1. Ob ein PKH-Antrag überhaupt geeignet ist, eine Wiedereinsetzung in gesetzliche Fristen in gerichtskostenfreien erst- und zweitinstanzlichen, also nicht anwaltspflichtigen, sozialgerichtlichen Verfahren zu begründen, ist fraglich (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 07.02.2024, L 2 U 184/23; OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.02.2008, 4 PA 390/07; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2023, OVG 6 M 25/23).
2. Voraussetzung dafür, dass bei der Beantragung von PKH für ein Verfahren der Anhörungsrüge ein unverschuldeter Hinderungsgrund, das Darlegungserfordernis fristgerecht zu erfüllen, gegeben ist, ist jedenfalls, dass der PKH-Antrag innerhalb der Darlegungsfrist vollständig und damit verbescheidungsfähig gestellt worden ist.
I. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 06.05.2024, L 2 U 116/24 B ER, wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Anhörungsrüge wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I.
Mit Beschluss vom 06.05.2024, L 2 U 116/24 B ER, wies der Senat die Beschwerde der im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) München vom 26.03.2024 zurück, mit dem es das SG abgelehnt hatte, die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin nach wiederholtem Antrag der Antragstellerin zu verpflichten, Leistungen zur Teilhabe im Wege des Arbeitgebermodells (persönliches Budget i.S.d. § 29 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) anstelle im Dienstleistungsmodell zu erbringen.
Der Beschluss vom 06.05.2024 wurde der im Beschwerdeverfahren unvertretenen Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am 08.05.2024 zugestellt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.05.2024 wurde der vorgenannte Beschluss der Antragstellerin, die eine starke Sehbehinderung angibt, nach gerichtsextern in Auftrag gegebener Übertragung auf Audio-CD auch in Form einer Audio-CD übermittelt.
Am 21.05.2024 hat sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin unter Vorlage einer Vollmacht der Antragstellerin vom selben Tag bestellt. Die Antragstellerin habe - so der Bevollmächtigte - am 25.04.2024 gegen einen Beschluss Beschwerde eingelegt. Auf einen Anruf der Antragstellerin beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, dass ihre Beschwerde abgelehnt worden sei. "Etwas Schriftliches" - so der Bevollmächtigte - "hat die Antragstellerin nach eigenen Angaben nicht erhalten." Die Antragstellerin sei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, sich weiter zu äußern. Die Antragstellerin habe zudem bereits darauf hingewiesen, dass sie auf Audiodateien angewiesen sei, da sie stark sehbehindert sei. Diese habe sie nicht erhalten. Weiter hat der Bevollmächtigte beantragt, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, ihn beizuordnen und ihm Akteneinsicht zu gewähren.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 28.05.2024 ist dem Bevollmächtigten Akteneinsicht gewährt worden.
Am 12.06.2024 hat der Bevollmächtigte die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin samt Anlagen vorgelegt.
II.
Die Anhörungsrüge ist zwar fristgerecht erhoben worden (s. unten Ziff. 3), aber wegen Nichterfüllung des Darlegungserfordernisses (s. unten Ziff. 4) als unzulässig zu verwerfen. Eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG wegen der Erfüllung des Darlegungserfordernisses kommt nicht in Betracht (s. unten Ziff. 5). Der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Verfahren der Anhörungsrüge ist abzulehnen, weil die Frist für die Erfüllung des Darlegungserfordernisses ohne entsprechende Darlegung abgelaufen ist und die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen und somit keine Aussicht auf Erfolg der Anhörungsrüge besteht (s. unten Ziff. 5).
1. Anhörungsrüge - allgemein
Gemäß § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG muss eine Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Voraussetzungen ("das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat") darlegen; zu erheben ist sie innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG.
Die Zwei-Wochen-Frist beginnt mit der Kenntnis von der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wobei es auf die Kenntnis der die Gehörsverletzung begründenden Tatsachen ankommt (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschlüsse vom 09.09.2010, B 11 AL 4/10 C, und vom 19.10.2011, B 6 KA 5/11 C).
Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses gemäß § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG, wonach die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Voraussetzungen darlegen muss, ist wegen § 178a Abs. 4 Satz 1 SGG Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. BSG, Beschluss vom 07.04.2005, B 7a AL 38/05 B; Bayer. LSG, Beschluss vom 24.07.2012, L 15 SF 150/12 AB RG, L 15 SF 151/12 AB RG). Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge setzt daher voraus, dass sich dem Vorbringen zweierlei entnehmen lässt, nämlich zum einen die Verletzung des Anspruchs des die Rüge erhebenden Beteiligten auf rechtliches Gehör durch das Gericht, zum anderen, dass die Verletzung entscheidungserheblich ist oder zumindest sein kann (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders./Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 178a, Rdnr. 6a).
Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses setzt das Dartun konkreter Umstände voraus (vgl. BSG, Beschluss vom 07.01.2016, B 9 V 4/15 C). Erforderlich ist deshalb ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, in welcher Weise das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist. Jedenfalls sind im Wege einer eigenständigen Auseinandersetzung vom Rügenden schlüssig die Umstände aufzuzeigen, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt, gegen dessen Entscheidung sich der Betroffene wendet (vgl. BSG, Beschlüsse vom 07.04.2005, B 7a AL 38/05 B, vom 08.11.2006, B 2 U 5/06 C, und vom 26.01.2007, B 11a AL 5/06 C; Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 13.01.2009, 9 B 64/08, 9 B 34/08; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 19.3.2009, V ZR 142/08; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 16.07.2009, III S. 13/09). Entsprechendes gilt auch für die Darlegung, weshalb ohne den Verstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21.11.2007, IV ZR 321/05, und vom 15.07.2010, I ZR 160/07; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 05.02.2013, 7 AZR 947/12 (F)).
Bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten ist zu beachten, dass - auch mit Blick auf die kurze Darlegungsfrist von zwei Wochen - die Anforderungen an das Darlegungserfordernis nicht überspannt werden dürfen, da im SGG zwingende Begründungsanforderungen ansonsten nur für Verfahren vor dem BSG mit Vertretungszwang aufgestellt werden (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 27.04.2016, L 15 SB 42/16 RG; vgl. auch Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 16.01.2017, 2 BvR 2615/14). Auch von einem rechtsunkundigen Beteiligten müssen jedoch gewisse Mindestanforderungen erfüllt werden; pauschale und allgemein gehaltene Behauptungen von Gehörsverletzungen genügen nicht (vgl. Flint, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. Stand: 04.06.2024, § 178a, Rdnr. 80). Zu verlangen ist also auch von einem nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten zum einen ein substantiierter Vortrag, aus dem erkennbar ist, warum das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist, oder der schlüssig die Umstände aufzeigt, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt. Zum anderen ist darzulegen, weshalb ohne den Verstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Leitherer, a.a.O., § 178a, Rdnr. 6a; Bayer. LSG, Beschluss vom 07.08.2013, L 15 SF 139/13 RG).
Auch für die Erfüllung des Darlegungserfordernisses gemäß § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG gilt die Zwei-Wochen-Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG. Aus § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG folgt, dass Bestandteil einer ordnungsgemäßen Rüge die Darlegung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie einer potentiellen Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verstoßes ist. Im Zusammenspiel der Sätze 5 und 1 des § 178a Abs. 2 SGG ergibt sich daher, dass die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rüge innerhalb der Zwei-Wochen-Frist erfüllt sein müssen. Es besteht daher bei der Anhörungsrüge eine Übereinstimmung der Begründungsfrist mit der Einlegungsfrist (vgl. BSG, Beschluss vom 18.05.2009, B 3 KR 1/09 C; BFH, Beschlüsse vom 12.10.2006, X S 14/06 - vom BVerfG bestätigt mit Beschluss vom 29.03.2007, 2 BvR 2675/06 -, vom 16.01.2007, II S 18/06, und vom 15.07.2009, X S 53/08; BVerwG, Beschlüsse vom 04.07.2007, 8 PKH 5/07 und vom 07.06.2017, 5 C 5/17 D; Bayer. LSG, Beschlüsse vom 07.04.2020, L 20 VG 5/19 B PKH, und vom 17.02.2022, L 2 U 44/15 RG).
Dies zugrunde gelegt ist Folgendes festzustellen:
2. Frist für die Anhörungsrüge
Der mit der Anhörungsrüge angegriffene Beschluss ist der Antragstellerin mittels Postzustellungsurkunde am 08.05.2024 zugestellt worden. Damit endete die Zwei-Wochen-Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG am 22.05.2024.
Ohne Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die von der Antragstellerin angegebene starke Einschränkung ihrer Sehfähigkeit. Die Vorschriften der Prozessordnungen über Formen, Fristen und Zustellungen gelten auch dann, wenn ein Anspruch nach § 191a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.02.1999, 8 B 10/99; Vogelgesang in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl. Stand: 29.12.2022, § 191a GVG, Rdnr. 21; Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 191a GVG, Rdnr. 3), wie ihn auch die Antragstellerin geltend macht. Dass sich in der Akte keine augenärztlichen Gutachten oder zumindest aussagekräftige augenärztliche Befunde befinden, die das von der Antragstellerin vorgetragene Ausmaß der Seheinschränkung zweifelsfrei belegen, ist daher im Zusammenhang mit Zustellung und Fristbeginn ohne Bedeutung.
3. Fristgerechte Einlegung der Anhörungsrüge
Innerhalb der Zwei-Wochen-Frist, nämlich am 21.05.2024, hat die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten zwar die Anhörungsrüge erhoben.
4. Keine fristgerechte Erfüllung des Darlegungserfordernisses
Innerhalb der bis zum 22.05.2024 offenen Frist ist aber das Darlegungserfordernis gemäß § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG von der Antragstellerin nicht erfüllt worden.
Die Erfüllung des Darlegungserfordernisses scheitert bei für die Antragstellerin großzügiger Auslegung nicht schon daran, dass im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.05.2024 der mit der Anhörungsrüge angegriffene Beschluss nicht mit Datum und Aktenzeichen exakt benannt worden ist, obwohl der Antragstellerin das Aktenzeichen des Bayer. LSG bekannt gewesen ist und sie dieses auch selbst in ihrem Schreiben vom 02.05.2024 verwendet hat. Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat aber davon aus, dass der angegriffene Beschluss insofern bestimmbar ist, als von ihrem Bevollmächtigten das Aktenzeichen des dem gerügten Beschluss vorhergehenden Verfahrens beim SG angegeben worden ist.
Nicht dargelegt ist aber das Vorliegen der in § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Voraussetzungen. Dies gilt sowohl für einen vermeintlichen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs als auch die potentielle Entscheidungserheblichkeit eines solchen Verstoßes.
4.1. Verstoß gegen das Gebot des rechtliche Gehör nicht substantiiert
Der Vortrag zu einem vermeintlichen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs erschöpft sich in einem allgemein gehaltenen Vortrag, der selbst bei einem nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten nicht der gebotenen Substantiierungspflicht genügen würde, oder baut auf unrichtigen Annahmen auf:
* Sofern der Bevollmächtigte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorträgt, stellt dies eine bloße und damit unzureichende Wiederholung des gesetzlichen Wortlauts aus § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dar, ohne den behaupteten Verstoß zu substantiieren.
* Der Vortrag, die Antragstellerin habe keine Möglichkeit zur weiteren Äußerung gehabt, lässt nicht ansatzweise erkennen, dass überhaupt eine weitere Äußerung beabsichtigt gewesen wäre - wie sie im Übrigen bis heute auch nicht erfolgt ist - und worin eine solche Äußerung hätte bestehen können/sollen.
* Sofern der Bevollmächtigte rügt, dass die Antragstellerin keine Audiodateien erhalten habe, übersieht er, dass eine Audiodatei des erstinstanzlichen Beschlusses schon deshalb nicht zwingend an die Antragstellerin zu übersenden war, da sie im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertreten war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2014, 1 BvR 856/13).
Neue und für die Entscheidung des Senats bedeutsame inhaltliche Äußerungen der weiteren Beteiligten im Beschwerdeverfahren, zu denen der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung hätte gegeben werden müssen und wofür u.U. die Anfertigung einer Audio-CD erforderlich gewesen wäre, sind nicht erfolgt, sodass auch insofern der Hinweis auf fehlende Audiodateien ins Leere geht.
4.2. Kein Vortrag zu einer potentiellen Entscheidungserheblichkeit eines potentiellen Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs
Dazu, weshalb ohne den behaupteten, aber nicht substantiierten Verstoß eine günstigere Entscheidung für die Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden kann, fehlen jegliche Ausführungen.
5. Keine Wiedereinsetzung
Eine Wiedereinsetzung nach § 67 SGG in die Frist zur Erfüllung des Darlegungserfordernisses gemäß § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nicht ohne ihr Verschulden an der fristgerechten Erfüllung des Darlegungserfordernisses gehindert war.
Ob ein (isolierter oder unselbständiger) PKH-Antrag überhaupt geeignet ist, eine Wiedereinsetzung in gerichtskostenfreien erst- und zweitinstanzlichen, also nicht anwaltspflichtigen, sozialgerichtlichen Verfahren zu begründen, kann mit guten Gründen bezweifelt werden (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 07.02.2024, L 2 U 184/23; vgl. auch Oberverwaltungsgericht - OVG - Lüneburg, Beschluss vom 25.02.2008, 4 PA 390/07; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2023, OVG 6 M 25/23).
Aber selbst dann, wenn - zugunsten der Antragstellerin - angenommen wird, dass ein PKH-Antrag einen Wiedereinsetzungsgrund nach sich ziehen kann, weil ein Rechtsmittelführer, der die Bewilligung von PKH formgerecht beantragt hat, so lange ohne Verschulden an der Einlegung oder fristgebundenen Begründung des Rechtsmittels gehindert ist, also ein Hindernis i.S.d. § 67 Abs. 1 SGG besteht, bis über den PKH-Antrag entschieden ist (vgl. z.B. Bayer. Verwaltungsgerichtshof - VGH -, Beschluss vom 26.09.2013, 10 ZB 13.1593, der einen Wiedereinsetzungsgrund ohnehin nur bei einer positiven Entscheidung über den PKH-Antrag sieht), scheitert eine Wiedereinsetzung vorliegend daran, dass die Versäumung der Frist für die Erfüllung des Darlegungserfordernisses nicht unverschuldet ist. Denn einen Rügenden trifft nur dann kein Verschulden an der nicht fristgerechten Erfüllung des Darlegungserfordernisses, wenn er innerhalb der offenen Darlegungsfrist alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, um das Hindernis auszuräumen, das einer fristgerechten Erfüllung des Darlegungserfordernisses entgegensteht (vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 18.09.2015, 10 ZB 15.1827). Dies setzt voraus, dass der die Anhörungsrüge Erhebende innerhalb der Darlegungsfrist einen PKH-Antrag mit einer vollständig ausgefüllten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit den gegebenenfalls erforderlichen Belegen eingereicht hat, also der PKH-Antrag noch innerhalb der Darlegungsfrist verbescheidungsfähig war (vgl. die Rechtsprechung zu sogenannten isolierten PKH-Anträgen: BSG, Urteile vom 13.10.1992, 4 RA 36/92, und vom 07.09.2017, B 10 ÜG 1/17 R; BGH, Beschluss vom 13.01.1993, XII ZA 21/92; BVerwG, Beschluss vom 15.10.1997, 11 PKH 11/97; BFH, Beschluss vom 09.04.2013, III B 247/11). Denn nur dann hat der die Anhörungsrüge Erhebende mit der als Minus gegenüber der inhaltlichen Begründung der Anhörungsrüge zu betrachtenden Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Alles dafür getan, die Frist zur Erfüllung des Darlegungserfordernisses im Rahmen seiner Möglichkeiten zu wahren. Würde man hingegen dem Rügenden gestatten, dass er den PKH-Antrag erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist verbescheidungsfähig macht, würde dies eine ungerechtfertigte Begünstigung gegenüber einem wirtschaftlich nicht bedürftigen Rügenden darstellen, der zwingend innerhalb der Zwei-Wochen-Frist das Darlegungserfordernis erfüllen muss.
Der vollständige PKH-Antrag der Antragstellerin, der im Falle der Bewilligung von PKH zu einer Wiedereinsetzung in die Frist für die Erhebung der Anhörungsrüge hätte führen können, ging jedoch erst am 12.06.2024 und damit nach Ablauf der Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG bei Gericht ein.
6. Ergänzende Hinweise
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat auf Folgendes hin:
Es könnte daran gedacht werden, der Antragstellerin Wiedereinsetzung in die Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG für die Erfüllung des Darlegungserfordernisses zu gewähren, wenn davon ausgegangen würde, dass die Antragstellerin aufgrund einer Einschränkung ihrer Sehfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, den ihr am 08.05.2024 zugestellten Beschluss des Senats vom 06.05.2024 inhaltlich umfassend zur Kenntnis zu nehmen. Daran, dass die Einschränkung der Sehfähigkeit der Antragstellerin so weit geht und/oder dass ihr nicht Unterstützung durch dritte Personen zur Verfügung steht, sodass sie mit dieser Unterstützung den Beschluss des Senats auch vollständig inhaltlich zur Kenntnis nehmen konnte, bestehen aber bereits nicht unerhebliche Zweifel (s. auch oben Ziff. 2 a.E.). So hat die Antragstellerin in den von ihr vor dem Senat durchgeführten Verfahren auch nicht selten kurz nach der Übermittlung von schriftlichen Stellungnahmen durch das Gericht darauf umfassend schriftlich vorgetragen.
Aber selbst dann, wenn davon ausgegangen wird, dass es der Antragstellerin krankheitsbedingt nicht möglich gewesen ist, den Beschluss des Senats unmittelbar nach der Zustellung am 08.05.2024 umfassend inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, also zunächst ein unverschuldetes Hindernis im Sinne des § 67 Abs. 1 SGG bestanden hat, könnte nur bis zur anwaltlichen Beauftragung ihres jetzigen Bevollmächtigten, von der ausweislich der vorliegenden, von der Antragstellerin am 21.05.2024 unterzeichneten Vollmacht am 21.05.2024 auszugehen ist, vom Fortbestand dieses Hindernisses ausgegangen werden. Jedenfalls mit der Beauftragung ihres Bevollmächtigten ist das Hindernis entfallen. Dass dem Bevollmächtigten möglicherweise der Beschluss des Senats vom 08.05.2024 bei seiner Beauftragung nicht bekannt war, ändert am Entfall des Hindernisses nichts. Denn mit dem Vortrag des Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 21.05.2024, dass die Antragstellerin "etwas Schriftliches ... nach eigenen Angaben nicht erhalten" hat, lässt sich das weitere Vorliegen eines unverschuldeten Hindernisses, dem Darlegungserfordernis für die Anhörungsrüge nachzukommen, nicht mehr begründen. Die explizite Behauptung der Antragstellerin, sie habe "etwas Schriftliches ... nicht erhalten", ist nachweislich falsch - der Beschluss vom 06.05.2024 ist ihr am 08.05.2024 zugestellt worden. Die Falschinformation ihres Bevollmächtigten durch die Antragstellerin bzw. das Vorenthalten des der Antragstellerin zugestellten Beschlusses gegenüber dem Bevollmächtigten ist einem bewussten Sich-Verschließen vor der erforderlichen Kenntnisnahme gleichzusetzen, das dem Ingangsetzen der Frist für die Einlegung und Erfüllung des Darlegungserfordernisses der Anhörungsrüge nicht entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010, 1 BvR 299/10). Insofern ist jedenfalls ab der Beauftragung des Bevollmächtigten am 21.05.2024 und dessen Falschinformation durch die Antragstellerin nicht mehr von einem fehlenden Verschulden hinsichtlich der gebotenen Substantiierung der Anhörungsrüge auszugehen.
Innerhalb von zwei Wochen, gerechnet ab dem 21.05.2024, wäre daher unter Zugrundelegung eines zuvor bestehenden Wiedereinsetzungsgrundes das Darlegungserfordernis zu erfüllen bzw. - bei Zugrundelegung der zweifelhaften (s.o.) Annahme, dass es auch ausgereicht hätte, innerhalb der Darlegungsfrist einen verbescheidungsfähigen PKH-Antrag zu stellen - der vollständige PKH-Antrag zu stellen gewesen. Verbescheidungsfähig war der PKH-Antrag aber erst mit der Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 12.06.2024 und damit nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, diese beginnend am 21.05.2024.
7. Keine PKH
Der Antrag auf Bewilligung von PKH nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung für das Verfahren der Anhörungsrüge ist abzulehnen.
Die Bewilligung von PKH für das Verfahren der Anhörungsrüge scheidet nicht bereits deshalb aus, weil für die Anhörungsrüge eines - wie hier - nach § 183 SGG kostenprivilegierten Beteiligten nicht nur keine Gerichtskosten entstehen, sondern wegen des Zusammenhangs mit dem zugrunde liegenden Verfahren nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. b Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auch keine gesonderten Anwaltsgebühren anfallen (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 30.04.2013, L 8 AS 702/13 B KO). Denn vorliegend ist die Antragstellerin in dem zugrunde liegenden Beschwerdeverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen.
Der Antragstellerin ist aber wegen der fehlenden Erfolgsaussicht der Anhörungsrüge keine PKH zu bewilligen. Denn aus den oben aufgezeigten Gründen ist die Anhörungsrüge unzulässig. Die Anhörungsrüge würde auch nicht zulässig, wenn die Antragstellerin noch eine dem Darlegungserfordernis des § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG gerecht werdende Begründung nachreichen würde. Denn eine solche ist nach Ablauf der Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG nicht mehr möglich; eine Wiedereinsetzung wäre aus den oben aufgezeigten Gründen ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung für die Anhörungsrüge beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses ergibt sich für die Entscheidung über die Anhörungsrüge aus § 178a Abs. 4 Satz 3 SGG und für die Entscheidung über PKH aus § 177 SGG.