Zum Umfang der Genehmigungswirkung einer im Rahmen des Berufungsverfahrens erteilten Vollmacht durch den Geschäftsführer der Komplementärin der GmbH u. Co KG für den ohne Vertretungsmacht auftretenden Kommanditisten, wenn dieser im Widerspruchs- und Klageverfahren eine Vollmachtsurkunde vorgelegt hat, für die sich erst im Berufungsverfahren ergeben hat, dass die angeblich vom Geschäftsführer der Komplementärin stammende Unterschrift von dem Kommanditisten gefälscht wurde.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen und Umlagen zur Sozialversicherung in Höhe von 13.492,72 €.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, nach Sitzverlegung während des Berufungsverfahrens seit Juli 2023 mit Sitz in B. (Handelsregister des Amtsgerichts S., HRA 20775). Bei der Anmeldung zum Handelsregister wurde als Gegenstand der Gesellschaft der Erwerb und die Errichtung von Grundbesitz und Bauten, die Vermietung und sonstige Nutzung von Immobilien sowie die damit zusammenhängenden Dienstleistungen angegeben. Nach Ausscheiden eines zweiten Kommanditisten ist nur noch R. H. - nach seinen Angaben im Strafverfahren gelernter Elektriker - Kommanditist der Klägerin. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die A. Vermögensverwaltung GmbH (im Folgenden: Komplementärin) mit Sitz in B. (Handelsregister des Amtsgerichts Ch., HRB 207783 B, vorausgehend Amtsgericht St., HRB 3902). Für die Komplementärin wurde am 12. Dezember 2014 das Ausscheiden von G. M. und R. H. als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Ausweislich der Eintragung vom 21. Juni 2019 ist als Geschäftsführer nur noch J. P. mit der Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten, bestellt, der im Berufungsverfahren Wohnsitze in K. und in B. angegeben hat (im Handelsregister ist als Wohnsitz nur B. angegeben).
R. H. tritt nach allgemeinzugänglichen Quellen als Investor für die Sanierung verfallener Immobilien für eine Vermietung auf. Exemplarisch wird auf die Sanierung eines Wohnungskomplexes in O. verwiesen (Artikel „Mieter ziehen in die O.“, Volksstimme vom 22. März 2021: Zitat „Bis zu 100 Arbeiter hätten täglich ihr Werk verrichtet.“). Im Übrigen betreibt er unter seinem Namen eine Immobilienverwaltung in St. Er ist in verschiedenen Stellungen als Gesellschafter oder Geschäftsführer für ein Geflecht von Gesellschaften tätig bzw. tätig gewesen, was sich auf Grund der Vielzahl der Änderungen in den betreffenden Handelsregistereintragungen nicht vollständig darstellen lässt. Die Gesellschaften sind teilweise fast namensgleich (z.B. „A.Vermögensverwaltung GmbH“ und „A. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbh“).
Die rumänischen Staatsangehörigen L. D. (im Folgenden: Beigeladener zu 6.), P. D. (im Folgenden: Beigeladener zu 7.), F. G. (im Folgenden: Beigeladener zu 8.) und F. C. (im Folgenden: Beigeladener zu 9.) - die Beigeladenen zu 6. und zu 7. sind Brüder und jeweils Schwager des Beigeladenen zu 9. - bemühten sich zunächst in Rheinland-Pfalz und Hessen um Arbeit in Deutschland, kehrten dann aber nach R. vor dem Hintergrund zurück, dass ihnen die Stundenlöhne der verfügbaren Angebote von 3,00 € zu gering erschienen. Der deutschen Sprache mächtig war damals nur der Beigeladene zu 6. Im Zeitraum 2014/2015 wurden sie für das Wohnen in Immobilien in O. (Altmark) mit der Aussicht einer Tätigkeit mit einem Stundenlohn von circa 7,00 € bis 9,00 € angeworben. Die Beigeladenen zu 6., zu 7. und zu 9. wohnen seither nach dem Einwohnermelderegister in O.. Sie bezogen eine Wohnung in der B. 2 in O. (einem Mehrfamilienhaus direkt an der Eisenbahnstrecke), später wohl mit Nachzug von Familienangehörigen mehrere Wohnungen, in einer Immobilie der O. Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG, die bis Mai 2019 ebenfalls durch die Komplementärin der Klägerin vertreten wurde. Für den Beigeladenen zu 8. galt bis zu seiner Abmeldung aus dem Einwohnermelderegister nach R. dasselbe.
Nach ihrem Einzug in die vorgenannte Wohnung meldeten die Beigeladenen zu 6. bis 9. zum 1. Februar 2015 jeweils ein Gewerbe und ihren Wohnsitz in der B. 2 in O. an. Sie erteilten R. H. unter dem 13. Februar und 10. März 2015 Vollmachten, für sie insbesondere Erklärungen abzugeben und Sozialleistungen zu beantragen. Am 18. März 2015 wurden die Beigeladenen zu 6. bis 9. bei einer Baustellenkontrolle in O. angetroffen und gaben an, Rechnungen auch an fünf weitere Kommanditgesellschaften aus dem Firmengeflecht um R. H. - mit derselben Anschrift wie die Klägerin bis zu ihrer Sitzverlegung im Jahr 2023 - gestellt zu haben.
Nach den von ihnen sämtlich in demselben Layout erstellten Rechnungen - mit der Ausstelleradresse B. 2 in O. - erbrachten der Beigeladene zu 6. „Aufräumarbeiten/Holzberäumung/Kellerberäumung“ am Bauvorhaben M. 2 bis 4 in G. von „09/15-02.2016“ (Rechnung vom 12. Februar 2016, Netto-/Bruttobetrag 5.930,00 €), der Beigeladene zu 7. „Schuttberäumung sowie Vorbereitung zur Renovierung“ am Bauvorhaben M. 2 bis 4 in G. von „09/15-02.2016“ (Rechnung vom 8. Februar 2016, Netto-/Bruttobetrag 4.930,00 €), der Beigeladene zu 8. „Hausberäumung/Schutttransport“ am Bauvorhaben M. 2 bis 4 in G. von „09/2015 bis 02/2016“ (Rechnung vom 12. Februar 2016, Netto-/Bruttobetrag 3.930,00 €) bzw. am Bauvorhaben R. 3 in G. von „09/2015 bis 03/2016“ (Rechnung vom 7. März 2016, Netto-/Bruttobetrag 5.000,00 €) sowie der Beigeladene zu 9. „Schuttberäumung/Containerfüllung“ am Bauvorhaben M. 2 bis 4 in G. von „09/2015 bis 02 bzw. 03/2016“ (Rechnungen vom 7. März 2016, Netto-/Bruttobetrag 930,00 € bzw. 5.000,00 €). Den hierzu erteilten Quittungen ist jeweils als Aussteller die „A. GmbH/SDL 100 Grundstücksgesellschaft“ bzw. die „A. GmbH für SDL 100 KG“ zu entnehmen. Jeweils einmal findet sich pro Person auf den Quittungen für die Beigeladenen zu 6. bis 9. der Abzug für eine Vorauszahlung für Miete in Höhe von 930,00 €. Zu den Rechnungen und Quittungen wird auf Blatt 3 bis 14 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Die Tätigkeit für Unternehmen im Firmengeflecht um R. H. war bereits Gegenstand verschiedener Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg (S 9 BA 30/18, S 8 BA 33/18, S 9 BA 39/18, S 12 BA 34/18). Mit Urteil vom 18. August 2020 wies das Sozialgericht im Verfahren S 8 BA 33/18 die gegen die Nachforderung von Beiträgen für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 8. vom 1. März bis zum 30. April 2016 bei der „F. Grundstücksgesellschaft mbH & Co KG“, die bis Juni 2018 dieselbe Komplementärin wie die Klägerin hatte, gerichtete Klage rechtskräftig ab.
Das Hauptzollamt M. (im Folgenden: HZA) teilte der Beklagten mit Schreiben vom 2. Juli 2019 mit, im Zuge der Untersuchung bei der Komplementärin sei festgestellt worden, dass die Beigeladenen zu 6. bis 9. auch für die Klägerin tätig gewesen seien, was sich aus den der Klägerin gestellten Rechnungen ergebe. Jeweils an demselben Tag, dem 18. Juli 2018, wurden bei dem HZA von jedem der Beigeladenen zu 6. bis 9. eidesstattliche Versicherungen mit identischem Inhalt, Schrifttyp und Layout und jeweils dem Datum vom 7. Juli 2018, eingereicht, die von R. H. aufgesetzt worden waren. Zu den Erklärungen wird auf Blatt 73 bis 76 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Der beklagte Rentenversicherungsträger führte vom 20. Dezember 2019 bis zum 21. Januar 2020 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. März 2016 durch. Zu der ergebnislosen Anforderung weiterer Unterlagen durch die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2019 und der Anhörung zur Nachforderung von Beiträgen für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen zu 6. und zu 7. vom 1. September 2015 bzw. 28. November 2015 bis zum 29. Februar 2016 und der Beigeladenen zu 8. und zu 9. vom 1. September 2015 bis zum 31. März 2016 durch die Klägerin in Höhe von 13.492,72 € mit Schreiben vom 23. Januar 2020 äußerte sich R. H. mit Schreiben vom 26. Januar 2020. Er reichte eine für ihn erteilte schriftliche Vollmacht der Komplementärin vom 25. Januar 2020, deren Interessen „vor Sozialgerichten, Amtsgerichten und weiteren staatlichen Behörden“ zu vertreten, mit dem aufgestempelten Wort „KOPIE“ ein. Diese Vollmacht ist mit dem Stempel der Komplementärin und der Unterschrift „P.“ versehen, die ausweislich der während des Berufungsverfahrens am 21. März 2023 notariell beurkundeter Unterschrift tatsächlich nicht von J. P. stammt. Nachfolgend wurde mit dem Datum vom 8. Februar 2020 eine um die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten ergänzte Vollmacht, nun mit einer ebenfalls nicht von J. P. stammenden Unterschrift „I. P.“ und dem Stempel der Komplementärin bei der Beklagten eingereicht. Mit derselben Schrifttype, -größe etc. wie die Vollmacht und im Wesentlichen fehlerfreien Deutsch gingen unter dem Datum vom 12. bzw. 13. Februar 2020 zwei Stellungnahmen der Beigeladenen zu 6. und zu 7. bei der Beklagten ein (jeweils mit Angaben derselben Kontonummer bei der Postbank in der Fußzeile der Schreiben), zu denen auf Blatt 119 bis 120 und 121 bis 126 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird.
Am 18. Februar 2020 teilte Rechtsanwältin P. der Beklagten mit, von R. H. mit der „Wahrnehmung seiner und der Interessen der S. Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG“ „in der vorbenannten Angelegenheit“ beauftragt worden zu sein. Sie verwies auf eine von R. H. (ohne Zusatz i.A. oder i.V. im Feld „Unterschrift Mandanten“) mit dem Datum vom 15. Februar 2020 unterzeichnete Prozessvollmacht („wegen Akteneinsicht Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland“). Diese Rechtsanwältin übersandte der Beklagten mit Telefaxschreiben vom 25. Juni 2020 vier identische Erklärungen der Beigeladenen zu 6. bis 9., die jeweils nur mit der notariellen Bestätigung der Identität der Personen, d.h. nicht des Inhalts, versehen sind. Zu den Erklärungen wird auf Blatt 157 bis 158, 159 bis 160, 161 bis 162 und 163 bis 164 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Mit dem an Rechtsanwältin P. gegen Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid vom 18. August 2020 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Nachforderung für den Prüfzeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. März 2016 in Höhe von 13.492,72 € fest. Die Auswertung der vorliegenden Unterlagen habe ergeben, dass bei einer Gesamtwürdigung der Merkmale der ausgeübten Tätigkeit festzustellen sei, dass bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 9. für die Klägerin die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen und es sich somit jeweils um ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt habe. Es fehlten Angaben zu anderen Auftraggebern dieser Personen, zumal Vermittler immer R. H. gewesen sei. Dieser habe auch die Preise bestimmt. Nennenswertes Kapital sei von den Beigeladenen zu 6. bis 9. nicht eingesetzt, sondern lediglich Kleinwerkzeug von diesen selbst eingebracht worden. Die Tätigkeit sei bei den Auftraggebern der Klägerin mit einer Eingliederung in deren Betrieb erfolgt. Das Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Zeit, Ort sowie Art und Weise der Tätigkeit habe sich aus dem jeweils erteilten Auftrag ergeben. In den dem Bescheid beigefügten Anlagen wurden für die Monate ab September 2015, für die Beigeladenen zu 6. und zu 7. bis Februar 2016 und für die Beigeladenen zu 8. und zu 9. bis März 2016, Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung und Umlagen auf der Grundlage der aus den Rechnungen entnommenen Arbeitsentgelte in Höhe der dort genannten Beträge der Beigeladenen zu 1. als Einzugsstelle zugeordnet.
Rechtsanwältin P. legte mit Telefaxschreiben vom 11. September 2020 „Namens und im Auftrag meiner Mandantschaft“ Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid ein. R. H. habe sie mit der Wahrnehmung der Interessen der Klägerin in vorgenannter Angelegenheit beauftragt. Sie verwies auf eine von R. H. (ohne Zusatz i.A. oder i.V. im Feld „Unterschrift Mandanten“) mit dem Datum vom 11. September 2020 unterzeichnete Prozessvollmacht („in Sachen S. 100 Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG ./. Dt. Rentenversicherung MD“).
Im Widerspruchsverfahren ist das Protokoll über die Hauptverhandlung am 5. und 7. Oktober 2020 aus dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht S. 21 Ds 406 Js 15116/17 gegen R. H., das mit einer Einstellung nach § 153a Strafprozessordnung gegen Zahlung einer Geldauflage von 5.000,00 € beendet wurde, beigezogen worden. Der Beigeladene zu 9. gab gegenüber dem Amtsgericht St. im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung im Oktober 2020 an, ihm und den Beigeladenen zu 6. bis 8. sei vor der Zeugenvernehmung von dem Geschäftsführer der Komplementärin J. P., den sie einmal gesehen hätten, nun eine Anstellung in Aussicht gestellt worden sei. Zu den Vernehmungsprotokollen wird im Übrigen auf Blatt 255 bis 278 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Die Beklagte wies mit dem gegen Postzustellungsurkunde an Rechtsanwältin P. zugestellten Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2021 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beigeladenen zu 6. bis 9. hätten in der Zeit von September 2015, die Beigeladenen zu 6. und zu 7. bis Februar 2016 und die Beigeladenen zu 8. und 9. bis März 2016, die auf den Rechnungen genannten Arbeiten auf den von der Klägerin vorgegebenen Baustellen durchgeführt. Hinsichtlich der Ausführung ihrer Arbeiten seien ihnen Weisungen erteilt worden. Ihre Arbeiten seien kontrolliert worden. Ihren Angaben nach hätten sie Arbeitszeitnachweise in Form von Stundenzetteln führen müssen, welche sie gemeinsam mit ihren Kollegen regelmäßig übergeben hätten. Die Arbeiten seien von ihnen persönlich ohne Möglichkeit, eine Ersatzkraft zu stellen, zu erbringen gewesen. Sie hätten lediglich ihre eigene Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt und kein Unternehmerrisiko getragen. Die Gewerbeanmeldung erlaube keinen Rückschluss darauf, in welcher Weise die Tätigkeit ausgeübt werde. R. H. habe die Arbeiten vermittelt und die Preise organisiert. Die Vergütung habe bei den Beigeladenen zu 6. und zu 7. 7,00 € bis 9,00 € und bei den Beigeladenen zu 8. und zu 9. 9,00 € betragen. Die Beiträge und Umlagen seien auf der Grundlage der Beträge in den Rechnungen des Beigeladenen zu 6. vom 12. Februar 2016, des Beigeladenen zu 7. vom 8. Februar 2016, des Beigeladenen zu 8. vom 12. Februar und 7. März 2016 und des Beigeladenen zu 9. vom 2. und 7. März 2016 ermittelt worden.
Am 12. März 2021 ist unter dem Briefkopf der Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben worden. Im Aktivrubrum ist auf der Klageschrift für die K.-GmbH „vertreten durch den Geschäftsführer“ und im Anschluss daran „vertreten durch den Prozessbevollmächtigten: R. H., W.str. 05 in S. durch Vollmacht vom 08.02.2020“ angegeben. In der Anlage ist das Original der oben beschriebenen, im Verwaltungsverfahren bereits vorgelegten Vollmacht vom 8. Februar 2020 mit der gefälschten Unterschrift eingereicht worden.
Mit Beschluss vom 13. April 2022 hat das Sozialgericht die aus dem Rubrum ersichtlichen Beiladungen zu 1. und zu 2. vorgenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung von R. H., der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. und 2. mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2022 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2021 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladenen zu 6. bis 9. seien versicherungspflichtige Arbeitnehmer der Klägerin gewesen. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung sprächen hier mehr Gesichtspunkte für als gegen die abhängige Beschäftigung. Die durch die Beklagte vorgenommene Abwägung, auf die gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen werde, sei sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei Folgendes auszuführen: Zusätzliches, ganz gewichtiges Indiz für die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin sei die vereinbarte Vergütung von 7,00 € bis 9,00 € pro Stunde. Hierbei handele es sich ganz offenkundig um einen Stundensatz, der es einem Selbstständigen praktisch nicht ermögliche, hiervon die Lasten seiner sozialen Sicherung selbst zu tragen. Der Stundensatz bewege sich im Bereich von unter 30 Prozent des Nettostundensatzes eines qualifizierten selbstständig tätigen Handwerkers oder Dienstleisters und entspreche damit weder der Qualifikation der Arbeitnehmer noch den von ihnen verrichten Tätigkeiten.
Die Zurücksendung des vom Sozialgericht für die Zustellung des Gerichtsbescheides vom 23. Mai 2022 von „Herrn Rechtsanwalt R. H.“ mit Schreiben vom 24. Mai 2023 abgeforderten Empfangsbekenntnisses ist durch R. H. mit Angabe seines Namens und dem Datum vom 25. Juli 2022 erfolgt. Am 22. August 2022 hat R. H. unter seinem eigenen Briefkopf gegen den Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2022 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Unterschrift ist nicht mit einem Zusatz, der auf ein Vertretungsverhältnis hindeutet, versehen. Am 16. Januar 2023 hat R. H. mitgeteilt, die Vertretung der Klägerin auf Grund der bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht eingereichten Vollmacht vorzunehmen. Beigefügt gewesen ist eine andere Version der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vollmacht der Komplementärin vom 25. Januar 2020, nun mit „I. P.“ in Großbuchstaben als Unterschrift und ohne Stempel. In der Sache hat R. H. ausgeführt, der Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts sei nicht korrekt. Die Klägerin sei eine Immobilienbesitzgesellschaft ohne Personal, deren Gesellschafter er - R. H. - und M. K. seien. Die Klägerin betreibe keine Firma im Baugewerbe. Die Beigeladenen zu 6. bis 9. hätten keine die Klägerin, sondern nur ihre Komplementärin betreffenden Angaben gemacht, die im Übrigen von der Beklagten in Bezug auf die eingereichten Unterlagen nicht berücksichtigt worden seien. Da die Klägerin keinen Betrieb ausführe, sei eine Eingliederung der Beigeladenen zu 6. bis 9. insoweit nicht möglich. Er hat auf das Einzelrichter-Urteil des Landgerichts St. vom 12. Juli 2022 (23 O 78/20) verwiesen, mit dem eine Klage der Bahn-BKK gegen ihn - R. H. - auf Schadensersatz in Bezug auf eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 6. bis 9. abgewiesen wurde. Hierzu wird auf Blatt 193 bis 201 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Auf den Hinweis des Senats mit richterlichem Schreiben vom 19. Januar 2023, die Voraussetzungen einer Bevollmächtigung im Sinne des § 73 Abs. 2 SGG dürften nicht erfüllt sein, hat R. H. mit Schreiben vom 2. Februar 2023 im Hinblick auf seine Bevollmächtigung auf drei Urkunden Bezug genommen: Die vor der Notarin A. in St. errichtete Urkunde 1430/2012, in der G. M. „handelnd nicht im eigenen Namen, sondern als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer“ der Komplementärin am 4. September 2012 R. H. Vollmacht erteilte, „den Vollmachtgeber in allen Angelegenheiten zu vertreten, soweit eine solche Vertretung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zulässig ist“. Diese Vollmacht erlösche, wenn die Gesellschaft diese widerrufe. Im Übrigen sind wiederum die Vollmacht unter dem 25. Januar 2020 (in der Version mit der Unterschrift in Großbuchstaben) und eine weitere Vollmacht mit demselben Datum, wohl mit der Unterschrift „B.“, vorgelegt worden. In der Anlage ist eine Vollmacht der Komplementärin, mit einer wieder deutlich anders aussehenden Unterschrift „I. P.“ für den ehemaligen Geschäftsführer B. B. vom 7. Juni 2019 übersandt worden. Als weitere Anlage ist eine - mit einer Lochung versehene und damit offenkundig nicht zu den vorausgehenden Seiten gehörende - Beglaubigung einer Unterschrift von J. P. durch einen Notar vom 7. Juni 2019 eingereicht worden. R. H. hat dem Senat schließlich eine Vollmacht übersandt, für die notariell nur die Unterschrift von J. P. von dem Notar T. in P. am S. am 21. März 2023 beurkundet worden ist. Nach dem Text des Schriftstücks hat der Geschäftsführer der Komplementärin R. H. am 21. März 2023 eine Vollmacht und Bestätigung der Vertretungsbefugnis erteilt für die „Streitfälle, Verfahren und Gerichtsprozesse [,] die vor dem - Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zum Aktenzeichen: L 3 BA 20/22 - Sozialgericht Magdeburg zum Aktenzeichen: S 46 BA 16/21 - Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland zum Aktenzeichen: 143403 / 87099795 / 7160 geführt wurden und werden in Sachen der Klägerin erteilt. Hier dürfe R. H. vortragen und die „Komplementärgesellschaft“ vertreten. Die Erklärung gelte auch mit Wirkung für die Vergangenheit. Der bisher erfolgte Vortrag werde ausdrücklich genehmigt und nachträglich bestätigt. R. H. sei auch befugt gewesen, für die Streitfälle einen Rechtsanwalt für die Klägerin zu beauftragen und entsprechende Vertretervollmacht zu erteilen. Zu der Vollmacht wird im Übrigen auf den Inhalt von Blatt 273 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.
Der Senat hat R. H. nach seiner Anhörung mit Beschluss vom 16. Mai 2023 als Bevollmächtigten der Klägerin zurückgewiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Januar 2024 die Beiladungen zu 3. bis 9. bewirkt.
Nach der öffentlichen Zustellung der Ladung an den Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin ist für diese in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2023 zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihren Bescheid für rechtmäßig.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich in der Sache nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Unterstellt man, dass dem Geschäftsführer der Komplementärin J. P., der hier möglicherweise nur als Strohmann fungiert, der Inhalt der Urkunde, die er ausweislich der notariellen Beurkundung am 21. März 2023 unterzeichnet hat, als Willenserklärung zuzurechnen ist, könnte mit der in der Urkunde erteilten Genehmigung zur Vertretung der Klägerin ggf. eine wirksame Berufung durch R. H. vorliegen. Die Zurückweisung des Bevollmächtigten durch den Senat mit Beschluss vom 16. Mai 2023 würde insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung zurückreichen.
Eine Genehmigung bereits der Klageerhebung vor dem Sozialgericht dürfte demgegenüber während des Berufungsverfahrens nicht mehr zu erreichen sein, wenn - wie hier -vor dem Sozialgericht eine gefälschte Vollmacht zur Klageerhebung vorgelegt worden ist. Die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Vollmacht sind bei Erlass eines Gerichtsbescheides für das erstinstanzliche Verfahren bis unmittelbar vor dessen Absendung zu erfüllen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 6 KA 29/00 R -, juris, RdNr. 14; vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 27. März 2012 - L 2 R 12/11 -, juris, RdNr. 14ff.). Eine GmbH & Co. KG wird gemäß §§ 161 Abs. 2, 170 Handelsgesetzbuch (HGB) durch ihre Komplementärin vertreten. R. H. ist als Kommanditist nach § 170 Abs. 1 HGB demgegenüber nicht befugt, die Klägerin zu vertreten. Soweit R. H. auf eine ihm von dem Geschäftsführer der Komplementärin erteilte schriftliche Vollmacht verwiesen hat, ist diese hier unwirksam. Nach § 73 Abs. 6 SGG ist die Vollmacht schriftlich, d.h. im Original, bei Gericht einzureichen. Daraus ergibt sich nicht nur der Formakt des Vorhandenseins einer Unterschrift, sondern auch die Notwendigkeit, dass die Vollmacht von derjenigen Person herrührt, die auf der Vollmacht als Unterzeichner angegeben ist. Die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht erfüllt weder formal die Voraussetzungen einer Vollmachtsurkunde noch weist diese einen hinreichenden Bezug zur Klägerin selbst auf. Denn die als Blatt 4 zur Gerichtsakte genommene Vollmacht mit dem Datum vom 8. Februar 2020 ist nicht von dem Geschäftsführer der Komplementärin unterzeichnet. Diese Vollmacht bezieht sich im Übrigen nicht auf das konkrete Klageverfahren. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren im Verfahren vorgelegten Urkunden bzw. Kopien von Urkunden. Selbst wenn man bis zu einer Zurückweisung des Bevollmächtigten eine Handlungsvollmacht für ausreichend erachten würde, müsste diese für eine Kommanditgesellschaft bei einer Prozessführung darauf gerichtet sein, diese, d.h. nicht die Komplementär-GmbH, zu vertreten (§ 54 Abs. 2 HGB). Die Unterschrift von R. H. ist im Übrigen durchgehend nicht mit einem auf die Vertretung hindeutenden Zusatz versehen (vgl. § 57 HGB), was ebenfalls belegt, dass er die Klage als nicht zur Vertretung berechtigter Kommanditist bzw. in eigener Person erhoben hat.
Es kann damit dahinstehen, dass auch der Bescheid vom 18. August 2020 bestandskräftig geworden sein dürfte, da er nicht wirksam mit dem Widerspruch angefochten wurde. Denn es sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass auch der Widerspruch gegen diesen Bescheid nicht von einer Vollmacht gedeckt war. Die Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung im Widerspruchsverfahren richten sich nach § 13 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X; vgl. statt aller LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2013 - L 3 AS 98/13 -, juris, RdNr. 16). Die Bevollmächtigung von Rechtsanwältin Prigge zur Einlegung des Widerspruchs erfolgte hier durch R. H., der sich insoweit auf die nachfolgend im erstinstanzlichen Verfahren erneut vorgelegte Untervollmacht mit einer gefälschten Unterschrift stützte. Soweit aus der Nichtvorlage einer Vollmacht im Widerspruchsverfahren den Widerspruchsführer betreffende nachteilige Konsequenzen nur dann gezogen werden können, wenn diesem die Vorlage einer Vollmacht auferlegt wurde, gilt dies nicht, wenn - wie hier - eine gefälschte Vollmacht den Eindruck einer schriftlichen Vollmacht zu erwecken geeignet ist.
Der Bescheid vom 18. August 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2021 ist im Übrigen rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat zu Recht von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. März 2016 insgesamt 13.492,72 € nachgefordert. Die Klägerin ist als Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 6. bis 9. im vorgenannten Zeitraum in dem von der Beklagten festgestellten Umfang zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen zu Recht in Anspruch genommen worden.
Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 6. bis 9. in der Sozialversicherung durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin entscheiden. Als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (so BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 KR 10/09 R -, juris, RdNr. 17). Dass hier der Klägerin die Leistungen von den Beigeladenen zu 6. bis 9. geschuldet wurden, ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus der Zuordnung nach den vorliegenden Auszahlungsquittungen für die Rechnungsbeträge zur Klägerin, dies auch innerhalb des um R. H. bestehenden Firmengeflechts. Soweit behauptet worden ist, für die mit der Nachforderung in Anspruch genommene Klägerin sei eine Arbeitgeberstellung ausgeschlossen, da das Gewerbe nicht in Bauleistungen bestehe, belegt bereits der ausweislich des Handelsregisters in dem Erwerb und der Errichtung von Grundbesitz und Bauten, der Vermietung und sonstigen Nutzung von Immobilien sowie den damit zusammenhängenden Dienstleistungen bestehende Unternehmenszweck der Klägerin, dass dies nicht zutrifft. Auf die an die Klägerin gerichteten Rechnungen der Beigeladenen zu 6. bis 9. sind mit Zuordnung zur Klägerin Zahlungen bzw. die Verrechnung mit zum persönlichen Bedarf dieser Beigeladenen zu zählenden Kosten für die Unterkunft erfolgt.
Ausgehend von den hier nach Art. 11 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vom 29. April 2004 (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1) maßgebenden Regelungen des deutschen Sozialversicherungsrechts besteht grundsätzlich für Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, bei einer Beschäftigung, welche die Geringfügigkeitsgrenzen überschreitet, Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung, der Gesetzlichen Krankenversicherung, der Sozialen Pflegeversicherung und der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI], § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V]; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Sozialgesetzbuch [Soziale Pflegeversicherung - SGB XI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [Arbeitsförderung - SGB III]). Auch die Umlagen nach § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG) knüpfen an das Beschäftigungsverhältnis an (§ 1 AAG).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb muss der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sein und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unter liegen, das vor allem bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 3/17 R -, juris, RdNr. 12). Demgegenüber ist eine selbstständige Erwerbstätigkeit regelmäßig durch das eigene Unternehmerrisiko des Erwerbstätigen, dadurch, dass dieser eine eigene Betriebsstätte unterhält, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018, ebenda; BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, juris, RdNr. 15 m.w.N.).
Dabei bilden zunächst die vertraglichen Vereinbarungen, die der Tätigkeit zugrunde liegen, und eine Prüfung, ob die betreffende Tätigkeit sowohl in selbstständiger Tätigkeit als auch in Form einer abhängigen Beschäftigung anzutreffen und insbesondere Gegenstand einer Versicherungspflicht eines Selbstständigen nach § 2 SGB VI ist, den Ausgangspunkt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. März 2018, a.a.O., RdNr. 13). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einem Vorbringen zu den konkreten Vereinbarungen vor Aufnahme der Tätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 9., die Voraussetzung eines Verhältnisses von Auftraggeber zu Subunternehmer im Bereich des Baugewerbes oder verwandter Gewerbe sind.
Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin ergibt sich bei dem Zusammenwirken in der Umsetzung von Aufräumarbeiten, Holz-, Keller- und Schuttberäumung bzw. -transport im Übrigen auch aus der notwendigen Koordinierung, welche die Abgrenzung von einzelnen Aufträgen, die an Subunternehmen vergeben werden könnten, regelmäßig nicht erlaubt. Die vorgenannten Arbeiten erfolgen durch mehrere Personen arbeitsteilig und aufeinander abgestimmt. Entsprechend ist für den Senat auch nicht erkennbar, wie eine Auftragserteilung an einen Subunternehmer aussehen sollte, die in Bezug auf die Beigeladenen zu 6. bis 9. weder belegt noch im Einzelnen auch nur dargelegt worden ist. Unbeantwortet geblieben ist in diesem Zusammenhang insbesondere, vor welchem Hintergrund die verwandtschaftlich verbundenen Beigeladenen zu 6., zu 7. und zu 9., die gemeinsam in einem Haus wohnen, der Klägerin gegenüber als Einzelunternehmen aufgetreten sein sollten. Aufräumarbeiten, Holz-, Keller- und Schuttberäumung bzw. -transport sind auch typische Arbeiten im Spektrum der Schwarzarbeit, weil keine Qualifizierung erforderlich ist. Ein gewichtiges Indiz bildet insoweit auch die Barzahlung (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 25. November 2021 - 3 BA 25/19 -, juris, RdNr. 42 unter Hinweis auf Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 7. Januar 2019 - 7 U 103/18 -, juris, RdNr. 7ff.).
Der Senat geht davon aus, dass für die Klägerin neben der Beschäftigung gegen eine niedrige Entlohnung zumindest auch, wenn nicht sogar vorrangig, die Belegung von schlecht vermietbarem Wohnraum den Ausschlag für die Aufnahme der Beziehungen zu den Beigeladenen zu 6. bis 9. gab. Hierfür spricht insbesondere die schon mit Anmeldung des Gewerbes in O. von R. H. auf sich übertragene Vertretungsbefugnis, Sozialleistungen für die vorgenannten Beigeladenen zu beantragen. Die Kosten der Unterkunft sind teilweise durch Einbehalt vom Lohn abgedeckt worden. Im Übrigen hat R. H. selbst darauf verwiesen, dass Geschäftszweck der Klägerin primär die Vermietung von Immobilien sei. Der Senat kann offenlassen, ob die Kosten der Unterkunft durch längerfristige Schwarzarbeit oder die Anwerbung mit einer kurzfristigen Schwarzarbeit für die langfristige Einwanderung nach Deutschland mit einer dauerhaften Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung durch die Sozialleistungsträger angestrebt wurde, die im Ergebnis eingetreten ist. Selbst wenn Letzteres der Fall wäre, führt dies nicht dazu, dass die dann nur als Lockmittel gedachte kurzfristige Schwarzarbeit als selbstständige Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 9. anzusehen sein könnte.
Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 6. bis 9. sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Die im Verfahren nach der Prüfung des HZA vorgelegten schriftlichen Erklärungen der Beigeladenen zu 6. bis 9. sind sämtlich nur in Bezug auf die jeweilige Unterschrift notariell beglaubigt, in Bezug auf den eigentlichen Inhalt aber offenkundig nicht diesen Beigeladenen zuzurechnen. Dass solche Erklärungen von den Beigeladenen zu 6. bis 9. unterzeichnet wurden, ist für den Senat hinreichend damit erklärt, dass R. H. über die Sicherung des Wohnraums als Voraussetzung des Bezugs von Sozialleistungen über erhebliche Druckmittel verfügte. Nach den Aussagen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht St. wurde den Beigeladenen zu 6. bis 9. vor ihrer Vernehmung durch den Geschäftsführer der Komplementärin sogar eine Anstellung versprochen. Für eine selbstständige Erwerbstätigkeit fehlte den Beigeladenen zu 6. bis 9. die Verhandlungsmacht im Verhältnis zu den im Firmengeflecht um R. H. agierenden Personen, deren Bedingungen die Beigeladenen zu 6. bis 9. als vorgegeben akzeptieren mussten. Das belegt für den Senat u.a. die für alle vier Personen völlig gleichlaufende Abwicklung der Anmietung von Wohnraum, Barzahlung, Vergütung unter Abzug von Miete etc. Insbesondere die Mietzahlung durch Einbehalt bei der Vergütung dokumentiert eine persönliche Abhängigkeit, die mit einer selbstständigen Stellung des Rechnungsstellers im Erwerbsleben nicht vereinbar ist.
Die Höhe der nachgeforderten Beiträge ist von der Klägerin nicht beanstandet worden und weist auch aus Sicht des Senats keine Berechnungsfehler auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, § 162 Abs. 3 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.