L 6 VG 2154/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 VG 2923/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2154/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Beschädigtengrundrente nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) aufgrund eines tätlichen Angriffs auf ihn am 15. September 2017, bei dem er von einem Schuss in die linke Hand getroffen wurde, sodass der Zeigefinger der linken Hand amputiert werden musste. Das Ereignis ist von der zuständigen Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BG) als Arbeitsunfall anerkannt worden und der Kläger bezieht Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert (v.H.).

Er ist 1972 im Kosovo geboren, hat dort 12 Jahre die Schule besucht. Um dem Wehrdienst zu entgehen, ist er nach Bosnien geflohen, hat sich dort bei Beginn des Krieges zwar „bewaffnet“, war aber nicht bei der Armee. 1992 ist er mit Hilfe eines Freundes über Kroatien in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) eingereist. Für den Kosovokrieg hat er sich – nach seinen Angaben – freiwillig gemeldet, ist aber nicht als Soldat im Krieg gewesen. In der BRD war er zunächst überwiegend in Teilzeit- und Aushilfstätigkeiten sowie über Leihfirmen beschäftigt. Eine Umschulung zum Industriemechaniker hat er nur im praktischen, nicht aber im theoretischen Teil bestanden. 2009 hat er eine Subarachnoidalblutung erlitten, die operativ versorgt wurde. Seitdem bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und arbeitet zusätzlich auf Minijob-Basis bei einer Pizzeria als Fahrer. 1996 hat er seine acht Jahre jüngere Ehefrau geheiratet, die zwischenzeitlich in einer Krankenhauskantine arbeitet. Der Kläger hat zwei volljährige Töchter und einen noch minderjährigen Sohn, bewohnt wird eine 100 qm große Mietwohnung mit Garten (vgl. Anamnese des Sachverständigen M5).

Am 10. Oktober 2017 beantragte er bei dem Landratsamt L1 (LRA) die Gewährung von Leistungen nach dem OEG. Er sei am 15. September 2017 Zufallsopfer einer Schießerei geworden, das Projektil habe ihn am linken Unterarm und Zeigefinger getroffen. Der linke Zeigefinger habe amputiert werden müssen.

Aus der beigezogenen polizeilichen Ermittlungsakte (Staatsanwaltschaft H1 [StA] – Az.: ) ergab sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Der Kläger war als Pizzalieferant tätig und bremste sein Fahrzeug zweimal ab, da er nach der Lieferadresse suchte. Der B1 M1 (nachfolgend: Täter) befand sich mit seinem Roller direkt hinter dem PKW des Klägers. Wegen des Abbremsens kam es im Bereich der Kreuzung zu einer verbalen Streitigkeit zwischen dem Kläger und dem Täter, in deren Verlauf letzterer eine Waffe zog und auf den Kläger schoss. Der zunächst geflüchtete Täter konnte identifiziert werden. Bei dem Versuch der vorläufigen Festnahme erlitt er einen Kopfschuss durch die Polizei und verstarb letztlich.
Das LRA holte den Befundschein des H2 ein. Dieser führte aus, dass bei dem Kläger ein Zustand nach Subarachnoidalblutung bei HCM-Aneurysma bestehe. Neuere Befunde der letzten beiden Jahre gebe es nicht. Die letzte neurologische Untersuchung im März 2013 habe eine Merkfähigkeitsstörung gezeigt. Wesentliche neurologische Ausfälle bestünden nicht mehr.

Weiter wurde das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse (A1) eingeholt. Die BG teilte zunächst mit, dass der Fall noch der beratenden Fachärztin vorliege und am 11. April 2019, dass der Kläger zuletzt eine Rehabilitationsmaßnahme durchlaufen habe und ein Gutachten in Auftrag gegeben werde.

Aufgrund ambulanter Untersuchung vom 21. Januar 2020 erstellte S1 für die BG das Erste Rentengutachten. Dieser stellte als Verletzungsfolgen eine tangentiale Durchschussverletzung der Rückhand links mit Trümmerschussbruch am linken Zeigefinger, eine Amputation des linken Zeigefingers und eine Teilamputation des zweiten linken Mittelhandknochens, ein posttraumatisches Belastungssyndrom und eine schwere depressive Episode in Teilremission fest.

Der Kläger habe angegeben, an dem fraglichen Abend als Pizza-Lieferant auf der Suche nach einer Adresse gewesen zu sein. Der Täter sei auf einem Roller hinter ihm gewesen. Es sei zu einer verbalen Streitigkeit gekommen, in deren Verlauf der Täter eine Waffe gezogen und geschossen habe.

Der Kläger habe über regelmäßige Phantomschmerzen geklagt, die jeden zweiten Tag aufträten. Er setze regelmäßig Spiegeltherapie zur Linderung der Beschwerden ein. Seit dem 14. November 2017 arbeite er wieder als Pizzalieferant und fahre wieder Auto. Subjektiv bestehe noch eine Schwäche im Bereich der linken Hand. Gelegentlich verspüre er ein Stechen in der Mittelhand links. Zudem gebe er an, vermehrt schreckhaft zu sein. Er habe rezidivierende Angstepisoden, die sich durch die weiterhin bestehende Psychotherapie nur zeitweise besserten.

Bei der Untersuchung sei die Narbe im Bereich des linken Handrückens über dem zweiten Mittelfingerknochen trocken und reizlos gewesen, bei der orientierenden Untersuchung von Umfangsdifferenzen zeige sich sowohl am linken Arm als auch am linken Bein eine Umfangsminderung im Vergleich zu rechts. Im Bereich der linken Hohlhand und der verbleibenden Finger hohlhandwärts bestehe eine Hypästhesie. Die gesamte obere Extremität sei frei beweglich, die gemessenen Umfänge seien links geringgradig vermindert. Bei bekannter Halbseitenlähmung links seien die Kraftwerte limitiert. Die MdE betrage 10 vom Hundert v.H., eine psychiatrische Begutachtung werde empfohlen.

M2 erstellte daraufhin das neurologisch-psychiatrische Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung vom 29. Januar 2020. Diesem gegenüber gab der Kläger an, dass die erste psychiatrische Behandlung nach der ersten Operation im Krankenhaus in M3 erfolgt sei. Er habe Ängste, unruhigen Schlaf gehabt und nicht verstehen können, was passiert sei. Später seien Phantomschmerzen aufgetreten, die Behandlung sei mit Gesprächen, nicht mit Medikamenten erfolgt. Es bestünden weiterhin Schmerzen in der linken Hand, die Kraft sei nicht da. Immer wieder komme es trotz Spiegeltherapie zu Phantomschmerzen. Nach dem Schlaganfall 2009 bestünden motorische Einschränkungen im linken Arm und Bein.

Die neurologische Untersuchung habe eine leichte Faszialisparese links, eine latente Linkssymptomatik mit Feinmotorikstörung links und Gangbildstörung links ergeben. An der linken Hand sei der zweite Strahl mit reizlosen Narben amputiert. Motorisch hätten Arme und Beine eine leichte Erhöhung des Muskeltonus links und eine normgerechte passive Beweglichkeit gezeigt. Bei Prüfung der groben Kraft ergäbe sich eine leichte Hemiparese links mit Feinmotorikstörung und geringer Bradydysdiadochokinese. Der Armhalte-Versuch habe eine leichte Pronation links und der Beinhalte-Versuch eine Schwere links gezeigt, aber kein Absinken. Eine Störung der Haupttemperatur an den Extremitäten sei nicht nachweisbar. Die Beschwielung der Handflächen sei regelrecht. Eine Überwärmung sei nicht nachweisbar, das Nagelwachstum an Hand und Fuß normal.

Der Kläger sei pünktlich alleine mit dem PKW angereist. Die Körperhaltung sei verkrampft gewesen, die Körperpflege habe sich ordentlich gezeigt. Das Ausdrucksverhalten, die Mimik und Gestik seien etwas stumpf und teils verkniffen. Die psychomotorische Unruhe sei gering. Der Kläger habe im Beschwerdevortrag zur Bagatellisierung seiner Beschwerden geneigt. Er sei klar, zu Ort, Zeit und Person orientiert gewesen. Eine Bewusstseinseinengung habe nicht bestanden, der Antrieb sei auffällig reduziert, die Spontanität gering. Auf psychischem Gebiet habe sich der Kläger in sich gekehrt und verschlossen gezeigt, habe sich nach einer Stunde etwas öffnen können.

Die Affektivität sei leicht depressiv verstimmt, die Stimmung ernst, skeptisch, missmutig und moros. Die Primäraffekte seien sämtlich nachweisbar, aber zum depressiven Pol verschoben. Das Affektverhalten zeige sich eingeengt und starr, angedeutet reizbar. Eine Abstumpfung der Gefühle sei nachweisbar, im Affektbereich habe ein wenig schwingungsfähiges Affektverhalten bestanden, welches kaum angepasst worden sei. Eine vermehrte Ängstlichkeit sei nachweisbar. Das formale Denken und der Denkablauf seien betont logisch, Zeichen von Verlangsamung im Denken bestünden nicht. Das inhaltliche Denken sei ohne Auffälligkeiten. Die Konzentration sei während der Untersuchung leicht gespannt gewesen, die Merkfähigkeit habe keine Auffälligkeiten ergeben. Es sei eine leichte bis mittelschwere Störung von Krankheitswert nachweisbar.

In der Akte sei eine depressive Symptomatik nachgewiesen, teils schwer, aktuell leichtgradig. Fasse man die Biographie des Klägers zusammen, spreche mehr für ein multifaktorielles Bedingungsgefüge der Depression als für eine monokausale Verursachung der depressiven Störung durch den Überfall mit Schusswaffenverletzung. Neben einem Vorschaden auf psychischem Gebiet, der aber nicht zu einer Behandlung geführt habe, liege eine leichte Hirnschädigung nach Subarachnoidalblutung und Clipping eines Aneurysmas der Arteria cerebri media rechts 2009 mit geringen neuropsychologischen Defiziten und Halbseitensymptomatik links vor. Eindeutige Unfallfolge sei der Phantomschmerz mit intermittierendem Auftreten und eher leichter Symptomatik. Unklar sei, ob die depressive Episode teilursächlich auf den Unfall zurückzuführen oder als Gelegenheitsursache aufzufassen sei. Hierzu fehlten Vorberichte. Als multiple lebensgeschichtliche Belastungen seien dokumentiert ein zweimaliger Kriegseinsatz mit Waffengebrauch, Migration und Asyl in Deutschland, Gewalterfahrungen in der Familie, Eheprobleme, eine Insolvenz 2003 sowie das Erleben einer schweren Erkrankung mit Subarachnoidalblutung.

Die akute Belastungsreaktion mit Übergang in eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei Besserung unter Therapie sowie aktuell noch bestehender Teilsymptomatik sei mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten, die Phantomschmerzen mit einer MdE von 10 v. H., sodass auf seinem Fachgebiet eine MdE von 25 v. H. bestehe, dauerhaft von 20 v. H.. Unklar sei die Einordnung der depressiven Symptomatik.

Anschließend gelangte der Entlassungsbericht der Kliniken S2 über die stationäre Rehabilitation vom 26. April bis 26. Mai 2010 zur Akte. Danach seien rasche Müdigkeit, deutlicher Konzentrationsmangel, aber nur leichte Gedächtnisstörungen beklagt worden. Psychisch sei der Kläger bewusstseinsklar und voll orientiert bei geordnetem formalen Gedankengang gewesen. Bei guter Stimmungslage und Schwingungsfähigkeit bestehe kein Hinweis auf Depressionen. In der Abschlussuntersuchung sei der klinisch-neurologische Status im Wesentlichen unverändert, die Feinmotorik der linken Hand habe jedoch deutlich verbessert werden können. Aus berufstherapeutischer Sicht sei der Kläger unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf dem Arbeitsmarkt nicht konkurrenzfähig.

Die G1 führte beratungsärztlich aus, dass M2 wenig auf die Aktenlage und nicht auf offenkundig bestehende Belastungsfaktoren eingehe. Die Anamnese sei zu knapp gehalten. Diagnostisch könne von eine teilremittierten PTBS ausgegangen werden, die mit einer MdE von 20 v. H. zutreffend eingeschätzt sei. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht bestehe eine kognitive Beschwerdesymptomatik, die zur Erwerbsminderung geführt habe. Sie gehe davon aus, dass die leichte depressive Symptomatik überwiegend durch unfallunabhängige Faktoren bedingt sei und nicht in einem monokausalen Zusammenhang zu der Tat betrachtet werden könne. Die Gesamt-MdE auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet sei mit 25 v.H. angemessen. Der Phantomschmerz scheine sich im Laufe der Zeit gebessert zu haben. Er trete nur in leichter Form auf, eine medikamentöse Behandlung werde nicht beschrieben. Die Restsymptome der PTBS hätten sich unter der therapeutischen Behandlung gebessert. Die ambulante Psychotherapie sei fortzusetzen, eine Nachbegutachtung werde empfohlen.

Mit Bescheid vom 4. August 2020 erkannte die BG das Ereignis vom 15. September 2017 als Arbeitsunfall an und gewährte Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ab dem 14. November 2017 (Zahlbetrag: 393,33 €).

K1 schloss sich versorgungsärztlich der Bewertung der BG an.

Mit Bescheid vom 30. März 2021 stellte das LRA fest, dass der Kläger am 15. September 2018 Opfer einer Gewalttat im Sinne des OEG geworden ist und erkannte als Schädigungsfolge eine Amputation des linken Zeigefingers, eine Teilamputation des zweiten Mittelhandknochens links, eine akute Belastungsreaktion mit Akzenten einer posttraumatischen Belastungsstörung und intermittierenden Phantomschmerzen im Bereich der Amputation an. Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) betrage 30. Der Anspruch auf Versorgungsbezüge ruhe ab dem 1. November 2017, da die Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung den Betrag der zustehenden Versorgungsbezüge überstiegen.

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S3 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2021 zurück. Der Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage.

Am 25. Oktober 2021 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die versorgungsärztliche Stellungnahme der B2 vorgelegt. Danach sei G1 beratungsärztlich von einer teilremittierten posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen und habe diese mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Der Phantomschmerz habe sich im Laufe der Zeit gebessert, er trete nur gelegentlich in leichter Form auf, eine medikamentöse Therapie sei bislang nicht erforderlich. In der Gutachtensituation gegenüber M2 habe der Kläger angegeben, unregelmäßig Ibuflam einzunehmen. Der Verlust des Zeigefingers einer Hand werde nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) mit 10 bewertet, zusätzlich komme die Teilamputation des zweiten Mittelhandknochens links dazu, aus der keine wesentliche weitere Funktionseinschränkung folge. Ein Gesamt-GdS von 30 bewege sich damit im oberen Bemessungsspielraum.

Das SG hat die Akte des parallel gegen die BG geführten Verfahrens S 8 U 4081/20 beigezogen.

Aus dieser hat sich das handchirurgische Sachverständigengutachten des G2 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 27. Juli 2021 ergeben. Dieser hat ausgeführt, dass von Seiten der handchirurgischen Versorgung keine postoperativen Probleme bestanden hätten. Die Weichteile im Bereich der linken Hand seien völlig reizlos. Die Handflächenbeschwielung sei seitengleich mittelprächtig ausgeprägt, die Muskulatur seitengleich geformt. Das Hautkolorit der linken Hand sei normal ohne Stauungszeichen nach längerem Herabhängenlassen. Die Fingernägel zeigten beidseits ein gesundes Aussehen.

Die Beweglichkeit der Schultergelenke sei frei, Hinweise auf eine Schwäche oder Muskelarthrophie, insbesondere linksseitig, bestünden nicht. Rechts seien die groben Griffformen problemlos möglich, links könne ein vollständiger Faustschluss demonstriert werden, insbesondere schließe klein- und mittelfingerseitig der Faustschluss gut ab.

Beidseits liege keine relevante Muskelschwäche und keine Seitendifferenz bei den Muskelumfängen vor, eine Sensibilitätsstörung sei vom Kläger nicht angegeben worden. Hinweise auf Nervenkompressionssyndrome fänden sich nicht. Die MdE betrage 10 v. H. seit dem Beginn der Arbeitsfähigkeit am 14. November 2017. Bei Fingerverlusten gelte es zu berücksichtigen, ob die Mittelhand mitbetroffen sei. Bei zusätzlicher Amputation im Bereich der Mittelhand seien unter Umständen die übrigen Finger eingeschränkt, was beim Kläger nicht der Fall sei. Der Mittel-, Ring- und Kleinfinger seien vollständig frei beweglich und stabil. Die geringe Reduktion der Handauflagefläche führe ebenfalls zu keiner zusätzlichen Funktionseinschränkung. Eine MdE von 20 v.H. werde nach dem Konsensuspapier der MdE-Expertengruppe zur Überprüfung der MdE-Erfahrungswerte bei Gliedmaßenverlusten von Oktober 2019 nicht mehr erreicht.

Das SG hat im Parallelverfahren die Behandlungsunterlagen des bis 2013 behandelnden M4 beigezogen, der den Kläger bis 2013 behandelt hat. Aus seinen Befundunterlagen hat sich ergeben, dass er bei dem Kläger am 18. Mai 2012 einen depressiven Gedankengang und ein Nachgrübeln sowie ein „Morgentief“ und Früherwachen befundet hat. Es sei eine Einstellung auf Mirtazapin erfolgt, welches den Schlaf stabilisiere.

R1 hat, als sachverständige Zeugin gehört, bekundet, dass die Leiden des Klägers durch den Schuss auf ihn verursacht und in ihrem Ausmaß vor dem Hintergrund seiner Kriegserlebnisse im jugendlichen Alter zu verstehen seien. Der Angriff sei aus dem Hinterhalt erfolgt. Es sei für den Kläger in der Situation nicht erkennbar gewesen, ob er ein Zufallsopfer gewesen sei oder ob er mit fremdenfeindlichen Hintergrund angegriffen worden sei. Im Laufe der Therapie habe sich eine Besserung der psychosomatischen Symptomatik ergeben, die Phantomschmerzen seien bisher therapieresistent. Als Folge des Angriffs sei eine Eheproblematik entstanden. Seine Frau glaube den Polizeiberichten nicht und unterstelle ihm, den Täter gekannt und möglicherweise Schulden bei ihm gehabt zu haben, sodass dieser deshalb auf ihn geschossen habe. Es sei deshalb wenige Monate nach dem Angriff zu einer vorübergehenden Trennung gekommen, da der Kläger die ständigen Anschuldigungen und Verdächtigungen nicht mehr ausgehalten habe. Die Ehe sei seither in einer Krise und seine depressive Stimmungslage auch deshalb nur wenig gebessert.

Weiter ist das Gutachten des M5 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 24. März 2022 erhoben worden. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, dass er nach der Operation des Aneurysmas noch an einer Lähmung im linken Arm und linken Bein sowie einem Taubheitsgefühl der linken Seite habe. Seit der Hirnblutung bestünden Schmerzen im Bereich des linken Oberarms und an der Rückseite des linken Oberschenkels. Er sei nervös, rege sich schnell auf und könne sich schlechter beherrschen. Er sei häufig plötzlich müde, müsse sich hinlegen und brauche eine Pause. Die Konzentration sei schlechter, er sei vergesslicher und manche Sachen würden ihm erst nach einer Zeit wieder einfallen.

Zur Biographie hat der Kläger angegeben, guten Kontakt zu seinen Geschwistern zu haben. Er helfe seiner großen Schwester beim Umbau des Hauses. Zweimal im Jahr fahre oder fliege er in den Kosovo. Wenn er alleine reise, nehme er das Flugzeug, mit der Familie den PKW.

Er sei im Kosovo 12 Jahre zur Schule gegangen. Dann sei er, um dem Wehrdienst zu entgehen, nach Bosnien geflohen. Damals habe der Bosnienkrieg angefangen, er habe sich bewaffnet, sei aber nicht bei der Armee gewesen. Ein Freund habe ihm geholfen, über Kroatien nach Deutschland zu kommen. Als Soldat sei er nie im Krieg gewesen. Er habe sich freiwillig für den Kosovokrieg gemeldet gehabt, der Krieg sei zu Ende gewesen, bevor er habe gehen müssen. Er beziehe 350 € Erwerbsminderungsrente von der DRV und 390 € Rente von der BG. Daneben habe er den Minijob beim Pizzaservice.

Er stehe morgens um 6.00 Uhr auf, telefoniere mit den Eltern und gehe gegen 10.00 Uhr raus, hole sich eine Brezel und trinke einen Kaffee. Er mache einen Spaziergang, setze sich ins Café und unterhalte sich mit den Gästen. Er versorge den Haushalt, Kochen sei seine Lieblingsbeschäftigung. Die meisten Termine bei Ärzten könne er zu Fuß wahrnehmen, sein Auto stehe überwiegend im Parkhaus. Für kleinere Strecken könne er das Auto der Pizzeria nehmen. Der Freundeskreis sei groß, alle seien hilfsbereit.

Die Psychomotorik sei unauffällig gewesen, die Bewusstseinslage klar, Orientierungs- und Wahrnehmungsstörungen hätten keine bestanden. Die Stimmungslage sei ausgeglichen, themenabhängig gedrückt. Die Schwingungs- und Resonanzfähigkeit zeige sich unbeeinträchtigt, das emotionale Schwingungsvermögen sei normal. Im Gespräch bestünden keine pathologisch affektiven Schwankungen, positive Emotionen seien auslösbar. Der Antrieb sei nicht vermindert. In der Depressionsskala sei mit 48 Punkten ein für eine mäßig ausgeprägte Depression sprechender Befund erhoben worden.

Die Beschwerdedarstellung sei nachvollziehbar erfolgt. Zum Untersuchungszeitpunkt sei der Kläger ausgeglichen mit erhaltenem Schwingungsvermögen gewesen. Es sei dennoch nachvollziehbar, dass eine vermehrte Reizbarkeit bestehe, zum Teil auch eine Grübelneigung. Teilweise würden Bilder vor seinen Augen erscheinen, allerdings nicht überwiegend Intrusionen vom Unfall. Es werde über Schlafstörungen berichtet. Im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome bestünden Hinweise auf eine Neigung, auch ungewöhnliche Beschwerden zu bejahen. Es finde sich kein Hinweis für ein hirnorganisches Psychosyndrom bei voller Geschäftsfähigkeit.

Neurologisch sei bei den passiven Bewegungen kein Druck- oder Bewegungsschmerz angegeben worden. Der Finger-Boden-Abstand (FBA) liege bei 5 cm, das Zeichen nach Lasèque sei beidseits negativ. Als Schlaganfallfolge zeige sich eine leichte Schwäche der Armmuskulatur links. Beim Durchbewegen bestehe eine leichte Muskeltonuserhöhung im linken Bein, ohne trophische Störungen. Es werde eine Hypästhesie der gesamten linken Körperhälfte angegeben.

Es ergäben sich keine wesentlichen Änderungen zum gut nachvollziehbaren Gutachten des M2. Beim Kläger bestehe als relevante Vorerkrankung eine Subarachnoidalblutung mit der Folge einer Hemiparese links und neuropsychologischen Auffälligkeiten, die der behandelnde M4 zuletzt 2013 als vermutlichen Dauerzustand beschrieben habe. Schon damals habe eine vermehrte Reizbarkeit bestanden, die möglicherweise nach dem Unfallereignis 2017 nochmals zugenommen habe.

Nachvollziehbar habe nach dem Unfallereignis 2017 das Vollbild einer PTBS bestanden, sicherlich mitbegünstigt durch das Miterleben des Krieges in Jugoslawien, wenngleich der Kläger dort nicht aktiv als Soldat involviert gewesen sei. Sicherlich sei die Problematik zusätzlich mitbedingt durch die Migrationsproblematik und das Erleben der Subarachnoidalblutung mit daraus folgenden Defiziten sowie der vollständigen Änderung des Lebensplanes. Bereits nach der Subarachnoidalblutung hätten schon Eheprobleme durch den Rollenwechsel bestanden, da die Ehefrau bis dahin nicht habe arbeiten müssen. Möglicherweise habe es auch zeitweise Probleme mit Glücksspiel gegeben, wobei dies an anderer Stelle vom Kläger negiert worden sei.

Das Vollbild einer PTBS lasse sich gegenwärtig nicht mehr nachweisen, der Kläger beschreibe eine Reizbarkeit, die seit dem Unfallereignis zugenommen habe. Auch diesbezüglich werde wiederum eine Besserung angegeben, die Grundstimmung habe ausgeglichen imponiert. Bei der Thematisierung und dem Durchsprechen des Unfallereignisses sei keine besondere vegetative Reaktion zu beobachten. Der Fragebogen zur Diagnose einer Depression zeige nur noch eine leichte depressive Symptomatik. Diese sei im Grunde nachvollziehbar, im Gegentest sei der strukturierte Fragebogen simulierter Symptome auffällig, aber nicht extrem. Eine Bagatellisierung von Beschwerden, wie sie M2 gehen habe, bestehe daher nicht.

Bei dem Kläger hätten schon vor dem Unfallereignis psychische Auffälligkeiten bestanden, die durch das Unfallereignis zeitweise verschlimmert worden seien. Weiter hätten zeitweise typische Symptome einer PTBS vorgelegen. Es sei festzustellen, dass sich hier das Unfallereignis auf eine vorbestehende psychische Störung aufgepropft habe.

Eine exakte Trennung sei von der Natur der Sache her nicht möglich. Gesichert sei, dass bereits nach dem Schlaganfall neuropsychologische Auffälligkeiten bestanden hätten, die M4 2013 als Dauerzustand beschrieben habe und die zur Rente geführt hätten. Nach dem Unfall habe eine PTBS bestanden, wobei sich die Symptome überschnitten, sodass von einer Verschlimmerung vorbestehender reaktiv-psychiatrischer Symptome durch das Unfallereignis ausgegangen werden müsse, weiter davon, dass die Restsymptomatik ohne das Unfallereignis weniger stark ausgeprägt wäre. Insbesondere seien die Schlafstörungen, ein Teil der Reizbarkeit und das zwanghafte Kontrollieren sowie die Grübelneigung hier einzuordnen. Eine MdE von 20 v.H. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei weiter angemessen.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2022 hat das SG im Verfahren S 8 U 4081/20 die – dortige – Beklagte verurteilt, Verletztenrente nach einer MdE von 45 v. H. für die Zeit vom 14. November 2017 bis 31. Oktober 2019 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Erfahrungssätze zur Beurteilung der MdE im streitigen Zeitraum geändert hätten und deshalb bis Oktober 2019 nach den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2016, S. 611 abgedruckten Erfahrungssätzen eine MdE von 20 v. H. anzunehmen sei. Die Phantomschmerzen seien zusätzlich mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten ergebe sich, dass zunächst eine PTBS im Vollbild bestanden habe. Die nervenärztlichen Unfallfolgen seien bis zur Begutachtung durch M2 mit 25 v. H. zu bewerten, anschließend wegen der Besserung nur noch mit 20 v. H.. Mangels Überschneidungen seien die MdE-Einzelwerte vollständig zu addieren, sodass sich eine MdE von 45 v. H. ergebe.

Die beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhobene Berufung (L 10 U 1916/22) wurde mit Beschluss vom 10. Januar 2024 zurückgewiesen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage im vorliegenden Verfahren mit Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2023 abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht einen GdS von 30 ab dem 1. September 2017 in Ansatz gebracht, der versorgungsärztlichen Einschätzung der K1 sei zu folgen. Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ betrage der GdS 30. Eine intensive, engmaschige psychiatrische Behandlung finde nicht statt. Aus dem Urteil des SG vom 31. Mai 2022 ergebe sich nichts anderes. Das Funktionssystem „Arme“ sei mit einem GdS von 10 zu bewerten. Der Beklagte habe den GdS daher zutreffend mit 10 eingestuft, eine besondere berufliche Betroffenheit sei nicht zu erkennen, die Voraussetzungen eines Berufsschadensausgleichs seien nicht erfüllt.

Am 25. Juli 2023 hat der Kläger Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Er sei am 15. September 2017 ohne jeglichen Grund von einem Mann angegriffen und durch einen Pistolenschuss verletzt worden. Als der Mann von der Polizei gestellt worden sei, habe er seine Waffe ebenfalls eingesetzt, sei durch einen Schuss der Polizei lebensgefährlich verletzt worden und verstorben. Der GdS müsse mindestens 40 betragen. Er sei im Balkan-Krieg Opfer geworden und nach Deutschland geflüchtet, weil er sich vor weiteren Angriffen auf seine Person gefürchtet habe. In Deutschland habe er sich sicher gefühlt, bis er von dem Täter angegriffen worden sei. Deshalb sei sein früheres Erlebnis wieder zum Vorschein gekommen und habe dazu geführt, dass er ein weiteres Trauma erlitten habe. Er leide unter Erscheinungen, die erstmals bei Soldaten dokumentiert worden seien, die im ersten Weltkrieg an der Front hätten kämpfen müssen und dabei seelischen Schaden genommen hätten. Für ihn gelte dasselbe. Er habe schreckliche Erlebnisse im Krieg auf dem Balkan erlebt, die jetzt wieder durchgebrochen seien.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Juni 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2021 Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 40 ab dem 19. September 2017 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verweist auf die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat die Akten des Verfahrens gegen die BG (S 8 U 4081/20 – L 10 U 1916/22) beigezogen.

Mit Beschluss vom 29. Januar 2024 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.


Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 28. Juni 2023, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung einer höheren Beschädigtengrundrente unter Abänderung des Bescheides vom 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 27. September 2021 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Auch zur Überzeugung des Senats kann er die Gewährung einer höheren Beschädigtengrundrente nicht beanspruchen, sodass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.


Materiell-rechtlich sind die Vorschriften des BVG in seiner bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung anzuwenden. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach dem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklärt, in der am 23. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter, soweit dieses Kapitel nichts anderes bestimmt. Über einen bis zum 23. Dezember 2023 gestellten und nicht bestandskräftig entschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, ist nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden, § 142 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV. Wird hierbei ein Anspruch auf Leistungen festgestellt, werden ebenfalls Leistungen nach Absatz 1 erbracht, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, unter anderem auch Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS - bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit <MdE> bezeichnet - nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, juris, Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2). Die Bewertung richtet sich nach den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008), welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, juris, Rz. 17).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Kläger unstreitig Opfer eines rechtswidrigen, tätlichen Angriffs geworden, als er von dem Täter angeschossen und an der linken Hand verletzt worden ist. Hiervon ist auch der Beklagte folgerichtig mit dem angefochtenen Bescheid – für den Senat bindend (vgl. § 77 SGG) – ausgegangen und hat dem Kläger deshalb Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 gewährt. Die Gewährung höherer Leistungen kann der Kläger auch zur Überzeugung des Senats nicht beanspruchen, da der Beklagte den GdS zutreffend mit 30 eingeschätzt hat.

Ohnehin ruht der Leistungsanspruch des Klägers ab dem 14. November 2017. Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVG ruht der Anspruch auf Versorgungsbezüge nämlich, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhen, in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die BG das schädigende Ereignis – den Schuss auf den Kläger – als Arbeitsunfall anerkannt hat und Verletztenrente seit dem 14. November 2017 leistet (vgl. den Bescheid vom 4. August 2020). Diese hat die BG im Rentenbescheid mit 393,33 € errechnet, sodass der Zahlbetrag deutlich über den nach § 31 Abs. 1 BVG zu zahlenden Beträgen liegt. Es kommt somit nicht entscheidungserheblich darauf an, dass das SG im Parallelverfahren die BG zur Zahlung einer Verletztenrente nach einer MdE von 45 v. H. bis 31. Oktober 2019 verurteilt hat, denn nach § 31 Abs. 1 BVG in der bis 31. Dezember 2019 geltenden Fassung belief sich die Beschädigtengrundrente bei einem GdS selbst von 50 nur auf 274 € und lag damit weiterhin unter der gewährten Verletztenrente.

Soweit das SG im Parallelverfahren von einer – zeitweise – höheren MdE ausgegangen ist, bleibt dies ohne Auswirkungen auf den GdS und führt deshalb zu keiner abweichenden Beurteilung. Das SG hat seine Bewertung ausdrücklich auf eine Änderung der Erfahrungssätze zur Einschätzung der MdE gestützt und deshalb bis 31. Oktober 2019 eine Höherbewertung angenommen. Diese Erwägungen lassen sich auf den GdS nicht übertragen, da die maßgebenden VG im streitigen Zeitraum keine Änderung erfahren haben. Vielmehr bestimmt VG, Teil B, Nr. 18.13, dass der Verlust des Zeigefingers auch mit Teilen des dazugehörigen Mittelhandknochens mit einem GdS von 10 zu bewerten ist. Ein höherer Teil-GdS im Funktionssystem „Arme“ kommt daher nicht in Betracht. Dies folgt auch aus dem handchirurgischen Sachverständigengutachten des 
G2 aus dem Parallelverfahren, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertet. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass die handchirurgische Versorgung zu keinen postoperativen Problemen führte, die Handflächenbeschwielung seitengleich mittelprächtig ausgeprägt und die Muskulatur seitengleich geformt ist, also keine Anhaltspunkte für einen Mindergebrauch bestehen. Das Hautkolorit beschreibt er als normal und den vollständigen Faustschluss links als möglich. Eine Sensibilitätsstörung hat er ebenso verneint wie eine relevante Muskelschwäche sowie keine Hinweise auf ein Nervenkompressionssyndrom gesehen. Eine Überwärmung hat bereits M2 ausgeschlossen und auf ein normales Nagelwachstum verwiesen.

Ausdrücklich herausgestellt hat
G2 weiter, dass bei Amputationen im Bereich der Mittelhandknochen zwar grundsätzlich die Beweglichkeit der übrigen Finger eingeschränkt sein kann, dies beim Kläger aber nicht der Fall ist, sondern Mittel-, Ring- und Kleinfinger frei beweglich und stabil sind. Letztlich hat er betont, dass die geringe Reduktion der Handauflagefläche zu keiner zusätzlichen Funktionseinschränkung führt. Daneben hat G2 auch keine sonstigen Einschränkungen im Funktionssystem gesehen, sondern die Schultergelenke als frei und ohne Hinweise auf eine Schwäche oder Muskelarthrophie befundet.

Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ besteht ein höherer Teil-GdS als 20, wie ihn
M2 und der Sachverständige M5 übereinstimmend gesehen haben, nicht.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 begründen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen einen GdB von 0 bis 20, stärkere Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung angesprochen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 – B 9 V 12/17 B –, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. Hiernach kann bei fehlender ärztlicher oder der gleichgestellten (§§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Krankenversicherung) psychotherapeutischen Behandlung durch – bei gesetzlich Versicherten zugelassene – Psychologische Psychotherapeuten in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (Senatsurteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 42; vgl. auch LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 – L 8 SB 1549/10 –, juris, Rz. 31).
Das zugrunde gelegt besteht zur Überzeugung des Senats bei dem Kläger schädigungsbedingt keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einem GdS von 30 zu bewerten ist. Der Sachverständige M5 hat nämlich, für den Senat nach Aktenlage überzeugend, herausgearbeitet, dass bei dem Kläger als relevante Vorerkrankung eine Subarachnoidalblutung mit Hemiparese links und neuropsychologischen Auffälligkeiten besteht, die schon vor dem Unfallereignis zu einer vermehrten Reizbarkeit geführt hat, was er selbst dem Sachverständigen berichtet hat. Als weitere begünstigende Faktoren hat er die Migrationsproblematik und das Miterleben des Krieges in Jugoslawien benannt, wobei er – korrespondierend mit den anamnestischen Angaben des Klägers – darauf hingewiesen hat, dass dieser dort nicht aktiv als Soldat involviert gewesen ist. Soweit in Befundberichten daher von einer aktiven Kriegsbeteiligung des Klägers ausgegangen wird, trifft dies nicht zu.

Der Sachverständige
M5 hat das Unfallereignis nachvollziehbar als eine Verschlechterung der Situation – von ihm als „aufpropfen“ bezeichnet – gesehen und ebenso wie M2 das nur vorübergehende Bestehen des Vollbildes einer PTBS bestätigt.

Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung konnte er ein Vollbild der PTBS nicht mehr bestätigen, was er überzeugend damit begründet, dass sich bei der Thematisierung und dem Durchsprechen des Unfallereignisses keine besondere vegetative Reaktion mehr gezeigt hat. Korrespondierend hierzu hat der Kläger angegeben, seiner Tätigkeit als Pizzalieferant seit dem 14. November 2017 wieder nachzugehen. Die Stimmung des Klägers hat er als ausgeglichen befundet, die Psychomotorik als unauffällig. Es bestanden keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung und der Wahrnehmung. Ebenso waren die Schwingungs- und Resonanzfähigkeit unbeeinträchtigt. Bei nicht vermindertem Antrieb waren positive Emotionen auslösbar. Diese Beobachtungen des Klägers finden sich bestätigt in dem realen Leistungsvermögen. In tatsächlicher Hinsicht hat er bei dem Kläger nämlich einen strukturierten Tagesablauf und ein erhaltenes Interessenspektrum erhoben. Dieser hat insofern beschrieben, dass das Kochen seine Leidenschaft ist und er zweimal im Jahr zu Verwandtenbesuchen Reisen in den Kosovo mit dem Flugzeug oder dem PKW unternimmt, also erhebliche Strapazen auf sich nehmen kann. Weiter hat er das Bestehen eines großen Freundeskreises beschrieben sowie das regelmäßige Besuchen eines Cafés, sodass sogar zahlreiche Sozialkontakte bestehen. Daneben sind ein täglicher telefonischer Kontakt zu den Eltern sowie regelmäßige intensive Kontakte zu den Geschwistern berichtet worden.

Soweit der Sachverständige
M5 eine leichte depressive Symptomatik anhand der Fragebögen gesehen hat, hat er dieses Ergebnis bereits durch den Hinweis darauf relativiert, dass sich im Gegentest – dem strukturierten Fragebogen simulierter Symptome – auffällige Ergebnisse zeigten. Dies kann aber schon deshalb dahinstehen, da der Gutachter M2 bereits überzeugend ausgeführt hat, dass hinsichtlich der Biographie des Klägers mehr für ein multifaktorielles Bedingungsgefüge der Depression spricht als dagegen. Ebenso hat G1 beratungsärztlich ein monokausales Bedingungsgefüge verneint, was durch die vom SG im Parallelverfahren bei M4 beigezogenen Befundunterlagen gestützt wird, wonach schon 2012 eine medikamentöse Behandlung depressiver Symptome erfolgte und die Medikation ausdrücklich zur Verbesserung der Schlafqualität eingesetzt wurde, also die Schlafprobleme ebenfalls vorbeschrieben sind.

Letztlich hat
B2 versorgungsärztlich überzeugend dargelegt, dass sich der Phantomschmerz im Laufe der Zeit gebessert hat und keine medikamentöse Therapie erforderlich ist, sodass sie ebenfalls keinen höheren Teil-GdS als 20 gesehen hat. Weiter hat sie schlüssig dargelegt, dass der Verlust des Zeigefingers der linken Hand mit keinem höheren Teil-GdS als bewertet werden kann, sodass sie den Gesamt-GdS von 30 bereits im oberen Ermessensspielraum sieht. Daraus folgt gleichzeitig, dass wenn der Phantomschmerz gesondert bewertet wird – wie es insbesondere M2 vorgeschlagen hat – sich keine Erhöhung des Gesamt-GdS über 30 hinaus ergibt.

Eine besondere berufliche Betroffenheit, aufgrund derer der GdS höher zu bewerten wäre, liegt nicht vor. Hierbei handelt es sich um keinen selbstständigen Anspruch, sondern der GdS im allgemeinen Erwerbsleben nach § 30 Abs. 1 BVG und das berufliche Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG sind als einheitliche Faktoren des einheitlichen Rentenanspruchs anzusehen. Die besondere berufliche Betroffenheit ist lediglich ein Umstand, der ebenso wie andere – medizinische – Bemessungsfaktoren für den GdS in Betracht kommen soll, sodass in einem Gerichtsverfahren nur insgesamt über die Höhe der Grundrente entschieden werden kann (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2017 – L 6 VH 789/15 –, juris, Rz. 64; vgl. auch BSG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 9 RV 56/78 –, juris, Rz. 19).

Der GdS ist unter anderem höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird (§ 30 Abs. 2 Satz 1 BVG). Das ist insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BVG).

Der Ursachenzusammenhang zwischen den Schädigungsfolgen und der besonderen beruflichen Betroffenheit ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen, wie der der haftungsbegründenden und -ausfüllenden Kausalität. Für den Anspruch auf besondere berufliche Betroffenheit genügt es dabei, wenn die Schädigungsfolgen allein oder aber im Vergleich mit den Nichtschädigungsfolgen und anderen schädigungsunabhängigen Umständen etwa gleichwertig zu dem Erfolg beigetragen haben. Kommt dagegen einer Nichtschädigungsfolge eine überragende Bedeutung für den Erfolg zu, so ist dieser nicht schädigungsbedingt im Rechtssinne, denn die Nichtschädigungsfolge verdrängt die anderen und ist allein als Ursache im Rechtssinne anzusehen. Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 9a V 1/05 R –, juris, Rz. 33 ff.).


Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, nachdem der Kläger bereits aufgrund der Hirnblutung 2009 – also schädigungsunabhängig – über kein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr verfügt, wie aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht folgt und weshalb die DRV Rente wegen voller Erwerbsminderung zahlt. Den Minijob als Pizzalieferant konnte der Kläger darüber hinaus nach dem schädigenden Ereignis bereits 2017 wieder aufnehmen, sodass eine besondere berufliche Betroffenheit auch aus diesem Grund ausscheidet.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.


 

Rechtskraft
Aus
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