Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.08.2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Bewilligung eines Grundrentenzuschlags gemäß § 76g Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der am 00.00.0000 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid vom 18.02.2022 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt. Die Beklagte traf die Feststellung, dass insgesamt 517 Kalendermonate mit Grundrenten-Bewertungszeiten vorliegen und der Durchschnittswert aus den Entgeltpunkten für Grundrenten-Bewertungszeiten, dem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung und der Anzahl der Kalendermonate mit Grundrenten-Bewertung 0,0635 beträgt. Die Rentenhöhe wurde vorläufig festgestellt, weil noch nicht abschließend habe geprüft werden können, ob die Klägerin einen Zuschlag für langjährige Versicherung bekommen könne. Es fehlten noch Daten zum Einkommen der Klägerin. Mit Bescheid vom 02.03.2022 bewilligte die Beklagte der Klägerin dann endgültig eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.05.2022 in Höhe von 901,09 € ohne einen Zuschlag für langjährige Versicherung zu berücksichtigen. Auf den Zuschlag für langjährige Versicherung rechnete sie Einkommen in Höhe von 1.121,25 € an. Der angerechnete Betrag sei höher als der Zuschlag. Dieser werde deshalb nicht geleistet.
Mit ihrem Widerspruch vom 15.03.2022 rügte die Klägerin, dass neben ihrem eigenen Einkommen auch das ihres Ehemannes angerechnet worden sei. Die Einkommensanrechnung gemäß § 97a Abs. 1 SGB VI beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil die Einkommensanrechnung von der Heirat abhänge. Verheiratete und unverheiratete Menschen würden ungleich behandelt und durch den Familienstand „verheiratet“ benachteiligt. Ihr eigenes Einkommen übersteige die Anrechnungsgrenze nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2022 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den sich aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ergebenden Rentenanteil sei Einkommen der berechtigten Person sowie Einkommen des Ehegatten anzurechnen. Werde das anzurechnende Einkommen von der Finanzverwaltung gemeldet, seien die Rentenversicherungsträger gemäß § 97a Abs. 2 Satz 6 SGB VI an die gemeldeten Daten gebunden. Änderungen dieser Daten könne nur die Finanzverwaltung vornehmen. Insofern seien die Rentenversicherungsträger nicht befugt, anderes als von der Finanzverwaltung übermittelte Einkommen anzurechnen. Der Rentenversicherungsträger sei bei seinem Handeln an Recht und Gesetz gebunden, dies schreibe das Grundgesetz in Art. 20 Abs. 3 GG vor. Er dürfe nicht prüfen, ob ein Gesetz verfassungsgemäß sei. Diese Prüfung erfolge nur durch das Bundesverfassungsgericht. Der Bescheid sei deshalb nicht zu beanstanden.
Mit ihrer am 12.05.2022 beim Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie werde als Verheiratete gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ungleich behandelt, denn bei unverheirateten Lebenspartnern finde eine Einkommensanrechnung nicht statt. Mit der Einführung der sog. Grundrente ab dem 01.01.2021 gehe es dem Gesetzgeber um die Anerkennung von Lebensleistung von Menschen, die langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen pflichtversichert gewesen seien. Die mit diesem Gesetz eingeführte Einkommensprüfung unterscheide aber zwischen Ehen bzw. Lebenspartnerschaften und eheähnlichen Lebensgemeinschaften. Diese Ungleichbehandlung sei verfassungswidrig.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.05.2022 zu verurteilen, bei der Berechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen das Einkommen ihres Ehemannes nicht anzurechnen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Aus der Regelung des § 97a SGB VI ergebe sich, dass zum einen das Einkommen des Ehegatten anzurechnen sei und zum anderen hierfür ausschließlich und von der Beklagten nicht veränderbare Festsetzungsdaten der Finanzbehörden zu Grunde zu legen seien. Daher könne die Beklagte auch nicht verpflichtet werden, das Einkommen des Ehegatten der Klägerin bei der Rentenberechnung unberücksichtigt zu lassen. Die Norm des § 97a SGB VI verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Bis zu einem Freibetrag werde das Einkommen nicht auf die Grundrente angerechnet. Da es sich um die Feststellung eines Grundrentenbedarfs bei Einkommensanrechnung handele habe der Gesetzgeber die Möglichkeit, dies frei zu gestalten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.07.1981 - 1 BvR 874/77 - könnten Versicherte und Rentner in der gesetzlichen Rentenversicherung von vornherein nicht erwarten, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen der Rentenversicherung auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzliche Rentenversicherung sei eine Solidargemeinschaft, deren Rechte und Pflichten im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen unterliegen könnten. Der Sozialgesetzgeber habe im Rahmen seiner als notwendig erkannten Veränderungen einen weiteren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Er könne insbesondere Rentenansprüche und Rentenanwartschaften beschränken, Leistungen kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umgestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge. Dies gelte umso mehr für Bestimmungen, die dazu dienten, die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse der Gemeinschaft der Versicherten zu erhalten und zu verbessern. Diene eine neu eingeführte Regelung wie hier der Feststellung eines Grundrentenbedarfs, so könne der Gesetzgeber zwar andere Vorschriften wie beispielsweise aus dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch heranziehen, sei daran aber nicht gebunden.
Gegen den ihr am 31.08.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens am 05.09.2022 Berufung eingelegt. Die Anrechnung des Einkommens des Ehemannes verstoße gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Es liege eine Ungleichbehandlung der Verheirateten vor. Eine Einkommensanrechnung von unverheirateten Personen finde nicht statt. Somit werde außerdem gegen den besonderen Schutz der Ehe gemäß Art. 6 GG verstoßen. Die Einkommensanrechnung stehe auch im krassen Gegensatz zur vom Gesetzgeber verfolgten Würdigung der Lebensarbeitsleistung.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.08.2022 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.05.2022 und in der Fassung des Bescheides vom 16.12.2022 zu verurteilen, bei der Berechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen das Einkommen des Ehemannes der Klägerin nicht anzurechnen und der Klägerin eine höhere Rente unter Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklage verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Mit Bescheid vom 16.12.2022 hat die Beklagte die Altersrente der Klägerin für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01.01.2023 neu berechnet und keine Änderung des monatlichen Zahlbetrags festgestellt. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass sie geprüft habe, ob ein Zuschlag für langjährig Versicherung zu berücksichtigen sei. Dies sei nicht Fall. Als anzurechnendes Einkommen hat sie auch für die Zeit ab 01.01.2023 unverändert insgesamt 38.535,00 € und damit monatlich 3.211,25 € berücksichtigt. Jedoch hat sie die Höhe der Anrechnungsgrenzen aufgrund des aktualisierten Rentenwerts neu berechnet und nunmehr 1.000,65 € statt 1.121,25 € monatlich angerechnet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags. Bei der Berechnung ihrer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist das Einkommen ihres Ehemannes anzurechnen. Der Senat kann sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der Anrechnungsvorschrift überzeugen.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist gemäß § 96 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) neben der Entscheidung des SG der Bescheid der Beklagten vom 16.12.2022. Hinsichtlich der Höhe des anzurechnenden Einkommens ersetzt er den Bescheid vom 02.03.2022 ab dem 01.01.2023. Die Klägerin macht ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG) geltend.
II. Der Bescheid vom 02.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides 04.05.2022 in der Fassung des Bescheides vom 16.12.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Dem Grunde nach hat die Klägerin einen Anspruch auf Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 76g SGB VI. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift wird ein Zuschlag an Entgeltpunkten ermittelt, wenn mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten vorhanden sind und sich aus den Kalendermonaten mit Grundrentenbewertungszeiten ein Durchschnittswert an Entgeltpunkten ergibt, der unter dem nach Absatz 4 maßgebenden Höchstwert liegt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach den Feststellungen der Beklagten sind bei der Klägerin 43 Jahre mit Grundrenten-Bewertungszeiten vorhanden. Den Durchschnittswert aus den Entgeltpunkten für die Grundrentenbewertungszeiten, dem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten und der Anzahl der Kalendermonate mit Grundrenten-Bewertungszeiten hat die Beklagte mit 0,0635 berechnet. Er liegt damit unter dem Höchstwert von 0,0667 Entgeltpunkten, den § 76g Abs. 4 Satz 5 SGB VI für mindestens 35 Jahren mit Grundrentenzeiten normiert.
Allerdings wird gemäß § 97a Abs. 1 SGB VI auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten angerechnet. Anrechenbar ist nach § 97a Abs. 4 SGB VI dasjenige Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten, das monatlich die in Sätzen 2 bis 4 genannten, jeweils auf einen vollen Eurobetrag aufgerundeten Beträge übersteigt. Die Beklagte hat diese Anrechnungsgrenzen richtig berechnet und angewandt. Der Zuschlag für langjährige Versicherung in Höhe von 39,44 € ist damit nicht höher als das anzurechnende Einkommen und wird deshalb nicht ausgezahlt.
III. Die Anwendung der Anrechnungsregelung des § 97a Abs. 1 SGB VI gebietet keine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur konkreten Normenkontrolle liegen nicht vor. Der Senat kann nicht die für eine Vorgehensweise nach Art. 100 Abs. 1 GG notwendige Überzeugung (vgl. dazu BVerfG Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11 -juris Rdn. 28 und vom 07.04.2022 - 1 BvR 3/18 - juris Rdn. 218) gewinnen, dass die Anrechnungsregelung verfassungswidrig ist.
Die Regelung des 97a Abs. 1 SGB VI ist - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - mit dem Grundgesetz vereinbar ist (a. A. Westphal in Kreikebohm/Roßbach, Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI - 6. Auflage 2021 § 97a Rdn. 5; Ruland NZS 2021, 241, 249).
§ 97a Abs. 1 SGB VI bestimmt als Generalklausel, dass Einkommen des Berechtigten auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach §§ 76g, 307e und 307f SGB VI anzurechnen ist. Dabei wird nicht nur das eigene Einkommen des Berechtigten, sondern auch das Einkommen der Ehegatten berücksichtigt. Dies gilt entsprechend für Einkommen der eingetragenen Lebenspartner. Aufgrund der Regelung in § 21 Lebenspartnerschaftsgesetz, wonach Regelungen zu Ehegatten und Ehen, die nach dem 22.12.2018 in Kraft treten, auch für Lebenspartner und Lebenspartnerschaften entsprechend gelten, bedarf es keiner ausdrücklichen Erwähnung der Lebenspartner im Gesetzestext (Jentsch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 97a SGB VI <Stand: 01.04.2021> Rdn. 8)
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Ungleichbehandlungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Hierfür gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Dessen Inhalt und Grenzen lassen sich nicht abstrakt, sondern nur mit Rücksicht auf die jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich mithin aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich ergeben, wenn Freiheitsrechte betroffen sind. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sachgründe, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen sollen, je weniger die Merkmale, an die eine gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich den spezifischen Diskriminierungsverboten in Art. 3 Abs. 3 GG (Geschlecht, Abstammung, religiöse oder politische Anschauungen, Behinderung usw.) annähern. Nicht zu prüfen ist, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (BVerfG Beschluss vom 28.04.2022 - 1 BvL 12/20 - juris Rdn. 9, 10; BSG Urteil vom 18.10.2023 - B 5 R 49/21 R - juris Rdn. 41).
Bei der Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, steht dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Handelt es sich jedoch um eine ehebenachteiligende Regelung, so ist bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, dass die dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit durch die Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG beschränkt ist (BVerfG Beschluss vom 10.07.1984 - 1 BvL 44/80 - juris Rdn. 41 m.w.N.). Differenziert der Gesetzgeber zum Nachteil von Ehe und Familie, so ist der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Ehe und der Familie schuldet. Diesen Maßstäben würde § 97a SGB VI nicht gerecht, wenn er in einer anderweit nicht ausgleichbaren Weise Ehegatten und eingetragene Lebenspartner gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften benachteiligt würde, obschon die Bedürftigkeit gleich ist (vgl. BVerfG Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - juris Rdn. 68 und Urteil vom 10.07.1984 - 1 BvL 44/80 - juris Rdn. 41). Verheiratete Personen dürfen nach Art. 6 GG nicht allein deshalb, weil sie verheiratet sind, im Rahmen einer freiwilligen Fürsorgemaßnahme des Staates weniger erhalten als Ledige. Dem Gebot des Eheschutzes und Familienschutzes widerspricht es allerdings nicht in jedem Fall, wenn der Staat die Lebensgemeinschaft und Interessengemeinschaft der Ehegatten und die sich daraus ergebende wirtschaftliche Situation bei einer gesetzlichen Regelung berücksichtigt (BSG Vorlagebeschluss vom 14.08.1980 - 7 RAr 75/79 - juris Rdn. 14). Es bedarf aber einleuchtender Sachgründe, die erkennen lassen, dass eine für Ehegatten ungünstige Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebensgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Situation der Ehegatten hat. Auch muss die Berücksichtigung dieser besonderen Lage gerade in dem konkreten Sachverhalt den Gerechtigkeitsvorstellungen der Allgemeinheit entsprechen und darf nicht als Diskriminierung der Ehe erscheinen (BVerfG Beschluss vom 24.07.1968 - 1 BvR 394/67 - juris Rdn. 11 zu § 45 Konkursordnung). Wie das BSG in seinem Urteil vom 10.03.1993 - 14b REg 2/92 - juris Rdn. 32 ausführt hat, hat das BVerfG in keinem seiner Verfahren, in denen es sich mit der Anwendung des Art. 6 GG auf Gesetze befasst, die an die eheliche Lebensgemeinschaft nachteilige Folgen knüpfen, dem Art. 6 GG entnommen, dass es dem Gesetzgeber schlechthin und in jeder Beziehung verwehrt ist, die nichteheliche Lebensgemeinschaft besser zu behandeln als die Ehe, obgleich vom Wortsinn her der besondere Schutz über den Schutz und dieser über ein bloßes Diskriminierungsverbot hinausgeht. In der Rechtsprechung des BVerfG hat sich demnach folgende Formel durchgesetzt: Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG, soweit sie eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes enthält, wirkt sich im Rahmen einer freiwilligen Förderungsmaßnahme des Staates dahin aus, dass Verheiratete nicht allein deshalb, weil sie verheiratet sind, weniger erhalten dürfen als Ledige; das heißt nicht, dass sie immer und in jedem Zusammenhang mehr oder mindestens gleich viel erhalten müssten wie Ledige (BSG a.a.O. Rdn. 33). § 97a SGV VI benachteiligt Ehegatten gegenüber Unverheirateten, soweit das Einkommen des Ehegatten beim Grundrentenzuschlag berücksichtigt wird. Dennoch ist die Regelung bereits deswegen nicht zu beanstanden, weil durch diese unterschiedliche Behandlung Eheleute bzw. eingetragene Lebenspartner bei einer Gesamtbetrachtung nicht schlechter als eine nichtverheiratete Lebensgemeinschaft gestellt werden. An einer Benachteiligung fehlt es, wenn die gesetzliche Regelung sich bei einer Gesamtbetrachtung für Ehegatten vorteilhaft oder „ehe-neutral“ auswirkt. Eine punktuelle gesetzliche Benachteiligung ist hinzunehmen, wenn die allgemeine Tendenz des Gesetzes auf Ausgleich familiärer Belastungen abzielt, dabei Eheleute teilweise begünstigt und teilweise benachteiligt, die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet aber keine Schlechterstellung von Eheleuten bewirkt (BVerfG Urteil vom 12.02.2003 - 1 BvR 624/01 - juris Rdn. 40; a.A. Ruland in seinem Gutachten „Die Verfassungswidrigkeit der Grundrente“ unter Verweis auf Beschluss des BVerfG vom 27.05.1970 - 1 BvL 22/63, 1 BvL 27/64 -). So gleicht das Steuersplittung für Ehegatten geringfügige Benachteiligungen aus (BSG Urteil vom 10.03.1993 - 14b REg 2/92 - juris Rdn. 41) und wird der Ausschluss eines ehelichen Kindes von der Familienversicherung durch unterhaltsrechtliche Vorteile gegenüber dem nichtehelichen Kind kompensiert (BVerfG Urteil vom 12.02.2003 - 1 BvR 624/01 - juris Rdn. 44 f; Jarass in Jarass/Pieroth, GG. 16. Auflage 2020 Art. 6 Rdn. 17). Die Regelungen des SGB VI sehen in Form der Hinterbliebenenrente rechtliche Vorteile vor, die nur zur Geltung kommen, wenn eine Ehe vorliegt. Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung zur Familienversicherung nicht auf das gesamte SGB V, sondern nur auf die Regelung über die Familienversicherung in § 10 SGB V abgestellt. Allerdings hat das BSG in seinem Urteil vom 10.03.1993 - 14b REg 2/92 - juris in Rdn. 41 bei der Prüfung der Benachteiligung einer Ehe auf das die Familie betreffende Leistungs- und Steuerrecht insgesamt abgestellt.
Aber selbst bei einer nicht ausgeglichenen Ungleichbehandlung ist die Einkommensanrechnung gerechtfertigt. Nach den oben genannten Grundsätzen gehen die Rechtfertigungsanforderungen an die beanstandete Regelung hier über das Willkürverbot hinaus. Strengere Anforderungen an die Rechtfertigung ergeben sich aus dem Familiengrundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Regelung des § 97a SGB VI muss durch einen hinreichend gewichtigen Zweck getragen sein, der über das bloße Willkürverbot hinausgeht. Diese Anforderungen erfüllt die Regelung. Die Anrechnung des Einkommens des Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners dient einem legitimen Zweck, ist geeignet und erforderlich, diesen zu erreichen, und steht zu der Belastung des Betroffenen nicht außer Verhältnis.
Die Regelung des § 97a Abs. 1 SGB VI dient einem legitimen Zweck. Wie bereits dargelegt können Differenzierungen durch Sachgründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Das Ziel des Grundrentengesetzes ist die „stärkere Anerkennung der Lebensleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung“ (BT-Drucksache 19/18743, Seite 1) bzw. „Stärkung des Grundversprechens und der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt, insbesondere aber für langjährige Versicherung mit unterdurchschnittlichen Einkommen“ (vgl. BT Drucksache 19/18473, Seite 39). Mithin sollen Menschen nach einem langen Arbeitsleben, der Erziehung von Kindern sowie der Pflege von Angehörigen oder anderen pflegebedürftigen Menschen trotz einer nur kleinen Rente auch in bedürftigkeitsabhängigen Fürsorgesystemen besser dastehen als diejenigen, die wenig oder gar nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Die Lebensleistung aufgrund von langjähriger Versicherung soll daher auch im jeweiligen Fürsorgesystem abgebildet werden, indem ihnen Leistungen oberhalb des für die Grundsicherung geltenden individuellen Bedarfs zugesichert werden. Insbesondere dürfe es nicht dazu kommen, dass die Grundrente als Anerkennung der Lebensleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung in anderen Systemen wieder aufgezehrt werde (BT-Drucksache 19/18473, Seite 2). Das Ziel, das der Gesetzgeber mit der Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten oder des (eingetragenen) Lebenspartners verfolgt, ist nach der Gesetzesbegründung „die Erhöhung der Zielgenauigkeit der Grundrente“ (BT Drucksache 19/18473, Seite 39). „Damit wird dem durch die Ehe beziehungsweise die Lebenspartnerschaft ausgedrückten Willen, dauerhaft eine Wirtschaftseinheit zu bilden und der damit einhergehenden gegenseitigen Unterhaltspflicht (vergleich § 1360 Bürgerliches Gesetzbuch, § 5 Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG) angemessen Rechnung getragen. Anders als im Bereich der sozialen Fürsorgeleistungen des SGB II und des SGB XII ist bei der Berechnung der Grundrente das Einkommen von Partnern in anderen Gemeinschaftsformen nicht zu berücksichtigen, da der maßgeblich auch auf eigenerworbenen Entgeltpunkten beruhende Grundrentenanspruch mit den reinen Fürsorgeleistungen nicht vergleichbar ist. Typischerweise werden die rechtlichen Unterhaltsansprüche innerhalb der Ehe oder Lebenspartnerschaft durch ein Unterhaltssaldo eher zu Gunsten des wegen geringer Rentenerwartung für die Grundrente Berechtigten gekennzeichnet sein, sodass die Zielgenauigkeit der Anrechnungsregelung auch insofern gegeben ist.“ (BT-Drucksache 19/18473, Seite 39). Aus der Zusammenschau all dieser Ausführungen des Gesetzgebers ergibt sich das Ziel, dass langjährig Versicherte finanziell besser versorgt sein sollen als diejenigen, die nicht gearbeitet haben oder nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Sie sollen also nach Möglichkeit mehr Geld zur Verfügung haben als jemand, der Leistungen nach dem SGB XII bezieht. Diese Überlegung bestätigt die Gesetzesbegründung in ihrem Teil „B. Lösung“: „Die Grundrente wird nicht in allen Fällen ein Alterseinkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehungsweise oberhalb des Grundsicherungsbedarfs gewährleisten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch hohe Wohnkosten - insbesondere in Städten - auch relativ hohe individuelle Bedarfe in der Grundsicherung entstehen. Daher ist dafür zu sorgen, dass auch diese Personen tatsächliche Einkommensverbesserungen erfahren. Mit der Einführung von Freibeträgen im Wohngeld, der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) und den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung wird erreicht, dass die Verbesserung der Rente nicht durch eine Anrechnung in den bedarfsorientierten Fürsorgesystemen beziehungsweise einkommensabhängigen Sozialleistungen aufgezehrt wird.“ (BT-Drucksache 19/18473, Seite 4). Diesem Ziel wird das Gesetz auch unter Berücksichtigung der Anrechnung von Einkommen des Ehegatten und des eingetragenen Lebenspartners gerecht. Dem Grundrentenberechtigten verbleibt bei Einbeziehung des Einkommens des Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners ein Einkommen oberhalb des Grundsicherungsbedarfs. Er steht besser da als jemand, der wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet hat und entsprechend wenig oder gar nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat. Das ist zwar auch bei demjenigen der Fall, der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Person zusammenlebt, die entsprechende Einkünfte hat. Allerdings sind Ehepartner auf Grund der unterhaltsrechtlichen wechselseitigen Verpflichtung wirksamer als in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft versorgt (BSG Urteil vom 10.03.1993 - 14b REg 2/92 - Rdn. 26, vgl. zu diesem Aspekt auch BVerfG Urteil vom 12.02.2003 - 1 BvR 624/01 - juris Rdn. 45).
Der Gesetzgeber hat bei der Gewährung von Sozialleistungen, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber triff, ob und in welchem Umfang Einkommen auf den individuellen Bedarf angerechnet wird (vgl. BVerfG Beschluss vom 02.01.1999 - 1 BvL 8/97 - Rdn. 39). Insbesondere kann nicht geprüft werden, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfG Beschluss vom 23.01.1990 - 1 BvL 44/86, 1 BvL 47/87 Rdn. 167). Die Anrechnungsregelung ist geeignet, das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Infolge der Anrechnungsregelung gelangt der Grundrentenzuschlag nur in den Fällen zur Auszahlung, in denen der im Grundsatz Berechtigte nicht aufgrund anderer unterhaltsrechtlich gesicherter Ansprüche mehr Geld zur Verfügung hat als jemand, der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezieht. Der Gesetzgeber durfte die Anrechnungsregelung auch als erforderlich ansehen um die von ihm angestrebte Zielgenauigkeit des Grundrentenzuschlags umzusetzen. Die Grundrente wird vollständig aus Steuermitteln finanziert (BT-Drucksache 19/18473, Seite 4). Die Anrechnung von Einkommen ist bei einer aus Gründen der Fürsorge gewährten Sozialleistung grundsätzlich geboten. Der soziale Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen wirkliche Bedürftigkeit vorliegt (BVerfG Urteil vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16 - juris Rdn. 124 und Beschluss vom 28.04.2022 - 1 BvL 12/20 - juris Rdn. 22). Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit kann daher grundsätzlich auch das Einkommen und Vermögen von Personen einbezogen werden, von denen in einer Gemeinschaft ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (BVerfG Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - juris Rdn. 39 m.w.N.).
Die Anrechnungsregelung belastet die Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übermäßig und ist daher auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dem Grundrentenberechtigten verbleibt bei Einbeziehung des Einkommens des Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners ein Einkommen oberhalb des Grundsicherungsbedarfs. Er steht besser da als jemand, der wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet hat und entsprechend wenig oder gar nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1, § 183 Satz 1 SGG.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.