I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.735,34 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.05.2021 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.735,00 Euro festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Krankenhausbehandlung in Höhe von 2.735,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.05.2021.
Im Kern geht es um die Frage, ob die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit dem behaupteten Rückerstattungsanspruch zulässig war.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, welches in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen ist. Darin versorgte die Klägerin die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin E. in dem Zeitraum vom 08.06.2020 bis 26.06.2020. Mit Rechnung vom 09.07.2020 liquidierte die Klägerin unter Zugrundelegung der DRG I34Z einen Betrag in Höhe von 13.082,47 €. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag vollständig und beauftragte den Medizinischen Dienst (MD) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles. Mit Schreiben vom 21.09.2020 zeigte der MD seine Beauftragung gegenüber der Klägerin an. Ein Mediziner des MD kam in dem Aktenlage-Gutachten vom 07.05.2021 zu dem Ergebnis, dass die Behandlung um vier Tage hätte gekürzt werden können und damit einhergehend der OPS 8-550.1 in OPS 8-550.0 geändert werden müsse. Die Beklagte rechnete letztlich mit dem streitigen Betrag am 12.05.2021 gegen eine unbestrittene Forderung der Klägerin aus der Behandlung weiterer Versicherten im Jahr 2021 auf. Mit Stellungnahme vom 26.04.2022 widerspricht die Klägerin der medizinischen Einschätzung des MD. Mit Schreiben vom 13.05.2022 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es bei der ablehnenden Entscheidung verbleibe.
Mit der am 21.07.2022 zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Vergütungsanspruch weiter. Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, dass die vorgenommene Aufrechnung unzulässig gewesen sei. Es liege ein Verstoß gegen § 109 Abs. 6 SGB V vor, die gesetzlichen oder vertraglichen Ausnahmetatbestände des § 109 Abs. 6 Satz und Satz 3 seien nicht einschlägig. Insbesondere sei die Regelung einer Ausnahme vom Aufrechnungsverbot in der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht zulässig, denn nach § 17 c Abs. 2 S. 1 KHG können in der PrüfvV lediglich Regelungen für Ansprüche und Behandlungsfälle getroffen werden, die Gegenstand einer MDK-Prüfung seien. Die von der Beklagten zur Aufrechnung herangezogene Forderung aus dem Behandlungsfall ab 01.01.2020 sei jedoch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand eines MDK-Prüfverfahrens gewesen, sondern sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Im Übrigen stünde der Beklagten aus der Behandlung der Versicherten E. kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu.
Mit Schreiben vom 08.03.2023 teilte das Gericht den Beteiligten mit, dass die Aufrechnung - nach Einschätzung des Gerichts - gegen das seit 01.01.2020 geltende Aufrechnungsverbot in § 109 Abs. 6 SGB V verstoße. Es wurde um Stellungnahme zum weiteren Vorgehen gebeten.
Mit Schreiben vom 10.03.2023 teilte der klägerische Bevollmächtigte mit, dass um Ansetzung eines mündlichen Verhandlungstermins gebeten werde.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.735,34 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.05.2021 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die Aufrechnung weiterhin für zulässig. Die Möglichkeit der Aufrechnung sei vertraglich in der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) geregelt. Die Rechtsauffassung der Klägerin sei völlig abwegig, denn es war seit Bestehen der PrüfvV der Normalfall, dass die Aufrechnung gegen unstrittige Fälle vorgenommen worden sei.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung für vollstationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 2.735,34 Euro zzgl. Zinsen hieraus seit dem 13.05.2021.
I. Die im Gleichordnungsverhältnis erhobene Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung der Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. entsprechend BSGE 116, 146 = SozR 4-2500 § 115b Nr 5, R. 8 m.w.N.; BSG Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, Rn. 8, juris m. w. Nachw.; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 33/13 R -, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr. 5, Rn. 9; BSG, Urteil vom 17. Juni 2000 - B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166; Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 64/01 R-, juris). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
II. Die Klage ist in der Sache weiter begründet.
1. Streitgegenständlich ist im vorliegenden Fall nicht mehr der Zahlungsanspruch der Klägerin aus der Krankenhausbehandlung der Versicherten E.. Dieser Vergütungsanspruch ist gemäß § 364 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch vollständige Rechnungsbegleichung erloschen. Gegenstand des Klageverfahrens ist vielmehr der Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus der stationären Behandlung von weiteren Versicherten der Beklagten, gegen welchen die Beklagte am 12.05.2021 in Höhe der Klageforderung die Aufrechnung mit einem behaupteten Erstattungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten E. in dem Zeitraum vom 08.06.2020 bis 26.06.2020 erklärt hat. Zwischen den Beteiligten ist demgegenüber nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen dieser weiteren Versicherten aus dem Jahr 2021 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die zutreffend berechnete Vergütung hat. Eine nähere Prüfung des Gerichts erübrigt sich daher insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG Urt. v. 21.4.2015, Az. B 1 KR 8/15 R, Juris); im Übrigen liegen Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung in diesem Fall ersichtlich nicht vor und derartiges wurde von den Beteiligten nicht vorgetragen, sodass das Gericht davon ausgeht, dass es unstreitig gestellt ist. Weiter muss auch keine Konkretisierung der Hauptforderung erfolgen, da die Beteiligten diese übereinstimmend als selbstverständlich voraussetzen (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR 33/12 R -, SozR 4-5562 § 9 Nr 5, SozR 4-2500 § 109 Nr 34, SozR 4-5562 § 7 Nr 5, Rn. 10).
Der zwischen den Beteiligten unstreitig entstandene Vergütungsanspruch aus der Behandlung der weiteren Versicherten findet seine rechtliche Grundlage in § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeldgesetz (KHEntgG) und der einschlägigen Pflegesatzvereinbarungen. Dieser ist nicht durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung - dem behaupteten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Beklagten aus der stationären Behandlung der Versicherten E. - § 387 BGB erloschen, denn die vorgenommene Aufrechnung war bereits unwirksam.
Einer ordnungsgemäßen Aufrechnung steht ein gesetzliches Aufrechnungsverbot entgegen. Ausnahmen hiervon greifen nicht.
a) Zwar konnte bisher in vergleichbaren Fällen der § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit den Vorschriften des BGB Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärte Aufrechnung sein. Grundsätzlich ist eine Aufrechnung auch im Verhältnis von Krankenhausträgern und Krankenversicherern trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zulässig gewesen, denn es bestand allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten. Dabei waren grundsätzlich die zivilrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung (§§ 387 ff BGB) anzuwenden (vgl. bereits BSG, Urteil vom 17.03.2005, Az. B 3 KR 11/04 R, Juris-Rn. 15 m.w.N.).
Eine solche Aufrechnung wäre entsprechend wirksam, wenn bei bestehender Aufrechnungslage (§ 387 BGB) die Aufrechnung erklärt wird (§ 388 BGB) und keine Aufrechnungsverbote entgegenstehen (vgl. dazu im Einzelnen etwa BSG, Urteil vom 30.07.2019 -B 1 KR 31/18 R Rn. 11 ff.).
Durch das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) hat der Gesetzgeber jedoch mit Wirkung zum 01.01.2020 in § 109 Abs. 6 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gerade ein gesetzliches Aufrechnungsverbot normiert. Danach können Krankenkassen gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen.
Damit steht der Aufrechnung der Beklagten ganz offensichtlich ein gesetzliches Aufrechnungsverbot entgegen. Auch eine Aufrechnung, die die Vorgaben der §§ 387, 388 BGB grundsätzlich erfüllt, ist ausgeschlossen, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Gesetzliche Aufrechnungsverbote können ausdrücklich angeordnet sein oder sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift ergeben (Rüßmann in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, § 387 RdNr 71, Stand 17.8.2017). Aufrechnungsverbote sind ua auf den Vorrang der Effektiverfüllung zurückzuführen. Bei diesem Vorrang geht es darum, den an der Aufrechnung beteiligten Gläubigern der Hauptforderung den Leistungsgegenstand zur tatsächlichen Verfügung zu erhalten, sei es auch nur im Interesse Dritter (Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate sowie das Erlöschen der Schuldverhältnisse aus anderen Gründen, 2. Aufl 1994, S 258).
Vorliegend hat der Gesetzgeber mit § 109 Abs. 6 SGB V ein gesetzliches Aufrechnungsverbot gesetzlich ausdrücklich angeordnet.
Zur Begründung des gesetzlichen Aufrechnungsverbots hat sich der Gesetzgeber wie folgt geäußert:
"In der Vergangenheit haben Krankenkassen Rückforderungsansprüche gegen Krankenhäuser wegen überzahlter Vergütungen in der Regel nicht durch Klage vor dem Sozialgericht geltend gemacht, sondern mit Rückforderungsansprüchen gegen unbestrittene Forderungen des Krankenhauses auf Vergütung erbrachter Leistungen aufgerechnet. Dies hat zu erheblichen Liquiditätsengpässen auf Seiten der Krankenhäuser geführt, da mit Erklärung der Aufrechnung die Krankenkassen die Möglichkeit haben, ihre Forderungen sofort zu befriedigen, während gleichzeitig die Vergütungsforderung des Krankenhauses erlischt. Durch die Aufrechnung wird außerdem das Prozessrisiko, Vergütungsansprüche im Wege der Klage durchsetzen zu müssen, auf die Krankenhäuser verlagert, da das Krankenhaus die Krankenkasse auf Zahlung der ungeschmälerten Vergütung verklagen muss, wenn es das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs bestreitet. Um diese negativen Folgen von Aufrechnungen zu begrenzen, wird die Möglichkeit der Krankenkassen, mit Rückforderungsansprüchen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser aufzurechnen, ausgeschlossen (vgl. BT-Drs. 19/13397, 54)."
Es entspricht mithin dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, dass eine Aufrechnung in der Regel nicht zulässig ist, was entsprechend in § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V deutlich zum Ausdruck kommt. Sinn und Zweck des Aufrechnungsverbotes - Schutz der Krankenhäuser vor Liquiditätsengpässen - soll sich gesetzlich durchsetzen. § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V ist vorliegend auch anwendbar. Nach dem Wortlaut kann "gegen Forderungen von Krankenhäuser, die aufgrund der Versorgung von ab dem 01.01.2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind," nicht mit Rückforderungsansprüchen aufgerechnet werden. Die Hauptforderung, gegen die mit dem behaupteten Erstattungsanspruch aufgerechnet werden soll und die hier letztlich streitig ist, ist aufgrund der Behandlung von Versicherten im Jahr 2021 entstanden.
b) Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist auch nicht von der gesetzlichen Ausnahme des § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V gedeckt. Danach ist die Aufrechnung abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt worden ist.
Die behauptete Erstattungsforderung der Beklagten ist weder unbestritten, noch rechtskräftig festgestellt, so dass die gesetzlich vorgesehene Ausnahme vom gesetzlichen Aufrechnungsverbot vorliegend nicht greift.
c) Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine zulässige vertragliche Ausnahme von dem gesetzlichen Aufrechnungsverbot berufen.
Gem. § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V können in der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des KHG abweichende Regelungen vom gesetzlichen Aufrechnungsverbot des Satzes 1 vorgesehen werden.
In der auf Basis von § 17 Abs. 2 Satz 1 KHG zwischen GKV- Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbarten Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) vom 03.02.2016 ist in § 10 Satz 1 geregelt worden, dass die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen kann. Vorausschauend mit Blick auf das MDK-Reformgesetz haben die o.g. Vertragsparteien am 10.12.2019 eine Übergangsvereinbarung beschlossen, wonach in Art. 1 PrüfvV geregelt wurde, dass für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, die PrüfvV vom 03.02.2016 mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort gilt. Damit finden insbesondere die Regelungen zur Korrektur von Datensätzen nach § 5 Absatz 1 und § 7 Absatz 5 PrüfvV sowie die Aufrechnungsregeln nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung. Außerhalb eines Prüfverfahrens vorgenommene, nach Maßgabe der geltenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zulässige Aufrechnungen von Erstattungsansprüchen der gesetzlichen Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser seien ebenfalls weiterhin möglich.
Damit haben die Vertragsparteien versucht, eine vertragliche Regelung zu schaffen, die die bisher übliche Aufrechnung - trotz des gesetzlichen Aufrechnungsverbots in § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V - weiterhin möglich macht. Gerade dies verstößt jedoch gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, denn das gesetzlich normierte Aufrechnungsverbot wird völlig ausgehöhlt und ad absurdum geführt. Der Wille des Gesetzgebers wird offensichtlich völlig umgangen. Diese vertragliche Regelung ist auch nicht von der explizit vorgesehenen Ausnahmemöglichkeit des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt, denn die einschränkungslose Zulassung der Aufrechnung stellt gerade nicht nur eine harmlose in einem konkreten Ausnahmefall abweichende Regelung dar, sondern durch den weiten Anwendungsbereich wird das gesetzliche Aufrechnungsverbot grundlegend konterkariert. Der Gesetzgeber hat jedoch nach Einschätzung der Kammer mit der Schaffung einer Ausnahmemöglichkeit nicht gewollt, dass das gesetzliche Aufrechnungsverbot durch vertragliche Vereinbarungen ins Leere läuft. Der Wortlaut des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V ist offen formuliert. Es wird nicht klar, was mit "abweichender Regelung" gemeint ist. Eine Auslegung kann grundsätzlich weit oder (str-)eng erfolgen, denn nach dem Wortlaut kann entweder komplett von dem Aufrechnungsverbot abgewichen werden oder aber nur in einzelnen Fallvarianten. Sinn und Zweck der Regelung, die Systematik sowie die eher strengen Auslegungsgrundsätze zu Aufrechnungsverboten sprechen nach Einschätzung der Kammer für eine (str-)enge Auslegung.
Dazu im Einzelnen:
Satz 3 schließt sich an Satz 2 an, welcher ausdrücklich zwei Ausnahmen vom gesetzlichen Aufrechnungsverbot enthält, und zwar bei unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen. Der Satz 2 des Absatzes 6 wurde erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens explizit eingefügt, in der Vorfassung waren die nunmehr in Satz 2 explizit geregelten Ausnahmen zum Aufrechnungsverbot als Beispiele für die nun in Satz 3 enthaltenen "abweichenden Regelungen" zum Aufrechnungsverbot enthalten. Daraus wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber mithin die Vertragsparteien ermächtigen wollte, über die in Satz 2 explizit genannten Ausnahmen vom Verbot weitere (sinnvolle) Ausnahmen in bestimmten konkreten Einzelfällen zu regeln. Das gesetzliche Aufrechnungsverbot wird jedoch durch Satz 3 nicht vollständig in die Dispositionsbefugnis der Vertragsparteien gestellt (so wohl auch Dr. Frank Bockholdt in: Hauck/Noftz SGB V, § 109 Abschluss von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern, Rn. 221g). Ausnahmevorschriften wie § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V sind grundsätzlich eng auszulegen (exceptio est strictissimae interpretationis), sodass eine einschränkungslose Zulassung der Aufrechnung unter Aushöhlung des gesetzlichen Aufrechnungsverbots in der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV nicht wirksam sein kann. Insbesondere stellt der Umstand, dass die Übergangsvereinbarung "nur" zeitlich befristet war, fortgeschrieben wurde und letztlich im Hinblick auf die Aufrechnung "nur" bis 31.12.2021 galt, auch keine von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckte abweichende Regelung in einem konkreten Fall dar, denn zum einen zeigt bereits der lange Zustand der Zwischenlösung von 2 Jahren gerade, dass es sich hier nicht um eine kurze vorläufige Regelung zur Umstellung des Verfahrens handelte, denn in der Übergangsvereinbarung wird nicht bereits ein Zeitpunkt der (Wieder-)Geltung des gesetzlichen Aufrechnungsverbotes genannt. Im Rahmen der Geltung der Übergangsvereinbarung wurde lediglich vorgesehen, dass bis zum 30.06.2020 Näheres zu § 17c Absatz 2 Satz 2 Nr. 8 KHG von den Vertragsparteien zu regeln ist, es wurde demgegenüber nicht bereits ein klarer Geltungszeitpunkt des Aufrechnungsverbots vorgesehen, sodass im Ergebnis das Aufrechnungsverbot doch in Gänze grundlegend ausgehebelt wird - auch wenn dies nur befristet erfolgt -, sodass auch unter dem Blickwinkel einer Befristung ein vollständiger Ausschluss des gesetzlichen Verbots ausscheidet.
d) Überdies kann vorliegender Aufrechnungsfall ohnehin auch nicht von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V umfasst sein, denn danach können abweichende Regelungen nur in Vereinbarungen nach § 17 c Abs. 2 Satz 1 KHG vorgesehen werden. § 17 c Abs. 2 Satz 1 KHG ist jedoch nur die Ermächtigungsgrundlage zur näheren Ausgestaltung des MD-Prüfverfahrens. Der hier streitgegenständliche Vergütungsanspruch, gegen den die Beklagte mit dem behaupteten Rückerstattungsanspruch versucht hat, aufzurechnen, war jedoch nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens, sodass dieser - selbst, wenn die in der PrüfvV vorgesehene Ausnahme vom Aufrechnungsverbot zulässig wäre, nicht von der Ausnahme umfasst sein kann. Die PrüvV kann nur Modalitäten für Fälle regeln, bei denen eine MD-Prüfung stattgefunden hat, insoweit schließt sich die Kammer der Einschätzung der Klägerin an. Nachdem der streitgegenständliche Vergütungsanspruch unstreitig besteht und eine MD-Prüfung nicht eingeleitet wurde, kann die Aufrechnung nicht nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V zulässig sein, selbst wenn man annehmen würde, dass die vertragliche Ausnahmeregelung vom Aufrechnungsverbot in der PrüfvV wirksam ist. Das Aufrechnungsverbot gilt für diesen Fall einschränkungslos.
Vor diesem Hintergrund war die Aufrechnung unzulässig. Der Klägerin steht der streitige Vergütungsanspruch aus der Behandlung der weiteren Versicherten zu, da er nicht durch die wirksame Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden konnte.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören und die Beklagte die unterliegende Partei des Rechtsstreits ist.
IV. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Der Streitwert ist weiter auf volle Eurobeträge zu runden (BSG, 25.1.2017 - B 6 KA 44/16 B). Zinsen sind als Nebenforderung nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 GKG).