L 6 VG 2976/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VG 389/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2976/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. September 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Reisekosten und Parkgebühren im Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen wegen der nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anerkannten Schädigungsfolgen nach einem tätlichen Angriff vom 28. Mai 2013.

Der Kläger wurde 1995 geboren. Nachdem er die Allgemeine Hochschulreife erlangt hatte, studierte er Rechtswissenschaften in F1. Im Herbst 2021 begann er das Rechtsreferendariat beim Landgericht M1. Er leidet unter einer angeborenen Fehlbildung des linken Sehnervs, wodurch die Sehschärfe links bereits vor dem schädigenden Ereignis auf 0,1 reduziert war. Ein Binokularsehen ist nicht vorhanden.

Am 28. Mai 2013 spielte der Kläger mit einer Gruppe im H2 Fußball. In der Nähe befand sich der damals 27-jährige S1 S2, der sich mit dem Jonglieren von Stangen („Devilsticks“) beschäftigte. Als der Ball des Klägers zu diesem herüberflog und ihn am Bein traf, schleuderte jener eine der Jonglierstangen in Richtung des Klägers, die ihn am rechten Auge und der Nase traf. Das Sehorgan blutete sofort stark.

Im Mai 2014 stellte der Kläger beim damals zuständigen Landschaftsverband W1 (nachfolgend einheitlich Beklagter) einen Antrag auf Leistungen nach dem OEG.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2015 erkannte der Beklagte eine Funktionsstörung des rechten Auges, Linsenverlust, Glaskörperverlust, Silikonöleinsprengungen, Netzhautnarbe, Sekundärglaukom, Narbe am Unterlied, eine initiale Distorsion der Halswirbelsäule mit einer Atlasblockierung und psychoreaktive Störungen als Schädigungsfolge an. Diese Schädigungsfolgen begründeten keinen Anspruch auf Beschädigtengrundrente, es bestehe aber Anspruch auf Heilbehandlung nach § 1 OEG. Auf das beiliegende Merkblatt werde verwiesen.

Die Gesundheitsstörung „initiale HWS-Distorsion mit Atlasblockierung“ habe nur vorübergehend vorgelegen und sei inzwischen folgenlos ausgeheilt, wofür vom 28. Mai 2013 bis zu ihrer Ausheilung für längstens sechs Monate ein Anspruch auf Heilbehandlung bestanden habe.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Beigeladene für die Erbringung der Leistungen der Heilbehandlung zuständig sei. Die Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung seien dem Berechtigten ohne Beteiligung an den Kosten zu gewähren, dies gelte auch für den Ersatz von Fahrtkosten im Rahmen der Heil- und Krankenbehandlung.

Nachdem der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2016 zurückwies, erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG –S 17 VG 1593/16). Dieses verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 13. September 2018, als weitere Schädigungsfolge reaktiv auftretende muskuläre Verspannungen der HWS-Region wie eine Kopfgelenksstörung festzustellen und dem Kläger eine Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Dezember 2015 zu gewähren. Das Urteil führte der Beklagte mit (Vorbehalts-)Bescheid vom 11. März 2019 aus.

Im nachfolgenden Berufungsverfahren (Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG] – L 6 VG 522/19) verurteilte der erkennende Senat den Beklagten mit Urteil vom 7. Mai 2020 zur Gewährung einer Beschädigtengrundrente nach einem GdS von 30 über den 31. Dezember 2015 hinaus auf Dauer. Das Urteil führte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2020 aus.

Bereits am 27. Dezember 2018 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Erstattung von Fahrtkosten und Parkgebühren, die im Rahmen der Behandlung von Schädigungsfolgen angefallen sein sollen. Auf die im Klageverfahren nochmals vorgelegte Kostenaufstellung (Blatt 127 bis 136 der SG-Akte, vgl. auch Blatt 38 Sonderband HUK) wird verwiesen.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2019 erstattete die Beigeladene Fahrtkosten in Höhe von 32,80 € für die Zeiträume 28. März bis 5. Dezember 2014; 11. Februar bis 14. Dezember 2015, 4. Januar  bis 21. Dezember 2016, 7. März bis 6. September 2017 und 16. Januar bis 4. Dezember 2018. Weiter wurden Fahrtkosten für den 14. März 2014, den 30. Juni 2014, den 7. Oktober 2015, den 17. November 2017 und für den Zeitraum vom 15. Juni bis 29. Juni 2016 erstattet.

Zur Begründung führte sie aus, dass die Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Schädigung des linken Auges erstattet worden seien. Für die Arztbesuche bei K1 fehle es an einer Anwesenheitsbescheinigung. Der Bescheid vom 29. Mai 2015 bestätige eine Gesundheitsstörung aufgrund einer initialen HWS-Distorsion mit Atlasblockierung. Es werde mitgeteilt, dass diese Gesundheitsstörung vorübergehend und folgenlos abgeheilt sei. Somit sei diese Erkrankung nach dem OEG nur bis 28. November 2013 anerkannt. Eine Erstattung von Fahrtkosten nach diesem Zeitpunkt könne daher nicht erfolgen.

Grundlage für die Erstattung sei § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach § 60 Abs. 3 Satz 4 SGB V würden pro gefahrenem Kilometer jeweils der auf Grund des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) festgesetzten Höchstbetrages für die Wegstreckenentschädigung von 0,20 € je Kilometer anerkannt. Die Erstattung von Fahrtkosten aus dem Jahr 2013 könne nicht erfolgen, da gemäß § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, verjährten.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

Mit Bescheid vom 6. März 2019 erstattete die Beigeladene Fahrtkosten in Höhe von 50,40 € für Fahrtkosten zu dem K1 in der Zeit vom 9. Januar 2014 bis 8. Dezember 2014 und vom 13. Januar bis 23. Juni 2015.

Am 28. März 2019 führte S3 versorgungsärztlich aus, dass nach den aktenkundigen Befunden bei dem Kläger das Vollbild einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht durchgehend und nicht über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vorgelegen habe. Insgesamt habe der Kläger verteilt über mehrere kurze Zeiträume nur wenige ambulante psychotherapeutische Behandlungseinheiten wahrnehmen müssen. Die letzte Behandlung bei W2 sei am 17. Mai 2015 erfolgreich beendet worden. Die psychischen Störungen seien zu diesem Zeitpunkt als remittiert beschrieben worden. Aus ärztlicher Sicht könnten die tatbedingten psychischen Beeinträchtigungen nie so groß gewesen sein, dass sie die Voraussetzungen einer erhöhten Wegstreckenentschädigung erfüllten. Der Kläger habe zwischen den erforderlichen stationären Behandlungen in den Jahren 2013, 2014 und 2105 ganz normal die Schule besucht und das Abitur gemacht. Aus medizinischer Sicht sei es lediglich möglich, wegen der Verletzung des rechten Auges und der hierdurch bedingten vorübergehenden Sehminderung für den Zeitraum bis 30. September 2013 eine erhöhte Wegstreckenentschädigung zu gewähren. Nach der Entfernung der Silikonölplombe aus dem rechten Auge im September 2013 seien dann die Voraussetzungen – bis heute – nicht mehr gegeben.

Mit Bescheid vom 30. April 2019 erstattete die Beigeladene Fahrtkosten in Höhe von 619,60 € für die Zeiträume vom 13. Mai 2014 bis 16. Juni 2014, 27. August bis 23. September 2014, 23. September bis 9. Oktober 2014, 21. Oktober bis 4. November 2014, 12. November 2014 bis 11. Dezember 2014, 25. Februar bis 7. November 2014, 14. Januar 2015 bis 23. Dezember 2015, 26. Januar bis 15. Dezember 2016, 2. Februar bis 20. November 2017 und 16. Januar bis 21. November 2018.

Es sei ein Betrag von 0,20 € pro Kilometer anzusetzen, da der Verweis auf § 5 Abs. 2 BRKG weder inhaltlich greife, noch eine andere Rechtsgrundlage für eine entsprechende Anwendung erkennbar sei. Die Verjährungsfrist spiele entgegen der vorherigen Auffassung keine Rolle, da nach § 18a Abs. 1 Satz 2 BVG Anträge auf Leistungen zugleich als Anträge auf die entsprechenden Leistungen der Krankenkasse seien und umgekehrt. Laut Mitteilung des Beklagten sei der Antrag am 11. Mai 2014 gestellt worden.

Ab welchem Zeitpunkt die Leistungsgewährung erfolge, richte sich nach § 18a Abs. 2 BVG. Dieser stelle eine spezielle Regelung für den Bereich der Heilbehandlung nach §§ 10 bis 24a BVG dar, die allgemeinen Regelungen der §§ 60 ff. BVG würden verdrängt. Leistungsbeginn sei danach der 15. des zweiten Kalendervierteljahres, das der Antragstellung vorausgegangen sei, frühestes der Tag, an dem die Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien. Die Antragstellung sei am 11. Mai 2014 erfolgt, somit sei Leistungsbeginn der 15. Februar 2014.

Der Umfang der im Rahmen der Heilbehandlung von der Krankenkasse zu erbringenden Leistungen richte sich nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dies bedeute, dass die Inanspruchnahme von Physiotherapie an eine ärztliche Verordnung gebunden sei. Bei dem Anwesenheitsnachweis der Physiotherapie am G1 für das Jahr 2015 und bei der Bescheinigung der Physiotherapie H1 sei das Vorliegen einer Verordnung nicht zu erkennen, sodass diese nicht berücksichtigt werden könnten.

Mit weiterem Bescheid vom 24. Juli 2019 gewährte die Beigeladene Fahrtkosten in Höhe von 213,60 € für die Zeiträume vom 2. Oktober bis 13. November 2015, 5. Januar bis 22. Dezember 2016, 5. Januar bis 21. Dezember 2017 und vom 16. Januar bis 20. Dezember 2018.

Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 18. Februar 2019, 6. März 2019, 30. April 2019 und 24. Juli 2019 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2019 zurück. Der Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten, die für Heilbehandlungsmaßnahmen der anerkannten Schädigungsfolgen im Zeitraum von Mai 2013 bis Dezember 2018 erforderlich gewesen seien, sei bei der Beigeladenen am 27. Dezember 2018 eingegangen.

Die Beigeladene habe die erstattungsfähigen Fahrtkosten festgestellt und sei dabei davon ausgegangen, dass die Fahrtkosten für das Jahr 2013 verjährt seien und im Übrigen für jeden gefahrenen Kilometer ein Betrag von 0,20 € zu erstatten sei.

Der Beklagte sei nach § 18c Abs. 1 BVG für die Entscheidung über die Widersprüche zuständig. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BVG bestehe ein Anspruch auf Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt seien. § 24 BVG regele den Anspruch auf Übernahme der Reisekosten im Zusammenhang mit einer Leistung der Heil- und Krankenbehandlung. Zur Notwendigkeit der Reisekosten verweise die Verwaltungsvorschrift Nr. 1 zu § 24 BVG auf das BRKG. Die Wegstreckenentschädigung bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges betrage 0,20 € bzw. wenn ein erhebliches dienstliches Interesse bestehe 0,30 € je gefahrenem Kilometer. Ein erhebliches dienstliches Interesse liege nach der Verwaltungsvorschrift 5.2.2 zu § 5 BRKG insbesondere dann vor, wenn der Antragsteller schwerbehindert und das Merkzeichen „aG“ zuerkannt sei. Das Merkzeichen „aG“ sei bei dem Kläger aufgrund der Schädigungsfolgen nicht festzustellen.

Die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ lasse den Schluss zu, dass der Verordnungsgeber keine abschließende Regelung getroffen habe. Eine Wegstreckenentschädigung könne daher auch in Höhe von 0,30 € gezahlt werden, wenn eine vergleichbar schwere Beeinträchtigung bestehe. Hierzu sei der medizinische Dienst um Stellungnahme gebeten worden, der ausgeführt habe, dass die psychischen Beeinträchtigungen nie so schwerwiegend gewesen seien, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer erhöhten Wegstreckenentschädigung vorgelegen hätten. Es werde darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Jahren 2013 bis 2015 die Schule besucht und das Abitur gemacht habe. Wegen der Verletzung des rechten Auges sei eine erhöhte Entschädigung nur bis zum 30. September 2013 zu gewähren.

Bei den nach § 24 BVG zu erstattenden Fahrtkosten handele es sich um einmalige Geldleistungen, die als Nebenleistung zur Hauptleistung separat beantragt werden müssten. Nach § 18a Abs. 5 BVG bestehe auf einmalige Geldleistungen nur Anspruch, wenn sie vor Ablauf von 12 Monaten nach Entstehen der Aufwendungen beantragt würden. Auf den Antrag von Dezember 2018 hätten Fahrtkosten nur ab Dezember 2017 erstattet werden dürfen. Die Beigeladene habe demgegenüber Fahrtkosten schon ab 2014 als erstattungsfähig angesehen. Parkgebühren seien nach § 10 BRKG und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschrift erstattungsfähig, wenn sie nachgewiesen seien. Ein solcher Nachweis, dass diese in der geltend gemachten Höhe angefallen seien, habe nicht vorgelegt werden können.

Am 6. Februar 2020 hat der Kläger erneut Klage beim SG erhoben, welches die Techniker Krankenkasse zum Verfahren beigeladen hat.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf Aufforderung des SG einen Ausdruck der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BRKG vorgelegt.

Eine erhöhte Wegstreckenentschädigung könne nur bei einem erheblichen dienstlichen Interesse gewährt werden, was bei einer Schwerbehinderung und einem festgestellten Merkzeichen „aG“ anzunehmen sei. Aus den anerkannten Schädigungsfolgen ergäbe sich dies nicht. Soweit der Kläger moniere, dass § 24 BVG keine Anwendbarkeit des BRKG anordne, sei darauf hinzuweisen, dass nach § 24 BVG die Reisekosten nur in „angemessenen Umfang“ zu ersetzen seien. Die Bezugnahme der Verwaltungsvorschrift Nr. 1 auf das BRKG sei schon deshalb gerechtfertigt, weil auch das Krankenversicherungsrecht in § 60 Abs. 3 Nr. 4 SGB V hierauf verweise. Die Ausführungen zur Verjährung der Reisekosten für das Jahr 2013 überzeugten nicht, weil nach § 18a BVG Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nur auf Antrag gewährt würden. Zu den Parkgebühren sei im Widerspruchsbescheid bereits darauf hingewiesen worden, dass der Kläger diese nicht nachgewiesen habe. Soweit der Kläger meine, Reisekosten könnten auch von Amts wegen gewährt werden, scheitere dies schon daran, dass der Kläger diese im Einzelnen nachweisen müsse.
Das SG hat einen Vergleichsvorschlag auf Erstattung der für das Jahr 2013 offenen Fahrtkosten mit 0,20 € pro Kilometer unterbreitet, den der Beklagte abgelehnt hat. Eine Kostenübernahme nach § 18 Abs. 3 BVG wegen Fahrtkosten vor der Anerkennung von Schädigungsfolgen sei nicht möglich. Mit der Beantragung von Versorgungsleistungen sei dem Grunde nach kein Antrag auf Fahrtkostenerstattung gestellt worden, weil nach § 18a Abs. 1 BVG Leistungen nach den §§ 10 bis 24a BVG nur auf Antrag gewährt würden.

Für die Erstattung von Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen sei die Krankenkasse zuständig, da der Kläger gesetzlich versichert sei. Die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet sei, gölten auch für die Leistungen der Heilbehandlung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BVG). Nach § 20 BVG würden die Erstattungsansprüche der Krankenkassen nach § 19 BVG pauschal abgegolten. Die Beigeladene habe eine Erstattung der Fahrtkosten für 2013 wegen Verjährung nach § 18a Abs. 5 Satz 3 BVG abgelehnt, weil der Kläger diese erst 2018 geltend gemacht habe. Warum der Kläger mit der Anerkennung seiner Schädigungsfolgen mit Bescheid vom 29. Mai 2015 nicht innerhalb von 12 Monaten seine Fahrtkosten aus 2013 geltend gemacht habe, bleibe nicht nachvollziehbar. Bereits mit Schreiben vom 3. Juni 2015 sei er darüber informiert worden, dass er wegen der anerkannten Schädigungsfolgen rückwirkend ab 28. Mai 2013 Anspruch auf Heilbehandlung habe und die Beigeladene sei als Ansprechpartner genannt worden. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht liege daher nicht vor.

Nachdem der Kläger auf Aufforderung des SG nur erneut seinen Erstattungsantrag vorgelegt und die Gesamtsumme abzüglich der geleisteten Zahlungen angegeben hat, hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass nicht erkennbar sei, wie sich die beantragten Reisekosten und Parkgebühren in Höhe von 3.239,20 € zusammensetzten. Aus der Aufstellung ergäbe sich nur die beantragte Gesamtsumme in Höhe von 4.155,60 €. Nach Abzug der erstatteten Kosten der Krankenkasse in Höhe von 916,40 € könne aber nicht der gesamte Rest Streitgegenstand sein. Vielmehr sei entscheidend, welche Fahrten von der Krankenkasse überhaupt als erstattungsfähig und nachgewiesen anerkannt worden seien. Nur die Fahrten aus den genannten Bescheiden seien wegen einer erhöhten Wegstreckenentschädigung und der Parkgebühren streitgegenständlich. Ein Nachweis für die Parkgebühren habe der Kläger bislang nicht vorgelegt. Für die Fahrtkosten im Jahr 2013, welche bereits wegen Verjährung abgelehnt worden seien, sei von der Krankenkasse bisher keine Prüfung vorgenommen worden, ob für die Fahrten überhaupt eine ärztliche Verordnung vorgelegen habe und ob diese nachgewiesen seien.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. September 2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Berechtigte hätten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 BVG Anspruch auf Übernahme der notwendigen Reisekosten im angemessenen Umfang. Die Angemessenheit sei als unbestimmter Rechtsbegriff von der Kammer voll zu überprüfen. Welche Kosten angemessen seien, habe der Gesetzgeber im Recht der sozialen Entschädigung nicht geregelt. Im Hinblick darauf, dass er selbst jedoch in der vergleichbaren Vorschrift des § 73 Abs. 4 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auf das BRKG abstelle, orientiere sich die Kammer hieran. Danach betrage die Wegstreckenentschädigung 0,20 € je gefahrenem Kilometer. Soweit der Kläger vortrage, wegen seiner psychischen Erkrankung kein öffentliches Verkehrsmittel nutzen zu können, begründe dies kein Sonderinteresse an einer Wegstreckenentschädigung von 0,30 €. Der Umstand, dass jemand mittels des öffentlichen Personennah- und fernverkehrs nicht zum Ziel und wieder zurück zum Ausgangsort kommen könne, berücksichtige der Gesetzgeber mit der grundsätzlich möglichen Wegstreckenentschädigung.

Am 23. Oktober 2023 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und geltend gemacht, dass die Beigeladene die Übernahme der Parkgebühren konkludent abgelehnt habe. Hiervon sei auch die Beklagte ausgegangen. Ein erhebliches dienstliches Interesse könne aus gesundheitlichen Gründen bestehen, sodass es einer Einzelfallprüfung bedürfe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. September 2023 aufzuheben und den Beklagten zur verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom 18. Februar 2019, 6. März 2019, 30. April 2019 und 24. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2019 weitere Reisekosten und Parkgebühren in Höhe von 3.239,20 € zu erstatten, hilfsweise weitere Reisekosten in Höhe von 2.909,20 € zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verweist auf die angefochtene Entscheidung. Der Antrag des Klägers auf Leistungen nach dem OEG beinhalte auch Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung inklusive der notwendigen Fahrtkosten. Diese seien dem Grunde nach mit dem Bescheid vom 29. Mai 2015 gewährt worden, das anschließende Widerspruchs- und Klageverfahren habe sich auf den Grad der Schädigungsfolgen und somit auf die Gewährung einer Grundrente und nicht auf die Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung, die unabhängig davon schon mit dem Bescheid in vollem Umfang gewährt worden seien, bezogen. Bereits mit Schreiben vom 15. Januar 2016 habe die Beigeladene dem Kläger ein Schreiben übersandt, in welchem die ab dem schädigenden Ereignis erbrachten Leistungsdaten mitgeteilt worden seien. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten die fehlenden Fahrtkosten moniert und nachgereicht werden müssen. Insofern sei nachvollziehbar, dass die Beigeladene auf eine Verjährung gemäß § 18a Abs. 5 BVG hingewiesen habe. Hier sei aufgeführt, dass auf einmalige Geldleistungen nur Anspruch bestehe, wenn sie vor Ablauf von zwölf Monaten nach Entstehen der Aufwendungen beantragt würden. Die Aufwendungen aus dem Jahr 2013 hätten insofern spätestens am 31. Dezember 2014 beantragt werden müssen, da auch nur hierdurch der Techniker Krankenkasse bekannt geworden wäre, dass überhaupt, wann und in welchem Umfang diese Aufwendungen entstanden seien.

Auch eine hilfsweise Prüfung des § 45 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), wonach Ansprüche auf Sozialleistungen erst vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien, verjährten, könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da der Anspruch hiernach im Jahr 2017 habe geltend gemacht werden müssen und nicht erst im Jahr 2018.

Die Beigeladene beantragt,

            die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verweist auf die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass die Berechnungen unschlüssig sein dürften und im Einzelnen darzulegen sei, welche Kosten bisher nicht übernommen worden seien sowie dass nur nachgewiesene Parkkosten auf eine Erstattungsfähigkeit geprüft werden könnten. Eine Reaktion ist innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist nicht erfolgt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.


Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 20. September 2023, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Gewährung weiterer Reisekosten unter Abänderung der Bescheide vom 18. Februar 2019, 6. März 2019, 30. April 2019 und 24. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 17. Dezember 2019 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34).

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Die Bescheide vom 18. Februar 2019, 6. März 2019, 30. April 2019 und 27. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Zur Überzeugung des Senats kann er die Erstattung weiterer Reisekosten nicht beanspruchen.

Soweit der Kläger im Hauptantrag die Erstattung weiterer Reisekosten in Höhe von 3.239,20 € geltend macht, sind Klage und Berufung schon deshalb unbegründet, weil die entsprechende Berechnung der entstandenen Kosten von ihm unschlüssig ist. Hierauf ist der Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2024 ausdrücklich hingewiesen worden, ohne dass eine Anpassung des Antrages erfolgt wäre. Aus seiner Kostenaufstellung ergibt sich nämlich, dass er die Parkgebühren zwar einzeln ausgewiesen, aber in der „Gesamtaufwendung“ bereits berücksichtigt hat. Die offenstehenden Kosten sind dann indessen aus der Summe der Parkgebühren und der Summe der „Gesamtaufwendungen“ gebildet worden. Mithin wurden die Parkgebühren doppelt berücksichtigt. Nach seiner eigenen Kostenaufstellung kann der Kläger damit schon nicht mehr als den hilfsweise geltend gemachten Betrag beanspruchen.

Die Übernahme dieser Reisekosten haben die Beigeladene und der Beklagte zu Recht abgelehnt. Die Zuständigkeit der Beigeladenen für die Ausgangsentscheidungen folgt aus § 18b Abs. 2 Satz 1 BVG, die des Beklagten für die Widerspruchsentscheidung aus § 18b Abs. 2 Satz 2 BVG.

Materiell-rechtlich sind die Vorschriften des BVG in seiner bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung anzuwenden. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach dem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklärt, in der am 23. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter, soweit dieses Kapitel nichts anderes bestimmt. Über einen bis zum 23. Dezember 2023 gestellten und nicht bestandskräftig entschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, ist nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden, § 142 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV. Wird hierbei ein Anspruch auf Leistungen festgestellt, werden ebenfalls Leistungen nach Absatz 1 erbracht, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV.

Rechtsgrundlage für die Erstattung von Reisekosten ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 BVG. Danach haben Berechtigte Anspruch auf Übernahme der Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der Heil- oder Krankenbehandlung sowie bei einer Badekur entstehen. Den Berechtigten werden für sich, eine notwendige Begleitung sowie für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist, die notwendigen Reisekosten einschließlich des erforderlichen Gepäcktransports sowie der Kosten für Verpflegung und Unterkunft in angemessenen Umfang ersetzt.

Hiervon ausgehend haben die Beigeladene und der Beklagte zu Recht bei sämtlichen streitgegenständlichen Entscheidungen eine Wegstreckenentschädigung von 0,20 € zu Grunde gelegt. Bei der Angemessenheit der Kosten handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von den Gerichten voll zu überprüfen ist (vgl. Knickrehm in: dieselbe, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 24 Rz. 12). Zwar findet sich im BVG selbst keine Regelung, welche Kosten angemessen sind, jedoch ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 53 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), dass dieser im Wesentlichen mit § 24 BVG übereinstimmt und ausdrücklich regelt, dass Maßstab für die Angemessenheit von Reisekosten das BRKG ist (vgl. BT-Drs. 19/13824, S. 194). Durch die Neufassung des SGB IX findet sich die Regelung nunmehr in § 73 Abs. 4 SGB IX, wobei nur redaktionelle Anpassungen ohne materielle Folgen vorgenommen wurden (vgl. BT-Drs. 18/955, S. 259). § 73 Abs. 4 SGB IX verweist ausdrücklich nur auf die Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs. 1 BRKG und gerade nicht auf § 5 Abs. 2 BRKG, sodass auch im Rahmen des § 24 BVG nichts anderes zu gelten hat. Daraus, dass die Verwaltungsvorschrift zu § 24 BVG auf eine Erstattung nach dem BRKG verweist, folgt daher nichts anderes.

Die Gewährung einer Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,30 € ist aber auch in der Sache nicht gerechtfertigt, da § 5 Abs. 2 BRKG einen gänzlich anderen Regelungsgegenstand hat. Es geht dort um das erhebliche dienstliche Interesse an der Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges. Ein solches Interesse wird dadurch begründet, dass durch eine organisatorische Verbesserung, eine Steigerung der Dienstleistung oder eine Einsparung personeller oder sächlicher Art erzielt wird (vgl. BT-Drs. 15/4919, S. 13), nicht aber durch die Bestimmung angemessener Reisekosten bei der Nutzung eines sonstigen Verkehrsmittels für Fahrten zu Behandlungen. § 5 Abs. 2 BRKG ist vor dem Hintergrund der Besonderheit des Reisekostenrechts des öffentlichen Dienstes zu sehen (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 17. November 2009 – L 5 KR 187/08 –, juris, Rz. 20). Die Vorschrift ist nach Sinn und Zweck auf die Erstattung von Fahrtkosten nach § 24 BVG nicht anzuwenden (vgl. zu § 60 Abs. 3 Nr. 4 SGB V auch BSG, Beschluss vom 21. Mai 2010 – B 1 KR 6/10 BH –, juris, Rz. 6). Auf die zu § 5 Abs. 2 BRKG ergangenen Verwaltungsvorschriften, durch die das erhebliche dienstliche Interesse konkretisiert wird, kommt es schon deshalb nicht an.

Unabhängig davon hat S3 aber auch aus medizinischer Sicht überzeugend dargelegt, dass die Einschränkungen des Klägers mit den aus der Verwaltungsvorschrift genannten Einschränkungen, aufgrund derer ein besonderes dienstliches Interesse bestehen kann, nicht vergleichbar sind und sich auch deshalb keine erhöhte Wegstreckenentschädigung rechtfertigt. Denn die behaupteten psychischen Probleme sind schon nach der vorangegangenen Senatsentscheidung (L 6 VG 522/19) nur als ganz leichte psychische Störung einzustufen, Neueres dazu hat sich nicht ergeben. Das SG hat daher zu Recht dargelegt, dass die psychiatrische Erkrankung, auch wenn der Kläger behauptet, deswegen kein öffentliches Verkehrsmittel nutzen zu können, kein Sonderinteresse an einer Wegstreckenentschädigung von 0,30 € (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 BRKG) begründet.

Weiter haben es die Beigeladene und der Beklagte jedenfalls zu Recht abgelehnt, Reisekosten vor dem 15. Februar 2014 zu erstatten. Ob die Erstattung ab diesem Zeitpunkt zu Recht erfolgt ist, kann der Senat offenlassen. Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 BVG werden die Leistungen nach den §§ 10 bis 24a auf Antrag gewährt. Auf einmalige Geldleistungen besteht gemäß § 18a Abs. 5 Satz 3 BVG nur Anspruch, wenn sie vor Ablauf von zwölf Monaten nach Entstehen der Aufwendungen beantragt werden.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, nachdem die Fahrtkosten für das Jahr 2013 erst im Dezember 2018 beantragt worden sind. Die Kosten sind damit deutlich außerhalb der Zwölfmonatsfrist geltend gemacht worden. Eine Leistungserbringung von Amts wegen scheidet schon deshalb aus, da der Beigeladenen und dem Beklagten die vom Kläger aufgewandten Beträge nicht bekannt gewesen sind. Im Übrigen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger mit der Übernahme der Kosten der Heilbehandlung dem Grunde nach entsprechend über die Leistungszuständigkeit der Beigeladenen unterrichtet worden ist (vgl. insbesondere das Schreiben vom 3. Juni 2015) und die Kosten deshalb jedenfalls nach dem Bescheid vom 29. Mai 2015 innerhalb von 12 Monaten geltend zu machen gewesen wäre, was ebenfalls nicht geschehen ist. Eine entsprechende Aufklärung des Klägers ist somit erfolgt.

Soweit die Beigeladene und das SG davon ausgegangen sind, dass der Antrag vom 11. Mai 2014 die Fahrtkosten umfasst habe, folgt der Senat dem nicht. Hierauf kommt es aber schon deshalb nicht entscheidungserheblich an, da das durch den Antrag vom 11. Mai 2014 eingeleitete Verwaltungsverfahren durch den Bescheid vom 29. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2016 seinen Abschluss gefunden hat und weder während des Verwaltungsverfahrens noch in dem nachfolgenden Klage- und Berufungsverfahren Fahrtkosten geltend gemacht worden sind. Ein (teilweise) offenes Antragsverfahren liegt daher nicht vor, vielmehr ist das Verwaltungsverfahren bestandskräftig abgeschlossen.

Grundsätzlich umfasst der Antrag auf Versorgungsleistungen alle möglichen Ansprüche auf Versorgung nach § 1 OEG i. V. m. den entsprechend anzuwendenden Vorschriften des BVG (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1999 – B 9 VG 2/98 R –, juris, Rz. 16). Dementsprechend hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 29. Mai 2015 auch über Heilbehandlung dem Grunde nach entschieden. Zwar ist ein Anspruch auf Heilbehandlung einem Grundurteil nicht zugänglich, weil dieser als Sachleistungsanspruch ausgestaltet ist (vgl. BSG, Urteil vom 8. August 2001 – B 9 VG 1/00 R –, juris, Rz. 25), sodass das Begehren nach Heilbehandlung als solches nicht Gegenstand des Verfahrens hätte sein können. Dies ändert aber nichts daran, dass über konkrete bezifferte Ansprüche (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 2023 – L 10 U 457/21 –, juris, Rz. 32) hätte entschieden werden können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Reisekosten aus dem Jahr 2013 zum Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2014 bereits angefallen waren und deshalb vom Kläger hätten beziffert werden können und müssen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte in dem Ausgangsbescheid vom 29. Mai 2015 bereits davon ausgegangen ist, dass hinsichtlich der HWS-Beschwerden für einen Zeitraum von 6 Monaten Schädigungsfolgen bestanden, sodass insoweit auch ein Anspruch auf Heilbehandlung gesehen worden ist. Der Geltendmachung der Fahrtkosten für 2013 stand somit nicht entgegen, dass der Beklagte die HWS-Beschwerden zunächst nur befristet als Schädigungsfolgen bewertet hatte.
 
Ob die Beigeladene bzw. der Beklagte daneben zu Recht die Verjährungseinrede erhoben haben (§ 45 SGB I) kann damit dahinstehen.

Hinsichtlich der ab dem 9. Januar 2014 in der Aufstellung geltend gemachten Fahrtkosten stellt der Senat fest, dass diese mit nachfolgenden Ausnahmen dem Grunde nach erstattet worden sind, nur nicht in der geltend gemachten Höhe.

Für die Behandlungen bei der Physiotherapie am G2 vom 14. Januar 2015, 15. Januar 2015, 21. Januar 2015, 22. Januar 2015, 28. Januar 2015, 5. Februar 2015, 23. Februar 2015, 3. März 2015, 5. März 2015, 10. März 2015, 12. März 2015, 16. März 2016 17. März 2015, 18. März 2015, 23. März 2015, 2. April 2015, 10. April 2015, 13. April 2015, 16. April 2015, 21. April 2015, 28. April 2015 und 11. Mai 2015 haben die Beigeladene und der Beklagte die Kostenerstattung zu Recht abgelehnt, nachdem die Behandlungen ausweislich der Mitteilungen des Leistungserbringers im Zusammenhang mit einer Beugesehnenverletzung standen (vgl. Blatt 64 ff. Sonderband HUK) und damit kein Zusammenhang zu Schädigungsfolgen besteht. Ein Kostenerstattungsanspruch nach krankenversicherungsrechtlichen oder sonstigen Vorschriften besteht daneben nicht.

Ebenso hat die Physiotherapie H1 hinsichtlich der Behandlungen vom 29. Juni 2016, 4. Juli 2016, 6. Juli 2016, 8. Juli 2016, 11. Juli 2016, 13. Juli 2016, 21. Juli 2016, 26. Juli 2016, 28. Juli 2016, 2. August 2016 und 4. August 2016 mitgeteilt, dass diese nicht wegen Schädigungsfolgen stattgefunden haben (vgl. Blatt 61/62 Sonderband HUK). Eine Kostenerstattung nach dem BVG scheidet daher auch hierfür aus und kann auch nach anderen Vorschriften nicht beansprucht werden.

Soweit der Kläger in seiner Aufstellung Parkgebühren geltend gemacht hat, kann dahinstehen, inwieweit diese dem Grunde nach erstattungsfähig sind, da der Kläger schon ihre Entstehung in keiner Weise nachgewiesen hat. Aus dem Umstand, dass es im Umfeld einer Therapieeinrichtung nur gebührenpflichtige Parkplätze geben mag, kann nicht rückgeschlossen werden, welche Parkgebühren dem Kläger tatsächlich entstanden sind. Die Nichterweislichkeit geht damit zu seinen Lasten.

Die Berufung konnte daher keiner Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.


 

Rechtskraft
Aus
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