S 4 EG 3/19

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 EG 3/19
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


Eine Bezügenachzahlung für das abgelaufene Kalenderjahr stellt lohnsteuerlich einen sonstigen Bezug dar und wird bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt, sofern die Nachzahlung nicht innerhalb von drei Wochen nach Ende des abgelaufenen Kalenderjahres dem Elterngeldberechtigten zufließt. 


Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höheren Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) unter Berücksichtigung einer Dienstbezügenachzahlung aufgrund einer rückwirkenden Stufenfestsetzung als Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum.

Die 1982 geborene und verheiratete Klägerin ist als verbeamtete Lehrerin im Schuldienst des Landes Hessen berufstätig. Bei Antritt ihrer Teilzeitarbeitsstelle zum 01.08.2018 wurde sie zunächst vorläufig in Besoldungsgruppe A 12 und Erfahrungsstufe 1 mit einem monatlichen Grundgehalt von 1.605,64 Euro brutto eingestuft. Mit Bescheid vom 03.01.2019 nahm die Hessische Bezügestelle beim Regierungspräsidium Kassel die abschließende Stufenfestsetzung für die Dienstbezüge vor und stufte die Klägerin rückwirkend ab August 2018 in die höhere Erfahrungsstufe 4 mit einem monatlichen Grundgehalt von 1.864,21 Euro ein. Die Nachzahlung der Bezügedifferenz aufgrund der rückwirkenden Stufenerhöhung erhielt die Klägerin erst Ende Januar 2019 mit den im Voraus gezahlten laufenden Dienstbezügen für Februar 2019. Im Nachweis über die Bezüge für Februar 2019 errechnete die Hessische Bezügestelle für den Zeitraum August bis Dezember 2018 eine Nachzahlung je Kalendermonat in Höhe von 271,50 Euro brutto (258,57 Euro Grundgehalt zuzüglich 12,93 Euro Sonderzahlung monatlich). Hieraus ergab sich ein Bruttonachzahlungsbetrag in Höhe von 1.357,50 Euro. Ebenso errechnete die Hessische Bezügestelle einen Bruttonachzahlungsbetrag für Januar 2019 in Höhe von 271,50 Euro. Die Bezügenachzahlung für August bis Dezember 2018 wurde lohnsteuerrechtlich als Einmalzahlung (sonstiger Bezug) im Bezügenachweis für Februar 2019 behandelt, diejenige für den Monat Januar 2019 als laufender Arbeitslohn. Das laufende Bruttoentgelt für den Februar 2019 betrug einschließlich Grundgehalt, Sonderzahlung und Zuschläge 2.125,19 Euro.

Am XX.XX.2019 wurde die Tochter der Klägerin geboren. Die Klägerin wohnt gemeinsam mit ihrem Ehemann und Kindsvater sowie ihrer Tochter B. in einem Haushalt.

Am 15.06.2019 beantragte die Klägerin anlässlich der Geburt ihrer Tochter B. die Bewilligung von Basiselterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat. Die hessische Bezügestelle bescheinigte der Klägerin unter dem 04.09.2019 in der Zeit von Juni 2018 bis Mai 2019 ihr laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen (Bl. 30 d. Verwaltungsakte). So bescheinigte sie im Einzelnen ein laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen von August bis Dezember 2018 in Höhe von 1.853,69 Euro monatlich, von Januar 2019 bis Februar 2019 in Höhe von 2.125,19 Euro monatlich und von März bis Mai 2019 in Höhe von 2.193,67 Euro monatlich. Weiterhin teilte sie mit, dass die Klägerin nach beamtenrechtlichen Vorschriften Dienstbezüge, Anwärterbezüge oder Zuschüsse für die Zeit des Beschäftigungsverbotes vom 12.06.2019 bis 10.08.2019 in Höhe von 5.497,62 Euro erhalten habe.

Der Beklagte bewilligte der Klägerin Elterngeld mit Bescheid vom 25.09.2019 für den dritten bis zwölften Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2020) in Höhe von monatlich 1.081,65 Euro in Form von Basiselterngeld. Für den ersten Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2019) gewährte der Beklagte Basiselterngeld in Höhe von 0,00 Euro und zweiten Lebensmonat (XX.XX.2019 bis XX.XX.2019) in Höhe von 34,89 Euro wegen der Anrechnung von Dienst- und Anwärterbezüge sowie Zuschüsse nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Der Beklagte legte bei seiner Berechnung das Einkommen der Klägerin der letzten zwölf Monate vor der Geburt ihres Kindes zugrunde. Hierbei berücksichtigte er für die Kalendermonate Januar 2019 und Februar 2019 jeweils ein Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 2.125,19 Euro brutto. Den Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.357,50 Euro brutto ließ der Beklagte unberücksichtigt. Hierzu führte der Beklagte aus, dass die für Februar 2019 erfolgte Dienstbezügenachzahlung betreffend die Monate August bis Dezember 2018 bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht berücksichtigt werden könne, da es sich um eine Nachzahlung für das Vorjahr und damit lohnsteuerrechtlich um sonstige Bezüge handle. Der Beklagte legte ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum vom 01.06.2018 bis 31.05.2019 in Höhe von 19.968,98 Euro abzüglich eines Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 916,63 Euro zugrunde und ermittelte so ein Elterngeld-Brutto von monatlich 1.664,08 Euro. Hieraus errechnete er nach Abzüge für Steuern und Sozialabgaben (jeweils in Höhe von 0,00 Euro) ein Elterngeld-Netto von monatlich 1.664,08 Euro und wandte darauf einen abgesenkten Leistungssatz von 65,00 Prozent an.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 19.10.2019 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 als Erwerbseinkommen bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen sei, da die Hessische Bezügestelle diese unzutreffend als Sonderzahlung und damit lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge behandelt habe. Es könne nicht sein, dass die nicht zeitnah erfolgte Stufenfestsetzung und damit verspätete Auszahlung der Dienstbezügenachzahlung zu ihren Lasten gehe. Tatsächlich habe die Hessische Bezügestelle bereits alle erforderlichen Informationen für eine rechtzeitige Stufenfestsetzung im Dezember 2019 gehabt. Hierzu reichte die Klägerin den Bescheid über die rückwirkende Stufenfestsetzung vom 03.01.2019 sowie eine Bescheinigung der Hessischen Bezügestelle vom 08.10.2019 zur Verwaltungsakte des Beklagten. In Letzterer teilte die Hessische Bezügestelle mit, dass es sich bei Dienstbezügenachzahlung in Höhe von 1.357,50 Euro um die Nachzahlung der laufenden Dienstbezüge für die Monate August bis Dezember 2018 handle und die Versteuerung gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 Einkommensteuergesetzes als Jahreslohn erfolgt sei, da das Steuerjahr 2018 bereits abgeschlossen gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 in Höhe von 1.357,50 Euro nach den lohnsteuerrechtlichen Vorschriften als sonstiger Bezug zu behandeln sei und damit nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG nicht als Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit für die Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen sei. Für die Bemessung des Elterngeldes sei auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung des Arbeitgebers von Lohnbestandteilen im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens abzustellen, sodass der unangefochtenen Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers Bindungswirkung zukomme. Maßgeblich seien hierfür die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. So habe der Arbeitgeber der Klägerin im Bezügenachweis für Februar 2019 die Bezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 nach den lohnsteuerrechtlichen Vorschriften als Einmalzahlung und damit sonstigen Bezug ausgewiesen. Ferner würde die Bescheinigung der Hessischen Bezügestelle vom 08.10.2019 die steuerliche erfolgte Behandlung im Bezügenachweis für Februar 2019 nicht entkräften.

Die Klägerin hat am 26.11.2019 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben.

Die Klägerin trägt vor, dass die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Dienstbezügenachzahlung als sonstiger Bezug durch ihren Arbeitgeber und den Beklagten nicht haltbar sei. Der Umstand, dass die Nachzahlung erst mit den laufenden Februardienstbezügen erfolgt sei, könne nicht zu ihren Lasten gehen, da insbesondere die Lohnabrechnung für den Februar 2019 am 18.01.2019 und damit innerhalb der ersten drei Wochen nach Ende des Jahres 2018 erfolgt sei. Maßgeblich für die lohnsteuerliche Beurteilung als laufender Lohn sei der Zeitpunkt der Lohnabrechnung und nicht die spätere Auszahlung der Nachzahlung. Weiter trägt die Klägerin – unter Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2018 – vor, dass aufgrund der erfolgten Einkommensteuerveranlagung keine Bindungswirkung an die lohnsteuerliche Behandlung der Nachzahlung durch den Arbeitgeber mehr bestünde, sodass eine vom Arbeitgeber abweichende lohnsteuerrechtliche Behandlung bei der Bemessung des Elterngeldes möglich sei. Zudem hätten die notwendigen Angaben für die Stufenfestsetzung bei der Hessischen Bezügestelle bereits am 19.12.2018 vorgelegen, sodass die erst im Januar des Folgejahres erfolgte Stufenfestsetzung nicht auf ihre Kosten gehen könne.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2019 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Zugrundelegung von zusätzlichem vorgeburtlichen Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit für die Kalendermonate August bis Dezember 2018 in Höhe von jeweils 271,50 Euro brutto aufgrund einer Bezügenachzahlung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 erst mit den laufenden Dienstbezüge für Februar 2019 ausgezahlt worden sei und damit nach dem lohnsteuerrechtlichen Zuflussprinzip als sonstiger Bezug im Januar 2019 zu behandeln sei, da der Nachzahlungsbetrag nicht der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zugeflossen sei. Ferner sei die in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen niedergelegte lohnsteuerrechtliche Behandlung durch den Arbeitgeber bindend. Im Übrigen habe der Arbeitgeber auch lohnsteuerrechtlich zutreffend die Dienstbezügenachzahlung als sonstige Bezüge eingestuft.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, sowie die Inhalte der mündlichen Verhandlung Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Beklagte hat mit ihnen zu Recht entschieden, dass die Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 lohnsteuerlich als sonstiger Bezug zu behandeln ist und daher nicht bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit für die Elterngeldbemessung zu berücksichtigen ist (A.). Zudem hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes zutreffend festgesetzt (B.).

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 05.12.2006 (BGBl. I 2006, S. 2748) in der aufgrund Art. 4 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (FlexEZeitEGeldPlEG) vom 18.12.2014 (BGBl. I 2014, S. 2325 ff.) geltenden Neufassung vom 27.01.2015 mit Wirkung zum 01.01.2015 bis 28.05.2020 (BGBl. I 2015, S. 33 ff.).

Zunächst steht fest, dass die Klägerin die Grundvoraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Elterngeld gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG für das 2019 geborene Kind B. erfüllt.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld,
1.    wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland,
2.    mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.    dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.    keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

All diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit dem Kind B. in einem Haushalt, betreute und erzog dieses selbst und übte entsprechend ihrer Ankündigung im Elterngeldantrag während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor. Dies alles ist hier ausweislich der Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren und im Übrigen unstreitig der Fall.

Der Beklagte hat zutreffend das durchschnittliche vorgeburtliche Erwerbseinkommen der Klägerin im Bemessungszeitraum ermittelt und auch die Höhe des Elterngelds zutreffend festgesetzt. Die Bemessung des durchschnittlichen vorgeburtlichen Erwerbseinkommens und die Höhe des Elterngeldanspruchs richten sich nach § 2 ff. BEEG. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:

Elterngeld wird gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 BEEG in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit den Betrag von 1.200,00 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs. 2 S. 2 BEEG).

In § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG erfolgt die Bestimmung des Begriffs Einkommens aus Erwerbstätigkeit (auch sog. Erwerbseinkommen) unter Verweisung auf die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1.    nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG sowie
2.    Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat.

Gemäß § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG ergibt der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG, das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG werden hierbei Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, nicht berücksichtigt. Gemäß § 2c Abs. 1 S. 3 BEEG erfolgt die zeitliche Zuordnung von Einnahmen nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren.
Nach § 2c Abs. 2 S. 1 BEEG sind Grundlage der Ermittlung der Einnahmen die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Dabei wird nach § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen vermutet.

A.    Zutreffend hat der Beklagte die im Januar 2019 ausgezahlte Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 in Höhe von 1.357,50 Euro brutto bei der Bemessung des Elterngeldes außer Betracht gelassen. Denn sie waren im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln und wurden auch zutreffend auf diese Weise behandelt.

Bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit werden nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG solche Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Danach sind allein die lohnsteuerrechtlichen Vorgaben in § 38a Abs. 1 S. 3 EStG i. V. m. den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) für die elterngeldrechtliche Einordnung eines Lohn- oder Gehaltsbestandteils als sonstiger Bezug maßgebend. Die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen ist nicht lediglich am Steuerrecht orientiert, sondern die elterngeldrechtliche Regelung verweist in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat (statt aller, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03.2022 – L 11 EG 2121/21, Juris Rn. 33 m. w. N.).

Die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge werden im EStG nicht legal definiert. § 38a Abs. 1 S. 3 EStG bestimmt als sonstige Bezüge lediglich Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Die LStR (hier: LStR 2015 in der Fassung der Lohnsteueränderungsrichtlinie vom 22.10.2014, BStBl. I, S. 1344) erläutern beide Begriffe unter Darstellung von Anwendungsbeispielen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen sie dabei die im EStG vorgegebene Zweiteilung danach, ob die Bezüge „laufend“ gewährt werden oder nicht (BSG, Urt. v. 27.06.2019 – B 10 EG 2/18 R, BSGE 128, 243, Juris Rn. 27; Urt. v. 14.12.2017 – B 10 EG 4/17 R, SozR 4-7837 § 2c Nr. 1, Juris Rn. 28).

Laufender Arbeitslohn ist nach der LStR R 39b.2 Abs. 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, insbesondere:
1.    Monatsgehälter,
2.    Wochen‑ und Tagelöhne,
3.    Mehrarbeitsvergütungen,
4.    Zuschläge und Zulagen,
5.    geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung,
6.    Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden,
7.    Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
   
Fließt Arbeitslohn nicht im Sinne der LStR R 39b.2 Abs. 1 laufend (also nicht regelmäßig fortlaufend) zu, zählt die LStR R 39b.2 Abs. 2 S 1 ihn zu den sonstigen Bezügen:
Entsprechend bestimmt LStR R 39b.2 Abs. 1 S. 1, dass ein sonstiger Bezug der Arbeitslohn ist, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Zu den sonstigen Bezügen gehören nach LStR R 39b.2 Abs. 1 S. 2 insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt werden, z. B.:
1.    dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter,
2.    einmalige Abfindungen und Entschädigungen,
3.    Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden,
4.    Jubiläumszuwendungen,
5.    Urlaubsgelder, die nicht fortlaufend gezahlt werden, und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs,
6.    Vergütungen für Erfindungen,
7.    Weihnachtszuwendungen,
8.    Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden, oder, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt,
9.    Ausgleichszahlungen für die in der Arbeitsphase erbrachten Vorleistungen auf Grund eines Altersteilzeitverhältnisses im Blockmodell, das vor Ablauf der vereinbarten Zeit beendet wird,
10.    Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge.

Die in der LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 enthaltene Abgrenzungsregelung ist im Rahmen des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG bei der Bestimmung einer Lohn- oder Gehaltsnachzahlung als sonstiger Bezug zu übernehmen (BSG, Urt. v. 27.06.2019 – B 10 EG 2/18 R, Juris Rn. 30; Urt. v. 14.12.2017 – B 10 EG 7/17 R, BSGE 125, 62, Juris Rn. 35 f.; Urt. v. 14.12.2017 – B 10 EG 4/17 R, Juris 25), wobei die Drei-Wochen-Frist-Regelung im EStG normativ angelegt ist (dazu im Einzelnen, BSG, Urt. v. 27.06.2019 – B 10 EG 2/18 R, Juris Rn. 30 ff.).

Ausgehend von den aufgezeigten Maßstäben hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der im Januar 2019 ausgezahlten Dienstbezügenachzahlung für die Monate August bis Dezember 2018 bei der Bemessung des Elterngeldes. Eine Gehaltsnachzahlung, die – wie hier – Arbeitsentgelt für zurückliegende Monate enthält, weist die Besonderheit auf, dass sie vom Arbeitgeber abweichend von dem üblichen Gehaltszahlungszeitraum (vorliegend nach § 3 Abs. 5 S. 1 Hessisches Besoldungsgesetz (HBesG) monatlich im Voraus) in einem Betrag (Einmalzahlung) abgerechnet und ausgezahlt wird. Die hier in Rede stehende Gehaltsnachzahlung wurde vom Dienstherrn der Klägerin materiell-lohnsteuerrechtlich gesetzeskonform als sonstiger Bezug im Kalenderjahr 2019 behandelt und in der Bezügemitteilung für Februar 2019 korrekt als solcher ausgewiesen (vgl. zur Bindung an eine bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers sowie zu den Ausnahmen BSG 25.06.2020, B 10 EG 3/19 R, BSGE 130, 237; BSG 25.06.2020, B 10 EG 2/19 R, SozR 4-7837 § 2c Nr. 8). Einschlägig ist hier § 38a Abs. 1 S. 3 EStG i. V. m. der LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8. Denn die Bezügenachzahlung umfasste Zeiträume, die in dem abgelaufenen Kalenderjahr 2018 lagen, und sie erfolgte später als drei Wochen nach Ablauf dieses Kalenderjahres, nämlich erst am 31. Januar 2019. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der jeweilige Zahltag für die im Voraus geleisteten Dienstbezüge jeweils der letzte Bankarbeitstag, d. h. der letzte Werktag des vorangehenden Kalendermonats des jeweiligen Gehaltszahlungszeitraums, ist. Dies war für den Gehaltszahlungszeitraum Februar 2019 daher entsprechend der 31. Januar 2019, ein Donnerstag.

Hierbei ist zu beachten, dass dieses Ergebnis der Verwaltungsauffassung der Finanzverwaltung entspricht, welche bei Nachzahlungen für Lohnzahlungszeiträume eines abgelaufenen Kalenderjahres innerhalb von drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres stets von laufendem Arbeitslohn ausgeht (Rindelaub/Rosarius/Havenith, in: EStG, Kommentar, Stand: 01.08.2017, § 38a EStG Rn. 13). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hingegen beschränkt dies auf Nachzahlungen für Lohnzahlungszeiträume um den Jahreswechsel (hierzu BFH, Urt. v. 22.07.1993 – VI R 104/92, BStBl. II 1993, S. 795, Juris Rn. 9; FG Hamburg, Urt. v. 12.09.2018 – 2 K 108/18, Juris Rn. 26; vgl. Seidel, in: Wagner, Lohnsteuer, 3. Ed. (Stand: 01.03.2024), Abschn. H. Lohnsteuerverfahren (§ 38 ff. EStG), Rn. 146; Wackerbeck, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 170. EL. (Stand: Dezember 2023), § 38a EStG Rn. 30). Vorliegend umfasst die Nachzahlung die Kalendermonate August bis Dezember 2018 sowie Januar 2019. Ausgehend von der strengeren finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist die Nachzahlung, selbst wenn sie innerhalb von drei Wochen nach Ende des Kalenderjahres 2018, also bis zum Ablauf des 21.01.2019 erfolgt wäre, nicht als laufender Arbeitslohn zu behandeln, weil sie auch Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres 2018 – hier August bis November 2018 – umfasst und nicht nur allein den um den Jahreswechsel liegenden Lohnzahlungszeitraum Dezember 2018 (vgl. Deck/Geier/Imping/Voss, ABC des Lohnbüros 2023, Nachzahlungen, Rn. 3233; FG Hamburg, Urt. v. 12.09.2018 – 2 K 108/18, Juris Rn. 26). Entscheidend ist sowohl nach der Verwaltungsauffassung als auch der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, dass der Zufluss des Arbeitslohnes innerhalb von drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgen muss. Unter Zufluss wird bei § 38a Abs. 1 S. 3 EStG i. V. m. der LStR R 39b.2 das Erlangen der wirtschaftlichen Verfügungsmacht verstanden (BFH, Urt. v. 29.05.2008 – VI R 57/05, BStBl. II 2009, S. 147, Juris Rn. 22; Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 43. Aufl. 2024, § 38a EStG Rn. 2), also der Zeitpunkt ab dem der Steuerpflichtige wirtschaftlich über die Einnahmen verfügen kann und bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist (vgl. ständige Rspr. seit RFH, Urt. v. 13.11.1928 – VI A 155/28, RFHE 24, 272, 274 ff., BFH, Urt. v. 27.09.2016 – VIII R 66/13, BFHE 256, 214, Juris Rn. 31 ff.; Martini, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 170. EL (Stand: Dezember 2023), § 11 EStG Rn. 20).

Etwas Anderes folgt auch nicht aus der Vereinfachungsregelung des § 39b Abs. 5 EStG, die einen abweichenden Einbehalt der Lohnsteuer zum Zeitpunkt der Lohnabrechnung erlaubt:
Nach § 39b Abs. 5 S. 1 EStG kann der Arbeitgeber, wenn er für den Lohnzahlungszeitraum lediglich Abschlagszahlungen leistet und eine Lohnabrechnung für einen längeren Zeitraum (Lohnabrechnungszeitraum) vornimmt, er den Lohnabrechnungszeitraum als Lohnzahlungszeitraum behandeln und die Lohnsteuer abweichend von § 38 Abs. 3 EStG bei der Lohnabrechnung einbehalten. Gemäß § 39b Abs. 5 S. 2 EStG gilt S. 1 des § 39b Abs. 5 EStG nicht, wenn der Lohnabrechnungszeitraum fünf Wochen übersteigt oder die Lohnabrechnung nicht innerhalb von drei Wochen nach dessen Ablauf erfolgt.

Hintergrund der Vereinfachungsregel ist der Umstand, dass es für die Höhe der Lohnsteuer und den Zeitpunkt des Lohnsteuereinbehalts grundsätzlich unbeachtlich ist, ob der bezahlte Lohn genau berechnet wurde oder ihm eine Schätzung der ungefähren Höhe zugrunde liegt (Abschlagszahlung). Somit ist als Regelfall bei jeder Lohnzahlung eine endgültige Lohnabrechnung zum Zweck des Einbehalts der Lohnsteuer vorzunehmen. Hiervon macht § 39b Abs. 5 EStG die Ausnahme, wenn der Arbeitgeber bei kürzeren Lohnzahlungszeiträumen die genaue Lohnabrechnung für einen längeren Zeitraum vornimmt. Der Gesetzgeber hat hierbei an die Fälle gedacht, in denen der Lohn für relativ kurze Lohnzahlungszeiträume (Tag, Woche) zunächst nur in ungefährer Höhe ausbezahlt wird und eine endgültige Lohnabrechnung für mehrere, bereits abgelaufene Lohnzahlungszeiträume (zwei Wochen, Monat) nachfolgt. Der Arbeitgeber soll vom Aufwand entbunden werden, die Lohnsteuer für jede einzelne Zahlung zu berechnen. Er darf deshalb den Einbehalt der Lohnsteuer auf den Zeitpunkt der späteren, endgültigen Lohnabrechnung verlagern und damit den Lohnabrechnungszeitraum als Lohnzahlungszeitraum behandeln (vgl. Hummel, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Kommentar, 342. EL (Stand: 4/2024), § 39b EStG Rn. E 1; Eisgruber in: Kirchhof/Seer, EStG, Kommentar, 23. Aufl. 2024, III. Verfahren bei Abschlagszahlungen (Abs. 5)., Rn. 13; Wagner, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 324. EL, (Stand: 3/2024), § 39b EStG Rn. 61).

Daher setzt die Anwendung der Sonderregelung zunächst voraus, dass der Arbeitgeber für einen längeren Zeitraum als den Lohnzahlungszeitraum abrechnet und daher den Arbeitslohn als Abschlagszahlung leistet (Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 43. Aufl. 2024, § 39b EStG Rn. 22; Holzner, in: Kirchhof/Kulosa/ Ratschow, BeckOK EStG, Kommentar, § 39b EStG Rn. 159). Lohnzahlungszeitraum ist der Zeitraum für den der Arbeitslohn gezahlt wird (z. B. Tages-, Wochen-, Monatslohn; R 39b.5 Abs. 2 S. 1 LStR 2015). Er bestimmt sich nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen (BFH, Urt. v. 10.03.2004 – VI R 27/99, BFH/NV 2004, 1239, Juris Rn. 15) und ist in der Regel dem Arbeits- oder Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen zu entnehmen (Rindelaub/Rosarius/ Havenith in: EStG, Kommentar, Stand: 01.08.2017, § 38a EStG Rn. 17; Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 43. Aufl. 2024, § 38a EStG Rn. 3). Bei Beamten ist der Lohnzahlungszeitraum den jeweiligen landesgesetzlichen Bestimmungen zur Beamtenbesoldung zu entnehmen. Nach § 3 Abs. 3 und 5 HBesG werden die Dienstbezüge bei Hessischen Beamten grundsätzlich für den vollen Kalendermonat und im Voraus gezahlt; dem entspricht auch die Handhabung durch die hessische Bezügestelle. Lohnabrechnungszeitraum ist der Zeitraum für den der Arbeitgeber den geschuldeten Arbeitslohn eines Lohnzahlungszeitraums endgültig abrechnet (vgl. Wackerbeck, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 170. EL (Stand: Dezember 2023), § 38a EStG Rn. 55).

Vorliegend ist kein Auseinanderfallen von Lohnzahlungszeitraum und Lohnabrechnungszeitraum, wie es § 39b Abs. 5 S. 1 EStG erfordert, gegeben, da beide jeweils den Kalendermonat umfassen und damit identisch sind. Dies ergibt sich zum einen aus dem Bezügenachweis für Februar 2019, denn die Dienstbezügenachzahlung wird hier für die einzelnen Lohnzahlungszeiträume, also für die jeweiligen Kalendermonate des Zeitraums August bis Dezember 2018 und Januar 2019 berechnet. Zum anderen belegen auch die Bezügenachweise für August 2018, September 2018, Oktober 2018 und Dezember 2018 (Bl. 14R bis 17 d. Gerichtsakte) eine ausschließlich auf den Kalendermonat bezogene Lohnzahlung sowie Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber. Denn diese zeigen, dass der Dienstherr die Lohnsteuer bei jeder kalendermonatlichen Lohnzahlung einbehalten hat (§ 38 Abs. 3 EStG) und nicht wie es ihm die Vereinfachungsregelung des § 39b Abs. 5 EStG gerade erlauben würde, einen Einbehalt der Lohnsteuer zu einem späteren, d. h. über den Kalendermonat als Lohnzahlungszeitraum hinausgehenden Zeitpunkt der endgültigen Lohnabrechnung vorzunehmen. Damit sind die Lohnabrechnungszeiträume gerade nicht länger als die jeweiligen Lohnzahlungszeiträume. Folglich liegen damit bereits begrifflich keine Abschlagszahlungen i. S. d. § 39b Abs. 5 S. 1 EStG vor. Allein der Umstand, dass der Klägerin die Dienstbezüge vorläufig nach Besoldungsgruppe A12 und Erfahrungsstufe 1 gewährt wurden, führt nicht zu der Annahme von Abschlagszahlungen. Vielmehr handelt es sich um eine typische Nachzahlung von Arbeitslohn, die allein nach der LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 zu beurteilen und – wie ausgeführt – als sonstiger Bezug einzustufen ist. 

Weitere Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist es nach § 39b Abs. 5 S. 2 EStG, dass der Lohnabrechnungszeitraum nicht länger als fünf Wochen ist und die Lohnabrechnung innerhalb von drei Wochen nach Ablauf des Lohnabrechnungszeitraums erfolgt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend zur Überzeugung der Kammer ebenso nicht erfüllt. Denn selbst wenn die Kammer – entgegen ihrer Auffassung – annehmen würde, dass mit dem Bezügenachweis für Februar 2019 eine zeitlich über den Lohnzahlungszeitraum hinausgehende endgültige Lohnabrechnung erfolgt sei und hierbei die gewährten Dienstbezüge von August bis Dezember 2018 Abschlagszahlungen darstellen würden, würde dies allerdings zwangsläufig zu einem unzulässigen Lohnabrechnungszeitraum von mehr als fünf Wochen führen. Vorliegend wurde mit dem Bezügenachweis für Februar 2019 eine Nachberechnung für die Kalendermonate August bis Dezember 2018 sowie Januar 2019 vorgenommen, also für einen Zeitraum von fünf bzw. sechs Kalendermonaten. Weiter ist zu beachten, dass die endgültige Lohnabrechnung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung innerhalb von drei Wochen nach Ende des maximal fünfwöchigen Lohnabrechnungszeitraums erfolgen muss. Für ab dem 01. November beginnende Lohnabrechnungszeiträume eines Kalenderjahres müsste die endgültige Lohnabrechnung spätestens am 27.12. desselben Kalenderjahres erfolgen. Abhängig von der zeitlichen Lage des maximal fünfwöchigen Lohnabrechnungszeitraums in einem Kalendermonat, kann daher ohne Weiteres stets nur die endgültige Lohnabrechnung für den im Kalendermonat Dezember eines Kalenderjahres gelegenen Lohnabrechnungszeitraum innerhalb von drei Wochen im darauffolgenden Kalenderjahr erfolgen. Folglich hätte der Zeitraum von August bis November 2018 zwingend noch im Kalenderjahr 2018 abgerechnet werden müssen, damit die Vereinfachungsregelung des § 39b Abs. 5 EStG angewendet werden kann. Eine Abrechnung der Dienstbezüge für die Kalendermonate August bis November 2018 am 18.01.2024 wäre damit verspätet und unzulässig gewesen. Im Übrigen wird man entsprechend der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Vereinfachungsregelung des § 39b Abs. 5 EStG auch auf um den Jahreswechsel liegende Lohnabrechnungszeiträume begrenzen müssen.

Allein der Umstand, dass der Eingabeschluss für die Lohndaten und mithin die Lohnabrechnung für den Februar 2019 und damit auch die Abrechnung der Dienstbezügenachzahlung bereits am 18.01.2019 und somit innerhalb von drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres 2018 erfolgt ist, genügt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 39b Abs. 5 S. 1 EStG nicht. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur lohnsteuerrechtlichen Einstufung von Lohn- und Gehaltsnachzahlungen.

Für die Kammer ergibt sich auch keine andere lohnsteuerrechtliche Behandlung als die eines sonstiges Bezuges für die Dienstbezügenachzahlung aufgrund der Vorlage des Bescheides über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Marburg-Biedenkopf vom 14.04.2020 in der mündlichen Verhandlung. So mag zwar die Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers nach § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG durch die mit dem Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 14.04.2020 erfolgte Veranlagung zur Einkommensteuer entfallen sein, allerdings führt dies mangels abweichender betragsmäßiger Festsetzung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG der Klägerin nicht zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen und in letzter Konsequenz zu einer abweichenden Einstufung der Dienstbezügenachzahlung als sonstiger Bezug. Ausweislich des Steuerbescheides des Finanzamtes Marburg-Biedenkopf wurde ein klägerischer Bruttoarbeitslohn für das Kalenderjahr 2018 in Höhe von 14.230 Euro als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG ermittelt und festgesetzt (Bl. 74 d. Gerichtsakte). Im Bezügenachweis für Dezember 2018 vom 21.11.2018 hat die Hessische Bezügestelle einen steuerpflichtigen Jahresbruttoarbeitslohn in Höhe von 14.231,02 Euro ausgewiesen (Bl. 17 d. Gerichtsakte). Damit ist augenfällig, dass das zuständige Finanzamt Marburg-Biedenkopf bei der Einkommensteuerveranlagung der Klägerin gerade nicht – bis auf gesetzesbedingte Rundungsdifferenzen – von der Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers für das Kalenderjahr 2018 abgewichen ist. Damit ergeben sich aus dem Einkommensteuerbescheid keine Anhaltspunkte für eine abweichende oder fehlerhafte lohnsteuerrechtliche Einstufung der Dienstbezügenachzahlung für die Kalendermonate August bis Dezember 2018 als sonstige Bezüge.

Ferner rechtfertigt nach der Auffassung der Kammer auch der Umstand, dass eine verspätete rückwirkende Festsetzung der Erfahrungsstufe und damit verzögerte Nachzahlung des Lohns oder Gehalts und die dadurch wegen § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG i. V. m. § 38a Abs. 1 S. 3 EStG, LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 bedingte elterngeldrechtliche Nichtberücksichtigung als sonstiger Bezug auf einem möglicherweise sogar schuldhaften Fehlverhalten des Arbeitgebers beruhen kann, keine andere lohnsteuerrechtliche Betrachtung. Eine elterngeldrechtliche Korrektur ist aufgrund des steuerakzessorischen Regelungskonzepts des BEEG-Gesetzgebers und der damit verbundenen strikten begrifflichen Anbindung des Elterngeldrechts an das Lohnsteuerrecht im Rahmen des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG nicht möglich (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03.2022 – L 11 EG 2121/21, Juris Rn. 36).

B.    Zuletzt ist die Berechnung der Höhe des Elterngeldes in Form von Basiselterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat vom XX.XX.2019 bis XX.XX.20220 rechnerisch nicht zu beanstanden. Denn die Kammer vermag auch im Übrigen in den von dem Beklagten vorgenommenen Berechnungen hinsichtlich der besagten Elterngeldhöhe keine sachlichen oder rechtlichen Fehler, die sich zu Ungunsten der Klägerin auswirken könnten, zu erkennen – solche sind im Übrigen auch insoweit von der Klägerin nicht geltend gemacht worden –, sodass sich die Berechnung der Höhe des Basiselterngeldes für den ersten bis zwölfte Lebensmonat als rechtmäßig erweist, ohne dass die Klägerin hierdurch in ihren Rechten beschwert ist (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Nach alledem haben sich die angefochtenen Bescheide des Beklagten als rechtmäßig erwiesen. Die Klage war demgemäß abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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