L 3 AS 848/24

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1924/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 848/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.02.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand

Der 1963 geborene Kläger steht beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende.

Der Kläger hat am 27.09.2023 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben und die Feststellung begehrt, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, bei Anschreiben sowohl den Poststempel als auch das Ausdruckdatum wegzulassen.

Der Kläger hat zur Begründung zunächst ausgeführt, der Beklagte versende schon seit geraumer Zeit Briefe ohne Poststempel. Dafür sei wenigstens links unten in sehr kleiner Schrift das Ausdruckdatum angegeben worden. Der Beklagte setze § 37 Abs. 2 SGB X dadurch außer Kraft, dass er nunmehr sowohl ohne Poststempel als auch ohne Ausdruckdatum in Kleinschrift links unten mit rückdatierten Schreiben versende.

Ferner hat der Kläger seine Verfassungsbeschwerde vom 13.05.2016 (1 BA 2967/16) vorgelegt und ausgeführt, der Beklagte verhindere durch Versendung ohne Poststempel, dass für den Empfänger das Postaufgabedatum ersichtlich sei. Der Beklagte behaupte, dieses nicht notiert zu haben und auch nicht mehr zu wissen, und frage nach dem tatsächlichen Eingangsdatum. Das SG Mannheim entscheide, dass die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 SGB X keine Anwendung fände, wenn das Postaufgabedatum angeblich nicht bekannt, aber das tatsächliche Eingangsdatum bekannt sei, und dass es in dem Fall ausschließlich auf das tatsächliche Eingangsdatum ankäme, selbst wenn dadurch die dreitägige Bekanntgabefiktion unterboten werde. Da er in späteren Verfahren die Falschbeurkundung und den Prozessbetrug des Beklagten durch Berechnung anhand des am unteren Rand klein aufgebrachten Ausdruckdatums nachgewiesen und eine Bekanntgabefiktion drei Tage nach dem Ausdrucksdatum in Anspruch genommen habe, da die Postaufgabe nicht vor dem Ausdruck habe stattfinden können, habe der Beklagte in seinen darauf folgenden Bescheiden auch noch das Ausdruckdatum weggelassen, um § 37 Abs. 2 SGB X endgültig außer Kraft zu setzen und damit dessen Betrug auch, da das Beweismittel dann fehle, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden könne.

Außerdem hat der Kläger ausgeführt, die Feststellungsklage sei statthaft, da sich der Beklagte anmaße, sein Recht aus § 37 Abs. 2 SGB X durch Versand ohne Poststempel und zudem durch Unterdrückung des Ausdruckdatums und zudem durch Bestreiten der Kenntnis des Postaufgabedatums (unter Verstoß gegen § 202 SGG in Verbindung mit § 193 Abs. 1 Satz 2 ZPO und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 03.07.2009 (IX B 18/09), wonach auch eine Behörde zu einer wirksamen Postausgangskontrolle verpflichtet und regelmäßig ein Absendevermerk der Poststelle erforderlich sei, vernichten zu können und damit die Rechtsmittelfristen zu verkürzen und deshalb, wie bereits geschehen, als unzulässig im Sinne von „verfristet“ zu verwerfen und Wiederholungsgefahr drohe.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mit dem Antrag des Klägers werde keine Feststellung der in § 55 Abs. 1 SGG genannten Rechtsverhältnisse begehrt. Ferner mangele es an der Klagebefugnis, weil durch das Weglassen des Ausdruckdatums die Möglichkeit der Verletzung subjektiven Rechts nicht bestehe. Bei Fehlen eines Postausgangsvermerks trete die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X (im Falle des Bestreitens des Zugangs) nicht ein und er, der Beklagte, werde hinsichtlich des Zugangs des Poststücks beweispflichtig. Dem Kläger entstehe dadurch rechtlich kein Nachteil.

Das SG Mannheim hat mit Gerichtsbescheid vom 09.02.2024 die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG könne mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe. Zulässig sei auch die Feststellung einzelner Pflichten aus dem Rechtsverhältnis. Der Kläger begehre hier die Feststellung einer Pflicht des Beklagten aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Sozialrechtsverhältnis. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, weil er sich gegen eine bestehende Verwaltungspraxis wende, die dazu führe, dass er sich den Zeitpunkt des Zugangs von Bescheiden notieren müsse, weil ohne Anwendbarkeit des § 37 Abs. 2 SGB X ausschließlich dieser bei einfachen Briefen nur durch seine Mitwirkung feststellbare Zeitpunkt für den Lauf von Rechtsmittelfristen maßgeblich sei. Die Klage sei unbegründet. Eine Verpflichtung des Beklagten, das Ausdruckdatum zu vermerken oder einen Poststempel oder Absendevermerk anzubringen, bestehe nicht. Bei der einfachen Bekanntgabe fehle anders als bei den Vorschriften über die Zustellung in § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG (Bund und Baden-Württemberg) eine entsprechende Verpflichtung. Dies benachteilige den Kläger auch nicht. Sei der Tag der Aufgabe des Briefes zur Post oder der elektronischen Versendung nicht nachweisbar, so gelte die Fiktion der Bekanntgabe nicht und der Beklagte habe den Zugang zu beweisen. In der Praxis werde der Nachweis eines von der Angabe des Zugangszeitpunktes durch den Kläger abweichenden Zeitpunktes nicht möglich sein. Einen Anspruch des Klägers auf das begehrte Verwaltungshandeln könne auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Zugangsfiktion Rechtsmittelfristen bei kurzer Postlaufzeit um einen Tag bis zwei Tage verlängern könne, da die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X auch dann gelte, wenn der Bescheid früher zugegangen sei.

Der Kläger hat gegen den ihm am 13.02.2024 zugestellten Gerichtsbescheid am 13.03.2024 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 15.04.2024 den ersten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung gestellt.

Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 15.04.2023 ferner zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, die Rechtssatzbehauptung des SG Mannheim, dass es keine Verpflichtung zum Vermerk des Postaufgabedatums gebe, stehe „in Divergenz zu § 202 SGG in Verbindung mit § 193 Abs. 1 Satz 2 ZPO, zu § 202 SGG in Verbindung mit der Kommentierung von Zeilier in Rn. 4 zu § 193 ZPO, zu der Kommentierung von von Wulffen/Schütze in Rn. 12a zu § 37 SGB X und zu der Entscheidung des Bayerischen LSG vom 11.05.2022 (L 2 U 140/13).“ Der Anwendungsbereich der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X sei erst eröffnet, wenn der Tag „zur Aufgabe des Verwaltungsakts“ nachweisbar sei. Das geschehe regelmäßig dadurch, dass die Behördenakten einen Vermerk über die Aufgabe zur Post enthielten, durch den der Zeitpunkt, an dem der Verwaltungsakt zur Post gegeben worden sei, dokumentiert werde. Fehle ein entsprechender Vermerk über den Tag der Aufgabe des Schriftstückes zur Post, trete grundsätzlich keine Bekanntgabefiktion ein. Erforderlich sei ein so genannter „Abvermerk“, aus dem sich die Aufgabe zur Post ersehen lasse. Nicht ausreichend sei ein bloßes Handzeichen beziehungsweise eine Paraphe des Sachbearbeiters. Bei fehlendem Abvermerk müsse die Behörde den Zugang nachweisen. Ein Schriftstück sei zur Post gegeben, wenn es beim Postamt abgegeben worden sei beziehungsweise beim Einwurf in den Briefkasten mit dessen Leerung. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.05.2010 (B 14 AS 12/09 R) gelte die dreitägige Zugangsfiktion auch dann, wenn die tatsächliche Postlaufzeit kürzer gewesen sei (also beispielsweise ein Zugang bereits einen Tag oder zwei Tage nach Postaufgabe bekannt wäre). Genau deshalb sei die Entscheidung diesbezüglich aber nicht mit Gründen versehen, weil eben das BSG in dieser Entscheidung die Rechtssatzbehauptung des SG Mannheim nicht stütze, weshalb dort nur ein „nacktes“ Entscheidungsergebnis stehe, ohne Nachweis und ohne jegliche Begründung. Da es heutzutage völlig absurd sei, anzunehmen, dass der Empfänger eines Bescheides bereits am Tag dessen Einwurfs in seinen Briefkasten (sofern er ihn überhaupt noch am selben Tag herausholen könne) die Zeit hätte, dessen Begründung zu lesen, sei es wichtig, dass die Sozialbehörde nicht ermächtigt werde, § 37 Abs. 2 SGB X dadurch außer Kraft zu setzen, dass sie 1.) sich weigere, das Ausdruckdatum aufzudrucken, 2.) sich weigere, das Postaufgabedatum zu vermerken und 3.) den Poststempel unterdrücke und ein Zustellunternehmen beauftrage, das ohne Poststempel versende.

Der Senat hat mit Beschluss vom 17.04.2024 den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1391/24 RG ergangenen Beschluss vom 06.05.2024 die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 13.05.2024 zur weiteren Begründung seiner Berufung ausgeführt, bei Bekanntgabe durch Übersendung nach § 37 Abs. 2 SGB X sei der Tag der Aufgabe zur Post in den Akten zu vermerken. Wenn die Postaufgabe des Bescheides nicht vermerkt sei, beginne überhaupt keine Monatsfrist zu laufen. Die Bekanntgabefiktion gelte drei Tage nach Postaufgabe auch bei bekanntem tatsächlichem früherem Eingang und führe zu einer faktischen Verlängerung der Monatsfrist. Der Rechtsschutzsuchende habe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, das Fristende einer Widerspruchsfrist oder Klagefrist berechnen zu können, wofür er nunmal wissen müsse, ob die Postaufgabe vermerkt worden sei, und falls ja, welches Datum es gewesen sei. Es bestehe die Pflicht einer Behörde zur wirksamen Postausgangskontrolle (Postaufgabevermerk).

Der 4. Senat des LSG Baden-Württemberg hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 SF 1450/24 AB ergangenen Beschluss vom 14.05.2024 die in dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 848/24 geführten und gegen den Vorsitzenden Richter am LSG T1, den Richter am LSG B1, die Richterin am LSG B2 und die Richterin am SG S1 gerichteten Ablehnungsgesuche des Klägers vom 10.05.2024 zurückgewiesen.

Der Senat hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 848/24 ergangenen Beschluss vom 06.06.2024 den zweiten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Sachentscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch, abgelehnt. Der Senat hat sodann mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1986/24 RG ergangenen Beschluss vom 27.06.2024 die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge und Gegenvorstellung des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.02.2024 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, bei Anschreiben sowohl den Poststempel als auch das Ausdruckdatum wegzulassen, hilfsweise verpflichtet ist, das Datum der Postaufgabe zu vermerken und binnen zwei Wochen nach Postaufgabe gesondert bekanntzugeben, hilfsweise zumindest auf Antrag binnen einer Woche bekanntzugeben, ob das Datum der Postaufgabe vermerkt wurde oder nicht, und falls es vermerkt wurde, dieses bekanntzugeben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung sei nicht begründet.

Entscheidungsgründe

1. Der Senat konnte in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden, nachdem die Beteiligten durch die ihnen zugestellte Terminsmitteilung vom 22.05.2024, in der ihnen das Erscheinen freigestellt worden ist, ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden sind und sie darüber unterrichtet worden sind, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten (beziehungsweise Bevollmächtigten) Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann und die Entscheidung auch nach Lage der Akten ergehen kann.

2. Gegenstand des Verfahrens sind der Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 09.02.2024 sowie die vom Kläger begehrte Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, bei Anschreiben sowohl den Poststempel als auch das Ausdruckdatum wegzulassen, hilfsweise verpflichtet ist, das Datum der Postaufgabe zu vermerken und binnen zwei Wochen nach Postaufgabe gesondert bekanntzugeben, hilfsweise zumindest auf Antrag binnen einer Woche bekanntzugeben, ob das Datum der Postaufgabe vermerkt wurde oder nicht, und falls es vermerkt wurde, dieses bekanntzugeben.

3. Die nach § 143 und § 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet.

3.1 Zwar ist die vom Kläger erhobene Klage zulässig. Sie ist insbesondere im Sinne einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, wonach mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat, statthaft. Der Senat schließt sich insoweit dem mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid an und sieht nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

3.2 Die Klage ist jedoch unbegründet.

3.2.1 Eine Verpflichtung des Beklagten, auf den an den Kläger gerichteten Anschreiben sowohl den Poststempel als auch das Ausdruckdatum zu vermerken, besteht nicht. Eine solche Pflicht ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Sowohl nach § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Bund als auch nach § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Baden-Württemberg ist der Tag der Aufgabe zur Post nur in den Akten, nicht aber auf den bekanntgegebenen Bescheiden, zu vermerken. Abgesehen davon sind diese Vorschriften nach § 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB X nur anzuwenden, soweit Zustellungen vorgeschrieben sind oder anzuwenden, wenn die Behörde die förmliche Zustellung aufgrund ihres Ermessens wählt (Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Auflage, § 37 SGB X, Stand: 12.04.2024, Rn. 181; BSG, Urteil vom 26.10.1989 – 12 RK 21/89, juris Rn. 16). Der vom Kläger für sein Begehren herangezogene § 193 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung bis zum 31.12.2021 (jetzt § 193 Abs. 2 Satz 3 ZPO), wonach ohnehin nur bei Zustellung durch Aufgabe zur Post das Datum und die Anschrift, unter der die Aufgabe erfolgte, zu vermerken ist, wird im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang von der Spezialregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Bund beziehungsweise des § 65 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Baden-Württemberg verdrängt und ist mithin nicht – auch nicht über den das Sozialgerichtsverfahren betreffenden § 202 Satz 1 SGG – anwendbar. Aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bayerischen LSG, Urteil vom 11.05.2022 (L 2 U 140/13), des BSG, Urteil vom 06.05.2010 (B 14 AS 12/09 R) und des BFH, Beschluss vom 03.07.2009 (IX B 18/09) ergibt sich lediglich, dass für den Eintritt der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X ein Vermerk über die Aufgabe zur Post in den Behördenakten erforderlich ist (ebenso BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 09.12.2008 – B 8/9b SO 13/07 R, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 28.11.2006 – B 2 U 33/05 R, juris Rn. 15; Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 37 Rn. 29; Herbe in Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar Sozialrechtsberatung, 3. Auflage 2023, § 37 SGB X Rn. 9; Littmann in Hauck/Noftz SGB X, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 37 Rn. 29; Mutschler in beck-online.Großkommentar, Kasseler Kommentar, Rolfs/Körner/Krasney/Mutschler, Stand: 01.03.2021, § 37 Rn. 18; Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Auflage, § 37 SGB X, Stand: 12.04.2024, Rn. 101; Siewert in Diering/Timme/Stähler, SGB X, 6. Auflage 2022, § 37 Rn. 11), nicht aber eine Verpflichtung der Behörde, dies auf dem bekanntgegebenen Bescheid zu vermerken. Für bloße Anschreiben der das SGB II ausführenden Behörden gilt nichts anderes. Eine Verpflichtung des Beklagten, auf den an den Kläger gerichteten Anschreiben sowohl den Poststempel als auch das Ausdruckdatum zu vermerken, besteht mithin nicht (ebenso Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Auflage, § 37 SGB X, Stand: 12.04.2024, Rn. 101).

3.2.2 Eine Verpflichtung des Beklagten, das Datum der Postaufgabe zu vermerken und binnen zwei Wochen nach Postaufgabe gesondert bekanntzugeben, hilfsweise auf Antrag binnen einer Woche bekanntzugeben, besteht ebenfalls nicht. Denn wie oben bereits dargelegt, sind § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Bund und § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG Baden-Württemberg, wonach der Tag der Aufgabe zur Post in den Akten zu vermerken ist, nach § 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB X nur anzuwenden, soweit Zustellungen vorgeschrieben sind oder anzuwenden, wenn die Behörde die förmliche Zustellung aufgrund ihres Ermessens wählt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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