L 6 VS 3576/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VS 1167/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 3576/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind Fahrtkostenerstattungen im Zusammenhang mit einer beim Kläger anerkannten Wehrdienstbeschädigung nach dem Gesetz über die Versorgung für die früheren Soldaten der Bundeswehr und ihrer Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz [SVG]) umstritten.

Bei dem im Jahr 1976 geborenen Kläger, der von Juli 1997 bis Februar 1998 als Wehrpflichtiger seinen Dienst bei der Bundeswehr leistete, erkannte die Beklagte zu 1. durch Bescheid vom 24. April 1998 und das Versorgungsamt U1 (VA) durch Bescheid vom 17. Juni 1998 „Reizzustände des Nervenwurzelgeflechts des rechten Armes“ als Folgen der Wehrdienstbeschädigung an. Die Gewährung einer Beschädigtengrundrente wurde abgelehnt, weil eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Umfang von wenigstens 25 vom Hundert (v. H.) nicht erreicht sei. In Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 20. April 2000 im Verfahren S 5 VS 2267/98 stellten die Beklagte zu 1. und das VA durch Bescheide vom 15. August 2000 und 12. März 2001 als Schädigungsfolgen ein „Impingementsyndrom der rechten Schulter bei chronischer Bursitis subdeltoidea rechts“ fest. Eine MdE in rentenberechtigendem Umfang von wenigstens 25 v. H. werde nicht erreicht. Die Beklagte zu 1. bewertete die Schädigungsfolgen mit einer MdE von 10 v. H..

Am 14. Dezember 2016 beantragte der Kläger die Erstattung von Taxifahrten zur „P1“ E1 am 3. Dezember 2016 (vgl. Blatt 2 der Verwaltungsakten der Beklagten zu 2.) und legte Quittungen vom 8. Dezember 2016 über 7,30 € und 6,10 € vor.

Am 22. Dezember 2016 beantragte der Kläger die Erstattung folgender Fahrtkosten:

 

Datum

Ort

Zahl der Termine

einfache Kilometer

 

Therma D1

10

17

 

Therme D1

8

17

 

Therma D1

4

17

24.11.2016

P1

1

2

18.11.2016

P1

1

2

15.06.2016

S1

1

6

06.07.2016

S1

1

6

07.07.2016

S1

1

6

05.09.2016

S1

1

6

23.11.2016

S1

1

6

07.12.2016

S1

1

6

12.12.2016

S1

1

6

01.12.2016

P1

1

2

05.12.2016

P1

1

2


Weiter wurde vorgelegt ein „Botenbon“ der S2apotheke E1 über 5,47 € und eine Quittung des S1 über eine 2,50 € für eine „Bescheinigung“.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2017 gewährte die Beklagte zu 2. Fahrtkostenerstattung wie folgt:

Fahrtkosten Therme D1 (6. Juli 2016 bis 23. November 2016), 22 Fahrten (16,8 km x 0,20 € x 44), insgesamt 147,84 €
Fahrtkosten zu S1 am 12. Dezember 2016 (5,5 km x 0,20 € x 2), insgesamt 2,20  €
Fahrtkosten zu „P1“ E1 (24. November 2016 bis 22. Dezember 2016), 7 Fahrten (1,1 km x 0,20 € x 14), insgesamt 3,08 €

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2017 wies die Beklagte zu 2. darauf hin, dass gegen den Bescheid vom 12. Januar 2017 Widerspruch erhoben werden könne.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2017 erstattete die Beklagte zu 2. Fahrtkosten wie folgt:

Nacherstattung Fahrtkosten Therme D1 (12. Juli 2016 bis 23. November 2016), insgesamt 1,76 €
„P1“ 24. November 2016 bis 22. Februar 2017, insgesamt 2,52 €
S1 15. Juni 2016, 6. Juli 2016 und 12. Dezember 2016, insgesamt 7,20 €.

Mit Schreiben vom 7. März 2017 führte die Beklagte zu 2. aus, dass hinsichtlich des Fahrtkostenantrages vom 14. Dezember 2016 die Fahrten mit dem Taxi am 3. Dezember 2016 und 8. Dezember 2016 zur P1 E1 nicht erstattet werden könnten. Es lägen für beide Fahrten keine Verordnungen für eine Beförderung mit dem Taxi vor. Der 8. Dezember 2016 sei bereits aufgrund des Fahrtkostenantrages vom 22. Dezember 2016 erstattet worden. Für den 3. Dezember 2016 erfolge keine Erstattung, da zusätzlich kein Nachweis über den Termin vorliege. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Leistungserbringer habe der Termin nicht bestätigt werden können.

Für die Fahrten zur Therme D1 seien zunächst 16,8 km x 0,20 € x 44 Fahrten, insgesamt 147,84 € erstattet worden. Weiter sei eine Nacherstattung von 0,2 km x 0,20 € x 44 Fahrten, insgesamt 1,76 € erfolgt.

Für die Fahrten zur P1 E1 sei eine Erstattung der Fahrten am 24. November 2016, 28. November 2016, 1. Dezember 2016, 5. Dezember 2016, 8. Dezember 2016, 15. Dezember 2016 und 22. Dezember 2016 erfolgt, dementsprechend zunächst 1,1 km x 0,20 € x 14 Fahrten, insgesamt 3,08 €. Die Nacherstattung habe sich auf 0,9 km x 0,20 € x 14 Fahrten, insgesamt also 2,52 € belaufen. Der Termin in der P1 E1 am 18. November 2016 habe nach Rücksprache mit dem Leistungserbringer nicht bestätigt werden können. Für diesen Termin liege kein Nachweis vor.

Für die Termine bei S1 am 15. Juni 2017 und 6. Juli 2017 wurden 6,0 km x 0,20 € x 4 Fahrten, insgesamt 4,80 € erstattet. Die Fahrten am 7. Juli 2016, 5. September 2016 und 23. November 2016 zu S1 würden nacherstattet. Für den 12. Januar 2017 seien 5,5 km x 0,20 € x 2 Fahrten, insgesamt 2,20 € erstattet worden. Es bestehe eine Überzahlung von 6,0 km x 0,20 € x 2 Fahrten, insgesamt 2,40 €.

Hinsichtlich der Auslagenabrechnung vom 22. Dezember 2016 könne eine Erstattung der Botengebühr von 5,47 € für die Arzneimittellieferung und die Gebühren für die privat ausgestellten Bescheinigungen von S1 nicht erfolgen. Es handele sich bei beiden Beträgen um keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Bezüglich der Fahrtkostenabrechnung vom 28. Dezember 2016 sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger am 28. Dezember 2016 bei O1 zur ambulanten Behandlung einer Mittelfußfraktur gewesen sei. Fahrten zu ambulanten Behandlungen könnten nur unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Keine dieser Voraussetzungen sei beim Kläger erfüllt. Eine Erstattung der Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem Versorgungsleiden können nicht gewährt werden. Dieser Antrag werde zur Zeit noch geprüft. Sollte zu Gunsten des Klägers entschieden werden, könnte eine Nacherstattung der Kosten erfolgen. Für den Termin am 11. Januar 2017 werde noch die Quittung im Original benötigt, sobald diese vorliege, könne eine Erstattung erfolgen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2017 wies die Beklagte zu 2.) die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12. Januar 2017 und 17. Januar 2017 zurück. Insgesamt seien 22 Hin- und Rückfahrten nach D1 (17 km x 0,20 € x 44 = 149,60 €) erstattet worden (am 12. Januar 2017 147,84 € und am 22. Februar 2017 1,76 €). Für 14 Hin- und Rückfahrten zur Krankengymnastik (2 km x 0,20 € x 14) seien insgesamt 5,60 € erstattet worden, davon am 12. Januar 2017 3,08 € und am 22. Februar 2017 2,52 €. Für Fahrten zur Praxis S1 seien 6 Hin- und Rückfahrten (6 km x 0,20 € x 6) zu erstatten. Tatsächlich gezahlt worden seien 2,20 € am 12. Januar 2017 und 7,20 € am 22. Februar 2017, sodass 2,20 € zu viel erstattet worden seien.

Die Fahrten am 3. und 8. Dezember 2016 mit dem Taxi zur Physiotherapieeinrichtung hätten mangels Verordnung nicht erstattet werden können. Die Anwesenheit am 3. Dezember 2016 habe die Einrichtung nicht bestätigen können. Für die Anwesenheit am 18. November 2016 liege kein Nachweis vor, der Termin sei vom Leistungserbringer nicht bestätigt worden. Die beantragte Botengebühr für Arzneimittel und private ärztliche Bescheinigung sei nicht zu erstatten gewesen, da es sich nicht um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Auch Fahrten zum Arzt zur Abholung eines Rezeptes seien nicht erstattungsfähig.

Die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet ist, würden entsprechend für die Leistungen nach dem BVG gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimme. Beschädigte hätten bei Behandlung des Schädigungsleidens Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung ohne Zuzahlung, bei Behandlung anderer Leiden richte sich der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung ausschließlich nach den Vorschriften des Krankenversicherungsrechtes.

Am 21. Juni 2017 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 2 KR 1900/17 geführt worden ist. Fahrtkosten für Samstag, den 3. Dezember 2016 seien von ihm zu keinem Zeitpunkt beantragt worden. Beantragt worden seien die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt zur Physiotherapie am Donnerstag, den 8. Dezember 2016. Dafür seien zwei Taxi-Quittungen eingereicht worden. Eine davon sei auf dem Amaturenbrett geschrieben worden, sodass der Taxifahrer als Zeuge zu laden sei, dass die Fahrt am 8. Dezember 2016 und nicht am 3. Dezember 2016 stattgefunden habe.
 
Durch Präsidiumsbeschluss vom 20. April 2021 ist das Verfahren dem Sachgebiet „VS“ zugeordnet und unter dem Aktenzeichen S 1 VS 1167/21 fortgeführt worden. Weiter hat das SG die Bundesrepublik Deutschland als weitere Beklagte ins Rubrum aufgenommen.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. November 2022, zu der Vertreter beider Beklagten, nicht aber der Kläger erschienen war, hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei ist es von folgendem Klageantrag ausgegangen:

Die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2017 und 22. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2017 abzuändern und die vollständigen Fahrtkosten zu erstatten.
Die Beklagte zu verurteilen eine detaillierte Gesamtübersicht der letzten 2 Jahre seit Klageeinreichung zu erstellen, aus welcher ersichtlich wird, wie jede einzelne Fahrtstrecke abgerechnet ist und hierbei zu vermerken, wann und in welcher Höhe diese erstattet wurde.
Die noch nicht erstatteten Beträge aus Ziffer 2.) zu erstatten.

Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger mit der vorliegenden Leistungsklage keinen konkreten Betrag, sondern lediglich die volle Erstattung der Fahrtkosten geltend gemacht habe. Dabei komme der Erlass eines Grundurteils nicht in Betracht, da nicht einzelne Elemente der Berechnung streitig seien. Im Übrigen sei die Klage aber auch unbegründet. Soweit der Kläger davon auszugehen scheine, dass die Fahrtkosten mit 0,30 € je Kilometer und nicht nur mit 0,20 € zu vergüten seien, habe er hierauf keinen Anspruch. Hinsichtlich des Fahrtkostenantrags vom 14. Dezember 2016 sei festzustellen, dass keine Verordnung für eine Taxifahrt vorliege, weshalb diese nicht zu erstatten sei. Die reguläre Fahrtkostenerstattung für den 8. Dezember 2016 habe der Kläger bereits erhalten. Der Termin am 3. Dezember 2016 habe nicht durch den Leistungsträger bestätigt werden können. Auch der Termin zur physiotherapeutischen Behandlung am 18. November 2016 habe nicht bestätigt werden können. Zutreffend habe die Beklagte im Übrigen darauf hingewiesen, dass eine Übernahme der Botenkosten und der privat ausgestellten Bescheinigung nicht möglich sei. Hinsichtlich der Fahrtkostenabrechnung vom 28. Dezember 2016 sei ein Zusammenhang mit einer anerkannten WDB-Folge nicht ersichtlich oder vorgetragen. Hinsichtlich des 11. Januar 2017 fehle weiterhin die Quittung im Original. Soweit der Kläger im Übrigen mit seiner Stufenklage einen Auskunftsanspruch verfolge, sei ein entsprechender Anspruch bereits nicht ersichtlich. Der Antrag Ziffer 3.) sei ebenfalls nicht beziffert und daher ebenfalls unzulässig.

Am 11. Dezember 2022 hat der Kläger beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) beantragt, alle durch das SG am 28. November 2022 erlassenen Urteile für ungültig zu erklären und die Verfahren einem anderen SG zuzuweisen, da sein Vertrauen in das SG Ulm massiv erschüttert sei. Es hätten mündliche Verhandlungen stattgefunden, obwohl der Leistungsträger nicht informiert worden sei. Der Abrechnungsträger sei nicht berechtigt, Widerspruchsbescheide zu erlassen. Seine Stufenklage sei ignoriert worden, der von ihm als Zeuge benannte Taxifahrer sei nicht geladen worden. Für den Fall, dass die genannten Urteile nicht für ungültig erklärt würden, beantrage er, die Berufung zuzulassen.

Der Kläger beantragt, sinngemäß,


das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine detaillierte Gesamtübersicht der letzten zwei Jahre zu erstellen, aus welcher ersichtlich ist, wie jede einzelne Fahrtstrecke abgerechnet ist und hierbei zu vermerken, wann und in welcher Höhe diese erstattet wurde (ursprünglicher Klageantrag Ziffer 2.) sowie die Beklagte zu verurteilen, die noch nicht erstatteten Beträge aus Ziffer 2.) zu erstatten (ursprünglicher Klageantrag Ziffer 3.),
hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2022 aufzuheben und die Sache an das Sozialgerichts Ulm zurückzuweisen.


Die Beklagten beantragten,

            die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verweisen auf die angefochtene Entscheidung.

Über den Antrag auf Zulassung der Berufung hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages Ziffer 1.) hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tage gesondert entschieden (vgl. Protokoll).

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, da mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 28. November 2022, soweit dieses die Klage hinsichtlich der Klageanträge Ziffer 2 und 3 abgewiesen hat.

Soweit das SG über die Erstattung weiterer Fahrtkosten (ursprünglicher Klageantrag Ziffer 1.) ablehnend entschieden hat, ist die Berufungssumme hinsichtlich dieses Streitgegenstandes nicht erreicht gewesen (vgl. zur gesonderten Beurteilung der Statthaftigkeit der Berufung bei mehreren Streitgegenständen: BSG, BSG, Beschluss vom 18. April 2016 – B 14 AS 150/15 BH –, juris, Rz. 5), die Berufung deshalb nicht statthaft. Über die stattdessen statthafte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage ebenfalls entschieden (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung).

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unzulässigkeit der Klage im streitgegenständlichen Umfang. Der Klage fehlt es bereits an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, welches als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist. Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürgern und der Verwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig ist. Soweit eine Möglichkeit besteht, das Recht außerprozessual durchzusetzen, besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts zur Verfügung zu stellen. Deswegen besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, Vor § 51 Rz. 16). Der Kläger wäre daher gehalten gewesen, sich mit seinem Begehren zunächst außergerichtlich an die Beklagten zu wenden (vgl. zur Verpflichtungsklage Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 54 Rz. 21), wobei die von ihm aufgeworfenen Fragen jedenfalls durch eine Akteneinsicht gemäß § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu klären gewesen sind. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch ergibt sich vorliegend nicht (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 4. April 2012 – B 12 SF 1/10 R –, juris, Rz. 11). Abgesehen davon, dass das Vorbringen des Klägers erkennen lässt, dass er dem Bescheid der Beklagten zu 2.) hat entnehmen können, wie sich der Erstattungsbetrag zusammengesetzt und welche Positionen nicht erstattet worden sind, hat die Beklagte zu 2.) zu Recht darauf hingewiesen, dass eine etwaig unzureichende Begründung nachgeholt werden kann (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]), was jedenfalls im Widerspruchsbescheid geschehen ist.

Aus Vorstehendem folgt gleichzeitig, dass die vom Kläger geltend gemachte Stufenklage unzulässig ist. Die Besonderheit der auch im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 202 SGG i. V. m. § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) möglichen Stufenklage als einer Sonderform der objektiven Klagehäufung liegt in der Zulassung eines unbestimmten (Haupt-) Antrags, neben dem die Auskunftsklage lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R –, juris, Rz. 11). Indessen setzt die Zulässigkeit einer Stufenklage voraus, dass der Kläger nicht über die im Wege der Auskunft erstrebten Unterlagen verfügt und sich diese notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann. Treu und Glauben erfordern es nicht, dem Auskunftssuchenden Mühe auf Kosten des Auskunftsverpflichteten zu ersparen (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 27. September 2023 – IV ZR 177/22 –, juris, Rz. 38 f.).

Bei den zur Erstattung beanspruchten Fahrten handelt es sich um Umstände aus der Sphäre des Klägers, über deren Durchführung er selbst informiert ist, ebenso darüber, welche Fahrtkosten er bei den Beklagten zur Erstattung beantragt hat. Dass insofern Unklarheiten bestehen ist weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Welche Fahrtkosten in welcher Höhe erstattet worden sind, ergibt sich aus den ergangenen Bescheiden ebenso, wie mit welchem Betrag pro Kilometer die Erstattung erfolgt ist und welche Erstattungen abgelehnt worden sind. Die Zahlbeträge kann der Kläger darüber hinaus seinen Kontoauszügen entnehmen. Jedenfalls der Bescheid vom 12. Januar 2017 weist aus, dass die Überweisungen, wie vom Kläger beantragt, auf das Konto DE xx xx xx xx 00 erfolgt sind. Abgesehen davon, dass weder erkennbar noch vorgetragen ist, warum der Kläger über die entsprechenden Informationen nicht verfügen sollte – die zahlreichen um die Erstattung von Fahrtkosten geführten Verfahren sprechen dagegen – könnte er sich die entsprechenden Informationen durch einen Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 25 SGB X – über den die Beklagten zu entscheiden hätten – verschaffen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, wie weit der Auskunftsanspruch aus § 15 Abs. 1 SGB I im Hinblick auf das Begehren des Klägers überhaupt reichen würde.

Ohnehin ist die Stufenklage aber schon deshalb unzulässig, weil die begehrte Auskunft, selbst wenn sie beansprucht werden könnte, der Leistungsklage nicht zum Erfolg verhälfe. Über die Ansprüche auf Fahrtkostenerstattung haben die Beklagten durch Verwaltungsakt zu entscheiden (unechte Leistungsklage), sodass eine ohne entsprechendes Verwaltungsverfahren erhobene echte Leistungsklage unzulässig ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen unechter und echter Leistungsklage: Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 54 Rz. 39 ff.).

Unabhängig davon stehen die ergangenen Verwaltungsakte bezüglich der Fahrtkostenerstattung einer echten Leistungsklage entgegen. Soweit diese noch nicht bestandskräftig und in gerichtlichen Verfahren angegriffen sind, besteht insoweit eine doppelte Rechtshängigkeit der Ansprüche, was die Klage ebenfalls unzulässig macht (vgl. § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 17 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]). Soweit die Bescheide bestandskräftig geworden sind oder rechtskräftig über sie entschieden worden ist, stehen einer erneuten Klage die Rechts- bzw. Bestandskraft entgegen (vgl. auch § 141 Abs. 1 SGG), ebenfalls mit der Folge der Unzulässigkeit der Klage. Letztlich ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers schon nicht, dass bewilligte Leistungen an ihn nicht ausgezahlt worden sind, sodass eine unmittelbare Leistungsklage ebenfalls nicht in Betracht kommt, abgesehen davon, dass er die Zahlungen auf seinen Kontoauszügen nachvollziehen kann und deshalb eine Stufenklage ebenfalls unzulässig ist.

Die Voraussetzungen einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das SG liegen nicht vor.

Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2).

Beides ist nicht der Fall. Das SG hat über den Anspruch aus dem Klageantrag Ziffer 2.) in der Sache entschieden, indem es darauf hingewiesen hat, hierfür keine Anspruchsgrundlage als erfüllt zu sehen und bezogen hierauf den Anspruch aus dem Klageantrag Ziffer 3.) verneint hat. Auf die – gegebene – Unzulässigkeit der Klage (vgl. oben) hat es sich nicht gestützt.

Ein wesentlicher Verfahrensmangel besteht ebenfalls nicht. So ist die ursprüngliche Kammer- und Sachgebietszuweisung durch den Präsidiumsbeschluss vom 20. April 2021 korrigiert worden, sodass das Verfahren durch den gesetzlichen Richter entschieden worden ist (vgl. zur Zuständigkeit des Präsidiums für die Geschäftsverteilung: § 21e GVG, dazu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2022 – L 4 KR 1047/20 –, juris, Rz. 51). Weiterhin ergibt sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung, aufgrund derer das Urteil ergangen ist, dass sowohl die Beklagte zu 1.) als auch die Beklagte zu 2.) im Termin vertreten gewesen sind. Das Vorbringen des Klägers, dass ihm eine Vollmacht der Beklagten zu 2.) für die Beklagte zu 1.) habe vorgelegt werden müssen, geht daher fehl. Vielmehr ergibt sich aus der SG-Akte und insbesondere dem Protokoll, dass die Vertreterin der Beklagten zu 1.) durch Terminsvollmacht legitimiert gewesen ist. Darauf, was sich in vorangegangen Terminen ereignet haben mag, kommt es nicht mehr an, da in diesen Terminen jedenfalls nicht abschließend über den Rechtsstreit entschieden worden ist.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Zurückverweisung – vorbehaltlich einer Änderung der Gerichtsorganisation während des Berufungsverfahrens – an das SG zu erfolgen hat, das in erster Instanz entschieden hat, selbst die Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des SG besteht nicht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 159 Rz. 5e). Dass der Kläger meint, kein Vertrauen mehr in das SG Ulm zu haben, ändert an den gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen nichts.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.


 

Rechtskraft
Aus
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