Bei der Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung eines 7-Personenhaushalts hat der Beklagte qualifiziert darzulegen, dass ein Wohnungsmarkt existiert.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht bis zum Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der mietvertraglich geschuldeten Kosten der Unterkunft in Höhe einer Bruttokaltmiete von 1300 € monatlich, der vertraglich gegenüber den Stadtwerken geschuldeten monatlichen Abschläge für Gas (in Höhe von derzeit 296 €), für Wasser (in Höhe von derzeit 27 €) und für Abwasser (in Höhe von derzeit 38 €) zu zahlen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
- Die Antragsteller bilden eine Bedarfsgemeinschaft und stehen im aufstockenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller zu 2) - 7). Die Antragsteller zu 2) - 7) wurden 2003, 2008, die Zwillinge (Junge und Mädchen) 2011 sowie die jüngsten Kinder 2015 und 2017 geboren.
Zunächst bewohnte die siebenköpfige Familie seit dem 1.4.2020 eine Doppelhaushälfte in K. mit vier Zimmern und einer Wohnfläche von 120m². Als Grundmiete waren 1045 €, als Nebenkosten (exklusive Heizkosten) 180 € geschuldet. Handschriftlich ist auf dem Mietvertrag notiert, dass auch für die Küche monatlich 60 € gezahlt werden sollten, also insgesamt 1285 €. Zusätzlich waren mietvertraglich Kosten für einen Stellplatz in Höhe von 60 € vereinbart, sodass an den Vermieter zusammengenommen 1345 € zu erbringen waren. Eine Vereinbarung über die Vorauszahlungen von Heizkostenabschlägen findet sich in der Akte nicht. Ausweislich einer Berechnung der Antragsgegnerin für die anzuerkennenden Miet- und Heizkosten vom 15.10.2020 wird als Betrag für die monatlichen Heizkostenabschläge 90 € „geschätzt“.
Am 7.1.2021 legte die Antragstellerin zu 1) eine Mietbescheinigung über ein im Jahr 2000 gebautes Einfamilienhaus in Walsrode vor, welches über sieben Zimmer verfügt und wofür eine Grundmiete von 1200 € sowie Nebenkosten in Höhe von 100 € anfallen. Die Wohnfläche beträgt 143m². Den zugehörigen Mietvertrag hatte sie bereits am 16.10.2020 geschlossen.
Unter anderem per Mail vom 7.1.2021 teilte die Antragstellerin zu 1) der Antragsgegnerin mit, dass die alte Wohnung einfach zu klein sei und die Kinder sich nicht in den geteilten Zimmern verstünden. Zudem kündigte sie telefonisch am 15.1.21 an, Nachweise vom Jugendamt und Gesundheitsamt nachzureichen, dass die Kinder getrennte Zimmer bräuchten. Am 27.1.2021 reichte sie eine Mitteilung des Früherkennungsteams vom 4.6.2014 zu den Akten, wonach der Junge der Zwillinge, L., an einer kombinierten Entwicklungsverzögerung leide. Für das Mädchen, M., ist Pflegestufe 2 anerkannt. Am 28.1.2021 legte sie eine Bescheinigung der Klassenlehrerin der Zwillinge vom 25.1.21 vor, ausweislich derer diese dringend empfiehlt, dass die Kinder getrennte Zimmer haben sollten. Mit weiteren Schreiben teilte die Antragstellerin zu 1) mit, dass auf dem Wohnungsmarkt nicht anderes zu bekommen sei.
Mit vorläufigem Bescheid vom 29.1.2021 bewilligte die Antragsgegnerin für den Bewilligungszeitraum Februar bis Juli 2021 siebenmal eine Kaltmiete in Höhe von rund 171,42 € abzüglich einer Minderung in Höhe von 23,58 € (ergibt 1035 €) sowie siebenmal Nebenkosten in Höhe von rund 14,26 € (ergibt 100 €).
Unter dem 24.3.21 erging ein vorläufiger Änderungsbescheid für den Bewilligungszeitraum Februar bis Juli 2021 betreffend den Anspruch ab Mai 2021. Ausweislich des in der Akte befindlichen Berechnungsbogens wurden danach siebenmal eine Kaltmiete in Höhe von rund 171,42 € abzüglich einer Minderung in Höhe von 38,26 € (ergibt rund 932 €), Nebenkosten in Höhe von siebenmal 14,26 € (ergibt rund 100 €), Wasser/Abwasser in Höhe von siebenmal rund 14,74 € (ergibt rund 103 €) sowie Heizkosten in Höhe von siebenmal rund 14 € abzüglich einer Minderung in Höhe von 1,16 € (ergibt rund 90 €) bewilligt. Insgesamt wurden damit Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von rund 1225 € bewilligt.
Am gleichen Tag erging ein endgültiger Festsetzungsbescheid für den Bewilligungszeitraum Februar 2021 bis März 2021 betreffend die Monate Februar und März. In diesem Bescheid wird ausgeführt, dass die Notwendigkeit eines Umzuges nicht anerkannt werde und daher die Kosten der Höhe nach auf die der alten in Höhe von 1135 € beschränkt würden. Der Abschlag für die Heizkosten werde von 98 € auf 90 € abgesenkt. Die Entscheidung wird damit begründet, dass bereits die alte Wohnung unangemessen teuer gewesen sei und „das Ziel der Senkung der Unterkunftskosten auf den angemessenen Betrag für 7 Personen plus Mehrbedarf allein Erziehung, (1135 € für Kaltmiete inklusive Nebenkosten)“ daher verfehlt werde.
Unter dem 4.5.2021 erging ein weiterer endgültiger Festsetzungsbescheid für den Leistungszeitraum Februar bis Juli 2021 betreffend den Monat Mai 2021. Ausweislich der in der Akte befindlichen Berechnungsbögen werden der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Kaltmiete in Höhe von siebenmal rund 171,42 € abzüglich 38,26 € (rund 932 €), Nebenkosten in Höhe von siebenmal rund 14,26 € (rund 100 €), siebenmal Wasser/Abwasser in Höhe von rund 14,26 € (ergibt rund 60 €) sowie Heizkosten in Höhe von siebenmal rund 14 € abzüglich 1,16 € (ergibt rund 90 €) bewilligt. Damit werden Unterkunftskosten in Höhe von rund 1182 € bewilligt.
Es ergehen für die nachfolgenden jeweiligen 6-monatigen Bewilligungsabschnitte weitere vorläufige Bewilligungsbescheide sowie in der Regel einzelne endgültiger Festsetzungsbescheid für die jeweiligen Monate. Aus den Bescheiden gehen angesichts der unübersichtlichen Darstellung der einzelnen siebenfach aufgeführten Bewilligungspositionen abzüglich Minderungspositionen die tatsächlich bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung nicht nachvollziehbar hervor.
Unter dem 14.2.2022 wird ausweislich der Verwaltungsakte (Blattzahlen enthält diese nicht) von „N.“ eine Berechnung der anzuerkennenden Heizkosten durchgeführt. Danach wären vorliegend nach dem Heizkostenspiegel des Bundes nach der Gradtagszahl Heizkosten in Höhe von 1349,79 € angemessen. Tatsächlich angefallen sind laut Abrechnung 1009,50 €. Nachzuzahlen seien laut dieser Berechnung 29,50 €.
Eine weitere Berechnung der anzuerkennenden Heizkosten datiert vom 30.1.2023, wonach nach dem Heizkostenspiegel des Bundes nach der Gradtagszahl 3952,50 € anzuerkennen wären, laut Verbrauchsabrechnung tatsächlich 1019,61 € angefallen sind.
Zuletzt ergingen unter dem 3.8.2023 ein Bescheid über die vorläufige Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum August 2023 bis Januar 2024. Der monatliche Anspruch wird darin für die Zeit ab August 2023 auf 1514,91 €, für die Zeit ab September 2023 auf 750,20 € sowie für die Zeit ab Januar 2024 auf 605,20 € festgesetzt. Es wird nicht in Regelbedarfe und Kosten der Unterkunft und Heizung unterteilt. Als Begründung enthält der Bescheid unter anderem folgende Passage: „beachten Sie, dass ab 1.8.2023:
- weniger Miete an ihre Vermieterin gezahlt werden kann
- keine Zahlung mehr für die Hundesteuer an die Stadt Walsrode
- keine Zahlung an die Stadtwerke für Abschläge rausgeht.“
Weitere Ausführungen zur Begründung enthält der Bescheid nicht. Dem Berechnungsbogen lässt sich entnehmen, dass hinsichtlich der Kosten der Unterkunft an die Antragstellerin zu 1) eine Kaltmiete in Höhe von 171,42 € abzüglich einer Minderung der und Unterkunftskosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Höhe von 32,84 € (Minderung auf die Mieter alte Wohnung 1135 €), Nebenkosten in Höhe von 14,26 €, Wasser/Abwasser in Höhe von 9,26 €, Heizkosten in Höhe von 31,84 € abzüglich Minderung Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGG 2 in Höhe von 20,42 € (Minderung auf Heizkosten alte Wohnung 90 €) gezahlt werden. An die weiteren Antragsteller werden Leistungen in ähnlicher Höhe mit Abweichungen im Centbereich bewilligt. Es werden siebenmal Heizkosten in Höhe von rund 31,84 € abzüglich 20,42 €, somit rund 80 € bewilligt. Zusammengerechnet ergeben dies Zahlungen auf die Kaltmiete in Höhe von rund 970 €, auf die Nebenkosten in Höhe von rund 100 €, auf die Wasser/Abwasserkosten in Höhe von rund 65 € sowie auf die Heizkosten in Höhe von rund 80 €.
Zuletzt erging unter dem 4.8.2023 ein Bescheid über die endgültige Festsetzung von Leistungen für den Bewilligungszeitraum August 2023 bis Januar 2024 betreffend den Anspruch August 2023.
Am 18.8.2021 haben die Antragsteller das Gericht um Eilrechtsschutz ersucht.
Hernach haben Sie eine Sperrankündigung der Stadtwerke am 11.9.2023 wegen offener Kosten in Höhe von 1561,40 € zu den Akten gereicht.
Sie tragen nun vor, dass die damalige Doppelhaushälfte auch wegen einer vermieterseitigen Kündigung verlassen werden musste. Das Jugendamt habe den Umzug immer unterstützt, weil die Kinder getrennte Zimmer bräuchten.
Sie beantragen,
wie erkannt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass die Umzugsnotwendigkeit nicht anerkannt worden sei und daher lediglich die Kosten der alten Wohnung berücksichtigt werden könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
II.
Der zulässige Antrag hatte Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist danach zum einen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Notwendigkeit einer Eilentscheidung, und zum anderen ein Anordnungsanspruch, also ein rechtlicher Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Gem. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Das bedeutet zwar zunächst, dass die Anforderungen an die materielle Beweislast, die ein Antragsteller hinsichtlich der von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Umstände grundsätzlich zu tragen hat, vorerst geringer als in einem Hauptsacheverfahren sind. Das Vorbringen muss der Kammer insbesondere nur einen geringeren Grad an Sicherheit vermitteln, als dies im Klageverfahren erforderlich wäre. Allerdings werden in einem Anordnungsverfahren einstweilen zugesprochene Mittel in aller Regel verbraucht und können, abgesehen von Ausnahmefällen, nach einer etwaigen Aufhebung der Anordnung oder gegenteiligen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr zurückgezahlt werden. Rein faktisch - wenn auch nicht rechtlich - werden damit im Eilverfahren regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen; daher muss die Wahrscheinlichkeit eines Anspruchs auf die begehrte Leistung sehr groß sein, wobei gegebenenfalls allerdings auch zu berücksichtigen ist, in wessen Sphäre die verbliebenen Ungewissheiten fallen, die den Unterschied zwischen geringer und hoher Wahrscheinlichkeit ausmachen.
Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Dabei müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BVR 569/05 –, Juris Rn. 26).
Grundsätzlich darf dabei die Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Nur in dem Ausnahmefall, in dem die Entscheidung in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät kommen und damit effektiver Rechtsschutz verweigert würde und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre, ist es zulässig, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das zu gewähren, was in der Hauptsache begehrt wird (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86b SGG, Rz 426).
Gemessen an diesen Vorgaben hat der Antrag vollumfänglich erfolgt. Nach § 22 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II (in der seit dem 1.1.2023 geltenden Fassung) wird nur der bisherige Bedarf anerkannt, wenn sich die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem Umzug erhöhen, der nicht erforderlich war.
Vorliegend ist schon fraglich, ob sich die Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Umzug tatsächlich erhöht haben, da die Heizkosten der zuvor bewohnten Doppelhaushälfte mangels Abrechnung nicht bekannt sind und die Kosten der Unterkunft in ähnlicher Höhe angefallen sind.
Jedenfalls war aber der Umzug nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung erforderlich, so dass die Antragsgegnerin die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II alter Fassung bzw. § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II in der seit dem 1.1.2023 geltenden Fassung reduzieren darf. Dass die Antragsgegnerin sogar über die Höhe der zuvor bewohnten Doppelhaushälfte hinaus die Kosten auf 1135 € anstelle der damals angefallenen 1345 € reduziert hat, ist damit für den Rechtsstreit unerheblich. Unerheblich ist auch, ob die für die zuvor bewohnte Doppelhaushälfte tatsächlich angefallenen Kosten in voller Höhe zu übernehmen waren, da nach derzeitigem Sach- und Streitstand eine Kostensenkungsaufforderung nie erfolgt ist.
Der Umzug war erforderlich, weil es sich um eine Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Mutter und ihren sechs Kindern handelt, von denen mindestens die 2011 geborenen Zwillinge über eigene Zimmer verfügen sollten, um sich schulisch und gesundheitlich positiv entwickeln zu können. Dies ergibt sich für die Kammer aus der vorgelegten Bescheinigung der Klassenlehrerin vom 25.1.2021, die angesichts der Konzentrationsschwierigkeiten der Zwillinge dringend dazu rät, dass diese getrennte Zimmer erhalten. Zudem ergeben sich aus den Akten gesundheitliche Einschränkungen beider Zwillinge, nämlich aus der Anerkennung eines Pflegegrad der Stufe 2 für das Mädchen und aus der ärztlich festgestellten Entwicklungsverzögerung des Jungen, welche ebenfalls eine Unterbringung der Kinder in eigenen Kinderzimmern stark nahelegen.
Darüber hinaus wird nach derzeitigem Sach- und Streitstand davon ausgegangen, dass in der zuvor bewohnten Doppelhaushälfte für niemanden ausreichender Rückzugsraum vorhanden war, weder für die alleinerziehende Mutter noch für die – auch im Zeitpunkt des Umzugs – gerade erwachsene Tochter. Denn die Doppelhaushälfte bestand nach den vorliegenden Unterlagen aus lediglich 4 Zimmern, sodass bei einer doppelten Nutzung von 3 Zimmern als Kinderzimmer für je 2 Kinder lediglich ein Zimmer als Wohn und Schlafzimmer für die Mutter verblieb. Aus Sicht der Kammer ist es jedoch erforderlich, dass insbesondere die Mutter einen eigenen Rückzugsraum hat, um ihre seelische und geistige Gesundheit erhalten zu können.
Der Anspruch der Antragsteller ergibt sich damit allein aus § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind danach in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit diese angemessen sind. Nach einer Vielzahl von Entscheidungen des Bundessozialgerichts hat sich diesbezüglich ein Prüfungsschema entwickelt (Eicher/Luik/Harich/Luik, 5. Aufl. 2021, SGB II § 22 Rn. 103-105). Da es sich um Leistungen handelt, die letztlich von der Allgemeinheit finanziert werden, orientiert sich der Maßstab daran, was sich Menschen, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, im örtlichen Vergleichsraum leisten. Dabei werden zwar sowohl eine angemessene Grundfläche als auch der Wohnstandard betrachtet, letztlich kommt es jedoch allein darauf an, ob die anfallende Miete die abstrakt angemessene Mietobergrenze im Vergleichsraum nicht überschreitet (vgl. a. a. O., Rn. 103). Grundsätzlich ist dabei zunächst für den konkret betroffenen Wohnungsmarkt eine Datenerhebung und Datenauswertung durch den kommunalen Träger durchzuführen, um einen Quadratmeterpreis für Wohnungen des einfachen Standards zu ermitteln (vgl. a. a. O., Rn. 106).
Fehlt eine solche konkrete Datenerhebung und Auswertung, so ist in einem ersten Schritt auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Da die Daten zu dieser Tabelle lediglich auf allgemeinen Statistiken und nicht einer konkreten Datenerhebung beruhen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Bereich der Existenzsicherung in einem zweiten Schritt ein Sicherheitszuschlag von 10% auf die darin angegebenen Werte zu rechnen (zuletzt BSG, Urteil vom 3.9.2020 – B 14 AS 34/19 R, zitiert nach beck-online.de).
Da eine konkrete Datenerhebung durch die Antragsgegnerin vorliegend nicht erfolgt ist, sind die Werte der Tabelle zu § 12 WoGG zuzüglich 10% heranzuziehen. Die Stadt Walsrode ist in Mietenstufe 2 eingeordnet. Die Antragsgegnerin hat in nicht zu beanstandender Weise die Werte für eine achtköpfige Familie herangezogen, weil die Antragstellerin zu 1) alleinerziehend ist und sich die Wohnraumfläche im Bereich der Wohnraumförderung daher um eine Person erhöht. Anhand der Werte der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz ergibt sich damit folgende Berechnung: da die Tabelle nur bis zu einer Haushaltsmitgliederzahl von fünf reicht, – 732 € in der hier maßgeblichen Mietenstufe 2 -, ist dieser Wert zu Grunde zu legen. Für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied ist nach der Tabelle ein Mehrbetrag von 88 € zu addieren. Daraus ergibt eine Summe in Höhe von 996 €. Bei Hinzurechnung des Sicherheitszuschlags von 10% ergibt sich ein Endbetrag von 1095,60 €.
Die Antragsteller zahlen derzeit an den Vermieter eine Bruttokaltmiete in Höhe von 1300 €. Hinzuzurechnen sind die sogenannten kalten Betriebskosten im Sinne von § 556 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) (Eicher/Luik/Harich/Luik, 5. Aufl. 2021, SGB II § 22 Rn. 153), somit die Wasser/Abwasserkosten in Höhe von derzeit 65 €. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft exklusive Heizung betragen somit derzeit 1365 €.
Da dieser Betrag über dem errechneten Wert von 1095,60 € liegt, ist in einem 3. Schritt zu prüfen, ob sich die Kosten als im Einzelfall konkret angemessen erweisen. Denn nach § 22 Abs. 1 Satz 7 SGB II sind die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung so lange anzuerkennen, wie es den Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Hierbei kommt es darauf an, ob auf dem konkreten Wohnungsmarkt tatsächlich Wohnungen zur Verfügung stehen, die sich innerhalb der als abstrakt angemessen ermittelten Mietobergrenze bewegen (vgl. Eicher/Luik/Harich/Luik, 5. Aufl. 2021, SGB II § 22 Rn. 150-152). Sind keine konkreten Alternativen zur bestehenden Unterkunft vorhanden, sind die Aufwendungen als konkret angemessen anzusehen und daher zu übernehmen (BSG, Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, Rz. 22, zitiert nach beck-online.de). In diesem Fall sind von den Leistungsempfängern keine konkreten Suchaktivitäten nachzuweisen (Eicher/Luik/Harich/Luik, 5. Aufl. 2021, SGB II § 22 Rn. 150-152).
Vorliegend kann die Frage, ob der örtliche Wohnungsmarkt ausreichend Angebote innerhalb der Wohngeldtabelle zuzüglich Sicherheitszuschlag für eine alleinerziehende Mutter mit sechs Kindern bereithält, noch dahinstehen. Denn notwendig wäre zunächst, dass die Antragsgegnerin die Antragsteller insoweit zur Senkung der Kosten auf das v angemessene Maß auffordert. Dabei ist sowohl hinsichtlich der Miet- als auch der Heizkosten der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Wert mitzuteilen.
Der Anspruch auf Übernahme der tatsächlich geschuldeten Heizkosten ergibt sich ebenfalls aus § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II. Zum einen ist eine Beschränkung auf die bisher geschuldeten Heizkosten angesichts der obigen Ausführungen nicht möglich. Dahinstehen kann an dieser Stelle, dass die Antragsgegnerin schon gar nicht die auf dem Heizungsmarkt unzweifelhaft bekannte Dynamik außer Acht lassen konnte, was sie mit der Bewilligung eines statischen Heizkostenabschlags getan hat. Lediglich zur Kenntnis genommen wird darüber hinaus, dass die Antragsgegnerin zuletzt auch nicht die von ihr selbst angenommenen 90 €, sondern bei zusammenrechnen der einzelnen bewilligten Leistungen tatsächlich nur noch 80 € Heizkostenabschläge bewilligt hat. Nicht weiter von Bedeutung ist letztlich auch, dass die tatsächlichen Heizkosten für die zuvor bewohnte Doppelhaushälfte nach derzeitiger Aktenlage gar nicht bekannt sind, da es eine Abrechnung nie gegeben hat und der Abschlag in Höhe von 90 € lediglich „geschätzt“ worden ist. Insofern war auch nach der Logik der Beklagten keine Bezugsgröße vorhanden, auf die hätte abgesenkt werden können.
Entscheidend ist letztlich, dass sich nach den in der Akte befindlichen Berechnungen der Antragsgegnerin die Heizkosten der Antragsteller nach den bisherigen Abrechnungen innerhalb der Angemessenheitsgrenzen, die die Antragsgegnerin aus dem bundesweiten Heizkostenspiegel hergeleitet hat, bewegen. Insofern erübrigen sich weitere Ausführungen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass den zukünftig zu erlassenen Bewilligungsbescheid eindeutig und nachvollziehbar zu entnehmen sein muss, welche tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden. Ein erst erforderliches Nachrechnen der bewilligten Summen aus den aufgeführten siebenfachen Positionen mit teilweisen Abzügen aufgrund von Minderungen stellt einen Begründungsmangel i. S. v. § 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar.
Die Eilbedürftigkeit ergibt sich schon daraus, dass aktuell eine Sperrandrohung durch die Stadtwerke versandt wurde. Daher droht die Sperrung von Strom, Heizung und Wasser, was die Unbewohnbarkeit des Einfamilienhauses zur Folge hätte. Angesichts des bevorstehenden Winters ist zudem sicherzustellen, dass zukünftig die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung gezahlt werden. Angesichts der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes (vgl. Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 (Stand: 06.02.2023), Rz. 26) war insgesamt über Kosten der Unterkunft und Heizung zu entscheiden.
Die Entscheidung zu den Kosten ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.