Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2023 abgeändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz und die Anerkennung von Schädigungsfolgen aufgrund von berichteten Misshandlungen des Klägers in der Pflegefamilie D1 im Zeitraum zwischen April 1995 und Dezember 1997 umstritten.
Der Kläger ist 1993 als zweites Kind der Eltern geboren. Aufgrund einer Herz- und Lungenkrankheit musste er bereits im Alter von 7,5 Monaten, dann erneut im Alter von 3 Jahren an Herz und Lunge operiert werden und wurde danach lange stationär behandelt. Vom 26. September 1994 bis 16. April 1995 war er – nach der Trennung der Eltern – zunächst in der Pflegefamilie H1 und vom 15. April 1995 bis Januar 1998 bei der Pflegefamilie D1 untergebracht. Parallel besuchte er den Kindergarten. Seit Januar 1998 wohnte der Kläger – mit seiner ein Jahr älteren Schwester – wieder bei seinem Vater. Nachdem die Integration in die Grundschule nicht gelang, war er auf sonderpädagogischen Schulen. Ab seinem 12. Lebensjahr lebte er bei seiner Mutter und war zeitweise in einem Internat unterbracht. Im 14. Lebensjahr zog er wieder zum Vater und im 18. Lebensjahr zu seiner Freundin, die von ihm schwanger war. Der gemeinsame Sohn wurde 2011 geboren, dieser lebt bei seiner Mutter. 2019 hat der Kläger geheiratet, aus der Ehe ist eine 2020 geborene Tochter hervorgegangen. Von der Ehefrau lebt der Kläger zwischenzeitlich getrennt und sieht die Tochter alle 14 Tage. Zu seinem beruflichen Werdegang hat der Kläger unter anderem angegeben, Ausbildungen zum Konditor und Goldschmied angefangen, als Restaurantfachmann gearbeitet zu haben und zuletzt eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker, Fachrichtung Fahrradtechnik, über die „Arbeitsagentur“ anzustreben. Er bezog aktuell Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wohnt alleine in einer Wohnung und unterhält – nach der Trennung von der Ehefrau – eine neue Beziehung.
Am 24. April 2017 beantragte er bei dem Landratsamt K1 (LRA) Leistungen nach dem OEG. Zur Antragsbegründung gab er an, dass er von den Pflegeeltern nicht so behandelt worden sei, wie man das bei einem kleinen Kind solle. Er habe zu dieser Zeit noch ins Bett gemacht und die Pflegeeltern hätten ihm das dadurch austreiben wollen, dass sie ihn unter die kalte Dusche gestellt und ihm den „Hintern versohlt“ hätten. Dies sei über mehrere Jahre gegangen, sein Vater und das Jugendamt hätten Bescheid gewusst, aber nichts unternommen. Als Folge habe er extreme Störungen gegen andere Personen sowie beruflich Vorgesetzte entwickelt. Er habe massive Angst vor Ämtern und staatlichen Organisationen.
Aus der Schwerbehindertenakte des Klägers ergaben sich folgende Befunde:
Im Befundbericht des Universitätsklinikums K1 über dessen Wiedervorstellung vom 12. Oktober 1993 wurde ausgeführt, dass sich der Kläger seit der Entlassung aus der stationären Behandlung in einem deutlich besseren Zustand befunden habe als vor der operativen Durchtrennung der venösen Zuflüsse zur rechten Lunge.
Der J1 gab in seinem Befundschein vom 14. April 1994 an, dass bei dem Kläger nach der dringend notwendigen Herz- und Lungengefäßoperation weiterhin eine allgemeine Dystrophie und statomotorische Retardierung bestehe. Durch die schwere Herzoperation sei die körperliche Belastbarkeit vermindert und eine medikamentöse Therapie notwendig. Die Gefahr einer Herzinsuffizienz bestehe fort, sodass erst der Verlauf zeigen werde, ob eine Verbesserung der Schwerstpflegebedürftigkeit eintrete.
Mit Bescheid vom 5. Mai 1994 war ein GdB von 70 seit dem 22. Februar 1993 festgestellt worden. Im Nachprüfungsverfahren wurde im Befundschein des M1 vom 30. Oktober 1996 dargelegt, dass im Juli 1996 ein zweiter Eingriff erfolgt sei. Dabei sei der Ventrikelseptumdefekt und das noch offene Foramen ovale operativ verschlossen worden. Bei der letzten Untersuchung in T1 am 11. Oktober 1996 habe sich ein gutes postoperatives Ergebnis im Sinne einer gelungenen Beseitigung der beiden Herzscheidewanddefekte gezeigt. Bei der Untersuchung im Oktober 1995 sei der Kläger altersgemäß entwickelt, etwa normal groß und normal gewichtig gewesen.
Aus dem Schreiben des Pflegevaters vom 25. November 1996 – im Herabsetzungsverfahren – ging hervor, dass er keine so starke Besserung sehe, dass der GdB nur noch 40 betrage. Es bestünden nach wie vor eine niedrige körperliche Belastbarkeit, eine schlechte Feinmotorik und Körperbeherrschung, häufige grippale Infekte und eine Inkontinenz. Mit Neufeststellungsbescheid vom 22. Januar 1997 wurde der GdB mit nur noch 40 festgestellt.
Der K2 führte in seinem Befundschein vom 11. Juli 2017 aus, dass bei dem Kläger eine ADHS-Erkrankung vorliege. Er klage über massive, wohl somatoforme Rückenschmerzen. Er könne den Alltag nicht ausreichend strukturieren, Enttäuschungen, aber auch Missverständnisse führten zu psychischen Symptomen. Konstruktive Lösungsstrukturen und ein differenzierter Beziehungsaufbau fielen ihm schwer.
Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme des B1 (seelische Störung, Persönlichkeits-, Aufmerksamkeits- und Aktivitäts- wie dissoziative Störung) stellte das LRA mit Bescheid vom 21. August 2017 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 24. April 2017 fest.
Weiter gelangten Behandlungsberichte zur Akte:
Im Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T1 über die stationäre Behandlung vom 19. bis 29. Juli 1996 wurde beschrieben, dass der Verlauf nach VSD-Dacron-Patchverschluss komplikationslos gewesen sei.
Am 2. Dezember 1999 wurde der Kläger ambulant in der Klink für Kinderneurologie M2 vorgestellt. Der Vater habe berichtet, dass der Kläger zunächst in einer Pflegefamilie gelebt habe. Dort habe es erhebliche Probleme gegeben, sodass er zusammen mit seiner Schwester jetzt wieder bei ihm wohne. Mit 7,5 Monaten sei eine Operation wegen eines Lungensequester erfolgt, mit 3,5 Jahren zwei Herzoperationen. Der Kläger sei lebenspraktisch altersentsprechend geschildert worden, allerdings habe er Schwierigkeiten mit dem Malen. Seit der Herzoperation nässe er nachts wieder ein, trage nachts noch Windeln. In die erste Klasse der Regelschule sei er schlecht eingliederbar, er zerstöre, schimpfe, fluche, drohe, kämpfe gerne, könne sich schlecht konzentrieren und sei motorisch unruhig.
Nach der psychologischen Diagnostik liege ein hyperkinetisches Syndrom mit aggressivem Verhalten und sozialem Rückzug vor. Außerdem bestehe eine sekundäre Enuresis nocturna. Zumindest im Mundbereich und an der Graphomotorik lägen motorische Koordinationsstörungen vor. Der Kläger habe sich nach Angaben des Vaters erst mit 3,5 Jahren ordentlich entwickelt. Hinzu kämen psychosoziale Probleme, er habe zunächst in einer schwierigen Pflegefamilie gelebt, jetzt wohne er zusammen mit seiner Schwester beim Vater. Es werde die psychologische Aufarbeitung und die Behandlung der Enuresis nocturna unter gleichzeitiger Gabe von Ritalin empfohlen.
Die empfohlene stationäre Behandlung fand vom 18. Februar bis 30. März 2000 statt. Ergänzend zu der bereits ambulant erhobenen Anamnese habe der Vater berichtet, dass der Kläger bereits im Kindergarten erhebliche Verhaltensprobleme gezeigt habe. Auch dort sei es ihm schwergefallen sich einzugliedern, häufig habe er wütend und aggressiv auf fremd gesetzte Anforderungen reagiert. Als Auslöser sehe der Vater alle Formen von Frustrationserlebnissen. Als Ursachen seien neben dem „Verlust“ der Mutter und der schlechten Behandlung in der Pflegefamilie die erheblichen psychischen Belastungen durch die Herzoperationen benannt worden.
Der Kläger habe von Beginn an Verhaltensprobleme gezeigt, wie sie schon die Schule gesehen habe. In vielen Anforderungssituationen habe er mit völlig übersteigerten Wutanfällen reagiert. Aufgrund seiner Leseprobleme habe er sich im schulischen Bereich oft überfordert gefühlt. Er habe sich geweigert, seine Hausaufgaben zu machen und seine Blätter zerrissen. Unter der Ritalin-Behandlung sei es zu einer deutlichen Verbesserung des Sozial- und Arbeitsverhaltens gekommen. Die Frustrationstoleranz sei höher gewesen, er habe sich bereit gezeigt, sich auf neue Anforderungen einzulassen. Zusätzlich habe man versucht, von psychologischer Seite mit einem verhaltenstherapeutischen Selbstkontrollprogramm seine verbalen Aggressionen zu verringern. Zum Zeitpunkt der Entlassung sei der Kläger bereits seit mehreren Nächten „trocken“ gewesen. Trotz der therapeutischen Fortschritte bedürfe er einer sonderpädagogischen Betreuung in einer Sonderschule für Erziehungshilfe.
Nach dem Bericht des Universitätsklinikums T1 über die ambulante Vorstellung vom 7. Mai 2003 sei es dem Kläger seit der letzten Vorstellung vor drei Jahren gut ergangen. Es zeigten sich keine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, keine Zyanose unter Belastung und keine Zeichen kardialer Insuffizienz. Es träten keine gehäuften pulmonalen Infekte auf, einer kardial wirksamen Dauermedikation bedürfe es nicht. Der Kläger besuche nun die dritte Klasse der Grundschule und nehme am Schulsport ohne jegliche Einschränkung teil. Der Allgemein- und Ernährungszustand sei gut, eine Einschränkung der körperlichen Aktivitäten wäre nicht notwendig.
Vom 25. September bis 10. November 2014 wurde der Kläger stationär im Städtischen Klinikum K1 behandelt. Aufnahmeanlass sei dessen Angabe gewesen, vor 14 Tagen nach einem Grillabend eine Lähmung beider Beine verspürt zu haben. Klinisch habe sich kein Hinweis auf ein fokal neurologisches Defizit ergeben. Bei Belastung des linken Beines sei eine Angstreaktion mit Unruhe und Zittern beobachtet worden. Der Stand sei unsicher, bei Ablenkung ausreichend sicher. Der Kläger berichte, dass sein Job und seine Wohnung super seien. Er sei vor 1,5 Jahren von K4 nach K1 gezogen, habe einen dreijährigen Sohn, den er regelmäßig sehe. Mit der Kindsmutter habe er keine schwerwiegenden Probleme. Bereits seit seinem 17. Lebensjahr lebe er selbstständig. In K4 sei er wegen Herzproblemen mehrfach in der Klinik vorstellig geworden. Ein pathologischer Befund sei keiner erhoben und die Vorstellung in einer psychosomatischen Klinik empfohlen worden. Nebenbei habe er erwähnt, dass er sich ein bis zwei Monate zuvor von seiner Freundin getrennt habe. Sie hätten eine Eventfirma gehabt und die Ex-Freundin habe nach einem Streit das Geschäftskonto abgeräumt. Neben seiner Ausbildung zum Goldschmied trainiere er viermal die Woche in der U21 beim K5 und arbeite im Anschluss abends für seinen Lebensunterhalt in einer Bar.
Der Kläger sei in H2 geboren und mit seiner ein Jahr älteren Schwester und einer zehn Jahre älteren Halbschwester beim Vater aufgewachsen. Die Trennung der Eltern sei kurz nach seiner Geburt erfolgt. Er habe noch weitere Halbschwestern, die bereits außer Haus gelebt hätten. Der Vater sei Goldschmiedemeister und Schmuckdesigner, die Mutter Einzelhandelskauffrau und Goldschmiedin. Der Vater lebe jetzt nach mehreren Apoplexien im betreuen Wohnen. Nach seinem Hauptschulabschluss 2010 sei er – der Kläger – 2011 Vater geworden. Nach dem Babyjahr habe er die Konditorausbildung begonnen und 2012 abgebrochen. Er habe unbedingt die Goldschmiedeausbildung machen wollen und vor zwei Jahren in P1 einen Ausbildungsplatz erhalten. Er habe bisher sehr gute Noten erreicht, aktuell befinde er sich im zweiten Lehrjahr.
Psychisch sei der Kläger offen im Kontakt, wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Konzentration und Aufmerksamkeit seien ohne Befund. Formal habe sich eine leicht beschleunigte und bagatellisierende Berichterstattung hinsichtlich seiner vielen Probleme gezeigt. Inhaltliche Denkstörungen lägen nicht vor, es bestehe kein Hinweis auf Wahnerleben oder Ich-Störung. Die neurologische Untersuchung habe keinen Anhalt für fokale Defizite ergeben.
Der Kläger habe das Bild einer dissoziativen Bewegungsstörung geboten. Zusätzlich habe der Verdacht auf ein ADHS sowie auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung bestanden. Eine medikamentöse Behandlung wegen ADHS im Kinderalter sei bestätigt worden. Der Verdacht auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung habe nicht überprüft werden können, auf Beziehungsebene habe sich der Kläger idealisierend und entwertend gezeigt. Erschwerend seien die in der Jugend erlebten Traumata wie langer Klinikaufenthalt und Gewalterfahrungen in der Pflegefamilie hinzugekommen. Diesbezüglich verspüre der Kläger Wut und Trauer. Sein Verhältnis zur Mutter sei immer noch mit Wünschen und Hoffnungen verbunden, wohl wissend, dass alles nicht eintreten könne. Eine plötzliche Klinikeinweisung des schwerkranken Vaters löse verstärkt körperliche Symptome aus. Eine ambulante Psychotherapie sei dringend erforderlich.
Eine weitere stationäre Behandlung erfolgte vom 30. März bis 3. Juni 2015 (Z1-Klinikum N1, C1). Die Einweisung durch den Hausarzt sei mit emotional-instabiler Borderline-Persönlichkeitsstörung erfolgt. Der Kläger habe angegeben, vor drei Monaten in der Psychosomatik K1 behandelt worden zu sein, dort habe man die Diagnose ADHS gestellt. Er sei gelernter Restaurantfachmann, letztes Jahr habe sein Betrieb Insolvenz angemeldet, seitdem sei er arbeitslos gewesen. Die Jobsuche sei schwierig, er habe Probleme mit der Sachbearbeiterin des Jobcenters gehabt. Während seines gesamten Lebens habe er nur flüchten wollen. Seit seiner Kindheit sei er unglücklich gewesen. Außer seinem Sohn gebe es nichts, worauf er stolz sei. Die Entlassung sei in die ambulante psychotherapeutische Weiterbehandlung unter psychiatrischer Mitbehandlung erfolgt.
F2 vom Z1-Klinikum C1 beschrieb im Kurzbrief über die zweite stationäre Behandlung vom 28. Juli bis 17. Oktober 2016, dass die Einweisung vom Hausarzt wegen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ erfolgt sei. Der Kläger sei wach, bewusstseinsklar und vollständig orientiert bei gesteigertem Antrieb ohne Hinweis auf wahnhaftes Erleben, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen. Er habe eingeräumt einmal pro Woche Amphetamine zur Entspannungsreduktion zu konsumieren. Der Kläger habe berichtet, zuletzt bei A2 gearbeitet zu haben, aber während der Probezeit entlassen worden zu sein, weil er nicht mehr zur Arbeit gegangen sei. Er lebe aktuell noch von Gespartem, beziehe Arbeitslosengeld. Er lebe allein, sei ledig und habe keine Kinder. Mit seinem Vater, Bruder und seiner Schwester habe er ein gutes Verhältnis, zu seiner Mutter eher nicht. Im Verlauf habe sich der Kläger gut stabilisieren können. Die Entlassung sei in die stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe erfolgt.
Nach dem Entlassungsbericht über den Aufenthalt gab der Kläger an, dass er ledig sei und einen fünf Jahre alten Sohn habe. Er selbst wohne im Moment beim Vater. Bis vor kurzem habe er in K1 gelebt, er sei gelernter Konditor. Er sei vier Jahre in einer Pflegefamilie aufgewachsen, wo er alltägliche Gewalt erlebt habe. Er habe die Grundschule wegen Verhaltensauffälligkeiten verlassen müssen, anschließend eine Schule für verhaltensauffällige Kinder besucht. Nach dem Umzug zur Mutter habe diese ihn in ein Heim für schwer erziehbare Kinder geschickt. Der Hauptschulabschluss sei trotz Fehlzeiten erreicht worden. Als seine damalige Freundin schwanger geworden sei, sei er Anfang 2011 zu ihr nach S5 gezogen. Er habe eine Ausbildung als Fahrzeuglackierer beginnen wollen, die Lehrstelle aber wegen der Trennung von der Freundin verloren. Er sei dann zu seiner Tante gezogen. Nach Schwierigkeiten mit dieser habe er in K4 sechs Monate ohne finanzielle Mittel auf der Straße gelebt. Er habe eine Anstellung in einer Disko gefunden und in einer Wohngemeinschaft gewohnt. Nach dem zweiten Schlaganfall des Vaters sei er zu diesem in die Wohnung gezogen. Dann habe es einen Streit mit seinem Vater gegeben, sodass er erst zu seiner Freundin und dann in eine eigene Wohnung gezogen sei. Er habe in einem Restaurant als Bar-Chef gearbeitet, bis das ganze Service-Personal gekündigt worden sei. In dieser Zeit hätten die Symptome in den Beinen begonnen, die im Klinikum K1 behandelt worden seien. Einen neuen Job habe er nicht gefunden, sich vom Jobcenter nicht ernst genommen gefühlt.
Die medikamentöse Behandlung sei intensiviert worden, neben den stationsinternen Aktivitäten habe der Kläger an der Kunst- und Sport- sowie an der Arbeitstherapie im Bereich Garten teilgenommen. Er habe viel Unterstützung durch den Sozialdienst benötigt. Da auch der Vater die angehäufte Post nicht mehr habe bewältigen können, sei eine Betreuung beantragt worden. Die Entlassung sei in eine Einrichtung der Eingliederungshilfe erfolgt.
Das LRA zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Das Landratsamt C1 teilte mit, dass nur noch eine Karteikarte vorliege, aus der eine Unterbringung des Klägers vom 26. September 1994 bis 16. April 1995 bei der Pflegefamilie H1 hervorgehe.
Die Schwester des Klägers gab – schriftlich befragt – an, dass sie mit ihrem Bruder zusammen bei den Pflegeeltern und deren drei Töchtern gelebt habe. Mit im Haus hätten die Großeltern der drei Mädchen gewohnt. Es habe immer ein strenger Tagesablauf geherrscht, sonntags hätten sie in die Kirche gemusst. Wenn die strengen Regeln nicht befolgt worden seien, habe es harte Strafen gegeben. Auf die Frage, ob die Schwester miterlebt habe, wie der Kläger von den Pflegeeltern körperlich misshandelt worden sei, gab sie an, dass, wenn dessen Windel morgens voll gewesen sei, die Pflegeeltern ihn eiskalt abgeduscht hätten. Wenn sie – die Kinder – abends nicht ruhig gewesen seien, hätten sie Schläge mit dem Holzkochlöffel bekommen. Wenn das Essen verweigert worden sei, habe man so lange sitzen bleiben müssen, bis es aufgegessen sei. Öfters habe man auch draußen oder im Zimmer essen müssen. Wenn etwas nicht geschmeckt habe, habe man es trotzdem essen müssen.
Der Vater des Klägers teilte auf die Anfrage des LRA zunächst telefonisch mit (vgl. Gesprächsvermerk vom 15. November 2018), dass der Kläger an einer bipolaren Störung leide und „lüge, wie andere atmen“. Am 21. Dezember 2018 äußerte er sich schriftlich dahingehend, dass der Kläger von der Pflegefamilie wenig erzählt habe. Von seiner Schwester habe er dann nach und nach erfahren, dass der Kläger wegen Bettnässens mit kalt Abduschen bestraft worden sei. Schläge hätten beide reichlich bekommen. Er habe beim Jugendamt vorgesprochen und im Beisein der Pflegeeltern mitgeteilt bekommen, dass Prügel „ok“ wären. Seine Kinder seien in ihrem Zimmer eingeschlossen worden und könnten heute noch nicht bei geschlossenen Schlafzimmertüren schlafen. Seine Kinder seien gegenüber den eigenen Kindern der Pflegefamilie deutlich benachteiligt worden. Hinzu komme, dass die Pflegefamilie bekennende Christen gewesen sei, für die die Prügelstrafe zum Alltag gehört habe. Zuständig gewesen sei das Jugendamt E1. Alle 14 Tage habe er die Kinder am Wochenende zu sich geholt, sie seien auch bei der Familie H1 gewesen. Er habe regelmäßigen Kontakt zu der Pflegefamilie gehabt, sei bei seinen Besuchen mit spitzen Fingern behandelt worden.
Der Pflegevater L1 H1 teilte, ebenfalls schriftlich befragt, mit, dass die Kinder vom 26. September 1994 bis 16. April 1995 in seiner Familie gewesen seien. Es seien beides sehr liebe Kinder gewesen, der Kläger eher ängstlich. Da seine Frau krank geworden sei, hätten sie die Kinder nicht mehr betreuen können. Sie hätten die Kinder alle vier bis sechs Wochen bei der neuen Pflegefamilie besucht und übers Wochenende auch mit zu sich nach Hause genommen. Er habe das Gefühl gehabt, dass die neue Pflegemutter sehr streng mit den Kindern umgegangen sei. Er habe die Kinder öfter gefragt, ob es ihnen gut gehe in der Pflegefamilie. Die beiden hätten sich nur angeschaut und ihm keine Antwort gegeben. Die Schwester des Klägers habe dann einmal erzählt, dass der Kläger nachts ins Bett gepinkelt habe und man ihn daraufhin kalt abgeduscht hätte. Danach habe der Kläger wieder bei seinem Vater gewohnt. Auch von dort aus sei der Kläger häufig zu ihnen gekommen, es habe keine Probleme mit ihm gegeben. Seine Ehefrau sei 2001 verstorben, er habe anschließend eine neue Lebensgefährtin gefunden. Dieser gegenüber habe sich der Kläger nicht gut verhalten, sodass er beschlossen habe, ihn nicht mehr abzuholen.
Die Pflegeeltern D1 gaben, schriftlich gehört, an, dass der Kläger und seine Schwester seit 15. April 1995 bei ihnen gewesen seien. Zu der vorherigen Pflegefamilie habe noch ein guter Kontakt bestanden, diese hätten die Stellung der Großeltern übernommen. Die Rückführung zum Vater sei von Beginn an thematisiert und im Januar 1998 vollzogen worden. Der Kläger sei ein unruhiges Kind gewesen, gemischt mit Phasen des Rückzugs sowie solchen zerstörerischen Verhaltens. Besonders nach dem Elternkontakt seien die Kinder häufig verstört, aufgewühlt und orientierungslos gewesen. Der Kläger habe regelmäßig die neu von den Eltern mitgebrachten Spielzeuge zerstört und seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Der Vater habe die vereinbarten Besuchszeiten nicht eingehalten, sodass es zu Verunsicherung und Enttäuschung bei den Kindern gekommen sei. Der Umgang mit den Eltern sei herausfordernd gewesen. Besonders der Vater habe ihnen misstraut, die Realität verkannt und in ihnen seine Bedienstete ohne Erziehungsauftrag gesehen. Dies habe er dem Kläger sehr nachdrücklich in ihrem Beisein vermittelt.
Zum Eigenschutz und zum Wohl der Kinder habe enger Kontakt mit dem Jugendamt bestanden. Probleme seien dabei zeitnah aktiv thematisiert und bearbeitet worden. Stellenweise seien die Gespräche mit den Eltern durch einen von ihnen – den Pflegeeltern – eingeforderten Psychologen begleitet worden. Als Familie hätten sie mit den Eltern bzw. Schwiegereltern in einem großen Zweifamilienhaus gewohnt, der Kläger habe sich mit seiner Schwester ein Zimmer geteilt. Als Großfamilie seien sie viel draußen gewesen und hätten gemeinsame Unternehmungen durchgeführt. Es habe viel Besuch gegeben und während eines Jahres hätten sie ein Au-pair-Mädchen aus Polen gehabt.
Der Kindergarten teilte auf Anfrage des LRA durch Frau M3 mit, dass keine Entwicklungsberichte oder Beobachtungen über den Aufenthalt des Klägers existierten. Sie könne sich nur erinnern, dass die Kinder der Pflegefamilie sehr streng nach ihrem Glauben erzogen worden seien. Dies habe im Kindergartenalltag bedeutet, dass die Kinder an keiner Faschingsveranstaltung hätten teilnehmen und keine Mandalas ausmalen durften. In negativer Erinnerung sei ihr, dass der Kläger an einem Kindergartenfest nicht habe teilnehmen dürfen, weil er zu Hause in die Hose gemacht habe anstatt auf die Toilette zu gehen. Mit der Pflegemutter habe sie immer wieder Auseinandersetzungen bezüglich der christlichen Erziehung in der Einrichtung gehabt.
Zur Akte gelangten die Zeugnisse der F1-Schule M4 (Schulbesuch vom 27. September 2004 bis 25. Juni 2008) sowie der S6-Schule (Schulbesuch bis Juli 2010). Die P2 Schule B2 teilte mit, dass der Kläger dort von 10. April 2000 bis 25. Juli 2001 gewesen sei. Da die Akten mit dem Schulwechsel an die neue Schule weitergeleitet würden, könnten keine Auskünfte mehr erteilt werden.
Das LRA zog die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft P1 bei. Danach gab der Kläger bei seiner Vorsprache am 11. Juni 2018 an, dass er sich im Alter von zwei Jahren mit seiner Schwester drei Jahre lang in der Pflegefamilie D1 in E2 befunden habe. In dieser Zeit solle er täglich von beiden Pflegeeltern mit einem Kochlöffel mehrfach auf den nackten Hintern geschlagen worden sein. Des Weiteren soll er seinen Angaben zufolge gegen Möbelstücke, Türrahmen und auf den Boden gestoßen worden sein, sodass er am gesamten Oberkörper Hämatome erlitten habe. Bei verschiedenen Kontrollen durch Bedienstete des örtlichen Jugendamtes seien diese Verletzungen wahrgenommen worden. Hintergrund der jetzigen Strafanzeige sei der Opferentschädigungsantrag des Klägers über den „Weißen Ring“, von dort sei er zur Anzeigeerstattung aufgefordert worden.
In seiner Geschädigtenvernehmung gab der Kläger an, dass er mit eineinhalb Jahren mit seiner Schwester in die Pflegefamilie gekommen sei. Seine Eltern hätten sich getrennt, seine Mutter sei abgehauen und sein Vater psychisch wie finanziell am Ende gewesen. Die Pflegefamilie habe selbst drei Kinder gehabt. In dieser Zeit habe er sich noch in die Hose und auch ins Bett gemacht. Deshalb sei er von den Pflegeeltern unter die kalte Dusche gestellt und hiernach mit einem Kochlöffel (Material unbekannt) mehrfach auf den nackten Hintern geschlagen worden. Tagsüber habe er eine Windel angehabt, jedoch abends nicht mehr. Die Szenen hätten sich deshalb immer abends abgespielt. Zeitweise sei er auch mit der flachen Hand und mit dem Bratpfannenwender auf den nackten Hintern geschlagen worden. Außerdem habe er manchmal mit der flachen Hand Ohrfeigen auf die Wangen bekommen. Die beschriebenen Vorgänge hätten sich täglich über die gesamten drei Jahre seines Aufenthaltes in der Pflegefamilie abgespielt. Er sei gegen Möbelstücke, Türrahmen, auf den Boden und ins Kinderzimmer gestoßen worden. Seine Schwester habe die Szenarien mitbekommen, sie selbst sei lediglich selten geohrfeigt worden. Sie hätten Dinge essen müssen, die sie nicht hätten essen wollen. Er sei 10 bis 20 Mal bis zu vier Stunden im Kinderzimmer eingesperrt worden. Das dortige Jugendamt sei einige Male mit Anmeldung zur Kontrolle da gewesen, die Kontrolleure hätten die blauen Hämatome an seinen Armen und auf seinem Rücken gesehen, jedoch sei nie etwas passiert. Vom fünften bis zwölften Lebensjahr hätten sie wieder bei ihrem Vater gewohnt. Danach sei er alleine zu seiner Mutter nach E4 gezogen. Ab seinem 18. Lebensjahr habe er bei seiner Freundin in S5 gewohnt, mit dieser habe er einen 2011 geborenen Sohn. Seine Freundin habe den Mann geheiratet, mit dem sie ihn betrogen habe. Seither habe er fast keinen Kontakt mehr zu ihr und seinem Sohn.
Das Verfahren wurde mit Verfügung vom 3. Juli 2018 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.
Mit Bescheid vom 3. April 2019 lehnte das LRA die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Rechtswidrige tätliche Angriffe hätten nicht vorgelegen. Der Kläger sei in einer Zeit aufgewachsen, in der die Eltern bzw. Pflegeeltern noch das Recht der körperlichen Züchtigung gehabt hätten. Maßgebend, welche Erziehungsmaßnahmen rechtmäßig gewesen seien, sei das geltende Recht zu den Tatzeitpunkten. Durch das Sorgerechtsgesetz vom 18. Juli 1979 sei der Terminus der elterlichen Gewalt durch den Begriff der elterlichen Sorge ersetzt worden. Das Recht auf körperliche Züchtigung sei nach wie vor anerkannt gewesen. Bei gelegentlichen Klapsen und einer gelegentlich „wohlverdienten Tracht Prügel“ sei die für das körperliche Züchtigungsrecht gesetzte Grenze nicht überschritten. Die von den Pflegeeltern eventuell durchgeführten Züchtigungsmaßnahme seien zu den Tatzeitpunkten damit noch rechtmäßig gewesen. Heute seien sie zweifelsfrei rechtswidrig. Das Ermittlungsverfahren sei von der Staatsanwaltschaft wegen Verjährung eingestellt worden.
Im Widerspruchsverfahren wurde geltend gemacht, dass gegen das Recht aus § 1631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB – Inhalt und Grenzen der Personensorge) verstoßen worden sei.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S1 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2019 zurück. Es werde daran festgehalten, dass nach dem bis ins Jahr 2000 geltenden Züchtigungsrecht die von 1995 bis 1997 von den Pflegeeltern eventuell durchgeführten Züchtigungsmaßnahmen nicht als rechtswidrige tätliche Angriffe im Sinne des § 1 OEG bewertet werden könnten. Sogar die Verwendung eines Schlaggegenstandes habe nach den damaligen Maßstäben nicht zwingend das Merkmal einer verbotenen und damit gegebenenfalls als Körperverletzung strafbaren Erziehungsmaßnahme erfüllt.
Am 1. Juli 2019 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, welches am 17. Januar 2020 einen Verfahrens-Vergleichsvorschlag (vgl. Blatt 52 ff. SG-Akte) unterbreitet hat, welchen der Kläger, nicht aber der Beklagte angenommen hat.
Anschließend hat das SG die sachverständige Zeugenauskunft des S2 erhoben. Dieser hat als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung im Erwachsenenalter und eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) angegeben. Aufgrund der sich über die gesamte Kindheit und Jugend erstreckenden gravierenden biographischen Belastungen sowie bei biologischer Veranlagung für Aufmerksamkeitsdefizitstörungen seien die Beeinträchtigungen nicht vorübergehend.
Der Kläger habe ihm berichtet, dass die Mutter wohl psychisch krank gewesen sei. Sie habe sich von der Familie getrennt, die Konten des Vaters leergeräumt und Schulden hinterlassen. Er sei in seinen ersten beiden Lebensjahren lange im Krankenhaus gewesen, habe zwei Herz- und eine Lungen-Operation benötigt. Mit seiner Schwester sei er vom dritten bis fünften Lebensjahr in einer Pflegefamilie gewesen. Da er noch eingenässt habe, hätten ihn die Pflegeeltern täglich mit dem Kochlöffel geschlagen und ihn mit eiskaltem Wasser abgeduscht. Das Jugendamt habe dies gewusst, aber nichts unternommen. Er sei zunächst zum Vater zurück, mit 11 Jahren sei er zur Mutter gekommen. Diese habe ihn dann zwischen dem Alter von 12 und 16 Jahren in ein Heim in der E3 gesteckt (H3Haus), wo es ebenfalls schlimm für ihn gewesen sei. Der Vater habe ihn dann wieder zu sich geholt, zur Mutter bestehe kein Kontakt mehr.
Der Kläger schildere langjährige, wiederholte komplexe Belastungen in seiner Kindheit und Jugend, worunter die Zeit als Kleinkind in der Pflegefamilie von ihm am gravierendsten bewertet werde. Ob und inwieweit dieser Aufenthalt – z.B. im Verhältnis zu weiteren belastenden Erlebnissen der Kindheit und Jugend – als kausal schädigend zu werten sei, müsse über ein Gutachten geklärt werden. Plausibel sei jedenfalls, dass psychische Labilisierung, anhaltende Traumastörung und Depression sowie eine zeitweise bestehende Suchterkrankung sicherlich als Langzeitfolge dieser erlittenen biographischen Belastungen gewertet werden könnten.
Im Vergleich zu dem Kontakt am 4. April 2017 habe er den Eindruck, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich schrittweise gebessert habe. Er sei in der Lage gewesen, aus dem betreuten Wohnen zu ziehen, eine eigene Wohnung zu finden und eine Arbeitsstelle, welche ihn dann allerdings zeitweise wieder sehr belastet habe, durch übermäßige Arbeitszeiten in der Gastronomie. Nicht zuletzt hätten die Heirat und die Tatsache, dass er demnächst Vater werde, doch zu einer Besserung des Befindens beigetragen.
Ergänzend hat er den bereits aktenkundigen Entlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 28. Juli bis 17. Oktober 2016 vorgelegt.
Der K2 hat, als sachverständiger Zeuge gehört, bekundet, den Kläger zwischen 2015 und 2017 sporadisch behandelt zu haben. Er könne keine detaillierten Angaben mehr machen, die über seine Aufzeichnungen (ein Ausdruck aus der Patientendatei ist vorgelegt worden) hinausgingen. Diagnostisch sei von einer einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, einer schweren Persönlichkeitsstörung, einer dissoziativen Störung und rezidivierenden bis schweren depressiven Episoden auszugehen. Aussagen über die Ursächlichkeit der schweren emotionalen Störung könne er nicht machen. Die beschriebenen Erkrankungen entsprächen Folgen der schwergradig gestörten Persönlichkeitsreifung, sie könnten nicht einzeln betrachtet werden.
Weiter hat das SG das neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des S3 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 10. November 2020 erhoben. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, dass er in H2 geboren sei. Mit 1,5 Jahren sei er zu der Pflegefamilie gekommen und habe dort bis zum 5. Lebensjahr gelebt. Anschließend sei er bei seinem Vater aufgewachsen, mit sechs Jahren eingeschult worden. Er habe die Hauptschule abgeschlossen, die 8. Klasse wiederholt. Er habe in K4 eine Lehre zum Konditor begonnen, wegen eines Schlaganfalls seines Vaters sei er von K4 nach B2 gezogen, wo sein Vater gelebt habe. Er habe den Vater nicht gepflegt, sondern nur in seiner Nähe sein wollen. Er habe in dieser Zeit in einer WG gelebt, nicht beim Vater, der weiterhin lebe. Er habe als Kellner, Bar-Chef, in K1 gearbeitet. Er sei teilzeitbeschäftigt gewesen, habe 240 Stunden im Monat gearbeitet. Auf den Vorhalt, dass dies 60 Wochenstunden bedeute, habe der Kläger erklärt, dass der Arbeitsvertrag nur über 140 Stunden im Monat gewesen sei. Derzeit mache er eine Wiedereingliederungsmaßnahme über das Arbeitsamt. Dies diene der Vorbereitung der Ausbildung zum Zweirad-Mechatroniker. Es sei eine teilstationäre Maßnahme, er pendele täglich. Er gelange mit der Stadtbahn dorthin, einen Führerschein habe er nie besessen. Eine abgeschlossene Ausbildung habe er bis heute nicht.
Zu den schädigenden Ereignissen habe der Kläger angegeben, nicht genau sagen zu können, was sich zugetragen habe. Es müsse 1994 oder 1995 gewesen sein. Er sei von der Kinderklinik in T1 entlassen worden, habe eine Herz-Lungen-Operation gehabt. Er führe das darauf zurück, dass er keine Kontrolle über den Urin gehabt habe. Seine Schwester und er seien zu der Pflegefamilie gekommen, diese habe auch drei eigene Kinder gehabt. Wenn er nachts ins Bett gemacht habe, habe man ihn rausgeholt und unter die kalte Dusche gestellt. Da das Einnässen jede Nacht vorgekommen sei, habe sich dies jede Nacht wiederholt. Manchmal sei er nur verhauen worden, manchmal nur unter die kalte Dusche gestellt worden, manchmal beides. Das Bettnässen habe erst aufgehört, als er in der Klink in M2 gewesen sei und dort auf der Klingeldecke geschlafen habe. Da sei er sechs Jahre alt gewesen.
Wenn sie etwas nicht gegessen hätten, seien sie auf die kalte Terrasse ausgesperrt worden oder hätten Zimmerarrest bekommen oder auch etwas auf den Po. Das Ganze habe sich hingezogen, bis er im Alter von fünf Jahren zu seinem Vater gekommen sei. Die Pflegeeltern hätten die eigenen Kinder sehr bevorzugt. Wenn die Familie beispielsweise in den Zoo gegangen sei, habe er mit seiner Schwester zu Hause bleiben müssen. Einmal habe der Großvater Geld da gelassen, für einen Zoobesuch. Das Geld hätten die Pflegeeltern genommen, sich mit den Kindern einen schönen Tag gemacht, sie beide – der Kläger und seine Schwester – hätten jedoch zu Hause bleiben müssen. Auf Nachfrage habe der Kläger angegeben, dass die Vorfälle von den Behörden nicht abgeklärt worden seien. Er habe seinem Vater davon erzählt, dieser habe es bei seinen Besuchen teilweise auch mitbekommen, da sich die Pflegeeltern trotz seiner Anwesenheit genauso benommen hätten. Sein Vater habe gesagt, dass er sich an das Jugendamt E1 gewandt habe, dies habe aber nichts unternommen.
Der Kläger beschreibe, dass er Angstzustände habe, niemandem vertrauen könne, auch nicht seiner eigenen Frau. Er sei nicht in der Lage, emotionale Bindungen einzugehen, hege Misstrauen jedem Menschen gegenüber. Er versuche immer, sich sehr positiv darzustellen. Er könne keine Empathie empfinden, er leide an Depressionen und Suizidgedanken. Er habe Freunde nie über mehr als einen Monat, es gelinge ihm nicht Beziehungen aufrechtzuerhalten. Er habe Aggressionspotenzial, Verlustängste. Wenn er die Augen zumache, sehe er Bilder von dem, was damals vorgegangen sei.
Auf konkrete Nachfrage habe der Kläger angegeben, dass er ein bildliches Gedächtnis habe. Er könne jetzt noch sagen, was der Opa ihm gesagt habe, als er in den Operationssaal gefahren worden sei, ebenso was ihn der Opa beim Aufwachen gefragt habe, nämlich, ob er etwas trinken wolle. Er habe geantwortet: „Apfelschorle“. Dass sei nach der Operation gewesen, vor der Operation habe der Großvater ihm gesagt, dass man sich gleich wiedersehe.
Selbstschädigungen habe er eine ganze Zeit lang gemacht, jetzt nicht mehr. Er habe deshalb nie genäht werden müssen, sei deswegen nie in Behandlung gewesen. Er habe Cannabis konsumiert, das mache er aber nicht mehr. Ohne seine Frau würde der Alltag nicht funktionieren. Auf die Frage nach den Angstzuständen habe der Kläger angegeben, dass sich diese darauf bezögen, dass seine Frau abhaue oder dass seine Ausbildung nicht zustande komme. Dies seien aber keine konkreten Ängste. Wegen des ADHS nehme er regelmäßig Concerta, die Diagnose sei schon als Kind gestellt worden. Therapien fänden derzeit keine statt.
Er sei als zweites Kind zur Welt gekommen, die Geburt sei kompliziert gewesen, er habe lange im Krankenhaus bleiben müssen. Danach sei er zunächst zu seinen Eltern gekommen, allerdings sei seine Mutter untergetaucht, der Vater wirtschaftlich wie psychisch nicht in der Lage gewesen ihn aufzuziehen. Deshalb sei er zu der Pflegefamilie gekommen.
Er sei verheiratet, lebe mit seiner Frau zusammen. Aus der Ehe sei eine nun 9 Monate alte Tochter hervorgegangen. Aus einer vorherigen Beziehung habe er einen jetzt acht Jahre alten Sohn, der lebe bei der Mutter. Er müsse für den Unterhalt zahlen, das übernehme derzeit das Jugendamt. Er schraube gerne an Autos, habe zwar keinen Führerschein, aber ein Fahrzeug. Damit fahre seine Frau, er schraube auch an Fahrzeugen von Freunden.
Der Kläger habe sich in einem gutem Allgemein- und Ernährungszustand befunden, mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 bestehe Normalgewichtigkeit. Spuren von Selbstverletzungen fänden sich weder an den Armen noch an den Beinen. Motorisch bestünden keine zentral- oder peripher-motorisch schlaffe Paresen. Die Kraftminderung auf der linken Seite sei in Anbetracht der Ausprägung der Muskulatur, des regelrechten Gebrauchs des linken Armes und der linken Hand, z.B. beim An- und Auskleiden, sowie den Arbeitsspuren an der linken Hand völlig unplausibel. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich und lebhaft auslösbar. Der Gang mit offenen Augen sei sicher, der Seiltänzergang leicht unsicher, gelegentlich komme es zu Ausfallschritten. Der Einbeinstand sei sicher, der Romberg’sche Stehversuch nicht verwertbar, da sich der Kläger mehrfach nach rechts habe kippen lassen. Die Zeigeversuche und die raschen Folgebewegungen seien regelrecht.
Psychisch sei der Kläger bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen. Er habe ungezwungen Kontakt aufgenommen, wort- und gestenreich berichtet. Das Diktat sei aufmerksam verfolgt, gelegentlich ergänzt bzw. korrigiert worden. Realitätsprüfung und Intentionalität seien intakt. Es bestünden keine inhaltlichen oder formale Denkstörungen, der Antrieb sei ungestört, trotz längerdauernder Untersuchung bestünden keine Zeichen vorzeitiger Ermüdung. Das biographische Gedächtnis sei intakt, Merkfähigkeit und Konzentration ungestört. Die Stimmungslage sei ausgeglichen, das affektive Schwingungsvermögen nicht beeinträchtigt. Der Affektausdruck sei mittellebhaft, es zeigten sich keine Störungen der Impulskontrolle oder Distanzregulation. Bei der Exploration sei die Kooperation gut gewesen, bei der körperlichen Untersuchung zeige sich eine Symptomverdeutlichung.
Bei der fachpsychologischen Untersuchung (L2) habe der Kläger angegeben, dass er sich einfach nichts merken könne. Befragt nach Freizeitbeschäftigungen habe der Kläger berichtet, dass er sich mit seinem Hund beschäftige, online Computer-Spiele spiele, da könne er in eine andere Welt abtauchen. Für feinmotorische, visuelle oder auditive Beeinträchtigungen hätten sich keine Hinweise ergeben.
Die Fähigkeit zur kritischen visuellen Wahrnehmung sei grenzwertig, auch die verbale Merkfähigkeit für Zahlen und die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses lägen an der unteren Grenze der Altersnorm. Die Merkfähigkeit für eine komplexe Figur sei sowohl kurz- wie mittelfristig regelrecht, allerdings werde diese Figur nur mit unterdurchschnittlicher Genauigkeit konstruiert. Die visuelle Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie die kognitive Flexibilität lägen jeweils an der oberen Normgrenze. Die Sorgfaltsleistung erweise sich in einer weiteren Aufgabe zur komplexen Aufmerksamkeit als mäßig, jedoch nicht als reduziert. Die dazugehörige schriftliche Instruktion werde dabei nicht ausreichend befolgt.
Im Bereich der Schilderung psychischer Beschwerden würden übermäßig viele Beschwerden unkritisch bejaht, sodass den Angaben keine Aussagekraft bei der diagnostischen Beurteilung beigemessen werden könne.
Der erhobene körperliche Befund zeige einen regelrecht gepflegt und mäßig trainiert wirkenden Mann. Am Brustkorb bestehe eine reizlose Narbe nach Eingriffen an Herz und Lunge in der Kindheit. Zeichen einer Herzinsuffizienz lägen nicht vor. Der neurologische Befund zeige objektiv leichte Auffälligkeiten im Sinne einer beeinträchtigten Feinmotorik. Der Kläger mache eine Halbseiten-Gefühlsstörung links geltend, die nach den klinischen und elektrophysiologischen Befunden so nicht vorliegen könne. Die Befunderhebung sei erschwert durch eine offensichtliche Symptomverdeutlichung, wie die Präsentation einer medizinisch ebenfalls unerklärlichen Kraftminderung am linken Arm, die jedoch in Widerspruch zu der normalen Bemuskelung, dem regelrechten Gebrauch von Hand und Arm wie auch den Arbeitsspuren stehe.
Der psychische Befund habe keine Auffälligkeiten ergeben, insbesondere keine Hinweise für eine Persönlichkeitsstörung, ein ADHS, eine Depression oder eine PTBS. Bei der testpsychologischen Diagnostik habe sich eine durchschnittliche intellektuelle Grundbefähigung ergeben. Minderleistungen bestünden im Arbeitsgedächtnis und der kurzfristigen visuellen Behaltensleistung. Eine Störung der konzentrativen Zuwendung liege nach dem spezifischen Testverfahren nicht vor. Insofern sei die Diagnose eines ADHS aktuell nicht nachzuvollziehen. Nach der Verhaltensbeobachtung bestehe ein flüchtiger Arbeitsstil mit Bevorzugung der Geschwindigkeit zu Lasten der Sorgfalt. Dies entspreche aber keiner psychischen Erkrankung. Ferner zeigten die validierenden Verfahren erhebliche Beschwerdeübertreibungen. Insofern könnten die Mitteilungen des Klägers nicht als Grundlage einer diagnostischen Bewertung dienen.
Die Ausführungen des S2 in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG seien nicht schlüssig. Die Anamnese beschränke sich auf eine fragmentarisch dokumentierte Biographie. Die beschriebenen Auffälligkeiten seien nicht geeignet, die genannten Diagnosen zu begründen. Vor allem bestehe der Befund ab der zweiten Zeile aus einer Wiederholung der Beschwerdeschilderung, nicht aber aus ärztlichen Feststellungen. Eine Diagnosebegründung fehle. Der Entlassungsbericht der P3 Klinik N1 lasse eine systematische Anamnese bezüglich der Symptome der als Diagnose angegebenen Störungen vermissen, ebenso jeglichen Befund. Eine Diagnosebegründung finde sich nicht. Die Diagnosen der Klinik seien nicht kongruent mit denen des S2.
Aus dem Behandlungsbericht 2014 (Städtisches Klinikum K1) sei eine Gesundheitsstörung während des Aufenthalts nicht zu diagnostizieren. Die dokumentierten Befunde seien sämtlich regelrecht. Die angegebenen Behandlungsdiagnosen seien deshalb nicht nachvollziehbar. Es handele sich eher um Verdachtsdiagnosen bei der Aufnahme, die im Laufe der Behandlung nicht bestätigt worden seien. Die einzige Auffälligkeit betreffe das internistische Fachgebiet mit einer eingeschränkten Herzfunktion.
Dem Bericht über den stationären Aufenthalt 2016 sei eine polymorphe Symptomatik mit teils körperlichen, teils neurologischen Beschwerden ohne entsprechende Befunde zu entnehmen, die keine Symptome von Krankheitswert beschrieben. Deswegen sei keine Krankheit festzustellen, insbesondere nicht eine Persönlichkeitsstörung, noch eine PTBS oder Depression. Noch nicht einmal eine Diagnostik zu dem Aufmerksamkeitsdefizit sei geleistet worden. Bei der Laboruntersuchung habe sich ein Amphetaminkonsum ergeben, dieser stelle ein Ausschlusskriterium für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung und eines ADHS dar.
Dem Leistungsverzeichnis der A1 seien mehrfache Behandlungen im November 2015 zu entnehmen, die Diagnose einer PTBS finde sich nicht. Aus den in der Akte befindlichen Zeugnissen ergäbe sich, dass erheblich Unterricht versäumt worden sei.
Zu dem Bericht der Klinik für Kinderneurologie M2 vom 15. Dezember 1999 sei darauf hinzuweisen, dass sich keine Hinweise für eine psychische Traumatisierung fänden, die später geltend gemachten Vorfälle in der Pflegefamilie hätten keine Erwähnung gefunden. Da die Vorstellung in Begleitung des Vaters erfolgt sei und dieser auch gehört worden sei, überrasche es, dass auch jener nichts dergleichen erwähnt habe.
Der Bericht aus dem Jahre 1996 enthalte eine Befunderhebung aus Oktober 1995, damals sei der Kläger altersentsprechend und normalgewichtig gewesen. Psychische Auffälligkeiten oder physische wie Hämatome etc. seien nicht beschrieben. Der Befund datiere aus einer Zeit, während der der Kläger sich in der Obhut der Pflegeeltern befunden haben müsse. Misshandlungen oder psychische Auffälligkeiten seien nicht dokumentiert.
Nach Auswertung der Akten bestehe jetzt eine kardiologisch gesicherte Funktionsstörung des Herzens. Bei rückblickender Betrachtung habe in der Kindheit eine Störung der Impuls- und der Verhaltenskontrolle mit aggressiven Durchbrüchen bestanden, ferner werde eine Beeinträchtigung der motorischen Entwicklung berichtet, die heute noch durch leichte motorische Störungen in Erscheinung trete. Die Ursache dieser Auffälligkeiten seien meist genetische Anlagen, in Anbetracht der Geburtskomplikationen könne eine frühkindliche Hirnschädigung nicht ausgeschlossen werden. Eine Dokumentation über die frühkindliche motorische und kognitive Entwicklung liege nicht vor.
Die Mitteilungen des Klägers über eigene präzise Erinnerungen an die schlechte Behandlung bei den Pflegeeltern 1995 bis 1998 seien nicht nachvollziehbar. Aus der Gedächtnisforschung sei bekannt, dass Kinder in diesem Alter noch kein biographisches Gedächtnis hätten und verwertbare Erinnerungen erst ab dem siebten oder achten Lebensjahr zur Verfügung stünden.
Insofern handele es sich bei den Erinnerungen des Klägers mit großer Wahrscheinlichkeit um Pseudoerinnerungen, die erst im Nachhinein gebildet worden seien. Die Bewertung als Pseudoerinnerungen impliziere keine Aussage oder Annahme darüber, ob die behaupteten Ereignisse sich tatsächlich zugetragen hätten oder nicht. Die Versuche, die Vorwürfe gegenüber den Pflegeeltern zu ermitteln, seien ins Leere gelaufen. Der einzige Hinweis sei, dass die Schwester des Klägers ähnliches berichtet habe solle, allerdings sei dies auch nur eine Information aus zweiter Hand. Nach der Akte bestünden jedenfalls keine sogenannten Brückensymptome, also psychische Auffälligkeiten im Sinne einer Traumafolgestörung, die zeitnah zu den Vorfällen dokumentiert seien. Ebenso wenig bestünden Hinweise für Therapien deswegen. Der den Vorfällen zeitlich am nächsten liegenden Bericht aus 1996 enthalte keine Hinweise für Misshandlungen oder deren Folgen, ebenso wenig die Berichte aus 1999.
Derzeit lägen beim Klägerin leichte motorische Beeinträchtigungen vor, deren Ursache unklar sei. Die behaupteten Handlungen der Pflegeeltern seien nicht geeignet, motorische Beeinträchtigungen hervorzurufen. Eine Schädigung des zentralen Nervensystems sei nicht anzunehmen. Die motorischen Auffälligkeiten seien kein Symptom einer psychischen Erkrankung, insbesondere nicht einer psychischen Traumafolgestörung. Hinweise auf eine PTBS, eine Depression oder eine Persönlichkeitsstörung bestünden nicht. Diagnostisch sei eine Verhaltensstörung des Kindesalters mit impulsiven Durchbrüchen anzunehmen. In Anbetracht der schwierigen Integration in der Schule und später in das Erwerbsleben könne man vermuten, dass auch jetzt noch eine Störung der Impulskontrolle und der Verhaltensorganisation mäßiger Ausprägung bestehe, jedoch nicht so, dass eine psychische Krankheit zu diagnostizieren sei. Die Unregelmäßigkeiten in der frühkindlichen und kindlichen Entwicklung könne die Entwicklung und Reifung des Klägers nachteilig beeinflusst haben, allerdings handele es sich auch dabei nicht um Ereignisse, die vom OEG erfasst würden, ein GdS ergebe sich nicht.
Nach Einwänden des Klägers gegen das Sachverständigengutachten des S3 hat das SG das neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des S4 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 14. Oktober 2022 erhoben. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, dass er an Depressionen und einer Angst leide. Er habe Ängste, alles falsch zu machen, Ängste vor Fehlern, für die er nichts könne, dass er dann zur Rechenschaft gezogen werde. Er verweise auf die beruflichen Tätigkeiten. Er befinde sich gegenwärtig in einer Umschulung über die Agentur für Arbeit. Im beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum in K3 erfolge eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker, Fachrichtung Fahrradtechnik. Er habe eine seelische Misshandlung der von ihm getrennten Ehefrau mit Kindvorhaltung (richtig wohl: Kindesvorenthaltung) usw. angegeben. Er leide an Depressionen und Verlustängste. Befragt nach der Symptomatik der Depressionen seien Antriebs- und Lustlosigkeit angegeben worden. Er denke morgens, wann der Tag vorbei sein werde, es gebe keinen direkten Bewegungsgrund.
Er sei emotional gleichgültig. Er liebe seine Tochter zwar sehr, soziale Kontakte seien für ihn aber extrem anstrengend. Vorschläge zu gemeinsamen Aktivitäten gingen immer von anderen aus, er nehme daran aber teil. Einschränkungen der Eigeninitiative seien geschildert worden, dies sei seit Jahren so. In der linken Körperhälfte würden Missempfindungen angegeben, diese sei zeitweilig wie eingeschlafen. Nach den Corona-Infektionen bestünden Ohrenschmerzen links.
Das Schlimmste für ihn sei, dass er niemandem vertrauen könne. Er könne sich noch an die Herz- und Lungenoperationen im Alter von zwei und drei Jahren erinnern. Mit seiner Mutter sei er noch nie klargekommen, seinem Vater würde er vertrauen. Der Mutter vertraue er nicht, diese habe ihm gegenüber „viel Scheiße“ gebaut.
Er sei zwei oder drei Jahre alt gewesen, als er in die Pflegefamilie gekommen sei. Er sei dort mit seiner ein Jahr älteren Schwester gewesen. Er sei direkt vom Krankenhaus in T1 dorthin gekommen. Ansonsten sei er nie in einer Pflegefamilie gewesen. Die Familie in E2 seien so schöne Christen mit dem Fisch auf dem Auto gewesen, sie hätten drei eigene Kinder gehabt. Wenn er und eine Schwester nicht richtig gegessen und getrunken hätten, seien sie auf die Terrasse ausgesperrt worden. Sie seien auch in das Zimmer eingesperrt worden, wenn die Pflegeeltern mit den eigenen Kindern in den Zoo gegangen seien. Jeden Tag habe er sich nachts einnässt, er habe praktisch nicht gelernt, das Wasser zu halten. Jeden Tag sei ihm dann von der Pflegemutter oder dem Pflegevater „der Arsch versohlt“ worden. Sie hätten ihn auch unter die kalte Dusche gestellt, damals habe er den Kindergarten besucht.
Im Nachhinein habe er viel über die Pflegeeltern erfahren. Ein Mitpatient in C2 habe die Familie gekannt. Das Jugendamt und seine eigenen Eltern hätten über die Zustände Bescheid gewusst. Der Kläger habe sich dann lautstark über die Verjährungsfrist beschwert.
Er sei in H2 geboren, per Kaiserschnitt entbunden worden. Er habe den angeborenen Herz- und Lungenfehler gehabt, er sei übertragen gewesen. 1994 oder 1995 sei dann die erste Herzoperation gewesen, gegebenenfalls sei er als Kind an der Leiste operiert worden. Weitere operative Eingriffe würden verneint.
Auf psychiatrischem Fachgebiet seien mehrere Diagnosen gestellt worden. Es sei eine dissoziative Persönlichkeitsstörung festgestellt worden. Der Kläger beschäftige sich aber nicht so mit seinen Krankheiten. Die Untersuchung heute sei Stress für ihn. Bekannt seien die Depressionen, die Antriebslosigkeit und die Motivationslosigkeit. Diagnostiziert worden sei eine PTBS, er schildere eine Stressintoleranz. Befragt nach dem Trauma der PTBS habe der Kläger angegeben, dass er als Kind jeden Tag verprügelt worden sei. Er sei jetzt zu 99,9 % körperlich belastbar.
Die Pflegefamilie in E2 sei für ihn Horror gewesen. Er habe keine Liebe und Anerkennung bekommen. Er habe erneut auf die körperlichen Züchtigungen verwiesen. Die Erstbehandlung wegen seelischer Störungen sei im Kinderzentrum M2 wegen des Einnässens gewesen.
Er habe Verhaltensauffälligkeiten im frühen Schulalter geschildert. Er sei in dem Kinderzentrum in M2 im Kindesalter stationär behandelt worden. Im Alter von 21 Jahren sei er für sechs Monate in der psychiatrischen Klinik C2 gewesen, im Alter von 23 Jahren nochmal dort behandelt worden. Im Alter von 16 oder 17 Jahren sei er in suizidaler Absicht auf eine Autobahn gelaufen. Er habe nicht mehr leben wollen. Als Grund habe der Kläger Gedankenkreisen angegeben, ein Freund habe ihn dann am Suizidversuch gehindert.
Seine Mutter lebe in B2, er sehe sie etwa einmal im Monat. Die Schwester und der Vater lebten in T2. Mit der Schwester telefoniere er ein- bis dreimal die Woche, mit dem Vater alle zwei bis drei Wochen. Der Vater sei auch oft bei der Schwester.
Er rauche zwei Zigaretten am Tag, es sei keine Sucht. Er fahre dann mit dem Zigarettenkonsum herunter. Er trinke keinen Alkohol, es lägen auch kein Missbrauch illegaler Substanze oder nicht-substanzgebundene Süchte vor, weiter keine Medikamentenabhängigkeit. Der Kläger gebe an, dass bei ihm ADHS diagnostiziert worden sei, er habe das Präparat Concerta aber nicht eingenommen. Die Erstdiagnose des ADHS sei im Alter von sechs oder sieben Jahren im Kinderzentrum M2 gestellt worden. Er habe dann Ritalin als Medikation erhalten.
Nach dem Hauptschulabschluss habe er keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er sei nach zwei Wochen von der Grundschule geflogen, dann ein halbes Jahr auf der P2 Schule und später dann in B2 im R1 bis zur fünften Klasse gewesen. Die Schule sei mit Tagesbetreuung gewesen, er sei zur Mutter gezogen. Von der Mutter aus sei er dann für eineinhalb Jahre in dem H4-Haus gewesen. Ab der achten Schulklasse bis zu seinem 18. Lebensjahr sei er dann zum Vater gegangen. Eine Ausbildung zum Restaurantfachmann habe er nicht abgeschlossen, er sei nicht zur Prüfung angetreten. Er bekomme jetzt Arbeitslosengeld II, ein weiteres Einkommen werde verneint.
Er sei seit 23. Dezember 2019 verheiratet. In der Ehe sei man seit Januar 2022 getrennt. Er habe eine Tochter, die am 11. Februar 2020 geboren sei. Es gebe viele Gründe für die Trennung in der Ehe. Die Schwiegermutter habe sich eingemischt, es sei ein emotionaler Rückzug seinerseits gewesen. Er habe eine Lebensgefährtin, die in P1 wohne. Er wohne alleine in einer Mietwohnung. Es bestehe weiter eine gesetzliche Betreuung, der Betreuer sei für die Finanzen und Behördenangelegenheiten zuständig. Er habe keinen Führerschein, ein GdB von 50 sei anerkannt. Es liefen das Scheidungs- und Unterhaltsverfahren.
Er nehme keine regelmäßige Medikation ein, bei S2 stelle er sich etwa zwei- bis dreimal im Jahr vor. Seit September 2020 finde eine psychotherapeutische Betreuung statt.
Zunächst sei er nach der Geburt für ein Jahr bei den Eltern gewesen, dann für eineinhalb Jahre wegen der Herz- und Lungenleiden im Krankenhaus in T1. Später sei er noch kurzzeitig bei den Großeltern des Hausmädchens, den Eheleuten H1, gewesen. Zu diesen habe er ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Die Trennung bzw. Scheidung der Eltern sei zwischen 1994 und 1996 gewesen. Er könne sich erinnern, dass er in T1 schon von den Pflegeeltern D1 gemeinsam mit der Schwester besucht worden sei. Von dem Krankenhaus in T1 sei er direkt zu den Pflegeeltern gekommen. Er sei der jüngste dort in der Kinderreihe gewesen. Die Pflegeeltern hätten drei leibliche Kinder.
Er habe dann die Prügelstrafe bei nächtlichem Einnässen erfahren. Er sei auch auf die Terrasse gesetzt, kalt geduscht und mit dem Kochlöffel auf den Po geschlagen worden. In der Pflegefamilie sei er bis zum fünften Lebensjahr gewesen, dann zum Vater nach B2 gekommen. Ab dem elften Lebensjahr sei er dann zur Mutter nach M5 für drei Jahre bis zum vierzehnten Lebensjahr gekommen. Die Mutter habe wieder geheiratet, sie habe mit ihrem Ehemann ein Haus gebaut. Es sei dann zur Trennung der Ehe der Mutter gekommen, er habe dann wieder wegziehen müssen, seine Freunde seien weg gewesen. Er sei dann in ein Internat gekommen. Mit dem 18. Lebensjahr sei er beim Vater ausgezogen. Der Kläger gebe an, dass sein ganzes Leben eine „Scheißbelastung“ gewesen sei, er betone dann die Belastungen in der Kindheit in der Pflegefamilie. Das Leben sei eine tödliche verlaufende Krankheit, die durch Sex übertragen werde.
Der Aufenthalt in der Pflegefamilie sei für ihn von allen Dingen das Schlimmste gewesen. Er habe nichts machen können, der Vater, die Schwester und das Jugendamt hätten nicht helfen können. Die Hilflosigkeit sei auch für ihn jetzt noch schlimm.
Weiter habe der Kläger angegeben, dass er wegen Nötigung, schwerer Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Exekutionsversuch gegenüber der damals 18-jährigen Freundin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren auf Bewährung verurteilt worden sei. Er sei niemals inhaftiert gewesen.
Bei ihm sei eine Impulskontrollstörung bekannt, er sei schon mehrfach rechtskräftig verurteilt worden. Er sei öfter mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwarzgefahren, mit 20 Jahren wäre er zwei Wochen im Jugendarrest gewesen.
Zum Tagesablauf habe der Kläger angegeben, um 8.10 Uhr aufzustehen und die Körperpflege zu verrichten. Er fahre mit der Straßenbahn zum Praktikum, dort sei er von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Mittagspause sei von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Die Arbeit mache ihm Spaß, er schildere ein gutes Verhältnis zum Chef. In seinem früheren Betrieb habe der Chef nicht mit ihm geredet, er habe dort dann Depressionen bekommen. Seit drei Wochen sei er an dem jetzigen Praktikumsplatz, er werde voraussichtlich in dem Betrieb übernommen. Er stehe für das Recht anderer Menschen ein, habe ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Gegen 18.30 Uhr komme er nach Hause, koche jeden Abend. Meistens komme die Freundin dann zu ihm. Man esse zu Abend, gehe spazieren, unterhalte sich und schaue fern. Er fahre viel Fahrrad, lege etwa 10.000 Kilometer im Jahr zurück. Ab und zu fahre er mit dem Fahrrad bis nach P1. Er habe keine Freunde, habe Kumpels, die er selten sehe. Am Wochenende sei alle zwei Wochen die Tochter da, er hole sie in K6 ab. Der letzte Urlaub sei dieses Jahr zusammen mit seiner Freundin in Ägypten gewesen.
Es bestünden Einschlafstörungen, er werde alle ein bis zwei Stunden wach, habe keinen Tiefschlaf. Der Nachtschlaf sei für den Kopf erholsam, ein vermehrtes Träumen werde verneint. Eine schlafmedizinische Abklärung sei nicht erfolgt. Der Kläger beschreibe starke Stimmungsschwankungen, er sei dann impulsiv und aufbrausend, wenn ihm etwas nicht passe. Er könne sich schon freuen, er freue sich über körperliche Nähe der Lebensgefährtin. Das Fahrradfahren tue ihm gut, er könne dabei „sein Hirn“ ausschalten. Vom 14. bis 15. Lebensjahr habe er sich die Arme aufgeschnitten, später sei ein Nägelkauen angegeben worden. Eine tageszeitliche Abhängigkeit der Stimmungslage bestehe nicht. Ein episodenhafter Verlauf der Stimmungslage werde verneint, eine manische Symptomatik sei von der Anamnese her nicht bekannt.
Er fahre gerne Fahrrad, er habe elf oder zwölf Rennräder und auch ein elektronisches Bike. Etwa ein- bis zweimal pro Woche mache er PC-Spiele online mit Kumpels. Der Erste und der Zweite Weltkrieg interessiere ihn. Er habe diesbezüglich schon Museen besucht, sei schon in Verdun gewesen. Er liebe seinen Job, schraube gerne an Fahrrädern, habe aber kein richtiges Hobby.
Befragt nach seinen Persönlichkeitseigenschaften habe der Kläger geantwortet, dass er dies zum ersten Mal gefragt werde. Er beschreibe sich als hilfsbereit und fürsorglich. Er sei emotional höchst instabil, verletzlich. Er sei souverän in Dingen, wo er wisse, dass er es wisse. Er sei aufmerksamkeitssuchend, bindungsvermeidend und misstrauisch. Vertrauen könne er nur dem Vater und der Schwester. Er sei tierlieb, sein Hund lebe jetzt bei der Ex-Frau. Er sei sehr kreativ, male ab und zu abstrakte Bilder. Er sei sehr ordentlich und könne bei der beruflichen Tätigkeit nicht „nein“ sagen.
Für die Zukunft wünsche er sich, dass er seine Tochter öfter sehe, die Ausbildung schaffe und ggf. später noch die Meisterprüfung ablege. Er wolle seinen seelischen Frieden haben, verweise auf die Belastungen durch den aktuellen Verwaltungs- und Rechtsstreit. Er habe die Schublade, die eigentlich zu sei. Er habe aber die Bilder, wenn er die Augen zumache. Er denke dann an die Zeit in der Pflegefamilie zurück. Er wolle später nach Portugal auswandern, dort einen Fahrradladen zusammen mit einer Pension aufmachen.
Neurologisch habe eine unauffällige Schädelkonfiguration bestanden, die Kopfbeweglichkeit sei ohne Hinweise für Paresen. Die grobe Kraft der linken Hand sei im Vergleich zu rechts gemindert, ohne Anhalt für umschriebene Paresen. Der Ein-Bein-Stand sei links etwas unsicher, alle Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien aktiv beweglich. Der Finger-Boden-Abstand betrage 0 cm. Das Gangbild sei physiologisch mit ausreichender Mitbewegung der oberen Extremitäten. Für eine neurogene Gangstörung bestehe kein Anhalt. Die Abweichung im Romberg-Stehversuch nach links und auch die Minderung der groben Kraft der linken Hand seien unter Berücksichtigung der Aktenlage pathophysiologisch nicht plausibel bzw. nachvollziehbar.
Der Kläger wirke altersentsprechend, sei gepflegt gekleidet gewesen. Gestik und Mimik seien soweit angemessen, eine Eingebundenheit habe nicht bestanden. In der Anamneseerhebung habe sich kein Anhalt für eine manifeste Simulation oder Dissimulation ergeben. Im interaktionellen Verhalten wirke er bei der Anamneseerhebung zunächst misstrauisch und distanziert. Die Sprache sei regelrecht moduliert, das Sprachverständnis und Ausdrucksvermögen seien gut, es lägen keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung oder der Konzentration vor. Relevante Gedächtnisstörungen seien nicht nachzuweisen, Jahresdaten würden teilweise nicht gut erinnert. Die Grundstimmung sei ausgeglichen bis unterschwellig gereizt, die affektive Resonanzfähigkeit sei leicht zum negativen Pol hin verschoben, zum positiven aber nicht aufgehoben.
Eine emotionale Stumpfheit oder Hypervigilanz habe nicht vorgelegen. Es zeigten sich keine formalen Denkstörungen, eine Grübelneigung sei berichtet worden. Es bestünden keine inhaltlichen Denkstörungen, ggf. eine dissoziative Bewegungsstörung mit Schwäche der linken Körperhälfte. Der Kläger habe ein ausschließlich seelisch orientiertes Krankheitsgefühl. Er habe einzelgängerische Persönlichkeitseigenschaften beschrieben. In seiner Grundpersönlichkeit wirke er emotional instabil mit vor allem impulsiven Anteilen. Es bestünden noch depressive und selbstunsichere Persönlichkeitsanteile, insgesamt schon im Ausmaß einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung ergebe sich kein Anhalt.
Diagnostisch sei von Sensibilitätsstörungen der linken Körperhälfte, einer Kraftminderung der linken Hand unklarer Ursache und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung auszugehen. Der Kläger habe angemessen die lebensgeschichtlichen Belastungen schildern können. Tagsüber gehe er jetzt der beruflichen Tätigkeit nach. Entsprechend der Angaben bestehe ein sehr guter Kontakt zu der Lebensgefährtin. Er fahre viel mit dem Fahrrad, etwa 10.000 Kilometer im Jahr. Die Tochter sei alle 14 Tage samstags bei ihm. Er gehe erst nach Mitternacht zu Bett. Ein- und Durchschlafstörungen seien genannt, ein vermehrtes Träumen verneint worden. Starke Stimmungsschwankungen seien angegeben worden, die Freudfähigkeit sei nicht aufgehoben. Eine tageszeitliche Abhängigkeit oder ein episodenhafter Verlauf der Stimmungslage seien verneint worden. Hobbys bestünden nicht, aber durchaus Interessen, über die begeistert berichtet worden sei.
Die neurologische Symptomatik habe keinem neurologischen Krankheitsbild zugeordnet werden können, sie könne deshalb nicht näher diskutiert werden. Eine Relevanz zur Fragestellung bestehe nicht. Im psychischen Befund zeige sich keine signifikante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung. Der Kläger habe zunächst misstrauisch gewirkt, was sich im Laufe der Anamneseerhebung gelegt habe. Kognitive oder mnestische Defizite relevanten Ausmaßes hätten nicht erhoben werden können, für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik habe sich kein Anhalt ergeben. In der Grundstimmung wirke er ausgeglichen, dann aber auch unterschwellig schnell gereizt. Die affektive Resonanzfähigkeit sei zum negativen Pol hin verschoben. Es hätten sich deutliche Hinweise für eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vor allem dann mit emotional-instabilen Anteilen vom impulsiven Typ ergeben. Es bestünden auch depressive und selbstunsichere Persönlichkeitsanteile. Weitere neuropsychologische oder testpsychologische Untersuchungen seien unter Berücksichtigung des Vorgutachtachtens nicht indiziert.
Es stelle sich die Frage, ob man eine spezifische oder eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziere. Der Kläger weise mehrere Persönlichkeitsmerkmale auf, sodass die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gestellt werde. Diese Diagnose sei aktenkundig. Für eine andere Erkrankung des psychiatrischen Fachgebiets ergebe sich aus aktueller Sicht kein Anhalt. Bei Persönlichkeitsstörungen bestünden oft auffällige Verhaltensmuster, die andauernd und gleichförmig, nicht nur auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt seien. Das auffällige Verhaltensmuster sei tiefgreifend, die Störungen begönnen meistens in Kindheit und Jugend und manifestierten sich auf Dauer im Erwachsenenalter.
Die kombinierte Persönlichkeitsstörung sei in wesentlicher Weise durch die Züchtigungen bzw. das restriktive Verhalten der Pflegeeltern zwischen 1995 und 1997 verursacht worden. Es entspreche dem Stand der medizinischen Wissenschaften als auch dem klinischen Konsens, dass derartige negative Einflüsse der frühen Primärsozialisation ein erhebliches Risiko mit sich brächten, dass Betroffene in ihrem späten Leben an psychischen Erkrankungen litten. Gerade körperliche Gewalterfahrungen über einen längeren Zeitraum, eine emotionale Vernachlässigung oder ein Missbrauch in der Kindheit prädisponierten zur Ausbildung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Es bestünden bei dem Kläger andere ursächliche Faktoren, die körperlichen Züchtigungen und das restriktive Verhalten der Pflegeeltern gerade im Vorschulalter sei aber als ursächlich überragend anzusehen. Der GdS sei mit 30 zu bewerten.
Der diagnostischen Einordnung des S2 könne nicht gefolgt werden, vielmehr sei von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen Anteilen auszugehen. K2 habe mehrere Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet benannt, die so nicht bestätigt werden könnten. Unzweifelhaft bestehe eine seelische Störung relevanten Ausmaßes.
Die von S3 gesehene Unauffälligkeit des psychischen Befundes sei für ihn nicht nachvollziehbar, soweit dieser testpsychologisch erhebliche Beschwerdeübertreibungen angebe, stelle sich die Frage, ob man aus diesen Auffälligkeiten bei den Beschwerdevalidierungsverfahren auf die Nicht-Authentizität der Beschwerden schließen könne. Solche seien nur im klinischen Kontext zu bewerten. Das Kinder in frühen Lebensjahren kein biographisches Gedächtnis hätten, widerspreche der klinischen Erfahrung. Ein sehr detailliertes Gedächtnis liege sicher nicht vor, sequentielle Erinnerungen an belastende Situationen mit Schmerzen könnten aber auch schon aus dem frühen Kindesalter resultieren. Hinsichtlich der Ausführungen bezüglich der Pseudoerinnerungen und der fehlenden Brückensymptome sei anzumerken, dass der Kläger sicherlich Schwierigkeiten gehabt habe, sich im weiteren Kindes- und Jugendalter zu öffnen. Er habe es letztlich ja nicht anders gekannt, als er es wohl in der Pflegefamilie erlebt habe. Später sei ihm erst das Ausmaß und die Ungerechtigkeit bewusst geworden, deshalb könne nicht auf die Dokumentation von Brückensymptomen abgestellt werden.
Der Beklagte ist dem Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass die eventuell durchgeführten Züchtigungsmaßnahmen der Pflegeeltern nicht als rechtswidrige tätliche Angriffe gewertet werden könnten. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Pflegeeltern des Klägers die Grenzen des elterlichen Züchtigungsrechtes, welches diesen die Rechtsordnung zum Tatzeitpunkt noch zugebilligt habe, überschritten hätten. Da ein entschädigungsfähiger Tatbestand nicht vorliege, komme es auf die Ausprägung der seelischen Störung und deren Entstehung nicht an. Im Übrigen habe S3 auf seinem Fachgebiet keinen GdS gesehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2023 hat das SG den Kläger persönlich angehört (vgl. Protokoll).
Weiter ist die Schwester des Klägers, H5, als Zeugin gehört worden. Diese hat, nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht, bekundet, dass es in der Pflegefamilie die Regel gegeben habe, dass aufgegessen werden müsse. Andernfalls habe man den Teller mit auf die Terrasse nehmen müssen und dort bleiben, bis der Teller leer gewesen sei. Beim Zubettgehen abends hätten sie sofort ruhig sein müssen. Wenn da noch gequatscht oder gekichert worden sei, sei der Pflegevater beispielsweise mit dem Kochlöffel gekommen und hätte ihnen „auf den Arsch“ gehauen. Sie könne sich an ein Ereignis erinnern, als sie an Ostern ein hartgekochtes Ei habe probieren wollen. Es sei nicht nach ihrem Geschmack gewesen und sie habe es sich reinwürgen müssen. Sie sei dann später auf die Toilette gegangen und habe sich übergeben. Bis heute könne sie keine hartgekochten Eier essen.
Wenn der Kläger in die Windel gemacht habe, sei morgens geprüft worden, ob die Windel voll gewesen sei. Dann sei er unter die eiskalte Dusche gestellt und abgeduscht worden, als Bestrafung. Er sei auch dergestalt bestraft worden, dass er separiert worden sei. Einmal sei draußen gezeltet worden und im Zelt habe nur schlafen dürfen, wer seinen Schnuller abgegeben habe. Sie habe ihren Schnuller abgegeben, der Kläger nicht. Deshalb habe er drinnen schlafen müssen. Sie hätten nach dem Wochenende beim Vater nicht aus dem Auto aussteigen wollen, sondern hätten versucht sich im Auto zu verstecken. Sie hätten sonntags in die Kirche gemusst und dort Rüschenkleider anziehen. Auf Nachfrage hat die Zeugin angegeben, dass jeden Tag nach der Windel geschaut worden sei, ob diese jeden Tag voll gewesen sei oder jeden Tag kalt geduscht worden sei, wisse sie nicht. Während der Kläger geduscht worden sei, habe sie vor der offenen Tür gestanden, geschaut und gesehen, wie der Kläger geweint habe. Er habe „kalt, kalt“ geschrien.
Es habe Prügel gegeben, wenn sie sich nicht benommen hätten oder nicht ruhig gewesen seien. Im Nebenzimmer hätten die drei Töchter der Familie geschlafen, wenn die abends einmal laut gewesen seien, habe man gehört, wie es dort Prügel gegeben habe. Abends sei es immer der Pflegevater gewesen, tagsüber beim Essen die Pflegemutter. Sie hätten oft auch nicht zu Ausflügen mitgedurft. Ob es Probleme mit dem Essen auch bei ihrem Bruder gegeben habe, wisse sie nicht. Auf die Nachfrage, ob sie auch stundenlang in ein Zimmer eingesperrt worden sei, hat die Zeugin angegeben, dass es Stubenarrest gegeben habe, ob die Tür abgeschlossen gewesen sei, wisse sie nicht mehr. Die Prügel seien mit dem Holzlöffel auf „den nackten Arsch“ erfolgt. Sie erinnere sich nicht, dass sie ins Gesicht geschlagen worden sei. Die Strafen seien auch erfolgt, wenn man nicht gehorsam gewesen sei. Sonntags in der Kirche habe man sich benehmen und still sein müssen. In der Kirche sei nichts passiert, aber danach, dass man beispielsweise auf sein Zimmer gemusst habe. Auf weitere Nachfrage hat die Zeugin erklärt, dass sie nicht mehr wisse, wie oft das kalte Abduschen des Klägers gewesen sei, es sei so gewesen, dass immer wenn die Windel voll gewesen sei, er kalt abgeduscht worden sei. Ihr Vater habe es mitbekommen, das habe er ihr nachträglich erzählt. Er sei auch zweimal beim Jugendamt gewesen, dort habe man ihm gesagt, dass er sich nicht so anstellen solle. Auf Nachfrage hat die Zeugin angegeben, dass es ein normal großer Kochlöffel gewesen sei, der Pflegevater habe damit zwei- bis dreimal auf den Hintern gehauen. Ob es blaue Flecken gegeben habe, „da sei sie überfragt“. Auf die Frage, ob Schmerzen auch länger angedauert haben, hat die Zeugin erklärt, dass es schon so gewesen sei, dass sie ein bis zwei Stunden vor sich hingeweint habe.
Weiter hat das SG die Pflegemutter, K7 D1, nach Belehrung über die Zeugnisverweigerungsrechte, als Zeugin gehört. Diese hat bekundet, dass der Kläger mit zwei Jahren zu ihnen gekommen sei und er da noch Windeln getragen habe. Diese habe er, als er die Familie verlassen habe, nicht mehr benötigt. Der Kläger und seine Schwester seien mit dem Ziel zu ihnen gekommen, wieder zum Vater zurückzukehren. Die Eltern seien getrennt lebend gewesen und hätten die Kinder besucht bzw. abgeholt. Abends seien sie dann zurückgebracht worden. An den Wochenenden hätten sie zeitweise beim Vater übernachtet, nach dem Elternkontakt habe sich konstant eine gewisse Orientierungslosigkeit bzw. Verstörtheit bei den Kindern gezeigt. Die Kinder seien beständig mit Spielzeug gekommen und das Spielzeug sei dann am nächsten Tag immer zerstört gewesen.
Auf Nachfrage hat die Zeugin erklärt, dass sie streng erzogen hätten, sie würde sagen, eine liebevolle Strenge. Sie hätten versucht, Sicherheit zu geben und beständig zu sein. Sie hätten immer zusammen gegessen, wenig auf die Teller getan und wenn jemand nicht aufgegessen habe, habe es zwischendrin nichts gegeben. Wenn sich die Kinder nicht an Regeln gehalten hätten, seien sie aufs Zimmer geschickt worden. Geohrfeigt hätten sie sicher niemanden, einen Klaps habe es bestimmt einmal gegeben. Wenn der Kläger die Windeln vollgehabt hätte, sei er saubergemacht worden, Schläge mit Gegenständen habe es nicht gegeben, auch nicht von ihrem Mann. Eiskalt abgeduscht worden sei der Kläger nicht. Ihr sei nicht erinnerlich, dass der Kläger über die Maße hinaus Windeln getragen habe, zu Beginn mit zwei Jahren natürlich schon. Sie denke, dass sie sich darin erinnern würde, wenn dem so gewesen wäre.
Aus Erzählungen wisse sie, dass der Kläger als Baby lange im Krankenhaus gewesen sei, während seiner Zeit bei ihnen sei er zweimal im Krankenhaus gewesen. Einmal sei das Septum geschlossen worden, da sei sie mit ihm im Krankenhaus gewesen. Das zweite Mal habe sich die Narbe entzündet, da habe sein Vater mit im Krankenhaus sein sollen, was aber nicht erfolgt sei.
Auf Nachfrage hat sie weiter angegeben, dass sie an Fasching ihre Kinder nicht in den Kindergarten geschickt hätten. Sie denke, dass sie ausschließen könne, dass ihr Mann, der Pflegevater, die Kinder abends mit dem Kochlöffel geschlagen habe. Sie seien in einer Freikirche auf Basis des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Kinder seien ihnen wichtig, es sei nicht der Erziehungsstil, dass geschlagen werde.
Die Zeit sei herausfordernd gewesen und sie hätten in engem Kontakt mit dem Jugendamt gestanden, da der Vater ihnen vorgeworfen habe, die Kinder zu schlagen, das sei mit dem Jugendamt thematisiert worden. Es habe eine Situation gegeben, dass die Schwester des Klägers im Kindergarten sexualisierte Bilder gemalt habe. Sie seien dann in der Klinik in M2 gewesen, um dies abzuklären. Ihr Mann habe die Kinder danach aus Eigenschutz nicht mehr versorgt, er habe sie weder geduscht noch gewickelt, noch sonst etwas gemacht.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG den Bescheid vom 3. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2019 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 seit dem 1. April 2017 zu gewähren sowie festzustellen, dass der Kläger als Folge der vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffe zwischen dem 15. April 1995 bis Ende 1997 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung erlitten hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der Kläger könne die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 und die Feststellung einer kombinierten Persönlichkeitsstörung als Schädigungsfolge beanspruchen, im Übrigen sei die Klage bezüglich weiterer Schädigungsfolgen unbegründet. Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger im Zeitraum vom 15. April 1995 bis zum 31.12.1997 infolge des Einnässens von den Pflegeeltern wiederholt unter die kalte Dusche gestellt worden sei. Daneben sei er auch als Strafe mit dem Kochlöffel (oder ähnlichen Gegenständen) auf das Gesäß geschlagen worden, den Tatbestand des § 223 Strafgesetzbuch (StGB) sehe die Kammer als erfüllt an.
Mit dem Sachverständigen S4 gehe die Kammer davon aus, dass zwar aufgrund des im Schädigungszeitraum jungen Alters des Klägers kein sehr detailliertes Gedächtnis mehr vorliege, sequentielle Erinnerungen an belastende Situationen nach den klinischen Erfahrungen dieses Gutachters auch schon aus dem frühen Kindesalter resultieren könnten. Der Auffassung des S3, dass es sich um Pseudoerinnerungen handele, folge die Kammer nicht. Es lägen nicht nur die Angaben des Klägers, sondern auch diejenigen der – damals ebenfalls noch sehr jungen – Schwester vor. Nach den Berichten des Kindergartens habe der Kläger an einem Kindergartenfest nicht teilnehmen dürfen, weil er zu Hause in die Hose gemacht habe. Daraus folge, dass die Inkontinenz des Klägers von den Pflegeeltern sanktioniert worden sei. Dass es in der Pflegefamilie erhebliche Probleme gegeben habe, sei den anamnestischen Angaben in den Angaben in den Berichten der Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie des Kinderzentrums M2 vom 15. Dezember 1999 und 11. Mai 2000 zu entnehmen. Der Aussage der Zeugin D1, der Pflegemutter, folge die Kammer nicht. Weitere vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe, wie vom Kläger geltend gemacht, seien nicht erwiesen.
Das Handeln der Pflegeeltern sei rechtswidrig, insbesondere nicht vom elterlichen Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die Grenze zu einer entwürdigenden Erziehungsmaßnahme sei durch das kalte Abduschen eines Kleinkindes und das Schlagen mit einem Kochlöffel auf das Gesäß unter Berücksichtigung des Alters überschritten. Dies gelte auch unter Beachtung der Wertmaßstäbe in den Jahren 1995 bis 1997. Es liege keine maßvolle Züchtigung vor, zudem sei das gewählte Mittel objektiv auch nicht zur Erziehung des Kindes geeignet gewesen. Es könne deshalb dahinstehen, ob sich Pflegeeltern überhaupt auf das elterliche Züchtigungsrecht berufen könnten.
Durch das restriktive Verhalten der Pflegeeltern sei eine kombinierte Persönlichkeitsstörung in wesentlicher Weise verursacht. Derartige negative Einflüsse in der frühen Primärsozialisation brächten ein erhebliches Risiko mit sich, dass Betroffene in ihrem späteren Leben an psychischen Erkrankungen litten. Gerade körperliche Gewalterfahrungen über einen längeren Zeitraum, eine emotionale Vernachlässigung oder ein Missbrauch in der Kindheit prädisponierten zur Ausbildung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Zwar bestünden beim Kläger auch andere ursächliche Faktoren, die körperlichen Züchtigungen der Pflegeeltern gerade im Vorschulalter seien aber als ursächlich überragend anzusehen. Der GdS sei mit 30 zu bewerten. Der Kläger habe ein ausschließlich seelisch orientiertes Krankheitsgefühl. Er beschreibe einzelgängerische Persönlichkeitseigenschaften sowie Bindungsstörungen und wirke in seiner Grundpersönlichkeit emotional-instabil mit vor allem impulsiven Anteilen. Es bestünden depressive und selbstunsichere Persönlichkeitsanteile, insgesamt schon im Ausmaß einer kombinierten Persönlichkeitsstörung.
Der abweichenden Auffassung des S3 folge die Kammer nicht. S4 habe zutreffend darauf hingewiesen, dass Auffälligkeiten in den Beschwerdevalidierungsverfahren nur im klinischen Kontext bewertet werden könnten, sodass aus der testpsychologischen Auswertung nicht auf eine fehlende Authentizität der Beschwerden zu schließen sei. Soweit S3 das Fehlen von Brückensymptomen anmahne, verweise S4 überzeugend darauf, dass der Kläger im weiteren Kindes- und Jugendalter sicherlich Schwierigkeiten gehabt habe sich zu öffnen. Zudem ergäben sich aus der Aktenlage durchaus Hinweise auf psychische Auffälligkeiten. Für andere Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe nach S4 kein Anhalt.
Am 26. September 2023 hat der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des G1 verwiesen. Dieser hat ausgeführt, dass selbst bei Annahme eines Tatbestandes nach dem OEG das neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten des S4 vom 21. Oktober 2022 nicht überzeugen könne. Bei der diagnostizierten kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend emotional instabilen Anteilen vom impulsiven Typ sei von einer multifaktoriellen Genese auszugehen. Neben genetischen und neurobiologischen Faktoren seien multiple lebensgeschichtliche Belastungen (Herzerkrankung/Operationen im Kleinkindesalter, konfliktbehaftete Trennung der Eltern, Heimaufenthalt, berufliche/finanzielle Schwierigkeiten) zu beachten, sodass Bedenken am Stellenwert der körperlichen Züchtigungen als wesentliche Bedingung für die Entstehung der kombinierten Persönlichkeitsstörung bestünden. Daneben zeigten die Angaben zum Tagesablauf und zu den bestehenden Interessen Zweifel an einer mehr als geringgradigen Beeinträchtigung durch die kombinierte Persönlichkeitsstörung. Eine schädigungsbedingte Beeinträchtigung vom Ausprägungsgrad einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei nicht ausreichend belegt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. April 2023 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung. In dem mehr als vier Jahre betriebenen Verfahren und aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung sei eine ausführliche und tragfähige Auseinandersetzung mit den lediglich oberflächlich wiederholten Standpunkten des Beklagten erfolgt. Die eingeholten Sachverständigengutachten seien ausführlich ausgewertet und methodenkritisch überprüft worden. Die jeweiligen Beweismaßstäbe und die verlangten Kriterien bei der Bemessung des GdS seien vollständig ausermittelt und rechtsfehlerfrei ausgeurteilt worden. Weitere Sachaufklärung durch das Rechtsmittelgericht sei nicht erforderlich, durchgreifende Anhaltspunkte der Begründung des Beklagten nicht zu entnehmen. Der Stellungnahme des G1 fehle es an geeignetem Inhalt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung berichtet, mittlerweile geheiratet und den Namen seiner Ehefrau angenommen zu haben sowie Vater eines Kleinkindes zu sein, also drei Kinder zu haben.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Beklagten zu statthaft (§§ 143, 144 SGG), auch im Übrigen zulässig und begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 24. April 2023, als damit auf die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 5. Juni 2019 Schädigungsfolgen festgestellt und der Beklagte zur Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 verurteilt worden ist. Soweit das SG die weitergehende Klage auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen abgewiesen hat, hat der Kläger weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt, sodass das Urteil insoweit rechtskräftig geworden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34).
Die Begründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage im streitgegenständlichen Umfang. Der Bescheid vom 3. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Zur Überzeugung des Senats kann er weder die Feststellung von Schädigungsfolgen noch die Gewährung einer Beschädigtengrundrente beanspruchen. Das SG hätte der Klage daher nicht teilweise stattgeben dürfen, sondern sie vollumfänglich abweisen müssen. Denn die angeschuldigten Taten sind bloß möglich, die gesundheitliche Störung multifaktoriell, damit nicht kausal schädigungsbedingt, und ein GdS wird nicht begründet. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Vielzahl nicht entschädigungspflichtiger Erlebnisse des Klägers in der wichtigen Prägephase der frühen Kindheit dazu geführt haben, dass er nur schwer im Berufsleben Fuß fassen und auch schwer dauerhafte Beziehungen führen konnte.
Materiell-rechtlich sind die Vorschriften des BVG in seiner bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung anzuwenden. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach dem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklärt, in der am 23. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter, soweit dieses Kapitel nichts anderes bestimmt. Über einen bis zum 23. Dezember 2023 gestellten und nicht bestandskräftig entschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, ist nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden, § 142 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV. Wird hierbei ein Anspruch auf Leistungen festgestellt, werden ebenfalls Leistungen nach Absatz 1 erbracht, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, unter anderem auch Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS - bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit <MdE> bezeichnet - nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, juris, Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2).
Für einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG sind folgende rechtlichen Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R –, BSGE 113, 205 <208 ff.>):
Ein Versorgungsanspruch setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 VG 1/08 R –, juris, Rz. 27 m. w. N). Danach erhält eine natürliche Person („wer“), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. In Altfällen, also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und dem Inkrafttreten des OEG am 16. Mai 1976 (BGBl I S. 1181), müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 Satz 2 OEG in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in diesem Zeitraum geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind sowie im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 festgestellt ist.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffes „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 18, Rz. 32 m. w. N.). Dabei sind je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben worden. Leitlinie ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffes hat das BSG daher aus der Sicht von objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist es in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger oder rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 17, Rz. 25 m. w. N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 Strafgesetzbuch (StGB) zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 ‑ B 9 VG 2/10 R ‑, SozR 4 3800 § 1 Nr. 18, Rz. 36 m. w. N.). Ein solcher Angriff setzt eine unmittelbar auf den Körper einer anderen Person zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraus; die bloße Drohung mit einer wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht hierfür demgegenüber nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 ‑ B 9 V 1/13 R ‑, juris, Rz. 23 ff.).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragstellenden, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, a. a. O., § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14 m. w. N.). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, SozR 3 3900 § 15 Nr. 4, S. 14 f. m. w. N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a. a. O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 ‑ B 9 V 23/01 B ‑, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 15). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 und 12 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08 S. 3, 4) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 ‑ B 9 V 6/13 R ‑, juris, Rz. 17).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist ein rechtswidriger, tätlicher Angriff nicht wenigstens glaubhaft gemacht. Von diesem Beweismaßstab geht der Senat zu Gunsten des Klägers aus, wenngleich aufgrund der Tatsache, dass seine Schwester die angeschuldigten Taten beobachtet haben soll, grundsätzlich eine Tatzeugin zur Verfügung steht, sodass es des Vollbeweises bedürfte. Die Beweiserleichterung des § 15 Satz 1 KOVVfG ist zwar auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 31.5.1989 – 9 RVg 3/89 –, juris, Rz. 12). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 Satz 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. §§ 383 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 Satz 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 Satz 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – B 9 V 3/15 R –, juris, Rz. 30), was vorliegend nicht der Fall ist, nachdem die Schwester des Klägers an den geschilderten Taten nicht beteiligt gewesen ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme wie den in den Akten enthaltenen Befundberichten, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]), der Aussage seines Vaters sowie der eingeholten Sachverständigengutachten fest, dass nur die Möglichkeit besteht, dass sich rechtswidrige, tätliche Angriffe zu Lasten des Klägers zugetragen haben.
Generell gilt, dass eher von einer – objektiv zutreffenden – Erinnerung auszugehen ist, wenn die Schilderungen über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, während Geschehensabläufe, die sich nicht zugetragen haben, an die aber subjektiv ein Gedächtnisinhalt besteht, im Laufe der Zeit eher auszuufernd beschrieben werden (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. August 2015 – L 4 VG 5/13 –, juris, Rz. 28; Senatsurteil vom 22. September 2016 – L 6 VG 1927/15 –, juris, Rz. 90; Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, Kommentar, 2012, § 1 OEG Rz. 49 m. w. N.; generell zur Konsistenz mit früheren Aussagen auch Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994, Rz. 1101). Auf nicht bewusst Erlebtes deutet demgegenüber die ernsthafte Möglichkeit suggestiver Einflüsse hin, insbesondere bei intensiven Gesprächen, Befragungen und Nachforschungen durch andere Autoritätspersonen mit entsprechenden Voreinstellungen und Erwartungen (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl. 2014, Rz. 324). Dabei besteht mitunter das Bedürfnis, die massiven psychischen und körperlichen Beschwerden, welche über die Jahre hinweg aufgetreten sind, erklären zu können (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rz. 28; Senatsurteil vom 9. November 2017 – L 6 VG 2118/17 –, juris, Rz. 44f.).
Davon ausgehend ist zu würdigen, dass der Kläger neben den täglichen Schlägen und dem kalten Abduschen eine Reihe weiterer massiver Schädigungen, wie das Stoßen gegen Türrahmen und Möbel sowie auf den Boden behauptet hat, für die es keinerlei Belege gibt und hinsichtlich deren Gesundheitserstschäden nicht belegt sind. Eine deutliche Ausweitung des vermeintlichen Geschehens liegt damit vor, wenngleich der Senat berücksichtigt, dass eine Verzerrung auch der kindlichen Wahrnehmung geschuldet sein kann. Tatsache ist, worauf S3 zu Recht hingewiesen hat, dass keinem der Untersuchungsbefunde irgendwelche Zeichen körperlicher Gewalt zu entnehmen sind, insbesondere nicht die vom Kläger behaupteten Hämatome am ganzen Oberkörper (vgl. die Angaben bei der Polizei). Solche sind von der Schwester des Klägers ebenfalls nicht beschrieben worden, sie konnte nicht einmal bei sich selbst Hämatome oder ähnliches erinnern.
Zwar hat der Vater in der Klinik in M2 berichtet, dass es Probleme in der Pflegefamilie gegeben habe, dennoch sind dort zeitnah weder psychische noch körperliche Auffälligkeiten dokumentiert worden, wie S3 zutreffend herausgestellt hat.
Anderes ergibt sich aus den Angaben des Kindergartens nicht. Daraus, dass es offensichtlich unterschiedliche Auffassungen in religiösen Fragen gegeben hat, weshalb die Kinder nicht an Faschingsveranstaltungen teilnehmen und keine Mandalas ausmalen durften, lassen sich schon keine Hinweise auf eine Vernachlässigung entnehmen und erst Recht keine auf rechtswidrige, tätliche Angriffe. Dass der Kläger – einmalig – nicht an einer Kindergartenveranstaltung teilnehmen durfte, lässt ebenso wenig Rückschlüsse auf körperliche Züchtigungen zu wie der Umstand, dass die Schwester davon berichtet hat, dass der Kläger nicht mit im Garten Zelten durfte, weil er seinen Schnuller nicht abgegeben hat. Gleiches gilt für den wiederholten Hinweis des Klägers und seiner Schwester darauf, dass sie ihren Teller hätten aufessen und Speisen hätten essen müssen, die sie nicht mochten.
Dass die Kindergärtnerin zwar durchaus Details erinnern konnte, aber keine schwerwiegenden Auffälligkeiten des Klägers angegeben hat, spricht gegen ausgeprägte Verhaltensauffälligkeiten bereits im Kindergarten, wie sie vom Vater des Klägers behauptet worden sind. Unabhängig davon hat S3 aber schlüssig aufgezeigt, dass die Störungen der Impuls- und Verhaltenskontrolle genetisch begründet sein können, damit selbst wenn sie vorgelegen hätten, nicht schädigungsbedingt sein müssen. In diesem Sinne hat bereits der behandelnde S2 darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Aufmerksamkeitsdefizitstörungen auf biologischer Veranlagung beruhen.
Aus den Angaben der Schwester des Klägers folgt nichts anderes. Diesen ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger, wenn er eingenässt hatte, von den Pflegeeltern gesäubert worden ist. Insofern hat die Schwester geschildert, dass sie gesehen habe, wie der Kläger unter der Dusche gestanden und „kalt, kalt“ gerufen habe. Ob das Wasser wirklich kalt gewesen ist oder dies vom Kläger lediglich so empfunden wurde, ist damit in keiner Weise belegt.
Obwohl die Schwester mit dem Kläger in einem Zimmer geschlafen hat, konnte sie noch nicht einmal Angaben dazu machen, wie häufig es zu dem kalten Abduschen gekommen sein soll. Dass der Kläger, wie er ebenfalls berichtet hat, jede Nacht aus dem Bett geholt worden ist, hat sie nicht bestätigt. Ihre Angaben stehen schon in deutlichem Widerspruch zu denen des Klägers. Denn während letzterer nämlich mehrfach beschrieben hat, nur tagsüber Windeln getragen zu haben, sodass sich die Vorgänge immer abends zugetragen hätten, ergibt sich aus den Aussagen der Schwester, dass die Pflegeeltern morgens kontrolliert hätten, ob der Kläger über Nacht in die Windel gemacht habe. Angaben dazu, ob die Windel jeden Tag „voll“ gewesen ist, konnte sie ebenfalls nicht machen.
Die Angaben des Vaters basieren schon auf keinen eigenen Beobachtungen und seine Angaben, wer – der Kläger und/oder seine Schwester – ihm was berichtet haben soll, differieren.
Deutlich wird aus seinen Schilderungen, dass er offensichtlich Schwierigkeiten mit den Pflegeeltern hatte, was dadurch untermauert wird, dass die Pflegemutter über häufige Gespräche mit dem Jugendamt, teilweise unter Hinzuziehung eines Psychologen, ebenso berichtet hat wie über Gewaltvorwürfe des Vaters ihnen gegenüber. Deutlich herausgestellt hat sie, dass der Vater sie als Pflegeeltern nicht akzeptiert und als „seine Bediensteten“ verstanden sowie diese Haltung gegenüber den Kindern deutlich gemacht hat.
Passend hierzu konnte die Zeugin erinnern, dass die Kinder sich nach Wochenendaufenthalten bei dem Vater verstört gezeigt und sogar mitgebrachtes Spielzeug zerstört haben. Weiter hat sie den Vater als unzuverlässig insbesondere bei der Einhaltung von Terminen beschrieben, was dadurch unterstrichen wird, dass er die stationäre Behandlung des Klägers wohl – anders als vereinbart – nicht begleitet hat. Die Darstellung des Vaters, dass er sich hilfesuchend an das Jugendamt gewendet habe, von dort aber keine Unterstützung erfahren habe, ist somit ebenfalls nicht belegt. Gleiches gilt für sein Vorbringen, seine Kinder seien stundenlang eingesperrt worden. Die Schwester konnte nämlich nur bestätigen, dass es „Stubenarrest“ gegeben habe, aber keine Angaben dazu machen, ob die Türe abgeschlossen gewesen ist.
In diesem Zusammenhang ist erneut auf die Ausführungen des S3 zu verweisen, dass sich den Behandlungsberichten keine Spuren körperlicher Gewaltanwendung gegenüber dem Kläger entnehmen lassen, was die diesbezüglichen Angaben des Vaters deutlich relativiert und keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Pflegemutter begründet.
Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil der Vater gegenüber dem Beklagten angegeben hat, dass der Kläger „lüge wie andere atmen“, dessen Angaben selbst also keinen Glauben schenkt.
Bei der Einschätzung des S4 ist daher problematisch, dass der Sachverständige zu Obigem passend selbst Anhaltspunkte für suggestive Einflüsse erhoben hat, die er ebenso wenig würdigt, wie seine differentialdiagnostischen Überlegungen einzig von der Angabe des Klägers geleitet werden, dass er die Zeit bei der Pflegefamilie als am schlimmsten empfunden hat, obwohl er ein dysfunktionales Elternhaus beschreibt.
Eine plausible Darstellung des S4, von welchen tatsächlich stattgehabten Ereignissen er letztlich ausgeht, findet sich dementsprechend nicht. Seine auf den vermeintlich schädigenden Ereignissen aufbauenden Schlussfolgerungen basieren mithin auf einer nicht hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage, er setzt sich insbesondere nicht damit auseinander, dass der Kläger nur pauschale Angaben gemacht und gegenüber S3 sogar angegeben hat, nicht genau sagen zu können, was passiert sei.
Objektive Befunde, aus denen Rückschlüsse gezogen werden könnten, hat S4 keine benennen können, sondern hält den anhand der Aktenlage herausgearbeiteten Hinweis des S3, wonach bei dem Kläger keine psychischen Auffälligkeiten im Sinne einer Traumafolgestörung (sogen. Brückensymptome) bestanden, nur deshalb nicht für relevant, weil er darüber spekuliert, dass der Kläger Schwierigkeiten gehabt habe sich zu öffnen. Objektive Anknüpfungspunkte ergeben sich daraus nicht. Er setzt sich weiter nicht damit auseinander, dass vom Kläger vermehrt – auch ihm gegenüber („Arme aufgeschnitten“) – ein selbstschädigendes Verhalten in der Kindheit beschrieben worden ist, S3 aber weder an den Armen noch an den Beinen zu erwartende Spuren hiervon sichern konnte, sodass das Vorbringen unschlüssig ist. Dass S4 eine entsprechende Überprüfung überhaupt vorgenommen hat, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen.
Soweit S4 weiter meint, die von S3 angewandten Beschwerdevalidierungsverfahrens seien nicht aussagekräftig und ließen keine Rückschlüsse zu, da es auf den klinischen Befund ankomme, überzeugt dies nicht. Mit den Beschwerdevalidierungsverfahren ist S3 seiner zentralen Aufgabe als Sachverständiger nachgekommen, eine Konsistenzprüfung durchzuführen und hat sich, anders als S4, nicht nur von den subjektiven Angaben des Klägers leiten lassen.
Dass eine solche Konsistenzprüfung angezeigt gewesen ist, wird aus der demonstrierten Halbseitenschwäche deutlich. Hierzu hat S3 überzeugend aufgezeigt, dass diese aus medizinischer Sicht nicht erklärbar gewesen ist, insbesondere nach dem elektrophysiologischen Befund nicht vorliegen kann. Schlüssig weist er weiter darauf hin, dass die demonstrierte Kraftminderung im linken Arm weder mit der normalen Bemuskelung, noch mit dem regelrechten Gebrauch von Hand und Arm und auch nicht mit den Arbeitsspuren in Einklang zu bringen ist. S4 sieht die Angaben als pathophysiologisch nicht plausibel bzw. nachvollziehbar an, würdigt dies allerdings nicht, weil er unzutreffend davon ausgeht, dass keine Relevanz für die Fragestellung bestehe.
Zu einer Würdigung hätte aber gerade deshalb Veranlassung bestanden, nachdem der Kläger ihm berichtet hat, bis zu 10.000 km im Jahr mit dem Fahrrad zu fahren und über 12 Rennräder zu besitzen, was die Plausibilität der demonstrierten Einschränkungen zusätzlich in Frage stellt. Im Beschwerdevorbringen gegenüber S4 zeigen sich daher ebenfalls deutliche Inkonsistenzen, was die Darlegungen des S3 bestätigt.
Dass S3 das Vorbringen des Klägers zu Recht in Frage gestellt hat, wird in tatsächlicher Hinsicht dadurch unterstrichen, dass er ihm gegenüber von einer Arbeitstätigkeit in Teilzeit über 240 Wochenstunden berichtet und dies erst durch den Vorhalt des Sachverständigen, dass dies 60 Wochenstunden entspricht, relativiert hat.
In diagnostischer Hinsicht hat S3 den gesamten Behandlungsverlauf kritisch beleuchtet und im Einzelnen herausgearbeitet, dass es sich bei den in den Arztberichten genannten Diagnosen überwiegend um Verdachts- und Behandlungsdiagnosen gehandelt hat. Denn diese sind nicht durch zu erwartende krankheitswertige Befunde untermauert, sondern schildern allenfalls Verhaltensauffälligkeiten, ansonsten aber einen unauffälligen psychischen Befund. Hierzu verweist er nachvollziehbar auf den Bericht der Abteilung Psychiatrie des Krankenhauses K1 über die Behandlung 2014, aus dem regelrechte Befunde während des Aufenthaltes folgen, was aber keinen Niederschlag in der Diagnosestellung findet. Zum psychischen Befund wird nämlich mitgeteilt, dass der Kläger offen im Kontakt, bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen ist. Konzentration und Aufmerksamkeit waren ohne pathologischen Befund, inhaltliche Denkstörungen zeigten sich nicht, lediglich die Psychomotorik wird als etwas unruhig beschrieben, bei jedoch regelrechtem Antrieb.
Entsprechendes ergibt sich aus dem Entlassungsbericht über den Folgeaufenthalt 2015. Dort wird der Kläger als wach und bewusstseinsklar sowie zu allen Qualitäten orientiert beschrieben. Störungen des inhaltlichen Denkens bestanden nicht, Befürchtungen und Zwänge waren nicht vorhanden und Sinnestäuschungen nicht eruierbar. Bei beschriebener depressiver Verstimmung wird die Schwingungsfähigkeit als ausreichend erhalten angegeben.
Die Schlussfolgerung von S3, dass die massiven Diagnosen aus den Arztberichten nicht schlüssig und nachvollziehbar belegt sind, so dass sie im Ergebnis nicht bestätigt werden können, ist somit im Einzelnen belegt worden. Insbesondere hat er dargelegt, dass S2 nur von einer fragmentarisch erhobenen Biografie ausgeht und die von ihm beschriebenen befundlichen Auffälligkeiten zum einen nicht geeignet sind, die Diagnosen zu begründen und er sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der Beschwerdeschilderung des Klägers stützt. In diesem Zusammenhang muss auch S4 einräumen, dass die Diagnosen – insbesondere des behandelnden S2 – überwiegend nicht bestätigt werden konnten. Soweit er hinsichtlich der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung darauf Bezug nimmt, dass diese aktenkundig sei, setzt er sich nicht damit auseinander, dass S3 schlüssig darauf hingewiesen hat, dass während der stationären Behandlung 2016, bei der gerade die Diagnose – neben dem ADHS – gestellt worden ist, ein laborchemisch gesicherter Amphetaminkonsum nachgewiesen und vom Kläger regelmäßiger Konsum eingeräumt wurde. Der behandelnde Arzt S2 hat – dazu passend - sogar von einer zeitweise bestehenden Suchterkrankung berichtet, die Analyse somit anamnestisch gestützt. Im objektiven psychischen Befund wird der Kläger indessen als wach, bewusstseinsklar, vollständig orientiert und nur als psychomotorisch leicht unruhig beschrieben. Im Übrigen finden sich nur subjektive Beschwerdeangaben, was die Schlussfolgerungen des S3, dass keine pathologischen Befunde erhoben worden sind, erneut untermauert.
Weiter legt S3 dar, dass bei dem Kläger zwar vom Fortbestehen einer Störung der Impulskontrolle und der Verhaltensorganisation ausgegangen werden kann, diese aber gerade keinen Krankheitswert erreicht. Zu Recht weist er insbesondere darauf hin, dass nicht sämtliche Unregelmäßigkeiten in der kindlichen Entwicklung entschädigungsrelevant im Sinne des OEG sind. Dies verkennt S4, was insbesondere daran deutlich wird, wenn er körperliche Gewalterfahrungen, emotionale Vernachlässigung und Missbrauch als prädisponierende Faktoren für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung anführt, aber nicht darauf eingeht, dass nicht jede emotionale Vernachlässigung einen rechtswidrigen, tätlichen Angriff begründet und damit entschädigungsrelevant ist. Dementsprechend übersieht er weiter, dass die von ihm als restriktiv charakterisierte Erziehung durch die Pflegeeltern, die er als mitursächlich für die von ihm gesehene Persönlichkeitsstörung bewertet, ebenfalls nicht per se als rechtswidriger, tätlicher Angriff gewertet werden kann und Übergriffe von der Schwere eines Missbrauchs in keiner Weise geltend gemacht werden. Die Ausführungen des. S4 laufen damit auf den Zirkelschluss hinaus, aus den jetzigen Angaben auf Art und Schwere des ursprünglichen Ereignisses schließen zu können.
Nachdem somit schädigende Ereignisse schon nicht mehr als möglich sind, kommt die Feststellung von Schädigungsfolgen nicht in Betracht. Es kann deshalb dahinstehen, dass keine Handlungen der Pflegeeltern beschrieben sind, die vom elterlichen Züchtigungsrecht nicht gedeckt gewesen wären, worauf der Beklagte in erster Linie abgestellt hat.
Ohne Zweifel stellt zwar die körperliche Züchtigung eines Kindes durch Schläge eine gewaltsame, auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung dar. Diese gewaltsame Einwirkung müsste dabei aber auch in feindseliger Willensrichtung geschehen und rechtswidrig gewesen sein. Sowohl für die Frage der feindseligen Willensrichtung als auch der Rechtswidrigkeit kommt zum Tragen, dass körperliche Züchtigungen bis zur Abschaffung des sog. elterlichen Züchtigungsrechts im Rahmen der Neufassung des § 1631 Abs. 2 Satz 1 BGB (Abschaffung durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000, BGBl. I, S. 1477) nicht per se rechtswidrig gewesen sind.
Maßgeblich für die vorliegende rechtliche Bewertung ist das zum Tatzeitpunkt geltende Recht (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 18), der erkennende Senat ist daher an diese, bis November 2000 bestehende Rechtslage gebunden und hat sie bei seiner Beurteilung eines bis zu diesem Zeitpunkt geschehenen Angriffs heranzuziehen.
Zum Zeitpunkt der vorliegend angeschuldigten Taten verblieb Eltern wie Erziehungsberechtigten bei der Erziehung von Kindern nach der damaligen Rechtslage (und Gesellschaftsauffassung) eine Befugnis zur maßvollen körperlichen Züchtigung. Sogar die Verwendung von Schlaggegenständen erfüllte nach den damaligen Maßstäben nicht zwingend das Merkmal einer verbotenen und damit ggfs. als Körperverletzung strafbaren Erziehungsmaßnahme. Zu Erziehungszwecken erlaubte Schläge von strafbaren Körperverletzungen abzugrenzen, erforderte vielmehr eine Würdigung der objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, die Anlass, Ausmaß und Zweck der Bestrafung berücksichtigte. So urteilte der BGH im Jahr 1952, dass Eltern, die ihre sechzehnjährige „sittlich verdorbene“ Tochter durch Kurzschneiden der Haare und Festbinden an Bett und Stuhl bestraften, nicht das elterliche Züchtigungsrecht überschritten (BGH, Urteil vom 25. September 1952 – 3 StR 742/51 – NJW 1953, 1440). 1957 führte der BGH aus, dass Ohrfeigen und Rohrstockschläge eines Lehrers nicht strafbar seien, wenn der Lehrer zur Züchtigung rechtlich befugt sei und sich innerhalb der Grenzen dieser Befugnis halte (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1957 – 2 StR 458/56 – BGHSt 11, 241). Und noch im Jahr 1986 sah der BGH nicht per se das elterliche Züchtigungsrecht als überschritten an, als Eltern ihr Kind mit einem 1,4 cm starken und in sich stabilen Wasserschlauch auf Gesäß und Oberschenkel geschlagen hatten, wobei jeweils rote Striemen entstanden waren. Vielmehr forderte der BGH auch in diesem Fall eine Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Tatgeschehens und erkannte ausdrücklich, dass allein die Verwendung eines Schlaggegenstandes noch nicht das Merkmal der „entwürdigenden Erziehungsmaßnahme“ erfülle (BGH, Beschluss vom 25. November 1986 – 4 StR 605/86 – NStZ 1987, 173). Bis zur Abschaffung des elterlichen Züchtigungsrechts im November 2000 können elterliche Schläge deshalb nicht grundsätzlich als „rechtswidrig“ eingestuft werden. Notwendig ist vielmehr die Abgrenzung zur maßvollen körperlichen Züchtigung und eine Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, die Anlass, Ausmaß und Zweck der Bestrafung berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 2015 – L 6 VG 1832/12 –, juris, Rz. 47 ff.).
Selbst wenn somit davon ausgegangen wird, dass es zu körperlichen Züchtigungen durch die Pflegeeltern gekommen ist, haben die von der als Zeugin gehörten Schwester berichteten gelegentlichen Schläge mit dem Holzlöffel jedenfalls das damalige Züchtigungsrecht nicht überschritten. Dagegen spricht nämlich, wie oben dargelegt, dass keinerlei körperliche Verletzungen dokumentiert worden sind, was bei solchen Strafen, die die erforderliche Grenze des Züchtigungsrechts überschreiten oder gar in den Bereich der körperlichen Misshandlung gehen, zu erwarten wäre. Seine Schwester hat aber weder die Misshandlungen noch körperliche Schäden in Form von Hämatomen bestätigt. Solche sind auch nicht zeitnah bei der Behandlung in der Klinik 1999 aufgefallen, obwohl die damalige Konsultation wegen Verhaltensauffälligkeiten stattfand. Dass das elterliche Züchtigungsrecht durch die Neufassung von § 1631 BGB abgeschafft worden ist und nach geltender Rechtslage damit weder Lehrern noch Pflegeeltern zustehen kann, worauf insbesondere die Widerspruchsbegründung hinweist, führt daher nicht weiter.
Daneben scheidet die Feststellung einer Persönlichkeitsstörung deshalb aus, da diese diagnostisch nicht gesichert ist und jedenfalls nicht kausal der vermeintlichen Schädigung zugeschrieben werden kann. Der mit solchen Fragestellungen vertraute G1 hat versorgungsärztlich nämlich schlüssig darauf hingewiesen, dass von einer multifaktoriellen Genese derselben auszugehen ist. Das war für den Senat angesichts der Lebensumstände des Klägers in der wichtigen frühkindlichen Prägephase überzeugend. Dabei sind zum einen die stationäre Behandlung der Herzerkrankung mit Operationen im Kleinkindesalter, die zu Hospitalismus führen kann, wie die konfliktbehaftete Trennung der Eltern und die häufigen Heimaufenthalte zu erwähnen, die dazu geführt haben, dass er keine stabile Bezugsperson hatte, zu der er eine tragfähige Bindung entwickeln konnte. Daneben bestehen Hinweise auf genetische und neurobiologische Faktoren, was bereits S2 dargelegt hat. Auch S3 hat auf die berichteten Geburtskomplikationen hingewiesen, die auf eine frühkindliche Hirnschädigung hindeuten könnte, wenngleich keine Dokumentation über die frühkindliche motorische und kognitive Entwicklung vorliegt.
Die Gewährung einer Beschädigtengrundrente kann aber auch deshalb nicht beansprucht werden, da ein GdS von 30 nicht erreicht wird. Daraus, dass das LRA im Schwerbehindertenrecht einen GdB von 50 (vgl. den Bescheid vom 24. April 2017) festgestellt hat, ergibt sich keine Bindungswirkung, sodass dahinstehen kann, inwieweit diese Feststellung nach den von den Sachverständigen erhobenen Befunden als zutreffend anzusehen ist.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 begründen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen einen GdB von 0 bis 20, stärkere Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung angesprochen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 – B 9 V 12/17 B –, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. Hiernach kann bei fehlender ärztlicher oder der gleichgestellten (§§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Krankenversicherung) psychotherapeutischen Behandlung durch – bei gesetzlich Versicherten zugelassene – Psychologische Psychotherapeuten in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (Senatsurteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 42; vgl. auch LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 – L 8 SB 1549/10 –, juris, Rz. 31).
Hiervon ausgehend ist eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im rentenberechtigenden Ausmaß selbst nach den Erhebungen des S4 nicht gegeben. Der Kläger führt vielmehr einen ganz normalen Alltag mit Ausbildung, Familie mit Kleinkind und daneben noch Radfahren als sportliche Betätigung, was seine tatsächliche Belastbarkeit unterstreicht. Dem Sachverständigen S4 gegenüber hat der Kläger berichtet, weiter keine Medikamente einzunehmen und den S2 zwei- bis dreimal im Jahr aufzusuchen, woraus sich kein nachhaltiger Behandlungsbedarf ableiten lässt. Daneben hat er einen geregelten Tagesablauf beschrieben, insbesondere mit der täglichen Teilnahme an dem Praktikum, zu dem er selbständig mit der Straßenbahn gelangt. In diesem Zusammenhang würdigt S4 nicht, dass der Kläger gegenüber S3 noch behauptet hat, den Alltag nur mit Hilfe seiner Ehefrau bewältigen zu können, er aber nach den Angaben gegenüber S4 zwischenzeitlich von der Ehefrau getrennt lebt und seinen Alltag offensichtlich dennoch bewältigt. Hierdurch wird einerseits die Einschätzung des S3, dass eine Beschwerdeverdeutlichung vorliegt, erneut unterstrichen, andererseits aber belegt, dass die Strukturierungsfähigkeit des Klägers erhalten ist.
Daneben hat der Kläger gegenüber S4 angegeben, eine neue Beziehung zu unterhalten, jeden Abend für sich und die Freundin zu kochen, mit dieser spazieren zu gehen und fern zu schauen. Weiter hat er berichtet, sich für den Ersten und Zweiten Weltkrieg zu interessieren, gerne Fahrrad zu fahren und an Fahrrädern zu schrauben sowie online PC-Spiele zu spielen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bei S3 hat der Kläger sich noch um den Hund gekümmert, der nach der Trennung nunmehr bei der Ex-Frau ist. Daneben verbringt er jedes zweite Wochenende mit seiner Tochter, telefoniert mit Schwester und Vater und sieht wohl auch seine Mutter mindestens einmal im Monat, wobei die Angaben zum Kontakt zur Mutter diskrepant sind. Es besteht daher eine Mediennutzung und soziale Kontakte werden ebenfalls beschrieben. Daneben ist das Interessenspektrum erhalten, was nicht zuletzt dadurch unterstrichen wird, dass der Kläger gegenüber S4 von einer Fernreise mit der Freundin nach Ägypten und seinem Wunsch, einen Fahrradladen mit Pension in Portugal zu eröffnen, berichtet hat. Gerade Letzteres unterstreicht, dass er konkrete Zukunftspläne entwickelt, was bei den behaupteten tatsächlichen Einschränkungen nicht vorstellbar ist. Er stellt sich damit vielmehr in seiner Selbstwahrnehmung als körperlich fit und aktiv dar, was durchaus der Realität entsprechen dürfte, nachdem er als muskulös geschildert und neben der Umschulung noch zahlreiche Aktivitäten entfalten kann.
Dementsprechend hat S4 keinen relevant abweichenden, gar krankheitswertigen Befund zu S3 erhoben. Er beschreibt den Kläger als altersentsprechend gepflegt gekleidet, Gestik und Mimik waren angemessen. Es zeigten sich keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und Konzentration. Relevante Gedächtnisstörungen waren nicht nachzuweisen, die Grundstimmung wird als ausgeglichen bis unterschwellig gereizt angegeben, die affektive Resonanzfähigkeit als nur leicht zum negativen Pol hin verschoben, zum Positiven aber nicht aufgehoben.
Selbst ausgehend von der diagnostisch nicht gesicherten Persönlichkeitsstörung ergibt sich jedenfalls kein GdS von wenigstens 25, nachdem G1 versorgungsärztlich zu Recht darauf hingewiesen hat, dass mehr als leichtgradige Einschränkungen nicht objektiviert sind, was mit der Intensität der in Anspruch genommenen Behandlung und dem geregelten Tagesablauf (vgl. oben) korrespondiert.
Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des SG abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in beiden Instanzen.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 VG 2202/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2760/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved