L 10 KR 483/21 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 KR 1371/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 483/21 KH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.05.2021 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 56.373,42 € nebst Zinsen in Höhe von 2-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2017 zu zahlen.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 56.373,42 € festgesetzt.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung, konkret um die Kodierung von Beatmungsstunden.

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Sie behandelte die bei der beklagten Krankenkasse Versicherte L. S., die bereits seit 2010 nichtinvasiv heimbeatmet wurde, vollstationär vom 08.07.2016 bis zum 04.10.2016 wegen einer infektexazerbierten COPD bei globaler respiratorischer Insuffizienz. Die stationäre Aufnahme erfolgte zunächst auf eine der Weaningstationen des Krankenhauses. Ab 11.07.2016 wurde die Versicherte auf der Intensivstation des Krankenhauses betreut und am 13.07.2016, 11.00 Uhr, tracheotomiert, wobei ein dauerhaftes Tracheostoma angelegt wurde. Seit diesem Zeitpunkt wurde sie invasiv beatmet, während des Aufenthalts auf der Intensivstation durchgehend. Ab 29.07.2016 wurde die Versicherte erneut auf einer Weaningstation des Krankenhauses behandelt. Hier wurde das Beatmungsgerät gewechselt und der Beatmungsmodus geändert. Des Weiteren erfolgten nach zunächst durchgehender Beatmung Spontanatmungsversuche im Rahmen einer Entwöhnung. Am 04.10.2016, 12.38 Uhr, wurde die Versicherte in eine andere Einrichtung verlegt.

Das Krankenhaus stellte für die stationäre Behandlung der Versicherten zunächst die Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2016 <DRG>) A07E (Beatmung > 999 Stunden ohne komplexe OR-Prozedur, ohne Polytrauma, Alter > 15 Jahre, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung > 1176 / 1104 / 2208 Aufwandspunkte, ohne komplexe Diagnose, ohne komplizierende Konstellation) mit 86.853,64 € in Rechnung.

Die Beklagte beglich diese Rechnung in vollem Umfang und veranlasste sodann eine Rechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Für diesen kam J. zu dem Ergebnis, es seien ausweislich der Dokumentation des Krankenhauses aufgerundet 2102 Beatmungsstunden anzuerkennen. Daraufhin nahm das Krankenhaus mit einem am 18.05.2017 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben eine diesen Feststellungen entsprechende Abrechnungskorrektur vor und stellte unter Zugrundelegung nunmehr der DRG A06C (Beatmung > 1799 Stunden, ohne komplexe OR-Prozedur, ohne Polytrauma, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung > 2940 / 5520 Aufwandspunkte) einen Gesamt-Betrag i.H.v. 143.227,06 € in Rechnung.

Die Beklagte wies die Neuberechnung zurück: Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 und 2 der „Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17c Abs. 2 KHG“ seien Neuberechnungen nur einmalig innerhalb von fünf Monaten und nur während des MDK-Verfahrens möglich.

Mit ihrer am 18.10.2018 zum Sozialgericht Detmold (SG) erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin die Differenz zwischen der Erst- und der Korrekturrechnung in Höhe von 56.373,42 € begehrt und vorgetragen, die Rechnungskorrektur sei nicht zu beanstanden. Weder die vom Bundessozialgericht (BSG) hierzu entwickelten Grundsätze noch die Regelungen der PrüfvV stünden ihr entgegen. In der Sache sei eine intensivmedizinische Versorgung nicht zwingende Abrechnungsvoraussetzung für Beatmungsstunden. Die Sonderregelung der Nr. 4 der Deutschen Kodierrichtline (DKR) 1001l gelte nur für mittels Tracheostoma heimbeatmete Patienten; die Versicherte sei aber mittels Maske beatmet gewesen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, Zeiten auf einer Weaningstation seien nicht als Beatmungsstunden abzurechnen, da eine solche nicht einer Intensivstation entspreche. Nach Nr. 4 der DKR 1001l seien Beatmungszeiten bei heimbeatmeten Patienten, wie der Versicherten, nur zu erfassen, wenn es sich im Einzelfall um einen intensivmedizinisch versorgen Patienten handele.

Das SG hat ein Gutachten des Arztes und Medizincontrollers Z. vom 24.04.2020 eingeholt. Dieser hat insbesondere ausgeführt, ab der am 13.07.2016 durchgeführten Tracheotomie sei die Beatmung der Versicherten invasiv erfolgt. Insgesamt ergäben sich Beatmungszeiten in der Zeit vom 08.07.2016 bis zum 13.07.2016 im Umfang von 107,67 Beatmungsstunden, in der Zeit vom 13.07.2016 bis zum 29.07.2016 im Umfang von 390,33 Stunden, in der Zeit vom 29.07.2016 bis zum 29.08.2016 im Umfang von 750,67 Stunden und in der Zeit vom 29.08.2016 bis zum 04.10.2016 im Umfang von 846,83 Stunden, insgesamt 2.095,50 Stunden.

Mit Urteil vom 18.05.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei der Versicherten habe es sich im Rahmen der streitigen stationären Behandlung nur in der Zeit vom 11.07.2016 bis zum 29.07.2016 um eine „intensivmedizinisch versorgte Patientin“ im Sinne der speziellen Kodierrichtlinie DKR 1001l gehandelt. Damit sei die Beatmung lediglich für diesen Zeitraum zu berücksichtigen. In diesem Zeitraum seien nach den Feststellungen des Sachverständigen Beatmungszeiten im Umfang von höchstens 450 Stunden angefallen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 31.05.2021 zugestellte Urteil am 15.06.2021 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.05.2021 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 56.373,42 € nebst Zinsen, hieraus in Höhe von 2-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Patientenakten der Beteiligten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von 56.373,42 € nebst Zinsen.

 

Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei einer auf Zahlung (weiterer) Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses bzw. eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse oder umgekehrt bei einer auf Erstattung einer gezahlten Vergütung gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus oder eines Krankenhausträgers handelt es sich um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R, juris Rn. 14; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R, juris Rn. 13), sodass es eines Vorverfahrens nicht bedurfte und eine Klagefrist nicht einzuhalten war.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung weiterer 56.373,42 € aus ihrer am 18.05.2017 bei der Beklagten eingegangenen Korrekturrechnung.

Dem Krankenhaus stand dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch für die unstreitig erforderliche stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 08.07.2016 bis 04.10.2016 zu, den § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, §§ 7 f. Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) – in den seinerzeit geltenden alten Fassungen - als selbstverständlich voraussetzen und konkretisieren (stRspr., vgl. zu den Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs BSG vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr. 2, Rn. 13, 15 m.w.N.; BSG vom 19.03.2020 – B 1 KR 22/18 R, juris Rn. 11 m.w.N.), was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.

Das Krankenhaus hat auch zu Recht die DRG A06C abgerechnet, da es mehr als 1799 Beatmungsstunden kodieren durfte. Es war auch berechtigt, dies im Rahmen einer nachträglichen Korrekturrechnung zu tun.

1. Der Vergütungsanspruch eines Krankenhauses wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge, unter anderem die Vereinbarungen zum Fallpauschalsystem für Krankenhäuser (FPV) und die DKR (Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2016 für das G-DRG-System‎ gemäß § 17b KHG) konkretisiert (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 KHEntgG, § 11 KHEntgG alter Fassung; zum rechtlichen Rahmen der FPV, insbesondere des Groupierungsvorgangs und zur Rechtsqualität der FPV vgl. BSG vom 08.11.2011 --B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr. 2, Rn.15 ff.; BSG vom 16.07.2020 – B 1 KR 16/19 R, juris Rn. 15). Bei Beatmungsfällen bestimmt zudem § 21 Abs. 2 Nr. 2 Buchst f KHEntgG (i.d.F. vom 10.12.2015, insoweit inhaltsgleich zur aktuellen Fassung. vom 20.12.2022) ausdrücklich, dass das Krankenhaus der Krankenkasse die Beatmungszeit in Stunden entsprechend den Kodierregeln nach § 17b Abs. 5 Satz  1 Nr. 1 KHG zu übermitteln hat (vgl. BSG vom 18.12.2018 -- B 1 KR 40/17 R, SozR 4-7645 Art 9 Nr. 1 Rn. 11). Abrechnungsbestimmungen wie die DKR sind eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (BSG, Urteil vom 17.12.2020 – B 1 KR 13/20 R, juris Rn. 10 - 11 m.w.N.). Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl. § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV). Dieses Programm greift dabei auf Daten zurück, die entweder als integraler Bestandteil des Programms mit vereinbart sind, wie z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum, oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben, wozu u.a. die Fallpauschalen selbst gehören.

Die DRG A06C, die zur Abrechnung weiterer 56.373,42 € führt, wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn mehr als 1799 Beatmungsstunden zu kodieren sind.

Maßgebliche Kodierregel ist die DKR 1001l 2016. Diese bestimmt den Beginn und das Ende der stationären Beatmung und ihrer vergütungsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit während einer Beatmungsperiode wie folgt: „Maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden.“

 

Damit sind jedenfalls die Stunden kodierbar, in welchen die Versicherte auf der Intensivstation behandelt wurde, da sie hier während der gesamten Zeit entweder masken- oder invasiv beatmet wurde. Dies betrifft den Zeitraum 11.07.2016 bis 29.07.2016, 17.20 Uhr, mit insgesamt maximal 449,33 Stunden. Im Ergebnis kann die Kodierbarkeit dieser Zeit als Beatmungsstunden aber dahinstehen, da auch ohne diesen Zeitraum die erforderlichen Mindest-Beatmungsstunden für die DRG A06C erreicht werden.

 

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nämlich die Zeit vom 29.07.2016, 18 Uhr, bis 04.10.2016, 12.38 Uhr, mit insgesamt 2.046,83 Stunden als Beatmungsstunden berücksichtigungsfähig. Während dieser Zeit wurde die Versicherte, mit Unterbrechungen durch Spontanatmungsstunden im Rahmen einer Entwöhnung, invasiv maschinell beatmet. Nach der Definition der maschinellen Beatmung der DKR 2016 ist die Kodierung der Beatmungsstunden bei maschinell beatmeten Patienten, im Gegensatz zu denjenigen, die durch Maskensysteme beatmet werden, nicht auf intensivmedizinisch Versorgte beschränkt. Zudem wird die Dauer der Entwöhnung nach der DKR insgesamt, inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung, bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt.

 

Allerdings bestimmen die DKR 1001l unter Punkt 4 für den Sonderfall von heimbeatmeten Patienten, die über ein Tracheostoma beatmet werden, dass analog zur Regelung zu intensivmedizinisch versorgten Patienten, bei denen die maschinelle Beatmung über Maskensysteme erfolgt, vorzugehen ist. Diese Regelung erfasst lediglich solche heimbeatmeten Patienten, die bereits im Zeitpunkt der Aufnahme über ein Tracheostoma beatmet werden. Die Versicherte jedoch wurde bei Einlieferung in das Krankenhaus der Klägerin nicht über ein Tracheostoma, sondern nichtinvasiv beatmet, was auch die Beklagte nicht bestreitet. Damit ist die Kodierregel auf die Versicherte bereits nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar. Soweit die Beklagte diesem Wortlaut eine andere Bedeutung dahingehend beimisst, dass auch solche Patienten erfasst werden, bei denen die Beatmung über ein Tracheostoma zu einem späteren Zeitpunkt während des stationären Aufenthalts einsetzt, hält der Senat diese für bereits mit dem Wortlaut und der systematischen Stellung der Regelung nicht vereinbar. Darüber hinaus gibt die Auslegung der Beklagten der Regel zur Überzeugung des Senats einen sinnwidrigen Gehalt. Die Kodierregel stellt ersichtlich auf den bei im Zeitpunkt der stationären Aufnahme bereits liegenden Tracheostoma zur (dauerhaften) Beatmung regelhaft niedrigeren Ressourcenverbrauch einer Klinik ab. Im Rahmen der stationären Behandlung muss gerade kein Tracheostoma mehr gelegt werden. Üblicherweise steht bereits ein Heimbeatmungsgerät zur Verfügung und die Parameter der Heimbeatmung während der gesamten stationären Behandlung stehen, ebenfalls anders als im Fall der Versicherten, bei der nach den Ausführungen des Sachverständigen auch der Beatmungsmodus im weiteren Behandlungsverlauf noch geändert wurde, fest.

 

Die einschränkende Regelung unter Punkt 4 der DKR 1001l trägt (allein) dem Umstand Rechnung, dass ansonsten jede während eines stationären Aufenthalts (aus anderen medizinischen Gründen) fortgeführte Beatmung über ein Tracheostoma auch ohne entsprechenden Ressourcenaufwand die Abrechenbarkeit einer eine höhere Anzahl von Beatmungsstunden verlangenden DRG ermöglichte.

 

Über ein Maskensystem heimbeatmete Patienten unterscheiden sich eben für das Krankenhaus, wenn erst im Rahmen des abzurechnenden stationären Aufenthalts intubiert oder tracheotomiert werden muss, nicht wesentlich von nicht beatmet eingelieferten Patienten. Bei diesen sind aber, wie ausgeführt, nach der DKR 2016 alle maschinellen Beatmungsstunden nach Intubation bzw. Tracheotomierung zu erfassen, nicht nur diejenigen bei intensivmedizinischer Versorgung.

 

Dass vorliegend mehr als 1799 Beatmungsstunden kodierbar sind, entspricht im Übrigen nicht nur dem Ergebnis des erstinstanzlich von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten, sondern auch demjenigen der MDK-Prüfung.

 

Ob die Versicherte, wie die Klägerin und der Sachverständige sowie auch der MDK meinen, auch nach dem 29.08.2016, 18.00 Uhr, noch intensivmedizinisch versorgt wurde, was die Beklagte und ihr folgend das SG verneint haben, kann vor dem Hintergrund der so verstandenen Kodierregel für heimbeatmete Patienten dahinstehen.

 

2. Die Klägerin ist mit der nachträglich vorgenommenen Abrechnungskorrektur auch nicht nach § 7 Abs. 5 Satz 1 und 2 der zum 01.09.2014 in Kraft getretenen, vorliegend anwendbaren PrüfvV 2014 präkludiert. Eine solche Präklusion ist, was auch die Beklagte nunmehr einräumt, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit dem Regelungszweck der PrüfvV dann nicht vereinbar, wenn, wie vorliegend, das Krankenhaus in Umsetzung eines durch den MDK ermittelten Prüfergebnisses Daten nach Abschluss der MDK-Prüfung korrigiert oder ergänzt (BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 37/20 R, SozR 4-2500 § 301 Nr. 11, SozR 4-5560 § 17c Nr. 6).

 

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung – für Nordrhein-Westfalen. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreitung des Zahlungsziels nach Maßgabe der §§ 284, 285, 288 BGB Verzugszinsen i.H.v. 2 v.H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tage verlangen. Dies war wegen des Eingangs der korrigierten Rechnung des Krankenhauses bei der Beklagten am 18.05.2017 der 03.06.2017.

 

4. Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung folgen aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

 

5. Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.

 

 

Rechtskraft
Aus
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