1. Ein Sozialgericht, das einen Antrag auf mündliche Verhandlung im Sinne von § 105 Abs 2 S 2 SGG als unstatthaft erachtet, darf den Antrag wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage nicht durch Beschluss verwerfen, sondern muss über ihn durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung, sofern nicht auf eine solche verzichtet wird, entscheiden.
2. Der Zulässigkeit einer Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht über den Antrag auf mündliche Verhandlung durch Urteil statt wie geschehen durch Beschluss hätte entscheiden müssen. Denn einem Kläger darf kein Nachteil dadurch erwachsen, dass er von dem Rechtsmittel Gebrauch gemacht hat, auf das er durch das Gericht hingewiesen worden ist. Vielmehr ist in einem solchen Fall nach dem Grundsatz der sogenannten Meistbegünstigung sowohl das Rechtsmittel zulässig, das gegen die gewählte Entscheidungsform zulässig wäre, als auch das Rechtsmittel, das gegen die richtige Entscheidungsform zulässig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung im Urteil vom 13. Oktober 2022 - L 3 AS 1138/16 B - juris Rdnr. 25 bis 59).
3. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2022 – B 11 AL 32/21 R – SozR 4-4300 § 151 Nr. 5) steht im Falle einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung durch das Sozialgericht eine Berufungsrücknahme nicht einer nachfolgenden Nichtzulassungsbeschwerde entgegen. Dies gilt entsprechend für einen Antrag auf mündliche Verhandlung, den der Gesetzgeber bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid als Alternative zu einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgesehen hat.
4. Zur Frage, welche Folgen eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung durch das Sozialgericht für die Rechtsmittelfrist hat.
I. Auf die Beschwerden der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. März 2018 aufgehoben.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Mai 2014 gilt als nicht ergangen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich mit ihren Beschwerden gegen einen Beschluss des Sozialgerichtes, mit dem ihre Anträge auf mündliche Verhandlung zu einem Gerichtsbescheid als unzulässig verworfen worden sind. Im Klageverfahren waren höhere Leistungen für den Zeitraum von Januar bis Juni 2013 streitig.
Der 1952 geborene Kläger zu 1 und die 1956 geborene Klägerin zu 2 bezogen vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Mit Änderungsbescheid vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2013 bewilligte er ihnen für die Monate Januar bis Juni 2013 Leistungen in monatlich unterschiedlicher Höhe. Ausweislich des handschriftlichen Eintrages auf dem unter Blatt 470 der Verwaltungsakte befindlichen Berechnungsbogen zum Änderungsbescheid vom 10. Juli 2013 betreffend Februar 2013 gilt dieser Berechnungsbogen auch für die Monate März, Mai und Juni 2013.
Die von den anwaltlich vertretenen Klägern am 1. Dezember 2013 erhobene Klage begründeten sie damit, dass das Einkommen des Klägers zu 1 falsch bereinigt worden sei; der Grundfreibetrag sei nicht nur vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sondern von seinem Gesamteinkommen abzuziehen. Auch seien die Wohnkosten falsch ermittelt worden. Schließlich seien die gesetzlich festgelegten Regelsätze nicht verfassungskonform ermittelt. Diesbezüglich verwiesen sie auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichtes Berlin vom 25. April 2012 (Az.: S 55 AS 9238/12). In dieser Entscheidung ist die Auffassung vertreten worden, dass für alleinstehende Leistungsberechtigte im Jahr 2012 ein normativer Fehlbetrag von 36,07 EUR angenommen werden müsse. Für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren ergebe sich mindestens ein normativer Fehlbetrag von 32,00 EUR bis 40,30 EUR.
Das Sozialgericht wies die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2014 (Az.: S 3 AS 5588/13) ab. Hinsichtlich der Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe fehle den Klägern das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beklagte im Änderungsbescheid vom 10. Juni 2013 zugesichert habe, den Bescheid zu Gunsten der Kläger abzuändern, sofern das Bundesverfassungsgericht die Höhe der Regelbedarfe als verfassungswidrig ansehe. Es belehrte über die Berufung als statthaften Rechtsbehelf. Es führte unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 2012 (Az.: L 16 AS 398/11) aus, dass in Fällen, in denen die Verfassungswidrigkeit der Regelsätze nach dem SGB II geltend gemacht würden, ohne dass insoweit ein bezifferter Antrag gestellt werde, es bei der Grundregel des § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verbleibe, wonach die Berufung ohne Zulassung statthaft sei.
Nachdem der Klägerbevollmächtigte das Empfangsbekenntnis zu der am 3. Juni 2014 veranlassten Zustellung der Ausfertigung des Gerichtsbescheides nicht zurückgesandt hatte, wurde die Entscheidung an ihn am 22. Juli 2014 nochmals, nunmehr mit Postzustellungsurkunde, zugestellt.
Die Kläger legten am 30. Juli 2014 Berufung (Az.: L 3 AS 973/14) ein und verwiesen auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag. Mit Schriftsatz vom 13. September 2014, beim Sozialgericht eingegangen am 22. September 2014, legten sie nochmals Berufung ein und stellten Antrag auf mündliche Verhandlung. Der Klägerbevollmächtigte erklärte unter anderem, dass nach der nunmehr veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht mehr an dem Einwand der Verfassungswidrigkeit der derzeit geltenden Regelsätze festgehalten werde.
Die zum Berufungsverfahren gestellten Anträge der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 21. März 2017 ab, weil die Berufung nicht statthaft sei. In Bezug auf die Kosten für Unterkunft sei ein Differenzbetrag von 393,40 EUR und in Bezug auf die gerügte fehlerhafte Einkommensanrechnung ein Gesamtbetrag von 23,40 EUR streitig. Da an der Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelsätze nicht mehr festgehalten werde, übersteige der Gesamtbetrag der streitigen Ansprüche nicht den Grenzwert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für eine zulassungsfreie Berufung.
Daraufhin nahmen die Kläger mit Schriftsatz vom 22. März 2017 die Berufungen zurück und beantragten nochmals mündliche Verhandlung beim Sozialgericht.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss angehört. Es hat unter anderem ausgeführt, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelsätze mit 15 % des jeweiligen maßgebenden Regelbedarfs zu beziffern sei (Verweis auf Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – L 7 AS 62/14 B PKH –).
Die Kläger haben hierzu mit Schriftsatz vom 13. Februar 2018 erwidert, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb 15 % des Regelsatzes in Ansatz gebracht würden, obwohl nur ein Fehlbetrag in Höhe von etwa 32,00 EUR habe ermittelt werden können. Außerdem sei die Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen nicht mehr Gegenstand des Antrages auf mündliche Verhandlung gewesen.
Das Sozialgericht hat die Anträge auf mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 1. März 2018 verworfen. Es könne offengelassen werden, ob die einmonatige Frist für einen Antrag auf mündliche Verhandlung eingehalten worden sei, weil jedenfalls die Anträge auf mündliche Verhandlung nicht statthaft seien. Es hat ausgeführt, aus welchen Gründen nach seiner Auffassung sich ein Wert des Beschwerdegegenstandes von 1.037,80 EUR ergebe.
Gegen den ihnen am 15. März 2018 zugestellten Beschluss haben die Kläger, ohne einen Antrag zu formulieren, am 5. April 2018 Beschwerde eingelegt und auf den Schriftsatz vom 13. Februar 2018 verwiesen.
Mit richterlichem Schreiben vom 14. Februar 2023 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 13. Oktober 2022 – L 3 AS 1138/16 B) über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG durch Urteil zu entscheiden sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Das Gericht entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde.
II. Die Beschwerden sind zulässig (1.) und begründet (2.).
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes vom 13. Oktober 2016 ist zulässig.
a) Die Beschwerde ist gemäß § 172 SGG statthaft (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 13. Oktober 2022 – L 3 AS 1138/16 B – juris Rdnr. 23). Bei dem Beschluss über die Verwerfung des Antrages gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG auf mündliche Verhandlung als unzulässig handelt es sich nicht um eine prozessleitende Verfügung (vgl. hierzu Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 172 Rdnr. 6 ff., m. w. N.) oder eine andere in § 172 Abs. 2 SGG genannte Entscheidung, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. Die Beschwerde ist auch nicht gemäß § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen, weil der Beschluss nicht in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen ist (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG), mit dem Beschluss keine Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG) und der Beschluss weder eine Kostengrundentscheidung nach § 193 SGG (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG) noch eine Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 4 SGG (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 4 SGG) enthält.
b) Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht über den Antrag auf mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat und nicht durch Urteil, wie dies hätte geschehen müssen. Denn einem Kläger darf kein Nachteil dadurch erwachsen, dass er von dem Rechtsmittel Gebrauch gemacht hat, auf das er durch das Gericht hingewiesen worden ist. Vielmehr ist in einem solchen Fall nach dem Grundsatz der sogenannten Meistbegünstigung sowohl das Rechtsmittel zulässig, das gegen die gewählte Entscheidungsform zulässig wäre, als auch das Rechtsmittel, das gegen die richtige Entscheidungsform zulässig gewesen wäre (vgl. BFH, Urteil vom 12. August 1981 – I B 72/80 – BFHE 134, 216 = juris Rdnr. 6 und 10, m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. August 2014 – L 13 AS 3162/14 – ZFSH/SGB 2014, 756 ff. = juris Rdnr. 21).
Von einer weiteren Begründung wird im vorliegenden Verfahren abgesehen und stattdessen auf die eingehenden Ausführungen und die umfangreichen Hinweise auf Rechtsprechung und Literatur im Urteil des Senates vom 13. Oktober 2022 unter Ziffer I Nr. 1 Buchst. b der Entscheidungsgründe (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 13. Oktober 2022 – L 3 AS 1138/16 B – juris Rdnr. 25 bis 59) verwiesen. Die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens, denen dieses Urteil zur Kenntnis gegeben worden ist, haben hierzu keine Stellungnahmen abgegeben. Soweit das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Beschluss vom 27. April 2023 die Auffassung vertreten hat, dass jedenfalls bei einem unzweifelhaft verfristeten oder aus sonstigen Gründen unzulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung eine Verwerfung durch Beschluss des Sozialgerichtes als richtige Entscheidungsform anzusehen sei, und dies aus Sinn, Zweck und Systematik von § 105 SGG herleitet (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. April 2023 – L 15 AS 48/23 B – juris), enthält diese Entscheidung keine Argumente, die nicht bereits Gegenstand des Beschlusses des erkennenden Senates vom 13. Oktober 2022 gewesen wären. Der Senat hält nach nochmaliger Prüfung an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.
2. Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Antrag auf mündliche Verhandlung in Bezug auf den Beschluss vom 1. März 2018 statthaft (a) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere nicht verfristet (b), ist.
a) Nach § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG kann, wenn die Berufung nicht gegeben ist, mündliche Verhandlung beantragt werden.
Nach § 143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Etwas anderes ergibt sich unter anderem aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts (oder dem ihm gleichgestellten Gerichtsbescheid, vgl. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG) oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Rückausnahme aus § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, ist vorliegend wegen des sechsmonatigen Bewilligungszeitraumes (Januar bis Juni 2013) nicht einschlägig.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes richtet sich danach, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelführer versagt hat und was er davon mit seinem Rechtsmittel weiterverfolgt (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B – juris Rdnr. 11 m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 24. August 2022 – L 3 BK 2/20 NZB – juris Rdnr. 28 m. w. N.). Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung ist dabei die Einlegung des Rechtsmittels (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B – juris Rdnr. 11; Sächs. LSG, Beschluss vom 28. Januar 2020 – L 3 AS 1242/17 NZB – juris Beschluss vom 13. Februar 2018 – L 3 AL 94/17 NZB – Breithaupt 2020, 701 ff. = juris Rdnr. 24; Keller, a. a. O., § 144 Rdnr. 19).
Gemessen hieran ist die Beschwerde gegen den Beschluss vom 1. März 2018 statthaft. In diesem Zusammenhang bedürfen allerdings die Ausführungen im Prozesskostenhilfebeschluss vom 21. März 2017 in zwei Punkten einer Korrektur.
(1) Die Kläger haben mit ihren Klagen unter anderem die Verfassungswidrigkeit der Höhe des sie betreffenden, gesetzlich festgelegten Regelbedarfes geltend gemacht. Diesen Punkt ihres Klagebegehrens halten die Kläger nicht mehr aufrecht. Allerdings haben die Kläger mit ihrer am 30. Juli 2014 eingelegten Berufung den Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2014 in vollem Umfange angegriffen. Eine Beschränkung des Rechtsmittels, das heißt der Verzicht auf die Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe, ist erstmals im Schriftsatz vom 13. September 2014, das heißt nach der Berufungseinlegung, erfolgt. Eine nach der Berufungseinlegung erklärte Rechtsmittelbeschränkung und ein damit verbundenes späteres Sinken des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist unbeachtlich, weil es ausschließlich auf das anfängliche Berufungsbegehren des Rechtsmittelführers ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 – B 3 KR 4/05 R – SozR 4-2500 § 37 Nr. 7 = juris Rdnr. 10, m. w. N.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 144 Rdnr. 19, m. w. N.). Die Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe war deshalb, anders als im Prozesskostenhilfebeschluss ausgeführt, bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes konnte für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, soweit mit den Klagen die Verfassungswidrigkeit der Regelsätze geltend gemacht wurde, nicht 15 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs in Ansatz gebracht werden. Zwar hat der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichtes im Beschluss vom 1. Juli 2014, auf den sich das Sozialgericht bezogen hat, entschieden, dass bei unbezifferten Klagebegehren, die auf höhere Leistungen nach dem SGB II wegen geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe ab 2011 gerichtet sind, für die Berechnung des Beschwerdewertes von Beträgen auszugehen sei, die einem Mehrbetrag von 15 % der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprächen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – L 7 AS 62/14 B PKH – juris Rdnr. 18). Allerdings hat das Sozialgericht außer Acht gelassen, dass der 7. Senat diesen Wert aus gutachterlichen Stellungnahmen von Sozialverbänden, die vom Bundesverfassungsgericht eingeholt worden sind, entnommen hat, und dass sich die dortigen Klägerinnen auf dieses verfassungsgerichtliche Verfahren bezogen haben. Außerdem hat das Sozialgericht nicht beachtet, dass sich vorliegend die Kläger ihrerseits bereits in der Klageschrift auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichtes Berlin vom 25. April 2012 (Az.: S 55 AS 9238/12) bezogen und auch eine Textpassage aus dem Beschluss (juris Rdnr. 129) zitiert haben, worin das Sozialgericht Berlin die Auffassung vertreten hat, dass für alleinstehende Leistungsberechtigte für das Jahr 2011 ein normativer Fehlbetrag von mindestens 35,35 EUR und für das Jahr 2012 in Höhe von mindestens 36,07 EUR angenommen werden müsse. Damit war das wirtschaftliche Interesse der Kläger und mithin der Wert des Beschwerdegegenstandes, wenn nicht beziffert so doch bezifferbar.
Ausgehend von den Ausführungen des Sozialgerichtes Berlin folgt daraus, dass der postulierte normative Fehlbetrag von 35,35 EUR für das Jahr 2011 bezogen auf die Höhe des Regelbedarfes für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person von 364,00 EUR (vgl. Artikel 2 Nr. 31 des Gesetzes vom 24. März 2011 [BGBl. I S. 453]) einem Anteil von 9,71 % entspricht. Für das Jahr 2012 errechnet sich bei einem normativen Fehlbetrag von 36,07 EUR bezogen auf einen Regelbedarf von 374,00 EUR (vgl. § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 [Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 – RBSFV 2012] vom 17. Oktober 2011 [BGBl. I S. 2090]) ein Anteil von 9,64 %. Gerundet ist dies in beiden Jahren ein Anteil von 10 %. Wenn dieser Quotient auf den im Jahr 2013 geltenden Regelbedarf für einen volljährigen Partner einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 20 Abs. 4 SGB II bezogen wird, nämlich auf 345,00 EUR (vgl. § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Vomhundertsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2013 [Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2013 – RBSFV 2013] vom 18. Oktober 2012 [BGBl. I S. 2173]), ergibt dies einen Differenzbetrag von 34,50 EUR. Für die zwei Kläger und den sechsmonatigen Bewilligungszeitraum errechnet sich danach für diesen Klagepunkt ein Wert des Beschwerdegegenstandes von 414,00 EUR.
(2) Der Senat wertet den Antrag auf mündliche Verhandlung im Schriftsatz vom 22. März 2017 nicht als neuen Antrag, sondern als Bekräftigung des bereits mit Schriftsatz vom 13. September 2014 gestellten Antrags.
Auf diesen zweiten Schriftsatz wäre nur dann abzustellen, wenn die darin enthaltene Berufungsrücknahme so zu verstehen wäre, dass in Reaktion auf den Prozesskostenhilfebeschluss vom 21. März 2017 alle früheren Erklärungen in Bezug auf Rechtsmittel und Rechtsbehelfe als erledigt betrachtet werden sollten und der Antrag auf mündliche Verhandlung im Schriftsatz vom 22. März 2017 nicht eine bloße Bekräftigung des ersten Antrages, sondern ein neuer Antrag sein sollte. Ein so weitreichender Erklärungsinhalts und Erklärungswille ist der Berufungsrücknahme nicht zu entnehmen.
Einer Auslegung, dass mit der Berufungsrücknahme zugleich auch der erste Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen werden sollte, stünde allerdings nicht die Regelung in § 156 Abs. 3 Satz 1 SGG entgegen, wonach die Zurücknahme der Berufung den Verlust des Rechtsmittels bewirkt. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ein Beteiligter, der eine Berufung zurücknimmt, diese dann nicht erneut einlegen, auch wenn die Berufungsfrist noch nicht verstrichen ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2022 – B 11 AL 32/21 R – SozR 4-4300 § 151 Nr. 5 = juris Rdnr. 16, m. w. N.; Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 156 SGG Rdnr. 88, m. w. N.). Das Bundessozialgericht schränkt dies allerdings dahingehend ein, dass in einem Fall, in dem ein Beteiligter eine zulassungsbedürftige, aber (noch) nicht zugelassene Berufung zurücknimmt und anschließend im Wege der – aufgrund der fehlenden Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichtes noch fristgerechten – Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich die Zulassung der Berufung erreicht, diese Berufungszulassung durch das Landessozialgericht die Wirkung des Rechtsmittelverlustes der (ersten) Berufungsrücknahme verdrängt. Die Regelung des § 145 Abs. 5 SGG, nach der das Beschwerdeverfahren nach der Berufungszulassung durch das Landessozialgericht als Berufungsverfahren fortgesetzt wird, gehe § 156 Abs. 3 Satz 1 SGG vor (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2022, a. a. O., m. w. N.).
Entsprechendes hat für einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG zu gelten. Denn wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes im Falle einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung durch das Sozialgericht eine Berufungsrücknahme nicht einer nachfolgenden Nichtzulassungsbeschwerde entgegensteht, gilt dies entsprechend für einen Antrag auf mündliche Verhandlung, den der Gesetzgeber bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid als Alternative zu einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgesehen hat. Ob bei einem solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nach einer Berufungsrücknahme die weiteren, für diesen Antrag erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, wie zum Beispiel die Einhaltung der Antragsfrist (hierzu unten b), ist von der Frage, ob der Grenzwert für eine zulassungsfreie Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht wird, zu trennen.
Wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung für den Antrag auf mündliche Verhandlung nicht auf die Erklärung im Schriftsatz vom 13. September 2014, sondern auf die Erklärung im Schriftsatz vom 22. März 2017 abgestellt würde, würde sich kein anderer Wert des Beschwerdegegenstandes ergeben.
(3) In Bezug auf die Unterkunftskosten ist nicht, wie im Prozesskostenhilfebeschluss vom 21. März 2017 geschehen, von einem Gesamtbedarf in Höhe von 636,97 EUR und einem bewilligten Gesamtbetrag in Höhe von 243,57 EUR im sechsmonatigen Bewilligungszeitraum auszugehen, weil ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 19/20 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 114 = juris Rdnr. 23, m. w. N.). Eine "Verrechnung" von Monaten, in denen seitens des Jobcenters an die leistungsberechtigte Person zu viel gezahlt wurde, mit solchen, in denen zu wenig gezahlt wurde, scheidet mangels Rechtsgrundlage aus (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 63 = juris Rdnr. 14).
Bei der Ermittlung des Wertes des Beschwerdegegenstandes sind die Kosten für die Anschaffung von Brennholz nicht zu berücksichtigen, weil über sie gesondert entschieden worden ist.
Der frühere Berichterstatter und der Beklagte sind bei ihrer jeweiligen Bedarfsberechnung zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, weil die monatsweise Zuordnung einzelner Aufwendungen differiert. Allerdings bestand zwischen den Beteiligten und dem früheren Berichterstatter Einvernehmen, dass es keine weiteren zu berücksichtigenden Ausgabenposten gibt.
Auf der Grundlage der Berechnungen des früheren Berichterstatters (Schreiben vom 16. November 2015) ergeben sich im Verhältnis zu den bewilligten Leistungen für Kosten für Unterkunft (dort nur Stromkosten Heizungspumpe und Nebenkosten [Eigenheim]) folgende Bedarfsüber- und -unterdeckungen:
Monat errechneter Bedarf Bewilligung Differenz Unterdeckung
Januar 2013 117,51 EUR 48.82 EUR -68,69 EUR -68,69 EUR
Februar 2013 36,94 EUR 44,98 EUR +8,04 EUR
März 2013 67,01 EUR 44,98 EUR -22,03 EUR -22,03 EUR
April 2013 29,42 EUR 53,39 EUR +23,97 EUR
Mai 2013 82,94 EUR 44,98 EUR -37,96 EUR -37,96 EUR
Juni 2013 21,01 EUR 44,98 EUR +23,97 EUR
gesamt -128,68 EUR
Auf der Grundlage der Berechnungen des Beklagte (Schriftsatz vom 27. Januar 2016, zuzüglich monatlich 6,43 EUR für Betriebsstrom für die Heizung) ergeben sich folgende Bedarfsüber- und -unterdeckungen:
Monat errechneter Bedarf Bewilligung Differenz Unterdeckung
Januar 2013 62,44 EUR 48.82 EUR -26,60 EUR -26,60 EUR
Februar 2013 40,57 EUR 44,98 EUR +4,41 EUR
März 2013 58,58 EUR 44,98 EUR -13,60 EUR -13,60 EUR
April 2013 21,39 EUR 53,39 EUR +32,00 EUR
Mai 2013 86,17 EUR 44,98 EUR -41,19 EUR -41,19 EUR
Juni 2013 12,98 EUR 44,98 EUR +32,00 EUR
-81,38 EUR
Danach beläuft sich der Wert des Beschwerdegegenstandes für die streitigen Unterkunftskosten auf maximal 128,68 EUR.
(4) Schließlich ist noch der Wert für die gerügte fehlerhafte Einkommensanrechnung in Höhe von monatlich 3,90 EUR oder insgesamt 23,40 EUR zu berücksichtigen.
(5) Die Addition dieser drei Posten ergibt einen Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von insgesamt maximal 566,08 EUR (= 414;00 EUR + 128,68 EUR + 23,40 EUR).
b) Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere nicht verfristet eingelegt.
Nach § 105 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 SGG gilt für den Antrag auf mündliche Verhandlung die Monatsfrist. Diese Frist haben die Kläger nicht gewahrt, weil sie in Bezug auf den angefochtenen Gerichtsbescheid, der ihnen am 22. Juli 2014 zugestellt worden ist, erst am 22. September 2014, also nach zwei Monaten, den Antrag gestellt haben.
Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass das Sozialgericht fälschlich nicht auf das statthafte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern das unstatthafte der Berufung belehrt hatte. Welche Folgen dies für die Rechtsmittelfrist hat, ist streitig (vgl. hierzu auch die Nachweise in BVerfG, Beschluss 4. April 2002 – 1 BvR 60/02 – juris Rdnr. 11). Nach der einen Auffassung gilt die Ausnahmeregelung in § 66 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 SGG, wonach die Jahresfrist nicht läuft, wenn eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Dies sei auch dann der Fall, wenn eine Belehrung nur über ein vermeintlich statthaftes Rechtsmittel erfolgt sei, nicht aber über das nach dem Gesetz wirklich statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 4 R 19/06 R – SozR 4-3250 § 14 Nr. 3 = juris Rdnr. 54; Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2010 – L 1 AL 127/10 – juris Rdnr. 40, m. w. N., auch mit Verweis zur inhalts- und wortgleichen Vorschrift des § 58 Abs. 2 VwGO auf BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1985 – 8 C 116/84 – BVerwGE 71, 359 ff. = juris Rdnr. 8 und zu § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO auf BFH, Urteil vom 31. Januar 2005 – VII R 33/04 – BFHE 208, 350 = juris Rdnr. 31; offen gelassen: BSG, Urteil vom 19. November 1996 – 1 RK 18/95– SozR 3-1500 § 158 Nr. 1 S. 6 = juris Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 15/04 R – SozR 4-4300 § 323 Nr. 1 = juris Rdnr. 16; zum Streitstand: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 66 Rdnr. 13d). In diesen Fällen ist die Einlegung des Rechtsbehelfs grundsätzlich zeitlich unbefristet möglich, sofern nicht ausnahmsweise Verwirkung eintritt (vgl. Keller, a. a. O., § 67 Rdnr. 13d). Nach der anderen Auffassung steht die fälschliche Belehrung über ein unstatthaftes Rechtsmittel anstelle des statthaften nicht der Belehrung gleich, dass ein Rechtsmittel überhaupt nicht gegeben sei (vgl. Senger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 66 SGG Rdnr. 54, m. w. N). Allerdings komme in einem solchen Fall die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG in Betracht (vgl. LSG für das Saarland, Beschluss vom 16. Dezember 2002 – L 2 U 88/02 – Rdnr. 24 f.; Wolf-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG [3. Aufl., 2030] § 66 Rdnr. 40).
Diese Rechtsfrage kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil den Klägern jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (ebenso bereits Sächs. LSG, Beschluss vom 26. Juni 2017 – L 3 AL 86/16 NZB– juris Rdnr. 15). Ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand besteht gemäß § 67 Abs. 1 SGG, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist, hier die Frist für den Antrag auf mündliche Verhandlung, einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG). Wenn dies geschehen ist, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG).
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind vorliegend gegeben. Zwar kann den anwaltlich vertretenen Klägern insoweit möglicherweise ein Eigenverschulden vorgehalten werden, als der von ihnen bevollmächtigte Rechtsanwalt, dessen Verhalten sich die Klägerin im Rahmen des § 67 SGG zurechnen lassen muss (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG i. V. m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO), eventuell seiner Obliegenheit, die vom Sozialgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, nicht nachgekommen sein könnte (vgl. LSG für das Saarland, Beschluss vom 16. Dezember 2002, a. a. O., Rdnr. 24).
Bei der Entscheidung über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist allerdings auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu beachten, wonach die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung mit besonderer Fairness zu handhaben sind, wenn eine Fristversäumung auf Fehlern des Gerichts beruht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2004 – 1 BvR 1892/03 – BVerfGE 110, 339 [342] = juris Rdnr. 11; BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 – 1 BvR 2327/07 – NJW 2008, 2167 ff. [Rdnr. 22] = juris Rdnr. 22, m. w. N.). Aus Fehlern des Gerichts dürfen keine Verfahrensnachteile für die Beteiligten abgeleitet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, a. a. O., m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 26. Juni 2017, a. a. O., Rdnr. 17). Vorliegend hat das Sozialgericht über ein unzutreffendes Rechtsmittel belehrt. Aus diesem Grund ist den Klägern trotz eines etwaigen Eigenverschuldens ausnahmsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 67 Rdnr. 4, 4a), nachdem sie noch vor einem richterlichen Hinweis und vor der Entscheidung über ihren Prozesskostenhilfeantrag im Berufungsverfahren Az.: L 3 AS 973/14 den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt haben.
3. Über die Beschwerden der Kläger entscheidet der Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei Eufach0000000010n (vgl. § 33 Satz 1 SGG). § 176 SGG in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG findet keine Anwendung, wenn das Rechtsmittel, über das zu entscheiden ist, nur nach dem Grundsatz der sogenannten Meistbegünstigung als Beschwerde zulässig ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 13. Oktober 2022 – L 3 AS 1138/16 B – juris Rdnr. 66 f., m. w. N.)
III. Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.