Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme und die Kostenerstattung für postbariatrische Wiederherstellungsoperationen in den Bereichen der Oberschenkel beidseits, der Oberarme beidseits, der Brust und der Bauchdecke.
Die 1977 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 01.03.2018 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der oben genannten Wiederherstellungsoperationen mit der Begründung, sie habe sich aufgrund orthopädischer Beschwerden und Schmerzen im August 2016 in der Türkei einer Schlauchmagenoperation unterzogen. Zudem habe sie Ernährungsberatungen in Anspruch genommen, ihre Ernährung umgestellt, verschiedene Abnehmprodukte eingenommen sowie vermehrt Sport getrieben und hierdurch ihr Gewicht von 118 kg auf 75 kg reduziert. Sie habe nunmehr bei einer Körpergröße von 158 cm einen Body-Mass-Index von 30. Trotz entsprechender täglicher Pflege leide sie allerdings unter dermatologischen Problemen im Bereich der Hautfalten und der Fettschürze. Ihr soziales Leben sei hierdurch eingeschränkt. Im Februar 2018 habe sie sich in einem Krankenhaus über operative Möglichkeiten beraten lassen. Die nun beantragten Operationen seien ihr dort ärztlicherseits dringend angeraten worden. Zum Nachweis fügte sie ein Attest der Ärzte Prof. C. und Dr. H. aus dem G. Krankenhaus in Frankfurt am Main bei, aus dem hervorgeht, dass die Operationen „befürwortet“ (Zitat) würden. Das ebenfalls beigefügte Attest des Dermatologen Dr. D. aus A-Stadt beschreibt rezidivierende Entzündungen in den Hautfalten unter der Bauchschürze; diese führten zu starkem Juckreiz und zeitweise zu blutenden erosiven Hautläsionen; eine endgültige Lösung des Problems sei nur durch eine operative Bauchdeckenstraffung zu erreichen, die er daher empfehle.
Im 18.05.2018 ließ die Klägerin im Kreiskrankenhaus Groß-Umstadt eine abdominale Straffung der Haut durchführen und bezahlte die Rechnung in Höhe von 5.000,00 Euro.
Im Auftrag der Beklagten stellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Hessen (MDK) in seinem Gutachten vom 16.04.2018 fest, dass keine oder nur eine geringgradige Bewegungseinschränkung durch die Hautüberschüsse bestünde. Die tägliche Intimpflege oder die Mobilität seien nicht eingeschränkt. Zwar werde von dermatologischen Problemen berichtet, eine fachdermatologische Behandlung über einen längeren Zeitraum sei aber nicht dokumentiert. Entstellung liege im Sinne der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht vor. Ein weiterer Rückgang des Gewebes sei zu erwarten, wenn eine weitere Gewichtsreduktion vorgenommen werde. Das weitere Gutachten des Medizinischen Dienstes vom 23.10.2018 bestätigte das erste Gutachten. Hinweise auf höhergradig abgelaufene Entzündungen der Haut seien in Kenntnis der von der Klägerin vorgelegten Fotodokumentation nicht erkennbar.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 20.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2018 ab. Dagegen hat die Klägerin am 10.01.2019 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Mit Urteil vom 27.06.2022 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Als Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch komme vorliegend allein §13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Der Anspruch auf Kostenerstattung reiche insoweit nicht weiter als der Sachleistungsanspruch, den er ersetze. Nicht als Sachleistung geschuldete Leistungen könnten also auch auf dem Erstattungswege nicht verlangt werden. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1, 5 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse u. a. ärztliche Behandlungen und Krankenhausbehandlungen. Diese Rechtsgrundlage sei ferner für die Anträge auf Kostenübernahme für die noch nicht durchgeführten Wiederherstellungsoperationen einschlägig. Im vorliegenden Fall stehe zur Überzeugung der Kammer aber fest, dass eine Behandlung der Hautfalten der Klägerin durch eine Straffungsoperation keine notwendige Krankenbehandlung darstelle. Die Hautfalten der Klägerin an sich hätten bereits keinen Krankheitswert im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Eine durch die die Hautfalten ausgelöste und durch eine Straffung der Hautfalten zu behandelnde dermatologische Erkrankung sei nicht nachgewiesen. Auch liege kein entstellender Zustand bei der Klägerin vor.
Gegen das ihr am 19.07.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.08.2022 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass bei ihr ein regelwidriger Zustand der Haut vorliege, da der normale Zustand des Menschen in der Regel keine massiven, überschüssigen Hautareale mit Faltenbildung aufweise. Dieser regelwidrige Zustand sei zu Lasten der Krankenkasse zu beseitigen. Die chirurgische Sanierung des Haut- und Weichteilmantelüberschusses sei integraler Bestandteil einer einheitlichen Behandlung der Adipositas. Dabei verweist die Klägerin auf das Sächsisches Landessozialgericht (Urteil vom 31.05.2018, Az. L 1 KR 249/16) und die aktuelle S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 27.06.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr drei postbariatrischen Wiederherstellungsoperationen (Oberschenkelstraffung beidseits, Oberarmstraffung beidseits, Bruststraffung) unter vollstationären Bedingungen als Sachleistung zu gewähren und ihr die Kosten für eine selbstbeschaffte postbariatrische Wiederherstellungsoperation (Bauchdeckenstraffung) in Höhe von 5.000,00 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht ihre Rechtsauffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und meint, dass eine Behandlung der Hautfalten der Klägerin durch eine Straffungsoperation keine notwendige Krankenbehandlung darstelle.
Zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hat der Senat den hautärztlichen Befundbericht von Dr. D. vom 06.02.2023 eingeholt.
Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Arzt Dr. S. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens mit Untersuchung der Klägerin beauftragt. Nachdem der Sachverständige vergeblich versucht hatte, die Klägerin für eine Untersuchung einzubestellen, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag nach § 109 SGG zurückgenommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, § 153 Abs.1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 SGG.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht Darmstadt hat die Klage mit Urteil vom 27.06.2022 zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 20.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2018 ist nicht aufzuheben, denn er ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Kostenübernahme und auf die Kostenerstattung für postbariatrische Wiederherstellungsoperationen in den Bereichen der Oberschenkel beidseits, der Oberarme beidseits, der Brust und der Bauchdecke.
Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung des Sozialgerichts Darmstadt verwiesen.
Ergänzend führt der Senat aus:
Vorliegend ist die Kostenübernahme und die Erstattung von Kosten für selbstbeschaffte postbariatrische Straffungs- bzw. Wiederherstellungsoperationen im Streit. Es handelt sich dabei um ein Begehren, das zu den nicht selten auftretenden Rechtsstreitigkeiten vor den Sozialgerichten gehört. Die rechtlichen Fragestellungen zu solchen Folgeoperationen nach adipositaschirurgischer Schlauchmagenoperation und die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung sind in der Rechtsprechung nicht zuletzt des erkennenden Senats klar umrissen (vgl. beispielhaft Urteile vom 18.05.2021, L 1 KR 406/20 und vom 02.06.2020, L 1 KR 718/18).
Rechtsgrundlage für die Gewährung der begehrten Operationen zur Gewebereduktion als Sachleistung ist § 27 SGB V. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, um ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Unter Krankheit ist nach der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper - oder Geisteszustand zu verstehen, der einer ärztlichen Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 30.09.1999, B 8 KN 9/98 KR; BSG, Urteil vom 10.02.1993, B 1 RK 14/92). Nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit kommt Krankheitswert zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 3/03 R).
Zur Behandlung einer Krankheit kann grundsätzlich auch eine mittelbare Therapie vom Leistungsanspruch umfasst sein. Wird durch eine Operation dabei jedoch in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, bedarf diese mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R und Beschluss vom 17.10.2006, B 1 KR 104/06 B; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.01.2014, L 5 KR 325/12; Hessisches LSG, Urteile vom 09.02.2017, L 1 KR 134/14 und vom 06.10.2016, L 8 KR 291/14). Beispielsweise darf eine chirurgische Behandlung in Form einer Verkleinerung der Brust nur die ultima ratio sein, da ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen wie z.B. Entzündungen, Thrombose bzw. Lungenembolie, operations-spezifische Komplikationen) verbunden ist. Werden z.B. orthopädische Beschwerden in Folge von übergroßen Brüsten geltend gemacht, ist zu fordern, dass eine schwerwiegende Erkrankung der Wirbelsäule vorliegt, alle konservativen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft wurden und mit die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass die Maßnahme auch den gewünschten Behandlungserfolg bringt (Hessisches LSG, Urteil vom 15.04.2013, L 1 KR 119/11; LSG Hamburg, Urteil vom 25.08.2016, L 1 KR 38/15).
Bestehen Veränderungen der Haut infolge des Aufeinanderreibens überlappender Hautareale unterhalb der Brust, am Bauch oder zwischen den Oberschenkeln oder an den Oberarmen, bedarf es des Nachweises nachhaltiger Strukturveränderungen der Haut als Folge einer persistierenden Entzündung, z.B. in Form erodierter Bereiche (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 15.04.2013, L 1 KR 119/11). Ein Krankheitswert ist nur dann zu bejahen, wenn dauerhaft therapieresistente Hautreizungserscheinungen wie Pilzbefall, Sekretionen oder entzündliche Veränderungen vorliegen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006, L 4 KR 60/04). Entsprechend ist im Fall postbariatrischer Straffungsoperationen nach Auffassung des Senats ein schwerwiegendes Krankheitsbild der Haut zu fordern, um einen operativen Eingriff zu rechtfertigen (vgl. zur Thematik insgesamt Hessisches LSG, Urteil vom 02.06.2020, L 1 KR 718/18).
Bei der Klägerin bestehen bzw. bestanden jedoch keine Hautveränderungen, die ausschließlich durch Straffungsoperationen der Oberschenkel beidseits, der Oberarme beidseits, der Brust und der Bauchdecke therapierbar wären. Die durch die Gutachten des MDK vom 14.04.2018 und 23.10.2018 beschriebenen und durch Fotos dokumentierten Hautveränderungen sind nach Auffassung des Senats nicht als derart schwerwiegend und als nicht therapierbar zu bewerten, so dass daraus ein Anspruch auf die begehrten Straffungsoperationen folgen könnte. Ausweislich der Fotodokumentation und der MDK-Gutachten liegen zur Überzeugung des Senats keine Funktionseinschränkungen vor. Auch aus dem vom Senat eingeholten Befundbericht des Dermatologen Dr. D. vom 06.02.2023 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine notwendige oder durchgeführte systematische, fachdermatologische Behandlung an den hier streitgegenständlichen Hautpartien oder für eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit. Eine behandlungsbedürftige Erkrankung, welche die begehrte Kostenerstattung bzw. Sachleistung begründen könnte, ist den medizinischen Unterlagen folglich nicht zu entnehmen.
Eine Leistungspflicht ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Entstellung. Eine Entstellung ist der gutachterlichen Feststellung des MDK, der sich der Senat nach eigener Überzeugung unter Zugrundelegung der Gutachten und der Fotodokumentation anschließt, offensichtlich nicht gegeben. Für die Annahme einer Entstellung muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi „im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R). Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert (BSG, Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 3/03 R).
Vor diesem Hintergrund ist im Fall der Klägerin die Erheblichkeitsschwelle zur Entstellung bei weitem nicht erreicht. Zum einen kann die Klägerin die betreffenden Körperstellen durch einfachste Mittel, nämlich durch das Tragen angepasster Kleidung, verdecken. Zum anderen kann zwar mit der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 10. März 2022, B 1 KR 3/21 R) über den bislang vertretenen Begriff der Entstellung hinaus auch körperlichen Anomalien ein Krankheitswert zugemessen werden, die sich in Bereichen befinden, die üblicherweise von Kleidung bedeckt sind. Allerdings müssen in diesen Bereichen die Auffälligkeiten besonders schwerwiegend sein. Erforderlich ist, dass selbst die Offenbarung im privaten Bereich die Teilhabe an der Gesellschaft, etwa im Rahmen der Sexualität, nahezu ausschließt. Hierbei ist nicht das subjektive Empfinden des Betroffenen maßgeblich, sondern allein die objektiv zu erwartende Reaktion. Die Auffälligkeit muss evident abstoßend wirken. Dies ist in aller Regel bei Hautüberschüssen nach bariatrischen Operationen – wie im Fall der Klägerin – nicht der Fall. Eine besonders schwerwiegende Auffälligkeit kann der Senat auch der Fotodokumentation nicht entnehmen.
Die begehrten Straffungsoperationen stellen entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen Bestandteil einer einheitlichen Behandlung der Adipositas dar; insbesondere ist eine bariatrische Operation (hier: Magenbypass) nicht zwingend mit einer postbariatrischen Wiederherstellungsoperation in Form verschiedener Straffungsoperationen abzuschließen. Sowohl für bariatrische Operationen als auch für die hier streitigen Straffungsoperationen sind jeweils gesondert Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen. Der dem Urteil des Sächsischen LSG vom 31. Mai 2018 (L 1 KR 249/16) zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden: Während die Klägerin dort selbst im Winter unter nachhaltigen Hautproblemen mit massiven Entzündungen litt, konnte das sozialmedizinische Gutachten des MDK und der Befundbericht des Hautarztes kein schwerwiegendes Krankheitsbild der Haut feststellen, so dass auch der Schluss des Sächsischen Landessozialgerichts - bariatrische Operation verursacht massiven krankhaften Hautbefund, der operativ zu beseitigen ist - auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden kann.
Der Hinweis der Klägerin auf die Empfehlungen der S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“ von 2018 kann den Senat nicht überzeugen. Die dort gegebenen Empfehlungen stellen schon nach ihrem Selbstverständnis keine Grundlage für die Annahme einer Kostenerstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen dar. Ausweislich der Ausführungen in dieser Leitlinie (vgl. dort S. 9) „sind nach der Empfehlung des Europarats Leitlinien systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patienten über die angemessene Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen, sie stellen jedoch keine gesetzlichen Regelungen dar. Deshalb sind keinerlei Leitlinien der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften für Ärzte rechtlich bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung. Was im juristischen Sinne den ärztlichen Standard in der konkreten Behandlung eines Patienten darstellt, kann nur im Einzelfall entschieden werden.“
Die von der Klägerin zitierte Leitlinie stellt zwar als Empfehlung 6.31 fest (Zitat): „Jeder Patient nach adipositaschirurgischer oder metabolischer Operation, der nachhaltig an Gewicht verloren hat, soll die Möglichkeit bekommen, sich bei einem Facharzt für Plastische Chirurgie mit der entsprechend vorhandener Expertise auf dem Gebiet der Rekonstruktion der Körperform nach Gewichtsreduktion vorzustellen.“ Als weitere Empfehlung 6.32 führt die Leitlinie zudem aus: „Bei Patientenwunsch und entsprechender medizinischer Indikation soll eine Straffungsoperation angeboten und durchgeführt werden. Sind mehrere Körperregionen betroffen, soll mehrzeitig operiert werden.“ Im unmittelbar nachfolgenden Text der Leitlinie heißt es wörtlich: „Nicht jeder Patient, der Gewicht abgenommen hat, benötigt eine plastisch-chirurgische Straffungsoperation.“
Damit kommt der Leitlinie schon nach ihrem Selbstverständnis keinerlei rechtliche Bindungswirkung, sondern vielmehr ein klar auf den Einzelfall und die jeweilige medizinische Indikation abstellender reiner Empfehlungscharakter zu. Indem somit die S3-Leitlinie nichts über die Kostentragung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu bestimmen vermag, verbleibt es insoweit bei den allgemeinen Regelungen. Die hautstraffende Operation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung nach drastischem Gewichtsverlust infolge einer adipositaschirurgischen Behandlung kommt nur bei klarer medizinischer Indikation infolge von Funktionsstörungen oder deutlicher Entstellung in Betracht (s.o.). Beides liegt im Falle der Klägerin nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.