Im Rahmen der verfassungsrechtlich geschützten Elternrechte der sorgeberechtigten Kindesmutter und des ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Kindeswohls, das nach der Rechtsprechung des BVerfG eine eindeutige rechtliche Regelung verlangt, wer für das Kind rechtsverbindlich handeln kann, bedarf es der Mitwirkung der Kindesmutter für einen Wechsel von dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II in der Bedarfsgemeinschaft der Mutter zu dem Bezug von Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII bei der Aufnahme in den Haushalt der Großmutter, soweit nicht eine Unterbringung oder Pflege auf rechtlicher Grundlage angeordnet oder rechtsverbindlich vereinbart ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht nach einem teilweisen Obsiegen in der ersten Instanz mit ihrer Berufung noch höhere Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) geltend.
Die Klägerin ist am ... 2017 geboren. Sie und ihr am ... 2011 geborener Bruder sind die leiblichen Kinder von T. K. (geboren am .... 1991) und D. M. (geboren am ... 1996). Die Eltern der Klägerin leben gemeinsam in einer Wohnung in L. Die Kindesmutter hatte nach ihrer Geburt das alleinige Sorgerecht für die Klägerin und war Adressatin der Bewilligung von Kindergeld mit Bescheid der Familienkasse vom 29. August 2017, zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides für die Klägerin als zweites Kind in Höhe von 192,00 € monatlich. Die am ... 1972 geborene R. M. , die Mutter des Kindesvaters (im Folgenden: Großmutter), stand im streitigen Zeitraum im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (damals: Grundsicherung für Arbeitsuchende [SGB II]) des Jobcenters Landkreis W..
Mit der vom Landkreis W./Referat Jugend und Schule als Träger der Kinder- und Jugendhilfe (im Folgenden: Jugendamt) aufgesetzten Vereinbarung vom 12. September 2017 „zur Sicherung der weiteren Betreuung und Entwicklung des Kindes“ vereinbarte die sorgeberechtigte Kindesmutter mit der Großmutter den Aufenthalt der Klägerin ab dem 12. September 2017 im Haushalt der Großmutter. Die Kindesmutter erteile in dieser Vereinbarung ihre Zustimmung zur Veranlassung einer ärztlichen Notversorgung der Klägerin, von notwendigen Impfungen und heilpädagogischen und therapeutischen Maßnahmen durch die Großmutter. Die Vereinbarung wurde bis zum 31. Dezember 2017 „bzw. bis die Kindesmutter geeigneten Wohnraum gefunden hat“ befristet. Im Übrigen ist ein von der Kindesmutter als Sorgeberechtigter, der Großmutter (dort: „weitere Beteiligte“) und einer Mitarbeiterin des Jugendamtes unterzeichneter Schutzplan (ohne Datum, ggf. Anlage zu der vorgenannten Vereinbarung) im Sinne des § 8a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII) vorgelegt worden. Darin ist das Verbleiben der Klägerin bei der Großmutter geregelt, soweit sich die Kindesmutter nicht an dort aufgeführte Auflagen zur Beschaffung einer größeren und sauberen Wohnung halte. Im Übrigen sollte (gemeint wohl: in diesem Fall) die Großmutter das Kindergeld für die Klägerin erhalten. Zu der Vereinbarung und dem Schutzplan wird im Übrigen auf Blatt 469 und 470 Bd. III der Gerichtsakte verwiesen. Die Vereinbarung soll nach den Angaben der Klägerin im Berufungsverfahren verlängert worden sein, ohne dass dieses Dokument dem Senat vorgelegt worden ist. Dem Jobcenter Landkreis W. teilte die Großmutter mit Schreiben vom 20. November 2017 mit, die Klägerin schlafe nur in ihrem Haushalt, da die Kindesmutter keinen Platz in ihrer Zweiraumwohnung habe. Allein die Kindesmutter beziehe für die Klägerin Geld und ernähre diese auch selbst. Erst im Klageverfahren ist mit Schriftsatz vom 1. September 2021 entsprechend der richterlichen Aufforderung der Beschluss des Amtsgerichts W. vom 15. März 2019 von der Klägerin übersandt worden, mit dem für sie der Großmutter die Personen- und Vermögenssorge übertragen worden ist. Hierzu wird auf Blatt 385 bis 386 Bd. II der Gerichtsakte Bezug genommen. Ausweislich der Urkunde vom 20. Februar 2019 trägt die Klägerin nach Änderung des Geburtsregisters den Nachnamen der Großmutter.
Der Klägerin wurden mit dem auf Antrag der Großmutter an diese adressierten Bescheid vom 9. April 2018 vorläufig Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII für den Monat April 2018 in Höhe von 195,53 € und den Monat Mai 2018 in Höhe von 217,26 € bewilligt. Soweit sich an dem für die Berücksichtigungsgemeinschaft maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nichts ändere, gelte die Bewilligung dieser Leistung bis zum 30. Juni 2018. Die Leistungsgewährung erfolge gemäß § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) vorläufig sowie unter Vorbehalt des Aufwendungsersatzes aus § 19 Abs. 5 SGB XII, da zum Zeitpunkt der Bewilligung der Hilfe Ansprüche vorrangig Verpflichteter ungeklärt seien. Nach der Anlage zum Bescheid lagen der Berechnung von 195,53 € für den 4. bis zum 30. April 2018 der Regelbedarf von 216,00 €, der Mehrbedarf für Warmwasserbereitung von 1,73 € sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) mit Grundmiete in Höhe von 108,00 € und Heizkosten in Höhe von 16,20 € (mit Mietanteilen für die Klägerin und ihren Bruder von jeweils 33,33 Prozent von 372,60 € Bruttokaltmiete und 90,00 € Heizkosten) zugrunde. Die Bewilligung für die Monate Mai und Juni 2018 erfolgte auf der Grundlage des Regelbedarfs in Höhe von 240,00 €, einem Mehrbedarf für Warmwasserbereitung in Höhe von 1,92 € sowie KdUH in Höhe von 138,00 € für die Bruttokaltmiete und 33,34 € für die Heizkosten (mit Mietanteilen für die Klägerin und ihren Bruder von jeweils 33,33 Prozent von 414,00 € Bruttokaltmiete und 100,00 € Heizkosten). Von dem Gesamtbedarf wurde als Einkommen der Klägerin Kindergeld in Höhe von 196,00 € (bzw. anteilig in Höhe von 176,40 € für April 2018) abgesetzt.
Die noch im Berufungsverfahren für die Klägerin auftretende Rechtsanwältin zeigte mit Schreiben vom 30. November 2017 gegenüber dem Beklagten an, die Großmutter zu vertreten. Mit an die Kindesmutter adressiertem Bescheid vom 26. April 2018 lehnte das Jugendamt die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB VIII für die Klägerin ab, da die Kindesmutter durch ihren dauerhaften Aufenthalt von Montag bis Freitag im Haushalt der Großmutter ihrem erzieherischen Auftrag nach § 1626 Bürgerliches Gesetzbuch nachkomme.
Am 2. Mai 2018 legte die Prozessbevollmächtigte Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. April 2018 unter Hinweis auf „die angezeigte Mandatierung“ mit dem Ziel eines früheren Einsetzens der Sozialhilfe und der Nichtanrechnung des Kindergeldes ein. Hierzu wies der Beklagte mit Schreiben an die Prozessbevollmächtigte vom 31. Mai 2018 u.a. darauf hin, dass die Großmutter nicht aktivlegitimiert sei, weil das Sorgerecht mit der Vermögens- und Personensorge bei der Kindesmutter liege. Hierzu nahm die vorgenannte Prozessbevollmächtigte unter dem 15. Juni 2018 dahingehend Stellung, hier sei „eine Vereinbarung mit Hilfe und Unterstützung des Landkreises W. Fachdienst Jugend und Schule erfolgt“. Insoweit sei offenkundig auch Hintergrund, dass diese Vereinbarung Gültigkeit nach außen haben solle. Den Beteiligten sei „dies jedenfalls so suggeriert worden“. Ob und in welcher Form die Klägerin in der Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter geführt worden sei oder werde, könne nicht nachvollzogen werden, da entsprechende Unterlagen „hier“ nicht vorlägen. Die Großmutter habe von der Kindesmutter von dem Kindergeld lediglich am 20. März 2018 20,00 € und für Mai 2018 190,00 € erhalten. Nachfolgend sind diese Angaben dahingehend korrigiert worden, im Mai und Juni 2018 sei das Kindergeld an die Großmutter weitergeleitet worden. „Aktuell“ bestehe eine Vereinbarung mit dem Jobcenter Landkreis W., dass die Kindesmutter „zukünftig“ das Kindergeld weiterleite. Für Juli 2018 stehe dies noch aus. Von der Kindesmutter seien lediglich Einkäufe getätigt worden „von max. 50,00 € bis 60,00 € monatlich“. Die Klägerin lebe bei ihrer Großmutter und werde von dieser rund um die Uhr versorgt. Die Kindesmutter sehe sie - die Klägerin - zwar, kümmere sich aber um sie nicht. Dem im Widerspruchsverfahren bei dem Beklagten eingereichten Schriftverkehr mit der Familienkasse ist zu entnehmen, dass kein Kontakt zwischen der Prozessbevollmächtigten und der Kindesmutter bestand.
Mit Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2018 erfolgte die Bewilligung der Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausgehend von einem Kindergeld als Einkommen in Höhe von 196,00 € mit 217,26 € für Juli 2018 und die Folgemonate. Mit Bescheid vom 25. Juli 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen vom 30. November 2017 bis zum 3. April 2018, insoweit für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2017 auf der Grundlage des Regelbedarfs in Höhe von 237,00 €, des Mehrbedarfs für Warmwasserbereitung in Höhe von 1,90 €, KdUH in Höhe von 171,34 € und unter Anrechnung des für die Klägerin gezahlten Kindergeldes in Höhe von 192,00 € sowie für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 auf der Grundlage des Regelbedarfs von 240,00 €, des Mehrbedarfs von 1,92 €, KdUH in Höhe von 171,34 € und unter Anrechnung des Kindergeldes in Höhe von 194,00 €. Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 änderte der Beklagte die Bescheide vom 9. April und 25. Juni 2018 der Höhe nach zu Gunsten der Klägerin mit der Berücksichtigung von Kindergeld in Höhe von nun nur noch 194,00 €, woraus sich eine Nachzahlung in Höhe von 1,80 € bei einer Bewilligung von 197,33 € für den 4. bis 30. April 2018 und in Höhe von 2,00 € monatlich ab dem Monat Mai 2018 bei einer Bewilligung von 219,26 € ergab.
Der Beklagte wies den im Namen der Klägerin erhobenen Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. April 2018 mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2018 als unbegründet zurück, soweit dieser Bescheid nicht bereits geändert worden sei. Bei dem Kindergeld handele es sich um eine Steuerentlastung für die Ausgaben, die den Eltern durch die Kinder entstünden. Einen Anspruch auf Kindergeld hätten Eltern oder Erziehungsberechtigte (z.B. Adoptiveltern, Stiefeltern, Pflegeeltern oder Großeltern). Kindergeld stelle grundsätzlich Einkommen der Kindesmutter als Bezieherin des Kindergeldes dar. Die Großmutter und die Kindesmutter hätten im Verfahren zur Sicherstellung des Kindeswohls unter Beteiligung des Jugendamtes übereinstimmend im Dezember 2017 erklärt, dass die Großmutter das Kindergeld für die Klägerin erhalte. Das Kindergeld sei zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin einzusetzen. Sollte das Kindergeld tatsächlich von der Kindesmutter nicht an die Großmutter weitergeleitet worden sein, sei dies zivilrechtlich zwischen diesen zu lösen, da auch die Versorgung und Betreuung des Kindes auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung erfolge. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass die Vereinbarungen in dem Schutzplan nicht eingehalten worden seien. Unterhaltsrechtlich sei das Kindergeld nun der Klägerin zuzuordnen. Eine entsprechende Vereinbarung bestehe jetzt auch mit dem Jobcenter Landkreis W.. In einem persönlichen Gespräch am 21. Dezember 2017 habe die Kindesmutter erklärt, die Klägerin in der Wohnung ihrer Großmutter zu versorgen.
Die Prozessbevollmächtigte hat am 30. August 2018 Klage (ausschließlich) im Namen der Klägerin erhoben, ohne eine Vollmacht zu den Gerichtsakten zu reichen. Sie hat mit der Klageschrift geltend gemacht, den Beklagten unter Aufhebung/Änderung des Bescheides vom 9. April 2018 in der Fassung der Bescheide vom 25. Juni, 25. Juli und 26. Juli 2018 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2018 zu verurteilen, ihr weitere Leistungen zu gewähren, als bisher zuerkannt.
Mit Bescheid vom 7. März 2019 änderte der Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 26. Juli 2018 für den Zeitraum von Dezember 2018 bis Juni 2019. Für Dezember 2018 bis März 2019 wurden um monatlich 0,22 € geringere KdUH und im Übrigen die Anhebung des Regelbedarfs um 5,00 € ab dem 1. Januar 2019 berücksichtigt. Für den Monat März 2019 wurde mit Bescheid vom 14. März 2019 ein Drittel einer Nachforderung für Betriebskosten im Jahr 2017 mit 238,98 € im Rahmen der KdUH bedarfssteigernd anerkannt. Zu dem gegen diese Bescheide eingelegten Widerspruch hat der Beklagte in einem an die Prozessbevollmächtigte gerichteten Schreiben vom 4. April 2019 darauf verwiesen, diese Bescheide würden nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, sodass die eingelegten Widersprüche unzulässig seien.
Nach Änderungen der Angemessenheitsgrenzen für die KdUH zum 1. Januar 2019 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 2019 die Leistungsbewilligung für den Zeitraum von April 2018 bis Juni 2019. Für die Monate April bis Juni 2018 wurden für die Klägerin gerechnet auf den vollen Monat um 2,25 € höhere KdUH anerkannt. Grundlage war ein Anteil der Klägerin von 33,33 Prozent für eine im Vergleich zu den Bescheiden vom 9. April und 26. Juli 2018 um 6,75 € höhere Bruttokaltmiete von nun 420,75 €. Für den Zeitraum vom 4. bis zum 30. April 2018 ergab sich damit unter Berücksichtigung der sonstigen Bedarfe im Vergleich zum Bescheid vom 9. April 2018 (195,53 €) und zum Bescheid vom 26. Juli 2018 (197,33 €) ein höherer Gesamtbetrag der Bewilligung von 199,15 € (221,28 € : 30 x 27). Für Mai 2018 folgte aus der Bewilligung im Vergleich zum Bescheid vom 9. April 2018 (217,26 €) und zum Bescheid vom 26. Juli 2018 (219,26 €) ebenfalls ein höherer Gesamtbetrag der Bewilligung von 237,67 €. Dem neuen Gesamtbetrag der Bewilligung für Juni 2018 in Höhe von 221,51 € stand eine vorausgehende Bewilligung von 217,26 € im Bescheid vom 9. April 2018 und von 219,26 € im Bescheid vom 26. Juli 2018 gegenüber. Der nachfolgend von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 21. Mai 2019, mit dem der Beklagte einen Antrag vom 21. Mai 2019 auf Übernahme einer Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2018 abgelehnt hat, betrifft nach Angaben des Beklagten nicht die Klägerin.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. August 2020 in Ansehung der Einbeziehung der vorgenannten Bescheide von der Klägerin in das Klageverfahren seine Auffassung deutlich gemacht, entsprechend dem angefochtenen Bescheid vom 9. April 2018 bilde hier nur der Zeitraum vom 4. April bis zum 30. Juni 2018 den Streitgegenstand des Klageverfahrens. Lediglich der Bescheid vom 26. Juli 2018 sei ein Änderungsbescheid für diesen Zeitraum. Insoweit bestehe zwischen den tatsächlichen Mietkosten und dem anerkannten Bedarf für KdUH mit dem Anteil der Klägerin von einem Drittel lediglich eine Differenz von monatlich 7,08 €.
Die Klägerin hat schließlich in der mündlichen Verhandlung beantragt, die Bescheide vom 9. April, 25. Juni, 25. Juli und 26. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2018 sowie die Bescheide vom 7. März, 14. März, 3. Mai und 21. Mai 2019 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB XII ohne Anrechnung des Kindergeldes in den Monaten November 2017 bis Juli 2018 sowie unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdUH für die Monate November 2017 bis Juni 2019 zu gewähren.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2022 die Kindesmutter als Zeugin vernommen. Hierzu wird auf das Protokoll, Blatt 435 bis 436 Bd. III der Gerichtsakten, Bezug genommen. Auf diese mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht den Beklagten mit Urteil unter Änderung des Bescheides vom 3. Mai 2019 verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 201,31 € für April 2018 und in Höhe von 11,08 € monatlich für Mai und Juni 2018 zu gewähren. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, soweit die Klage sich gegen die Bescheide vom 25. Juni, 25. Juli und 26. Juli 2018 sowie 7., 14. März und 21. Mai 2019 richte und die Zeiträume vom 1. November 2017 bis 3. April sowie 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 betreffe, sei diese unzulässig. Denn die Voraussetzungen für eine Einbeziehung dieser Bescheide in das Widerspruchsverfahren gemäß § 86 SGG lägen nicht vor. Eine andere Rechtsgrundlage für die Einbeziehung dieser Bescheide oder der vorgenannten Zeiträume in das Klageverfahren sei nicht ersichtlich. Insbesondere habe der Beklagte in eine solche Änderung nicht im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG eingewilligt. Eine dahingehende Änderung wäre auch nicht sachdienlich, weil sich das Verfahren erheblich verkomplizieren und eine Entscheidung des Rechtsstreits verzögert würde. Die für den Zeitraum vom 4. April bis zum 30. Juni 2018 zulässige Klage sei teilweise begründet. Der Bescheid vom 3. Mai 2019 sei teilweise rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Sie habe Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, weil diese nach dem Konzept in der Fassung des Korrekturberichts vom 25. November 2021 mit einer maximalen angemessenen Bruttokaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt von 325,20 € nicht überschritten würden. Für die Klägerin und ihren Bruder sei von einem Haushalt mit zwei Personen auszugehen, weil deren Großmutter keine Bedarfsgemeinschaft mit diesen bilde. Die auf diese Weise ermittelten tatsächlichen Kosten seien zu einem Drittel der Klägerin zuzuordnen mit dem im Tenor ausgewiesenen höheren Anspruch auf KdUH für April bis Juni 2018. Außerdem habe der Beklagte in den Monaten April bis Juni 2018 zu Unrecht das Kindergeld bei der Klägerin in der bewilligten Höhe als Einkommen angerechnet. Die Regelung in § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, nach der das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zugerechnet werde, soweit es bei diesem für die Deckung des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34 SGB XII benötigt werde, setze voraus, dass das Kindergeld entweder dem Kind selbst oder dem gesetzlichen Vertreter tatsächlich zufließe (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Februar 2019 - B 8 SO 13/17 R -. juris, RdNr. 16ff.). Andernfalls würde es sich lediglich um eine fiktive Berücksichtigung von Einkommen handeln, die zu einer Bedarfsunterdeckung führen würde. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sei die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin im April 2018 gar kein Kindergeld und im Mai und Juni 2018 lediglich Kindergeld in Höhe von 190,00 € tatsächlich zum Lebensunterhalt zur Verfügung gehabt habe. In diesen Monaten sei das Kindergeld noch ihrer Mutter ausgezahlt worden, obwohl sie bereits bei ihrer Großmutter gelebt habe. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Mutter das Kindergeld im April 2018 gar nicht und im Mai und Juni 2018 lediglich 190,00 € an die Großmutter weitergeleitet habe, weil es diese im Erörterungstermin am 29. Mai 2019 glaubhaft so angegeben habe. Zwar habe die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, sie habe für die Klägerin monatliche Einkäufe in Höhe von 110,00 € vorgenommen. Den Rest des Kindergeldes habe sie für sich selbst, ihren Ehemann und ihre weitere Tochter verbraucht. Insgesamt habe die Kindesmutter auf die Kammer einen überforderten und leicht verwirrten Eindruck gemacht. Im Mai und Juni 2018 sei der Klägerin nach den Angaben der Großmutter ein Kindergeld in Höhe von 190,00 € zugeflossen. Da der Beklagte im Bescheid vom 3. Mai 2019 194,00 € berücksichtigt habe, ergebe sich ein weiterer Anspruch für diese Monate in Höhe von jeweils 11,08 € einschließlich KdUH. Im Tenor des Urteils heißt es: „Die Berufung wird zugelassen.“ Am Ende der Entscheidungsgründe ist in dem Urteil ausgeführt: „Die Berufung ist für den Beklagten gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht kraft Gesetzes zulässig […]. Die Kammer hat die Berufung aber gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil sie die Frage, welche Personen zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 35 Abs. 2 SGB XII zu berücksichtigen sind, grundsätzliche Bedeutung beimisst.“
Die Klägerin hat gegen das ihr am 23. Juni 2022 zugestellte Urteil am 22. Juli 2022 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Ob die Kindesmutter „für“ sie - die Klägerin - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten habe, könne für ihren Anspruch nach dem SGB XII dahinstehen. Entsprechende Leistungen habe ihre Kindesmutter an den zuständigen Leistungsträger zu erstatten. Die Bescheide, die nach Auffassung des Sozialgerichts nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden seien, enthielten eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung und seien zum Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden. Es sei „ausdrücklich kein Widerspruchsrecht“ „zugelassen“ worden. Mit einem (dem Senat nicht vorliegenden) Schriftsatz vom 21. Februar 2019 sei innerhalb der Jahresfrist „äußerst hilfsweise“ Widerspruch erhoben worden (es wird nicht mitgeteilt, gegen welchen Bescheid), über den noch nicht entschieden worden sei. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei zumindest der Zeitraum von April 2018 bis Juni 2019 geworden. Von Seiten des Sozialgerichts seien im Übrigen im Rahmen der Stattgabe die Heizkosten nicht berücksichtigt worden. Ein Umzug wäre als unzumutbar anzusehen, sodass KdUH in Höhe von Drittel der tatsächlichen Kosten vom Beklagten zu übernehmen seien.
Die Klägerin hat schriftsätzlich zuletzt beantragt,
die Bescheide vom 9. April, 25. Juni, 25. Juli und 26. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2018, die Bescheide vom 7. März, 14. März, 3. Mai und 21. Mai 2019 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB XII ohne Anrechnung des Kindergeldes in den Monaten November 2017 bis Juli 2018 sowie unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für die Monate November 2017 bis Juni 2019 zu gewähren.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Berufung der Klägerin im Umfang ihrer Unzulässigkeit zu verwerfen, im Übrigen, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil, soweit es angefochten worden ist, für zutreffend. Die Berufung dürfte allenfalls im Hinblick auf § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft sein, indem die Klägerin mit ihrer Berufung Leistungen im Zeitraum von November 2017 bis Juni 2019 begehrt. Die Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht sei nur bezüglich der konkret formulierten Rechtsfrage erfolgt.
Die Klägerin ist mit Schreiben des Senats vom 27. Juni 2023 um eine chronologische Darstellung der Vereinbarungen/Beschlüsse zum Sorgerecht gebeten worden, die ihre Großmutter berechtigt haben, eine anwaltliche Vollmacht zu erteilen, und hierzu alle maßgebenden Unterlagen seit 2017 in Kopie zu übersenden. In Reaktion hierzu ist dem Senat mit Schriftsatz der Klägerin vom 28. August 2023 mitgeteilt worden, sie sei von Anfang an davon ausgegangen, dass die Großmutter hier die Ansprechpartnerin und „wirksame Vertreterin“ gewesen sei. Die Kindesmutter habe von Anfang an ihre Zustimmung erteilt, dass sich die Großmutter umfassend und daher auch in rechtlichen Angelegenheiten um sie - die Klägerin - kümmere. Sie nimmt Bezug auf die von der Großmutter mit Datum vom 5. März 2019 und 25. August 2023 unterschriebenen Vollmachten, zu denen auf Blatt 504 und 505 Rückseite Bd. III der Gerichtsakte verwiesen wird. Mit Datum vom 25. August 2023 hat die Großmutter im Übrigen für die Klägerin eine rückwirkende und umfassende „Genehmigung zur Prozessführung“ erteilt, zu der auf Blatt 505 Bd. III der Gerichtsakten Bezug genommen wird.
Der Senat hat den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. März 2024 abgelehnt. Mit gerichtlichem Schreiben von demselben Tag, das der Klägerin taggleich zugestellt worden ist, sind die Beteiligten zu einer Entscheidung des Senats gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden. Die Beteiligten haben sich hierzu in der Sache nicht mehr geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, Bezug genommen.
II.
Der Senat hat nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden können, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.
Die Berufung ist vom Sozialgericht mit für den Senat bindender Wirkung zugelassen worden (§ 144 Abs. 3 SGG). Ausschlaggebend ist hier der Tenor des Urteils vom 10. Juni 2022. Eine unbeschränkt erfolgte Zulassung eines Rechtsmittels im Tenor kann unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der Entscheidungsgründe eingegrenzt werden (vgl. zur ständigen Rechtsprechung für das Zivilprozessrecht: Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 -, juris, RdNr. 15ff. m.w.N.). Das Verfahrensrecht unter Geltung des SGG verlangt insoweit keine Abweichung. Eine Zulassungsentscheidung setzt bei einer solchen Abweichung indes voraus, dass die Vorinstanz dem Berufungsgericht die Möglichkeit der Überprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils des Streitgegenstands hat eröffnen wollen und können (vgl. BGH, a.a.O., RdNr. 16 m.w.N.; Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, Stand 21. November 2023, § 144 RdNr. 58). Im vorliegenden Fall stellt die Rechtsfrage, auf die sich die Ausführungen des Sozialgerichts zur Zulassungsentscheidung in den Entscheidungsgründen beziehen, keinen abtrennbaren Streitgegenstand dar, über den der Senat isoliert hätte entscheiden können. Der Beklagte ist insbesondere auch in Bezug auf die Nichtanrechnung von Kindergeld durch das Urteil des Sozialgerichts beschwert, ohne dass er selbst den Streitgegenstand einer Berufung auf die KdUH hätte eingrenzen können. Selbst wenn das Sozialgericht für den Beklagten eine unbeschränkte Zulassung gemeint haben und es sich bei dem Hinweis auf die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur um eine Begründung handeln sollte, ist auch eine nur denkbare andere Auslegung im Sinne eines Zugangs zum Rechtsmittel zu werten. Das führt dazu, dass die Beschränkung der Zulassung in den Entscheidungsgründen - auch zu Gunsten der Klägerin - unbeachtlich ist. Es kann damit dahinstehen, ob bei Zusammenrechnung der von der Klägerin mit der Berufung verfolgten Beträge der Schwellenwert von 750,00 € im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG überschritten wird.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit das Urteil mit der Berufung angefochten worden ist.
Der streitgegenständliche Zeitraum ist, worauf von dem Sozialgericht bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen worden ist, der Zeitraum vom 4. April bis zum 30. Juni 2018. Nur darauf bezieht sich der ursprüngliche Bescheid vom 9. April 2018, der mit den Bescheiden des Beklagten vom 26. Juli 2018 und 3. Mai 2019 jeweils zu Gunsten der Klägerin geändert und über dessen Rechtmäßigkeit ein Widerspruchsverfahren mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2018 durchgeführt worden ist. § 86 und § 96 Abs. 1 SGG scheiden als Rechtsgrundlage für die Einbeziehung der Bescheide vom 25. Juni und 25. Juli 2018 sowie 7. und 14. März 2019 aus, weil der Bescheid vom 9. April 2018 mit diesen Bescheiden nicht abgeändert oder ersetzt wird. Soweit ein Widerspruchsverfahren gegen die nicht den Zeitraum vom 4. April bis zum 30. Juni 2018 betreffenden Bescheide nicht abgeschlossen worden ist, ist die „Zulassung“ eines Widerspruchs, auf welche die Klägerin sich beruft, im Gesetz nicht vorgesehen. Soweit sie der Auffassung ist, die angefochtenen Bescheide seien nicht mit der zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen, würde dies nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zur Möglichkeit führen, innerhalb eines Jahres Widerspruch einzulegen. Die Aussetzung des Berufungsverfahrens, um die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gegen die Bescheide vom 26. Juni und 25. Juli 2018 sowie vom 7. und 14. März 2019 abzuwarten, ist ebenfalls nicht geboten, da durch eine Änderung der Bewilligung durch die Familienkasse und die Übertragung des Sorgerechts an die Großmutter dann nicht durchgehend derselbe Sachverhalt Gegenstand der Entscheidung ist.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 9. April 2018 in der Gestalt des Bescheides vom 26. Juli 2018, des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2018 und des Bescheides vom 3. Mai 2019 ist rechtmäßig, soweit dieser nach der teilweisen Aufhebung durch das Sozialgericht noch Gegenstand des Verfahrens ist, und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die von der Prozessbevollmächtigten hier im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren veranlassten Maßnahmen verletzen schon die verfassungsrechtlich geschützten Elternrechte der Kindesmutter. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Im Übrigen verlangt auch das Kindeswohl die eindeutige rechtliche Regelung, wer für das Kind rechtsverbindlich handeln kann (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 1 BvR 420/09 -, juris, RdNr. 40).
Für den Leistungsbezug vom 4. April bis zum 30. Juni 2018 fehlt es bereits an der erforderlichen Mitwirkung der in diesem Zeitraum allein sorgeberechtigten Kindesmutter am Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren, worauf bereits von Seiten des Beklagten mit Schreiben vom 31. Mai 2018 hingewiesen worden ist. Diese Mitwirkung wird mit Wirkung vor dem 15. März 2019 weder durch die spätere Übertragung der Personen- und Vermögenssorge mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 15. März 2019 noch durch die „Genehmigung der Prozessführung“ durch die Großmutter während des Berufungsverfahrens ersetzt. Dies gilt hier schon deshalb, weil nicht die Frage der Prozessführung, sondern eine fehlende Antragsbefugnis betroffen ist. Ein für die Klägerin geführtes Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren hätte nicht nur die Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers von einem Bedarf der Klägerin, sondern gleichzeitig der Mitteilung der Kindesmutter bei dem für ihre Bedarfsgemeinschaft zuständigen Sozialleistungsträger bedurft, dass ein Wechsel vom SGB II in das SGB XII für die Klägerin geltend gemacht wird (vgl. für den im Gegensatz zum SGB XII nicht nur an das Kind, sondern auch den Elternteil anknüpfenden Bezug von Kindergeld: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. August 2023 - III R 31/21 -, juris). Entgegen der Auffassung der Klägerin werden von den Trägern des SGB II bzw. des SGB XII nicht Mittel „für“ sie - an die Kindesmutter oder Großmutter - geleistet. Vielmehr handelt sich insoweit um eine Bewilligung an die Klägerin selbst. Diese kann sich deshalb auch nicht auf eine Unkenntnis bereits für sie erfolgter Leistungsbewilligungen berufen. Dieses Vorbringen der Prozessbevollmächtigten lässt ebenso wie ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren zu der Kindesmutter als Gegenpart im Verfahren über die Kindergeldbewilligung im Übrigen erkennen, dass sie sich im Klaren war, gerade nicht zur Vertretung der Klägerin durch die sorgeberechtigte Kindesmutter mandatiert zu sein. Den vom Jugendamt unterstützten Regelungen zur Betreuung der Klägerin vor März 2019 durch die Großmutter lässt sich ebenfalls eindeutig entnehmen, dass die Großmutter nur unaufschiebbare Maßnahmen der Gesundheitssorge ohne Hinzuziehung der Kindesmutter einleiten durfte.
Bedeutung hat die vorgenannte fehlende Vertretungsberechtigung insoweit auch, weil regelmäßig die Leistungsgewährung durch einen Träger eine Erfüllungswirkung nach § 107 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht für die Bedarfsdeckung eines Kindes verwendetes Kindergeld ggf. im SGB II als Einkommen des Kindergeldberechtigten - hier also zu Lasten der Kindesmutter - berücksichtigt wird. In verfahrensrechtlicher Hinsicht schließen die §§ 44 ff. SGB X die Zurechnung des Handelns nicht berechtigter Dritter bei dem Leistungsberechtigten aus. An die Erklärungen nicht vertretungsberechtigter Personen können keine Rechtsfolgen, insbesondere in Bezug auf die Regelungen zur Rücknahme und Aufhebung von Bescheiden, geknüpft werden können. Im vorliegenden Fall beruft sich die Prozessbevollmächtigte darauf, keine Auskunft über die ihr insgesamt bewilligten Leistungen geben zu müssen, was in diesen rechtlichen Kontext einzuordnen ist. Auf die fehlende Aktivlegitimation ist von Seiten des Beklagten auch schon zu Beginn des Verfahrens hingewiesen worden. Dass im Ergebnis Bewilligungsbescheide an die vor dem 15. März 2019 nicht zur Vertretung der Klägerin berechtigte Großmutter bzw. der von dieser mandatierten Rechtsanwältin bekannt gegeben wurden, führt bei dem hier noch streitigen Anspruch der Klägerin nicht zu einem anderen Ergebnis.
In Bezug auf die für die vorliegende Konstellation der Verwandtenpflege auch zu prüfende Regelung in § 27a Abs. 5 SGB XII definiert das Gesetz den Begriff der Unterbringung nicht. Eine Unterbringung in diesem Sinn wird angenommen, wenn die hilfebedürftige Person bei zumindest einem Elternteil nicht mehr ohne Gefährdung ihrer körperlichen Unversehrtheit oder ihrer Entwicklung leben kann, wobei regelmäßig eine entsprechende Entscheidung des Jugendamtes zugrunde gelegt werden kann (vgl. Gutzler in JurisPK-SGB XII, Stand 19. Februar 2021, § 27a RdNr. 108). Der Klägerin ist insoweit im Berufungsverfahren ergebnislos Gelegenheit zu weiterem Vorbringen gegeben worden. Die Vereinbarung vom 12. September 2017 deutet eher an, dass zunächst die Wohnsituation für die Klägerin im Haushalt ihrer Mutter vom Jugendamt als unzureichend erachtet wurde. Anders ist die Befristung zur Suche geeigneten Wohnraums nicht zu erklären.
Im Übrigen wird in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG auf das Urteil des Sozialgerichts verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.