Zum Erfordernis einer Vereinbarung nach §§ 123f. SGB 9 als Voraussetzung für die Kostenübernahme von Ferienfreizeiten und Tagesausflügen des beigeladenen Leistungserbringers im Rahmen der Eingliederungshilfe
Tenor: |
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. |
Tatbestand
Streitig ist, ob der beklagte Eingliederungshilfeträger für das Jahr 2024 verpflichtet ist, der Klägerin 8 Ferienfreizeiten und 15 Tagesausflüge der Beigeladenen (insgesamt 44 Tage) als Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen eines persönlichen Budgets zu finanzieren.
Bei der am XX.2017 geborenen Klägerin sind ein Grad der Behinderung von 100, die Merkzeichen G, H und B sowie der Pflegegrad 4 festgestellt. Sie besucht die erste Klasse des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums der X-Schule in X. Bei der Klägerin sind folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:
• Chromosomenstörung mit interstitieller, invertierter Duplikation 1 q und terminaler Deletion 1 q (Q 92.5),
• globale psychomotorische Entwicklungsretardierung (F83),
• Z. n. präaxialer Hexadaktylie linke Hand (Q69.9 Z), operative Korrektur Juni 2018,
• Hämangiom am linken proximalen Oberschenkel (D18.01),
• Hämodynamisch nicht relevanter Vorhofseptumdefekt vom Sekundumtyp und geringgradige valvulärer Pulmonalstenose (Q21.1, Q22.1), und
• Dystrophie bei syndromaler Erkrankung mit Besserungstendenz (E45).
Die Klägerin kann sich mit Hilfe von Orthesen fortbewegen. Unebenheiten des Bodens oder Steigungen sind für sie aufgrund ihrer starken Sehbeeinträchtigung schwer zu bewältigen. Auch mit Brille kann sie nicht dreidimensional sehen. Sie ist daher außerhalb einer vertrauten Umgebung auf die Begleitung durch einen Erwachsenen angewiesen. Längere Strecken kann die Klägerin nur in einem Buggy sitzend bewältigen. Sie kann sich weder selbstständig an- noch ausziehen und trägt durchgängig Windeln, die regelmäßig gewechselt werden müssen. Mahlzeiten müssen für die Klägerin kleingeschnitten werden und können dann von der Klägerin mit dem Fingern selbstständig zu sich genommen werden. Zum Einschlafen benötigt die Klägerin die Verabreichung des zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassenen Medikamentes SlenytoIn. In der Schule hat sie Schwierigkeiten, sich für eine längere Zeit auf ein Thema zu konzentrieren, selbstständig Aufgaben zu erledigen oder mit anderen Kindern in einer Gruppe zusammen zu arbeiten. Der Klägerin fällt es zudem sehr schwer, angemessenen Kontakt zu anderen Kindern zu knüpfen und auszubauen. Sie ist sehr anhänglich an andere Kinder, so dass diese sich oft bedrängt fühlen, und kann mit ablehnenden Reaktionen auf dieses Verhalten nur schwer umgehen. Sie bricht schnell in Tränen aus und neigt zur Selbstverletzung durch Beißen auf die Hand. Darüber hinaus kann sie sich aufgrund ihrer geringen Konzentrationsfähigkeit nur schwer auf das Spielen mit anderen Kindern einlassen und verfügt außerhalb ihrer Familie und der Schule über keine eigenen sozialen Kontakte. Die Schule der Klägerin bietet keine Hortbetreuung während der Schulzeit und keine Ferienbetreuung an.
Damit die Klägerin die Möglichkeit erhält, im Kontakt mit gleichaltrigen Kindern an außerschulischen Aktivitäten teilzunehmen, beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2023 im Rahmen des persönlichen Budgets die Finanzierung einer Assistenz für die Begleitung der Klägerin bei Angeboten der beigeladenen „Offene Hilfen gGmbH “in X.
Der Eltern der Klägerin erklärten im Rahmen von Telefonaten mit der zuständigen Teilhabemanagerin des Beklagten am 17.04.2023 und 19.04.2023, das begehrte Persönliche Budget werde zur Deckung der Freizeitkosten beantragt. Die Klägerin habe wie jedes andere Kind ganz normale Schulferienzeiten. Dies könne kein normaler Arbeitnehmer abdecken. Hierfür sei das Ferienprogramm der Beigeladenen sehr gut geeignet.
Die Mutter der Klägerin konkretisierte in dem Gespräch zur individuellen Bedarfsermittlung am 15.06.2023 ihren Antrag gegenüber der Beklagten dahingehend, dass ihre Tochter ein persönliches Budget beantrage, um damit eine Assistenzkraft während der Teilnahme an Freizeitaktivitäten und Ferienfahrten finanzieren zu können. Die Klägerin wolle im Jahr 2024 an insgesamt 8 Ferienfreizeiten und an 15 Tagesausflügen der Beigeladenen teilnehmen. Die Ferienfreizeiten umfassten in der Regel mit An- und Abreise 3 bis 4 Tage. Die Klägerin habe bereits 2022 und 2023 auf eigene Kosten an verschiedenen Ferienfreizeiten der Beigeladenen teilgenommen.
Nach vorhergehender Anhörung vom 03.08.2023 lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21.08.2023 ab. Zur Begründung führte er aus, bei der beantragten Kostenübernahme von Freizeitmaßnahmen der Beigeladenen handele es sich um keine Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Zudem bestehe keine Vereinbarung mit der Beigeladenen. Eine Übernahme sei hier daher auch nicht im Rahmen eines Persönlichen Budgets möglich.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 14.09.2023 begründete die Klägerin damit, ihr Antrag beziehe sich auf Leistungen zur sozialen Teilhabe nach §§ 113, 78 SGB IX. Zudem seien Teilhabeleistungen nicht über die Pflegekasse zu erbringen, sondern neben deren Leistungen zu erbringen. Außerdem würden die Leistungen der Pflegekasse bereits von Klägerseite vollständig ausgeschöpft. Zudem bestehe im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern ohne Behinderung eine Teilhabeeinschränkung bei der Freizeitgestaltung. Die nicht vorhandene Leistungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen dürfe der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2023 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Freizeitmaßnahmen der Beigeladenen zielten darauf ab, das individuelle Freizeitbedürfnis zu befriedigen. Ein Bedürfnis nach Freizeit bestehe bei nichtbehinderten Menschen und behinderten Menschen aber gleichermaßen und stelle keinen behinderungsbedingten Bedarf dar. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass auch nichtbehinderte Kinder im Alter der Klägerin ihre Freizeit nicht ohne die Unterstützung der Familie bzw. der Sorgeberechtigten organisieren und bewältigen könnten. Ausflüge und andere Aktivitäten zur Freizeitgestaltung würden bei allen Kindern dieser Altersgruppe durch die Sorgeberechtigten, der Familie und oft auch Angehörigen organisiert und mit diesen oder anderen Familienmitgliedern und Freunden ausgeübt. Eine Teilhabeeinschränkung im Vergleich zu gleichaltrigen, nicht behinderten Kinder, die eine zusätzliche Assistenzleistung zur Gestaltung von Freizeitaktivitäten rechtfertigten, sei daher grundsätzlich nicht gegeben. Ein klägerischer Bedarf an einer zusätzlichen Begleitung bei Freizeitmaßnahmen der Beigeladenen bestehe nicht. Zudem enthielten die Kosten der betreffenden Freizeitmaßnahmen einen Grundbetrag für Miete, Verbrauchsmaterialien, Übernachtungskosten und Verpflegung sowie für die Betreuung und Pflege. Dieser Grundbetrag enthalte damit regelmäßig nur Kosten, die nicht aufgrund der Behinderung anfielen und die auch bei nichtbehinderten Kindern den jeweiligen Sorgeberechtigten in Rechnung gestellt würde. Bei den beantragten Leistungen handele es sich vielmehr um solche der Pflegekasse, für welche es auch bereits eine Vereinbarung mit der Beigeladenen gebe. Es sei auch nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe, verbrauchte Pflegegelder eines anderen vorrangigen Trägers aufzustocken. Lediglich über Leistungen der Kurzzeitpflege in Einrichtungen mit einer Vergütungsvereinbarung nach §§ 123ff. SGB IX könnten solche Leistungen durch den beklagten Träger der Eingliederungshilfe gewährt werden. Eine solche Vereinbarung liege für die Beigeladene nicht vor.
Deswegen haben die Eltern der Klägerin am 25.10.2023 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn erhoben. Deren Prozessbevollmächtigte macht unter Verweis auf ein ärztliches Attest des behandelnden Kinderarztes Dr. Schneider vom 17.11.2023 und auf ein undatiertes Schreiben der Beigeladenen an alle Angehörigen und Betreuerinnen und Betreuer der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Freizeitmaßnahmen geltend, dass die Klägerin die personenbezogenen Voraussetzungen nach § 99 Abs. 1 SGB IX für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß § 112 Abs. 1 Nr. 1, S. 3 SGB IX erfülle. Die Teilnahme an Tagesausflügen und Ferienfahrten der Beigeladenen sei erforderlich und geeignet, der Klägerin mit ihrem sehr hohen sonderpädagogischen Förderbedarf den Schulbesuch zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern. Die Klägerin brauche - wie jedes andere Kind - den Kontakt zu gleichaltrigen Kindern, um sich bestmöglich entwickeln zu können. Durch das spielerische Heranführen an Bildungsinhalte im Verbund mit gleichaltrigen Kindern und mit Unterstützung der Assistenz werde die Klägerin in den Entwicklungsbereichen Kommunikation und Sprache, Denken und Lernen sowie Wahrnehmung im Rahmen der außerschulischen Freizeit- und Bildungsangebote der Beigeladenen gefördert. Die Teilnahme an den außerschulischen Aktivitäten der Beigeladenen stelle damit eine Leistung nach § 112 Abs. 1 Nr. 1, S.3 SGB IX dar. Ein vergleichbarer anderer Anbieter als die Beigeladene sei der Familie der Klägerin weder bekannt noch vom Beklagten benannt. Die Klägerin habe behinderungsbedingt nur im Rahmen der Ferienfreizeiten und Tagesausflüge der Beigeladenen die Möglichkeit, mit anderen Kindern in Kontakt zu treten und Aktivitäten in einer Gruppe von gleichaltrigen Kindern nachzugehen, auch weil ihre Schule der Klägerin keine Nachmittagsbetreuung in Form eines Horts oder eine Ferienbetreuung anbiete. Der Wunsch der Klägerin, an insgesamt 44 Tagen im Jahr gemeinsam mit gleichaltrigen Kindern an dem außerschulischen Bildungsangebot der Beigeladenen teilzuhaben, sei daher erforderlich, um die gleichberechtigte Teilhabe der Klägerin an der Gesellschaft zu sichern. Der Unterstützungsbedarf der Klägerin gehe weit über denjenigen hinaus, den nichtbehinderte sechsjährige Kinder hätten. Ihre Eltern seien daher weder in der Lage noch rechtlich verpflichtet, sämtliche außerschulischen Aktivitäten ihrer Tochter zu begleiten und dadurch eine zusätzliche Assistenz zu ersetzen (mit Verweis auf die Urteile des VG Halle, Urteil vom 05.09.2018, Az.: 7 A 55/17 und 7 A 149/16). Anders als im Sozialhilferecht (§ 2 SGB XII) würden im § 91 SGB IX die Angehörigen auch nicht als vorrangig vor der Eingliederungshilfe genannt. Entgegen der Ansicht des Beklagten seien die Eltern zudem nicht verpflichtet, die Assistenz mit Geldern aus der Pflegversicherung zu bezahlen. Zum einen gebe es zwischen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe kein Vorrang-Nachrangverhältnis (§ 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI), zum anderen liege der Schwerpunkt der beantragten Leistung im Bereich der Eingliederungshilfe. Der Beklagte könne die Bewilligung der beantragten Leistung schließlich auch nicht deshalb ablehnen, weil mit der Beigeladenen keine Leistungsvereinbarung bestehe. Der Umstand, dass es der Beklagte offensichtlich versäumt habe, eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit einem geeigneten Leistungserbringer abzuschließen, könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
Die Klägerin und der Beklagte haben in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 31.01.2024 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, den der Beklagte am 06.02.2024 widerrufen hat.
Die Klägerin beantragt unter Bezugnahme auf eine entsprechende Kostenaufstellung der Beigeladenen vom 22.11.2023,
den Bescheid des Beklagten vom 21.08.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets in Höhe eines Betrags von 6.850 Euro zu bewilligen, der für die Finanzierung der Teilnahme der Klägerin an insgesamt 44 Tagen für 8 Ferienfreizeiten und 15 Tagesausflügen der Beigeladenen im Jahr 2024 notwendig ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und erwidert der Klage im Übrigen, nach § 123 Abs. 1 S. 1 SGB IX sei zwingende Voraussetzung für die Kostenübernahme für Freizeitmaßnahmen der Beigeladenen im Rahmen eines persönlichen Budgets eine Leistungsvereinbarung mit ihm. Diese liege nicht vor.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beigeladene legt eine Aufstellung der Maßnahmen vor, für die die Klägerin im laufenden Jahr angemeldet ist, sowie eine Stellungnahme zum Inhalt der betreffenden Maßnahmen vor. Hinsichtlich der Verhandlungen zum SGB IX mit der Stadt X und dem Beklagten habe am 03.05.2024 das erste informelle Gespräch stattgefunden. Mit dem Abschluss einer rechtsgültigen Vereinbarung in Form einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung sei nicht vor Ende des Jahres 2024 zu rechnen. Eine laufende Freizeitmaßnahme werde vom Neckar-Odenwald-Kreis als Leistung der Eingliederungshilfe finanziert. Im Landkreis Schwäbisch Hall, dem Ortenaukreis sowie in Tübingen, Heidelberg und Böblingen gebe es bereits abgeschlossene Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen; Freizeitangebote würden auf dieser Grundlage von den Trägern der Eingliederungshilfe übernommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze, auf die Protokolle über die nicht-öffentliche Sitzung vom 31.01.2024 und die öffentliche Sitzung vom 26.06.2024 sowie auf die Gerichtsakte im Übrigen und auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.08.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, ihr Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets in Höhe eines Betrags von 6.850,00 Euro zu bewilligen, der für die Finanzierung der Teilnahme der Klägerin an 44 Tagen für 8 Ferienfreizeiten und 15 Tagesausflüge der Beigeladenen im Jahr 2024 im Rahmen eines persönlichen Budgets notwendig ist. Im Einzelnen:
- Streitgegenstand:
Streitgegenständlich ist der Bescheid des Beklagten vom 21.08.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2023 (§ 95 SGG).
- Zulässigkeit der Klage:
Ihr Klageziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Grundverhältnis zum Sozialhilfeträger nach § 54 Abs. 1, 2, 4, § 56 SGG, weil sie Leistungen der Eingliederungshilfe im Wege der Kostenübernahme in Form eines persönlichen Budgets begehrt. Die Leistungen sollen nicht im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses direkt an die Beigeladene ausgezahlt werden, womit es ggfs. eines noch zu bewirkenden Schuldbeitritts im Rahmen des Sachleistungsverschaffungsprinzips bedürfte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.10.2008, Az.: B 8 SO 22/07 R, juris). Einer Verpflichtungsklage bedarf es deshalb hier nicht, weil der Kläger die Übernahme der Kosten nicht durch Verwaltungsakt begehrt, mit dem die Mitschuld der Beklagten gegenüber der Beigeladenen begründet werden soll (BSG, Urteil vom 25.09.2014, Az.: B 8 SO 8/13 R, in juris Rn. 10).
- Unbegründetheit der Klage:
- Rechtsgrundlagen:
Maßgebliche, hier in Betracht kommende Rechtsgrundlagen nach dem hier einschlägigen 9. Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für den geltend gemachten Anspruch sind die §§ 2, 90, 99, 102 Abs. 1 Nr. 3 und 4, 105, 108, 112, 113, 123, 126 SGB IX, welche in den hier relevanten Auszügen lauten:
§ 90 Aufgabe der Eingliederungshilfe
(1) 1Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. 2Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. (…)
(4) Besondere Aufgabe der Teilhabe an Bildung ist es, Leistungsberechtigten eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- und Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.
(5) Besondere Aufgabe der Sozialen Teilhabe ist es, die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.
§ 99 Leistungsberechtigung, Verordnungsermächtigung
(1) Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen (…), die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 erfüllt werden kann.
§ 102 Leistungen der Eingliederungshilfe
(1) Die Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen (…)
3. Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
4. Leistungen zur Sozialen Teilhabe.
(2) Leistungen nach Absatz 1 Nr. (…) 3 gehen den Leistungen nach Absatz 1 Nr. 4 vor.
§ 105 Leistungsformen
(1) Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden als Sach-, Geld- oder Dienstleistung erbracht. (…)
(3) 1Leistungen zur Sozialen Teilhabe können mit Zustimmung der Leistungsberechtigten auch in Form einer pauschalen Geldleistung erbracht werden, soweit es dieser Teil vorsieht. 2Die Träger der Eingliederungshilfe regeln das Nähere zur Höhe und Ausgestaltung der Pauschalen.
(4) 1Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. (…)
§ 108 Antragserfordernis
(1) 1Die Leistungen der Eingliederungshilfe nach diesem Teil werden auf Antrag erbracht. 2Die Leistungen werden frühestens ab dem Ersten des Monats der Antragstellung erbracht, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen bereits vorlagen. (…)
§ 112 Leistungen zur Teilhabe an Bildung
(1) 1Leistungen zur Teilhabe an Bildung umfassen 1. Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt (…). 3Hilfen nach Satz 1 Nummer 1 umfassen auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, der leistungsberechtigten Person den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern.
§ 113 Leistungen zur Sozialen Teilhabe
(1) 1Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 3 bis 5 erbracht werden. 2Hierzu gehört, Leistungs-berechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. (…)
(2) Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind insbesondere (…)
2. Assistenzleistungen, (…).
(3) Die Leistungen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 8 bestimmen sich nach den §§ 77 bis 84, soweit sich aus diesem Teil nichts Abweichendes ergibt.
§ 123 Allgemeine Grundsätze
(1) 1Der Träger der Eingliederungshilfe darf Leistungen der Eingliederungshilfe mit Ausnahme der Leistungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 78 Abs. 5 und § 116 Abs. 1 durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Eingliederungshilfe besteht. 2Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist.
(2) 1Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Eingliederungshilfe bindend. 2Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. 3Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. 4Die Ergebnisse der Vereinbarungen sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.
(3) Keine Leistungserbringer im Sinne dieses Kapitels sind
1.
private und öffentliche Arbeitgeber gemäß oder § 61 oder § 61a sowie
2.
Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, in denen der schulische Teil der Ausbildung nach § 61a Abs. 2 S. 2 erfolgen kann.
(4) 1Besteht eine schriftliche Vereinbarung, so ist der Leistungserbringer, soweit er kein anderer Leistungsanbieter im Sinne des § 60 ist, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und Leistungen der Eingliederungshilfe unter Beachtung der Inhalte des Gesamtplanes nach § 121 zu erbringen. 2Die Verpflichtung zur Leistungserbringung besteht auch in den Fällen des § 116 Abs. 2.
(5) 1Der Träger der Eingliederungshilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung besteht, nur erbringen, soweit
1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 125 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, bei der Erbringung von Leistungen die Inhalte des Gesamtplanes nach § 121 zu beachten,
5.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Eingliederungshilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
2Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 3 und 5 sowie die Vorschriften zur Geeignetheit der Leistungserbringer (§ 124), zum Inhalt der Vergütung (§ 125), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 127), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 128), zur Kürzung der Vergütung (§ 129) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 130) gelten entsprechend.
(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Eingliederungshilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe.
§ 126 Verfahren und Inkrafttreten der Vereinbarung
(1) 1Der Leistungserbringer oder der Träger der Eingliederungshilfe hat die jeweils andere Partei schriftlich zu Verhandlungen über den Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 125 aufzufordern. 2Bei einer Aufforderung zum Abschluss einer Folgevereinbarung sind die Verhandlungsgegenstände zu benennen. 3Die Aufforderung durch den Leistungsträger kann an einen unbestimmten Kreis von Leistungserbringern gerichtet werden. 4Auf Verlangen einer Partei sind geeignete Nachweise zu den Verhandlungsgegenständen vorzulegen.
(2) 1Kommt es nicht innerhalb von drei Monaten, nachdem eine Partei zu Verhandlungen aufgefordert wurde, zu einer schriftlichen Vereinbarung, so kann jede Partei hinsichtlich der strittigen Punkte die Schiedsstelle nach § 133 anrufen. 2Die Schiedsstelle hat unverzüglich über die strittigen Punkte zu entscheiden. 3Gegen die Entscheidung der Schiedsstelle ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben, ohne dass es eines Vorverfahrens bedarf. 4Die Klage ist gegen den Verhandlungspartner und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten.
- Rechtliche Würdigung:
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Kriterien und anders als die Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint, handelt es sich bei den von der Klägerin für das Jahr 2024 begehrten streitgegenständlichen Leistungen der Beigeladenen nicht um Leistungen der Teilhabe zur Bildung nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 112 SGB IX, sondern um solche der sozialen Teilhabe im Sinne des § 102 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX i.V.m. § 113 SGB IX. Dies ergibt sich bereits aus dem Programmheft der Beigeladenen (https://www.oh-XX.de/unsere-angebote/assistenz-in-der-freizeit/programm-pdf/). Auf Seite 103 heißt es beispielhaft bei der Beschreibung für das von der Klägerin unter anderem begehrte Ferienprogramm Sommer 1: „Wir basteln, spielen Spiele, machen Wasserschlachten, toben oder faulenzen. Wir planen auch tolle Ausflüge. Hier ist für jeden etwas dabei.“ Dies zielt ersichtlich und zuvörderst auf die Schaffung und Förderung von sozialen Gemeinschaftserlebnissen ab und trägt dem Bedürfnis nach Erholung sowie aktiver und passiver Regeneration von Kindern in den Schulferien Rechnung. Demgegenüber werden in der Grundstufe, welche das erste bis vierte Schulbesuchsjahr in der von der Klägerin besuchten Schule in X umfasst, für Kinder wie die Klägerin mit einem hohen Förderbedarf die Voraussetzungen für weiteres schulisches Lernen geschaffen (so ausdrücklich in: https://XX.de/grundstufe/). Hierzu trägt auch ein entsprechendes Sozialkompetenztraining bei. In der Grundstufe haben die Schülerinnen und Schüler auch die Möglichkeit der basalen Förderung (Snoozleraum, Sinnesraum). Sie können auch an weiteren motorischen Angeboten wie Schwimmen, Sport und Reiten teilnehmen. Des Weiteren finden musikalische, gestalterische und motorische Angebote statt, welche ebenfalls in den Unterricht integriert werden (so ausdrücklich in: https://XX.de/grundstufe/). Sowohl Zielrichtung als auch Inhalt der Grundstufe der Klägerin unterscheiden sich damit deutlich von der Zielrichtung und vom Inhalt der betreffenden Freizeitmaßnahmen, welche die Beigeladene anbietet und deren Kostenübernahme die Klägerin für das Jahr 2024 im streitgegenständlichen Umfang und im Rahmen eines persönlichen Budgets begehrt.
Einer Kostenübernahme der begehrten Leistungen der Beigeladenen als solche zur sozialen Teilhabe im Sinne der §§ 102 Abs. 1 Nr. 4, 113 SGB IX in Höhe eines Betrags von 6.850 Euro, der für die Finanzierung der Teilnahme der Klägerin an 8 Ferienfreizeiten und 15 Tagesausflügen der Beigeladenen in Begleitung eines Assistenten im Jahr 2024 notwendig ist, steht hier aber entgegen, dass zum jetzigen Stand zwischen der Beklagten und der Beigeladenen weder eine Leistungs- noch eine Vergütungsvereinbarung nach den §§ 113 Abs. 1, 125 SGB IX besteht.
Insbesondere stehen vorliegend keine Assistenzleistungen als besondere Form der Leistungen zur sozialen Teilhabe im Sinne des § 78 Abs. 5 SGB IX im Streit, welche von § 123 Abs. 1 S. 1 SGB IX vom zwingenden Erfordernis einer Vereinbarung als Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX ausgenommen sind. Denn hierbei handelt es sich um solche, die anders als bei den hier streitgegenständlichen Leistungen ausschließlich von ehrenamtlichen Kräften, § 78 Abs. 5 S. 1 SGB IX, geleistet oder als pauschale Geldleistung nach § 116 Abs. 1 SGB IX erbracht werden (Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 4. Aufl., § 123 SGB IX Rn. 50, Stand: 06.06.2024; Süsskind in: Hauck/Noftz SGB IX, 3. Ergänzungslieferung 2024, § 123 SGB IX Rn. 37 mit weiteren Nachweisen).
Bezüglich des Fehlens einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 113 Abs. 1 SGB IX hat die Beigeladene selbst erklärt, dass erst am 03.05.2024 ein erstes informelles Gespräch zur Vorbereitung einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung stattgefunden habe, mit deren Abschluss nicht vor Ende des Jahres 2024 zu rechnen sei. Dies erscheint bemerkenswert, weil die maßgeblichen Vorschriften bezüglich der aus dem SGB XII ausgelösten und reformierten Eingliederungshilfe (nun §§ 90-150 SGB IX) und damit auch die §§ 123f. SGB IX bereits mit Wirkung zum 01.01.2020 durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) in Kraft getreten (Art. 1 i. V. m. Art. 26 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 BTHG) sind und damit das Verfahren des Zustandekommens der Vereinbarungen nach § 123 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 125 gesetzlich klar geregelt ist. Ziel war und ist es, ein zeitsparendes und zügiges Verhandlungs- und Konfliktlösungsverfahren einzurichten (BT-Drucksache 18/9522, S. 297). Hierbei werden insbesondere Beginn und Ende des Verhandlungsverfahrens eindeutig festgelegt (Süsskind in: Hauck/Noftz SGB IX, 3. Ergänzungslieferung 2024, § 126 SGB IX Rn. 3).
Ein Ausnahmefall im Sinne des § 123 Abs. 5 SGB IX liegt ersichtlich nicht vor. Nach dieser Vorschrift darf der Träger der Eingliederungshilfe die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung besteht, nur erbringen, soweit dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist, der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 125 gilt, der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten, der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, bei der Erbringung von Leistungen die Inhalte des Gesamtplanes nach § 121 zu beachten, und wenn die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Eingliederungshilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat. Ohne dass es auf die weiteren Voraussetzungen des § 123 Abs. 5 SGB IX ankäme, fehlt es hier schon an den zwingend erforderlichen schriftlich erklärten Verpflichtungen der Beigeladenen.
Soweit der Gesetzeswortlaut davon spricht, dass der Eingliederungshilfeträger die Vergütung nur übernehmen „darf“, soweit die Voraussetzungen des § 123 Abs. 5 S. 1 Nr. 1-4 SGB IX erfüllt sind, bringt er das Verbot zum Ausdruck, Vergütungen auch dann zu übernehmen, wenn dies nicht der Fall ist. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift steht dem Eingliederungshilfeträger insoweit kein Ermessen zu. Demgegenüber wurde zumindest die frühere Regelung des § 75 Abs. 4 SGB XII noch dahingehend ausgelegt, dass sie dem Sozialhilfeträger auch ein Ermessen einräumt, welches bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 SGB XII a.F. aber auf Null reduziert sei (Nachweise bei Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 75 SGB XII Rn. 109, Stand: 01.05.2024). Diese Auslegung scheint jedoch durch die verschärften Neuregelungen in § 75 Abs. 5 SGB XII und § 123 Abs. 5 SGB IX („darf […] nur erbringen, soweit […]“) ausgeschlossen.
Es kann unentschieden bleiben, ob der Eingliederungshilfeträger aufgrund des Bedarfsdeckungsgrundsatzes unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einem vertragslosen Zustand zwischen ihm und dem Leistungserbringer die Vergütung übernehmen kann. Dies wird in der Kommentarliteratur bezugnehmend auf die zur weniger strikt gefassten Vorgängerregelung des § 75 Abs. 5 SGB XII vorhandene Rechtsprechung vertreten (Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 75 SGB XII Rn. 109 m.w.N., Stand: 01.05.2024). Allerdings waren solche Ausnahmen schon aufgrund des Vereinbarungsprinzips des § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII restriktiv zu handhaben (Bayerisches LSG, Urteil vom 28.06.2018 - L 8 SO 240/15 – in juris Rn. 75 m.w.N.). Dies bedeutet, dass unter Umständen in Fallkonstellationen dieser Art der Sozialhilfeträger aufgrund seiner Gewährleistungspflicht (§ 17 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB I) bzw. seiner Gewährleistungs-verantwortung zwar auch in vertragslosen Konstellationen zur Übernahme sogar einer nicht dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit entsprechenden Vergütung verpflichtet sein könnte. Eine dauerhafte Vergütungsübernahme ohne vertragliche Grundlage ist jedoch vor dem Hintergrund der Grundkonzeption des sozialhilfe-rechtlichen Leistungserbringungsrechts, das vorrangig eine Leistungsgewährung auf der Grundlage von Vereinbarungen vorsieht, in keinem Fall gerechtfertigt (Bayerisches LSG a.a.O., in juris Rn. 84 m.w.N. <Anspruch verneint bei einer angestrebten Versorgung mittels konduktiver Förderung in den Schulferien durch Übernahme der Kosten von drei Blockförderwochen nach Petö-Therapie im Jahr 2010>). So liegt der Fall hier, weil die Klägerin bei der angestrebten Kosten-übernahme für Freizeitmaßnahmen und Angeboten der Beigeladenen für das komplette Jahr 2024 an 44 Tagen nicht nur eine vorübergehende Überbrückung eines vertragslosen Zustandes bis zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen beigeladenem Leistungserbringer und beklagtem Eingliederungshilfeträger, sondern letztlich eine dauerhafte Vergütungsübernahme ohne vertragliche Grundlage für das komplette Jahr 2024 begehrt, welche jedoch vor dem Hintergrund der Grundkonzeption des sozialhilferechtlichen Leistungserbringungsrechts, das vorrangig eine Leistungsgewährung auf der Grundlage von Vereinbarungen vorsieht, nicht gerechtfertigt ist (hierzu Bayerisches LSG a.a.O., in juris Rn. 84 m.w.N., und ebenso in dessen Urteil vom 22.09.2015 – L 8 SO 23/13 –, juris). Im Übrigen würde so auch das gesetzgeberische Ziel der gesetzlichen Neuregelung des § 123 SGB IX unterlaufen, mit dem Abschluss individueller Vereinbarungen Anreize für eine möglichst kostengünstige Leistungserbringung zu schaffen (so ausdrücklich in: BT-Drucks. 18/9522, S. 291 zu § 123 [Allgemeine Grundsätze]). Hierfür besteht aber kein Anlass, da die bereits mit Wirkung zum 01.01.2020 neugefassten Vorschriften, insbesondere in § 126 SGB IX, klare Regelungen enthalten, wie solche Vereinbarungen ggfs. auch unter Inanspruchnahme von Schiedsstellen zeitnah geschlossen werden können. Hierauf sind letztlich der Beklagte und insbesondere auch die Beigeladene zu verweisen. Letztere möchte nach eigenem Bekunden die Kosten für ihre Leistungen vom Beklagten, sei es mittelbar an den Eingliederungshilfeempfänger oder unmittelbar an sie selbst, übernommen bzw. erstattet erhalten und weist die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihrer Angebote und Maßnahmen aktiv mit Rundbriefen etc. auf die Möglichkeiten der (ggfs. auch gerichtlichen) Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen hin. Bei diesem Engagement verwundert, weshalb es entgegen der aus den §§ 123f. SGB IX ersichtlichen gesetzgeberischen Konzeption erst im Mai 2024 und damit Jahre nach Inkrafttreten der maßgeblichen Vorschriften zu ersten informellen Gesprächen zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen gekommen ist, um die Grundlage für eine Kostenübernahme von Leistungen der Beigeladenen zulasten des Beklagten im Rahmen der §§ 90f., 123f., 125f. SGB IX als Leistungen der Eingliederungshilfe zu schaffen.
Demgemäß ist die Klage abzuweisen.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.