S 6 SO 81/22

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Regensburg (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 SO 81/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

T a t b e s t a n d :
Der Kläger erhebt Klage "zum Antrag vom 28.07.2022" und in Bezug auf die "Wahrung des Existenzminimums".

Der 1963 geborene, multimorbide Kläger ist mehrfach nierentransplantiert und bedarf der regelmäßigen Dialyse sowie nach Aktenlage einer kostenaufwändigen Ernährung. Nach Maßstäben des Schwerbehindertenrechts ist er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den anerkannten Merkzeichen "B", "G", und "RF" schwerbehindert.
Er wohnt in einem Haus in der Marktgemeinde A-Stadt im Landkreis Regensburg, in dem auch seine Mutter, D. , wohnte. D. verstarb im April 2018. Der Kläger hat noch einen Bruder und zwei Schwestern (die 1952 geborene E. und die 1953 geborene F.).
Eigentümerin des Hauses ist seit 1996 seine Schwester F.. Es existiert ein Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Schwester, F., vom 01.05.2018. Der Mietvertrag bezieht sich auf eine Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens A-Straße, in A-Stadt, bestehend aus Wohnzimmer, Bad/WC und Küche. Ausweislich des Mietvertrages schuldet der Kläger monatlich eine Kaltmiete in Höhe von 380,00.- Euro, eine Vorauszahlung auf die Heizkosten in Höhe von 100.- Euro und eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 50.- Euro. Der Kläger gibt hierzu jedoch an, die Miete seit geraumer Zeit tatsächlich nicht zu leisten, da er sich, aufgrund seiner weiteren Ausgaben, hierzu nicht in der Lage sehe. Im Grundbuch ist ein Leibgeding zugunsten des Klägers eingetragen. Dieses bezieht sich, nach den Angaben des Klägers, auf die Mansardenwohnung in demselben Anwesen.
Der Kläger hat ein monatliches Einkommen von ungefähr 1500,00.- € (Anfang 2020: 532,01.- € Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund und 939,64.- € Versorgungsbezüge vom Landesamt für Finanzen). Dies hat der Kläger im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 23.06.2022, Az. S 6 SO 56/22 ER erneut bestätigt. Ob und bejahendenfalls welches Vermögen der Kläger hat, ist unbekannt. Er selbst gibt an, keines zu haben.
Beim Kläger, der bei der DAK gesetzlich kranken- und pflegeversichert ist, lagen nach Mitteilung seiner Pflegekasse auf der Grundlage einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen vom 27.01.2017 die Voraussetzungen der Pflegestufe I, nicht dagegen die der Pflegestufe II (a.F.) vor. Er erhält aktuell deswegen u.a. Pflegegeld nach dem Pflegegrad II. In der Vergangenheit lies der Kläger seiner Schwester E. für "Hauswirtschaft" ein Entgelt zukommen, später überwies er seiner Schwester F. - soweit möglich - 316,00.- € "Pflegegeld".
Der Kläger macht(e) gegen den Bezirk Oberpfalz als überörtlichen Sozialhilfeträger bzw. seine Krankenkasse verschiedene Ansprüche (u.a. auf Eingliederungshilfe bzw. Leistungen zur sozialen Teilhabe, Erstattung von Fahrkosten zu ärztlichen und nichtärztlichen Behandlern oder Beratung) geltend, weswegen mehrere Verfahren am Sozialgericht respektive Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängig waren bzw. sind. Auch gegen den Landkreis Regensburg (als örtlicher Sozialhilfeträger) sind eine Vielzahl an sozialgerichtlicher Klage- und einstweiliger Rechtsschutzverfahren u.a. wegen strittiger Akteneinsicht, geltend gemachter Bewilligung von Grundsicherung unter abweichender Festlegung des Regelbedarfs, Untätigkeitsklagen über vermeintlich oder tatsächlich nicht verbeschiedene Anträge oder auf Beratung erst- und zweitinstanzlich anhängig (gewesen). Seit Beginn des Jahres 2018 wurden über 350 allein der für die Sozialhilfe zuständigen Kammer des Sozialgerichts Regensburg zuzuordnende Verfahren eingetragen. Die weitere Vorgeschichte wird insoweit als zwischen den Beteiligten bekannt vorausgesetzt.
Mit Telefax vom 28.07.2022, an den Beklagten gerichtet und im Betreff mit "Anträge auf Auskunft" überschrieben, teilte der Kläger mit, dass er nach wie vor Hilfe benötige, um die existenznotwendigen Arbeiten, insbesondere die Aktenordnung und den Schriftverkehr mit der nötigen Sorgfalt und im nötigen Umfang zeitgerecht erledigen zu können. Die Vermittlung dieser Hilfe und Beratung hierzu stehe dem Kläger nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BtBG zu. Auf das Schreiben vom 25.05.2022 an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg liege dem Kläger keine Antwort vor. Er erhalte nach wie vor keine ausreichende Hilfe. Er beantrage Bezeichnung der Institution an die ihn der Beklagte vermittelt habe oder vermitteln wolle sowie wann die Vermittlung erfolgt sei und die Bezeichnung der erbrachten Hilfe. Er beantrage die Deckung seines gesamten existenznotwendigen Bedarfs sowie sozialrechtliche Wiederherstellung hilfsweise Schadenersatz. Er beantrage vorläufige Leistung und Vorschuss.
Mit Telefax vom 16.08.2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, stellte der Kläger Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, Az. S 6 SO 80/22 ER und erhob die vorliegende Klage. Neben der Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines zu bestimmenden Anwalts, hilfsweise eines Notanwalts, hat der Kläger in der Sache

                    keinen bestimmten Antrag gestellt.

Der Beklagte beantragt:

                    Die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe nicht. Weiterhin sei die Klage unbegründet. Da der Rechtsbehelf keine Aussicht auf Erfolg habe, sei auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen.

Zudem hat sich das Gericht mit Schreiben vom 12.04.2023 erneut an den Kläger gewandt und um Konkretisierung des Begehrens des Klägers gebeten. Eine Antwort des Klägers erfolgte nicht, stattdessen wurde (wiederum) weiterer einstweiliger Rechtsschutz beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen (Teil-) Vorgang der Verwaltung, die Sitzungsniederschrift vom 23.06.2022, Az. S 6 SO 56/22 ER sowie die gerichtliche Verfahrensakte verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage vom 16.08.2022 war als unzulässig abzuweisen.

Es fehlt bereits am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Jede (zulässige) Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus und es besteht der allgemeine Grundsatz, dass Gerichte nicht unnütz oder unlauter in Anspruch genommen werden sollen. Dies begründet sich aus dem im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG, vor § 51, Rn. 16, 16a).

Auch im nunmehr vorliegenden Fall kann das Sozialgericht jedoch keine nachvollziehbaren und von der Rechtsordnung anzuerkennenden Gründe für ein sachliches Bedürfnis einer gerichtlichen Entscheidung erkennen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 03.11.1971, Az. IV ZR 26/70, Rn. 11).

Der Kläger, der seit Beginn des Jahres 2018 über 350 Verfahren initiierte, erhebt erneut "stereotyp" Klage. Wieder fehlen, trotz eines aus verschiedenen Teilen früherer Anträge zusammengesetzten Schriftsatzes, selbst rudimentäre Ausführungen zu den tatsächlichen Umständen, die eine sachgerechte Prüfung eines Anspruches auf Leistungen der Sozialhilfe ermöglichen würden. Weiterhin ist das Klageziel: "Wahrung des Existenzminimums" (wiederum) nicht weiter bestimmbar.

Somit erschöpft sich der einzig erkennbare Zweck (auch) dieses Verfahrens darin, den Beklagten und das Gericht zu beschäftigen. Verbindendes Element der Verfahren ist, dass der Kläger einstweilige Rechtsschutzanträge stellt und Klagen erhebt, sich dann aber im Weiteren - regelmäßig unter Verweis auf seinen nicht näher spezifizierten, gesundheitlichen Zustand oder die für sich in Anspruch genommene Überlastung - jeglicher weiteren Mitwirkung enthält (vereinzelt unter Verweis auf die Amtsermittlungspflicht). Der Kläger möchte jedoch weder die Hilfe eines Betreuers, noch auf die Hilfe eines Vertreters für ein Verwaltungsverfahren, gemäß § 15 SGB X, zurückgreifen. Auf wiederholte, letztlich auch seinen Interessen dienende, Gerichtsschreiben reagiert der Kläger regelmäßig nicht. In der Gesamtbewertung wird das Sozialgericht in unlauterer Weise mit einem erneuten Verfahren überzogen und das Gericht unnütz bemüht (vgl. hierzu auch MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 253, Rn. 11 und 12).

Darüber hinaus ist die Klage jedenfalls unbegründet. Zum erneut angesprochenen Thema "Assistenzkraft um Gerichts- und Verwaltungsverfahren zu betreiben", wurde bereits von allen Seiten, d.h. von der Verwaltung, dem Sozialgericht sowie dem Bayerischen Landessozialgericht, umfassend Stellung genommen. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage wurde nicht vorgetragen. Das Gericht möchte es daher bei dem (erneuten) Hinweis auf die abschließenden Regelungen zur Beratungs- und Prozesskostenhilfe belassen.

Die Kostenentscheidung beruht im gerichtskostenfreien Verfahren nach § 183 SGG auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Kläger die zur Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erforderliche Erklärung nicht übersandt hat, kann die beantragte Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung aus den vorbeschriebenen Gründen allein schon mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht bewilligt werden, § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 Satz 1, 121 Abs. 2 ZPO.

 

 

 

 

 

 

Rechtskraft
Aus
Saved