L 7 SO 1468/22

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SO 246/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1468/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 und vom 1. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2022 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft inklusive Stromkosten und Kabelfernsehgebühren zuzüglich der gesetzlichen Zinsen. Darüber hinaus wendet sie sich gegen die Anwendung der Übergangsregelung des § 141 SGB XII sowie gegen den von der Beklagten gewählten Bewilligungszeitraum. Schließlich begehrt sie Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung.

Die 1955 geborene alleinstehende Klägerin durchlief ihren Angaben zufolge (nach einer dreijährigen Ausbildung für den mittleren Justizdienst und fünfjähriger Tätigkeit an einem Notariat) von April 1980 bis Dezember 1985 an der Universität H1 ein Studium der Rechtswissenschaften und anschließend den juristischen Vorbereitungsdienst, bevor sie, unterbrochen durch Zeiten ohne Beschäftigung, an wechselnden Arbeitsstellen bis März 1995 u.a. als Juristin tätig war. Seitdem war die Klägerin arbeitslos und bezog bis Ende 2004 Arbeitslosenhilfe. Ab Januar 2005 stand sie im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Klägerin bewohnt eine von ihr ab Januar 1991 angemietete Dachgeschosswohnung in P1 (Mietvertrag vom 18. November 1990, Bl. 25 ff. d. Verwaltungsakte) mit einer Wohnfläche von 48 m² (zwei Zimmer, Küchenteil, Bad mit Toilette), für die sie seit 1. August 2014 eine monatliche Gesamtmiete von 408,00 Euro (Kaltmiete 286,00 Euro, Betriebs-/Nebenkosten 32,00 Euro, Heizkosten inkl. Warmwasseraufbereitung 90,00 Euro) aufzubringen hat. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Abfallgebührenbescheides vom 29. Januar 2021 (Bl. 77 ff. d. Verwaltungsakte) hatte sie ferner im Jahr 2021 am 28. Februar 2021 einen Abschlag in Höhe von 18,44 Euro sowie am 15. März 2021, 15. Juni 2021, 15. September 2021 und am 15. Dezember 2021 jeweils einen Abschlag in Höhe von 43,29 Euro an die Abfallwirtschaft der Stadt P1 zu zahlen. Für das Jahr 2022 fiel ausweislich des Abfallgebührenbescheides vom 28. Januar 2022 (Bl. 305 ff. d. Verwaltungsakte) bei einer Gutschrift im Januar 2022 ein Abschlag für Abfallgebühren in Höhe von 38,91 Euro am 15. März 2022, 15. Juni 2022, 15. September 2022 und 15. Dezember 2022 an. Für den Kabelanschluss wird monatlich ein Betrag in Höhe von 20,99 Euro fällig (Schreiben u1 vom 5. Januar 2016, Bl. 81 d. Verwaltungsakte). Für Strom hatte die Klägerin einen monatlichen Abschlag in Höhe von 39,00 Euro aufzubringen, ab Januar 2022 hat sich der Abschlag auf 47,00 Euro erhöht (wovon die Klägerin, soweit ersichtlich, 40,00 Euro bezahlt; Bl. 291 ff. d. Verwaltungsakte).

Seit September 2020 mindert die Klägerin die Miete um 15 % der jeweiligen Bruttokaltmiete (laut Abrechnung der Klägerin in der Zeit von September bis November 2020 um einen Betrag in Höhe von 72,00 Euro, im Dezember 2021 um einen Betrag in Höhe von 66,20 Euro, ab Januar 2021 wiederum in Höhe von 72,00 Euro, Bl. 61 d. Verwaltungsakte). Unter Berücksichtigung dieser Mietminderung zahlt die Klägerin seit Februar 2021 an die Vermieterin einen Betrag in Höhe von 336,00 Euro monatlich (vgl. Kontoauszug vom 7. Januar 2021, Bl. 65 d. Verwaltungsakte).

Die Klägerin bezieht seit Juli 2021 eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 580,30 Euro (Bl. 85 ff. d. Verwaltungsakte). Darüber hinaus verfügt die Klägerin über Vermögen in Gestalt einer Rentenversicherung bei der R1 Lebensversicherung AG (Rentenversicherungsnr. xxx), die nach Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 3.000,00 Euro (Bl. 135 d. Verwaltungsakte) zum 1. Oktober 2021 einen Rückkaufswert von 29.934,99 Euro hat (Bl. 173 ff. d. Verwaltungsakte). An Vermögenswerten verfügt die Klägerin weiterhin über ein Girokonto bei der V1bank P1 (Kontonummer xxx1), welches am 13. August 2021 einen Kontostand von 1.406,31 Euro aufwies (Kontoauszug vom 13. August 2021, Bl. 167 d. Verwaltungsakte). Auf dem ebenfalls bei der V1bank P1 geführten Tagesgeldkonto (xxx2) befand sich zum 6. Juli 2021 ein Betrag in Höhe von 1.226,67 Euro (vgl. Kontoauszug vom 6. Juli 2021, Bl. 169 d. Verwaltungsakte). Die Klägerin verfügt darüber hinaus über ein Sparbuch bei der V1bank P1 (Kontonr. xxx2), bei welchem der Kapitalsaldo zum 13. August 2021 3.329,60 Euro betrug (Kontoauszug vom 13. August 2021, Bl. 171 d. Verwaltungsakte) sowie über Schmuck und Goldbarren, die nach ihren Angaben einen Wert von ca. 4.000,00 Euro aufweisen. Schließlich ist die Klägerin im Besitz eines Pkw, für welchen die Beklagte einen Wert von 4.500,00 Euro errechnet hat.

Die Klägerin verfügt über eine Haftpflichtversicherung bei der R1 Allgemeine Versicherung AG (Privatpolice Nr. xxx9), für die ausweislich der Rechnung vom 16. März 2021 am 1. April 2021 ein Jahresbeitrag in Höhe von 82,92 Euro fällig wurde (Bl. 125 d. Verwaltungsakte). Weiter besteht für die Klägerin bei der D1 Krankenversicherungsverein a.G. eine Unfallversicherung (Versicherungsnr. xxx1), für die sie einen monatlichen Betrag in Höhe von 19,48 Euro zu zahlen hat (Bl. 129 ff. d. Verwaltungsakte). Darüber hinaus verfügt die Klägerin über eine Brillenversicherung bei der H2 (Versicherungsscheinnr. xxxx4, Bl. 133 d. Verwaltungsakte), für die ein Jahresbeitrag von 50,00 Euro zu leisten ist.

Am 20. Juli 2021 beantragte die Klägerin unter Vorlage zahlreicher Unterlagen bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII. 

Mit Bescheid vom 9. September 2021 (Bl. 259 ff. d. Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB XII in Form von Grundsicherung im Alter für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. August 2021 in Höhe von 219,44 Euro monatlich, für September 2021 in Höhe von 262,73 Euro, für die Zeit vom 1. Oktober 2021 bis zum 30. November 2021 in Höhe von 219,44 Euro monatlich und für Dezember 2021 in Höhe von 262,73 Euro, wobei im September und Dezember 2021 der Abschlag für die Abfallgebühren berücksichtigt wurde.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 21. September 2021 Widerspruch ein (Bl. 321 ff. d Verwaltungsakte). Zu dessen Begründung rügte sie die fortwährende Verletzung ihrer Grundrechte. Die Festsetzung der Kosten der Unterkunft im Bescheid vom 9. September 2021 sei rechtswidrig, da gemäß § 35 SGB XII die tatsächlichen Kosten zu übernehmen seien. Insbesondere die Kosten für Strom und Kabelgebühren seien zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 (Bl. 271 d. Verwaltungsakte) beantragte sie die Weitergewährung für die Zeit ab 1. Januar 2022.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2021 (Bl. 279 ff. d. Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB XII in Form von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 in Höhe von 222,44 Euro monatlich.

Gegen den Bescheid vom 22. Dezember 2021 legte die Klägerin am 29. Dezember 2021 Widerspruch ein (Bl. 335 ff. d. Verwaltungsakte) und bezog sich zur Begründung auf ihren Widerspruch vom 21. September 2021. Weiter rügte sie die Anwendung der zur Begründung beider Bescheide angeführten Übergangsregelung wegen des Covid-19-Pandemiegeschehens. Sie halte die Regelung des § 141 SGB XII für nicht anwendbar. Aus der Übergangsregelung ergebe sich keine Rechtfertigung für das Unterlassen einer korrekten, gesetzesmäßigen Sachbearbeitung. Es handele sich erneut um eine sittenwidrige Schädigung.

Mit Änderungsbescheid vom 4. Februar 2022 (Bl. 309 ff. d. Verwaltungsakte) hob die Beklagte den Bescheid vom 22. Dezember 2021 für die Zeit ab März 2022 auf und bewilligte der Klägerin für den Monat März 2022 Leistungen in Höhe von 250,49 Euro und für die Zeit vom 1. April 2022 bis 30. Juni 2022 in Höhe von 223,10 Euro monatlich. Die Beklagte wies weiter darauf hin, dass aufgrund der verlängerten Geltung des § 141 SGB XII Leistungen ungeachtet des übersteigenden Vermögens der Klägerin weitergewährt werden könnten.

Am 27. Januar 2022 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) Untätigkeitsklage erhoben.

Auf die Übersendung der Strom-Verbrauchsabrechnung der Stadtwerke P1 GmbH & Co. KG vom 21. Dezember 2021 (Bl. 293 ff. d. Verwaltungsakte) hat die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2022 (Bl. 301 d. Verwaltungsakte) die Übernahme der sich hieraus ergebenden Stromkostennachforderung in Höhe von 98,02 Euro (fällig am 6. Januar 2022) abgelehnt, weil diese gemäß § 35 SGB XII i.V.m. § 1 der Regelsatzverordnung bereits im Regelsatz enthalten seien.

Nachdem die Beklagte die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 7. Februar 2022 (Bl. 331 ff. und 339 ff. d. Verwaltungsakte) zurückgewiesen hat, hat die Klägerin ihre Untätigkeitsklage mit Schreiben vom 14. Februar 2022 auf eine „Anfechtungs- und Verpflichtungsklage“ umgestellt. Sie erachte die gesamte Vorgehensweise seitens dieses Rechtsstaates als sittenwidrig und sehe einen Anspruch auf Schadensersatz. Angesichts dessen, dass sie weiterhin keine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, korrekte Sachverhaltsermittlung, Prüfung und Abwägung erkennen könne, rüge sie noch eine Verletzung der Art. 20 Abs. 3, 103 Grundgesetz (GG).

Mit Schreiben vom 10. März 2022 (Bl. 102 d. SG-Akte) hat das SG die Beteiligten zu einer Entscheidung mittels Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört. Die Klägerin hat daraufhin die Vorsitzende der 10. Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses Gesuch wurde mit Beschluss vom 6. Mai 2022 abgelehnt (Az. S 11 SF 784/22 AB), welcher der Klägerin am 18. Mai 2022 zugestellt worden ist.

Bereits mit Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klägerin stünden für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2022 und für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 keine höheren Leistungen als die mit den angefochtenen Bescheiden bewilligten zu.

Gegen den ihr am 16. Mai 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Mai 2022 Berufung bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Weiter hat sie darauf hingewiesen, dass ihr eine Entscheidung über den Befangenheitsantrag nicht vorliege, so dass der Gerichtsbescheid bereits wegen eines Verstoßes gegen § 60 SGG i.V.m. § 47 Zivilprozessordnung (ZPO) rechtswidrig sei.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2022 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. September 2021 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Februar 2022 und des Bescheides vom 22. Dezember 2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Februar 2022 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 und für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2022 höhere Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft inklusive Stromkosten und Kabelfernsehgebühren zuzüglich der gesetzlichen Zinsen zu gewähren,

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihr Schadensersatz inklusive immateriellem in vom Gericht festzulegender Höhe, mindestens in Höhe der fehlenden im Voraus zu bezahlenden und fälligen tatsächlichen Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.

Mit Schreiben vom 23. Mai hat die Klägerin mitgeteilt, ihr sei nunmehr der Beschluss des SG vom 6. Mai 2022 bezüglich des Befangenheitsgesuchs zugestellt worden. Sie halte den Gerichtsbescheid weiterhin für rechtswidrig, nachdem ihr der Beschluss erst am 18. Mai 2022 zugestellt worden sei. Sie gehe daher davon aus, dass dieser bei Erlass des Gerichtsbescheides nicht existent gewesen sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsausschlussgründe des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht entgegenstehen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Gerichtsbescheid des SG vom 9. Mai 2022 der Bescheid der Beklagten vom 9. September 2021 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Februar 2022 und der Bescheid vom 22. Dezember 2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Februar 2022, mit welchen die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 und vom 1. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2022 bewilligt hat. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob der Bescheid vom 22. Dezember 2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Februar 2022 bereits analog § 86 SGG Gegenstand des hinsichtlich des Bescheides vom 9. September 2021 anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden ist (so in einem obiter dictum zuletzt Bundessozialgericht [BSG] vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 14/15 R – juris Rdnr. 11, anders für das SGB II BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 7/20 R – juris Rdnr. 20 mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstand), denn jedenfalls sind die Bescheide beider Zeiträume Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Klägerin hat die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage auch zulässig als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4, § 56 SGG) fortgeführt (vgl. BSG, Beschluss vom 4. November 2009 – B 8 SO 38/09 B – juris Rdnr. 6). Der den Folgezeitraum vom 1. Juli 2022 bis 31. September 2022 betreffende Bescheid vom 29. Juni 2022 (Bl. 61 f. d. Senatsakte) ist hingegen nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (st. Rspr. vgl. nur BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 12/06 R – juris Rdnr. 8; BSG, Urteil vom 29. März 2007 – B 7b AS 4/06 R – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R – juris Rdnr. 30). Für die genannten Zeiträume begehrt die Klägerin höhere Leistungen insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft inklusive Stromkosten und Kabelfernsehgebühren zuzüglich der gesetzlichen Zinsen. Darüber hinaus wendet sie sich gegen die Anwendung der Übergangsregelung des § 141 SGB XII sowie gegen den von der Beklagten jeweils gewählten Bewilligungszeitraum.

2. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. 

a.) Eine Zurückverweisung der Rechtssache an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 SGG kommt nicht in Betracht. Danach kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn 1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, 2. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn weder hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG), noch liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).

Soweit die Klägerin geltend macht, die Vorsitzende der 10. Kammer des SG sei befangen und habe vor Erledigung des unter dem Az. S 11 SF 785/22 AB geführten Ablehnungsverfahrens keine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid treffen dürfen, rügt sie im Kern die ordnungsgemäße Besetzung des Sozialgerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). 

Die Klägerin ist ihrem gesetzlichen Richter jedoch nicht dadurch entzogen worden, dass die 10. Kammer des SG in ihrer planmäßigen Besetzung durch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. März 2022 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richterin entschieden hat. Zwar erlaubt es § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO einem abgelehnten Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur, solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. Die dafür erforderliche Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht gemäß § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 46 Abs. 1 ZPO durch Beschluss. Die diesbezügliche Entscheidung des SG in dem Verfahren S 11 SF 785/22 AB datiert zwar vom 6. Mai 2022, ist der Klägerin aber erst am 18. Mai 2022 zugestellt worden. Knüpft man die Wirksamkeit des Beschlusses nach § 133 Satz 2 SGG an dessen Zustellung (so etwa BSG, Beschluss vom 14. Februar 2018 – B 14 AS 426/16 B – juris Rdnr. 5), ist der verfahrensbeendende Gerichtsbescheid des SG vom 9. Mai 2022 vor Beendigung des vorläufigen Tätigkeitsverbots ergangen. Ein solcher Verstoß gegen die Wartepflicht wird jedoch durch die Zustellung eines Beschlusses über die Verwerfung bzw. Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs geheilt (zum Ganzen BSG, Beschluss vom 25. Januar 2022 – B 4 AS 176/21 B – juris Rdnr. 8 m.w.N.). Der Verstoß gegen die Wartepflicht stellt sich daher als unbeachtlich dar, eine Zurückverweisung kommt folglich nicht in Betracht.

b.) Die Klägerin hat in der hier streitbefangenen Zeit auch keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.

Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. §§ 41 ff SGB XII erhalten Personen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

Die Leistungsansprüche der Klägerin, die zum 1. Juli 2021 die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII überschritten hat, weil sie 65 Jahre und 9 Monate alt und daher dem Grunde nach für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anspruchsberechtigt war (§ 41 Abs. 2 Satz 1 SGB XII), errechnen sich wie folgt:

Der monatliche Bedarf der Klägerin setzt sich für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 446,00 Euro (§ 42 Nr. 1 SGB XII; Regelbedarfsstufe 1) und einem Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 336,00 Euro (§ 42 Nr. 4a i.V.m. § 42a Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). In den Monaten September 2021 und Dezember 2021 sind zusätzlich die dann fälligen Abschläge der Abfallgebühren in Höhe von 43,29 Euro als Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen.

Anders als die Klägerin meint, kann dabei ein höherer Bedarf für Unterkunft und Heizung, wobei die Beklagte insoweit eine Grundmiete in Höhe von 214,00 Euro, Heizkosten in Höhe von 90,00 Euro und Nebenkosten in Höhe von 32,00 Euro berücksichtigt hat, nicht festgestellt werden.

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden Bedarfe für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen – jedoch regelmäßig nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 SGB XII begrenzt auf die angemessene Höhe – anerkannt. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass danach nur solche Bedarfe zu berücksichtigen sind, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. „Tatsächliche Aufwendungen“ für eine Wohnung liegen nach der Rechtsprechung des BSG jedoch nicht nur dann vor, wenn die Miete bereits gezahlt wurde und nunmehr deren Erstattung verlangt wird, sondern es genügt, dass der Leistungsberechtigte im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (so zu § 22 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 8. Mai 2019 – B 14 AS 20/18 – juris Rdnr. 11). Dies ergibt sich schon daraus, dass bei einer Nichtzahlung der Miete regelmäßig die Kündigung und Räumung der Unterkunft droht. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Für die Frage, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, kommt es nicht darauf an, ob der Leistungsberechtigte der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (zum Ganzen BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 19/09 R – juris Rdnr. 15). Mindert ein Leistungsberechtigter jedoch gegenüber seinem Vermieter die Unterkunftskosten, sind dies die tatsächlich zu berücksichtigenden laufenden Unterkunftskosten, sofern die Mietminderung nicht offensichtlich unwirksam ist (vgl. zum SGB II LSG Bayern, Urteil vom 14. Mai 2014 – L 11 AS 828/13 – juris Rdnr. 32 f.; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29. Oktober 2020 – L 6 AS 21/18 – juris Rdnr. 21 f.; LSG Sachsen, Urteil vom 17. März 2022 – L 3 AS 568/21 – juris Rdnr. 21; Berlit, jurisPR-SozR 26/2014 Anm. 1).

Für die von der Klägerin bewohnte Wohnung war die Zahlung einer Miete in Höhe von 408,00 Euro (Kaltmiete in Höhe von 286,00 Euro zzgl. Heizung und Nebenkosten in Höhe von 122,00 Euro) mietvertraglich vereinbart. Diese Miete wird von der Klägerin wegen Lärmbelästigungen jedoch seit September 2020 in Höhe von 15 % der Bruttomiete, d.h. 72,00 Euro, gemindert, so dass von ihr ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge und Aufstellungen monatlich 336,00 Euro an die Vermieterin gezahlt werden. Nur diese Kosten sind ihr in dem hier streitigen Zeitraum tatsächlich entstanden und diese Kosten hat die Beklagte übernommen. Dass die Mietminderung nach § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von vornherein offensichtlich unwirksam war (vgl. dazu LSG Bayern, Urteil vom 14. Mai 2014 – L 11 AS 621/13 – juris), lässt sich nicht feststellen, zumal auch die Vermieterin mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 mitgeteilt hat, sie komme der Klägerin mit „einem 15 % Mietnachlass auf die Kaltmiete entgegen und hoffe, dass (…) [dies die Klägerin] über die die störenden Geräusche hinweghören“ lasse. Zwar hat die Klägerin die Miete in der Folgezeit um einen höheren als den von der Vermieterin schriftlich zugestandenen Betrag gemindert, dies ist von der Vermieterin – soweit ersichtlich – jedoch ebenfalls hingenommen worden. Ein Anspruch auf höhere Leistungen besteht mithin insoweit nicht.

Die Klägerin hat weiter auch keinen Anspruch auf die Übernahme der Kabelgebühren in Höhe von 20,99 Euro im Rahmen der Kosten der Unterkunft. Zu den tatsächlichen Aufwendungen i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehören zwar auch die Nebenkosten, jedoch grundsätzlich nur, soweit es sich um die ihrer Art nach in § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) aufgeführten Betriebskosten handelt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R – juris Rdnr. 16). § 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 BetrKV legt abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Die Kabelgebühren sind gemäß den §§ 1, 2 Nr. 15 BetrKV abstrakt umlagefähig. Nach der Rechtsprechung des BSG können aber nur tatsächliche Aufwendungen für umlagefähige Betriebskosten – auch die Kosten für einen Kabelanschluss und die Anschlussnutzungsgebühren – erstattungsfähig sein. Dies setzt die Verpflichtung zur Zahlung durch den Mietvertrag voraus (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 11b AS 31/06 R – juris Rdnr. 18). Hieran fehlt es vorliegend jedoch; für die Klägerin fielen mietvertraglich keine Kosten für einen Kabelanschluss an. Sie hat vielmehr einen vom Mietvertrag unabhängigen Vertrag mit der u1 GmbH (jetzt V2) abgeschlossen, aus dem die Zahlungsverpflichtung resultiert. Damit handelt es sich um Aufwendungen, die weder rechtlich noch tatsächlich mit der Unterkunft verknüpft sind. Eine Übernahme im Rahmen der Unterkunftskosten kommt damit nicht in Betracht. 

Auch ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kabelgebühren als Hilfe in sonstigen Lebenslagen gemäß § 73 SGB XII scheidet ersichtlich aus. Gemäß § 73 Satz 1 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. § 73 SGB XII beinhaltet eine Regelung zur Befriedigung von Bedarfen, die sich aus besonderen, atypischen Lebenslagen ergeben und im Hinblick auf den Zielauftrag des § 1 Satz 1 SGB XII zur Führung eines menschenwürdigen Lebens zu decken sind, jedoch von den sonstigen Leistungsansprüchen der Hilfebedürftigen nach dem SGB XII nicht erfasst sind. Sind daher Bedarfslagen bereits von den Regelbedarfen des § 27 a Abs. 2 SGB XII erfasst, kommt eine Gewährung weiterer Leistungen hierfür gemäß § 73 SGB XII nicht in Betracht. Stellt sich im Einzelfall eine Unterdeckung dieser Bedarfe heraus, ist der individuelle Bedarf gemäß § 27a Abs. 4 SGB XII anzupassen (vgl. zum Ganzen Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020 [Stand 30. April 2020], § 73 Rdnr. 7). Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für einen Kabelanschluss betreffen den Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur, für den gemäß § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) bereits Ausgaben im Regelsatz enthalten sind. Es handelt sich somit nicht um einen besonderen, atypischen Bedarf im Sinne des § 73 SGB XII (vgl. zum Ganzen auch SG Detmold, Urteil vom 8. Juli 2017 – S 8 SO 200/13 – juris Rdnr. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. September 2013 – L 20 SO 279/12 – juris Rdnr. 41).


Darüber hinaus hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Gewährung der Kosten für einen Kabelanschluss gemäß § 42 SGB XII i.V.m. § 27a SGB XII. Gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfasst der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört gemäß § 27a Abs. 1 Satz 2 SGB XII in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 1 SGB XII ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt den monatlichen Regelbedarf. Der durchschnittliche Bedarf i.S.v. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII entspricht mithin diesem Regelbedarf.

Zur Deckung dieses Bedarfes erhält die Klägerin als Alleinstehende den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 der Anlage zu § 28 SGB XII (ab 1. Januar 2021 446,00 EUR). Dabei gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Abteilungen 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), 3 (Bekleidung und Schuhe), 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung), 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände) und 6 (Gesundheitspflege) nach § 5 RBEG zum allein physischen Existenzminimum und weiter die Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Post und Telekommunikation), 9 (Freizeit, Unterhaltung und Kultur), 10 (Bildungswesen), 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) und 12 (andere Waren und Dienstleistungen) auch zum soziokulturellen Existenzminimum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2012 –1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – juris Rdnr. 102 ff.). Der Regelsatz von 446,00 Euro beinhaltet damit einen Betrag von 167,92 Euro für das gesamte soziokulturelle Existenzminimum.

Die von der Klägerin geltend gemachten zusätzlichen Kosten in Höhe von monatlich 20,99 Euro für einen Kabelfernsehanschluss sind dem soziokulturellen Existenzminimum zuzuordnen, soweit dies die gesellschaftliche Teilhabe betrifft. Insoweit gelten für eine abweichende Bedarfsfestlegung allerdings andere Voraussetzungen als beim allein physischen Existenzminimum (vgl. auch zum Folgenden LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. September 2013 – L 20 SO 279/12 – juris 54 f.). Der Grund dafür liegt darin, dass bei der Sicherung des physischen Existenzminimums kaum individuelle Einsparmöglichkeiten des Leistungsempfängers bestehen. Demgegenüber erfordert das weitergehende soziokulturelle Existenzminimum zwar die Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2012 –1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – juris Rdnr. 64). Insoweit bestehen aber weitergehende individuelle Gestaltungsspielräume; denn der konkrete Bedarf ist abhängig von den persönlichen Präferenzen des Leistungsberechtigten. Höhere Ausgaben für eine bestimmte präferierte Teilhabeaktivität können durch Einsparungen bei üblichen, aber individuell nicht bevorzugten Aktivitäten aufgefangen werden. Wer sich etwa keine Zeitung kauft, kann stattdessen Mittel für einen Internetanschluss aufwenden und umgekehrt. Eine abweichende Festlegung des Bedarfs nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII käme aber erst dann in Betracht, wenn das Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe unter Berücksichtigung einer zumutbaren Steuerung des Ausgabeverhaltens anhand der individuellen Präferenz nicht sichergestellt wäre.

Ein abweichender Bedarf für die das physische Existenzminimum überschreitenden Bedarfe beim soziokulturellen Existenzminimum der Klägerin kann der Senat vor diesem Hintergrund nicht erkennen. Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für das Kabelfernsehen belaufen sich mit monatlich 20,99 EUR nur auf ein Achtel der für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt bestimmten Leistungen von 167,92 Euro, damit verbleibt auch noch Spielraum für sonstige Teilhabebedürfnisse. Eine abweichende Festlegung ihres Leistungsbedarfs i.S.v. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII ist daher nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin hat weiter auch keinen Anspruch auf Übernahme der monatlichen Stromkostenvorauszahlung bzw. -nachzahlung. Bei den geltend gemachten Aufwendungen für die Nachzahlung und Vorauszahlungen von Energiekosten handelt es sich um Kosten für Haushaltsenergie, die im Regelbedarf bereits enthalten sind (Abteilung 4 - Wohnungsmiete, Energie und Wohnungsinstandhaltung).

Damit ergibt sich ein monatlicher Gesamtbedarf in Höhe von 782 Euro für die Monate Juli, August, Oktober und November 2021 sowie in Höhe von 825,29 Euro für die Monate September und Dezember 2021, wovon auch die Beklagte zutreffend ausgegangen ist.

Dem steht monatlich zu berücksichtigendes Einkommen gegenüber.

Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG), bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Von dem Einkommen abzusetzen sind unter anderem Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII).

Die Klägerin bezieht seit Juli 2021 eine Regelaltersrente in Höhe von 580,30 Euro. Von dem zu berücksichtigenden Einkommen sind Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 nicht abzusetzen. Zwar hat die Klägerin insoweit vorgetragen, über eine Haftpflichtversicherung zu verfügen, die grundsätzlich die Voraussetzungen des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII erfüllt. Der Beitrag in Höhe von 82,92 Euro ist ausweislich der Beitragsrechnung vom 16. März 2021 jedoch bereits am 1. April 2021 fällig geworden und von dem Konto der Klägerin abgebucht worden. Versicherungsbeiträge können das zu berücksichtigende Einkommen jedoch nur dann mindern, wenn sie in dem Monat tatsächlich und rechtlich angefallen sind. Eine Aufteilung der Kosten für abzugsfähige Versicherungen auf mehrere Monate – wie von der Beklagten zu Gunsten der Klägerin angenommen – ist hingegen nicht vorzunehmen, weil es insoweit an einer rechtlichen Grundlage fehlt (BSG, Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – juris Rdnr. 23). Eine Berücksichtigung des Betrages zur Haftpflichtversicherung in dem hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 kommt danach nicht in Betracht.

Auch eine einkommensmindernde Berücksichtigung der Unfallversicherung, für die die Klägerin monatliche Beträge in Höhe von 19,48 Euro aufwendet und die die Beklagte mit 10,83 Euro berücksichtigt hat, hat nicht zu erfolgen, weil es sich dabei nicht um einen angemessenen Beitrag i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII handelt.

Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII im Hinblick auf Versicherungsbeiträge im existenzsichernden Bereich ist darauf abzustellen, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze üblicherweise Vorsorgeaufwendungen zu tätigen pflegen und andererseits, welche individuellen Lebensverhältnisse die Situation des Hilfebedürftigen prägen (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 7/10 R – juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 – B 4 AS 139/10 R – juris Rdnr. 22). Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 % der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen. Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind.

Ausweislich der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2018 (abgerufen am 9. November 2022 unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Ausstattung-Gebrauchsgueter/Publikationen/Downloads-Ausstattung/evs-ausstattung-privater-haushalte-2152601189004.pdf?__blob=publicationFile) hatten zum 1. Januar 2018 25,9 % der Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 900,00 bis unter 1300,00 Euro, 32,6 % der Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 1300,00 bis unter 1500,00 Euro und 36,0 % der Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 1500,00 bis unter 2000,00 Euro eine private Unfallversicherung abgeschlossen. Eine Üblichkeit hinsichtlich des Abschlusses einer privaten Unfallversicherung ergibt sich hieraus mithin nicht. Weiter ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin einer besonderen Unfallgefahr ausgesetzt ist, so dass auch die Umstände des Einzelfalls nicht für die Angemessenheit einer Unfallversicherung sprechen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Abschluss einer Unfallversicherung dann empfohlen wird, wenn der Versicherungsnehmer besonderen Unfallgefahren ausgesetzt ist, z. B. weil er einen körperlich anstrengenden Beruf ausübt, in der Freizeit viel Sport treibt oder viele häusliche und handwerkliche Tätigkeiten ausübt (vgl. Infoblatt Unfallversicherung des Bundes der Versicherten, Stand 10. Februar 2022, S. 7, abgerufen am 9. November 2022 unter https://versicherungscheck.bundderversicherten.de/_Resources/Persistent/2/d/7/7/2d770b10988b2a30a8f162191da5b4ed370e7fd9/67_U_MG.pdf). Entsprechendes ist für die Klägerin nicht festzustellen. Eine einkommensmindernde Berücksichtigung der Beiträge zur Unfallversicherung kommt folglich nicht in Betracht.

Nach alledem ergibt sich ein monatlicher Anspruch der Klägerin für die Monate Juli, August und Oktober 2021 in Höhe von jeweils 201,68 Euro und für die Monate September und Dezember 2021 in Höhe von jeweils 244,99 Euro. Ein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII als von der Beklagten gewährt, besteht mithin nicht.

Auch für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 steht der Klägerin kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII zu. Die Beklagte ist zwar unzutreffend von einem Einkommen aus Regelaltersrente in Höhe von 579,64 Euro statt 578,99 Euro (vgl. Rentenanpassungsmitteilung, Bl. 54 d. Senatsakte) ausgegangen. Ein höherer Anspruch ergibt sich hieraus schon deshalb nicht, weil die Beklagte von dem Einkommen auch in diesem Zeitraum die Unfallversicherung in Abzug gebracht hat, ohne dass hierauf – wie bereits ausgeführt – ein Anspruch der Klägerin besteht. Ebenfalls besteht für den Monat April 2022 kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII, auch wenn in diesem Monat der Beitrag zur Haftpflichtversicherung in Höhe von 82,92 Euro, welcher grundsätzlich einkommensmindernd zu berücksichtigen ist (vgl. die obigen Ausführungen), fällig wird, denn die Klägerin ist nicht hilfebedürftig i.S.d. § 41 Abs. 1 SGB XII, weil sie über Vermögen verfügt.

Nach §§ 43 Abs. 1, 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen sind dabei alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte, soweit sie nicht normativ dem Einkommen zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 8/9b SO 9/06 R – juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 15/15 R – juris Rdnr. 22).

Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen verfügt sie über Vermögen in Gestalt einer Rentenversicherung bei der R1 Lebensversicherung AG (Rentenversicherungsnr. xxx1), die nach Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 3.000,00 Euro zum 1. Oktober 2021 einen Rückkaufswert von 29.934,99 Euro hat, eines Girokontos bei der V1bank P1 (Kontonummer xxxx81), welches am 13. August 2021 einen Kontostand von 1.406,31 Euro aufwies (Kontoauszug vom 13. August 2021), eines ebenfalls bei der V1bank P1 geführten Tagesgeldkontos (xxx92), auf welchem sich zum 6. Juli 2021 ein Betrag i.H.v 1.226,67 Euro befand (vgl. Kontoauszug vom 6. Juli 2021) und eines Sparbuchs bei der V1bank P1 (Kontonr. xxx62), bei welchem der Kapitalsaldo zum 13. August 2021 3.329,60 Euro betrug (Kontoauszug vom 13. August 2021).

Das auf den Konten befindliche Vermögen der Klägerin ist dabei auch ohne weiteres verwertbar. Gleiches gilt für die bei der R1 Lebensversicherung AG geführte Rentenversicherung.

Bei einer privaten Rentenversicherung handelt es sich regelmäßig um durch Auflösung verwertbares Vermögen (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 21. Februar 2019 – L 7 AS 2404/18 – n.v.; BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R – juris Rdnr. 38 ff.), wobei der Rückkaufswert (abzüglich der Verwertungskosten) den maßgeblichen Verkehrswert darstellt. An der Verwertbarkeit der Rentenversicherung bei der R1 Lebensversicherung AG bestehen keine Zweifel. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können; der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch den rechtlichen Verhältnissen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 – juris Rdnr. 22). Tatsächliche und rechtliche Verfügungsbeschränkungen sind vorliegend nicht ersichtlich. Die private Rentenversicherung bei der R1 Lebensversicherung AG wäre für die Klägerin innerhalb kürzester Zeit verwertbar gewesen, wie der Senat bereits mit Urteil vom 21. Februar 2019 – L 7 AS 2404/18 festgestellt hat. Das sich hieran etwas geändert haben könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Klägerin verfügt damit über ein über der Vermögensfreigrenze von 5.000,00 Euro liegendes Vermögen (vgl. § 1 Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII).   

Für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 ist die Beklagte zu Gunsten der Klägerin unter Anwendung des § 141 Abs. 2 Satz 1 SGB XII davon ausgegangen, dass dieses Vermögen einer Leistungsgewährung nicht entgegensteht. Die Klägerin, die die Anwendung des § 141 SGB XII rügt, wird hierdurch jedenfalls nicht beschwert.

Für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 kommt hingegen die Anwendung des § 141 SGB XII – anders als von der Beklagten angenommen – nicht in Betracht, so dass dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB XII das über der Freibetragsgrenze liegende Vermögen entgegensteht.

Nach § 141 Abs. 1 SGB XII in der Fassung vom 25. Juni 2021 werden Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2021 (durch § 1 der Verordnung zur Verlängerung des Zeitraums für das vereinfachte Verfahren für den Zugang zu den Grundsicherungssystemen und für den Mehrbedarf für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung für Menschen mit Behinderungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie [VZVV] in der Fassung vom 10. März 2022 verlängert für Zeiträume bis 31. Dezember 2022)  beginnen, nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 erbracht. Gemäß § 141 Abs. 2 Satz 1 SGB XII wird abweichend von § 2 Abs. 1, § 19 Abs. 1, 2 und 5, § 27 Abs. 1 und 2, § 39, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 43a Abs. 2 und § 90 SGB XII Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Satz 1 gilt gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 SGB XII nicht, wenn das Vermögen erheblich ist; es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die leistungsnachsuchenden Personen dies im Antrag erklären.

Die Vorschrift in § 141 Abs. 2 SGB XII ist jedenfalls für die Zeit ab 1. Januar 2022 nicht anwendbar, weil die Nichtberücksichtigung von Vermögen (nur) für die Dauer von sechs Monaten gilt, beginnend mit dem ersten Bewilligungszeitraum, hier also dem Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Juni 2022 – L 9 SO 140/22 B ER – juris Rdnr. 8; Kirchhoff in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2022, § 141 Rdnr. 14; Groth in jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020 [Stand 30. Mai 2022], § 141 Rdnrn. 18 f.). Wenn dieser Zeitraum abgelaufen ist, kommt der erweiterte Vermögensschutz nicht mehr zum Tragen. Wenn die leistungsberechtigte Person nach Ablauf der sechs Monate weiterhin Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII benötigt, ist das Vermögen für diesen anschließenden Zeitraum wieder vorrangig vor der Sozialhilfe zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung ausgeführt hat (BT-Drucks 19/18107, S 28): „Insoweit findet der sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz für einen begrenzten Zeitraum nur eingeschränkt Anwendung. Während die Einkommensprüfung weiterhin erfolgt, sollen für einen Zeitraum von sechs Monaten, die Leistungen unabhängig vom Einsatz des Vermögens erbracht werden (…). Nach Ablauf von sechs Monaten, gerechnet ab dem ersten Tag des maßgeblichen Bewilligungszeitraums nach Absatz 1, werden die existenzsichernden Leistungen unter Berücksichtigung von Vermögen nach den üblichen Vorschriften erbracht. Dies gilt auch dann, wenn der ab 1. März 2020 beginnende Bewilligungszeitraum über den 30. Juni 2020 andauert.“ Zwar sind die Regelungen zwischenzeitlich mehrfach verlängert worden, aktuell bis zum 31. Dezember 2022, es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dadurch von seinem ursprünglichen Plan abweichen wollte, den erweiterten Vermögensschutz nur für einen Zeitraum von sechs Monaten einzuräumen (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Juni 2022 – L 9 SO 140/22 B ER – juris).

Die Gewährung von höheren Leistungen kommt daher für die Zeit vom 1. Januar 2022 bis 30. Juni 2022 ebenfalls nicht in Betracht.

Auch mit ihrem Vorbringen, die Beklagte habe Leistungen für mehr als sechs Monate bewilligen müssen, kann die Klägerin nicht durchdringen. Zwar werden gemäß § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB XII Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 SGB XII in der Regel für einen Bewilligungszeitraum von zwölf Kalendermonaten bewilligt. Allein die Formulierung „in der Regel“ zeigt jedoch schon, dass auch Bewilligungen für kürzere Zeiträume ausgesprochen werden können, wie es hier der Fall war. Die zeitliche Begrenzung der Bewilligung erklärt sich mit der zunächst bis zum 31. Dezember 2021 beschränkten Anwendung der Übergangsregelung aus Anlass der Covid-19-Pandemie in 141 SGB XII, so dass auch ein sachlicher Grund für den verkürzten Bewilligungszeitraum gegeben ist (vgl. Kirchhoff in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2022, § 141 Rdnr. 17 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2007 – L 12 SO 10/06 – juris Rdnr. 26; Blüggel in jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020 [Stand 31. März 2020], § 44 Rdnr. 52).

Soweit es der Klägerin in ihrem weiteren Antrag außerdem darum geht, von der Beklagten „Schadensersatz“ zu erlangen, ist der Sozialrechtsweg nicht gegeben. Denn Schadensersatzansprüche auf sozialrechtlicher Grundlage sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin nicht erkennbar. Für Schadensersatzansprüche in Geld auf der Grundlage der §§ 823 ff., 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) sind nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, sondern gemäß Art. 34 Satz 3 GG, § 17 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ausschließlich die Zivilgerichte zuständig (BSGE 47, 194, 200 = SozR 2200 § 1399 Nr. 11; BSGE 50, 25, 29 = SozR 2200 § 172 Nr. 14). Eine Bindung des Senats nach § 17a Abs. 5 GVG liegt nicht vor; denn das SG hat im Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2022 eine „Entscheidung in der Hauptsache“ im Sinne der genannten Vorschrift über einen Amtshaftungsanspruch wegen fehlender Rechtswegzuständigkeit gerade nicht getroffen (vgl. dazu BSG SozR 4-1500 § 153 Nr. 11 <Rdnrn. 28 f.>; BSG, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 437/11 B - juris Rdnr. 13>). Der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist mithin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Amtshaftungstatbestände nicht zulässig. Ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit darf im Übrigen eine Teilverweisung eines eventuellen Amtshaftungsanspruchs an das Zivilgericht nicht vornehmen, weil das GVG eine Teilverweisung nicht kennt (vgl. BSG, Beschluss vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 437/11 B – juris Rdnr. 10; BSG, Beschluss vom 30. Juli 2014 – B 14 AS 8/14 B – juris Rdnr. 5).

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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