1. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist entsprechend anwendbar, wenn das SG zwar in der Sache selbst, aber aus Gründen, die das LSG nicht für zutreffend hält (hier: die Möglichkeit der Aufrechnung gegen eine Krankenhausvergütung), die Klage abgewiesen und zu den eigentlichen Sachfragen (hier: primäre Fehlbelegung) nicht Stellung genommen hat, weil es in einer rechtlichen Vorfrage die Weiche falsch gestellt hat.
2. Krankenkassen waren in der Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2021 nach § 109 Abs. 6 Satz 3 iVm Art. 1 Sätze 2 und 3 der Übergangsvereinbarung zur Prüfverfahrensvereinbarung vom 10.12.2019 iVm § 10 Prüfverfahrensvereinbarung zur Aufrechnung berechtigt.
3. Der Anwendbarkeit der Übergangsvereinbarung zur Prüfverfahrensvereinbarung vom 10.12.2019 steht es nicht entgegen, wenn die Krankenkasse mit einer Forderung aufgerechnet hat, die selbst nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens des Medizinischen Dienstes gewesen ist.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.02.2023 aufgehoben und die Sache an das Sozialgerichts Nürnberg zurückverwiesen.
II. Das Sozialgericht hat auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
III. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung und hierbei insbesondere um die Frage, ob die Klägerin den OPS 5-829.k1 (Implantation einer modularen Endoprothese oder (Teil-)Wechsel in eine modulare Endoprothese bei knöcherner Defektsituation und ggf. Knochen(teil)ersatz) abrechnen durfte.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses (§ 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -), in dem vom 11.05.2020 bis zum 18.05.2020 die bei der Beklagten Versicherte G (Versicherte) behandelt wurde.
Für den stationären Aufenthalt berechnete die Klägerin der Beklagten unter Zugrundelegung insbesondere der DRG I44C (Bestimmte Endoprotheseneingriffe am Kniegelenk ohne äußerst schwere CC, ohne bestimmten Wechsel von Endoprothesen oder Prothesenkomponenten, ohne Implantation einer patientenindividuell angefertigten Endoprothese am Knie, ohne Einbringen od. Wechsel von Abstandshaltern) insgesamt 10.434,41 € (Rechnung vom 19.05.2020). Dabei kodierte sie ua den OPS 5-829.k1.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst, rechnete am 08.12.2020 jedoch nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes (MD) (Gutachten vom 04.12.2020) iHv 2.565,05 € mit unstreitigen Forderungen der Klägerin per Zahlungsavis aus anderen Behandlungen auf, da die verwendete Kniegelenksprothese vom Typ P der Firma Z keine Modularität aufweise. Die Prozedur 5-829.k1 mit dem damit verbundenen Zusatzentgeld könne in diesem Fall nicht kodiert werden. Korrekterweise müsse die Implantation der Knie-TEP mit der Prozedur 5-822.j1 (Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk: Endoprothese mit erweiterter Beugefähigkeit: Zementiert) kodiert werden, da es sich bei dieser Prothese um einen Typ mit erweiterter Beugefähigkeit handele. Dies werde auch so in den Kodierempfehlungen der Firma Z von 2019 beschrieben.
Am 07.01.2022 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Aufrechnung sei unwirksam, da ein Verstoß gegen § 109 Abs. 6 SGB V vorliege. Zudem liege eine unzulässige Erweiterung des Prüfauftrages vor, da mit den übersandten Prüfaufträgen ausschließlich die Frage nach der knöchernen Defektsituation konkret beschrieben gewesen sei. Diese habe der MD vollumfänglich zu Gunsten der Klägerin beantwortet. Eine Erweiterung des Prüfauftrags hin zu der Frage einer vorliegenden Modularität der Prothese sei zu keinem Zeitpunkt angezeigt worden, so dass insoweit ein Einwendungsausschluss resultiere. Hilfsweise hat die Klägerin vorgetragen, die verwendete Knietotalendoprothese sei nachweislich eindeutig als modulare Prothese zu identifizieren und hat umfangreiche Nachweise hierzu vorgelegt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Behauptung, es handele sich um eine unzulässige Prüfungserweiterung sei nicht nachvollziehbar. Der MD habe gegenüber der Klägerin den Auftrag zur Überprüfung des OPS 5-829.k1 angezeigt. Die Überprüfung des OPS habe ergeben, die Voraussetzungen zur Kodierung würden unter Bezug auf die DIMDI-Empfehlungen nicht vorliegen. Die vorgenommene Aufrechnung sei zudem zulässig und wirksam. In der Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 werde in beiderseitigem Einvernehmen der Vertragsparteien die unveränderte Aufrechterhaltung der Aufrechnungsregelungen klargestellt. Somit sei der Einstieg in die medizinische Prüfung geboten. Wie der MD in seinem Gutachten zutreffend herausstelle, läge zwar eine knöcherne Defektsituation vor, eine Modularität gemäß den Vorschriften/DIMDI-Empfehlungen liege bei der verwendeten Kniegelenksprothese vom Typ P der Firma Z jedoch nicht vor.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 23.02.2023 vollumfänglich stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag iHv 2.565,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.12.2020 zu zahlen. Einer ordnungsgemäßen Aufrechnung stehe das mit Wirkung zum 01.01.2020 normierte gesetzliche Aufrechnungsverbot in § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V entgegen. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung sei auch nicht von der gesetzlichen Ausnahme des § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V gedeckt. Ferner könne sich die Beklagte nicht auf eine zulässige vertragliche Ausnahme berufen (§ 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Zwar hätten der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in der am 10.12.2019 beschlossenen Übergangsvereinbarung zur Prüfverfahrensvereinbarung die Weitergeltung der Regelungen zur Korrektur von Datensätzen sowie die Aufrechnungsregelungen vereinbart. Diese vertragliche Regelung sei jedoch nicht von der vorgesehenen Ausnahmemöglichkeit in § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt, denn die einschränkungslose Zulassung der Aufrechnung hebe das gesetzliche Aufrechnungsverbot generell aus und lasse die Regelung ins Leere laufen. Der Wille des Gesetzgebers werde dadurch völlig umgangen. Überdies könne der vorliegende Aufrechnungsfall nicht von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V umfasst sein, denn danach könnten abweichende Reglungen nur in Vereinbarungen nach § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG vorgesehen werden. § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG befuge die Vertragspartner jedoch nicht, eine allgemeine Aufrechnungsmöglichkeit über Forderungen zu regeln, welche nie Gegenstand eines Prüfverfahrens gewesen sind. Der hier streitgegenständliche Vergütungsanspruch, gegen den die Beklagte mit dem behaupteten Rückerstattungsanspruch versucht habe aufzurechnen, sei jedoch nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens gewesen.
Gegen das - ihr laut dem in der SG Akte befindlichen Empfangsbekenntnis am 22.05.2023 zugestellte - Urteil hat die Beklagte am 14.06.2023 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und vorgetragen, soweit das ihr am 15.05.2023 zugestellte Urteil vertrete, den Vertragsparteien sei eine Regelung von Aufrechnungsmöglichkeiten auch mit solchen Erstattungsansprüchen, die nicht auf MD-Prüfverfahren beruhten, verwehrt, sei dies unzutreffend. Denn bei der Regelung in § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V handele es sich um eine bloße Verweisung auf die "Zielnorm" Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV). Damit würden die Vertragsparteien ermächtigt, generell Ausnahmen vom grundsätzlichen Aufrechnungsverbot in der Vereinbarung nach § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG festzulegen, ohne dass deren Voraussetzungen im Übrigen vorliegen müssten. Weder dem Gesetzestext noch der Begründung des Gesetzgebers zu dieser Regelung seien Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass Ausnahmen vom grundsätzlichen Aufrechnungsverbot nur für Erstattungsforderungen nach einem gemäß § 275c SGB V eingeleiteten MD-Prüfungen vereinbar wären. Soweit in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten werde, die in der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV getroffene Regelung zur Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeiten hebele das gesetzliche Aufrechnungsverbot vollständig aus, erscheine dies nicht nachvollziehbar. Von einer faktischen Suspendierung könne schon deshalb keine Rede sein, weil auch nach der ohnehin nur befristet für einen vorübergehenden Zeitraum weitergeltenden PrüfvV Aufrechnungen mit Erstattungsforderungen nur dann zulässig gewesen seien, wenn diese einvernehmlich festgestellt oder rechtzeitig innerhalb der Frist von elf Monaten seit Übermittlung einer Prüfanzeige geltend gemacht worden seien. Weiter seien Aufrechnungen mit Erstattungsforderungen nur nach Maßgabe der geltenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, das heiße, unter Beachtung von in Verträgen nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V geregelten Aufrechnungsverboten wie z. B. in Nordrhein-Westfalen oder Hamburg zulässig gewesen. Von einem vollständigen Aushebeln des grundsätzlichen Aufrechnungsverbotes auszugehen, erscheine aber insbesondere unter Berücksichtigung der Umstände des Zustandekommens der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV abwegig, da dabei die zeitliche Komponente völlig aus dem Blick geraten sei. Soweit in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten werde, eine Aufrechnung mit Erstattungsforderungen sei nur gegen solche unstreitigen Forderungen möglich, welche zuvor Gegenstand eines erfolglosen MD-Prüfverfahrens gewesen seien, erscheine dies abwegig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.02.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise diese zurückzuweisen und höchsthilfsweise die Revision zuzulassen.
Das SG habe in der angegriffenen Entscheidung rechtsfehlerfrei den Verstoß gegen das bundesgesetzliche Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 SGB V ausgeurteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise sie auf die Entscheidungsgründe. Rein vorsorglich berufe sie sich auf eine Verfristung der Berufung aufgrund der Diskrepanz von elf Tagen zwischen den Zustellungen an die Beteiligten trotz taggleicher Versendung am 11.05.2023.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 09.11.2022 ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Insbesondere hat der Senat keine Zweifel an der fristwahrenden Berufungseinlegung, wenngleich die Beklagte widersprüchliche Angaben zur Zustellung der Entscheidungsgründe gemacht hat. Denn die einmonatige Berufungsfrist ab Zustellung des Urteils (§ 151 Abs. 1 SGG) ist durch die Einlegung am 14.06.2023 sowohl hinsichtlich einer Zustellung am 15.05.2022 (Berufungsbegründung) als auch hinsichtlich einer Zustellung am 22.05.2022 (Empfangsbekenntnis) gewahrt. Anhaltspunkte dafür, dass eine Zustellung des Urteils vom 23.02.2023 vor dem 14.05.2023 bewirkt worden sein könnte, sind nach Lage der Akten nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen hat auch der Bevollmächtigte der Klägerin hierzu keinen Beweis angeboten.
Die Berufung ist im Sinne einer Aufhebung des angegriffenen Urteils und einer Zurückverweisung der Sache an das SG auch begründet.
1.
Nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.
Indes hat das SG die Klage zwar nicht als unzulässig abgewiesen, sondern eine Entscheidung in der Sache getroffen. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist jedoch entsprechend anwendbar, wenn das SG zwar in der Sache selbst, aber aus Gründen, die das LSG nicht für zutreffend hält, die Klage abgewiesen und zu den eigentlichen Sachfragen nicht Stellung genommen hat, weil es in einer rechtlichen Vorfrage die Weiche falsch gestellt hat (str., ebenso BSG, Urteil vom 18.02.1981 - 3 RK 61/80 - juris, Nr. 18 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.03.2022 - L 11 SB 205/21 - juris, Rn. 21; Sächsisches LSG, Urteil vom 18.03.2021 - L 3 AL 1/20 - juris, Rn. 23 ff.; BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 3 C 8/11 - juris, Rn. 18; BVerwG Beschluss vom 04.09.2014 - 4 B 30.14 - juris, Rn. 15; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 159 Rn. 2b; aA zB Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, SGG § 159 Rn. 6, BAYERN.RECHT; Adolf in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. (Stand: 15.06.2022), § 159 SGG, Rn. 15; BeckOGK/Sommer, Stand: 01.02.2024, SGG § 159 Rn. 8). Dies ist zB der Fall, wenn das SG die Klage aus formellen Gründen ohne eigentliche Sachprüfung abgewiesen hat, etwa wegen Versäumung der Widerspruchsfrist (BSG, Urteil vom 18.02.1981 - 3 RK 61/80 - juris, Rn. 18), oder wenn das SG zu Unrecht eine Bindung der Behörde an die Entscheidung einer anderen Behörde angenommen und deshalb den angefochtenen Verwaltungsakt nicht auf seine Rechtmäßigkeit geprüft hat. Nr. 1 ist ferner analog anzuwenden, wenn das SG einen Verwaltungsakt zu Unrecht aus formellen Gründen aufgehoben, der Klage also stattgegeben hat, ohne zu den eigentlichen Fragen Stellung zu nehmen (zu § 130 Abs. 2 HS. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -: BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 3 C 8/11 - juris, Rn. 18), oder wenn das SG die Sache zu Unrecht an die Verwaltung gem. § 131 Abs. 5 SGG zurückverwiesen hat (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2020 - L 3 SB 13/20 - juris, Rn. 31; LSG Hessen Urteil vom 29.01.2019 - L 3 U 63/18 - juris, Rn. 18; Keller, aaO, § 159 Rn. 2b). Eine Zurückverweisung ist insofern auch im vorliegenden Fall möglich.
Die Klägerin begehrt im Kern von der Beklagten die Vergütung für die Behandlung der Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 11.05.2020 bis zum 18.05.2020 in deren Krankenhaus. Streitig ist insoweit, ob die Klägerin den OPS 5-829.k1 abrechnen durfte. Die Beklagte hat dies nach Einschaltung des MD verneint und den Anspruch mit einem weiteren unstreitigen Anspruch auf Krankenhausvergütung verrechnet. Das SG hat dem Antrag der Klägerin mit dem angefochtenen Urteil ohne Äußerung zur medizinischen Notwendigkeit der vollstationären Behandlung stattgegeben, da es bereits die Aufrechnung für unzulässig hält.
Mithin liegen die Voraussetzungen für eine Rückverweisung vor. Das SG hat zwar kein Prozessurteil erlassen, es hat jedoch fehlerhaft die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf höhere Vergütung für eine Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht geprüft. Es hat die Auffassung vertreten, der strittige Anspruch auf höhere Vergütung bestehe bereits deshalb, da die vorgenommene Aufrechnung unzulässig sei. Damit hat es der Klage aus rein formellen Gründen stattgegeben, ohne zu den eigentlichen Fragen Stellung zu nehmen.
a.
Entgegen der Auffassung des SG ist die Aufrechnung der Beklagten jedoch nicht wegen der Regelung in § 109 Abs. 6 SGB V ausgeschlossen.
aa.
Die Aufrechnung von Erstattungsansprüchen der Krankenkasse gegen Zahlungsansprüche des Krankenhausträgers ist grundsätzlich zulässig. Denn trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (ständige Rspr; vgl. zB BSG, Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 31/18 R - juris, Rn. 10; Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. (Stand: 13.07.2023), § 109 SGB V, Rn. 253 mwN).
Bis 31.12.2019 unterlag die Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen der Krankenkasse gegen andere Vergütungsansprüche des Krankenhauses dabei keinerlei gesetzlichen Einschränkungen. Nach § 9 PrüfvV 2014 bzw. § 10 PrüfvV 2016 konnte die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen.
Seit 01.01.2020 schließt der durch das MDK-Reformgesetz vom 14.12.2019 (BGBl. I 2019, 2789) eingeführte § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V die Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser grundsätzlich aus. Von diesem Aufrechnungsverbot nimmt § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Rückzahlungsansprüche aus. Weitere Ausnahmen können nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V kollektivvertraglich vereinbart werden. Von dieser Öffnungsklausel haben die Vertragsparteien für die Übergangszeit bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz mit der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV vom 10.12.2019 - PrüfvV Übergang 2020 - (ausdrücklich aufgrund des MDK-Reformgesetzes nach BR-Drs. 556/19 vom 08.11.2019 und dem Ziel, frühzeitig Verfahrenssicherheit für die Beteiligten ab 01.01.2020 sicherzustellen - siehe Wortlaut Präambel) Gebrauch gemacht und für die Übergangszeit bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz die weitere Anwendbarkeit des § 10 PrüfvV 2016 vereinbart. Denn nach Art. 1 Satz 2 PrüfvV Übergang 2020 gilt für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, die PrüfvV (2016) mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort. Dort finden insbesondere die Regelungen zur Korrektur von Datensätzen nach § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 PrüfvV sowie die Aufrechnungsregelungen nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung (Art. 1 Satz 3 PrüfvV Übergang 2020). Damit ist eine Sonderregelung im Sinne von und im Hinblick auf die schon am 08.11.2019 absehbare Regelung des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V geschaffen worden, die das Aufrechnungsverbot faktisch suspendiert (Bockholdt in: Hauck/Noftz, SGB V, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 109 SGB V, Rn. 221g).
Aufgrund der zum 01.01.2022 erfolgten Neufassung der PrüfvV ist dies seither nicht mehr möglich. Denn nach § 11 Abs. 4 Satz 1 PrüfvV 2021 kann die Krankenasse lediglich eine vom Krankenhaus nicht bestrittene, geeinte oder rechtskräftig festgestellte Erstattungsforderung mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen.
bb.
Vorliegend hat die Beklagte am 09.12.2020 mit unstreitigen Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungen aufgerechnet. Die Aufrechnung ist nach obigem Maßstab nicht nach § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Denn wie aufgezeigt war die Beklagte nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V iVm Art. 1 Sätze 2 und 3 PrüfvV Übergang 2020 iVm § 10 PrüfvV 2016 zu diesem Zeitpunkt (noch) zur Aufrechnung berechtigt.
cc.
Die teilweise vertretene anderslautente Auslegung (zB SG München, Urteil vom 17.09.2023 - S 12 KR 920/22 - nicht veröffentlicht; SG München, Urteil vom 16.05.2023 - S 61 KR 448/22 - nicht veröffentlicht; SG Nürnberg, Urteil vom 27.04.2023 - S 18 KR 732/22 - juris; SG Nürnberg, Urteil vom 18.04.2023 - S 21 KR 342/22 - nicht veröffentlicht; SG Nürnberg, Urteil vom 29.03.2023 - S 2 KR 326/22 - nicht veröffentlicht), wonach die Vereinbarung PrüfvV Übergang 2020 unzulässig sei, überzeugt nicht.
Die Ermächtigungsgrundlage für die PrüfvV Übergang 2020 bietet § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG, da die Vertragspartner der PrüfvV unter anderem Regelungen zur Abwicklung der Rückforderungen treffen sollen (§ 17c Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KHG). Der GKV-Spitzenverband und die DKG waren damit zur Regelung von Anforderungen an Aufrechnungen berechtigt. Sie sollen in der PrüfvV klären, wie Rückforderungen abgewickelt werden und ob und inwieweit eine Aufrechnung mit offenen Forderungen zulässig ist (BT-Drs. 17/13947, S. 38; BSG, Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 31/18 R - juris, Rn. 13). § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V eröffnet daneben wie aufgezeigt die kollektivvertragliche Vereinbarung weiterer Ausnahmen.
Der Anwendbarkeit der PrüfvV Übergang 2020 steht dabei nicht entgegen, wenn die Vertragspartner diese Übergangsvereinbarung bereits am 10.12.2019 schlossen, wenngleich § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V erst mit Wirkung zum 01.01.2020 eingeführt worden ist. Denn auch das partielle Fehlen einer wirksamen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf schuldrechtlicher Ebene am 10.12.2019 schließt die spätere Wirksamkeit des intendierten Normvertrags ohne erneuten, bestätigenden Vertragsschluss nicht aus (BSG, Urteil vom 10.11.2021 - B 1 KR 36/20 R - juris, Rn. 16).
Ferner stehen der Anwendbarkeit der PrüfvV Übergang 2020 auch nicht die weiteren Bedenken des SG entgegen.
Dem SG ist zuzustimmen, dass aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht, dass das Aufrechnungsverbot durch die PrüfvV nicht vollständig abgeschafft werden darf, sondern von ihm nur in einzelnen Fallgestaltungen sachgerechte Ausnahmen zugelassen werden dürfen (BT-Drs. 19/13397, S. 54.).
Ungeachtet dessen können nach dem reinen Wortlaut von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V weitere Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot vereinbart werden. Angesichts dieser allgemein gehaltenen Formulierung ("abweichende Regelungen") ermöglicht Abs. 6 Satz. 3 nicht nur - wie vom Gesetzgeber in den Blick genommen - (weitere) Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot, sondern auch dessen Verschärfung (BeckOK SozR/Penner, 71. Ed. 01.03.2023, SGB V § 109 Rn. 50h). § 109 Abs. 6 SGB V beinhaltet nämlich keine Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Vereinbarungen, so dass die in der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV geregelte begrenzte Weitergeltung der Aufrechnung nicht gegen den Wortlaut verstößt.
Gleichwohl wird man jedenfalls davon ausgehen müssen, dass sich die Parteien der PrüfvV zumindest an den durch § 109 Abs. 6 Sätze 1 und 2 SGB V grob abgesteckten Rahmen zu halten haben und das Aufrechnungsverbot nicht vollständig zu ihrer Disposition steht. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich jedoch nicht eindeutig ableiten, welchen Umfang abweichende Regelungen iSd § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V haben sollen. Denn die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen Beispiele für Ausnahmeregelungen in der PrüfvV wurden in § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V zu gesetzlichen Ausnahmen. Welche Regelungen in der PrüfvV dann noch getroffen werden sollten, blieb offen (BT-Drs. 19/13397, S. 54; BT-Drs. 19/14871, S. 98; Bockholdt in: Hauck/Noftz, SGB V, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 109 SGB V, Rn. 221g).
Die weiter geltende Aufrechnungsmöglichkeit nach § 10 PrüfvV 2016 (iVm der PrüfvV Übergang 2020) ist jedoch sachlich begrenzt und stellt demnach eine Ausnahme iSv § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V dar. Nach dieser Regelung ist gerade nicht jegliche Aufrechnung von Krankenkassen mit Ersatzansprüchen gegen Vergütungsansprüche von Krankenhäusern zugelassen. Vielmehr kann die Krankenkasse nach § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV 2016 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Die erste Variante entspricht § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V (Aufrechnung mit unbestrittenem Erstattungsanspruch). Die zweite Variante (§ 8 PrüfvV = Entscheidung der Krankenkasse nach MD-Gutachten) stellt einen Erstattungsanspruch, der sich als Ergebnis der Durchführung einer Prüfung der Krankenhausbehandlung durch den MD ergibt, dem unbestrittenen Erstattungsanspruch gleich. Das lässt sich als Erweiterung der in § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V vorgesehenen Ausnahmen "Aufrechnung mit unbestrittenem Erstattungsanspruch" und "Aufrechnung mit rechtskräftig festgestelltem Erstattungsanspruch" durch die Fallgruppe "Aufrechnung mit durch den MD festgestelltem Erstattungsanspruch" verstehen.
Zudem ist die weiter geltende Aufrechnungsmöglichkeit nach § 10 PrüfvV 2016 (iVm der PrüfvV Übergang 2020) zeitlich begrenzt und kann auch aus diesem Grund als Ausnahme iSv § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V verstanden werden. Die zeitlich begrenzte, also absehbar vorübergehende Aussetzung des Aufrechnungsverbots bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz ist von der Öffnungsklausel des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt. Die Vereinbarung vom 10.12.2019 war von Anfang an als Übergangsvereinbarung von den Vertragspartnern GKV-Spitzenverband und DKG geplant. Aufgrund des MDK-Reformgesetzes hatten die Vertragspartner die Verhandlungen zur Änderung der PrüfvV kurzfristig aufgenommen. Um frühzeitig Verfahrenssicherheit für die Beteiligten ab 01.01.2020 zu schaffen, regelten die Vertragspartner kurzfristig notwendige Übergangsvorschriften zum Prüfverfahren. Dabei bestand Einvernehmen zwischen den Vereinbarungspartnern, insbesondere die bisher bestehenden Möglichkeiten der Korrektur von Datensätzen und ggf. Rechnungen sowie die Aufrechnungsregeln zunächst unverändert für einen Übergangszeitraum aufrecht zu erhalten (vgl. Präambel der PrüfvV Übergang 2020). Die übergangsweise Fortgeltung von § 10 PrüfvV 2016 bis zur umfassenden Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz kann als zeitlich begrenzte Ausnahme vom Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V begriffen werden, d.h. gerade nicht als umfassende Umkehrung des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Denn es stand von vornherein fest, dass es um eine zeitlich begrenzte Fortgeltung bis zur Überarbeitung der PrüfvV geht. Insoweit ist auch der zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen: Das MDK-Reformgesetz wurde im November 2019 beschlossen und am 14.12.2019 verkündet. Mithin war in den verbleibenden Wochen bis zum Inkrafttreten des MDK-Reformgesetzes am 01.01.2020 keine umfassende Anpassung der PrüfvV an die geänderten gesetzlichen Vorgaben möglich. Dies wurde offensichtlich vom Gesetzgeber in Kauf genommen. Die Vertragsparteien der PrüfvV haben sich deshalb auf "kurzfristig notwendige Übergangsvorschriften zum Prüfverfahren" geeinigt (Präambel der PrüfvV Übergang 2020). Die PrüfvV Übergang 2020 gilt zudem gem. Art. 2 bis zum Inkrafttreten einer überarbeiteten PrüfvV (hier: PrüfvV 2021). Die Vereinbarungspartner verpflichteten sich, unverzüglich nach Inkrafttreten des MDK-Reformgesetzes Verhandlungen zur Überarbeitung der PrüfvV vom 03.02.2016 aufzunehmen und insbesondere bis zum 30.06.2020 Näheres zu § 17c Abs. 2 Satz 2 KHG zu vereinbaren. Dass diese Übergangsvorschriften im Ergebnis zwei Jahre Bestand haben sollten, war im Dezember 2019 nicht absehbar und dürfte insbesondere auf die Coronapandemie sowie die Notwendigkeit der Festsetzung der PrüfvV (2021) durch Beschluss der Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG zurückzuführen sein. Mithin ist die PrüfvV wegen des Übergangscharakters der Regelung von der Öffnungsklausel des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V noch gedeckt (Bockholdt in: Hauck/Noftz SGB V, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 109 SGB V, Rn. 221g; Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. (Stand: 13.07.2023), § 109 SGB V, Rn. 261).
Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass die Neuregelung des Aufrechnungsverbotes nicht isoliert betrachtet werden kann. Der Gesetzgeber hat mit dem MDK-Reformgesetz umfangreiche Änderungen vorgenommen. So ist beispielsweise - neben dem Verbot der Aufrechnung durch die Krankenkasse - nunmehr nach Übermittlung der Abrechnung an die Krankenkasse eine Korrektur dieser Abrechnung durch das Krankenhaus ausgeschlossen, es sei denn, dass die Korrektur zur Umsetzung eines Prüfergebnisses des Medizinischen Dienstes oder eines rechtskräftigen Urteils erforderlich ist (§ 17c Abs. 2a Satz 1 KHG). Auch ist die vorherige Durchführung einer einzelfallbezogenen Erörterung zur Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage geworden (§ 17c Abs. 2b Satz 1 KHG; vgl. BT-Drs. 19/13397, S. 87). Über das Verfahren für die einzelfallbezogene Erörterung nach § 17 Abs. 2b Satz 1 KHG haben die Vertragspartner Regeln zu treffen (§ 17c Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 KHG), insbesondere wie innerhalb welcher angemessenen Frist Tatsachen und Einwendungen schriftlich oder elektronisch geltend gemacht werden müssen, die im Rahmen der Erörterung zu berücksichtigen sind, unter welchen Voraussetzungen eine nicht fristgemäße Geltendmachung von Einwendungen oder Tatsachenvortrag zugelassen werden kann, wenn sie auf nicht zu vertretenden Gründen beruht, und in welcher Form das Ergebnis der Erörterung einschließlich der geltend gemachten Einwendungen und des geltend gemachten Tatsachenvortrags zu dokumentieren sind (vgl. § 17c Abs. 2 Satz 5 KHG). Die Regelung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 KHG war bis zum 30.06.2020 zu treffen (§ 17c Abs. 2 Satz 5 KHG). Sollte eine Vereinbarung nach Satz 1 oder Satz 5 ganz oder teilweise nicht oder nicht fristgerecht zu Stande kommen, sollte auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG die ausstehenden Entscheidungen treffen (§ 17c Abs. 2 Satz 6 KHG). Die Zulässigkeitsvoraussetzung einzelfallbezogene Erörterung gilt nach § 17c Abs. 2b Satz 1 KHG jedoch nur für die gerichtliche Überprüfung einer Krankenhausabrechnung über die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die nach Inkrafttreten der Vereinbarung nach § 17 Abs. 2 Satz 5 KHG oder der Festsetzung nach § 17 Abs. 2 Satz 6 KHG iVm § 17 Abs. 2 Satz 5 KHG aufgenommen werden. Der Gesetzgeber hat den Vertragspartner mithin ein halbes Jahr Zeit eingeräumt, um die Details der Ausgestaltung des Erörterungsverfahrens zu regeln.
Nach der Systematik der gesetzlichen Regelungen gibt bzw. gab es folglich einen Zeitraum ohne einzelfallbezogene Erörterung mit der Möglichkeit der Aufrechnung durch die Krankenkasse und der Rechnungskorrektur durch die Krankenhäuser. Mit Einführung der einzelfallbezogenen Erörterung (mit Erlass einer neuen PrüfvV, vgl. § 17c Abs. 2 KHG) entfallen grundsätzlich die Möglichkeiten der Aufrechnung (vgl. § 109 Abs. 6 SGB V) und der Rechnungskorrektur (§ 17 Abs. 2a Satz 1 KHG). Einen Zustand mit Aufrechnungs- und Korrekturverbot ohne einzelfallbezogener Erörterung wollte der Gesetzgeber erkennbar nicht. Durch die PrüfvV Übergang 2020 haben die Vertragspartner verhindert, dass genau dieser Zustand - wenn auch nur vorübergehend - besteht.
Diesen Überlegungen steht auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 109 Abs. 6 SGB V nicht entgegen. Der Zweck des Aufrechnungsverbots ist, den durch die Aufrechnung drohenden Liquiditätsengpässen bei den Krankenhäusern entgegenzuwirken und das Prozessführungsrisiko auf die Krankenkassen zurückzuverlagern (BT-Drs. 19/13397, S. 54). Trotz potentieller Liquiditätsengpässe bei der Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit haben es die Vertragsparteien für sachgerecht erachtet, die Möglichkeiten der Aufrechnung (sowie die Korrektur von Datensätzen nach § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016) zunächst beizubehalten. Die DKG hat es beim Abschluss der Übergangsvereinbarung offenbar für angemessen gehalten, den Krankenkassen die Aufrechnungsmöglichkeit gem. § 10 PrüfvV 2016 als Ausnahme von § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V im Gegenzug dafür vorübergehend zu belassen, dass den Krankenhäusern solange weiterhin die Datenkorrektur möglich ist. Vor diesem Hintergrund können - wenn schon die unmittelbar betroffenen Vertragsparteien in Kenntnis der gesetzgeberischen Intention gleichwohl die seit 01.09.2014 wortgleiche Regelung (vgl. § 9 PrüfvV 2014 bzw. § 10 PrüfvV 2016) beibehalten wollen - bei vorübergehenden Fortgeltung der Aufrechnungsregelungen keine existentiellen Liquiditätsprobleme angenommen werden.
Ob daneben auch Art. 1 Satz 5 PrüfvV Übergang 2020 - nach welchem außerhalb eines Prüfverfahrens vorgenommene, nach Maßgabe der geltenden Rechtsprechung des BSG zulässige Aufrechnungen von Erstattungsansprüchen der gesetzlichen Krankenkasse gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser weiterhin möglich sind - von der Ermächtigungsgrundlage des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn der hier streitige Anspruch findet seine Rechtsgrundlage wie dargelegt allein in Art. 1 Sätze 3 und 4 PrüfvV Übergang 2020 iVm § 10 PrüfvV 2016.
b.
Der Anwendbarkeit der PrüfvV Übergang 2020 steht ferner nicht entgegen, wenn die Beklagte mit einer (unstreitigen) Forderung aufgerechnet hat, die nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens des MD gewesen ist.
Zwar stellt § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG eine Ermächtigungsgrundlage zur näheren Ausgestaltung des MD-Prüfverfahrens dar. Denn nach § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG regeln der GKV-Spitzenverband und die DKG das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275c Abs. 1 SGB V. Gem. § 275c Abs. 1 Satz 1 SGB V ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung der Rechnung des Krankenhauses spätestens vier Monate nach deren Eingang bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MD dem Krankenhaus anzuzeigen.
Gleichwohl sind die Abrechnungsvorschriften nach § 10 PrüfvV 2016 iVm Art. 1 Sätze 2 und 3 PrüfvV Übergang 2020 anzuwenden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der verschiedenen PrüfvV. Sowohl nach der Regelung in § 9 Satz 1 PrüfvV 2014 als auch in § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 kann die Krankenkasse mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Ausreichend ist mithin allein, wenn die Gegenforderung (= Erstattungsanspruch der Krankenkasse) Gegenstand eines MD-Prüfverfahrens gewesen ist. Für die Hauptforderung (= Vergütungsanspruch des Krankenhauses, der durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht wird) ist dies hingegen nicht zu fordern. Zudem wäre die Aufrechnung mit - in einem MD-Verfahren geprüften Abrechnungen - wenig sinnvoll, wenn nämlich deren Bestehen und/oder Höhe noch nicht feststeht.
Diese Regelungen in den PrüfvV verstoßen auch nicht gegen § 17c Abs. 2 KHG. Denn durch die Verknüpfung der Gegenforderung an die im MD-Prüfverfahren festgestellte Erstattungsforderung liegt ein hinreichender Bezug zum Prüfverfahren vor. Zwar regeln § 9 Satz 1 PrüfvV 2014 als auch § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 durch die Einbeziehung von sämtlichen unstreitigen Leistungsansprüchen auch Bereiche außerhalb des Prüfverfahrens. Allerdings hat dies der Gesetzgeber in Kauf genommen. Denn auch § 17c Abs. 2 KHG regelt in den Nr. 1 und 3 Bereiche, die nicht zum eigentlichen Prüfverfahren gehören. So haben die Vertragsparteien insbesondere (auch) Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen (Nr. 1) sowie das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des MD (Nr. 3) zu treffen.
Letztlich hat es auch das BSG in seiner jahrelangen Rechtsprechung zur PrüfvV 2014 und PrüfvV 2016 nicht für notwendig erachtet, die von der Klägerin aufgeworfene Thematik zu erörtern. Es ist vielmehr seit Bestehen der PrüfvV der Normalfall, mit unstreitigen Fällen aufzurechnen.
2.
Im Ergebnis des nach § 159 SGG vom Senat auszuübenden Ermessens hat vorliegend die Zurückverweisung an das SG zu erfolgen. Der Senat hat das Interesse der Beteiligten an einer möglichst zeitnahen Erledigung des Rechtsstreits gegenüber den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz abgewogen (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 10.05.2015 - L 6 SB 289/14 - juris, Rn. 67; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2020 - L 8 R 736/20 - juris Rn. 47) und sich zu einer Zurückverweisung entschieden. Es sind weitere tatsächliche Ermittlungen erforderlich. Der Verlust einer Tatsacheninstanz, die hier wegen der vom Sozialgericht vollständig unterlassenen Aufklärung des Sachverhaltes praktisch eingetreten ist, fällt daher besonders ins Gewicht.
Die Zurückverweisung stellt die dem gesetzlichen Modell entsprechenden zwei Tatsacheninstanzen wieder her. Auch der Grundsatz der Prozessökonomie führt nicht dazu, den Rechtsstreit bereits jetzt abschließend in der Berufungsinstanz zu behandeln. Es erscheint deshalb prozessökonomischer, dem SG zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts in rechtskonformer Weise zu geben (vgl. LSG Baden-Württemberg, aaO).
3.
Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 159 Rn. 5f).
4.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).