und Intensität zur Verursachung der Krankheit geeignet sein. Insoweit ist erforderlich, dass die Belastung mehrjährig andauernd oder häufig wiederkehrend auftritt. Der Begriff der Mehrjährigkeit bedeutet bereits seinem Wortlaut nach einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 2023 – L 2 U 78/21 – juris Rn 56; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2021 – L 8 U 1828/19 – juris Rn 54), die der Kläger mit 33 Jahren deutlich überschritten hat. Eine überdurchschnittliche Belastung ist zwar noch nicht gegeben, wenn der Versicherte in diesen Jahren nur hin und wieder in Haltungen im Sinne der BK Nr. 2102 gearbeitet hat. Dies muss vielmehr während eines wesentlichen Teils seiner täglichen Arbeitszeit (so BSG, Urteil vom 21. November 1958 – 5 RKn 33/57 – juris Rn 12 zur früheren Fassung der BK Nr. 2102) bzw. während eines erheblichen Teils der Arbeitsschicht (vgl. BeckOGK/Ricke, 1. September 2021, SGB VII § 9 Rn. 41) der Fall gewesen sein. Teilweise wird auch vertreten, dass die überdurchschnittliche Belastung im Sinne der BK Nr. 2102 erfüllt ist, wenn das Erscheinungsbild der Tätigkeit durch überdurchschnittliche Meniskusbelastungen geprägt ist (vgl Mehrtens/ Brandenburg, BKV-Kommentar, M 2102 Anm. 3; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2021 – L 8 U 1828/19 – juris Rn 56). 
Am Vorliegen dieser genannten Voraussetzungen hat der Senat im Falle des Klägers keine Zweifel. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Verordnungsgeber – wie bereits dargelegt – gerade auch die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit der Fliesenleger im Blick hatte, als er 1988 den aktuellen Tatbestand der BK Nr. 2102 normiert hat. Zudem bestehen im Rahmen der Prüfung der tatbestandlich vorausgesetzten äußeren Einwirkung vor dem Hintergrund der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten keine Zweifel, dass der Kläger in wesentlichen bzw. erheblichen Teilen seiner Arbeitsschichten kniebelastende Tätigkeiten ausgeübt hat, die für seine berufliche Tätigkeit prägend war. Da der Kläger nach den Feststellungen des Präventionsdienstes zwischen 1978 bis 2009 in jeder Schicht im Sinne der BK Nr. 2102 kniebelastende Tätigkeiten ausgeübt hat und in jedem Jahr in etwa 90 bis 105 Schichten einer Belastung zwischen 20% und 35 % ausgesetzt war, kann insbesondere keine Rede davon sein, dass der Kläger nur hin und wieder einer Einwirkung im Sinne der BK Nr. 2102 ausgesetzt gewesen sei. 
Soweit seitens der Beklagten oder seitens anderer Unfallversicherungsträger die Auffassung vertreten wird, dass über den Wortlaut der Verordnung hinausgehend eine Mindestexpositionszeit von 20 % in der Hälfte der jährlichen Schichten bzw. eine prozentuale Mindestbelastung oder eine Mindeststundenbelastung zu fordern sei, findet dies weder im Verordnungstext der BK Nr. 2102 noch im Merkblatt eine Stütze. Dieser Auffassung steht auch die grammatikalische, systematische und teleologische Interpretation des Verordnungstextes sowie des Merkblatts entgegen. Im Gegensatz etwa zur BK Nr. 2112 setzt die BK Nr. 2102 nicht den Nachweis einer nach Stunden oder Prozenten berechneten Mindest-Expositionszeit voraus. Hinzu kommt, dass es Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers ist, die Voraussetzungen und Bedingungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit selbst festzulegen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 2023 – L 2 U 78/21 – juris Rn. 56; LSG, Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2022 – L 3 U 98/19 – juris Rn. 44; Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – L 17 U 365/18 – juris Rn. 42f.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2021 – L 8 U 1828/19 – juris Rn. 56; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. September 2018 – L 15 U 292/16 – juris Rn. 35; Hessisches LSG – Urteil vom 30. September 2013 - L 9 U 214/09 juris Rn. 28ff; Hessisches LSG – Urteil vom 19. März 2013 - L 3 U 27/06). Eine Dosis-Wirkung-Beziehung fehlt bei der BK Nr. 2102 gerade (vgl. Schiltenwolf/Schwarz in: Schiltenwolf/Hollo/Gaidzik, 7. Aufl. 2021, Seite 385; Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar, M 2102, Seite 6; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2022 – L 3 U 98/19 – juris Rn. 44; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2021 – L 8 U 1828/19 – juris Rn. 56; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. November 2017 – L 17 U 542/17 B ER – juris Rn. 60; a.A. etwa noch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Februar 2015 – L 17 U 734/12 – juris Rn 61). 

Seitens des Senats bestehen auch keine Zweifel, dass ein Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der festgestellten Einwirkung (Einwirkungskausalität) in dem Sinne vorliegt, dass der Kläger aufgrund der versicherten Tätigkeit der Gefährdung durch die dargelegte Einwirkung im Sinne der BK Nr. 2102 ausgesetzt war (vgl dazu: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 4).

Allerdings ist nach Auffassung des Senats eine primäre Meniskopathie im linken Knie des Klägers im Sinne der BK Nr. 2102 nicht im Vollbeweis nachgewiesen, so dass es an einer Krankheit im Sinne der BK Nr. 2102 fehlt. 

Der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV unterfällt nur die primäre Meniskopathie (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 2023 – L 2 U 78/21 – juris Rn 64; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2015 – L 6 U 2782/15 – juris Rn 45; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 661; Bolm-Audorff/ Braunschweig/ Grosser/ Ochsmann/ Schiltenwolf, Der Orthopäde 2020; Schiltenwolf/ Schwarz in: Schiltenwolf/ Hollo/ Gaidzik, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 7. Aufl. 2021, Seit 385). Die sekundäre Meniskopathie, bei der ein Meniskusschaden durch andere Veränderungen vermittelt wird, ist auszuschließen. Eine sekundäre Meniskopathie unterfällt nicht dem Regelungsbereich der BK Nr. 2102 (LSG Baden-Württemberg – Urteil vom 24. Januar 2019 - L 10 U 4254/15, juris Rn. 32). Dies ergibt sich aus der Auslegung der Regelung. Zwar unterscheidet der Wortlaut der BK Nr. 2102 nicht zwischen primärer und sekundärer Meniskopathie. Jedoch ergibt sich aus der amtlichen Begründung zur Einführung dieser Berufskrankheit, dass der Verordnungsgeber allein die unmittelbare Einwirkung beruflicher Belastungen auf die Menisken erfassen wollte (vgl. dazu im Einzelnen LSG Baden-Württemberg – Urteil vom 24. Januar 2019 - L 10 U 4254/15, juris Rn. 34ff.). Für dieses Verständnis spricht auch die Systematik zwischen der BK Nr. 2102 und der zwischenzeitlich eingeführten BK Nr. 2112. Denn durch die BK Nr. 2112 werden Knorpelschäden im Kniegelenk erfasst, die Ursache einer sekundären Meniskopathie sind (vgl. LSG Baden-Württemberg – Urteil vom 24. Januar 2019 - L 10 U 4254/15, juris Rn. 34ff). Auch im Merkblatt wird ein unmittelbar die Menisken schädigender Vorgang beschrieben, wonach der von der BK Nr. 2102 erfasste chronische Meniskusschaden gerade von anderen Meniskusschäden abzugrenzen ist (vgl. Merkblatt BK Nr 2102, aaO., Seite 2; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 661f; Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar, M2102, Seite 2). 
Ein belastungskonformes Schadensbild ist bei der primären Meniskopathie bevorzugt am Innenmeniskus-Hinterhorn zu erwarten. Begleitend – aber schwerlich isoliert – können Außenmeniskusveränderungen, wiederum bevorzugt im Hinterhorn, hinzutreten. Die fehlende Beteiligung des Hinterhorns oder z.B. nur eine Außenmeniskus-Vorderhornschädigung entbehren gänzlich der geforderten Belastungskonformität (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Seite 663; Mehrtens/Brandenburg, BKV-Kommentar, M2102, Seite 2; Bolm-Audorff/ Braunschweig/ Grosser/ Ochsmann/ Schiltenwolf, Der Orthopäde 2020). 
Darüber hinaus hat der ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 9 Abs. 1a SGB VII) eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe beauftragt, das Krankheitsbild im Sinne der BK Nr. 2102 Meniskopathie zu beschreiben, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass für ein belastungskonformes Schädigungsbild der BK Nr. 2102 auch eine beidseitige, mindestens drittgradige Meniskopathie nach Stoller im MRT im Bereich des Innenmeniskus zu fordern ist. Danach kommt die Anerkennung einer einseitigen Meniskopathie im Rahmen der BK Nr. 2102 nur in Betracht, wenn eine einseitige Einwirkung im Sinne der BK Nr. 2102 bestätigt wird (vgl. Bolm-Audorff/ Braunschweig/ Grosser/ Ochsmann/ Schiltenwolf, Der Orthopäde 2020; Schiltenwolf/ Schwarz in: Schiltenwolf/ Hollo/ Gaidzik, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 7. Aufl. 2021, Seit 386 so auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2015 – L 6 U 2782/15 – juris Rn. 48; allerdings für die Nichtanwendbarkeit dieser Grundsätze im Hinblick auf die besonderen Belastungen von Fußballspielern bzw. Sportlern, die sich aber gerade von denen eines Fliesenlegers bzw. Bodenlegers unterscheidet: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 2023 – L 2 U 78/21 – juris Rn. 60ff; Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – L 17 U 365/18 – juris Rn. 55).

Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, dass eine primäre Meniskopathie bei dem Kläger im linken Kniegelenk im Sinne der BK Nr. 2102 nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist. Vielmehr geht der Senat vor dem Hintergrund der vorliegenden Sachverständigengutachten davon aus, dass bei dem Kläger ein Meniskusschaden im linken Knie im Sinne der BK Nr. 2102 nicht im dafür erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen ist. Dies stützt der Senat zunächst auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. vom 25. Oktober 2021. Der Sachverständige Prof. Dr. D. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass mangels Gleichzeitigkeit der degenerativen Veränderungen im Bereich des linken und des rechten Innenmeniskus kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der BK Nr. 2102 am linken Knie vorliegt. Denn gegen die Annahme einer primäre Meniskopathie spricht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D., dass bei dem Kläger zum einen bei dem Kernspinbefund am 22. April 2021 am rechten Knie lediglich eine „intrinsische Signalstörung des Innenmeniskus“ festgestellt wurde - also gerade keine beidseitige Meniskopathie gemäß dem Schweregrad III nach Stoller – (vgl. dazu: Bolm-Audorff/ Braunschweig/ Grosser/ Ochsmann/ Schiltenwolf, Der Orthopäde 2020). 
Weiter weist der Sachverständige Prof. Dr. D. auch nachvollziehbar und überzeugend darauf hin, dass die Entfernung des Außenmeniskus im rechten Knie insoweit auch keine protektive Wirkung auf den Innenmeniskus hat. Dem konnte der Sachverständige Prof. Dr. T. auch kein gewichtiges Argument entgegensetzen. Er hat selbst ausgeführt, dass die Formulierung „intrinsische Signalstörung des Innenmeniskus“ im radiologischen Befund nicht für einen Schweregrad III nach Stoller spricht (auch wenn er den Befund nicht als eindeutig betrachtet), und er kommt in seinem Ergänzungsgutachten vom 21. Dezember 2022 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine beidseitige primäre Meniskopathie der Innenmenisken im Sinne der Veröffentlichung der interdisziplinären Arbeitsgruppe von Mai 2020 bei dem Kläger gerade nicht gesichert ist. 

Auch eine einseitige Entwicklung einer Meniskopathie kann bei dem Kläger nicht im Vollbeweis angenommen werden. Denn der Sachverständige Prof. Dr. D. hat überzeugend ausgeführt, dass dies nur dann zu erwarten gewesen wäre, wenn der Kläger die Arbeiten links im Hocksitz und rechts etwa mit aufgestelltem Kniegelenk ausgeführt hätte. Dies ist aber nach den Angaben des Klägers gerade nicht der Fall, da der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. D. lediglich behauptet hat, dass er sein rechtes Bein geschont habe, indem er „das Gewicht sehr stark auf das linke Bein und auf das linke Kniegelenk verlagert“ habe. Dies reicht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. aber gerade nicht aus, um die Voraussetzungen für die einseitige Entwicklung einer Meniskopathie anzunehmen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass für den Senat wenig dafürspricht, dass der Kläger das rechte Knie derart geschont haben könnte. Denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten am 12. September 2012 selbst angegeben, dass er 6 bis 8 Stunden pro Schicht in kniender oder hockender Körperhaltung gearbeitet habe, ohne dass er auf eine einseitige Belastung verwiesen hat. Zudem hatte der Kläger gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. gerade berichtet, dass sich nach der zweiten Operation 1987 im rechten Knie die Kniegelenkbeschwerden „deutlich gebessert“ hätten. Als dann ab 1995 Schwellneigungen am rechten Knie wieder zugenommen hatten, sei nach der zweiten Operation im Jahre 1995 „der Zustand am rechten Kniegelenk einigermaßen in Ordnung gewesen“. Erst ab ca. dem Jahre 2000 habe er dann erhebliche Beschwerden an beiden Kniegelenken bekommen. 
Die Beklagte weist zudem zurecht darauf hin, dass sich die Ausführungen des Prof. Dr. T. in seinem ergänzenden Gutachten vom 21. Dezember 2021 bezüglich einer etwaigen einseitigen Kniebelastung des Klägers auch nicht mit den sonstigen Befunden in den Akten decken. So unterstellt Prof. Dr. T. etwa, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, sein rechtes Knie über 90° hinaus zu beugen, und dass daraus zu schließen sei, dass der Kläger in nicht unerheblichem Maße einseitig gekniet habe. Dies deckt sich aber mit den vorliegenden Befunden und Unterlagen gerade nicht. Wegen der im Juni 1995 erfolgten „Verdrehung des linken Kniegelenks“ hatte der Kläger gerade angegeben, dass dies passiert sei, als er „aus der Hocke“ aufgestanden sei. Wegen der im Oktober 1995 aufgetretenen Kniebeschwerden hatte der Kläger ausweislich des Berichtes des Dr. R. vom 20. Oktober 1995 angegeben, dass er aus der „Kniestellung“ aufgestanden sei. Im Bericht der Klinik A-Stadt vom 12. bzw. 14. Februar 1996 heißt es außerdem, dass die Extension/Flexion des rechten Kniegelenks mit 0/0/120° bzw. 0/0/130° möglich gewesen ist. Selbst bei der Untersuchung durch Prof. Dr. N. am 16. Januar 2014 – also 5 Jahre nach der Beendigung der Fliesenlegertätigkeit – konnte der Kläger sein Kniegelenk noch 0/20/100° strecken bzw. beugen. Anhaltspunkte für die von Prof. Dr. T. unterstellte Schonung des rechten Knies des Klägers ergeben sich vor diesem Hintergrund gerade nicht. 
Im Ergebnis ist aus den dargestellten Gründen jedenfalls die Annahme einer einseitigen primären Meniskopathie nach den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. D. nicht zu rechtfertigen. Eine im Vollbeweis nachgewiesene einseitige Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102 kann daher nicht angenommen werden. 

Darüber hinaus spricht aus Sicht des Senats ergänzend auch das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vom 11. April 2017 gegen eine primäre Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102. Diesbezüglich hat der Sachverständige Dr. S. insbesondere ausgeführt, dass der im linken Kniegelenk vorgefundene Radiäreinriss im Intermediärbereich – also im mittleren Bereich - des Außenmeniskus nicht typisch für eine berufsbedingte Meniskusschädigung ist. Dies deckt sich mit den bereits dargestellten Voraussetzungen für ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der BK Nr. 2102. 
Soweit der Sachverständige Dr. S. von dem Ergebnis seiner ursprünglichen Bewertung aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. T. abgerückt ist, insbesondere, weil er dessen Einschätzung für korrekt halte, dass bei dem Kläger bereits 1995 und 1996 ein Innenmeniskusschaden im linken Knie „ausreichend wahrscheinlich“ sei, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Denn am 9. März 1995 war bei dem Kläger lediglich der Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion im linken Knie geäußert worden. Nachgewiesen ist eine damalige Meniskusläsion im linken Knie jedoch gerade nicht. Gleiches gilt, soweit der Kläger sich am 13. Juni 1995 mit Beschwerden im linken Knie in ärztliche Behandlung begeben hat, weil er sich das linke Knie verdreht hatte. Auch damals wurde von dem Durchgangsarzt Prof. Dr. U. nur der Verdacht auf eine „Innenmeniskusläsion“ geäußert. Der Nachweis dafür ist jedoch nicht erbracht. Darüber hinaus hat der Sachverständige Prof. Dr. D. zutreffend und überzeugend darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger am 19. November 1996 zwar ein „typisches Schnappen im Hinterhornbereich des Innenmeniskus“ befundet worden sei, was für eine beruflich bedingte Meniskusschädigung sprechen könnte, was jedoch zum damaligen Zeitpunkt gerade nicht im Vollbeweis gesichert ist. 

Im Ergebnis kommt der Sachverständige Prof. Dr. D. nach Auffassung des Senats überzeugend zu dem Ergebnis, dass eben gerade erhebliche Zweifel verbleiben und nicht erwiesen ist, dass bei dem Kläger eine primäre Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102 vorliegt. Dies entspricht auch dem Ergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahmen und den Gutachten von Dr. L., Dr. O., Prof. Dr. N. und des Beratungsarzt G. 
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. T. zu einem anderen Ergebnis kommt und demgegenüber insbesondere ausführt, dass seiner Meinung nach der klinische Verlauf „mit einer (primären) Meniskopathie links bereits im Jahre 1995 vereinbar“ sei, vermag dies – aus den bereits dargelegten Gründen - den Vollbeweis für eine primäre Meniskopathie im linken Knie des Klägers nicht zu erbringen. Prof. Dr. T. führt zudem selbst aus, dass als Zeitpunkt der Erstdiagnose der linksseitigen Meniskopathie der 12. April 2012 anzunehmen sei, da zu diesem Zeitpunkt erstmalig ein MRT-Nachweis erfolgt ist. Auch soweit der Sachverständige Prof. Dr. T. eine traumatische Schädigung des Innenmeniskus im linken Knie des Klägers ausschließt, vermag dessen Gutachten nicht zu überzeugen. Es fehlt insoweit mit einer überzeugenden Auseinandersetzung mit den vorliegenden Befunden und mit den beratungsärztlichen Stellungnahmen. 

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch der Befund der Einlagerung von Kalciumpyrophosphat gegen das Vorliegen einer primären Meniskopathie im Sinne der BK Nr. 2102 bei dem Kläger spricht. Aus dem pathologischen Befund des Instituts für Pathologie, Zytologie und Molekulare Diagnostik – Pathologie Nordhessen vom 27. April 2012 ergibt sich eindeutig, dass sich bei dem Kläger am Meniskusgewebe am linken Kniegelenk eine Kalziumpyrophosphat-Einlagerung fand, die passend zu einer Kalzumpyrophosphat-Arthropathie ist. Vor diesem Hintergrund haben Prof. Dr. D. und der Beratungsarzt Dr. O. überzeugend ausgeführt, dass die bei dem Kläger im Jahre 2012 dokumentierten Verkalkungen mit einer primären Meniskopathie nicht in Einklang zu bringen sind. Dr. O. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme nachvollziehbar ausgeführt, dass die Kalksalz-Einlagerung im Meniskusgewebe zu einer Störung von dessen Nährstoffversorgung führen und dass Folge der Nährstoffversorgung die Degeneration des Meniskusgewebes sei, deren Folge wiederum die herabgesetzte Belastbarkeit des Meniskusgewebes ist. 

Ebenfalls nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es – selbst wenn man bei dem Kläger im linken Knie das Vorliegen eines Krankheitsbildes im Sinne der BK Nr. 2102 annehmen wollte – sodann an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Meniskopathie und der beruflichen Einwirkung fehlen würde. Es spricht gerade nicht mehr dafür, dass die Meniskopathie des Klägers im Jahre 2012 durch die berufliche Einwirkung als Fliesenleger verursacht wurde, als durch andere Mechanismen, wie etwa ein Trauma, durch andere konkurrierende berufsfremde Verursachungskomponenten oder durch Alterungsvorgänge. 

Für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist neben der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) ein Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die BK Nr. 2102 bedeutet dies, dass die Meniskopathie im linken Knie des Klägers durch mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht - wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung - die Theorie der wesentlichen Bedingung, die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Ursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl etwa: BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R – juris Rn 15 mwN).
Zunächst hat der Senat zwar keine Zweifel, dass die bereits dargelegten arbeitstechnischen Voraussetzungen durch den Kläger in einem Ausmaß erfüllt sind, um zumindest insoweit die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Kausalität begründen zu können. Zudem haben die Sachverständigen Dr. S. und Prof. Dr. N. ausdrücklich bestätigt, dass ihrer Auffassung nach die beruflichen Einwirkungen als Fliesenleger auf den Kläger ausreichend geeignet waren eine Meniskopathie hervorzurufen. 
Allerdings fehlt es im Rahmen der Kausalitätsprüfung auf der ersten Stufe an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102. Denn wie bereits dargestellt, ist nach dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. D. bei dem Kläger gerade kein belastungskonformes Krankheitsbild gegeben, so dass es an einem hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang fehlt.
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. T. insoweit - letztlich auch juristisch - argumentiert hat, dass es an im Vollbeweis nachgewiesen konkurrierenden Ursachen fehle, vermag dies im Gesamtergebnis nicht zu überzeugen. Zunächst kommt es auf die Feststellung alternativer Ursachen im Rahmen der Kausalitätsprüfung durch den Senat nicht an. Denn der Ursachenzusammenhang ist gerade nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er – wie hier - nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R – juris Rn. 9; BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 10/17 R – juris Rn. 13 mwN). Der Kläger trägt vielmehr die Feststellungs- und Beweislast für die von ihm vorgetragenen, seinen Anspruch stützenden Tatsachen, d. h. hier für die behauptete positive Feststellung des Kausalzusammenhangs (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 28. März 2023 – L 3 U 234/21 – die Nichtzulassungsbeschwerde bei dem BSG mit dem Aktenzeichen L 2 U 63/23 B gegen dieses Urteil wurde zurückgenommen; vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 11/14 R – juris Rn. 31, wonach noch nicht einmal eine zwingende Regel existiere, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist). Daran fehlt es hier aber gerade aus den bereits dargelegten Gründen. 

Zugunsten des Klägers greifen schließlich auch keine Kausalitätsvermutungen. Der Tatbestand der BK Nr. 2102 selbst enthält keine Kausalitätsvermutung (vgl dazu allgemein unter Hinweis etwa auf die BK Nrn. 4104, 4111, 4112: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 122f). Auch auf § 9 Abs. 3 SGB VII kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar sieht diese Vorschrift vor: Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der BKV genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist. Hier greift diese Vermutung jedoch nicht. Denn es fehlt, wie bereits dargestellt, bereits an einem belastungskonformen Krankheitsbild der BK Nr. 2102. Und außerdem liegen – wie ebenfalls bereits dargestellt – nachgewiesen Anhaltspunkte vor, dass die Möglichkeit besteht, dass die Meniskopathie des Klägers auch auf anderen Ursachen als der beruflichen Exposition beruhen kann (vgl. zum Ausreichen des Nachweises der Möglichkeit einer anderen Ursache und zur Nichterforderlichkeit des Nachweises von deren Ursächlichkeit: Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 167). Hinzu kommt, dass § 9 Abs. 3 SGB VII verlangt, dass der Versicherte in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung ausgesetzt war. Dafür genügt es in der Regel nicht, dass der Versicherte einer Berufsgruppe angehört, für die allgemein ein erhöhtes Erkrankungsrisiko angenommen wird (vgl. Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 164). Ebenso reichen die in den Berufskrankheitentatbeständen bezeichneten Definitionen der Einwirkungen in der Regel nicht aus. Erforderlich sind vielmehr Konkretisierungen der Berufskrankheitendefinitionen auf der Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse über das Schädigungspotential von nach Art, Intensität und Dauer genau beschriebenen Einwirkungen (vgl. Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 9 SGB VII (Stand: 19. Januar 2022), Rn. 163; vgl. auch BSG, Urteil vom 20. Juni 1995 – 8 RKnU 2/94 – juris Rn. 31). Auch daran fehlt es hier.

Im Ergebnis ist aus den dargelegten Gründen die Berufung der Beklagten begründet, so dass das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klagen des Klägers insgesamt abzuweisen sind.

Angesichts der umfassenden Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hält der Senat den Sachverhalt für geklärt, so dass weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind. Der Senat muss sich gerade nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen. Die Würdigung der vorliegenden Sachverständigengutachten ist originäre Aufgabe des Gerichts (§ 128 Abs. 1 SGG). 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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