1. Eine rückwirkende Feststellung des Pflegegrades 3 kann den Anspruch auf Haushaltshilfe ausschließen. Es kommt insoweit nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt der Beantragung einer Haushaltshilfe der Pflegegrad 2 - 5 bereits festgestellt worden ist. Ausreichend ist auch eine rückwirkende Feststellung.
2. Krankenkassen sind im Grundsatz der zuständige Leistungsträger für die Gewährung einer Haushaltshilfe in der Folge einer Krankenbehandlung, sofern ihre Zuständigkeit nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
3. Soweit eine Krankenkasse Leistungen für eine Haushaltshilfe erbringt, ist ihre Zuständigkeit gegeben. Eine Weiterleitung als unzuständiger Leistungsträger nach § 16 SGB I an den zuständigen Sozialhilfeleistungsträger drängt sich demgegenüber nicht auf.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Kostenerstattung für eine Haushaltshilfe.
Die 1956 geborene Klägerin beantragte am 02.02.2021 die Gewährung einer Haushaltshilfe wegen einer Augenoperation am 08.02.2021. Nach dem augenärztlichen Befundbericht des Universitätsklinikum Frankfurt zeigte sich eine signifikante Dermatochalasis beidseitig mit konsekutiven Gesichtsfelddefekten. Ärztlicherseits wurde eine Blepharoplastik im stationären Setting beidseitig für indiziert gehalten. Auch der augenärztliche Befundbericht der H. Augenklinik befürwortete wegen den Gesichtsfeldeinschränkung die Durchführung dieser Operation. Eine entsprechende Krankenhausbehandlung wurde ärztlich verordnet. Nach dem Antrag auf Haushaltshilfe sollte die Operation am 08.02.2021 ambulant im St. Josefs-Hospital durchgeführt werden. Die bereits bestehende Erkrankung habe sich seit dem 22.06.2020 akut verschlimmert. Sie könne den Haushalt ab dem 18.02.2021 wieder selbst führen. Sie benötige Hilfe beim Einkaufen, Zubereiten von Mahlzeiten, Reinigung der Wohnung, Wäsche waschen, Tragen und Heben, Bügeln und Fahrdiensten zur Operation, Therapie und Kontrollen nach B-Stadt. Ihr Haushalt wurde bisher von ihr geführt und werde von Herrn D. am 08.02.2021 und 09.02.2021 nach der Operation mit 30 Stunden und ab dem 10.02.2021 vier Stunden täglich weitergeführt. Ihr würden dafür Kosten von 12,-€ stündlich entstehen. Sie sei mit der Ersatzkraft weder verwandt noch verschwägert. Die Beklagte forderte ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe an, welches die Klägerin übersandte. Danach sei die Haushaltshilfe wegen der Schwellung, Brennen sowie Blutungen, Schmerzen und möglicher Kreislaufschwäche erforderlich; auf dessen sonstigen Inhalt wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 18.02.2021 teilte die Beklagte mit, dass sie sich in der Zeit vom 08.02.2021 bis 18.02.2021 sich kalendertäglich drei Stunden i. H. v. 5,25 € je Stunde an den Kosten für die Haushaltshilfe beteilige.
Die Klägerin machte in der Folge die Kosten für die Haushaltshilfe geltend. Ausweislich des Formulars hatte dieser am 08.02.2021 und 09.02.2021 30 Stunden im Haushalt geholfen und im Anschluss täglich 4 Stunden. Sie machte dann 70 Stunden geltend zu einem Entgelt von 5,25 € geltend. Mit E-Mail bat sie um antragsgemäße Bewilligung der Haushaltshilfe. Sie bat um Übernahme von 30 Stunden Haushaltshilfe für die ersten zwei Tage. Diese sei notwendig wegen der Operation-Nachbetreuung sowie zur Krankenbeobachtung erforderlich gewesen. Ihre Augenlider waren vollständig mit Pflastern zugeklebt und bluteten. Die Haushaltshilfe habe sie nach B-Stadt zur Operation bringen und abholen müssen. Eine erwachsene Haushaltshilfe für die Operationsnachbetreuung und Krankenbeobachtung innerhalb von 24 Stunden sei Voraussetzung für die ambulante Durchführung der Operation, um eine Sofortversorgung wegen einer eventuellen Einblutung ins Auge sofort behandeln zu können. Im Falle der Unterlassung hätte ansonsten Blindheit gedroht.
Die Beklagte erteilte nach vorherigem Telefonat mit der Klägerin einen weiteren Bescheid vom 22.02.2021, bei dem sie an ihrer Entscheidung festhielt. Sie erläuterte, dass durch die Haushaltshilfe der Haushaltsführer nicht ersetzt werden soll, sondern der Haushalt in seinen Grundfunktionen aufrechterhalten werden soll. Die Haushaltshilfe umfasse die Dienstleistungen, die zur Weiterführung des Haushaltes notwendig seien. Diese Tätigkeiten seien in einem Haushalt innerhalb von zwei bis drei Stunden zu erledigen. Eine Beaufsichtigung oder Betreuung der erkrankten Person beinhalte der Anspruch auf Stellung einer Haushaltshilfe nicht. Mit Schreiben vom 23.02.2021 erstattete sie ihr Kosten i. H. v. 173,25 €.
Die Klägerin schaltete ihre damaligen Prozessbevollmächtigten ein, welche dem Bescheid widersprachen. Sie machte Kosten für 74 Stunden geltend.
Die Beklagte konnte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2021 nicht stattgeben. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz dürfen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Haushaltshilfeleistungen können keine Vollversorgung, sondern nur eine Versorgung mit dem Notwendigsten sicherstellen. Nicht jegliche Einschränkung löse daher einen Anspruch auf Haushaltshilfe aus. Die Gewährung einer Haushaltshilfe sei grundsätzlich nur möglich, soweit sie zur Aufrechthaltung des Haushaltes in seinen Grundfunktionen erforderlich sei. Der Eingriff am 08.02.2021 sei geplant gewesen und die genannten Einschränkungen voraussehbar, sodass es der Klägerin möglich war, beispielsweise durch vorheriges Einkaufen und Wäschewaschen den Umfang der während der Tage nach dem Eingriff notwendigen Haushaltstätigkeiten zu minimieren. In Anbetracht der nur wenige Tage anhaltenden Einschränkungen sei es auch möglich, Haushaltstätigkeiten aufzuschieben. Die von der Klägerin begehrte Krankenbeobachtung wegen den Folgen der ambulanten Operation gehöre nicht zum Leistungsinhalt einer Haushaltshilfe. Die Haushaltshilfe umfasse die Dienstleistungen, die zur Weiterführung des Haushaltes notwendig seien. Eine medizinische Krankenbeobachtung falle nicht darunter.
Mit Bescheid vom 14.08.2021 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin der Pflegegrad 3 seit dem 21.01.2021 vorliegt.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer früheren Prozessbevollmächtigten vom 20.08.2021 Klage dagegen erhoben.
Sie wiederholte ihren Vortrag. Zwischenzeitlich sei bei ihr vom Hessischen Amt für Versorgung und Soziales rückwirkend zum 01.08.2020 ein GdB von 100 sowie die Merkzeichen „B“, „G“ und „H“ festgestellt worden; dies spreche ebenfalls für den geltend gemachten Bedarf an Haushaltshilfe. Im Klageverfahren änderte sie den Klageantrag und wies darauf hin, dass Herr D. insgesamt 108,5 Stunden im Haushalt geholfen hätte, sodass sie Kosten von 1.128,75 € geltend machte (1.302,- €- 173,25 €). Auf den Inhalt der Erklärung der Haushaltshilfe wird Bezug genommen. Nach den präoperativen Empfehlungen durfte die Klägerin keine gefährlichen Arbeiten durchführen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides vom 18.02.2021, 22.02.2021 und 23.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2021 Kosten für eine selbstverschaffte Haushaltshilfe von 1.128,75 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat augenärztliche Befundberichte bei der H. Augenzentrum sowie St. Josefs-Hospital B-Stadt eingeholt; auf deren Inhalt wird verwiesen. Weitere Verfahren der Klägerin sind erstinstanzlich zu Fragen der Erstattung von Fahrkosten rechtshängig.
Entscheidungsgründe
A. Die Beteiligten streiten über Kostenerstattung für die von der Klägerin eingesetzte Haushaltshilfe.
B. Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei dem örtlich zuständigen Gericht gemäß §§ 57 Abs. 1, 78, 87 Abs. 2, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG statthaft.
C. Die Klage ist jedoch unbegründet. Jedenfalls im Ergebnis hat die Beklagte der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht keine weiteren Kosten für eine Haushaltshilfe erstattet, sodass diese dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wird.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Anspruch auf Kostenerstattung nach §§ 13, 37 Abs. 4 SGB V zu (dazu unter I.). Sie kann zudem auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen einen ggf. beizuladenden Sozialhilfeträger nach § 70 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geltend machen (dazu unter II.).
I. Der Klägerin steht kein Kostenerstattungsanspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zu.
1. Der Klägerin steht zunächst kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V zu. Insoweit stellt § 38 Abs. 4 SGB V im Vergleich zu § 13 SGB V, insbesondere im Hinblick auf die in ihnen enthaltenen unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, das speziellere Gesetz dar, sodass sich die Kostenerstattung im Rahmen der Haushaltshilfe sich allein nach § 38 Abs. 4 SGB V richtet (BSG, Urteil vom 23. November 1995, Az.: 1 RK 11/95 – juris – Rn. 24). Eine Kostenerstattung nach § 13 SGB V ist somit ausgeschlossen.
2. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 38 Abs. 4 SGB V ist ebenfalls nicht gegeben. Nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SGB V sind der Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten, sofern die Krankenkassen keine Haushaltshilfe stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen.
a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt das Vorliegen eines Anspruches auf Kostenerstattung bereits aus systematischen Erwägungen voraus, dass ein Sachleistungsanspruch auf die Zurverfügungstellung einer Haushaltshilfe bestanden hat (BSG, Urteil vom 23. November 1995, Az.: 1 RK 11/95 – juris – Rn. 21). Es reicht somit nicht, dass die Krankenkassen keine Haushaltshilfen stellen können oder Gründe bestehen, von dem Stellen einer Haushaltshilfe abzusehen. Vielmehr müssen auch die Voraussetzungen der insoweit maßgebenden Regelung des § 38 Abs. 1 – 3 SGB V erfüllt sein. Dies ist – wie sogleich festzustellen sein wird – nicht der Fall.
b) Danach erhalten Versicherte eine Haushaltshilfe gestellt, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist (vgl. § 38 Abs. 1 Sätze 1, 2 SGB V).
Ausweislich des Antrages im Verwaltungsverfahren hat zu dem damaligen Zeitpunkt bei der Klägerin kein Kind im Haushalt gewohnt, sodass der diesbezügliche Anspruch nicht gegeben ist.
c) Nach § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V erhalten Versicherte auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt.
Vorliegend hat die Pflegekasse mit Bescheid vom 14.08.2021, rückwirkend zum 21.01.2021, Pflegegrad 3 festgestellt. Damit ist der Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe ausgeschlossen. Dies ist auch gerade von dem Gesetzgeber gewollt, da dieser beabsichtigte eine Regelung zur Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der Kranken- von der Pflegeversicherung zu treffen (Padé in jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 38 SGB V (Stand: 31.10.2023), Rn. 20). Diese Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach hat die Beklagte gerade bei einer Fallgestaltung, in der Pflegebedürftigkeit mit wenigstens Pflegegrad 2 festgestellt wurde, keine Kosten für eine Haushaltshilfe zu übernehmen, sodass ein dennoch gestellter Antrag mit dieser Begründung abgelehnt werden kann. Weiter gilt dies nach Überzeugung des Gerichts auch dann, soweit die Pflegekasse einen entsprechenden Pflegegrad rückwirkend feststellt. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Regelung, wonach gerade keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegen darf. Das Wort „vorliegen“ meint dabei nach Auffassung des Gerichts, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Pflegegrades 2 oder höher in dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht gegeben sein dürfen. Durch die rückwirkende Feststellung ist aber gerade ersichtlich, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Haushaltshilfe die Voraussetzungen gerade vorgelegen haben. Dieser Wortlaut spricht nicht dafür, dass ein Pflegegrad 2 oder höher bereits zu diesem Zeitpunkt festgestellt sein muss. Vielmehr können Krankenkassen auch bei nachträglich festgestellten Pflegegrad eine Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe ablehnen. Es kann insofern nach Auffassung des Gerichts nicht darauf ankommen, ob der Pflegegrad bei der Inanspruchnahme der Haushaltshilfe bereits festgestellt worden ist oder ob er nachträglich sowie rückwirkend festgestellt wird. Auch das gesetzgeberische Motiv, Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung voneinander abzugrenzen, wird bei einer rückwirkenden Feststellung ebenfalls erreicht. Der rückwirkend festgestellte Pflegegrad 3 ab dem 21.01.2021 steht damit einem Anspruch auf Kostenerstattung für eine selbstverschaffte Haushaltshilfe entgegen.
d) Auch aus der Satzung der Beklagten ergibt sich kein Anspruch. Danach ergibt sich nur ein Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe, sofern die Versicherten mit einer im Haushalt lebenden Kind, welches noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat, lebt. Dies ist ausweislich des Antrages nicht der Fall.
e) Im Ergebnis ist ein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.
II. Weiterhin besteht auch kein Anspruch nach § 70 SGB XII gegen einen ggf. beizuladenden Sozialhilfeträger. Dieser hatte keine Kenntnis von dem Bedarf der Klägerin und musste sich die fehlende Weiterleitung und damit auch die fehlende Kenntnis von dem Bedarf für Haushaltshilfe nicht zurechnen lassen.
1. Nach § 18 Abs. 1 SGB XII setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) sind Anträge auf Sozialleistungen beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I sind Anträge, die u. a. bei einem unzuständigen Leistungsträger gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I gilt der Antrag auf eine Sozialleistung, sofern diese von einem Antrag abhängig ist, zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer in § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I genannten Stellen eingegangen ist. Das Bundessozialgericht hat insofern bereits entschieden, dass ein Antrag auf Übernahme der Kosten der Haushaltshilfe bei einem Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch II ein Antrag auf Sozialhilfe liegen kann (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008, Az.: B 8/9b SO 18/07 R – juris – Rn. 22).
2. Vorliegend hat die Klägerin den Antrag auf Stellung einer Haushaltshilfe bzw. Übernahme der entsprechenden Kosten bei ihrer Krankenkasse gestellt. Diese war im vorliegenden Fall jedoch für die Gewährung der Haushaltshilfe zuständig.
a) Zuständig ist diejenige Verwaltungseinheit, der durch das Gesetz die verbindliche Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch – und zwar einschließlich der Ermittlung der tatsächlichen Gegebenheiten, die tatbestandmäßig die Voraussetzungen eines Anspruchs bilden – aufgegeben ist. Demnach ist auch bei der Entscheidung über die Zuständigkeit das materielle Recht und die dort normierten Ansprüche Ausgangspunkt der diesbezüglichen Überlegungen. Diese Anknüpfung des Organisationsrechts an das materielle Recht führt zu der Notwendigkeit, neben den in Frage kommenden Rechtsgrundlagen auch die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs bei der Entscheidung über die Zuständigkeit zu berücksichtigen. Allerdings umfasst die dabei anzustellende Prüfung nur die Frage, ob die vom Antragsteller vorgetragenen Tatsachen geeignet und erforderlich sind, um des geltend gemachten Anspruch (zu deren Erfüllung die Verwaltung ggf. verpflichtet ist) zu begründen; die Verwaltung muss in diesem Stadium nicht das Bestehen des Anspruchs im konkreten Fall beurteilen; die Prüfung der Zuständigkeit ist vielmehr auf die Frage beschränkt, ob ein Anspruch besteht für den Fall (unter der Annahme), dass das Vorbringen des Antragstellers in rechtlicher sowie in tatsächlicher Hinsicht zutreffend ist“ (BeckOGK/Spellbrink, 1.12.2020, SGB I § 16 Rn. 36).
b) Nach Auffassung des Gerichts kommt es für die Frage der Zuständigkeit im Rahmen der Gewährung einer Haushaltshilfe auf die Frage an, ob der Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich – d. h. ohne medizinische Ermittlungen – ausgeschlossen ist oder sich die jeweilige Krankenkasse zu diesem Zeitpunkt für zuständig halten durfte. Im hier zu entscheidenden Fall hat die Beklagte sich für zuständig gehalten und Kosten für eine Haushaltshilfe übernommen (s. die Bescheide vom 18.02.2021, 22.02.2021 und 23.02.2021). Sie durfte sich auch für zuständig halten, da zum Zeitpunkt der Antragstellung die Pflegekasse bei der Klägerin noch nicht rückwirkend einen Pflegegrad festgestellt hatte. Die Klägerin hat somit beim zuständigen Leistungsträger den Antrag auf Kostenerstattung für die eingesetzte Haushaltshilfe gestellt. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte nicht verpflichtet, diesen Antrag ggf. an den Sozialhilfeträger weiterzuleiten. Damit musste der Sozialhilfeträger auch die Beantragung dieser Leistung nicht nach § 18 Abs. 1 SGB XII bekannt sein, sodass der Klägerin gegen diesen Sozialleistungsträger mangels dessen Kenntnis kein Anspruch nach § 70 SGB XII zusteht.
c) Ausweislich der Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat sie auch nicht unmittelbar bei dem Sozialhilfeträger die Leistungen beantragt. Zwar hat sie die Bundesagentur für Arbeit zur Beantragung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II zum zuständigen Träger nach Darmstadt-Kranichstein geschickt. Aber nach ihrer eigenen Erinnerung hatte sich dieser Vorgang im Jahre 2018 nach Auslaufen des Anspruches auf Arbeitslosengeld zugetragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Frage der Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe weder bei der Klägerin eine akute Fragestellung noch dringend zu klären. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin nicht selbst bei dem Sozialhilfeträger oder ggf. beim Sozialleistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch II, welcher den Antrag an den Sozialhilfeträger hätte weiterleiten müssen, einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe im Jahre 2021 gestellt hat.
III. Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang der jeweiligen Verfahren Rechnung. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG zulässig, da die Beklagte von der Klägerin die Erstattung eines Betrages i. H. v. 1.128,75 € verlangt, sodass der maßgebliche Wert des Streitgegenstandes von 750,-€ überschritten wird.