S 4 EG 1/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 EG 1/18
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


1. Für die Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum wird nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG die Summe der positiven Einkünfte durch die Anzahl der Lebensmonate, aus denen Einkommen in diese Summe eingeflossen ist , geteilt.

2. Eine zeitlich gestaffelte Durchschnittsberechnung innerhalb des Bezugszeitraums ist nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG vom Gesetz nicht vorgesehen. Für die Ermittlung des sog. Teilelterngeldes wird im Bezugszeitraums nur zwischen Lebensmonaten mit oder ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit unterscheiden.
 


Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.


Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 1.218,32 Euro.

Die 1987 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter des 2017 geborenen Kindes C. Vor der Geburt ihrer Tochter war die Klägerin als Heilerziehungspflegerin berufstätig. Die Klägerin bezog vom 06.08.2017 bis zum 12.11.2017 Mutterschaftsgeld in Höhe eines kalendertäglichen Zahlbetrags von 13,00 Euro. Die Klägerin nahm vom 28.08.2017 bis zum 27.08.2018 Elternzeit in Anspruch.

Die Klägerin beantragte unter dem 16.09.2017 Elterngeld für ihre Tochter C. Der Beklagte bewilligte der Klägerin Elterngeld unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 8 Abs. 2 BEEG mit Bescheid vom 16.11.2017. Hierbei wurde Basiselterngeld für den ersten bis zweiten Lebensmonat (28.08.2017 bis 27.10.2017) in Höhe von 0,00 Euro, für den dritten Lebensmonat (28.10.2017 bis 27.11.2017) in Höhe von 354,75 Euro und für den vierten bis zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2018) in Höhe von jeweils 733,19 Euro gewährt. Der Beklagte legte dabei das Einkommen der Klägerin der letzten zwölf Monate vor der Geburt ihres Kindes zugrunde. Der Beklagte ermittelte ein monatliches Elterngeld-Brutto von 1.563,55 Euro, woraus er wiederum ein Elterngeld-Netto von monatlich 1.094,31 Euro errechnete; darauf wandte er einen Leistungssatz von 67,00 Prozent an. Eine Berücksichtigung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit während des Bezugs des Elterngeldes erfolgte nicht.

Ab dem 08.12.2017 nahm die Klägerin einen Minijob bei einer Diskothek mit einer Arbeitszeit von höchstens 15 Monatsstunden und einem pauschal besteuerten Arbeitslohn von 60,00 Euro auf.

Daraufhin hob der Beklagte mit (Änderungs-)Bescheid vom 07.12.2017 den vorherigen Elterngeldbescheid vom 16.11.2017 nach § 48 SGB X auf und stellte das Elterngeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG vorläufig neu fest. Eine betragsmäßige Änderung der bisherigen Elterngeldfestsetzung ergab sich hierdurch nicht. Der Beklagte berücksichtigte nunmehr ab dem vierten bis zwölften Lebensmonat Einnahmen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 60,00 Euro monatlich.

Vom 01.07.2018 bis zum 30.06.2021 ging die Klägerin einer befristeten Teilzeittätigkeit bei ihrem bisherigen Arbeitgeber mit einer Arbeitszeit von 15 Wochenstunden und einem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.395,22 Euro zuzüglich 21,58 Euro brutto an pauschal versteuerten Lohnanteile monatlich nach.

Im Anschluss hob der Beklagte mit Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 19.07.2018 den (Änderungs-)Bescheid vom 07.12.2017 nach § 48 SGB X teilweise auf und änderte für den vierten bis zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2017) die Höhe des Basiselterngeldes auf jeweils 580,90 Euro ab. Im Übrigen blieb die vorhergehende vorläufige Festsetzung des Elterngeldes für den ersten bis dritten Lebensmonat unverändert. Dies führte zu einer Überzahlung des bereits ausgezahlten Elterngelds in Höhe von nunmehr 1.218,32 Euro. Der Beklagte behielt das Elterngeld für den zwölften Lebensmonat (28.07.2018 bis 27.08.2018) in Höhe von 580,90 Euro ein und rechnete es auf die Rückforderung an. Letztlich verblieb ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 637,42 Euro. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass das durchschnittliche Einkommen aus dem Minijob und der Teilzeittätigkeit ab dem 08.12.2017 für die Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen sei. Entsprechend berücksichtigte der Beklagte ab dem vierten Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.11.2017) ein Einnahmen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 60,00 Euro monatlich sowie für elften und zwölften Lebensmonat (28.06.2017 bis 27.08.2018) in Höhe von 1.395,22 Euro zuzüglich pauschal versteuerte Einnahmen in Höhe von 21,58 Euro (insgesamt 1.416,80 Euro). Mithin ermittelte der Beklagte nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages, Sozialabgaben und Steuern ein durchschnittliches Nettoerwerbseinkommen im Bezugszeitraum von 227,30 Euro und ein Differenzbetrag zum durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommen vor der Geburt (1.094,31 Euro) in Höhe von 867,01 Euro; darauf wandte er eine Einkommensersatzrate von 67,00 Prozent an.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23.07.2018 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass eine rückwirkende Anrechnung ihres Arbeitslohns aus der Nebentätigkeit für den vierten bis zehnten Lebensmonat unverhältnismäßig sei. Das Gehalt aus ihrer Nebentätigkeit habe erst im elften und zwölften Lebensmonat zur Verfügung gestanden und müsse daher nur für besagte Lebensmonate berücksichtigt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Klägerin aufgrund dessen erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit während des Bezugszeitraums des Elterngelds gemäß § 2 Abs. 3 BEEG nur sog. Teilelterngeld zustehe. Für dessen Berechnung sei zwischen den Bezugsmonaten von Elterngeld ohne Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und den Bezugsmonaten mit Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zu unterscheiden. Für die Lebensmonate mit Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sei ein durchschnittliches Erwerbseinkommen zu ermitteln. Da die Klägerin bereits zum 08.12.2017 mit der Aufnahme des Minijobs in der Diskothek Erwerbseinkünfte bezogen habe, sei die Durchschnittermittlung bereits am dem vierten Lebensmonats des Bezugszeitraums vorzunehmen. Der Bescheid sei daher rechtmäßig.

Am 27.09.2018 hat die anwaltlich vertretene Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben.

Die anwaltlich vertrete Klägerin trägt vor, dass das Durchschnittseinkommen nur mit den Monaten zu ermitteln sei, in welchem das Einkommen zu einer Reduzierung des ursprünglich festgesetzten Elterngeldes führe. Die vom Beklagten vorgenommene rückwirkende Durchschnittsberechnung bestrafte quasi die Klägerin, denn tatsächlich habe die Klägerin im Zeitraum von Dezember 2017 bis Juni 2018 nur 420,00 Euro verdient und müsse nunmehr 1.218,32 Euro zurückzahlen. Daher sei nur eine zeitlich gestaffelte Durchschnittsberechnung zur Aufnahme des Minijobs und späteren Aufnahme der Teilzeittätigkeit sachgerecht.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid des Beklagten vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2018 aufzuheben und den Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass nach den rechtlichen Vorgaben aus dem im Bezugszeitraum insgesamt zur Verfügung stehenden Einkünften für die gesamten Bezugsmonate mit Einkünften ein Durchschnittswert zu ermitteln sei. Eine zeitlich gestaffelte Berechnung sehe das Gesetz nicht vor.

Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, die Klägerin mit anwaltlichen Schriftsatz vom 04.06.2024 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.05.2024, zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.


Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der angefochtene Änderungs- (siehe hierzu I.) und Erstattungsbescheid (siehe hierzu II.) des Beklagten vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). 

I.    Die teilweise Änderung des Bescheids vom 07.12.2017 hinsichtlich der Elterngeldfestsetzung in Form von Basiselterngeld für den vierten bis zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2018) durch den Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2018 ist rechtmäßig. Vorliegend hat die Klägerin ab dem vierten bis zwölften Lebensmonat nach der Geburt des Kindes nur einen Anspruch auf sog. Teilelterngeld gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG, da sie Einkommen aus Erwerbstätigkeit während des vierten bis zwölften Lebensmonats (28.11.2017 bis 27.08.2018) aus nichtselbständiger Arbeit hatte. Der Beklagte hat zutreffend die Höhe des Teilelterngeldes für den Bezugszeitraum vom vierten bis einschließlich zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2018) berechnet.

Ermächtigungsgrundlage für den rechtmäßigen (Änderungs-)Bescheid des Beklagten vom 19.07.2018 ist die Regelung des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).

Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung sind vorliegend erfüllt, da die Klägerin ab dem 01.07.2018 aufgrund der Teilzeittätigkeit zusätzliches Einkommen, auch im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG und § 2c BEEG erzielt hat.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 05.12.2006 (BGBl. I 2006, S. 2748) in der aufgrund Art. 4 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (FlexEZeitEGeldPlEG) vom 18.12.2014 (BGBl. I 2014, S. 2325 ff.) geltenden Neufassung vom 27.01.2015 (BGBl. I 2015, S. 33 ff.) mit Wirkung zum 01.01.2015 bis 31.12.2019. 

Zunächst steht fest, dass die Kläger die Grundvoraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Elterngeld gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG für das 2017 geborene Kind C. erfüllt. 

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld,
1.    wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland,
2.    mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.    dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.    keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

All diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit dem Kind C. in einem Haushalt, betreute und erzog dieses selbst. Auch übte sie während des Bezugszeitraums keine volle, d. h. keine Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt aus (§ 1 Abs. 6 BEEG). Zudem lag ein ordnungsgemäßer Antrag vor. Dies alles ist hier ausweislich der Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren und im Übrigen unstreitig der Fall.

Die Bemessung der Höhe des Elterngeldanspruchs richtet sich nach § 2 BEEG als Basisnorm. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG wird das Elterngeld bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.
In § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG erfolgt die Bestimmung des Begriffs Einkommens aus Erwerbstätigkeit (auch sog. Erwerbseinkommen) unter Verweisung auf die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1.    nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG sowie
2.    Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat.
§ 2 Abs. 2 BEEG regelt die Höhe des Elterngeldes, indem die Ersatzrate des Elterngelds bei niedrigen Erwerbseinkommen erhöht und bei hohen Erwerbseinkommen reduziert wird. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 BEEG erhöht sich in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000 Euro war, der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 BEEG sinkt in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.
In § 2 Abs. 3 BEEG ist das sog. Teilelterngeld geregelt. Nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 BEEG ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt dabei höchstens der Betrag von 2.770 Euro anzusetzen. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 3 BEEG ist der Unterschiedsbetrag nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Monaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Abs. 2 BEEG in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.
Mit Art. 1 Nr. 2 des Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 15.02.2021 (BGBl. I 2021, S. 239 ff.) hat der Gesetzgeber in § 2 BEEG „Monat“ durch „Lebensmonat“ ersetzt und damit klargestellt, dass für den Bezugszeitraum von Elterngeld nicht der Kalendermonat – wie beim Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG für das vorgeburtliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit – maßgeblich ist.

Vorliegend hat die Klägerin für den vierten bis zwölften Lebensmonat nur einen Anspruch auf Teilelterngeld nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG, da sie zu berücksichtigendes Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit i. S. d. § 2c i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG während des Zeitraum vom vierten bis zum zwölften Lebensmonat, also während der Bezugsdauer des Elterngeldes vom 28.11.2017 bis zum 27.08.2018 hatte.

§ 2 Abs. 3 S. 1 BEEG setzt voraus, dass die berechtigte Person in Lebensmonaten nach der Geburt des Kindes (= Bezugsmonat) ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen vor der Geburt (siehe dazu grundlegend, BSG, Urt. v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, Juris Rn. 28 ff). Für den Begriff des „Einkommens aus Erwerbstätigkeit“ verweist § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG auf die Definition des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2013 – B 10 EG 18/12 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 23, Juris Rn. 31), die am Ende ausdrücklich auch die Bezugszeit von Elterngeld einschließt. Danach errechnet sich das (voraussichtliche) Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum aus der Summe ihrer positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus selbstständiger Arbeit gemindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG. Dabei ist zu beachten, dass nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG das Einkommen aus Erwerbstätigkeit taggenau auf die jeweiligen Lebensmonate umgerechnet werden müssen (vgl. LSG, Urt. v. 04.12.2014 – L 2 EG 5/12, Juris Rn. 29; Graue, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB Sozialrecht Besonderer Teil, Kommentar, 1. Aufl. (Stand: 04.08.2023), § 2 BEEG Rn 40).

Zu berechnen ist dieses Einkommen des Elterngeldberechtigten in den Lebensmonaten der Bezugszeit in drei Schritten. In einem ersten Schritt ist dessen Einkommen getrennt nach den vom Gesetz genannten Einkunftsarten zu ermitteln und um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG zu mindern. Vom Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit ist gemäß § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG monatlich ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags abzuziehen. Dabei sind als Rechenposten auch negative Einkünfte je Einkunftsart zu berücksichtigen (dazu unter 1.). In einem zweiten Schritt sind die positiven Beträge der verschiedenen Einkunftsarten zu summieren (dazu unter 2.), um danach in einem letzten – dritten – Schritt den vom Gesetz verlangten monatlichen Durchschnitt allein aus den Lebensmonaten zu bilden, aus denen Einkommen in die Summe positiver Einkünfte eingeflossen ist (dazu unter 3.). Diese Berechnungsmethode hat der Beklagte zutreffend angewandt (dazu unter 4.).

1.    Die Klägerin hatte nach dem ersten Berechnungsschritt vom vierten bis zwölften Bezugsmonat (= Lebensmonat des Kindes) Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Form des Minijobs und im elften sowie zwölften Bezugsmonat in Form der Teilzeittätigkeit. Einnahmen bzw. Einkünfte aus mehreren Arbeitsverhältnissen sind dabei zusammenzurechnen (Graue, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB Sozialrecht Besonderer Teil, Kommentar, 1. Aufl. (Stand: 04.08.2023), § 2 BEEG Rn 31). Die hier relevanten Einnahmen aus der nichtselbstständigen Arbeit der Klägerin sind gemäß § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG monatlich um ein Zwölftel des maßgeblichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags und die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG zu vermindern.

2.    Im zweiten Berechnungsschritt sind nach § 2 Abs. 3 S. 1 i. V. m § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG die positiven Einkünfte des Elterngeldberechtigten aus nichtselbstständiger (§ 2c BEEG) und selbstständiger Arbeit (§ 2d BEEG) im Bezugszeitraum zu addieren. Für die Klägerin entfällt dieser Berechnungsschritt, da sie allein Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2c BEEG hatte.

3.    Im dritten Schritt der Berechnung ist gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG zu ermitteln, ob das nachgeburtliche Einkommen im Bezugszeitraum durchschnittlich geringer ist als das vorgeburtliche Einkommen im Bemessungszeitraum. In diese Durchschnittsbildung sind nach dem Gesetzeswortlaut lediglich solche Lebensmonate (= Bezugsmonate) nach der Geburt des Kindes einzubeziehen, „in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat“. Das Einkommen im Bezugszeitraum wird daher errechnet, indem die ermittelte Summe der positiven Einkünfte durch die Anzahl der Lebensmonate, aus denen Einkommen in diese Summe eingeflossen ist, geteilt wird (BSG, Urt. v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, Juris Rn. 38; vgl. Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, 119. EL (Stand: 05.2024), § 2 BEEG Rn 21; Röhl, in: Rolfs/Gießen/ Meßling/Udsching (Hrsg.), BeckOK ArbR, Kommentar, 71. Ed. (Stand: 01.03.2024), § 2 BEEG Rn. 18; Brose, in: Brose/Weth/Volk, MuSchG/BEEG, Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 2 BEEG Rn. 50). Dies gilt auch, wenn die Bezugsmonate keinen zusammenhängenden Zeitraum bilden (Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, 119. EL (Stand: 05.2024), § 2 BEEG Rn 21; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 18.08.2020 – L 11 EG 4175/19, Juris Rn. 26). Eine zeitlich gestaffelte Durchschnittsberechnung nach unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen ist nach dem Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen, da dieser einen Gesamtdurchschnitt aller Bezugsmonate mit positiven Einkommen aus Erwerbstätigkeit verlangt (Vgl. BSG, Urt. v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, Juris Rn. 40 f.).

4.    Die beschriebene, von § 2 Abs. 3 BEEG geforderte Berechnungsweise hat der Beklagte für den vierten bis zwölften Lebensmonat des Kindes zutreffend angewandt und das durchschnittliche Erwerbseinkommen im Bezugszeitraum zutreffend ermittelt.

Die Summe der Einnahmen aus dem Minijob beträgt 532,26 Euro (vierter bis elfter Bezugsmonat je 60,00 Euro, d. h. 8 x 60,00 Euro = 480,00 Euro und zwölfter Bezugsmonat mit einem anteiligen Betrag von 52,26 Euro). Die Summe der Einnahmen aus der Teilzeit beträgt 2.650,79 Euro (elfter Bezugsmonat mit 1.416,80 Euro und zwölfter Bezugsmonat mit einem anteiligen Betrag von 1.233,99 Euro). Dies ergibt einen Gesamtbetrag der Einnahmen aus Minijob und Teilzeittätigkeit in Höhe von 3.183,05 Euro. Hiervon ist der anteilige Arbeitnehmerpauschbetrag für den vierten bis zwölften Bezugsmonat Lebensmonate in Höhe von insgesamt 580,66 Euro abzuziehen. Dies ergibt Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Bezugszeitraum in Höhe von 2.602,39 Euro. Dieser Betrag ist durch die Anzahl der Bezugsmonate mit positiven Einkünften zu dividieren. Vorliegend sind dies neun Bezugsmonate (vierter bis zwölfter Bezugsmonat). Damit ergibt sich durchschnittliches Einkommen im Bezugszeitraum in Höhe von 289,15 Euro. Dieser Betrag ist noch Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG zu vermindern. Dieses durchschnittliche Nettoerwerbseinkommen des Bezugszeitraum ist von dem durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommen des Bemessungszeitraum (= zwölf Lebensmonate vor der Geburt des Kindes) abzuziehen. Ergibt sich hieraus ein positiver Differenzbetrag, d. h. war das durchschnittliche Nettoerwerbseinkommen des Bezugszeitraum niedriger als durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommen des Bemessungszeitraum, so wird hierauf die entsprechende Einkommensersatzrate nach § 2 Abs. 2 BEEG angewendet. Rechnerisch richtig hat der Beklagte einen Differenzbetrag in Höhe von 867,01 Euro (= 1.094,31 Euro - 867,01 Euro) berechnet. Zutreffend hat eine Einkommensersatzrate von 67,00 Prozent zum Ansatz gebracht, da das durchschnittliche vorgeburtliche Nettoerwerbseinkommen der Klägerin mit 1.094,31 Euro weder die Einkommensschwelle von 1.000,00 Euro unterschreitet noch die Einkommensschwelle von 1.200,00 Euro überschreitet. Demnach ergibt sich ein Teilelterngeld in Höhe von 580,90 Euro monatlich für den Zeitraum vom vierten bis zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2018). Dementsprechend hat der Beklagte das Teilelterngeld zutreffend mit dem (Änderungs-)Bescheid vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2018 für Zeitraum vom vierten bis zwölften Lebensmonat (28.11.2017 bis 27.08.2018) neu festgesetzt.

II.    Die vom Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung in Höhe von 1.218,32 Euro bezüglich des Basiselterngeld aufgrund des (Änderungs )Bescheides vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 27.08.2018 ist rechtmäßig.

Der von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch aufgrund der Änderung der vorherigen Elterngeldfestsetzung für den Zeitraum vom 28.11.2017 bis zum 27.08.2018 in Form von Basiselterngeld durch den Änderungs- und Erstattungsbescheides vom 19.07.2018 stützt sich auf § 50 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 SGB X als Ermächtigungsgrundlage und stellt sich als rechtmäßig dar. Die Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 1.218,32 Euro ist rechnerisch nicht zu beanstanden. Denn die Kammer vermag auch im Übrigen in den von dem Beklagten vorgenommenen Berechnungen hinsichtlich der besagten Erstattungsverfügung in Höhe von 1.218,32 Euro keine sachlichen oder rechtlichen Fehler, die sich zu Ungunsten der Klägerin auswirken könnten, zu erkennen – solche sind im Übrigen auch insoweit von der Klägerin nicht geltend gemacht worden –, sodass sich auch die angegriffen Erstattungsverfügung des Beklagten vom 19.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2018 insgesamt als rechtmäßig erweist, ohne dass die Klägerin hierdurch in ihren beschwert ist (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Nach alledem haben sich die angefochtenen Bescheide des Beklagten als rechtmäßig erwiesen. Die Klage war demgemäß abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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