L 5 KA 2946/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KA 4998/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2946/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.09.2023, berichtigt durch den Beschluss vom 02.11.2023, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf
7.843,09 € festgesetzt.


Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Honorarkürzung für das Quartal 1/2018 in Höhe von 7.843,09 € wegen einer Verletzung der Pflicht zum Nachweis der fachlichen Fortbildung nach § 95d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Die Klägerin, die Mutter von zwei 2003 und 2006 geborenen Kindern ist, war von 01.01.2003 bis 30.06.2021 mit vollem und vom 01.07.2021 bis 29.03.2023 mit halbem Versorgungsauftrag als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in H1 zugelassen. Seit dem 01.07.2021 war sie (zudem) mit hälftigem Versorgungsauftrag in H1 angestellt.

Am 03.06.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Fristverlängerung für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V. Mit Bescheid vom 16.07.2009, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, verlängerte die Beklagte die Frist zum Nachweis der Fortbildungsverpflichtung bis zum 30.06.2010. Zur Begründung führte sie aus, werde die Beschäftigung länger als drei Monate nicht ausgeübt, sei der Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern (§ 95 d Abs. 5 Satz 3 SGB V). Infolge der Geltendmachung einer Elternzeit von einem Jahr ende der Zeitraum zum Nachweis der Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung am 30.06.2010.

Mit Schreiben vom 27.03.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der sich anschließende Fortbildungszeitraum am 30.06.2014 ende. Die Beklagte wies auf die Rechtsfolgen eines fehlenden Fortbildungsnachweises in Gestalt von Honorarkürzungen und Zulassungsentzug hin.
Der Gesetzgeber schreibe den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bei einem Versäumnis der Frist abgestufte Maßnahmen dahingehend vor (§ 95d Abs. 3 SGB V), dass ein Versäumnis der Frist zu einer Honorarkürzung von jeweils 10 Prozent in den ersten vier Quartalen, die auf den Fünfjahreszeitraum folgten und von jeweils 25 Prozent in den darauf folgenden vier Quartalen zu führen habe. Danach solle beim Zulassungsausschuss ein Antrag auf Entziehung der Zulassung gestellt werden. Diese Sanktionsvorgaben des Gesetzgebers seien für die Beklagte bindend und verpflichtend; ein diesbezüglicher Spielraum stehe der Beklagten nicht zu. Die Honorarkürzung ende nach Ablauf des Quartals, in dem der Fortbildungsnachweis erbracht werde. Die nachgeholte Fortbildung, das heiße, die verspätet erworbenen Fortbildungspunkte würden nicht auf den folgenden Fünfjahreszeitraum, damit nicht für das Folgezertifikat, angerechnet. Der nächste Fortbildungszeitraum verlängere sich nicht um die Nachholzeit. Mit Schreiben vom 16.10.2014 korrigierte die Beklagte das Ende des Fortbildungszeitraums auf den 30.06.2015.

Mit Schreiben vom 03.06.2015 teilte die Klägerin in Bezug auf die Fortbildungsnachweise mit, dass sie in den letzten beiden Jahren häufig erkrankt gewesen sei. Ein Attest ihrer S1 werde nachgereicht, da diese noch in Urlaub sei. Sie bat dies zu berücksichtigen.

Die Beklagte, die das Schreiben der Klägerin vom 03.06.2015 als Antrag auf Fristverlängerung wertete, erinnerte mit Schreiben vom 04.08.2015 und 29.09.2015 an die Übersendung der Fortbildungsnachweise. Es wurde eine Nachweisfrist bis zum 27.10.2015 eingeräumt.

Mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Bescheid vom 28.10.2015 lehnte die Beklagte eine Verlängerung der Nachweisfrist ab.

Mit Schreiben gleichen Datums wies die Beklagte auf die drohende Honorarkürzung für das Quartal 3/2015 um 10 Prozent hin und bat die Klägerin unter Fristsetzung bis 28.11.2015, einen Fortbildungsnachweis vorzulegen, damit die Honorarkürzung vermieden werden könne. Der neue Fünfjahreszeitraum habe am 01.07.2015 begonnen. Für diesen Zeitraum seien erneut 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen. Auch mit weiterem Schreiben vom 25.01.2016 bat die Beklagte unter erneutem Hinweis auf Honorarkürzungen um den Fortbildungsnachweis.

Die Beklagte nahm in den Quartalen 3/2015 bis 2/2016 Honorarkürzungen in Höhe von jeweils 10 Prozent vor.

Mit Schreiben vom 15.03.2016, bei der Beklagten am 29.03.2016 eingegangen, erhob die Klägerin „Einspruch gegen den Bescheid der Abrechnung vom 28.10.2015“. Sie führte aus, an einer schweren Erkrankung zu leiden. Im Frühjahr des letzten Jahres habe sie ein Attest der sie behandelnden Ärztin eingereicht, aus dem hervorgehe, dass sie aufgrund einer schweren Erkrankung um Verlängerung der Frist zum Nachweis des Fortbildungszertifikats bitte. Dies könne ihre S1 bestätigen. Sie habe zwei Kinder und habe ihre Praxisräume auf dem Klinikgelände zum 01.01.2015 wechseln müssen. Auch habe sie wegen der Erkrankung Praxisvertreter beschäftigen und auch bezahlen müssen. Sie sei in der Vergangenheit nicht in der Lage gewesen, die Post zu bearbeiten, weshalb sie erst jetzt den Honorarbescheid habe durchlesen können. Nun gehe es ihr aber wieder besser und sie habe begonnen, auch Fortbildungen zu besuchen.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30.03.2016 mit, dass der Widerspruch verfristet sei und die Klägerin die Möglichkeit habe, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Gleichzeitig legte sie dar, bislang kein Attest über die Erkrankung der Klägerin erhalten zu haben. Daher sei der Fristverlängerungsantrag mit Bescheid vom 28.10.2015 abgelehnt worden. Ferner sei die Honorarkürzung 3/2015 bestandskräftig geworden. Auch hier sei die Widerspruchsfrist gegen den Honorarbescheid abgelaufen.

Das Attest von S1 vom 11.06.2015 legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.06.2016 vor. Sie bat um Rückvergütung des reduzierten Honorars.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 (Beschluss vom 20.07.2016) wies die Beklagte, die das Schreiben der Klägerin vom 15.03.2016 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.10.2015 wertete, den Widerspruch der Klägerin wegen Verfristung als unzulässig zurück. Nachdem zunächst mehrere Einwurfeinschreiben mit dem Vermerk an die Beklagte zurückkamen, das Schreiben sei nicht abgeholt worden, wurde der Bescheid der Klägerin am 20.10.2016 zugestellt.

In den Quartalen 3/2016 bis 2/2017 nahm die Beklagte weitere Honorarkürzungen vor, dieses Mal in Höhe von jeweils 25 Prozent. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin ebenso wie gegen den nachfolgenden Bescheid für das Quartal 4/2017, in dem ebenfalls eine Honorarkürzung verfügt worden war, keinen Widerspruch ein.

Mit per Fax eingegangenem Schreiben vom 30.05.2017 erkundigte sich die Klägerin nach ihrem Verlängerungsantrag und trug Gründe für die unverschuldete Verzögerung vor. Mit weiterem Schreiben vom 04.07.2017 begründete die Klägerin ihren Antrag erneut. 

Mit Schreiben vom 21.08.2017 erläuterte der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten, M1, der Klägerin unter anderem, dass ihr Antrag Ende Oktober 2015 abgelehnt worden sei. Hiergegen habe sie Widerspruch eingelegt. Nachdem sie auch im anschließenden Widerspruchsverfahren keine Begründung eingereicht habe, habe der Widerspruchsausschuss ihren Widerspruch am 20.07.2016 zurückgewiesen.

Das am 17.11.2017 beantragte Fortbildungszertifikat der Landesärztekammer vom 17.11.2017, das der Klägerin mit Schreiben der Landesärztekammer vom 11.01.2018 übersandt wurde, ging bei der Beklagten am 23.01.2018 ein, woraufhin letztere mit Schreiben vom 27.02.2018 mitteilte, dass die Klägerin ihre Fortbildungspflicht für den nachfolgenden Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.06.2020 erfüllt habe.

Bereits mit Honorarbescheid vom 15.01.2018 hatte die Beklagte auch das Honorar für das Quartal 3/2017 um 25 Prozent in Höhe von 8.838,14 € gekürzt, wogegen die Klägerin ohne weitere Begründung am 02.02.2018 „Einspruch" erhob (nunmehr L 5 KA 2947/23).

Mit Honorarbescheid vom 13.07.2018 kürzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2018 um 25 Prozent in Höhe von 7.843,09 €.

Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin erhob mit Schreiben vom 17.08.2018,  bei der Beklagten eingegangen am 20.08.2018, Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 13.07.2018 für das Quartal 1/2018 und „alle sonstigen noch nicht rechtskräftigen Bescheide“ und beantragte am 03.09.2018  Wiedersetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der rechtzeitigen Verlängerung des Fortbildungszeitraums sowie im Hinblick auf die Versäumung der Frist der rechtzeitigen Vorlage des Nachweises der Fortbildung. Die Klägerin habe keine Kenntnis von der Zustellung eines Bescheides vom 28.10.2015 oder eines Bescheides, der die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Frist zur Erbringung eines Fortbildungsnachweises zum Gegenstand habe. Selbst wenn ihr ein Bescheid vom 28.10.2015 nachweislich zugestellt worden sein solle, was sehr verwunderlich wäre, wäre sie damals an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs, wie auch bereits an einem früheren Antrag auf Verlängerung des Fünfjahreszeitraums sowie an der früheren rechtzeitigen Erbringung des Fortbildungsnachweises aufgrund ihrer damaligen gesundheitlichen Situation, wie sie sich auch aus dem nervenärztlichen Attest von S1 vom 11.06.2015 ergebe, gehindert gewesen. Sie habe das damalige Attest an die Beklagte gefaxt. Eine Reaktion sei jedoch nicht erfolgt. Auch nicht, als sie das Attest erneut am 15.06.2016 und am 30.05.2017 an die Beklagte gefaxt habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Honorarbescheid 1/2018 mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2019, zugestellt am 15.10.2019, als unbegründet zurück.
Vertragsärzte seien verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu ihrer Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei. Sie müssten über ein Fortbildungszertifikat mit 250 Punkten verfügen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 SGB V i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V). Die gesetzliche Regelung stelle nicht auf den Erwerb, sondern auf den Nachweis über die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung bei der KVBW ab (§ 95d Abs. 3 SGB V). Dies sei unabhängig davon, wann die Nachweise bei der Landesärztekammer eingereicht oder der Nachweis erfüllt worden sei. Das Fortbildungszertifikat habe zum Stichtag, hier am 30.06.2015, bei ihr, der Beklagten, vorliegen müssen. Bei der gesetzlichen Regelung zur Erbringung des Nachweises handele es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Bereits daher bestehe auch kein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Erbringe ein Vertragsarzt seinen Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, habe sie das an die Vertragsärzte zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgten, um zehn Prozent zu kürzen; ab dem darauffolgenden Quartal erhöhe sich die Kürzung auf 25 Prozent (§ 95 d Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung ende nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht werde (§ 95 d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Dauerhaft fehlende Nachweise könnten den Bestand der Zulassung der Klägerin gefährden. Von der Klägerin liege ein Zertifikat über die Erfüllung ihrer Fortbildungsverpflichtung seit dem 23.01.2018 vor. Somit habe das Zertifikat nach dem Nachholzeitraum von zwei Jahren vorgelegen. Von einem Antrag auf Zulassungsentziehung sei in einer Einzelfallentscheidung abgesehen worden. Der Gesetzgeber habe in diesen Fällen vorgesehen, dass die Honorarkürzung nach Ablauf des Quartals ende, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis des folgenden Fünfjahreszeitraums erbracht werde. Daher sei die vorgenommene Honorarkürzung im Honorarbescheid 1/2018 rechtmäßig.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.11.2019 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Die Klägerin hat angegeben, sie habe aus persönlichen Gründen im Zeitraum zwischen dem 01.07.2010 und 30.06.2015 keine Fortbildung absolvieren können. Da sie den Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 im Hinblick auf die Verlängerung der Nachweispflicht nicht erhalten habe, könne die Beklagte keine Honorarkürzungen vornehmen. Diese seien darüber hinaus rechtswidrig, zumal sie auch immer im Postkontakt mit der Beklagten gewesen sei. Ihre Erkrankung sei auch ein Grund für eine Verlängerung der Fortbildungsfrist gewesen. Das Attest der S1
 vom 11.06.2015 habe die Beklagte bereits im Juni 2015 und auch nochmal im Juni 2016 erhalten. Jedenfalls sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auch sei ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen unrichtigen Auskünften und fehlender Beratung der Beklagten gegeben. Außerdem sei die Landesärztekammer beizuladen, denn diese habe wegen unterschiedlicher Berücksichtigungszeiträume für Fortbildungen ein Verschulden daran, dass es zu einer Übermittlung des Fortbildungszertifikats erst im Januar 2018 gekommen sei und nicht bereits im Dezember 2017. Sie beantrage eine nochmalige Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet, da die Klägerin innerhalb des bis 30.06.2015 dauernden Fortbildungszeitraums die ausreichende Fortbildung nicht erbracht habe und hierüber auch naturgemäß keine Nachweise habe vorlegen können. Auf die Frage, ob der Klägerin der Widerspruchsbescheid über die Ablehnung der Nachweisfrist zugegangen sei oder nicht, komme es nicht an, da die Frist des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V eine gesetzliche Frist sei. Im Übrigen gelte im Vertragsarztrecht die Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht. Eine nochmalige Überprüfung nach § 44 SGB X werde nicht erfolgen, da sie kein Fehlverhalten feststellen könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.09.2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Beiladung der Landesärztekammer sei nicht erforderlich, da weder die Voraussetzungen der einfachen Beiladung nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch diejenigen der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG vorlägen. Bereits die geringeren Voraussetzungen der einfachen Beiladung seien nicht erfüllt. Diese setzten eine Berührung der berechtigten Interessen des Beizuladenden durch die Entscheidung des Gerichts voraus. Die Entscheidung in diesem Verfahren betreffe das der Klägerin zustehende Honorar. Es sei schon im Ansatz nicht nachvollziehbar, wie das Honorar der Klägerin die Interessen der Landesärztekammer berühren könne. Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, jedoch unbegründet. Es könne auch entschieden werden, denn selbst ein tatsächlich vorliegendes Verfahren nach § 44 SGB X sei keinesfalls für die Entscheidung vorgreiflich; allenfalls wäre das Ausgangsverfahren für das Verfahren nach § 44 SGB X vorgreiflich. Die Beklagte sei (im Anschluss an die Kürzung um zehn Prozent der ersten vier Quartale nach Ablauf des Nachweiszeitraums) zur Kürzung des Honorars der Klägerin im Quartal 3/2017 (richtig wohl 1/2018) im Umfang von 25 Prozent berechtigt (und verpflichtet), da die Klägerin den Nachweis, dass sie ihrer Fortbildungsverpflichtung im Fünfjahreszeitraum vom 01.07.2010 bis 30.06.2015 nachgekommen sei, nicht rechtzeitig erbracht habe. Gemäß § 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V (eingefügt durch Art 1 Nr. 76 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Modernisierungsgesetz – GMG> vom 14.11.2003, BGBl. I 2190 m.W.v. 01.01.2004) sei der Vertragsarzt verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei. Alle fünf Jahre habe ein Vertragsarzt gegenüber der KV den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Abs. 1 nachgekommen sei; für die Zeit des Ruhens der Zulassung sei die Frist unterbrochen (Abs. 3 Satz 1). Ende die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, laufe die bisherige Frist weiter (Abs. 3 Satz 2). Nach Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG> vom 22.12.2011, BGBl. I 2983 m.W.v. 01.01.2012) sei die KV verpflichtet, das an den Vertragsarzt zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgten, um 10 Prozent und ab dem darauffolgenden Quartal um 25 Prozent zu kürzen, wenn ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbringe. Die Honorarkürzung ende gemäß § 95d Abs. 3 Satz 5 SGB V nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht werde. Eine weitere Verlängerung der fünfjährigen Nachweispflicht sehe Abs. 5 Satz 3 bei angestellten Ärzten vor, wenn die Beschäftigung länger als drei Monate nicht ausgeübt werde; hier habe die KV auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern. Der Vorstand der Beklagten habe diese Regelung mit Beschluss vom 03.12.2008, veröffentlicht am 24.07.2009, auch auf die niedergelassenen selbständigen Vertragsärzte erstreckt. Im Fortbildungszeitraum von fünf Jahren, der hier vom 01.07.2020 bis 30.06.2015 gedauert habe, habe die Klägerin keine Fortbildung und folglich auch keinen Nachweis hierüber gegenüber der Beklagten erbracht. Fortbildungen der Klägerin erfolgten nachweislich erst nach Ablauf des Zeitraums, ebenso die Vorlage des Nachweises – am 23.01.2018 (!) – nach zahlreichen Schreiben und Hinweisen der Beklagten bis hin zur drohenden Entziehung der Zulassung. Ob die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 erhalten habe, sei irrelevant, denn es sei im Rahmen des Honorarkürzungsverfahrens inzident zu prüfen, ob die Fünfjahresfrist nach den o.g. Ausnahmen zu verlängern sei. Die Ausnahmen lägen hier ersichtlich nicht vor. Weder habe die Zulassung der Klägerin geruht, noch habe sie in der Zeit vom 01.07.2020 bis 30.06.2015 ihre Tätigkeit länger als drei Monate am Stück nicht ausgeübt. Es könne auch dahinstehen, ob die Klägerin die Versäumung der Fortbildung zu verschulden habe, denn hierauf komme es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht an (unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 36/19 B -, in juris m.w.N.). Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei hier ausgeschlossen, da es sich bei § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele (unter Hinweis auf Bayerisches Landessozialgericht <LSG>, Urteil vom 11.03.2015 - L 12 KA 56/14 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.02.2021 - L 11 KA 47/19 -, beide in juris; ebenso Pawlita in: jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 95d Rn. 54.1). Ein Anspruch aus der Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, der im Vertragsarztrecht nur in engen Ausnahmesituationen Anwendung finde (unter Hinweis auf Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2014 - S 2 KA 1/12 -, in juris) liege ebenfalls offensichtlich nicht vor, denn die Beklagte habe hier alles versucht, der Klägerin ein Nachreichen der Bescheinigung zu ermöglichen. Sie habe weder falsch beraten, noch Hinweise unterlassen. Pflichtverletzungen von Seiten der Beklagten seien nicht ersichtlich. Die Honorarbescheide erwiesen sich daher als rechtmäßig.

Mit Beschluss vom 02.11.2023 hat das SG den Tatbestand des Gerichtsbescheides vom 18.09.2023 auf Antrag der Klägerin insoweit berichtigt, als es auf dessen Seite 3 anstelle von „26.3.2019" 26.9.2019 sowie anstelle von „2.6.2016" 2.8.2016 heißen müsse und auf dessen Seite 7 anstelle von „1.7.2020 bis 30.6.2015" 1.7.2010 bis 30.6.2015 heißen müsse. Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung müsse es 7.843,09 € heißen. Im Übrigen hat es den Antrag auf Tatbestandsberichtigung abgelehnt.
Die übrigen von der Klägerin monierten Punkte seien keine Unklarheiten oder Unrichtigkeiten des Tatbestands, sondern beträfen offensichtlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die im Rahmen der bereits eingelegten Berufung zu klären sei.

Gegen den ihr am 20.09.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.10.2023 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Beklagte stelle fehlerhaft auf den Zeitraum 01.07.2010 bis 30.06.2015 ab, in dem 250 Fortbildungspunkte zu erwerben seien.
Aufgrund der Geltendmachung von Elternzeit für beide Kinder hätte der Klägerin die Verlängerung bis 30.06.2011 gewährt werden müssen, sodass der hier relevante Zeitraum 01.07.2011 bis 30.06.2016 richtig gewesen wäre. Es sei fehlerhaft, der Klägerin nur für ein Kind eine Verlängerung der Fortbildungsverpflichtung zu gewähren. Zudem sei es fehlerhaft, insgesamt nur eine Verlängerung von einem Jahr auszusprechen, obwohl das Gesetz eine Verlängerung von maximal zwei Jahren vorsehe. Darüber hinaus sei es fehlerhaft, die Krankheitszeiten der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 03.06.2015 habe die Klägerin in Bezug auf die Fortbildungsnachweise mitgeteilt, dass sie in den letzten beiden Jahren häufig erkrankt gewesen sei, ein Attest ihrer Neurologin reiche sie nach. Das Attest von S1 vom 11.06.2015 habe die Klägerin mit Fax vom 15.06.2016, also noch innerhalb des relevanten Fortbildungszeitraumes, vorgelegt. Die Beklagte habe die schwere Erkrankung der Klägerin nicht berücksichtigt. Eine Verlängerung des Fortbildungszeitraumes sei fehlerhaft unterblieben, obwohl die Klägerin ihre schwere Erkrankung mitgeteilt und nachgewiesen habe. Zudem hätten weder die Landesärztekammer noch die Beklagte die tatsächlich von der Klägerin erbrachten Fortbildungspunkte korrekt berücksichtigt. Wenn ihr richtigerweise eine Verlängerung des Fortbildungszeitraumes aufgrund der Elternzeit für beide Kinder und insgesamt von zwei Jahren gewährt worden wäre, hätte der Fortbildungszeitraum 01.07.2011 bis 30.06.2016 betragen. Zum 30.06.2016 seien die 250 Fortbildungspunkte, inklusive 50 Punkte für das Selbststudium durch Fachliteratur gemäß § 6 Kategorie E der (Muster-) Fortbildungsordnung der Bundesärztekammer, welche auch anzurechnen gewesen wären, erfüllt gewesen. Rechtsirrig gingen die Landesärztekammer, die Beklagte und auch das erstinstanzliche Gericht davon aus, dass Fortbildungspunkte, die älter als 5 Jahre seien, bei Überschreiten des Fünfjahreszeitraumes gestrichen würden. § 95d SGB V sehe ein Streichen von Punkten nicht vor. Die Landesärztekammer habe rechtswidrig Punkte nicht berücksichtigt, die älter als fünf Jahre seien. Der Fortbildungsnachweis von 250 Punkten sei bereits am 02.06.2016 vollständig erbracht worden. Dies ergebe sich aus der von ihr erstellten Auflistung. Erst am 11.01.2018 – und damit viel zu spät – sei der Klägerin von der Landesärztekammer bestätigt worden, dass sie die 250 Punkte erreicht habe. Selbst unter Berücksichtigung des Kontostandes der Landesärztekammer Baden-Württemberg, der ohnehin nicht alle Fortbildungspunkte enthalte, welche die Klägerin erworben hatte, seien die notwendigen 250 Punkte spätestens am 11.02.2017 erreicht worden. Mit Ablauf des Quartals 1/2017, also des 31.03.2017, hätte keine Kürzung mehr stattfinden dürfen. Jedenfalls stehe ihr ein Anspruch aus der Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Fälschlicherweise habe das SG durch Gerichtsbescheid entschieden, denn die Klägerin habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die mangelnde Beiladung der Landesärztekammer sei verfahrensfehlerhaft.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Stuttgart vom 18.09.2023, berichtigt durch den Beschluss vom 02.11.2023, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Honorarbescheid vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2019 abzuändern und der Klägerin für das Quartal 1/2018 das Honorar in ungekürzter Höhe, mithin weitere 7.843,09 €, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die erstinstanzliche Entscheidung sei nicht zu beanstanden, denn die Honorarkürzung im Quartal 1/2018 sei zutreffend erfolgt.
Die Klägerin habe den bis zum 30.06.2015 ihr gegenüber zu erbringenden Nachweis, dass sie ihrer Fortbildungspflicht nach § 95d Abs. 1 SGB V im zurückliegenden Fünfjahreszeitraum nachgekommen sei, nach eigenem Vortrag nicht fristgerecht, sondern erst im Januar 2018 vorgelegt. Der Zeitraum für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung sei nicht falsch berechnet worden. Der fünfjährige Fortbildungszeitraum vom 01.07.2004 bis 30.06.2009 sei auf Antrag wegen Elternzeit auf den 30.06.2010 verlängert worden. Hierbei handele es sich jedoch nicht um einen Automatismus, vielmehr erfolge die Verlängerung des Fünfjahreszeitraums gemäß § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V ausschließlich auf Antrag. Ein weiterer Antrag auf Verlängerung des Fünfjahreszeitraums aufgrund von Elternzeit sei nicht gestellt worden. Auch eine Unterbrechung der Frist i.S.d. § 95d Abs. 3 Satz 1 HS 2 SGB V wegen Krankheit habe nicht vorgelegen. Nach § 95d Abs. 3 Satz 1 HS 2 SGB V werde die Fünfjahresfrist für die Dauer des Ruhens der Zulassung unterbrochen. Weder habe die Zulassung der Klägerin geruht, noch habe sie ihre Tätigkeit länger als drei Monate am Stück nicht ausgeübt. Im Übrigen verlängere die Zweijahresfrist des § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V nicht den bereits laufenden Fünfjahreszeitraum. Eine Nachholung der Fortbildung sei innerhalb von zwei Jahren ganz oder teilweise möglich; sie werde jedoch auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. In jedem Fall beginne nach Ablauf eines Fünfjahreszeitraums ein neuer Fünfjahreszeitraum, unabhängig davon, ob der Arzt seiner Fortbildungsverpflichtung nachgekommen sei. Der Nachholungszeitraum schiebe den zweiten Fünfjahreszeitraum nicht hinaus. Des Weiteren könne dahinstehen, ob und wie die Fortbildungspunkte durch die Landesärztekammer berechnet worden seien. Das Gesetz stelle in § 95 Abs. 2 Satz 1 und 3 HS. 1, Abs. 3 Satz 1 HS. 1 und Satz 3, 5-7, Abs. 5 Satz 2 und 6, Abs. 6 Satz 2 SGB V (gemeint wohl § 95d SGB V) entscheidend auf den Nachweis und nicht auf die tatsächliche Erbringung der Fortbildung ab. Für diesen sei wiederum allein die Klägerin verantwortlich. Da der Nachweis im Quartal 1/2018 erbracht worden sei, habe in diesem Quartal die letzte Kürzung stattgefunden. In Rechtsstreitigkeiten wie der vorliegenden, in der es ausschließlich darum gehe, ob die Klägerin ihrer Nachweispflicht nachgekommen sei, sei eine Beiladung der Landesärztekammer weder vorgesehen noch zielführend. Das SG habe durch Gerichtsbescheid entscheiden können, da es in der Sache ausschließlich darauf ankomme, wann der Nachweis der Fortbildungsverpflichtungen erfolgt sei. Auf die Berechnung des Punktekontos der Klägerin komme es nicht an. Auch bedürfe die Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht der Zustimmung der Beteiligten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (B 6 KA 12/11 R) könne die Klägerin zudem keinen Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beanspruchen. Letztlich habe der erkennende Senat des LSG Baden-Württemberg bereits im Beschluss vom 09.03.2004 (L 5 KA 100/04 ER-B) klargestellt, dass die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im Vertragsarztrecht ohnehin nicht zur Anwendung kämen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz – auch im Verfahren L 5 KA 2947/23 – und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).


Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist in Ansehung des 750,- € übersteigenden Wertes des Beschwerdegegenstandes (vgl. § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Streitgegenständlich ist der Honorarbescheid der Beklagten vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2019, mit dem die Beklagte vom vertragsärztlichen Honorar der Klägerin für das Quartal 1/2018 einen Betrag in Höhe von 7.843,09 € wegen einer Verletzung der Nachweispflicht der Fortbildung in Abzug gebracht hat.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise zu Recht abgewiesen. Es hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte zur Kürzung des Honorars der Klägerin im Quartal 1/2018 im Umfang von 25 Prozent berechtigt (und verpflichtet) war, da diese den Nachweis, dass sie ihrer Fortbildungsverpflichtung im Fünfjahreszeitraum vom 01.07.2010 bis 30.06.2015 nachgekommen ist, trotz entsprechender Hinweise der Beklagten (mit Schreiben vom 27.03.2014 und 16.10.2014; zu dem Erfordernis, mindestens drei Monate vor Ablauf der Frist darauf hinzuweisen, dass deren Versäumnis mit einer Honorarkürzung verbunden ist, vgl. BSG Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 19/14 R -, in juris) nicht rechtzeitig, sondern erst im Januar 2018 erbracht hat. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zahlung weiterer 7.843,09 € gegen die Beklagte.

Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG). Nur ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren auf Folgendes hingewiesen:

Dem SG war es nicht verwehrt, durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu entscheiden. Das Gericht kann danach ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Dies war hier der Fall. Das SG hat insoweit von dem ihm eingeräumten Ermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die Beteiligten sind nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift vorher zu hören. Diese Anhörung ist unter dem 28.02.2023 erfolgt. Eine entsprechende Zustimmung ist nicht erforderlich.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war eine Beiladung der Landesärztekammer nicht erforderlich, da weder die Voraussetzungen der einfachen Beiladung nach § 75 Abs. 1 SGG noch diejenigen der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG vorliegen. Hier geht es ausschließlich darum, ob die Beklagte das Honorar der Klägerin zu Recht gekürzt hat und ob die Klägerin ihrer Nachweispflicht nachgekommen ist. Maßgeblich ist hierfür lediglich die Regelung des § 95d SGB V, die berechtigte Interessen der Landesärztekammer nicht berührt. Ob die Landesärztekammer das Punktekonto der Klägerin falsch geführt hat und Punkte nicht oder im falschen Zeitraum berücksichtigt hat, ist insoweit nicht von Belang. Denn § 95d SGB V stellt entscheidend auf den Nachweis und nicht auf die tatsächliche Erbringung der Fortbildung ab.
Dementsprechend knüpft die Honorarkürzung nicht an die fehlende Fortbildung, sondern an den fehlenden Nachweis an (§ 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V), für den wiederum allein die Klägerin verantwortlich ist.

Die Beklagte hat auch den Zeitraum für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung nicht falsch berechnet. Sie hat den (vorherigen) fünfjährigen Fortbildungszeitraum vom 01.07.2004 bis 30.06.2009 auf Antrag der Klägerin vom 03.06.2009 wegen der Elternzeit von einem Jahr mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.09.2009 um ein Jahr auf den 30.06.2010 verlängert. Dies hatte zur Folge, dass der (erste) Nachweiszeitraum für die Nachweisverpflichtung um ein Jahr verlängert wurde. In der Folge teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 27.03.2014 und 16.10.2014 mit, dass der zweite Fortbildungszeitraum aufgrund der für den ersten Fortbildungszeitraum erteilten Verlängerung am 30.06.2015 ende und bis spätestens 30.06.2015 ein entsprechendes Fortbildungszertifikat der Landesärztekammer zum Nachweis gemäß § 95d SGB V einzureichen sei. Dies ist nicht zu beanstanden. Eine Verlängerung des Zeitraums erfolgt nicht automatisch; die Verlängerung des Fünfjahreszeitraums gemäß § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V (i.V.m. dem Vorstandsbeschluss der Beklagten vom 03.12.2008) erfolgt ausschließlich auf Antrag. Einen weiteren Antrag auf Verlängerung des Fünfjahreszeitraums aufgrund von Elternzeit für ihr zweites Kind oder auch eine weitere Verlängerung im Hinblick auf ihr erstes Kind hat die Klägerin nicht gestellt.

Zudem wurde der Fünfjahreszeitraum vom 01.07.2010 bis 30.06.2015 für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung auch nicht wegen einer Krankheit der Klägerin verlängert, denn § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V, dessen Anwendungsbereich durch den Beschluss der Beklagten vom 03.12.2008 (veröffentlicht mit Rundschreiben der Beklagten vom 24.07.2009) auch auf die niedergelassenen Ärzte erweitert wurde, sieht eine Verlängerung der Frist um die Fehlzeiten lediglich für den Fall vor, dass der betroffene niedergelassene Arzt seine Tätigkeit länger als drei Monate nicht ausüben kann. Die Klägerin teilte jedoch selbst mit, ihre Tätigkeit – mit Unterstützung durch Vertreter – weiter ausgeübt zu haben, nur ihrer Fortbildungsverpflichtung nicht nachgekommen zu sein. Auf die Frage, ob und wann der Beklagten das Attest der S1 vom 11.06.2015 zugegangen ist, kommt es daher nicht an. Im Übrigen wurde der von der Klägerin mit Schreiben vom 03.06.2015 gestellte Antrag auf Verlängerung wegen Krankheit, ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, mit Bescheid vom 28.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2016 bestandskräftig abgelehnt.

Auch scheidet eine Verlängerung des Nachweiszeitraums nach § 95d Abs. 3 Satz 1 HS 2 SGB V aus, da die Zulassung der Klägerin nicht ruhte. Insoweit mangelt es an einem entsprechenden Beschluss des Zulassungsausschusses.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verlängert auch die Zweijahresfrist des § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V nicht den bereits laufenden Fünfjahreszeitraum. Danach ist eine Nachholung der Fortbildung innerhalb von zwei Jahren ganz oder teilweise möglich; sie wird jedoch auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. In jedem Fall beginnt nach Ablauf eines Fünfjahreszeitraums ein neuer Fünfjahreszeitraum, unabhängig davon, ob der Arzt seiner Fortbildungsverpflichtung nachgekommen ist. Der Nachholungszeitraum schiebt jedoch den zweiten Fünfjahreszeitraum nicht hinaus (vgl. hierzu Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Auflage, Stand: 02.05.2024, § 95d SGB V, Rn. 51). Da der erforderliche Nachweis erst nach Ablauf der Frist von zwei Jahren, nämlich im Januar 2018, vorgelegt wurde, kommt die Vorschrift hier ohnehin nicht zur Anwendung.

Letztlich kann die Klägerin – wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat – ihren Anspruch auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Denn dessen Rechtsgrundsätze gelten (vgl. z.B. Beschluss des erkennenden Senats vom 09.03.2004 - L 5 KA 100/04 ER-B -, n.v., Beschluss des erkennenden Senats vom 20.03.2006 - L 5 KA 415/06 ER-B -, in juris m.w.N.) im Vertragsarztrecht nicht. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist für das Rechtsverhältnis zwischen Sozialleistungsträgern und Sozialleistungsempfängern auf dem Gebiet der sozialen Versorgungssysteme entwickelt worden. Er ist nicht auf das auf mitgliedschaftlicher Beziehung beruhende Verhältnis zwischen Vertragsärzten und KVen anwendbar (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 20.11.2013 - L 12 KA 66/12 -, in juris Rn. 16 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.10.2022 - L 11 KA 7/22 -, in juris).

Ist der Nachweis der Fortbildung, wie vorliegend, nicht erbracht worden, so ist die KV nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V verpflichtet, das Honorar für die ersten vier Quartale um 10 Prozent, für die Zeit danach um 25 Prozent zu kürzen. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich des „Ob“ der Kürzung, des Kürzungsumfangs oder der Dauer der Kürzungen besteht nicht. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Die Kürzung erfolgt durch einen prozentualen Abzug (hier 25 Prozent) vom Honorar für die Kassenleistungen. Die konkrete Höhe der vorgenommenen Kürzung beanstandet die Klägerin nicht. Auch der Senat vermag keine Fehler bei der Berechnung zu erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

 

Rechtskraft
Aus
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