L 13 AS 195/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 2526/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 195/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.11.2021 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen abgewiesen werden.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Leistungen nach dem SGB II, insbesondere die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in der Zeit von April bis Juli 2020 sowie von August 2021 bis Juli 2022, die Zahlung von Umzugskosten, Kosten für eine Kaution, für neue Kleidung, höhere Kosten für eine Wohnungsausstattung und einen Mehrbedarf wegen Krankheit bzw. Behinderung und für FFP2-Masken und die Übernahme von Porto- und Fahrtkosten.

Der 1963 geborene Kläger steht seit 01.08.2017 im Leistungsbezug des Beklagten. Er hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 30 vom Hundert.

Der Kläger lebte –wohl ab 2016- zunächst im Hotel R1 in P1 in einem Einzimmerapartment, voll möbliert mit Küchenzeile. Der monatliche Mietpreis betrug 750 € und wurde von dem Beklagten von Beginn an nur in der nach seiner auf einem qualifizierten Mietspiegel beruhenden Mietobergrenze übernommen. Auf seinen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 25.05.2019 bewilligte der Beklagte demzufolge für die Zeit von August 2019 bis Juli 2020 868 € monatlich, darunter 424 € Regelbedarf, 398 € Kaltmiete zzgl. 46 € „Heizkosten“.

Am 24.01.2020 teilte der Kläger telefonisch dem Beklagten mit, er wolle in das Haus seiner Schwester - J1, P1 - ziehen, wo eine Wohnung freigeworden sei. Herr G1 vom Beklagten habe angekündigt, dass eventuell eine höhere Mietobergrenze bei ihm berücksichtigt werden könne. Eine Mietbescheinigung wolle er aber nicht einreichen, da der Vermieter nicht wissen solle, dass er im Leistungsbezug sei. Umzugskosten könnten gespart werden, da seine Sachen und Möbel bereits schon bei seiner Schwester in der Garage gelagert seien. Er wolle, dass die Post bereits dorthin geschickt werde, da er im Hotel keine Post erhalte. Der Kläger wurde nach Rücksprache mit Herrn G1 am 28.01.2020 darüber informiert, dass bei den Kosten der Unterkunft die Mietobergrenze ganz normal berücksichtigt werde und der Kläger die darüber hinausgehenden Kosten selber tragen müsse (Bl. 67 der Verwaltungsakten des Beklagten, Bd. II). Am 04.03.2020 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 03.03.2020 Umzugsgeld, eine Mietkaution i.H.v. 1.100 €, eine Erstausstattung für eine komplette Wohnungseinrichtung sowie Geld für Kleider und wies auf bereits beantragte Aufwendungen für Porto- und Fahrtkosten hin. Er müsse ca. 30 Umzugskartons transportieren lassen, aber keine Möbel. Er sei schwer krank. Durch sein starkes Asthma sei auch eine Hilfe beim Umzug bzw. beim Einrichten der Wohnung notwendig. Einziehen werde er am 15.04.2020. Am 05.03.2020 teilte der Kläger telefonisch mit, dass es sich um die Wohnung seiner Schwester handele, die bisher darin gelebt habe. Er werde zum 01.06.2020 in die Wohnung einziehen, wie mit dem Vermieter vereinbart. Am 06.03.2020 legte der Kläger mit Schreiben vom 06.03.2020 den am 02.03.2020 von beiden Mietvertragsparteien unterschriebenen Mietvertrag für die im Untergeschoss gelegene 73 m² Wohnfläche umfassende Wohnung vor. Seine Schwester habe vor, am 05.04.2020 auszuziehen, ihr Mietvertrag laufe allerdings noch bis 31.05.2020; er werde aber trotzdem schon am 06.04.2020 in die Wohnung gehen, wie mit ihr besprochen. Die Wohnung sei zwar teurer als die 398 €, die er von dem Beklagten bekomme, aber günstiger als das Hotel. Der Mietvertrag beginnt am 01.06.2020 und sieht eine Grundmiete von 525 € sowie eine monatliche Vorauszahlung auf die Nebenkosten i.H.v. 190 € (Gesamtmiete monatlich 715 €) vor. Am 27.03.2020 teilte der Kläger mit, seine Schwester werde bereits am 06.04. ausziehen, weshalb er übernehmen könne. Einen Stromvertrag habe er auch bereits ab 07.04. geschlossen. Er könne wegen seiner schweren Krankheit auch wegen den Ausdünstungen nicht jedes Möbel nehmen („allergische Stoffe“). Der Kellerraum befinde sich innerhalb der Wohnung, weshalb ca. 12 m² vom Wohnraum abgezogen werden müssten. Am 01.04.2020 teilte der Kläger mit, dass seine Schwester für Küche, Schlafzimmer, Badschränke und einige Lampen 1200 € verlange sowie für eine vor einem Jahr gekaufte Waschmaschine 150 €. Dann fehlten ihm nur noch Wohnzimmer, TV, PC, Zubehör für die Küche, Staubsauger und Lampen usw. Am 07.04.2020 teilte der Kläger telefonisch mit, dass er seit 01.04.2020 in der neuen Wohnung wohne.

Mit Bescheid vom 01.04.2020 lehnte der Beklagte die Übernahme der Mietkaution ab. Da die Mietkosten unangemessen seien, könne eine Zusicherung nicht erteilt werden, weshalb die Kaution als Darlehen nicht übernommen werden könne.
Mit weiterem Bescheid vom 01.04.2020 lehnte der Beklagte die Übernahmen der Kosten für den Umzug von der S1, P1 nach J1, P1 ab. Der Kläger habe Kosten für den Transport von 30 Umzugskartons beantragt, was er mit Hilfe einer Begleitung selbst bewerkstelligen könne. Im Besitz von Möbeln sei er nicht.
Mit weiterem Bescheid vom 01.04.2020 bewilligte der Beklagte Kosten der Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten i.H.v. 1.065 €.
Mit weiterem Bescheid vom 01.04.2020 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten für neue Kleider ab, da Aufwendungen für Kleider bereits in den Regelleistungen enthalten seien.
Mit Schreiben vom 01.04.2020 wies der Beklagte darauf hin, dass bereits mit Bescheiden vom 08.05.2019 Porto- und Fahrtkosten abgelehnt worden seien. Diese wurden als gekennzeichnete Kopie erneut übersandt.
Mit Bescheid vom 14.04.2020 bewilligte der Beklagte von April bis Juli 2020 876 € monatlich, darunter 432 € für den Regelbedarf, 398 € Kaltmiete und 46 € Heizkosten. Der Umzug sei berücksichtigt worden. Da der Kläger ohne vorherige Zusicherung den Mietvertrag unterschrieben habe, würden ausschließlich die bisherigen Kosten übernommen. Mit Bescheid vom 22.04.2020 bewilligte der Beklagte von Mai bis Juli 2020 830 € monatlich unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 432 € und einem Mietanteil i.H.v. 398 €.

Am 17.04.2020 erhob der Kläger Widerspruch wegen den abgelehnten Umzugs-, Kleider-, Fahrt- und Portokosten und der Mietkaution sowie am 30.04.2020 wegen der Höhe der Kosten der Unterkunft. Krankheitsbedingt könne er keine 30 Umzugskartons schleppen. 2018 habe er eine Jeansgröße von 40/42 gehabt und nunmehr sei sie von XL auf XXL oder gar XXXL angestiegen, es passe ihm nichts mehr. Er habe innerhalb eines halben bis dreiviertel Jahres extrem zugenommen. Die Bescheide über die Fahrt- und Portokosten habe er nicht erhalten. Wegen den Neuregelungen des Gesetzgebers wegen der Coronakrise habe er Anspruch auf die vollen Kosten der Unterkunft sowie auch auf die Kaution. Da er umgezogen sei, müsse es als Neuantrag gewertet werden. Er zähle zu den gefährdeten Personen, weshalb der Umzug gesundheitlich allerhöchste Notwendigkeit gewesen sei. Der Beklagte widerspreche sich auch selbst. So sei die Wohnung einmal als unangemessen bezeichnet worden, einmal habe er nicht vorher gefragt und einmal hätte er den Mietvertrag vorher vorlegen müssen. Zudem legte der Kläger am 17.04.2020 Widerspruch gegen die Höhe der Erstausstattung ein, da er krankheitsbedingt keine Möbel mit allergischen Inhaltsstoffen benutzen könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 wurden dem Kläger für April 2020 höhere Kosten der Unterkunft i.H.v. 1 € sowie für Mai bis Juli 2020 in Höhe von monatlich 47 € bewilligt und im Übrigen der Widerspruch als unbegründet abgewiesen. Für April 2020 sei lediglich eine Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 46 € und von Mai bis Juli 2020 keine Heizkostenvorauszahlung berücksichtigt worden; diese sei mit 47 € anzunehmen. Ausweislich der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit zu den Wohn- und Wohnnebenkosten nach Größe der Haushaltsgemeinschaft für das Land Baden-Württemberg entfielen auf Einpersonenhaushalte monatliche Heizkosten mit Kosten für Warmwasserbereitung i.H.v. 47 €. In Ermangelung näherer Angaben sei von diesem Betrag auszugehen. Nach dem schlüssigen Konzept des Beklagten gelte für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnungsgröße von 45 m² 398 € als angemessen, bezogen auf die Bruttokaltmiete, also ohne Kosten für Heizung und Warmwasser. Die Wohnung liege nicht nur bezüglich der Größe deutlich über der Angemessenheit, sondern auch bezüglich der Bruttokaltmiete. Eine Zusicherung hätte nicht erfolgen dürfen. Da der Kläger angeblich bereits 4 Jahre nach einer Wohnung suche, sei auch eine – auch ansonsten irrelevante-  besondere Dringlichkeit nicht ersichtlich. Der Kläger habe auch keine Nachweise vorgelegt, dass er sich um angemessenen Wohnraum bemüht habe. Bei einer Anmietung eines neuen unangemessenen Wohnraumes während des laufenden Leistungsbezuges seien auch während der Pandemie nach § 22 Abs. 4 SGB II von Anfang an nur die angemessenen Kosten zu berücksichtigen.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 wurde der Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 01.04.2020 wegen der Übersendung von Bescheiden vom 08.05.2019 als unzulässig verworfen. Mit der Übersendung dieser Bescheide sei keine neue Entscheidung getroffen worden, weshalb folgerichtig auch keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten gewesen sei.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 wurde der Widerspruch wegen der Ablehnung eines Kautionsdarlehens als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe den Mietvertrag bereits abgeschlossen gehabt, bevor er eine Zusicherung beantragt habe. Zudem sei eine Zusicherung nur zu erteilen, wenn die Aufwendungen angemessen seien, was hier nicht der Fall sei.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 wurde der Widerspruch wegen der Ablehnung von Umzugskosten als unbegründet abgewiesen. Es sei völlig unklar, welcher Aufwand überhaupt mit dem Umzug einhergegangen sei und welche Kosten angefallen sein sollen. Das Vorbringen sei nicht plausibel, weil der Kläger behauptet habe, über kein Mobiliar zu verfügen und auch Bekleidung nicht im Übermaß vorhanden gewesen sei. Zum Antrag auf Gewährung von Leistungen zu Wohnungserstausstattung habe er angegeben, dass er andernfalls eine leere Wohnung beziehen müsse. Es sei nicht erklärlich, wofür der Kläger 30 Umzugskartons benötigt haben wolle. Zudem habe er den Umzug mit Unterstützung durchführen können.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2020 wurde der Widerspruch wegen der Ablehnung von Bekleidungskosten als unbegründet abgewiesen. Eine Erstausstattung für Bekleidung nach § 24 Abs. 3 SGB II komme bei einer krankheitsbedingt großen Gewichtszu- oder -abnahme in Betracht, was jedoch aus der sozialmedizinischen Stellungnahme vom März 2019 nicht hervorgehe; dort werde er lediglich als vermehrt adipöse bezeichnet. Eine stete Gewichtszunahme falle nicht hierunter, sondern werde vom Regelbedarf umfasst. Ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II habe der Kläger nicht beantragt; hierüber sei auch nicht im angefochtenen Bescheid entschieden worden.

Mit weiterem Bescheid vom 17.07.2020 wurde der Widerspruch wegen der Höhe der gewährten Wohnungserstausstattung als unbegründet abgewiesen. Nach § 24 Abs. 3 SGB II seien Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht vom Regelbedarf umfasst und würden gesondert erbracht und könnten als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden; bei der Bemessung der Pauschalbeträge seien geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Der Beklagte habe einen Katalog entwickelt und hierfür jeweils unter Berücksichtigung marktüblicher Preise für einfache Ausstattungsstandards von Neuwaren Pauschalen ausgewiesen, welche in regelmäßigen Abständen angepasst würden. Dem Kläger seien dementsprechende Leistungen in voller Höhe bewilligt worden. Nicht umfasst seien individuelle Einrichtungswünsche oder vermeintlich medizinische Notwendigkeiten.

Am 31.07.2020 hat der Kläger Klage - und zeitgleich ein erfolgloses Eilverfahren (S 16 AS 2219/20 ER, Beschluss vom 27.08.2020)- zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und Umzugskosten, Erstausstattungsgeld, Wohnungskaution, Kleidergeld und einen Mehrbedarf für seinen Behindertenstatus sowie die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft begehrt. Ergänzend hat er ausgeführt, in dem Hotel seien sehr oft Chinesen bzw. Asiaten angekommen, weshalb er wegen Corona schnellstens eine Wohnung suchen musste. Zunächst habe er eine Wohnung im Haus in Aussicht gehabt, wo seine Schwester wohnte, dann sei schließlich seine Schwester zu ihrer Tochter gezogen, damit er einziehen könne. Nach § 67 Abs. 3 SGB II stünden ihm die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, L 11 AS 508/20 B ER). In der Garage seien lediglich seine ganzen Möbel gewesen, die kaum zwei Jahre alt gewesen seien. Eine große Küche, Esstisch mit Stühlen, Vitrinen, Sideboard, eine Wohnlandschaft, eine große Wohnwand, Tisch, Schlafzimmer, Kleiderschrank sowie Kommode und ein Trockner mit Waschmaschine, TV und über 1000 CDs. Kleider, Geschirr, Bettwäsche und Gläser usw. habe er im S3 in ca. 40 Umzugskartons gelagert. Die Möbel habe er inzwischen verkauft und davon gelebt. Seiner Meinung nach stünde ihm als chronisch Kranker auch ein Mehrbedarf i.H.v. 17 % zu. Auch möchte er die Fahrt- und Portokosten erstattet bekommen. Er habe ca. 30 kg zugenommen innerhalb von ca. 6-9 Monaten, und zwar krankheitsbedingt und durch den Aufenthalt im Hotel. Im Erörterungstermin hat der Kläger angegeben, er habe den Umzug mit Hilfe von Bekannten seiner Familie durchgeführt, die mehrfach hin- und herfahren mussten. Seine Schwester, teilweise sein Bruder, hätten ihnen Geld dafür gegeben. Wieviel wisse er nicht, vielleicht 300  €. Er habe noch keine Nebenkostenabrechnung seines Vermieters bekommen. Er habe auch keine Vermieterbescheinigung dem Beklagten vorlegen wollen, weil er nicht möchte, dass sein Vermieter erfahre, dass er SGB 2-Leistungen beziehe. Er möchte deshalb auch nicht, dass das Gericht insoweit an den Vermieter herantrete. Obwohl er bezüglich der Wohnung beim Beklagten angefragt und ein o. k. bekommen habe, würde die Kaution nicht übernommen.

Auf Antrag des Klägers vom 30.07.2021 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 03.08.2021 für August 2021 bis Juli 2022 891 € monatlich, darunter fielen 446 € Regelbedarf, 398 € Bruttokaltmiete sowie 47 € Heizkostenanteil.

Am 03.09.2021 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch, da auch dieser Bescheid gegen das Corona-Gesetz verstoße.

Mit Bescheid vom 15.09.2021 bewilligte der Beklagte für die Monate April bis Juli 2021 929 € monatlich, darunter fielen 446 € Regelbedarf, 437 € Bruttokaltmiete sowie 46 € Heizkostenanteil.

Mit weiterem Bescheid vom 15.09.2021 bewilligte der Beklagte für die Monate August und September 2021 929 € sowie 928 € monatlich für die Monate Oktober 2021 bis Januar 2022, darunter fielen ein Regelbedarf von 446 € und 437 € Bruttokaltmiete sowie 46 € Heizkostenanteil bzw. 436 € Bruttokaltmiete sowie 46 € Heizkostenanteil (insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung 483 € bzw. 482 €).

Mit weiterem Bescheid vom 15.09.2021 hob der Beklagte den Bescheid vom 03.08.2021 ab Februar 2022 auf, da nach § 41 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB II der Bewilligungszeitraum auf 6 Monate zu verkürzen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2020 wies der Beklagte den Widerspruch wegen der Kosten der Unterkunft ab August 2021 sodann als unbegründet ab. Die Mietobergrenze habe sich zum 01.04.2021 auf 436 € erhöht. Der statistische Wert für die Heizkosten habe sich auf 46 € reduziert. Höhere Kosten seien nicht zu erbringen.

Am 15.10.2021 hat der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.(richtig:15.)09.2021 erhoben, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2020 wegen Kosten der Unterkunft April bis Juli 2021 abwies.

Am 27.12.2021 stellte der Kläger einen Neuantrag, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 11.01.2022 verfügte, dass dieser nicht notwendig sei, da der Bewilligungsabschnitt bis Juli 2022 laufe.

Bereits mit Schriftsatz des Klägers vom 31.08.2021 (Eingang 07.09.2021) hat der Kläger die Klage bezüglich des Bescheides vom 03.08.2021 erweitert und ebenfalls die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung am 16.11.2021 hat der Kläger noch beantragt, ihm von April bis Juli 2020 sowie von August 2021 bis Juli 2022 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, Leistungen für Umzugskosten, Leistungen für die Anschaffung neuer Kleider zu gewähren, einen Mehrbedarf wegen Behinderung zu gewähren, eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen Verweis des Beklagten zu erlassen, weil seine Post zu lange brauche sowie ihm die Fahrtkosten, die er mehrfach geltend gemacht habe, zu gewähren.

Mit Urteil vom 16.11.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Er habe keinen Anspruch auf Gewährung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 715 €. Sie überstiegen die auf einem qualifizierten Mietspiegel beruhende Mietobergrenze des Beklagten für einen Einpersonenhaushalt i.H.v. 398 € bzw. ab April 2021 i.H.v. 436 € brutto kalt wesentlich. Da sich aus der Nebenkostenpauschale i.H.v. 190 € der Betrag für die Heizung nicht ersehen lasse und der Kläger nicht möchte, dass der Beklagte oder das Gericht an seinen Vermieter herantrete, sei der genaue Betrag der Vorauszahlung für die Heizkosten nicht bekannt, weshalb der Beklagte Heizkosten i.H.v. 47 € gestützt auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zu den Wohn- und Nebenkosten für Baden-Württemberg zugrunde legen durfte. Zwar würden nach § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen gelten; doch gelte dies nicht in Fällen, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden. Bereits im vorangegangenen Bewilligungsabschnitt seien dem Kläger nur die angemessenen Kosten gewährt worden. Dies sei auch nach der Gesetzesbegründung konsequent, weil die Sorgen um den Erhalt der Wohnung in diesem Fall nicht pandemiebedingt gewesen seien (juris PK-SGB II, 5. Aufl., § 67 Rdnr. 32, Stand 16.07.2021).
Ein Anspruch auf Gewährung von Umzugskosten bestehe nicht, da dem Kläger schon keine Umzugskosten entstanden seien. So habe er im Erörterungstermin angegeben, seine Geschwister hätten geholfen und die Helfer bezahlt. Zudem erschließe sich nicht, für welche Dinge überhaupt Umzugskosten entstanden sein könnten, nachdem der Kläger mitgeteilt habe, alle seine Sachen seien schon bei seiner Schwester und er Erstausstattung seiner Wohnung beantragt habe.
Auch ein Anspruch auf Übernahme von Kosten für eine Bekleidung bestehe nicht. Zwar könne ein Anspruch nach krankheitsbedingter Gewichtszunahme nach § 24 Abs. 3 S. 2 SGB II bestehen. Allerdings handele es sich im vorliegenden Fall schon nach eigenem Vortrag des Klägers um eine Gewichtszunahme in 6-9 Monaten, und zwar im Zeitraum bis 2018, also vor Antragstellung. Grundsätzlich gehörten Aufwendungen für Bekleidung zum Regelbedarf.
Des Weiteren habe der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf wegen Behinderung gemäß § 21 Abs. 4, da er keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt bekommen habe.
Die Klage wegen zu langer Postlaufzeiten sei nicht statthaft.
Die Klage wegen der geltend gemachten Fahrt-und Portokosten sei unzulässig, da der Beklagte bereits mit Bescheiden vom 08.05.2019 hierüber bestandskräftig entschieden habe.

Gegen das dem Kläger am 21.12.2021 zugestellte Urteil hat er am 20.01.2022 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zunächst damit begründet, dass höhere Bedarfe für Unterkunft anzuerkennen seien, wenn eine leistungsberechtigte Person voraussichtlich innerhalb von 6 Monaten in einer angemessenen Wohnung untergebracht werden könne oder voraussichtlich keine angemessene Unterbringung in einer sonstigen Unterkunft verfügbar sei, was im streitgegenständlichen Zeitraum der Fall gewesen sei. Ihm sei es in der Zeit der Pandemie und insbesondere im Hinblick auf die gesetzlichen Maßnahmen der Kontaktbeschränkungen etc. jedenfalls nicht möglich und nicht zumutbar gewesen, angemessenen Wohnraum zu finden. Durch seine schweren Erkrankungen könne er natürlich nicht alles nehmen, was es gebe, da müsse er sehr darauf achten. Eine Wohnung mit Treppen gehe nicht. Eine Wohnung in der Innenstadt ohne Parkplatz gehe auch nicht. Auch auf den Feinstaub müsse er sehr achten. Er habe Wohnungen für 400-600 € 2016-2018 angeschaut. Die günstige 49 m² Wohnung habe er mit seiner Schwester angeschaut; sie sei fast in der Innenstadt gelegen gewesen, 4. Stock mit Treppe und Ungeziefer. Auf keinen Fall dürften für Harzer nur die alten Wohnungen in Betracht kommen, z.B. östliche F1. Eine Wohnung mit separatem Schlafraum sei ein Muss wegen des Asthmas und weil es ihm zustehe. Der Umzug sei durch ein Darlehen seiner Schwester finanziert worden. Die Kosten für den Umzug hätten sich auf 300 € belaufen, welche an private Helfer bezahlt worden seien. Er habe aufgrund der Lebenssituation und im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung im Zeitraum April bis September 2018 stark zugenommen. Die Antragstellung sei bereits 2018 erfolgt. Er habe auch nicht gar keine Kleidung mehr zur Verfügung gehabt; es gehe darum, gerade noch rechtzeitig Ersatz anschaffen zu können. Er leide an verschiedenen Erkrankungen, weshalb ein GdB von 30 festgestellt worden sei. Zudem habe er einen Erhöhungsantrag gestellt, sodass eine rückwirkende Feststellung eines höheren GdB und die Festlegung des Merkzeichens G in Betracht komme. Dies rechtfertige zumindest einen Mehrbedarf i.H.v. 17 %. Zudem mache er wegen allergischem Asthma einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II für FFP2-Masken geltend. Er habe gegen den Bescheid vom 08.05.2019 rechtzeitig Widerspruch erhoben, da er verspätet zugegangen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.11.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,
unter Abänderung des Bescheides vom 14.04.2020 in der Gestalt des Bescheides vom 22.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 von April bis Juli 2020 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 715 € monatlich zu gewähren,
unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2021 in der Gestalt der Bescheide vom 15.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2020 und 25.10.2020 von August 2021 bis Juli 2022 höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 715 € monatlich zu gewähren,
ihm auch einen Mehrbedarf wegen Krankheit bzw. Behinderung i.H.v. 17 % des Regelbedarfes und einen Mehrbedarf für FFP2- Masken zu gewähren,
ihm unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2020 höhere Kosten der Wohnungsausstattung und Haushaltsgeräte zu gewähren,
ihm unter Aufhebung der Bescheide vom 01.04.2020 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2020 Leistungen für Umzugskosten i.H.v. 300 € sowie Mietkaution in Höhe von 1.100 € zu gewähren,
ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2020 Leistungen für die Anschaffung neuer Kleider zu gewähren,
ihm unter Abänderung des Bescheides vom 08.05.2019 Fahrtkosten zu gewähren,


Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Vor dem von § 67 Abs. 1 SGB II erfassten Bewilligungszeitraum seien lediglich die angemessenen und nicht die tatsächlichen Kosten berücksichtigt worden, sodass die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 S. 3 SGB II tatsächlich nicht gegeben seien. Zudem verweise § 67 nicht auf § 22 Abs. 4 SGB II. Der Kläger habe ohne vorherige Einholung einer Zusicherung eine nicht angemessene Wohnung angemietet. Wenn der Kläger nunmehr 2 Jahre nach dem Umzug behaupte, seine Schwester habe ihm ein Darlehen gewährt, sei das wenig überzeugend. Der sehr aufwendig geschilderte Umzug passe nicht zu den Angaben, seine Sachen lägen ohnehin bereits in der zum Haus seiner Schwester gehörenden Garage und zu seinem vollumfänglichen Antrag auf Wohnungserstausstattung. Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II seien gesondert zu beantragen (§ 37 Absatz ein S. 2 SGB II) und würden nicht für die Zeit vor Antragstellung erbracht (§ 37 Abs. 2 S. 1 SGB II), sodass ein Nachweis erforderlich sei, dass im Zeitpunkt der Antragstellung ein entsprechender Bedarf für eine Erstausstattung an Bekleidung bestanden habe. Soweit der Kläger einen Mehrbedarf wegen Behinderung im Umfang von 17 % des Regelbedarfs geltend mache, sei dies im Verwaltungsverfahren gar nicht geprüft, sondern erst vor dem SG geltend gemacht worden. § 23 Nr. 4 SGB II liege jedoch nicht vor, da der Kläger erwerbsfähig sei, weshalb er auch nicht auf SGB XII Leistung zu verweisen sei. Nicht einmal Gegenstand des Verfahrens vor dem SG sei die Frage eines Mehrbedarfs zwecks Anschaffung von FFP 2-Masken gewesen. Mittlerweile dürfte aber hinreichend geklärt sein, dass ein solcher Anspruch schon daran scheitern müsse, dass hier kein besonderer Bedarf im Einzelfall bestanden habe, vielmehr die Verpflichtung alle getroffen habe. Zudem sei der Kläger als Asthmatiker sogar unter bestimmten Umständen von der Maskenpflicht befreit gewesen. Das Vorbringen des Klägers zum Bescheid vom 08.05.2019 sei nicht glaubwürdig; im Verfahren S 5 AS 1907/19 habe er entgegen der Aktenlage -er hatte sich bereits am 08.03.2019 mit dem Widerspruchsbescheid vom 01.03.2019 auseinandergesetzt- vorgebracht, den Widerspruchsbescheid vom 01.03.2019 erst nach Wochen zugestellt bekommen zu haben. Im Rahmen der Klageerhebung am 03.06.2019 habe der Kläger auch den hier relevanten Bescheid vom 08.05.2019 übersandt.

Am 18.01.2023 ist ein Erörterungstermin durchgeführt worden.

Der Beklagte hat sodann das schlüssige Konzept der Stadt P1 in der aktuellen sowie in der bis zum 31.03.2021 gültigen Fassung sowie die letzten beiden qualifizierten Mietspiegel für diese Zeiträume vorgelegt und vorgetragen, es sei sehr vielen Leistungsempfängern gelungen, nach P1 zu ziehen bzw. innerhalb von P1 umzuziehen. Bemühungen um angemessenen Wohnraum seien bisher nicht belegt worden. Eine Betriebskostenabrechnung sei ihm bis dato nicht vorgelegt worden.
Der Kläger hat sich auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin, S 179 AS 3426/20 ER, bezogen. Nach § 30 SGB XII sei für voll Erwerbsgeminderte, die einen Ausweis mit dem Merkzeichen G besäßen, ein Mehrbedarf von regelmäßig 17 % des Regelsatzes sowie ein Mehrbedarf an Wohnraum vorgesehen. Er hat eine Auswertung eines Immobilienportals (Wohnungsbörse.net) vorgelegt, wonach die Mietpreise bei einer 30 m² Wohnung 2020 bei 12,08 € pro Quadratmeter und bei einer 60 m² großen Wohnung bei 7,80 € liege.

Der Beklagte hat entgegnet, bei den eingereichten Unterlagen handele es sich nicht um eine geeignete Grundlage für die Bestimmung des angemessenen Wohnraums im Sinne des § 22 SGB II. Anders als im vom SG Berlin entschiedenen Fall sei beim Kläger bereits vor dem Umzug eine Kostensenkung wirksam gewesen und er sei ohne Zusicherung umgezogen. Dass dem Kläger Leistungen für die Wohnungserstausstattung gewährt worden seien, ersetze nicht die Zusicherung. Dem Beklagten sei es mangels näherer Angaben des Klägers oder des Vermieters nicht möglich gewesen, eine andere Aufteilung der lediglich pauschal ausgewiesenen Vorauszahlungen zu ermitteln. Eine Betriebskostenabrechnung habe der Kläger auch in diesem Verfahren bislang nicht vorgelegt.
Der Kläger hat sodann eine Neben-und Betriebskosten-Abrechnung 2020/2021 für den Abrechnungszeitraum Juni 2020 bis Mai 2021 vorgelegt. Der Beklagte hat hierauf entgegnet, er sei bereit, auf der Grundlage der vorgelegten Abrechnung Kosten für Heizung und Warmwasser zu berücksichtigen und die Vorauszahlungen anzupassen. Allerdings fehle eine Abrechnung für April und Mai 2020. Zudem dürfte der Kläger einen detaillierteren Nachweis über die Kosten für Heizung und Warmwasser, also insbesondere eine Abrechnung eines Energiedienstleisters, erhalten haben. Nachzahlungen seien leistungsmäßig entsprechend der Fälligkeit zu berücksichtigen. Auch sei eine Abrechnung für Juni 2021 bis Mai 2022 noch nicht vorgelegt worden. Der Beklagte werde rückwirkend zum 01.04.2023 die Angemessenheitsgrenzen anpassen. Ausführungen zu den FFP2-Masken erübrigten sich, da sie weder Gegenstand eines Vorverfahrens noch des Verfahrens vor dem SG gewesen seien.

Der Kläger hat noch einen Mietspiegel vorgelegt, wonach bei einer Wohnungsgröße unter 60 m² 8,38 € pro Quadratmeter ausgewiesen seien. Er könne aber auch die angegebenen 10,11 € pro Quadratmeter beanspruchen, was eine Kaltmiete von 450 € ergebe. Mit den Nebenkosten von 120 € ergebe sich ein monatlicher Anspruch von 570 €. Er habe für Masken einen Kredit in Höhe von 750 € in Anspruch genommen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Am 31.10.2023 hat der Kläger die Klage erweitert und den Widerspruchsbescheid vom 11.10.2023 zum LSG mit Klage angefochten und die volle Miete, Zuzahlung wegen seiner vielen schweren chronischen Erkrankungen sowie wegen FFP 2 Masken geltend gemacht. Er habe einen Kredit aufgenommen, um sich die Masken zu kaufen, die damals über 10 € das Stück gekostet hätten. Er habe diese über 2 Jahre lang getragen und eine Maske max. 3 Stunden getragen. Der Kläger wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 02.11.2093 darauf hingewiesen, dass die zum LSG erhobene Klage nicht zulässig sein dürfte; erstinstanzlich dürfte das Sozialgericht zuständig sein, weshalb er dort Klage erheben solle. Der Beklagte hat vorgetragen, die Klageerweiterung sei unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend verwiesen.


                                                           Entscheidungsgründe


Der Senat konnte nach seinem Ermessen ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG entscheiden. Die Beteiligten haben schriftlich ausdrücklich, eindeutig und vorbehaltlos einer solchen Entscheidung zugestimmt; sie haben auch nicht ihre Zustimmung bis zum Eingang der Zustimmung der Gegenseite widerrufen. Die Zustimmung ist auch nicht wirkungslos geworden. Es ist nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 06.10.1999, B 1 KR 17/99 R, Beschluss vom 06.10.2016, B 5 R 151/21 B, Beschluss vom 02.07.2019, B 2 U 156/18 B, Beschluss vom 16.07.2019, B 12 KR 102/18 B, Beschluss vom 12.05.2020, B 12 R 12/19 B, alle juris) anerkannt, dass bei einer wesentlichen Änderung der Prozesssituation die Zustimmung ihre Wirksamkeit verliert. Eine solche Änderung liegt insbesondere vor, wenn nach der Zustimmung durch Maßnahmen des Gerichts (Vernehmung eines Zeugen, Anhörung eines Beteiligten, Einholung einer Behördenauskunft, Beiziehung von Akten, Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme) die Tatsachengrundlage verändert wird. Eine solche Maßnahme liegt nicht vor. Des Weiteren verliert eine Zustimmung seine Wirksamkeit, wenn der Rechtsmittelgegner erheblich neues Vorbringen vorträgt, neue Beweismittel oder Anträge stellt (BSG, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat nicht der Rechtsmittelgegner des Klägers neue Anträge gestellt, sondern der Kläger hat nach Zustimmung am 15.02.2023 eine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz (s. u.) erklärt, womit seine Zustimmung nicht wirkungslos wird. Die Zustimmung wird auch nicht durch Zeitablauf analog § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO nach drei Monaten wirkungslos (Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 124 SGG Rdnr. 67).

Die nach den §§ 143, 144 und 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Sowohl die am 31.07.2020 erhobene Klage als auch die am 07.09.2021 durch Klageerweiterung zum SG erhobene Klage sind ohne Erfolg.

Zulässiger Streitgegenstand sind die Leistungen des Klägers zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB II) im Zeitraum von April bis Juli 2020 sowie August 2021 bis Juli 2022. Nicht Streitgegenstand ist der Zeitraum August 2020 bis Juli 2021, da Folgezeiträume nicht kraft Gesetzes nach § 96 SGG einzubeziehen sind (BSG, Urteil vom 05.09.2007, B 11b AS 49/06 R, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 9/06 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Auflage, § 96 SGG Rdnr. 9f m.w.N.). Gegenständlich sind sowohl der Regelbedarf als auch Kosten der Unterkunft und auch alle nicht abtrennbaren anderen Bedarfe nach § 21 SGB II. Zudem sind auch die gesondert beantragten (§ 37 SGB II) Mehrbedarfe nach § 24 SGB II zulässiger Streitgegenstand.
Nicht zulässiger Streitgegenstand ist die zum LSG erhobene Klageerweiterung gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.10.2023 bezüglich der Zeit August 2023 bis Juli 2024. Das BSG hat überzeugend entschieden, dass eine gewillkürte Klageerweiterung in der Berufungsinstanz, durch die ein neuer Streitgegenstand wie hier eingeführt werden soll, wegen fehlender sachlicher -instanzieller- Zuständigkeit unzulässig (BSG, Urteil vom 23.01.2018, B 2 U 4/16 R, m. w. N., juris; jurisPK, § 99 Rdnr. 47) ist, weshalb hierüber nicht zu entscheiden ist.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB II) nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte; Nr. 4). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insb. von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II.  Die Leistungen umfassen nach § 20 SGB II den Regelbedarf, Mehrbedarfe (§ 21 SGB II), abweichende Bedarfe (§ 24 SGB II) und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen (§§ 11, 11a SGB II) und Vermögen (§ 12 SGB II) gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II).

Der 1963 geborene Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (66 Jahre und 10 Monate) noch nicht erreicht, weshalb § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erfüllt ist.

Der Kläger ist auch erwerbsfähig. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zwar trägt der Kläger zum Teil vor, sich nicht für erwerbsfähig zu halten und schwer erkrankt zu sein. Jedoch hat die gutachterliche Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung B1 nach Widerspruch der Stadt P1 als SGB XII-Träger ergeben, dass der Kläger erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II und nicht voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs.1 S. 2 SGB VI bzw. des § 43 Abs. 3 SGB VI ist (Bl. 53 Bd. 2 der Verwaltungsakte des Beklagten). Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des K1 vom 06.11.2019 leidet der 187 cm große und 117 kg schwere Kläger unter einer mittelgradigen Lungenfunktionseinschränkung bei chronischer bronchialen Schleimhautentzündung, unter einer normalen Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes bei Verschleißerkrankung, unter einem eingeschränkten Beugevermögen der Rumpfwirbelsäule bei Wirbelsäulenfehlhaltung, unter einem unzureichend eingestellten Bluthochdruck sowie unter Adipositas Grad 1 (BMI 33,49). Der Kläger kann hiernach überzeugend leichte und sogar mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen vollschichtig verrichten. Zu vermeiden sind Nachtschicht, Arbeiten mit anhaltenden Wirbelsäulenzwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer Lasten sowie mit häufigem Bücken, Arbeiten in der Hocke sowie mit regelmäßigem Begehen von Treppen –zwei bis drei Stockwerke schafft er noch ohne Pause-, Leitern und Gerüsten und Arbeiten unter dem Einfluss von Kälte, Zugluft, Nässe und inhalativen Belastungen. Der gutachtlichen Einschätzung des Beratungsarztes des Beklagten, die Anlass für die Einleitung eines Verfahrens nach § 44a SGB II war (s. insbesondere Gutachten des S4 vom 29.03.2019) kann nicht gefolgt werden, da bezüglich der Lunge keine Befunderhebung erfolgt ist und auch keine weitergehenden Befunde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden sind, die ein aufgehobenes bzw. unter 3-stündiges Leistungsvermögen begründen könnten. Der Beklagte hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger von ihm keine Leistungen nach dem SGB II bekommen könnte, wenn er tatsächlich nicht erwerbsfähig wäre.


Der Kläger ist auch hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat – soweit bekannt – kein Einkommen und Vermögen (s. z.B. Antrag vom 09.05.2019).

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum den gesetzlich zustehenden Regelbedarf gemäß § 20 SGB II erhalten. So ist die mit Bescheid vom 15.09.2021 verfügte Aufhebung der bewilligten Leistungen ab Februar 2022 mit Bescheid vom 11.01.2022 wieder zurückgenommen worden, weshalb der vom Kläger erfolgte Neuantrag am 27.12.2021 nicht berücksichtigt wurde.

Dem Kläger steht auch kein höherer als der bewilligte Bedarf für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II zu. Die angefochtenen Bescheide vom
14.04.2020 in der Gestalt des Bescheides vom 22.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 für den Zeitraum April bis Juli 2020 sowie mit den Bescheiden vom 03.08.2021 in der Gestalt der Bescheide vom 15.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2021 in der Gestalt des Bescheides vom 11.01.2022 für den Zeitraum August 2021 bis Juli 2022 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Eine Absenkung der nach S. 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (§ 22 Abs. 4 SGB II).

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist nach der Rechtsprechung des BSG in einer mehrstufigen Einzelfallprüfung zu ermitteln. Sie errechnet sich aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche und dem angemessenen Mietzins pro Quadratmeter ("Produkttheorie"). Hierzu sind zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -; Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R -; Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R – alle in juris).

Für die Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft ist zunächst die angemessene Größe der Wohnung festzulegen. Diese Wohnfläche beläuft sich in Anlehnung an das landesrechtlich geregelte Wohnungsbindungsrecht für Einpersonenhaushalte in Baden-Württemberg auf 45 m² (Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12. Februar 2002 [GABl. S. 240] i.d.F. der VwV vom 22. Januar 2004 [GABl. S. 248]; VwV vom 25. September 2012 in Verbindung mit Teil 3 Nr. 1.2 der Durchführungshinweise des Wirtschaftsministeriums zum Landeswohnraumförderungsgesetz, Stand Juli 2010). Die vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bewohnte Wohnung verfügt über eine Wohnfläche von 73 m² und übersteigt somit (isoliert betrachtet) die angemessene Wohnflächengröße erheblich, selbst wenn es so sein sollte, dass ein Kellerraum von ca. 12 Quadratmeter dazu gezählt worden wäre.

Als maßgeblicher örtlicher Vergleichsraum für die Beurteilung der angemessenen Kosten der Unterkunft ist die Stadt P1 zu Grunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 106/10 R – in juris).

Zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses pro Quadratmeter gibt das BSG keine bestimmte Methode vor, nach der die kommunalen Grundsicherungsträger die Daten über das Mietpreisniveau zu ermitteln haben. Es hat insoweit Mindestanforderungen definiert, die sicherstellen sollen, dass die ermittelten Daten die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes tatsächlich wiedergeben. Der Datenermittlung muss ein "schlüssiges Konzept" zu Grunde liegen (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, in juris, dort Rn. 18 f.; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 20). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Qualifizierte Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB können hierbei Grundlage der Bestimmung der angemessenen Miete nach § 22 Abs. 1 SGB II sein (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R -; BSG, Urteil vom 19.12.2007 - B 14 AS 50/10 R - jeweils in juris). Regelmäßig sind bei deren Erstellung fachkundige Kreise beteiligt und es erfolgt eine umfassende Auswertung der Mieten für freifinanzierte Wohnungen. Der qualifizierte Mietspiegel erreicht damit als Erkenntnisgrundlage regelmäßig einen Qualitätsstandard, der von Erhebungen, die die Träger der Leistungen nach dem SGB II oder auch die Gerichte im Rahmen der Amtsermittlung in Eigenregie vornehmen, nur schwerlich erreicht werden kann.

Der Beklagte hat als schlüssiges Konzept (Bl. 132 ff. der Senatsakten) in nicht zu beanstandender Weise die im streitigen Zeitraum gültigen qualifizierten Mietspiegel der Stadt P1 in der ab 01.04.2019 bis 31.03.2021 und ab 01.04.2021 geltenden Fassung (Bl. 86 ff. der Senatsakten) zu Grunde gelegt und festgestellt, dass das gesamte Stadtgebiet einen einheitlichen Vergleichsraum bildet und insoweit Mietwohnungen des freien Wohnungsmarktes Eingang finden. Berücksichtigt worden sind Wohnungen des unteren Segments, die vor 1980 bzw. vor 1990 (48,7 % bzw. 76,4 % des freien Wohnungsmarktes) errichtet worden sind, in durchschnittlicher Wohnlage liegen und eine durchschnittliche Ausstattung aufweisen, so dass der unterste Standard nicht die Vergleichsmiete mitbestimmt (BSG, Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, juris).

Dem steht nicht entgegen, dass der Mietspiegel fortgeschrieben worden ist, in dem die dortige Basismiettabelle mit einem anhand des Verbraucherindex bestimmten Faktors, der die (Steigerung der) Kosten der Lebenshaltung aller privaten Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland wiedergibt, vervielfältigt worden ist.

Das BSG hat zwar betont, dass ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen müsse (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R -; Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 53/13 R -, beide in juris). Es hat aber auch zum Ausdruck gebracht, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs. 1 SGB II zugrunde gelegten Datenmaterials - je nach gewählter Methodik unter Berücksichtigung der "Methodenfreiheit" der Grundsicherungsträger - auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs. 1 i.V.m. Art 20 Abs. 1 des Grundgesetzes) im Bereich des Wohnens Grenzen gesetzt sein können. So müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand seien, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R -, in juris). Unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. April 2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I S.453) eingefügten Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II hat das BSG unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Oktober 2017 (- 1 BvL 2/15 - und - 1 BvL 5/15 - in juris) in seinem Urteil vom 12. Dezember 2017 (a.a.O.) seine Rechtsprechung zur Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte dahingehend konkretisiert, dass innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen müsse, der SGB II-Träger könne in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen. Andererseits müsse nach Ablauf des Zweijahreszeitraums eine Überprüfung und ggf. neue Festsetzung, zunächst durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit, erfolgen. In Ermangelung einer derartigen Fortschreibung durch den Grundsicherungsträger sei es gerechtfertigt, auf eine Fortschreibung anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten bundesdeutschen Verbraucherpreisindex zurückzugreifen. Es handele sich insoweit um ein grundsätzlich geeignetes Instrument, um innerhalb eines kürzeren Zeitraums im Sinne eines auch bei der Fortschreibung geforderten systematischen und planmäßigen Vorgehens in praktikabler Weise Werte für eine Anpassung festzustellen (BSG, a.a.O., Rdnr. 20).

Mithin hat das BSG die Fortschreibung des Mietspiegels anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten bundesdeutschen Verbraucherpreisindex als zulässiges Verfahren gebilligt, um die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts zeit- und realitätsgerecht zu erfassen.

Nach dem überzeugenden schlüssigen Konzept für die Stadt P1 beläuft sich die Basismiete für eine Wohnung mit 45 m² auf 7,04 € je m², woraus sich, nach der „Produkttherorie“ und einer angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² ein angemessener monatlicher Mietzins i.H.v. 316,80 € (ab 4/2021 328,05 €) errechnet. Die kalten Nebenkosten belaufen sich auf 12,52 € für Müll, 23,49 € für Wasser und Abwasser und weitere 44,96 € für übrige kalte Nebenkosten, insgesamt auf 80,97 (ab 4/2021 108,23 €). Die Mietobergrenze für die Bruttokaltmiete beträgt damit –gerundet- 398 € (ab 4/2021 436 €). Diesen Betrag hat der Kläger mit den Bescheiden vom 14.04.2020 in der Gestalt des Bescheides vom 22.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 für den Zeitraum April bis Juli 2020 sowie mit den Bescheiden vom 03.08.2021 in der Gestalt der Bescheide vom 15.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2021 in der Gestalt des Bescheides vom 11.01.2022 für den Zeitraum August 2021 bis Juli 2022 bewilligt bekommen.

Dieser Wert von 316,80 bzw. 328,05 € wird vom tatsächlich zu entrichtenden Kaltmietzins von 525 € deutlich (um ca. 60%) überschritten, weswegen die Mietkosten des Klägers unangemessen sind. Mangels Aufschlüsselung der Nebenkosten kann ein Vergleich bei den kalten Nebenkosten nicht erfolgen; jedenfalls sind nach dem überzeugenden schlüssigen Konzept lediglich kalte Nebenkosten im Umfang von 80,97 € bzw. 108,23 € monatlich angemessen.

Der Beklagte hat den Kläger auch unverzüglich darauf hingewiesen, dass die Kosten für die anvisierte Wohnung unangemessen sind und er die überschießenden Kosten selbst übernehmen muss.

Der Senat vermochte sich in Ermangelung der Vorlage aussagekräftiger Nachweise, die Rückschlüsse auf konkrete Bemühungen erlauben würden, nicht davon überzeugen, dass es dem Kläger objektiv und subjektiv nicht möglich gewesen ist, eine angemessene Wohnung zu finden. Der unsubstantiierte Vortrag des Klägers, er habe erfolglos nach günstigeren Wohnungen gesucht, die Schilderung einer Wohnung mit Ungeziefer, ist nicht geeignet, eine generelle Unmöglichkeit der Anmietung einer angemessenen Wohnung zu belegen, zumal er bereits zuvor bei seiner Schwester gelebt und nur im Hotel übernachtet hat, wie er unbefangen bei K1 angegeben hat, so dass der einfache Weg gewählt worden ist. Auch relativiert sich seine Behauptung, er habe wegen Corona schnellstens aus dem Hotel ausziehen müssen. Zum Einen wohnte der Kläger seit 2016 im Hotel. Zum Anderen hatte er dort ein eigenes Apartment, so dass ein Kontakt mit anderen Hotelgästen während der Pandemie vermeidbar war. Schließlich lebte der Kläger eh schon tagsüber bei seiner Schwester (s. o.). Schließlich hat der Kläger mit seinen Wünschen den vom Steuerzahler zu übernehmenden einfachen Standard (s. o.) nicht eingehalten. So ist eine neuere Stadtwohnung ohne relevante Feinstaubbelastung, aber mit Parkplatz ohne Treppen nicht geschuldet. Gerade das Alter der Wohnungen hat der Mietspiegel und das schlüssige Konzept als maßgebliches Kriterium für die Miethöhe in P1 herausgearbeitet. Entgegen der Auffassung des Klägers sind aber auch alte Wohnungen zumutbar. Da ein qualifizierter Mietspiegel dem schlüssigen Konzept zugrunde liegt, ist auch von einer ausreichenden Anzahl von Wohnungen auszugehen (BSG, Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 106/10 R, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2013, L 1 AS 19/13, juris). Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen widerlegen dieses schlüssige Konzept des Beklagten nicht.

Der Beklagte hat keine schriftliche Zusicherung erteilt. Unabhängig davon, ob der Kläger eine Zusicherung vor Abschluss des Mietvertrages am 02.03.2020 -konkludent- beantragt hat, hätte keine Verpflichtung zur Erteilung einer Zusicherung bestanden, da die Kosten nicht angemessen sind. Die Folgen der Obliegenheitsverletzung sind dann, dass der befristete Bestandsschutz nicht eingreift (vgl. Luik/Harich, Kommentar zum SGB II, 6. Aufl., § 22 Rn. 229 ff.).


Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 67 SGB II. Nach § 67 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 beginnen, nach Maßgabe der Abs. 2-4 des § 67 SGB II erbracht. Nach § 67 Abs. 3 SGB II ist § 22 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von 6 Monaten als angemessen gelten. Nach Ablauf des Zeitraums nach S. 1 ist § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum nach S. 1 nicht auf die in § 22 Abs. 1 S. 3 genannte Frist anzurechnen ist. S. 1 gilt nicht in den Fällen, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden.
Zum einen ist festzustellen, dass der Bewilligungsabschnitt von August 2019 bis Juli 2020 nicht in der genannten Zeit beginnt, sondern lediglich der Bewilligungsabschnitt von August 2021 bis Juli 2022. Zum anderen gilt § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II nicht, da in dem vorangegangenen Bewilligungszeitraum, also vor August 2019, nur die angemessenen Aufwendungen als Bedarf anerkannt worden sind und nicht die tatsächlichen Kosten für das Hotel in Höhe von 750 € pro Monat (s. Widerspruchsbescheid vom 01.03.2019). Schließlich verweist § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II nicht auf § 22 Abs. 4 SGB II; ein Umzug setzt keine neue Sechsmonatsfrist in Gang (Luik/Harich, a. a. O., § 67 SGG Rdnr. 14; erkennender Senat, Urteil vom 24.01.2023, L 13 AS 3802/21, juris).

Der Beklagte durfte auch Heizkosten i.H.v. 47 bzw. 46 € zugrunde legen, gestützt auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Der Kläger hat eine Vermieterbescheinigung nicht vorlegen wollen und auch nicht gewollt, dass der Beklagte sich an den Vermieter wendet, sodass es Konsequenz des Wunsches des Klägers ist, nicht die tatsächlichen Kosten zugrundezulegen. Dem Beklagten war es nicht möglich, die Nebenkosten aufzuschlüsseln (Luik/Harich, a. a. O., § 22 SGB II Rdnr. 83) und die Heizkosten aus den Gesamtnebenkosten i.H.v. 190 € abzuleiten. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Abrechnung seiner Schwester nicht ausreicht, da sie nicht Grundlage der Verbräuche des Klägers sein kann. Schließlich beruhten die Verbräuche seiner Schwester zusätzlich auf einer weiteren Person, nämlich der des Klägers, der schon tagsüber dort wohnte (s. u.). Die erst während des Berufungsverfahrens erfolgte teilweise Vorlage einer Abrechnung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der von dem Beklagten zunächst übernommenen Abschlagszahlung; der Beklagte wird -wie auch zugesagt – die Endabrechnung zur Fälligkeit berücksichtigen (s. § 22 Abs. 3 SGB II).

Der Beklagte hat die oben genannten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung mit den angefochtenen Bescheiden ab April 2020 bewilligt, obwohl der Kläger einer Verpflichtung aus dem Mietvertrag erst ab Juni 2020 unterlegen ist; eine rechtsverbindliche (Unter-) Vermietung seiner Schwester hat der Kläger schon nicht vorgebracht. Dadurch wird der Kläger aber nicht in seinen Rechten verletzt, sondern begünstigt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung von Umzugskosten. Der Bescheid vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 ist rechtmäßig. Zwar können gemäß § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Doch hat der Kläger für den Umzug keine vorherige Zusicherung eingeholt; der Beklagte wäre zur Zusicherung auch nicht verpflichtet gewesen (siehe oben). Hinzu kommt, dass dem Kläger keine nachweislichen Kosten entstanden sind. So hat der Kläger am 24.01.2020 telefonisch angegeben, dass seine Sachen und Möbel bereits bei seiner Schwester in der Garage gelagert seien, was sich damit deckt, dass der Kläger bei seiner ärztlichen Begutachtung angegeben hat, dass er bei seiner Schwester lebe und nur im Hotel schlafe. Schließlich hat er einen vollständigen Antrag auf Wohnungserstausstattung gestellt, sodass ein erheblicher Transport vom Hotel zur neuen Wohnung nicht angefallen ist. Der Transport von den bereits in der dortigen Garage gelagerten Dingen in die Wohnung hat der Kläger wohl mit Helfern durchgeführt, ohne dass eigene Kosten nachgewiesen sind. Wie der Kläger im Erörterungstermin beim SG selber ausgeführt hat, hätten seine Geschwister die Helfer bezahlt, wobei aber auch die Schwester ausgezogen ist und Helfer brauchen konnte. Die erst im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung, der Umzug sei durch ein Darlehen der Schwester finanziert worden, wertet der Senat als versuchten Prozessbetrug. Denn im zeitlich näherliegenden Erörterungstermin hat der Kläger noch nicht einmal den Betrag nennen können, den seine Geschwister den Helfern für seinen Umzug gezahlt haben sollen. Die auch geltend gemachte Hilfe beim Einrichten dürfte schon nicht unter den Begriff des Umzugs fallen; jedenfalls sind auch insoweit keine Kosten nachgewiesen.

Soweit der Kläger Kosten für die Mietkaution geltend macht, ist der dies ablehnende Bescheid des Beklagten vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 rechtmäßig. Der Anspruch richtet sich nach § 22 Abs. 6 S. 1 HS 2 SGB II. Hiernach können Aufwendungen für eine Mietkaution bei vorheriger Zustimmung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Der Beklagte hat eine solche Zustimmung nicht erteilt; es bestand auch keine Verpflichtung hierzu (siehe oben).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 SGB II.

Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen wird nach § 21 Abs. 4 SGB II ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 maßgebende Regelbedarfs anerkannt, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen erbracht werden. Dies kann auch nach Beendigung der Maßnahmen angewandt werden. Eine solche Maßnahme wird bzw. wurde beim Kläger nicht durchgeführt.

Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 21 Abs. 5 SGB II). Ein solcher Bedarf wird vom Kläger weder geltend gemacht noch ist ein solcher Bedarf in Anbetracht des Gutachtens des K1 ersichtlich bzw. notwendig.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zur Anschaffung von FFP2-Masken. Bei Leistungsberechtigten wird nach § 21 Abs. 6 SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Die Substantiierungs- und Beweislast für den Mehrbedarf trägt der Kläger, weil der Regelbedarf normativ bestimmt ist, den normalen Bedarf deckt und der Versicherte sich auf ihn begünstigende Umstände beruft (vgl. z. B. Grube/Wahrendorf, § 27a SGB XII Rdnr. 64 m.w.N.). Weder dem Gesetz noch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, BerfGE 125, 175 ff.) lässt sich entnehmen, dass ein pauschaler, der Schätzung zugänglicher –fiktiver- Mehrbedarf angenommen werden kann oder gar muss. Rechtsprechung und Gesetz stellen auf den konkreten Einzelfall ab, weshalb der konkrete Bedarf, der besonders bzw. atypisch ist, darzustellen und zu beweisen ist (vgl. Beschluss des LSG vom 03.05.2021, L 9 AS 534/21 ER-B, juris). Die Regelungen dienen nicht einer pauschalen Aufstockung für unzureichend erachtete Regelbedarfe (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.02.2022, L 19 AS 1236/21, juris). Zudem muss der Mehrbedarf unabweisbar sein, was erfordert, dass er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht bzw. unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt und die dadurch bedingten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden können.

Der Senat geht zugunsten des Klägers davon aus, dass er zu den Corona-Risikogruppen zählte, weshalb das Tragen einer FFP2-Schutzmaske (DIN EN 149:2001 oder KN95, N95) nicht nur sinnvoll, sondern in Situationen mit nicht zu vermeidendem nahen Kontakt mit fremdem Personen erforderlich war, um eine Gefahr für Leib und Leben zu minimieren. Der Kläger hat aber im streitgegenständlichen Zeitraum kein Ereignis nachgewiesen, bei dem das Tragen einer FFP2-Maske in diesem Sinne notwendig war. Im hier streitigen Zeitraum lebte der Kläger allein in der neuen Wohnung, so dass keine Begegnungen mit Fremden ersichtlich sind. Es kann auch nicht eine bestimmte (Mindest-) Anzahl von Einkäufen in Lebensmittelmärkten oder Beschaffungen in Tafeln fingiert werden; der Kläger hat hierzu keine konkreten Angaben gemacht, was angesichts der Beweislast zu seinen Lasten geht. Es ist auch in Zeiten der Pandemie durchaus möglich gewesen, für die Lebensmitteleinkäufe nicht selbst den Markt aufsuchen zu müssen. Hinzu kommt, dass eine FFP2-Maske ab Juli 2021 bereits zu einem Preis von ca. 1 € -eine Berücksichtigung besonders teurer Masken ist nicht unausweichlich bzw. unabweisbar- zu erwerben war (s. die zeitnahen Beschlüsse des LSG Baden-Württemberg vom 19.04.2021, L 2 AS 1032/21 ER-B, vom 20.04.2021, L 2 SO 990/21 ER-B und vom 03.05.2021 L 9 AS 534/21 ER-B). Zudem konnten die Kosten hierfür bereits durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden, die sich unmittelbar aus derselben Ursache ergeben, nämlich der Pandemie. Aufgrund der konsumeinschränkenden Maßnahmen der Landesregierung – Kontaktreduzierungen lagen aber auch im berechtigten Interesse des Klägers- sind die Verbrauchsausgaben beispielsweise für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen, für Eintrittsgelder für den Besuch von Sport-, Freizeit- und Kulturveranstaltungen bzw. für Einrichtungen und Entgelte für Dienstleistungen für die Körperpflege und Friseurdienstleistungen zurückgegangen (vgl. LSG, Beschluss vom 03.05.2021, a.a.O.). Allgemeine Preissteigerungen vor allem im Bereich der Lebensmittel führen ggfs. zu einer Anhebung der Regelsätze und können hier nicht –dann doppelt- berücksichtigt werden. Schließlich hat der Kläger auch nichts dazu vorgetragen, dass er die staatlichen Angebote zum Erwerb von Schutzmasken - gegen geringe Gebühren - ohne Erfolg wahrgenommen hat. Zudem gab es Corona-Beihilfen. Abschließend bleibt festzustellen, dass der Kläger für den streitigen Bewilligungszeitraum keinerlei Belege für die Anschaffung von FFP2- Masken vorgelegt hat. Schließlich teilt der Senat zudem die Rechtsansicht, dass die aus der Pandemie resultierende Maskenpflicht bzw. der erforderliche Schutz bereits keinen Einzelfall im Sinne des Gesetzes darstellt, sondern gerade alle Menschen betraf (s. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.02.2022, L 19 AS 1236/21, juris).

Schließlich ist auch ein sonstiger unabweisbarer, besonderer Bedarf nicht gegeben. Insbesondere lässt sich aus der Lungenfunktionseinschränkung –aber auch nicht aus den anderen von K1 festgestellten Erkrankungen und Behinderungen- kein unabweisbarer, besonderer Bedarf ableiten. Weder lässt sich damit ein besonderer unabweisbarer Wohnbedarf – insbesondere nicht in der bewohnten Kellerwohnung- noch ein sonstiger Bedarf für besonders teure Wohnungsausstattung (s. auch unten) oder ein anderer Bedarf, der unabweisbar wäre, begründen.
Für einen anderweitigen Mehrbedarf nach § 21 SGB II liegen keine Ansatzpunkte vor.

Ein Mehrbedarf nach § 23 Nr. 4 SGB II in Höhe von 17 % steht dem Kläger auch nicht zu. Er ist im streitigen Zeitraum weder nicht erwerbsfähig noch besitzt er das Merkzeichen G.

Ein nicht gedeckter abweichender Bedarf für die Erstausstattung der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II liegt nicht vor. Nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 sind nicht vom Regelbedarf nach § 20 SGB II umfasst Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten. Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Die Leistungen können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Da der Kläger nach seinen Angaben eine umfassende Ausstattung besessen hat, liegen die Voraussetzungen nicht vor, da eine Erstausstattung vorhanden war. Nur bei außergewöhnlichen Umständen hat die Rechtsprechung eine Ersatzbeschaffung einer –zweiten- Erstausstattung gleichgesetzt. So ist z. B. eine Vernichtung der Einrichtung infolge eines Brandes oder nach Haft Anlass einer zu fördernden Ersatzbeschaffung. Nicht gleichzusetzen ist aber, wenn –wie hier- eine bestehende Wohnungseinrichtung vorsätzlich verkauft worden ist, um von dem Erlös zu leben. Zudem hat der Beklagte den Anspruch in Form einer Geldleistung als Pauschalbetrag befriedigt. Der Beklagte hat 1.065 € gewährt und hierbei folgende Gegenstände anerkannt: Bett, Bettwäsche, Kissen, Decken, Kleiderschrank, Tisch, Stuhl, Küchenschrank, Kühlschrank, Kochherd, Waschmaschine, Putzset, Bügeleisen/Bügelbrett, Spüle, Wäscheständer, Gardinen, Lampen, Geschirr/Töpfe/Pfannen und sonstiges berücksichtigt. Dass dieser Betrag für die genannten Gegenstände nicht ausreichend wäre, ist vom Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen. TV und PC gehören bereits nicht zu den Einrichtungsgegenständen oder Haushaltsgeräten. Das Putzset reicht für eine geordnete Haushaltsführung aus. Die unsubstantiierte Behauptung, er könne wegen seiner Lungenerkrankung nicht jedes Möbel kaufen, ist nicht nachvollziehbar; insbesondere ist nicht aktenkundig, dass der Kläger allergisch gegen in Möbeln befindlichen Stoffe ist; anfängliche Ausdünstungen bei Neuanschaffungen kann mit Lüften begegnet werden. Andererseits kann der Kläger auch gebrauchte Möbel beschaffen, worauf auch der Beklagte -aus Kostengründen- hingewiesen hat. Andere für eine geordnete Haushaltsführung notwendige Gegenstände sind nicht feststellbar. Der angefochtene Bescheid vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 verletzt den Kläger hiernach nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Erstausstattung für Bekleidung nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Der die Gewährung ablehnende Bescheid vom 01.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2020 ist rechtmäßig. Auch hier wird nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Ersatzbeschaffung für Bekleidung anerkannt (vgl. Luik/Harich, a.a.O., § 24 SGB II Rdnr. 104, 91ff.). Sie kommt beispielsweise in Betracht, wenn durch eine krankheitsbedingte große Gewichtszunahme oder nach Haft oder Wohnungslosigkeit, also durch einen außergewöhnlichen Umstand, ein erneuter umfassender Bedarf begründet wird. Ein solcher Bedarf liegt hier aber nicht vor. Zwar lag beim Kläger bei der Untersuchung durch K1 ein Adipositas Grad 1 vor. Eine krankheitsbedingte Gewichtszunahme ist aber aus dem Gutachten vom 06.11.2019 gerade nicht ersichtlich. Nach dem Bericht der behandelnden E1 und O1vom 16.09.2019 liegt eine Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr vor. Zudem hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass der Bedarf in streitigen Bewilligungszeiträumen entstanden ist. Nach dem Gutachten des S4 vom 29.03.2019 hat der Kläger bereits am 29.03.2019 110 kg gewogen, so dass bereits im Bewilligungszeitraum August 2019 bis Juli 2020 kein Bedarf durch schnelle und große Gewichtszunahme festgestellt werden kann.

Die Klage bezüglich des Bescheides vom 08.05.2019 ist unzulässig. Der Beklagte hat mit dem Schreiben vom 01.04.2020 den Kläger lediglich darauf hingewiesen, dass bereits mit Bescheiden vom 08.05.2019 sowohl die Porto- als auch die Fahrtkosten abgelehnt worden seien. Der Beklagte hat diese Bescheide lediglich als gekennzeichnete Kopie erneut übersandt. Damit liegt ein angreifbarer Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) in diesem Schreiben vom 01.04.2020 nicht vor. Ob der Kläger rechtzeitig Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.05.2019 erhoben hat, ist hier nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19.11.2013, L 13 R 1662/12, juris; a. A. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rn. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherte Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


 

Rechtskraft
Aus
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