L 17 U 81/22

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 220/21
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 81/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII ist es grundsätzlich erforderlich, dass die betreffende Verrichtung innerhalb eines bestimmten abgegrenzten Aufgabenkreises ausgeübt wird, der dem ehrenamtlich Tätigen von dem Rechtsträger innerhalb dessen qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereichs übertragen wurde.
2. Der Besuch von Veranstaltungen zur repräsentativen Vertretung der Gemeinde in der Öffentlichkeit gehört grundsätzlich nicht zum gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgabenkreis von Gemeinderäten in Bayern.

 

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 30.12.2021 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


T a t b e s t a n d :

Die Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend: Klägerin) begehrt von der Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Beklagte) die Anerkennung eines Unfalls vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall.

Die 1959 geborene Klägerin ist ehrenamtliche Gemeinderätin bei der Gemeinde A sowie Fraktionsvorsitzende. In einer Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021, an der auch die Klägerin teilnahm, teilte der erste Bürgermeister der Gemeinde A K den Sitzungsteilnehmern im öffentlichen Teil der Sitzung mit, dass die Beisetzung des verstorbenen ehemaligen Bauhofleiters der Gemeinde A S (nachfolgend: S) am 09.06.2021 stattfinden werde. Danach sagte er zu den Gemeinderatsmitgliedern: "Es wäre schön, wenn ich bei der Beerdigung einige Gemeinderäte antreffen könnte".

Am 09.06.2021 nahm die Klägerin an der Trauerfeier des S teil, ebenso wie der erste Bürgermeister K, der zweite Bürgermeister H sowie der dritte Bürgermeister der Gemeinde A. Nach Abschluss des Trauergottesdienstes in der Kirche, begab sich die Klägerin auf den Weg zu ihrem Auto, um unmittelbar zum Friedhof zu fahren, wo die Beisetzung des S stattfand. An der Ecke K Straße und B Straße in A rutschte sie gegen 15:20 Uhr auf dem Granitkopfsteinpflaster aus und zog sich hierbei eine Sprunggelenkfraktur am linken Fuß zu. Sie wurde nachfolgend im Universitätsklinikum B behandelt.

Nachdem die Beklagte die Unfallanzeige der Gemeinde A vom 16.06.2021 erhalten hatte, holte sie dort eine Auskunft vom 25.06.2021 ein. Darin wurde insbesondere angegeben, dass die Klägerin bei der Beerdigung des S keine offizielle Vertreterin der Gemeinde gewesen sei. Es habe auch keine Anweisung zur Teilnahme durch die Gemeinde gegeben.

In einem Fragebogen der Beklagten vom 29.06.2021 gab die Klägerin im Hinblick auf den Unfallhergang u.a. an, dass sie nach der Beendigung des Trauergottesdienstes für einen verdienstvollen und langjährigen Gemeindemitarbeiter der Gemeinde A auf dem Rückweg von der Kirche auf einem mit Granitsteinen verlegten Weg weggerutscht sei und sich das Sprunggelenk gebrochen habe.

Die Beklagte lehnte es nachfolgend ab, den Unfall der Klägerin vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass ein Arbeitsunfall nach § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht vorliege, weil es an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen einer versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis fehle. Die Klägerin sei zwar als ehrenamtliche Gemeinderätin der Gemeinde A tätig. Nach Angabe der Gemeinde habe sie aber nicht als offizielle Vertreterin der Gemeinde an der Trauerfeier teilgenommen. Eine Anweisung zur Teilnahme durch die Gemeinde sei ebenfalls nicht erteilt worden. Vielmehr sei die Teilnahme auf Grund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher oder religiöser Bindung erfolgt. Damit habe die Teilnahme an der Beerdigung nicht unter Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden (Bescheid vom 14.07.2021).

Hiergegen hat die Klägerin am 25.07.2021 Widerspruch erhoben. Zur Begründung hat sie insbesondere vorgetragen, dass sie als ehrenamtliche Gemeinderätin der Bitte des ersten Bürgermeisters K nachgekommen sei, an den Trauerfeierlichkeiten des verdienstvollen und geehrten Bauhofmitarbeiters teilzunehmen, die im öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am 07.06.2021 ausgesprochen worden sei. Sie habe damit als offizielle Repräsentantin und offizielle Vertreterin der Gemeinde an der Beerdigung teilgenommen. Der Versicherungsschutz ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII. Der zweite Bürgermeister H sei Zeuge des Unfalls gewesen.

Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des ersten Bürgermeisters K vom 04.08.2021 ein. Darin führte dieser aus, dass die Gemeinde A bei der Beerdigung des S durch ihn als ersten Bürgermeister offiziell vertreten und repräsentiert worden sei. Anwesend seien weiterhin der zweite und dritte Bürgermeister gewesen. Er sei nicht der Ansicht, dass es sich bei der Äußerung gegenüber den Gemeinderatsmitgliedern in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 um einen offiziellen Auftrag zur Ausübung des Ehrenamtes der Klägerin gehandelt habe. Ob die Klägerin sich selbst als Privatperson oder als Gemeinderätin auf der Beerdigung gesehen habe, könne er nicht beurteilen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass in der Gesamtschau die Teilnahme der Klägerin an den Trauerfeierlichkeiten nicht ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderätin zuzurechnen sei, sondern ihrem eigenwirtschaftlichen Verantwortungsbereich im Rahmen der menschlichen Anteilnahme sowie gesellschaftlicher oder religiöser Bindung. Unter Berücksichtigung der Aussage des ersten Bürgermeisters liege somit keine versicherte Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.09.2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, dass am 09.06.2021 die Trauerfeier für S stattgefunden habe. Sie habe den S privat nicht gekannt. Er sei über 43 Jahre Feldgeschworener und über 50 Jahre in der Freiwilligen Feuerwehr A gewesen. Da er vielfältige ehrenamtliche Aufgaben in der Gemeinde übernommen und diese auch sehr gut durchgeführt habe, sei ihm am 30.11.2020 in einer nichtöffentlichen Sitzung die silberne Gemeindeplakette zugesprochen worden. Die Überreichung habe in einem öffentlichen Rahmen erfolgen sollen, wie es bei der Gemeinde A üblich sei. Die Überreichung erfolge üblicherweise auf dem Neujahrsempfang, der ein großes Ereignis darstelle. Dieses Ereignis nutze die Gemeinde jährlich um herausragende Personen und Vereine hervorzuheben und zu ehren. Nachdem der Neujahrsempfang aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen sei, sei gemeinsam beschlossen worden, dass die Würdigung im Rahmen einer Gemeinderatssitzung stattfinden solle. Aufgrund der Erkrankung des S habe dies jedoch nicht geschehen können, nachdem sich sein Gesundheitszustand im Mai dramatisch verschlechtert habe. Daher sei im Gemeinderat beschlossen worden, dass die Ehrungen von seiner Tochter an das Palliativbett im Krankenhaus überbracht werden. Dies seien eine Plakette, ein Blumenstrauß und eine persönliche Würdigung des zweiten Bürgermeisters H per Videobotschaft gewesen. Die Überreichung habe nur durch die Tochter erfolgen können und nicht auch durch einen Gemeinderatsvertreter, da die gesetzlichen Bestimmungen im Krankenhaus dies nicht zugelassen hätten. Wenige Tage später am 30.05.2021 sei S verstorben. In der daraufhin folgenden Gemeinderatssitzung am 07.06.2021 sei im öffentlichen Teil der Sitzung vom zweiten Bürgermeister berichtet worden, dass S die Ehrung noch rechtzeitig erhalten und sich darüber gefreut habe. Im Weiteren habe der erste Bürgermeister als Sitzungsleiter gesagt, dass er mit den Angehörigen besprochen habe, dass aufgrund der Corona-Beschränkungen der gemeindliche Nachruf in der Kirche erfolgen würde. Ebenfalls habe er erwähnt, dass er sich freuen würde, wenn er den einen oder anderen Gemeinderat bei der Trauerfeierlichkeit sehen und treffen würde. Der Sitzungsleiter habe hierbei den Gemeinderat angesprochen. Es könne insoweit nicht von einer allgemeinen Einladung gesprochen werden. Eine weitere schriftliche Einladung oder Aufforderung sei nicht erfolgt. Der zweite und der dritte Bürgermeister und weitere Gemeinderäte seien aufgrund eben dieser Einladung ebenfalls bei der Trauerfeierlichkeit anwesend gewesen. Die Auskunft des ersten Bürgermeisters vom 04.08.2021 stelle lediglich dessen Ansicht dar. Bei der Entscheidung, ob ein Versicherungsfall vorliege, gehe es jedoch nicht um Ansichten. Die Wertung des Bürgermeisters habe daher nicht zur Ablehnung des Arbeitsunfalls führen dürfen. Durch die erteilte Aufforderung an den Gemeinderat, sei einem pflichtbewussten Gemeinderatsmitglied vermittelt worden, dass sich die Gemeinde eine würdige Vertretung wünsche. Dies sei in keinem Fall als Einladung an die Gemeinderatsmitglieder in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen zu verstehen gewesen. Die Klägerin sehe ihren Auftrag als Gemeinderätin auch darin, bei solchen Anlässen die Begehren der Bürger zu vertreten. Es habe nicht jeder Bürger die Möglichkeit, an der Trauerfeierlichkeit teilzunehmen. Da S jedoch gemeindeweit bekannt und beliebt gewesen sei, sehe die Klägerin sich als Vertreterin der Bürgerschaft. Hierzu sei sie auch durch die Wahl bestimmt worden. Die Klägerin hat weiterhin auf einen als Anlage beigefügten Nachruf für S verwiesen, dem sich die Wichtigkeit seiner Person entnehmen lasse. Zudem hat sie auf eine Einladung zum "Abschlussessen 2021" des Gemeinderats verwiesen, aus der der Einladungsstil des ersten Bürgermeisters hervorginge. Die Einladungen und Aufforderungen zur Teilnahme seien jeweils ohne weitere formelle oder deklaratorische Aussagen erfolgt. Schließlich hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Auskunft der Gemeinde A vom 25.06.2021 durch die Geschäftsführerin Frau O ausgefüllt worden sei. Diese habe in den letzten Jahren gewisse Schwierigkeiten mit der Fraktion der Klägerin gehabt. Es sei vor ca. fünf Jahren die Aussage "Links-grün versifftes Pack!" u.a. gegenüber der Klägerin sowie dem zweiten Bürgermeister gefallen. Daher sei es fraglich, ob die Objektivität der Geschäftsführerin der Gemeinde gewahrt sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.12.2021, den die Klägerin am 07.02.2022 erhalten hat, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass die Klägerin mit der Teilnahme an der Beerdigung des S am 09.06.2021 keine versicherte Tätigkeit verrichtet habe. Es hat unter Berufung auf § 136a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf die nach seiner Auffassung zutreffende Begründung im Bescheid vom 14.07.2021 und im Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021 genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass die Teilnahme an der Beerdigung nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Der dadurch gewährleistete Unfallversicherungsschutz umfasse alle mit der eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die mit dem bestimmten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich im sachlichen Zusammenhang stünden. Entscheidend hierfür sei die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Die Klägerin sei im Zeitpunkt des Unfalls nicht in ihrer eigentlichen Funktion als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied tätig gewesen. Die Teilnahme an der Beerdigung habe nicht zum Kernbereich ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gehört und auch nicht mit dieser in Zusammenhang gestanden. Nach der Zweckbestimmung dieses Amtes gehörten in erster Linie, abgesehen von der Teilnahme an den Gemeinderatssitzungen, hierzu im öffentlichen Interesse liegende Verrichtungen, die der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben der Gemeinde dienten. Eine Beerdigung stelle, auch wenn sie einen früheren verdienten Arbeitnehmer der Gemeinde betreffe, keine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Gemeinde und die Teilnahme an einer solchen keine im öffentlichen Interesse liegende Verrichtung dar. Vielmehr erfolge sie im Rahmen einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit aufgrund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher oder gegebenenfalls religiöser Bindung. § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII setze einen bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der öffentlich-rechtlichen Körperschaft voraus, innerhalb dessen die ehrenamtliche Tätigkeit für die Körperschaft ausgeübt werden müsse. Wenn dieser in Bezug auf die fragliche Veranstaltung nicht bereits gesetz- oder satzungsmäßig von vornherein festgelegt sei, bedürfe es für die betreffende einzelne Veranstaltung eines gesamtbezogenen, eigenständigen Annahmeaktes der Körperschaft als Zuordnungsgrund. Ehrenamtlich werde in diesem Rahmen derjenige tätig, der entweder einen ausdrücklichen oder einen stillschweigenden Auftrag zum Tätigwerden erhalten habe. Der stillschweigende Auftrag setze einen klaren Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft und eine erkennbare Bereitschaft der Körperschaft voraus, den Einzelnen demgemäß zu beauftragen. Dabei müsse die Veranstaltung für die Körperschaft insgesamt bedeutsam sein; ein nur auf einzelne Bürger beschränktes Interesse genüge nicht. Von einem qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft sei nur dann auszugehen, wenn diese in irgendeiner Art organisatorisch tätig werde. Die Beerdigung sei hier nicht für die Gemeinde insgesamt bedeutsam gewesen, sondern habe sich ausschließlich auf einen früheren Mitarbeiter bezogen. Die unfallbringende Handlung der Klägerin habe auch außerhalb des Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereiches der Gemeinde gestanden. Ein ausdrücklicher oder stillschweigender Auftrag habe nicht vorgelegen. Der vom ersten Bürgermeister ausgesprochene Wunsch stelle keinen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag an die Klägerin dar. Die Beerdigung hätte zudem nicht im Aufgaben- und organisatorischen Bereich der Gemeinde A gelegen. Die Klägerin habe auch nicht als Repräsentantin der Gemeinde teilgenommen. Vielmehr habe der erste Bürgermeister die Gemeinde offiziell vertreten und repräsentiert. Insgesamt habe die Klägerin aufgrund der objektiven Umstände nicht davon ausgehen können, dass die Teilnahme an der Trauerfeier im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied gelegen habe.

Hiergegen hat die Klägerin am 23.02.2022 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls in ihrer Funktion als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied tätig gewesen sei. Die Teilnahme an der Beerdigung habe zum Kernbereich ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gehört und mit dieser in einem Zusammenhang gestanden. Trauerfeier und Beisetzung stellten eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Gemeinde dar. Die Teilnahme an einer solchen sei eine im öffentlichen Interesse liegende Verrichtung, wenn diese wie hier nicht im Rahmen einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit erfolge. Hätte der Bürgermeister die Gemeinderatsmitglieder nicht zum zahlreichen Kommen aufgefordert und gemeint, er hoffe, den einen oder anderen auf der Trauerfeier zu sehen, wäre die Klägerin nicht zu der Trauerfeier erschienen. Aus dem Nachruf auf den S gehe hervor, dass es der Gemeinde ein großes Anliegen gewesen sei, die große Wertschätzung für den S für sein jahrzehntelanges Tun zum Wohl der Allgemeinheit zum Ausdruck zu bringen. Durch die Ladung des Bürgermeisters hätte durch die Anwesenheit weiterer Gemeinderatsmitglieder dem S gemeindliche Ehre erwiesen werden sollen. Die Veranstaltung sei für die Gemeinde insgesamt bedeutsam gewesen. Es habe nicht nur ein auf einzelne Bürger beschränktes Interesse vorgelegen. Die gegenteilige Annahme des SG sei unzutreffend. Wenn jeweils der erste, zweite und dritte Bürgermeister gemeinsam mit Gemeinderatsmitgliedern an Trauerfeiern, Jubiläen und Glückwünschen zu Familienereignissen teilnehmen würden, so diene dies nicht ausschließlich einem auf einzelne Bürger beschränkten Interesse. Dies diene auch der Verfestigung des gemeindlichen Zusammenhaltes und den Gemeindemitgliedern. Auch übertragene, übliche oder allgemein erwartete Repräsentationsauftritte bei ehrenamtlich Tätigen seien versichert. Die Teilnahme an der Trauerfeier habe auch nicht außerhalb des Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereiches der Gemeinde gestanden. Die Aussage des ersten Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 stelle einen stillschweigenden Auftrag dar, die Gemeinde als Repräsentanten zu vertreten. Es liege auf der Hand, dass die fehlende Übergabe der Medaille, die durch die Corona-Pandemie verhindert worden sei, wenigstens dadurch kompensiert werden sollte, dass dem S auf diese Art und Weise noch eine Ehre zuteilwerden sollte. Wenn es nämlich zu Lebzeiten zu einer Übergabe der Medaille im Rahmen einer Veranstaltung gekommen wäre, so wären die daran teilnehmenden Gemeinderatsmitglieder in Erfüllung ihrer Vertretung der Gemeinde als Repräsentanten anwesend gewesen. Nichts Anderes gelte auch bei Gratulationen zu runden Geburtstagen, Jubiläen und weiteren Ehrungen im Rahmen der Gemeindearbeit. Die Aussage des ersten Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 sei insoweit als Ankündigung einer öffentlichen-rechtlichen Aufgabe zu werten. Dies hätten auch weitere Gemeinderatsmitglieder so aufgefasst, die ebenfalls bei der Trauerfeier anwesend gewesen seien. Auch aus der Satzung der Gemeinde A über Ehrungen verdienter Bürger gehe hervor, dass eine Ehrung verdienter Bürger im öffentlichen Rahmen stattzufinden habe. Dies wären der Neujahrsempfang sowie die Gemeinderatssitzung gewesen. Da aufgrund der geltenden Corona-Bedingungen zu jenem Zeitpunkt kein Neujahrsempfang habe stattfinden können und weitere Gelegenheiten, diese Ehrung in einer Gemeinderatssitzung zu vollziehen, aufgrund des sich zunehmend verschlechternden Zustands des S nicht mehr möglich gewesen seien, habe es die Klägerin nach der Ankündigung des Bürgermeisters für ihre Pflicht als Gemeinderätin der Gemeinde A gehalten, dem S eine Ehrerweisung um die Verdienste der Gemeinde A bei seinem letzten Weg zu Teil werden zu lassen. Im Hinblick auf die Aussage des ersten Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 sei für die Klägerin unmissverständlich klar gewesen, dass sie als Gemeinderätin und nicht als Privatperson um Teilnahme gebeten worden sei, zumal es sich um einen verdienten Bürger gehandelt habe und die Verleihung der silbernen Gemeindeplakette in einem üblich öffentlich angedachten Rahmen nicht mehr möglich gewesen sei. Zudem habe die Klägerin in keiner Beziehung zu dem S oder seinen Angehörigen gestanden, sondern sei ausschließlich der Aufforderung nachgekommen. Daher entbehre auch die Aussage der Gemeinde A, die Klägerin hätte aufgrund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher oder religiöser Bindung teilgenommen, jeglicher Grundlage. Die Klägerin habe die Aufforderung des ersten Bürgermeisters so verstanden, dass mit einer erweiterten Repräsentanz der Gemeinde A der verdienstvolle S geehrt werden solle. Somit habe sich die Klägerin in Anbetracht der Lebensleistungen des S als Gemeinderätin verpflichtet gefühlt, auf Treu und Glauben dieser Einladung nachzukommen, nachdem die vom Gemeinderat einstimmig beschlossene Ehrung, die satzungsgemäß im öffentlichen Rahmen zu erfolgen habe, nicht mehr möglich gewesen sei. Die Klägerin habe auf die Ernsthaftigkeit der Aussage vertraut und sei von einem gewissenhaften Verantwortungsbewusstsein, einer Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme in seiner Fürsorgepflicht und Neutralität gegenüber seinen gewählten Gemeinderatsmitgliedern in Ausübung der gemeindlichen Aufträge und Verpflichtungen des ersten Bürgermeisters ausgegangen. Der erste Bürgermeister sei auch derjenige gewesen, der unmittelbar nach dem streitigen Unfallereignis den Notruf abgesetzt habe. Dies bestätige, dass die Klägerin in unmittelbarer Nähe zu den politischen gemeindlichen Vertretern gestanden habe. Seine später getätigte Aussage, er wisse nicht, in welcher Funktion die Klägerin bei der Beisetzung anwesend gewesen sei, sei daher moralisch fragwürdig. Die Klägerin sei als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied auch über die gemeindliche private Unfallversicherung mitversichert. Diese habe den streitgegenständlichen Unfall auch als Unfall im ehrenamtlich tätigen Bereich anerkannt, nachdem die Gemeinde selbst den Unfall angezeigt habe. Dass die Gemeinde den Unfall im privatrechtlichen Bereich als Versicherungsfall melde und bezüglich der gesetzlichen Unfallversicherung behaupte, es wäre keine ehrenamtliche Tätigkeit gewesen, sei völlig absurd.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 30.12.2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall der Klägerin vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Weiterhin hat sie auf Art. 30 ff. und Art. 57 ff. Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (BayGO) hingewiesen. Daraus folge, das eine Teilnahme an einer Trauerfeier und Beisetzung, entgegen den Ausführungen der Klägerin, definitiv nicht zum Kernbereich einer ehrenamtlichen Tätigkeit eines Gemeinderatsmitglieds gehöre. Unabhängig davon sei die Trauerfeier und Beisetzung von der Gemeinde auch weder organisiert noch durchgeführt worden. Es werde darauf verwiesen, dass grundsätzlich der erste Bürgermeister sowie, im Verhinderungsfall, dessen beide Stellvertreter die Gemeinde nach außen vertreten und repräsentieren. Dies betreffe auch von der Gemeinde vorzunehmende Ehrungen, auch wenn diese im Rahmen einer Gemeinderatssitzung geplant bzw. durchgeführt würden. Hier ergebe sich die Anwesenheit des Gemeinderats nicht aufgrund der Ehrung, sondern aufgrund des Erfordernisses der Teilnahme an der Gemeinderatssitzung, die im Gegensatz zu Ehrungen zu den Aufgaben eines solchen gehörten. Nach dem Akteninhalt sei vom Bürgermeister die Repräsentation der Gemeinde anlässlich der Trauerfeier und Beisetzung eben gerade nicht auf die Gemeinderatsmitglieder übertragen worden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sowohl der erste Bürgermeister als auch seine beiden Stellvertreter bei der Trauerfeier und Beisetzung anwesend gewesen seien und die Gemeinde hierdurch ausreichend vertreten worden sei.

Am 12.01.2023 hat ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden. Wegen der Stellungnahmen während des Termins wird gem. § 136 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG auf das Protokoll vom 12.01.2023 verwiesen.

Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, dass sich aus einem Schreiben der Gemeinde A vom 23.06.2021 an sie ergebe, dass die Gemeinde den Unfall am 16.06.2021 der Versicherungskammer Bayern, bei der die private Unfallversicherung besteht, gemeldet habe. Das Schreiben sei an die "Frau Gemeinderätin A usw." adressiert worden. Aus dieser Adressierung gehe hervor, dass die Gemeinde den Unfall am 09.06.2021 ebenfalls als Unfall einer Gemeinderätin während einer Gemeinderatstätigkeit angesehen habe.

Die Beklagte hat darauf erwidert, dass für eine private Unfallversicherung andere gesetzliche Vorschriften bzw. Grundlagen gelten würden als für die gesetzliche Unfallversicherung. Der Eintritt eines Leistungsfalls einer privaten Versicherung begründe, unabhängig davon, ob die dort getroffene Entscheidung tatsächlich auch zutreffend sei, nicht automatisch auch einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird insbesondere gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG auf die genannten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) sowie statthafte (§ 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG), Berufung ist unbegründet. Das SG Würzburg hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

2. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG), mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung des Ereignisses vom 09.06.2021 als Arbeitsunfall unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide (Bescheid vom 14.07.2021; Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021) begehrt, ist zulässig (vgl. zur statthaften Klageart z.B. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 3/19 R - juris Rn. 10).

3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 14.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2021 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat, als sie am 09.06.2021 gegen 15:20 Uhr auf dem Weg vom Ort des Trauergottesdienstes zum Ort der Beisetzung des S in A stürzte und sich das Sprunggelenk am linken Fuß brach, keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten.

a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 06.10.2020 - B 2 U 9/19 R - juris Rn. 18 m.w.N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 23/10 R - juris Rn. 11).

"Versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" (im Sinne des Unfallereignisses) und "Krankheit" (im Sinne des Gesundheitserstschadens) müssen im Vollbeweis - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, aber nicht die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 06.05.2021 - B 2 U 15/19 R - juris Rn. 13).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

b) Die Klägerin erlitt, als sie am 09.06.2021 gegen 15:20 Uhr auf dem Wege vom Ort des Trauergottesdienstes zum Ort der Beisetzung des S beim Gehen an der Ecke K Straße und B Straße in A auf dem Granitkopfsteinpflaster ausrutschte, zwar eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf ihren Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Dieser führte auch wesentlich ursächlich zu einer Fraktur des Sprunggelenks am linken Fuß und damit zu einem Gesundheitserstschaden.

Die Klägerin gehört als Gemeinderatsmitglied der Gemeinde A auch zu dem grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII versicherten Personenkreis. Danach sind Personen kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.

Die Klägerin ist als Gemeinderätin für die Gemeinde A und damit für eine Gebietskörperschaft tätig (vgl. Lilienfeld in BeckOGK, Stand 01.07.2017, § 2 SGB VII Rn. 47a; Koppenfels-Spies in Koppenfels-Spies/Wenner, SGB VII, 3. Auflage 2022, § 2 Rn. 83; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2022, § 2 SGB VII Rn. 21.2 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 22/96 - juris Rn. 16). Weiterhin erfüllt die ehrenamtliche Tätigkeit der Klägerin als Gemeinderätin insbesondere auch das Merkmal der Unentgeltlichkeit (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.12.2022 - B 2 U 19/20 R - juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 45/03 R - juris Rn. 16 m.w.N.); dass sie Sitzungsgelder als Aufwandsentschädigung erhält, ist unschädlich (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08.12.2022 - B 2 U 19/20 R - juris Rn. 22 m.w.N.). Die Annahme, dass die Klägerin als Gemeinderätin ehrenamtlich tätig wird, steht auch in Einklang mit Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayGO, wonach die Gemeinderatsmitglieder in ehrenamtlicher Eigenschaft gewählt werden (zu Mitgliedern des Gemeinderates als typische Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII siehe Schmitt, SGB VII, 4. Auflage 2009, § 2 Rn. 83).

c) Die Klägerin hat im Unfallzeitpunkt jedoch keine Verrichtung durchgeführt, die im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII stand. Dabei kommt es nicht auf die zusätzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII an, da es sich - sofern der Besuch der Beerdigung (Trauergottesdienst mit anschließender Beisetzung) unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen würde - um einen unmittelbar von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erfassten sog. Betriebsweg handeln würde (ausführlich hierzu siehe BSG, Urteil vom 30.01.2020 - B 2 U 19/18 - juris Rn. 15 m.w.N.).

aa) Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII muss die zum Unfall führende Verrichtung der grundsätzlich versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein. Dabei ist regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2022 - B 2 U 5/20 R - juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - juris Rn. 14; Spellbrink, NZS 2016, 527, 528; Bultmann in Bieresborn/Schafhausen, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 6. Auflage 2024, § 24 Rn. 170). Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), der es rechtfertigt, das betreffende zum Unfall führende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung müssen im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 - B 2 U 8/20 R - juris Rn. 13 m.w.N.).

Maßgebende Zurechnungsgesichtspunkte sind die Handlungstendenz des Versicherten, wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (sog. objektivierte Handlungstendenz), der Schutzzweck der Norm, die Einbettung in die Gesamtrechtsordnung sowie die Grundprinzipien der Unfallversicherung, insbesondere die Regelungen über die Haftungsbeschränkung für Unternehmer, Unternehmensangehörige und andere Personen (§§ 104 ff SGB VII). Darüber hinaus können in die Wertung auch kausale Kriterien sowie gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte einfließen (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2022 - B 2 U 14/20 R - juris Rn. 32 m.w.N.). Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R - juris Rn. 15 m.w.N.).

Konkret im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII bzw. die im Wesentlichen gleichlautende Vorgängerregelung in § 539 Abs. 1 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) hat das BSG in der Vergangenheit entschieden, dass der Unfallversicherungsschutz im Ausgangspunkt alle mit der eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erfasst, insbesondere auch notwendige Vorbereitungshandlungen. Entscheidend für den rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang seien alle tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Dabei komme der erkennbaren (objektivierten) Handlungstendenz maßgebende Bedeutung zu. Versicherungsschutz bestehe jedoch nur dann, wenn der Versicherte aufgrund der objektiv vorliegenden oder objektiv nachzuvollziehenden Umstände davon ausgehen konnte, seine zum Unfall führende Verrichtung werde dem "Unternehmen" (wesentlich) dienlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 22/96 - juris Rn. 19 und BSG, Urteil vom 08.12.1998 - B 2 U 37/97 R - juris Rn. 20, jeweils zur Vorgängerregelung in § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO; vgl. auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2022, § 2 SGB VII Rn. 21.10).

Grundsätzlich nicht entscheidend ist, ob die zum Unfall führende Verrichtung zum Kernbereich der ehrenamtlichen Tätigkeit zählt, da der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII grundsätzlich nicht hierauf begrenzt ist (zur ehrenamtlichen Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2022 - B 2 U 19/20 R - juris Rn. 30; zur ehrenamtlichen Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2022 - B 2 U 14/20 R - juris Rn. 33; vgl. auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand März 2022, § 2 SGB VII Rn. 21.10; Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand März 2021, § 2 Rn. 145a). Soweit in der Vergangenheit zum Recht der RVO auf einen Kernbereich des Ehrenamtes Bezug vorgenommen worden ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 68/90 - juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 27.02.1985 - 2 RU 10/84 - juris Rn. 13), ist dies jedenfalls durch die Regelungen des SGB VII überholt. Zu § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2022 a.a.O.) und § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII (vgl. BSG a.a.O.) hat das BSG ausdrücklich entschieden, dass es genügt, dass die Tätigkeiten den Zwecken des "Unternehmens" wesentlich dienen oder dessen Angelegenheiten wesentlich fördern (BSG, Urteil vom 08.12.2022 a.a.O.). Nichts anderes hat in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII zu gelten (so im Ergebnis auch Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O.; vgl. auch Riebel a.a.O.). Insbesondere erscheint auch vor dem Sinn und Zweck der Vorschriften eine Differenzierung zwischen § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b SGB VII und § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII einerseits und § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII andererseits nicht gerechtfertigt.

Weiterhin ist nach der Rechtsprechung des BSG zu beachten, dass es für den Versicherungsschutz für eine Verrichtung nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII erforderlich ist, dass sie innerhalb eines bestimmten abgegrenzten Aufgabenkreises ausgeübt wird, der dem ehrenamtlich Tätigen von dem Rechtsträger (hier der Gemeinde A als Gebietskörperschaft) - innerhalb dessen qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereichs - übertragen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 45/03 R - juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris Rn. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 04.12.2001 - B 2 U 43/00 R - juris Rn. 21; vgl. auch BT-Drucksache IV/120, S 52 zur Vorgängerregelung in § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO). Wenn sich der bestimmte abgegrenzte Aufgabenkreis in Bezug auf eine fragliche Veranstaltung nicht bereits aus Gesetz oder Satzung ergibt, bedarf es für die betreffende einzelne Veranstaltung eines gesamtbezogenen, eigenständigen Annahmeaktes der Körperschaft als Zuordnungsgrund. Dabei muss die Veranstaltung für die Körperschaft insgesamt bedeutsam sein; das nur auf einzelne Bürger beschränkte Interesse genügt nicht. Ehrenamtlich wird in diesem Rahmen derjenige tätig, der entweder einen ausdrücklichen oder einen stillschweigenden Auftrag zum Tätigwerden erhalten hat. Der stillschweigende Auftrag setzt einen klaren Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft voraus sowie die erkennbare Bereitschaft der öffentlich-rechtlichen Körperschaft - z.B. bei Veranstaltungen des Brauchtums durch laufende, langjährige Förderung des Brauchs - die Handelnden stillschweigend zu beauftragen (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris Rn. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - juris Rn. 20; Wietfeld in BeckOK SozR, Stand 01.12.2023, § 2 SGB VII Rn. 133; Franke in LPK-SGB VII, 6. Auflage 2024, § 2 SGB VII Rn. 108; Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, Stand Oktober 2016, § 2 Rn. 356). Die Notwendigkeit des Zuordnungsgrundes soll verhindern, dass allein die Handlungstendenz einer Person und ihre subjektive Vorstellung, dass sie ehrenamtlich für jemanden tätig wird, einen Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs.1 Nr. 10 SGB VII begründet (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - juris Rn. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - juris Rn. 20).

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier in Bezug auf die Teilnahme der Klägerin an der Beerdigung des S nicht vor. Nach wertender Betrachtung lag der Besuch der Beerdigung - und damit die konkrete zum Unfall führende Verrichtung der Klägerin - zur Überzeugung des Senats außerhalb der Grenzen des durch § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII gewährleisteten Unfallversicherungsschutzes.

Insbesondere war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin bei dem beobachtbaren Verhalten im Moment des Unfallereignisses (das Gehen vom Ort des Trauergottesdienstes zu ihrem Auto, um den Friedhof zum Zwecke der Teilnahme an der Beisetzung des S zu erreichen) zur Überzeugung des Senats nicht auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestandes nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII gerichtet. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt tatsächlich subjektiv zumindest auch die Absicht hatte, eine Aufgabe als Gemeinderätin bzw. sonstige Ehrenamtliche für die Gemeinde A zu erfüllen - und nicht vielmehr eigenwirtschaftliche Interessen z.B. in ihrer Funktion als Kommunalpolitikerin oder private Gemeindebürgerin verfolgte -, findet der behauptete, eine ehrenamtliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a SGB VII wesentlich fördernde Zweck in den objektiven Gegebenheiten keine ausreichende Stütze (zum Erfordernis der Objektivierbarkeit des unternehmensdienlichen Zwecks siehe nur Karmanski in Berchthold/Karmanski/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 3. Auflage 2024, § 15 Rn. 31a m.w.N., auch zur Rechtsprechung des BSG). Daher durfte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, sie verrichte im Rahmen des Aufgabenkreises ihres Ehrenamtes eine der Gemeinde A wesentlich dienliche Tätigkeit. Es fehlt insbesondere an dem notwendigen abgegrenzten Aufgabenkreis des Ehrenamtes, der den Besuch der Beerdigung des S umfassen würde. Dieser ergibt sich weder unmittelbar aus gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Gemeinderätin (dazu cc) noch aus einem sonstigen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag der Gemeinde A (dazu dd).

cc) Ein bestimmter abgegrenzter Aufgabenkreis in Bezug auf die Teilnahme an der Beerdigung des S, der den rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Gemeinderätin herstellen könnte, ergibt sich nicht aus gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bestimmungen.

(1) Der Besuch der Beerdigung des S gehörte nicht zum unmittelbaren gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgabenkreis der Klägerin als Gemeinderätin.

(1.1) Der Besuch von Veranstaltungen - wie hier die Beerdigung des S - zur repräsentativen Vertretung der Gemeinde in der Öffentlichkeit gehört grundsätzlich nicht zum Aufgabenkreis einer Gemeinderätin.

Die Aufgaben des Gemeinderates bestehen in der Entscheidung über bestimmte gemeindliche Angelegenheiten (Art. 30 Abs. 2 BayGO) sowie im Übrigen in der Überwachung der gesamten Gemeindeverwaltung (Art. 30 Abs. 3 BayGO). Nach Art. 30 Abs. 1 BayGO ist der Gemeinderat die Vertretung der Gemeindebürger. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er die Gemeinde nach außen vertritt. Die Regelung besagt vielmehr, dass er die Bürger in einem politischen Sinne repräsentiert (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand April 2023, Art. 30 Rn. 5 m.w.N.). Die Vertretung nach außen erfolgt durch den ersten Bürgermeister (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayGO; vgl. dazu VG Ansbach, Urteil vom 23.03.2023 - AN 4 K 22.02123 - juris Rn. 32), der nicht nur für die rechtliche Vertretung, sondern auch für die repräsentative Vertretung zuständig ist, die insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit und damit den Besuch von (Repräsentations-)Veranstaltungen umfasst (vgl. Glaser a.a.O. Art. 30 Rn. 7 m.w.N.). Dabei hat grundsätzlich nur er die Befugnis zum Auftreten nach außen, inhaltlich ist er aber unter Umständen durch die Zuständigkeit des Gemeinderates eingeschränkt (vgl. Glaser a.a.O. Art. 30 Rn. 7). Der Gemeinderat bzw. ein Gemeinderatsmitglied hat demgemäß grundsätzlich keine Repräsentationsfunktion (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 11.11.2006 - L 2 U 136/06 - juris Rn. 1; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.01.2010 - L 6 U 53/06 - juris Rn. 30).

(1.2) Der Besuch der Beerdigung des S zur repräsentativen Vertretung der Gemeinde in der Öffentlichkeit war der Klägerin als Gemeinderätin auch nicht im Einzelfall im Rahmen der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bestimmungen übertragen worden.

Eine Übertragung von Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit im Einzelfall ist prinzipiell möglich und bemisst sich nach Art. 39 Abs. 2 BayGO (vgl. Glaser a.a.O. Art. 30 Rn. 7). Danach kann der erste Bürgermeister im Rahmen der Geschäftsverteilung (Art. 46 BayGO) einzelne seiner Befugnisse den weiteren Bürgermeistern, nach deren Anhörung auch einem Gemeinderatsmitglied und in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung einem Gemeindebediensteten übertragen; eine darüberhinausgehende Übertragung auf einen Bediensteten bedarf zusätzlich der Zustimmung des Gemeinderats. Die Übertragung ist an keine bestimmte Form gebunden und kann auch stillschweigend erfolgen, indem der erste Bürgermeister die Erledigung dieser Geschäfte durch eine unter Art. 39 Abs. 2 BayGO fallende Person ständig duldet (Glaser a.a.O. Art. 39 Rn. 11). Üblich ist in der Praxis jedoch überwiegend die mündliche Form (vgl. Wernsmann/Kriegl in BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand 01.11.2023, Art. 39 BayGO Rn. 15).

Eine solche Übertragung von Aufgaben kann hier zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden. Die Aufgabenübertragung ist eine besondere Form der Stellvertretung und geht grundsätzlich mit der Befugnis einher, insoweit anstelle des ersten Bürgermeisters für die Gemeinde verbindlich zu handeln bzw. zu sprechen (vgl. Wernsmann/Kriegl a.a.O. Art. 39 BayGO Rn. 11 ff.; Glaser a.a.O. Art. 39 Rn. 1). Vor diesem Hintergrund spricht bereits der Umstand gegen eine Aufgabenübertragung an die Klägerin, dass der erste Bürgermeister die Aufgabe der Repräsentation der Gemeinde bei der Beerdigung selbst wahrgenommen hat.

Auch der Wortlaut der einzig als Übertragungsakt in Betracht kommenden Aussage des ersten Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 ("Es wäre schön, wenn ich bei der Beerdigung einige Gemeinderäte antreffen könnte.") spricht aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers (§ 133, § 157 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) gegen eine Aufgabenübertragung. Der angesprochene Personenkreis konnte bei dieser sehr unkonkreten Formulierung des ersten Bürgermeisters als allgemein gehaltener, unverbindlicher Wunsch bzw. unkonkrete Bitte nicht davon ausgehen, dass ihm die Repräsentation der Gemeinde als Aufgabe übertragen war. Zumal es an der Benennung einer konkreten Person bzw. von konkreten Personen fehlte, der bzw. denen die Aufgabe übertragen werden sollte. Im Hinblick auf die weiterreichenden Folgen der Aufgabenübertragen konnten die Mitglieder des Gemeinderates nicht davon ausgehen, dass der erste Bürgermeister es alleine in deren Belieben stellen wollte, wer und wie viele aus dem Personenkreis letztlich mit der Repräsentation der Gemeinde gegenüber der Öffentlichkeit beauftragt sein sollten.

Schließlich spricht auch der Umstand, dass die weiteren Bürgermeister - denen es nach der BayGO vorrangig obliegt, die Gemeinde anstelle des ersten Bürgermeisters zu vertreten - nicht zuvor im Hinblick auf eine Aufgabenübertragung angehört wurden und diese zudem selbst bei der Beerdigung anwesend waren.

(2) Auch im Zusammenhang mit einer Ehrung des S stand der Besuch der Beerdigung aufgrund von gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bestimmungen nicht in rechtlich wesentlichem inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Gemeinderätin.

Gesetzliche oder satzungsmäßige Aufgaben im Zusammenhang mit der Ehrung des S (Verleihung der silbernen Gemeindeplakette) als Gemeinderätin bestanden schon zum Zeitpunkt der Beerdigung deshalb nicht, weil die Ehrung bereits abgeschlossen war.

Bei einer Ehrung ist zwischen der Verleihung der Ehrung (d.h. der Entscheidung, dass eine Person die Ehrung erhält) und dem Vollzug derselben (d.h. der Aushändigung der mit der Verleihung verknüpften Urkunde, Medaille oder dem sonstigen Ehrenzeichen) zu unterscheiden (vgl. Glaser/Gaß in Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Stand April 2023, Art. 16 Rn. 2; Retzmann in BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand 01.11.2023, Art. 16 BayGO Rn. 4 m.w.N; Papsthart, BayVBl. 2021, 253, 256). Die Verleihung fällt regelmäßig in die Kompetenz des Gemeinderates (zum Ehrenbürgerrecht vgl. Glaser/Gaß a.a.O.; vgl. auch Papsthart a.a.O.). Dagegen fällt der Vollzug - wie allgemein die Vertretung der Gemeinde nach außen - grundsätzlich in die Kompetenz des ersten Bürgermeisters (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 23.03.2023 - AN 4 K 22.02123 - juris Rn. 33; Retzmann a.a.O., Art. 16 BayGO Rn. 4 m.w.N.; vgl. auch Aker/Hafner/Notheis, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, § 22 Rn. 3).

Hier war der Beschluss über die Verleihung der silbernen Gemeindeplakette bereits am 30.11.2020 gefasst worden. Zudem war auch der Vollzug der Verleihung bereits abgeschlossen. Insoweit trägt die Klägerin selbst vor, dass - nachdem zunächst (in Einklang mit § 3 Abs. 4 der Satzung über Ehrungen verdienter Bürger der Gemeinde A) entschieden worden war - die Übergabe der Plakette, einer Urkunde und eines Blumenstraußes noch vor dem Eintritt des Todes im Krankenhaus durch die Tochter des S verbunden mit einer Videobotschaft des zweiten Bürgermeisters erfolgt. Durch diese Übergabe war die Ehrung vollzogen (vgl. Retzmann a.a.O. Art. 16 BayGO Rn. 4 m.w.N.).

Dass zwingend ein öffentlicher Vollzug der Ehrung stattfinden muss, kann der Satzung über Ehrungen verdienter Bürger der Gemeinde A nicht entnommen werden. Vielmehr geht aus § 3 Abs. 4 hervor, dass nur "in der Regel" ein öffentlicher Vollzug der Ehrung stattfindet. Dies schließt anderer Vollzugweisen - wie sie hier erfolgt waren - nicht aus.

dd) Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin auch sonst - außerhalb des gesetzlich und satzungsmäßig bestimmten Aufgabenkreises als Gemeinderätin - keinen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag zur Teilnahme an der Beerdigung durch die Gemeinde A nach den oben genannten Maßstäben erhalten.

(1) Die Klägerin wurde nicht ausdrücklich zur Teilnahme an der Beerdigung durch die Gemeinde A beauftragt.

Die Aussagen des ersten Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 sind für einen ausdrücklichen Auftrag zu unkonkret. Ebenso wenig wie eine Übertragung von Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit kann darin nach objektivem Empfängerhorizont (§ 133, § 157 BGB) eine ausdrückliche Beauftragung als ehrenamtlich Tätige zur Teilnahme an der Beerdigung gesehen werden. Dafür spricht schon der Umstand, dass der erste Bürgermeister von "einigen" Gemeinderäten sprach. Bei einer ausdrücklichen Beauftragung wäre vielmehr zu erwarten, dass er entweder den gesamten Gemeinderat, bestimmte Gemeinderatsmitglieder oder zumindest eine näher bestimmbare Gruppe (z.B. einer aus jeder Fraktion) anspricht. Es wäre auch nicht zu erwarten gewesen, dass der Bürgermeister es bei einem ausdrücklichen Auftrag offenlassen würde, wer sich aus dem adressierten Personenkreis letztlich angesprochen fühlen würde und er auf eine ausdrückliche Annahme des Auftrages verzichtet hätte. Vielmehr handelte es sich offensichtlich um einen allgemein gehaltenen, unverbindlichen Wunsch bzw. eine unkonkrete Bitte. Dafür spricht auch, dass die einzige Funktion der Gemeinde hier in der Öffentlichkeitsarbeit bestehen konnte, die - wie ausgeführt - in den Zuständigkeitsbereich des ersten Bürgermeisters fiel. Nichts anderes folgt daraus, dass die Klägerin Fraktionsvorsitzende ist.

(2) Auch eine stillschweigende Beauftragung durch die Gemeinde A liegt nicht vor.
 
Es fehlt bereits an dem notwendigen klaren Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Gemeinde. Denn dies setzt bei einer Veranstaltung - wie hier bei einer Beerdigung - insbesondere voraus, dass die Gemeinde in irgendeiner Art und Weise wenigstens organisatorisch tätig wird (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 11.10.2006 - L 2 U 136/06 - juris Rn. 17, juris; Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, Stand Oktober 2016, § 2 Rn. 359). Es genügt nicht, dass die Gemeinde (z.B. durch den Bürgermeister) an einer Veranstaltung teilnimmt (vgl.

Schwerdtfeger a.a.O. Rn. 359); auch dass anlässlich der Trauerfeier ein gemeindlicher Nachruf erfolgt ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Hier hat die Gemeinde die Beerdigung weder organisiert noch verantwortet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

5. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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