1. Nach § 1 Abs 1 Nr 1 i.V.m. der in § 1 Abs 5 BlindGeldG ND angeordneten entsprechenden Anwendung von § 109 SGB XII gilt als gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. § 1 Abs 1 Nr 1 BlindGeld ND u.a. nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung i.S.d. § 98 Abs 2 SGB XII, so dass blinde Menschen keinen Anspruch auf niedersächsisches Landesblindengeld haben, wenn sie vor dem Eintritt in ein Heim ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb von Niedersachsen hatten (Zuzug aus einem anderen Bundesland).
2. § 1 Abs 1 Nr 1 i.V.m der in § 1 Abs 5 BlindGeldG ND angeordneten entsprechenden Anwendung von § 109 SGB XII lässt sich nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingeschränkt auslegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt i.S.d. § 1 Abs 1 Nr 1 BlindGeldG ND nur für diejenigen sich in Niedersachsen in einer stationären Einrichtung aufhaltenden blinden Menschen Leistungsvoraussetzung ist, die Anspruch auf Blindengeld gegenüber einem anderen Bundesland haben.
3. Der durch § 1 Abs 1 und 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII landesgesetzlich bewirkte Ausschluss von Ansprüchen nach dem BlindGeldG ND für blinde Menschen in niedersächsischen stationären Einrichtungen, die vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen hatten, verstößt weder gegen Art 11 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 3 GG und insbesondere nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. März 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger nach seinem Umzug von Sachsen in ein Pflegeheim nach Hannover Anspruch auf niedersächsisches Landesblindengeld hat.
Der 1934 geborene schwerbehinderte (GdB 100, Merkzeichen: G, H, Bl, und RF) Kläger lebte bis zu seinem Umzug im November 2017 in einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung in H. im Landkreis Meißen des Bundeslandes Sachsen. Er wurde von seiner Lebensgefährtin häuslich gepflegt und bezog Pflegegeld nach Feststellung des Pflegegrades 3 sowie Landesblindengeld nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz in Höhe von zuletzt 187,50 € mtl. Da sich sein Gesundheitszustand ab September 2017 verschlechtert hatte und er nach einem Unfall der Lebensgefährtin nicht mehr von dieser gepflegt werden konnte, zog er am 9.11.2017 in das Pflegeheim „I.“ nach Hannover um, wo sein einziger Sohn lebt. Das Landratsamt Meißen hob daraufhin mit bestandskräftig gewordenem Neufeststellungsbescheid vom 16.11.2017 die Bewilligung von Landesblindengeld ab dem 1.12.2017 auf, weil nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz Anspruchsvoraussetzung u.a. ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Sachsen ist.
Der Sohn beantragte am 14.11.2017 für den Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Landesblindengeld nach dem Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde (BlindGeldG ND). Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht - wie gemäß § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND erforderlich - gegenwärtig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen oder im Zeitpunkt der Aufnahme in die stationäre Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen gehabt. Gemäß § 109 SGB XII könne in einer Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden (Bescheid vom 19.2.2018).
Daraufhin hat der Kläger am 19.3.2018 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben. Er habe seit dem 9.11.2017 in Hannover seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt i.S. von § 30 SGB I, sodass diese Voraussetzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND erfüllt sei. Die Leistungsverweigerung durch die Beklagte könne entgegen deren Auffassung nicht durch die von § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND bestimmte entsprechende Anwendung von § 109 SGB XII gerechtfertigt werden, weil es sich dabei um eine Vorschrift handele, die ausdrücklich nur für den gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. 12. und des 13. Kapitels, 2. Abschnitt des SGB XII für die Klärung des zuständigen Sozialhilfeträgers und für Kostenerstattungen gelte. Gegen die Anwendbarkeit der sozialhilferechtlichen Regelungen der § 109 und § 98 Abs. 2 SGB XII spreche auch, dass sein Umzug in das Pflegeheim in Hannover keinerlei sozialhilferechtlichen Bezug gehabt habe. Nach wie vor beziehe er keine Leistungen nach dem SGB XII und zu dem Heimträger bestehe allein eine privatrechtliche Beziehung, sodass es sich bei dem Pflegeheim für ihn nicht um eine Einrichtung handele. Die Leistungsverweigerung verletze ihn auch in Grundrechten, insbesondere aus Art. 3 Abs. 1 GG. Er werde gegenüber blinden Menschen, die nicht heimpflegebedürftig seien und deshalb selbständig in einer Wohnung leben können, ohne sachlichen Grund schlechter gestellt. Wenn § 109 und § 98 Abs. 2 SGB XII entgegen seiner Auffassung anwendbar seien, dann müsse aber konsequenterweise auch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII angewendet werden, sodass die Beklagte gemäß § 98 Abs. 1 SGB XII als für seinen tatsächlichen Aufenthaltsort zuständiger Träger vorläufig für die Leistungserbringung zuständig sei. Die Beklagte hat erwidert, der geltend gemachte Anspruch des Klägers scheitere daran, dass er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen habe. Nach § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII gelte der Aufenthalt - wie derjenige des Klägers - in einer stationären Einrichtung i.S.d. § 98 Abs. 2 SGB XII nicht als gewöhnlicher Aufenthalt. Auch vor seiner Aufnahme in das Heim habe er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen, sondern in Sachsen gehabt. Die Norm des § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere verstoße die Begrenzung des Landesblindengeldes auf Personen, die vor ihrem stationären Aufenthalt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten, wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das im Klageverfahren noch beigeladene Landratsamt Meißen (Beiladung aufgehoben durch Senatsbeschluss vom 31.5.2023) hat seinen Bescheid vom 16.11.2017 verteidigt. Durch den Wegzug des Klägers aus Sachen sei der Anspruch nach dem Sächsischen Landesblindengesetz entfallen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach dem BlindGeldG ND könne nur gegenüber der Beklagten bestehen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 16.3.2020 unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19.2.2018 verurteilt, dem Kläger Blindengeld für Dezember 2017 in Höhe von 210,00 € und ab Januar 2018 in Höhe von 187,50 € mtl. zu gewähren. Der Kläger habe gegen die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND einen Anspruch auf Landesblindengeld ab dem 1.12.2017. Er sei blind bzw. gelte als blind und habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB X i.V.m. § 9 Abs. 3 BlindGeldG ND seit dem 9.11.2017 auch in Niedersachsen, sodass § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND erfüllt sei. Aus der in § 109 SGB XII vorgesehenen entsprechenden Anwendung von § 98 Abs. 2 SGB XII ergebe sich nichts Abweichendes. Bei dem von dem Kläger ab dem 9.11.2017 bewohnten Pflegeheim in Hannover handele es sich zwar um eine Einrichtung i.S. von § 98 Abs. 2 SGB XII. § 109 SGB XII finde hier aber keine Anwendung. Die „entsprechende (= analoge) Anwendung“ einer Norm setze einen Sachverhalt voraus, der mit dem von der Norm erfassten Sachverhalt vergleichbar sei. Das sei nicht der Fall. Es gehe bei § 98 Abs. 2 SGB XII um die Entlastung des Trägers am Einrichtungsort mit der Folge, dass nicht dieser Träger, sondern der Träger des gewöhnlichen Aufenthaltsorts im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung zuständig sei und die Kosten tragen müsse. Die Vorschrift gehe mithin davon aus, dass einer von zwei möglichen Leistungsträgern leistungspflichtig sei. Der Leistungsanspruch an sich stehe nicht in Frage. Eine solche Konstellation bestehe hier nicht, weil der Kläger gegen den Beigeladenen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Gewährung von Landesblindengeld (mehr) habe. Auch die übrigen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Landesblindengeld gegen die Beklagte lägen vor. Die Höhe des Anspruchs ergebe sich aus §§ 2 und 3 BlindGeldG ND.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 20.4.2020 zugestellte Urteil am 12.5.2020 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei bei der Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND gemäß der gesetzlichen Vorgabe durch § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND zwingend die Vorschrift des § 109 SGB XII entsprechend anzuwenden. Für eine analoge Anwendung sei kein Raum. Wegen der „entsprechenden“ Anwendung sei es auch unerheblich, dass § 109 SGB XII aufgrund seiner Bezugnahme auf das 12. und 13. Kapitel des SGB XII in einem Gefüge mit § 98 Abs. 2 SGB XII stehe und damit eigentlich auf den gegenseitigen Ausgleich verschiedener Sozialleistungsträger gerichtet sei. Fälle wie dern vorliegende könnten auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion von dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND ausgenommen werden, weil der niedersächsische Gesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums spiegelbildlich zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 BlindGeldG ND ausdrücklich in § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND die Vorschrift des § 109 SGB XII für entsprechend anwendbar erklärt habe, um Niedersachsen als „Anstaltsland“ vor Kosten zu schützen, wenn Zivilblinde aus anderen Bundesländern in niedersächsische Einrichtungen ziehen. Die Ungleichbehandlung von Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in anderen Bundesländern hatten und nunmehr in einer Einrichtung in Niedersachsen leben, gegenüber Personen, die außerhalb von Einrichtungen in Niedersachsen leben, sei sachlich gerechtfertigt. Sachlicher Grund sei der persönliche Bezug der Anspruchsberechtigten zu Niedersachsen. Das Blindengeld solle denjenigen zugutekommen, die einen konkreten persönlichen Bezug zu Niedersachsen haben. Ziehe eine Person aus einem anderen Land in eine Einrichtung in Niedersachsen, habe sie nach der niedersächsischen Systematik ihren eigentlichen Bezug zu dem Bundesland, in dem sie zuvor gewohnt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16.3.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er vertieft sein Klagevorbringen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, die Argumentation der Beklagten zur entsprechenden Anwendung des § 109 SGB XII sei nicht nachvollziehbar, weil sie die Vorschrift aus ihrem originären Anwendungsbereich herausreiße und der Zielrichtung des BlindGeldG ND nicht gerecht werde. Er habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 9.11.2017 in Niedersachsen, weil er seither mit Hauptwohnsitz in Hannover gemeldet sei, dort auch wahlberechtigt sei und Einkommenssteuer zahle. Die ihn von Leistungen nach dem BlindGeldG ND ausschließende Gesetzesauslegung durch die Beklagte verstoße gegen Art. 3 GG. Sie stelle ihn bei Wahrnehmung seines Rechts auf freie Niederlassung aufgrund seiner Behinderung in Verbindung mit seiner Heimat und Herkunft schlechter gegenüber blinden Personen, die nicht stationär pflegebedürftig seien oder vor Heimaufnahme zuletzt einen Wohnsitz in Niedersachsen hatten. Er habe sehr wohl einen konkreten persönlichen Bezug zu Niedersachsen. Er sei ganz bewusst in das Pflegeheim in Hannover gezogen, weil dort sein Sohn lebe, und nehme nunmehr seit Jahren am gesellschaftlichen Leben in Hannover teil. Es sei nicht nachvollziehbar und unangemessen, ihn unter Verweis auf eine fehlende Bindung zu Niedersachsen vom Blindengeldbezug nach dem BlindGeldG ND auszuschließen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist begründet.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheides vom 19.2.2018 verurteilt, dem Kläger ab dem 1.12.2017 Blindengeld nach dem BlindGeldG ND zu zahlen.
Streitgegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) ist der den Antrag des Klägers auf die Gewährung des streitigen Landesblindengeldes ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19.2.2018. Eines Vorverfahrens hat es gemäß § 86 Abs. 1, 2 des Niedersächsischen Justizgesetzes vom 16.12.2014 (Nds. GVBl. S. 436) in der Fassung von Art. 4 des Gesetzes vom 2.3.2017 (Nds. GVBl. S. 50, 51) nicht bedurft.
Der angefochtene Bescheid vom 19.2.2018 ist rechtmäßig.
Die Beklagte war gemäß § 9 Abs. 1 BlindGeldG ND in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung vom 18.1.1993 (Nds. GVBl. S. 25), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 15.12.2016 (Nds. GVBl. S. 301) als nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Nds. AG SGB XII vom 16.12.2004 (Nds. GVBl. S. 644), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.12.2013 (Nds. GVBl. S. 284), zur Durchführung der Aufgaben nach dem BlindGeldG ND herangezogene Landeshauptstadt für die Entscheidung über den Antrag zuständig. Ab dem 1.1.2020 ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten aus ihrer Heranziehung durch § 9 Abs. 1 Satz 2 BlindGeldG ND in der Fassung der Änderung durch Art. 6 des Gesetzes vom 24.10.2019 (Nds. GVBl. S. 300, 307).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Landesblindengeld nach dem BlindGeldG ND gegen die Beklagte, weil er nicht zu dem in § 1 Abs. 1 und 2 BlindGeldG ND genannten Anspruchsberechtigten gehört.
Gemäß § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND in der Fassung vom 18.1.1993 (Nds. GVBl. S. 25), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 24.10.2019 (Nds. GVBl. S. 300, 307), erhalten Zivilblinde (blinde Menschen) Landesblindengeld (Blindengeld) zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen, wenn sie
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen haben oder
2. sich in einer stationären Einrichtung in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten; als stationäre Einrichtung im Sinne dieses Gesetzes gilt auch eine Wohnform nach § 42 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.
Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND. Er hat zwar seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I („…dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.“) im Stadtgebiet der Beklagten in Niedersachsen, nicht aber im i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND. Nach § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND i.V.m. dem entsprechend anwendbaren § 109 SGB XII gelten als gewöhnlicher Aufenthalt (i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND) nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung i.S. von § 98 Abs. 2 SGB XII und der auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhende Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt. Entgegen der Auffassung des SG, § 109 SGB XII finde hier keine entsprechende Anwendung, weil nicht ein dem von der Norm erfassten Sachverhalt vergleichbarer Sachverhalt vorliege, ist die entsprechende Anwendung des § 109 SGB XII wegen der ausdrücklichen und eindeutigen gesetzlichen Anordnung der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift in § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND zwingend. Ebenso wenig führt die entsprechende Anwendung von § 109 SGB XII dazu, dass auch - wie für die originäre Anwendbarkeit ihrer negativen gesetzlichen Fiktion des gewöhnlichen Aufenthalts bei Aufenthalt in einer Einrichtung erforderlich - ein im Hinblick auf Zuständigkeitsfragen und Erstattungsansprüche i.S.d. 12. Kapitels und 13. Kapitels, Zweiter Abschnitt (des SGB XII) zu regelnder Sachverhalt (bei dem einer von zwei Leistungsträgern zuständig ist) vorliegen muss. Die von § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND bestimmte entsprechende Anwendbarkeit von § 109 SGB XII besteht vielmehr darin, dass die in dieser Vorschrift für Regelungen des SGB XII vorgenommene negative Fiktion des gewöhnlichen Aufenthalts auch für den gewöhnlichen Aufenthalt i.S. von § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND gilt. Dies wird insbesondere durch die Gesetzeshistorie sowie den Zweck des § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND deutlich. Die Vorschrift wurde durch Art. I Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BlindGeldG ND vom 20.3.1970 (Nds. GVBl. 76) als § 1 Abs. 1 Satz 3 BlindGeldG ND eingeführt, durch den die entsprechende Anwendbarkeit der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 109 BSHG i.d.F. vom 18.9.1969 (BGBl. I S. 1688) mit der Begründung angeordnet wurde, der Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ werde im Sinne des BSHG umrissen (LT Drs. 6/1004, S. 3). Zweck des § 109 BSHG und des § 109 SGB XII war bzw. ist der Schutz von Trägern der Sozialhilfe vor Kosten durch Personen, die sich in eine Einrichtung (oder Vollzugsanstalt) in ihren Zuständigkeitsbereich begeben, ohne dort zuvor ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt zu haben (Schutz der Einrichtungsorte). Ein entsprechender Schutz wird durch die von § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND bestimmte entsprechende Anwendung von § 109 SGB XII für das die Kosten des Blindengeldes tragende Land Niedersachen gewährleistet. Dies kommt auch in der Begründung der Neufassung des § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND vom 18.1.1993 (Nds. GVBl. 25) durch die der Geltungsbereich des Gesetzes auf Blinde erweitert worden ist, die sich in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen in anderen Ländern aufhalten und vorher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten, deutlich zum Ausdruck. Darin wird im Anschluss an die Begründung der Änderung ausdrücklich klargestellt, dass der Schutz des Landes Niedersachsen als „Anstaltsland“ bestehen bleibe, wenn sich Blinde aus anderen Ländern in niedersächsischen Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen aufhalten (LT Drs. 12/3610, S. 4). Darüber hinaus wird auch durch die (Systematik der) Vorschrift des § 1 Abs. 1 BlindGeldG ND deutlich, dass sich in einer stationären Einrichtung in Niedersachsen aufhaltende blinde Menschen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne dieser Vorschrift nicht in Niedersachsen haben. Voraussetzung eines Anspruchs blinder Menschen auf Landesblindengeld ist danach (entweder), dass sie (Nr. 1) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen haben oder (Nr. 2) sich in einer stationären Einrichtung in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten. Würde der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung in Niedersachsen zugleich den gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Bundesland im Sinne der Nr. 1 begründen, wäre die spezielle Vorschrift der Nr. 2 für sich in einer stationären Einrichtung im Bundesgebiet (und damit auch in Niedersachsen) aufhaltende blinde Menschen sinnlos. Sie macht hingegen - flankiert durch die von § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND angeordnete entsprechende Anwendung von § 109 SGB XII - sehr deutlich, dass sich in einer stationären Einrichtung in Niedersachsen aufhaltende blinde Menschen nicht i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen haben.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch die Landesblindengeldgesetze der Bundesländer Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern Vorschriften enthalten, durch die § 109 SGB XII für entsprechend anwendbar erklärt wird. In Brandenburg erhalten Schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen kein (bedürftigkeitsunabhängiges) Pflegegeld/Blindengeld nach dem Landespflegegeldgesetz (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes). In den übrigen Bundesländern - wie auch in Sachsen - ist Anspruchsvoraussetzung weitgehend lediglich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort in dem Bundesland, wobei die blinden Menschen den dortigen Anspruch mit einem Wegzug in ein anderes Bundesland (auch in eine dortige Einrichtung) verlieren. Dass diese blinde Menschen, die unmittelbar in ein Heim oder in eine entsprechende Einrichtung in ein Bundesland - wie Niedersachsen - mit einer Schutzklausel (entsprechende Anwendung von § 109 SGB XII) ziehen, wegen unzureichender Harmonisierung der Landesblindengeldgesetze auch in dem Zuzugsland keinen Anspruch auf Blindengeld haben (und für sie nur noch die Möglichkeit besteht, die nach Bundesrecht gewährte einkommens- und vermögensabhängige Blindenhilfe, § 72 SGB XII, zu beziehen) ist bekannt (vgl. Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V., IV Blindengeld, Blindenhilfe, Sehbehindertengeld, Taubblindengeld, unter Nr. 6 Abs. 3 zu Besonderheiten beim Wechsel des Wohnorts; https://www.dbsv.org/iv-blindengeld-blindenhilfe-sehbehindertengeld-taubblindengeld.htm).
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m der in § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND angeordneten entsprechenden Anwendung von § 109 SGB XII lässt sich entgegen der in diese Richtung weisenden Argumentation des SG auch nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingeschränkt auslegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt in Niedersachsen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BlindGeldG ND nur für diejenigen sich in Niedersachsen in einer stationären Einrichtung aufhaltenden blinden Menschen gilt, die Anspruch auf Blindengeld gegenüber einem anderen Bundesland haben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15.1.2019 (- 1 C 15/18 - juris Rn. 17) die Voraussetzungen und Grenzen einer teleologischen Reduktion unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anschaulich wie folgt beschrieben:
„Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Die Gerichte sind kraft der Bindungswirkung einschlägig gültiger Normen zu deren Anwendung verpflichtet und dürfen sich über diese Gesetzesbindung nicht hinwegsetzen. Der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) schließt es aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die die Verfassung dem Gesetzgeber übertragen hat, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - NJW 2012, 669 Rn. 44 und vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15 - NJW-RR 2016, 1366 Rn. 36, jeweils m.w.N.). Diese Verfassungsgrundsätze verbieten es dem Richter zwar nicht, das Recht fortzuentwickeln. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - BVerfGE 126, 286 <306> und Kammerbeschluss vom 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - NJW 2012, 669 Rn. 46). Der Befugnis zur "schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung" sind allerdings mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung Grenzen gesetzt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15 - NJW-RR 2016, 1366 Rn. 37 m.w.N.). Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu füllen. Dabei verletzt ein Richter seine Bindung an "Gesetz und Recht" nicht zwangsläufig durch eine Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist. Denn die Verfassung schreibt keine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation vor: Vielmehr zählt zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung auch die teleologische Reduktion (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15 - NJW-RR 2016, 1366 Rn. 50). Richterliche Rechtsfortbildung darf aber nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, ist nach dem Plan des Gesetzgebers zu beurteilen, der dem Gesetz zugrunde liegt. Sie ist u.a. zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass eine gesetzliche Vorschrift nach ihrem Wortlaut Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 5 C 28.12 - Buchholz 436.45 § 1 UVG Nr. 5 Rn. 9). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift hingegen unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 <210>, Kammerbeschlüsse vom 3. März 2015 - 1 BvR 3226/14 - NZS 2015, 502 Rn. 18 und vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15 - NJW-RR 2016, 1366 Rn. 39). Die Gerichte überschreiten die zulässigen Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte gesetzliche Entscheidungen abändern oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schaffen (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - BVerfGE 126, 286 <306>). Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen sie diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 C 18.12 - Buchholz 436.511 § 93 SGB VIII Nr. 5 Rn. 22; Beschluss vom 10. August 2016 - 1 B 83.16 - juris Rn. 8 ff.).“
Nach diesen Maßstäben scheidet eine teleologische Reduktion von § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m der in § 1 Abs. 5 BlindGeldG ND angeordneten entsprechenden Anwendung von § 109 SGB XII aus. Die Eigenart der teleologischen Reduktion besteht darin, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - juris Rn. 15). Bei einer derart planwidrigen Gesetzeslücke ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege teleologischer Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urteil vom 9.2.2012 - 5 C 10.11 - juris Rn. 15). Wie sich schon aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sprechen Wortlaut, Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und auch der Normzusammenhang gegen eine planwidrige Regelungslücke. Im Gegenteil ist klar erkennbar, dass nach § 1 Abs. 1 und Abs. 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII blinde Menschen, die sich in einer stationären Einrichtung in Niedersachsen aufhalten, - unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf Landesblindengeld gegenüber einem anderen Bundesland haben - nur Anspruch auf Landesblindengeld haben (sollen), wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung in Niedersachsen hatten. Da der Senat auch eine Verfassungswidrigkeit der insoweit eindeutigen Regelung nicht festzustellen vermag (dazu gleich), bestehen weder Anlass noch Raum für eine teleologische Reduktion.
Der Kläger gehört auch nicht zu dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BlindGeldG ND anspruchsberechtigten Personenkreis. Er hält sich zwar in einer - wie das SG mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen wird, ausgeführt hat - vollstationären Einrichtung i.S. von § 98 Abs. 2 SGB XII in der Bundesrepublik auf, hatte aber nicht - wie zudem erforderlich - im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen (sondern in Sachsen).
Zu den in § 1 Abs. 2 BlindGeldG ND genannten Personen, die Blindengeld erhalten, gehört der Kläger nicht, weil er nicht zu dem nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anspruchsberechtigten Personenkreis gehört.
Die Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG für eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegen nicht vor. Der Senat hat nicht die dafür erforderliche Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass der durch § 1 Abs. 1 und 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII landesgesetzlich bewirkte Ausschluss von Ansprüchen nach dem BlindGeldG ND für blinde Menschen in niedersächsischen stationären Einrichtungen, die vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen hatten, verfassungswidrig ist.
Die leistungsausschließenden Vorschiften verletzen den Kläger nicht in seiner durch Art. 11 Abs. 1 GG garantierten Freizügigkeit im Bundesgebiet. Freizügigkeit bedeutet das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, wozu die Freizügigkeit zwischen Ländern, Gemeinden und innerhalb einer Gemeinde gehören (vgl. BVerfG Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00 - juris Rn. 33). Der Kläger ist durch die Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII für einen Blindengeldbezug in Niedersachsen, vor der Aufnahme in die vollstationäre Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt (gehabt) zu haben, nicht daran gehindert gewesen, von Sachsen nach Niedersachen umzuziehen und hier seinen Wohnsitz zu nehmen. Zwar können auch staatliche Maßnahmen, die eine mittelbare oder faktische Wirkung entfalten, Grundrechte beeinträchtigen. Solche Maßnahmen können in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen und müssen dann wie dieser behandelt werden. Es bedarf aber einer mittelbaren zielgerichteten Beeinträchtigung des Grundrechts (BVerfG, Urteil vom 17.3.2004, a.a.O. Rn. 35, 36 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Das Erfordernis für einen Blindengeldbezug, vor der Aufnahme in eine vollstationäre Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen (gehabt) zu haben, hat nicht das Ziel, den Zuzug von blinden Menschen aus anderen Bundesländern nach Niedersachsen zu verhindern. Blinde Menschen, die aus einem Bundesland mit einer Regelung wie § 1 Abs. 1 Nr. 2 BlindGeldG ND nach Niedersachsen in eine stationäre Einrichtung ziehen, haben gegenüber dem Bundesland, aus dem sie zuziehen, weiter einen Blindengeldanspruch. Auch im Übrigen knüpft die Vorschrift die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit nicht an einen wirtschaftlich spürbaren Nachteil, um damit den Inhaber des Grundrechts an seinen Aufenthalt oder Wohnsitz außerhalb Niedersachsens zu binden.
Art. 3 Abs. 3 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird er durch das Erfordernis, vor der Heimaufnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen (gehabt) zu haben, nicht wegen seiner Heimat und Herkunft benachteiligt. Der Begriff der „Heimat“ bezieht sich nur auf die örtliche Herkunft, schließt also Differenzierungen unter dem Gesichtspunkt des Wohnsitzes oder - wie hier - des gewöhnlichen Aufenthalts nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.5.1978 -1 BvL 26/76 -, juris Rn. 22). Erst recht differenziert das BlindGeldG ND nicht nach der Herkunft, die begrifflich auf "ständisch-soziale Abstammung und Verwurzelung" abzielt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.5.1978, ebenda). Der Kläger wird auch nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt. Die Anspruchsvoraussetzung, vor der Aufnahme in eine niedersächsische Einrichtung den gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen zu haben, gilt für alle vom BlindGeldG ND erfassten (blinden) Menschen in Niedersachsen. Daraus, dass in anderen Landesgesetzen eine andere Regelung getroffen ist als im BlindGeldG ND, kann ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht hergeleitet werden. Der Landesgesetzgeber ist mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des Geltungsbereiches der Landesverfassung zu wahren (vgl. Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz Kommentar, Art. 3, 2. Föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland, juris Rn. 224 m.w.N.).
Trotz gewisser Bedenken hat der Senat letztlich insbesondere nicht die Überzeugung zu gewinnen vermocht, das § 1 Abs. 1 und 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (BVerfG, Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 - juris Rn. 63 m.w.N.
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.6.2011, a.a.O., Rn. 64, 65 und Beschluss vom 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 41 jeweils m.w.N.).
Bei der gewährenden Staatstätigkeit hat der Gesetzgeber weitgehende Freiheit darüber zu entscheiden, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvF 4/05 - juris Rn. 88 m.w.N.). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, nicht „willkürlich“ verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere der Kreis der Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 14.10.2008, ebenda; Beschluss vom 12.2.1964 - BvL 12/62 - juris Rn. 24; Urteil vom 20.4.2004 - 1 BvR 905/00 - juris Rn. 61). Die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises ist nicht zu beanstanden, wenn vernünftige Gründe dafür bestehen und der Gesetzgeber willkürliche Privilegierungen und Diskriminierungen vermeidet (std. Rspr. des BVerfG, vgl. Beschluss vom 8.12.1970 - 1 BvR 104/70 - juris Rn. 8; Beschluss vom 11.3.1975 - 1 BvL 13/73 - juris Rn. 33; Beschluss vom 13.6.1979 - 1 BvL 97/78 - juris Rn. 18). Ob er dabei die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, haben die Gerichte nicht zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.6.1979, ebenda).
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BlindGeldG ND und § 109 SGB XII wird diesen Anforderungen gerecht. Durch diese Vorschriften werden blinde Menschen - wie der Kläger -, die sich in einer stationären Einrichtung (im engeren Sinne, d.h. in einer vollstationären Einrichtung, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., Stand 21.2.2023, § 98 Rn. 40; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 5. Erglfg. 2013, § 98 Rn. 45) in der Bundesrepublik Deutschland (also auch in Niedersachsen) aufhalten und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen hatten, von einem Anspruch auf Blindengeld nach dem BlindGeldG ND ausgeschlossen. Dies ist zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber drei nicht von dem Leistungsausschluss erfassten Personengruppen: Die Gruppe der blinden Menschen, die im Zeitpunkt der Aufnahme in die vollstationäre Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten, die Gruppe blinder Menschen, die in Niedersachsen ambulant gepflegt und/oder betreut wird, und schließlich die Gruppe blinder Menschen, die in Niedersachsen in einer teilstationären Einrichtung gepflegt und/oder betreut werden.
Dadurch hat der niedersächsische Gesetzgeber gemessen an den o.g. Maßstäben seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum aber nicht überschritten. Da es sich bei dem Landesblindengeld um eine aus Landesmitteln finanzierte freiwillige Leistung zum pauschalen Ausgleich blindheitsbedingter Mehraufwendungen handelt und bei unzureichendem Einkommen und Vermögen des blinden Menschen die bundesgesetzliche Blindenhilfe nach § 72 SGB XII eingreift, ist der Gestaltungsspielraum des Landes besonders groß. Die Regelung, dass durch den Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung in Niedersachsen kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 BlindGeldG ND i.V.m. § 109 SGB XII) und die Differenzierung danach, ob der blinde Mensch vor seiner Aufnahme in eine vollstationäre Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatte oder nicht, ist nicht willkürlich. Für sie gibt es vernünftige Gründe. Die Beklagte hat zutreffend als den ausreichenden sachlichen Grund der Ungleichbehandlung den persönlichen Bezug des blinden Menschen zum Land Niedersachsen genannt. Da das Land Niedersachsen freiwillig durch das BlindGeldG ND Ansprüche auf Blindengeld begründet und auch die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stellt, ist es naheliegend, für die Leistungsberechtigung einen gewissen Bezug zum Land Niedersachsen zu fordern. Dieser ist bei blinden Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die stationäre Einrichtung in Niedersachsen hatten, typischerweise deutlich größer als bei blinden Menschen, die aus einem anderen Bundesland nach Niedersachen (direkt) in eine stationäre Einrichtung umziehen. Nur für die bei der Aufnahme in eine vollstationäre Einrichtung bereits in Niedersachsen lebenden Personen kann in aller Regel ausgeschlossen werden, dass nicht der Bezug zu Niedersachen für den Aufenthalt in diesem Land ausschlagegebend ist, sondern die vollstationäre Einrichtung (Qualität, Personalausstattung, Kosten). Die Sachlichkeit des Differenzierungsgrundes „Landesbezug“ wird durch die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BlindGeldG ND bekräftigt. Sie gewährleistet, dass blinde Menschen, die sich in vollstationären Einrichtungen in anderen Bundesländern aufhalten und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hatten, einen Anspruch auf Blindengeld nach dem BlindGeldG ND haben. Auch im Hinblick auf die Vergleichsgruppe der in Niedersachsen ggf. direkt nach einem Umzug aus einem anderen Bundesland in Niedersachsen ambulant gepflegten und/oder betreuten blinden Menschen ist der Bezug zum Land Niedersachsen ein sachgerechter Differenzierungsgrund. Da sie sich nicht in einer stationären Einrichtung aufhalten, sondern im häuslichen, familiären und sozialen Umfeld gepflegt und/oder betreut werden, halten sie sich typischerweise aus persönlicher Verbundenheit zu Niedersachsen und den hier lebenden Menschen auf. Auch für sie kann typisierend ausgeschlossen werden, dass sie sich (nur) wegen der Inanspruchnahme von Leistungen einer vollstationären Einrichtung in Niedersachsen aufhalten. Das gleiche gilt - wenn auch in geringerem Maße - für die Gruppe blinder Menschen, die ggf. nach Zuzug aus einem anderen Bundesland in Niedersachsen teilstationär gepflegt und/oder betreut werden, weil sie anders als diejenigen in vollstationären Einrichtungen nicht vollständig organisatorisch in die Einrichtung eingebunden sind, sondern regelmäßig die Einrichtung verlassen und nach Hause in ihr soziales Umfeld, welches typischerweise der Grund für ihren Aufenthalt in Niedersachsen ist, zurückkehren.
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Leistungsausschluss für blinde Menschen, die bei Aufnahme in eine vollstationäre Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Niedersachsen hatten, in Anbetracht des damit verfolgten legitimen Zwecks die davon betroffenen blinden Menschen unverhältnismäßig stark belastet. Es handelt sich bei dem Blindengeld - wie bereits ausgeführt - nicht um eine Leistung, auf die blinde Menschen zur Sicherung ihrer Existenz angewiesen sind. Zudem sind ihre ohnehin nur pauschal angenommenen blindheitsbedingten Mehraufwendungen in einer vollstationären Einrichtung typischerweise geringer, was in den Blindengeldgesetzen der Länder durch geringere (vgl. § 2 BlindGeldG ND: Verringerung von 410,00 € auf 205,00 €) oder gar ausgeschlossene Ansprüche auf Blindengeld auch Berücksichtigung findet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, zugelassen. Zwar kann die Revision gemäß § 162 SGG nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Die Rüge, der Senat habe Vorschriften des BlindGeldG ND verletzt, wäre mithin unzulässig, weil dieses Gesetz nicht über den Bezirk des LSG Niedersachsen-Bremen hinausgeht. Der Kläger rügt aber u.a. eine Verletzung von Art. 11 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1, 3 GG und damit von Bundesrecht.