Liegt die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen zur BK 2108 vor, ist eine weitere Einzelfallprüfung über die Kriterien der Konsensempfehlungen hinaus obsolet, weil zur Beurteilung einer solchen Konstellation keine herrschende medizinische Meinung existiert. Sofern das BSG in einer solchen Situation eine weitergehende Prüfung verlangt (BSG, Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 6/13 R), setzt es sich in Widerspruch zu dem von BSG wiederholt bekräftigten Grundsatz, dass die Kausalitätsprüfung auf der Grundlage des aktuellen anerkannten Stands der medizinischen Wissenschaft zu erfolgen hat (BSG, Urteile, 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R, und vom 16.03.2021 - B 2 U 11/19 R).
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.09.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Kläger begehrt die Anerkennung seiner Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i.V.m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) (im Folgenden: BK 2108).
Der Kläger ist im Jahr 1959 in Griechenland geboren und aufgewachsen. Seit 1988 hat er seinen Aufenthalt in Deutschland. Ab dem 10.06.1991 bis zu seiner Krankschreibung ab dem 28.09.2011 und anschließendem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben am 30.04.2012 war er bei der P (Ladedienst, Paketzusteller, Innendienst mit Verladen/Auflegen von Paketen) zunächst in Vollzeit und ab Juli 2004 mit reduzierter Arbeitszeit beschäftigt. Seither erhält er eine Betriebsrente der P.
Am vermutlich 29.02.2012 (Datum nicht sicher lesbar) stellte W vom sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. Beim Kläger lägen eine Funktionsbeeinträchtigung und eine Minderbelastbarkeit der Lendenwirbelsäule (LWS) bei fortgeschrittenen Abnutzungsveränderungen der LWS vor. Es bestehe seit Jahren Behandlungsbedürftigkeit; mehrfach wären Reha-Maßnahmen durchgeführt worden. Als gefährdende Tätigkeiten wurde angegeben: schweres Heben und Tragen, Arbeit in gebückter Haltung. Beigefügt war ein Befundbericht über eine kernspintomographische Untersuchung der LWS des Klägers am 27.07.2010. Im Bericht wurde auch auf klinisch vorhandene chronische lumboischialgieforme Beschwerden rechts und lumbale Beschwerden seit 14 Jahren hingewiesen.
Im Versicherten-Fragebogen gab der Kläger am 20.03.2012 an, dass er erstmals am 22.07.1997 Rückenbeschwerden im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Paketzusteller bemerkt habe. Jetzt habe er ständig Beschwerden. Er wiege 120 kg bei einer Körpergröße von 1,77 m. Als Sport habe er ab 1990 Aquajoggen, Laufen, Radfahren und Krankengymnastik betrieben.
Beigezogen wurde in der Folge ein ärztlicher Entlassungsbericht der R-Klinik vom 30.05.2007 über eine medizinische Reha im Jahr 2007. Dort hatte der Kläger angegeben, seit Mitte der 90er Jahre eine mehr oder minder chronische linksbetonte Lumbalgie mit rezidivierender lumbaler Blockierung zu haben.
Der Arbeitgeber des Klägers machte auf Nachfrage der Beklagten Angaben zur Tätigkeit des Klägers und dem Gewicht der bewegten Pakete. Dieses habe von unter 10 bis über 30 kg gereicht (65 % bis 10 kg, 10 % 10 bis 15 kg, 10 % 15 bis 20 kg, 5 % 20 bis 25 kg, 5 % 25 bis 30 kg, 5 % mehr als 30 kg).
Am 17.07.2017 nahm der Präventionsdienst der Beklagten Stellung, wobei er zum Gewicht der Pakete Statistiken aus 1992 und 2008 zu Grunde legte. Er errechnete eine Gesamtdosis von 9,36 MNh für den gesamten Zeitraum der Tätigkeit bei der P und eine Gesamtdosis von 3,03 MNh bis zum Auftreten der ersten Beschwerden im Juli 1997. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da beide Werte unter dem hälftigen Orientierungswert von 12,5 MNh lägen.
Nach Beteiligung des Gewerbearztes der Regierung von Schwaben lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 18.10.2012 ab, eine BK 2108 anzuerkennen. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Mit Schreiben vom 13.11.2012 legte der Kläger Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 05.03.2013 wie folgt begründet: Von 1991 bis 1995 habe der Kläger im Ladedienst pro Schicht ca. 150 Beutel mit einem durchschnittlichen Gewicht von 25 kg bewegen müssen. Ab September 1995 sei der Kläger als Paketzusteller/Frachtzusteller beschäftigt gewesen. In diesem Zeitraum seien die Zustellzahlen erheblich angestiegen, sodass ca. ab dem Jahr 2000 ca. 280 Sendungen pro Tag auszuliefern gewesen seien. Die schweren Pakete hätten erheblich zugenommen. Zudem habe der Kläger Tragewege von ca. 35 m zum Kunden gehabt, da er in der Regel Bezirke außerhalb von A bedient habe und die dortigen Häuser in der Regel ohne Aufzug, durchaus aber mehrgeschossig gewesen seien. Später sei der Kläger als Verlader-Aufleger im Frachtzentrum beschäftigt gewesen. Es sei an sogenannten Wechselcontainern gearbeitet worden, die ca. 11 m lang und voller Pakete gewesen seien. Die Container würden ca. 1800 bis 2000 Pakete enthalten. Durchschnittlich würden in der Stunde ca. 1000 Pakete bearbeitet, was einem Gewicht von ca. 12 bis 13 t entspreche, das bewegt werden müsse. Der Kläger habe ab Juli "1994" [Anmerkung: Richtig ist 2004 - der Kläger hat erst ab Juli 2004 die Arbeitszeit reduziert] seine Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden reduziert und nur noch in der Nachtschicht gearbeitet. Anfang 2004 seien in einer Nachtschicht ca. 40.000 Pakete (an Weihnachten 80.000) zu bearbeiten gewesen. Bis 2011 seien die zu bearbeitenden Pakete auf 80.000 bis 90.000 Pakete pro Nacht angestiegen. Die Pakete seien auch immer schwerer geworden, da aufgrund des immer weiter ansteigenden Internethandels auch sehr viele schwere Gegenstände per Post versandt worden seien. Die Erkrankung seit September 2011 sei eingetreten, da der Kläger während der Schicht nur Pakete mit Schulbüchern zu bearbeiten gehabt habe. Es sei dann zum Bandscheibenvorfall gekommen. Dass die Pakete zu einem überwiegenden Teil ein Gewicht von unter 5 kg gehabt hätten, werde bestritten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers ohne weitere Ermittlungen zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 19.09.2013 zugestellt.
Mit Eingang am 15.10.2013 haben die nunmehrigen Bevollmächtigten des Klägers Klage zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhoben.
Begründet haben sie die Klage mit Schriftsatz vom 15.01.2014 wie folgt:
Die Beklagte habe sich bei ihrer Entscheidung auf die Belastungsanalyse des Präventionsdienstes vom 17.07.2012 gestützt, die sich auf eigene Statistiken der P AG, also auf eine Auftragsstatistik aus dem Lager der Beklagtenseite beziehe. Dabei seien unzutreffende Belastungen zu Grunde gelegt worden, die ganz offensichtlich nicht auf Angaben des Klägers oder sonstiger Arbeitnehmer beruhen würden, sondern auf internen Ermittlungen und Gesprächen mit postinternen Personen. Tatsächlich seien die Belastungen gegeben, wie sie bereits in der Widerspruchsbegründung vom 05.03.2013 vorgetragen worden seien, auf die nochmals verwiesen worden ist. Die Bildung eines Mittelwertes von Statistiken aus 1992 und 2008 sei nicht gangbar. Es sei auch nicht zutreffend, dass angeblich mehr als 73 % der Pakete ein Gewicht von bis zu 5 kg gehabt haben sollten. Vor diesem Hintergrund seien auch die Berechnungen der Beklagten zur Gesamtdosis unzutreffend. Vielmehr seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend erfüllt.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2014 haben die Bevollmächtigten Zeugen für die gemachten Angaben des Klägers über seine Arbeit benannt und darauf hingewiesen, dass nach Kenntnis des Klägers erst kürzlich in N eine Ermittlung des Durchschnittsgewichts der Pakete erfolgt sei, wobei die Beklagte das Ergebnis der Ermittlungen vorlegen solle.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 17.04.2014 eine ergänzende Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 16.04.2014 übermittelt. Darin ist der Präventionsdienst zu der Einschätzung gekommen, dass sich eine Gesamtdosis von 15,29 MNh für den gesamten Zeitraum der Tätigkeit bei der P und eine Gesamtdosis von 1,75 MNh bis zum Auftreten der ersten Beschwerden im Juli 1997 errechne, wobei letzterer Wert unter dem hälftigen Orientierungswert von 12,5 MNh liege.
Dem an die Beklagte gerichteten Vorschlag des SG, vergleichsweise eine Überprüfung mit Begutachtung des Klägers durchzuführen, hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.06.2014 widersprochen. Die nach dem Vorerkrankungsverzeichnis ausgewiesenen Beschwerden im HWS-Bereich, die seit 2008 bestünden, sprächen dafür, dass nicht nur die LWS von degenerativen Veränderungen betroffen sei, sondern auch andere Abschnitte der Wirbelsäule. Zudem fehle eine plausible zeitliche Korrelation von Exposition und Krankheitsentwicklung. Der Kläger habe seit 1991 bei der P gearbeitet und die Beschwerden der LWS hätten sich erstmals am 22.07.1997 bemerkbar gemacht. Die bis zum ersten Auftreten ermittelte sehr geringe Belastungsdosis von 1,75 MNh und der kurze Zeitraum bis zum Auftreten der Symptome sprächen dafür, dass es sich um degenerative Veränderungen handle, die nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stünden.
Nach der Einholung medizinischer Unterlagen hat im Auftrag des SG am 01.09.2014 der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie R ein Gutachten erstellt. Darin ist er zu der Einschätzung gekommen, dass eine BK 2108 nicht vorliege.
Im Einzelnen hat er Folgendes ausgeführt:
Bezüglich der arbeitstechnischen Voraussetzungen bestehe aus medizinischer Sicht kein Zweifel an der Plausibilität der Berechnungen der Beklagten. Die maßgebliche korrigierte Berechnung der Beklagten habe mit 15,29 MNh eine geringe Überschreitung des hälftigen Orientierungswertes von 25 MNh ergeben. Beim Auftreten erster relevanter Beschwerden 1997 und auch noch 2004 beim Arbeitsplatzwechsel sei der hälftige Orientierungswert deutlich unterschritten gewesen. Der Erkrankung des Klägers sei also aus medizinischer Sicht keine genügende Belastung vorausgegangen. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass damit weder eine langjährige Tätigkeit (etwa 10 Jahre) noch eine adäquate Belastung bis zum Auftreten der relevanten Beschwerden zu beweisen sei. Auch gelte es zu berücksichtigen, dass erst bei Vorliegen des Orientierungswertes von 25 MNh das Risiko der Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS im Vergleich zur normalen Bevölkerung zweifach erhöht sei, somit das für den Kläger anzunehmende Risiko des Erleidens einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht einmal verdoppelt sei. Auch könne unter Berufung auf das Urteil des BSG von 2007 angemerkt werden, dass das Erreichen des hälftigen Orientierungswertes lediglich die Einleitung eines Prüfverfahrens nach sich ziehen müsse mit einer medizinischen Beurteilung des Einzelfalls. Der Orientierungswert von 25 MNh als maßgebliches Kriterium habe aber weiterhin Bestand. Auch die Beurteilung der Konsensempfehlungen erfolge unter der Voraussetzung, dass der Orientierungswert zumindest annähernd erreicht und nicht maßgeblich unterschritten sei.
Zum medizinischen Schadensbild der BK 2108 hat der Sachverständige allgemein Folgendes erläutert: Körperliche Belastungen durch Heben und Tragen schwerer Lasten könnten zu einer Beschleunigung der etwa ab dem dritten Lebensjahrzehnt ablaufenden regressiven Prozesse führen. Plausibel und allgemein anerkannt sei, dass dabei die unteren Bandscheiben der LWS in cranio-caudaler Richtung einer zunehmenden Belastung und Schädigung unterlägen. Morphologische Schadensbilder seien dabei die Bandscheibenerniedrigung (Chondrose) mit einer Protrusion oder einem Bandscheibenvorfall. Dem vorausgehend oder parallel ablaufend fänden sich jedoch Anpassungsvorgänge des Organismus an die Belastung. Die unteren LWS-Segmente unterlägen überwiegend einer axialen Belastung, auf die der Organismus mit Verstärkung der Grund- und Deckplatten, nämlich den osteochondrotischen Veränderungen, reagiere. Dagegen würden in den oberen LWS-Segmenten und den unteren BWS-Segmenten die Zugkräfte durch Translationsbewegungen überwiegen, sodass wegen des ligamentären Zugs hieraus vornehmlich knöcherne Anbauten, nämlich die Spondylophyten, resultieren würden. Diese Veränderungen seien nicht als krankhaft einzustufen, sondern als physiologische Reaktion des Organismus auf die Belastung, quasi gleichzusetzen mit einer Vermehrung der Muskelmasse durch die Belastung beim Sportler. Im Umkehrschluss seien diese Veränderungen als Indiz für eine stattgehabte Belastung verwertbar.
Beim Kläger bestehe vorauseilend ein bisegmentales Leiden mit einem Bandscheibenvorfall L3/L4 ohne neurologische Ausfallerscheinungen - hier liege keine belastungstypische Segmenthöhe vor - und ohne operative Indikation neben einer monosegmentalen altersvorauseilenden Osteochondrose und Chondrose L4/L5. Es ergebe sich eine Aussparung des plausibel am meisten belasteten unteren Segments L5/S1 von altersvorauseilenden Veränderungen der Bandscheiben, nicht der Facettengelenke, welche jedoch nicht Teil der zu überprüfenden bandscheibenbedingten Erkrankung seien. Dies spreche relevant gegen eine vordergründige Verursachung der Veränderungen der LWS insgesamt durch eine (berufliche) Belastung. Ein belastungstypisches Schadensbild liege somit ausdrücklich nicht vor.
Mit Blick auf potentiell konkurrierende Ursachen hat der Sachverständige Folgendes erläutert: Zunächst seien Unregelmäßigkeiten der Abschlussplatten der beiden oberen lumbalen Segmente im Sinne eines lumbalen Morbus Scheuermann zu erwähnen. Zudem bestehe beim Kläger ein langjähriges Übergewicht von etwa 40 bis 50 kg. Auch wenn im Abgleich mit den Konsensempfehlungen aufgrund einer Literaturanalyse ein Zusammenhang zwischen Gewicht und Bandscheibenerkrankung gegenwärtig noch nicht als gesichert angesehen werden könne, zeige doch eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten ebenso wie die klinische Erfahrung, dass Verschleißveränderungen durch eine übermäßige Gewichtsbelastung auch im Bereich der LWS gehäuft aufträten. Entsprechende Stoffwechselstörungen und ein 1990 beendeter Nikotinabusus seien der Vollständigkeit erwähnt.
Auch eine belastungsfern vorliegende Symptomatik eines HWS-Syndroms mit langjährig dokumentierten Beschwerden deute auf eine Erkrankung im Bereich der LWS aus innerer, schicksalhafter Ursache hin.
In der Zusammenschau aller Befunde ergebe sich eine recht eindeutige Beurteilung dahingehend, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 nicht vorliege.
Dem Gutachten haben die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 09.10.2014 widersprochen. Die berufliche Belastung und die vorliegenden Gesundheitsstörungen lägen in einer kompletten zeitlichen Korrelation. Der Kläger sei der Auffassung, dass keine konkurrierenden Ursachen für die Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule vorlägen. Zudem ist nochmals wiederholt worden, dass die Beklagte bei den arbeitstechnischen Voraussetzungen von einer zu geringen Belastung ausgegangen sei.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat anschließend der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sozialmedizin W am 26.01.2015 ein Gutachten erstellt. Er ist - anders als R - zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine BK 2108 vorliege.
Im Einzelnen hat er Folgendes erläutert:
Der Kläger habe angegeben, seit etwa 1996 ab und zu Rückenschmerzen gehabt zu haben. Er sei dann orthopädisch und krankengymnastisch behandelt worden, die Beschwerden seien dann besser geworden. Rehabilitationsmaßnahmen wegen Rückenbeschwerden habe es 1997, 2002, 2007 und 2011 gegeben.
Die bildgebende Diagnostik habe für den Verlaufszeitraum zwischen 1997 und 2012 eine eindeutig zunehmende Umbauveränderung der LWS mit Entwicklung einer Begleitspondylose der LWS, hinaufreichend bis zur unteren BWS erbracht. Zusätzlich fänden sich Veränderungen der Bandscheiben in allen Abschnitten der LWS, osteochondrotische Veränderungen der Segmente L3/L4 bis L5/S1 und Spondyloarthrosen von L2/L3 bis L5/S1, dabei eine deutliche Hypertrophie der Zwischenwirbelgelenke in den Segmenten L2/L3 bis L4/L5 mit relativer Spinalkanalstenose. In Zusammenschau der Befunde liege beim Kläger zweifelsfrei eine im Zeitverlauf deutlich zunehmende Gebrauchsumbauveränderung der LWS vor. Dabei sei vom Hauptbetroffensein der unteren LWS auszugehen, der Hauptbefund finde sich im Segment L4/5. Insgesamt sei auch festzustellen, dass ein belastungskonformes Schadensbild gegeben sei. So liege im Zusammenhang mit Bandscheibenveränderungen und der sich damit entwickelnden Gefügelockerung zwischen den Wirbelkörpern eine typische knöcherne Reaktion mit Ausbildung von Spondylophyten vor, die sich reaktiv aufgrund vermehrter Zug- und Scherbelastungen bei Abnahme der stabilisierenden Wirkung des Bandscheibengewebes ausbilden würden. Aufgrund dieser Zunahme an Mikrobewegungen ergebe sich dann auch eine Unruhe in den Bewegungsabläufen der Zwischenwirbelgelenke, was nachfolgend zur Spondylarthrose führe. Im vorliegenden Fall sei durch das Zusammenspiel knöcherner Veränderungen sowie von Bandscheibenvorwölbungen das Schadensbild der Spinalkanalstenose resultierend.
Zur Berechnung des Präventionsdienstes der Beklagten hat sich der Sachverständige kritisch geäußert. Schon bei der zweiten Berechnung seit der Wert um 65 % nach oben korrigiert worden. Nicht berücksichtigt worden sei, dass bei der pauschalen Reduzierung der berücksichtigungsfähigen Gewichte mit Verweis auf die notwendige Druckkraft von 12 kg der Transport/das Heben mehrerer leichter Pakete (zum Förderband bzw. Eisenbahnwaggon) die jeweilige Druckkraftschwelle überschreiten könne. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass bei gescheiterter Zustellung die Pakete wieder hätten zurücktransportiert werden müssen, genauso wie die doppelte Hebebelastung in den Transporter. Auch sei nicht das individuelle Zustellungsgebiet berücksichtigt worden, sondern auf eine allgemeine Statistik zurückgegriffen worden. Der von der Beklagten ermittelte Belastungswert von 15,29 MNh müsse daher noch nach oben korrigiert werden. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien für ihn daher eindeutig gegeben.
Bei der Beurteilung der Kausalität seien die Konsensempfehlungen zugrunde zu legen, die verschiedene Konstellationen darstellen würden. Das Gutachten des R weise bei der Anwendung der Konsensempfehlungen Mängel auf. Die Angabe des Sachverständigen, wonach eine typische Fallkonstellation der Konsensempfehlungen nicht zugeordnet werden könne, sei falsch. Auch sei das vom Gutachter R festgestellte Krankheitsbild unzutreffend, zumal in diesem dem Kläger unterstellt werde, falsche Angaben zur Beschwerdesymptomatik gemacht zu haben.
In Übereinstimmung mit dem Vorgutachter finde sich für das Segment L4/L5 ein Chondrosegrad II. Folglich sei eine Konstellation entsprechend des Buchstabens B der Konsensempfehlungen zu prüfen. Hier werde für die Lokalisation der bandscheibenbedingten Erkrankung das Segment L5/S1 und/oder das Segment L4/L5 gefordert, zusätzlich eine Ausprägung des Bandscheibenschadens mit einem Chondrosegrad II oder höher und/oder Vorfall. Für die Konstellation B1 gelte dabei, dass wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar seien und eine Begleitspondylose gegeben sei. Eine solche Situation liege beim Kläger vor, eine Begleitspondylose habe sich mithilfe der Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2011 eindeutig belegen lassen. Auch O habe im Befundbericht vom 17.10.2011 von einer Spondylosis deformans der LWS mit Spinalstenose der LWS beidseits und einer Spondylarthrose der LWS berichtet. Weiter sei auf den CT-Befund vom 24.10.2011 zu verweisen, der spondylophytäre Randanbauten ventral an den Brustwirbelkörpern 11 und 12 attestiert habe, somit also eine auch bereits außerhalb der LWS anzutreffende Begleitspondylose gegeben sei. Allerdings sei für die Begleitspondylose festzustellen, dass diese in ihrem Ausprägungsgrad entsprechend den Konsensempfehlungen nicht als eindeutig altersuntypisch zu bewerten sei.
Für die nachfolgenden Konstellationen der Gruppe B würden Zusatzkriterien eingefordert. Dabei würden zwei Kriterien die arbeitstechnischen Voraussetzungen betreffen (besonders intensive Belastung mit Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren; besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen). Das dritte Zusatzkriterium fordere eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben; eine solche Konstellation sei beim Kläger gegeben.
Hier finde sich eine Höhenminderung entsprechend einer Chondrose Grad II im Segment L4/L5, im darüber liegenden Segment L3/L4 liege ein teilsequestrierter Bandscheibenvorfall vor, zusätzlich eine Höhenminderung entsprechend einer Chondrose Grad I. Im darunterliegenden Segment L5/S1 finde sich eine black disc als Zeichen einer Bandscheibengewebezerrüttung, es liege eine Bandscheibenvorwölbung mit einer Chondrose Grad I vor. Da sich zusätzlich klinische Zeichen einer Funktionsstörung der HWS fänden, sei diese Symptomatik bei der Konstellation in die Beurteilung miteinzubeziehen. Allerdings sei das klinische Erscheinungsbild an der HWS deutlich schwächer ausgeprägt als an der LWS. Von daher liege beim Kläger die Konstellation B4 vor. Für diese sei der Zusammenhang zur berufsbedingten Entstehung der Erkrankung wahrscheinlich.
Zu den konkurrierenden Faktoren sei festzustellen, dass sich keine für die Beurteilung relevanten konkurrierenden Ursachen finden lassen würden. Die vom Vorgutachter diskutierte Adipositas als konkurrierende Ursache sei für die Bewertung nicht heranzuziehen.
Die Beklagte hat diesem Gutachten mit Schreiben vom 26.02.2015 entgegengehalten, dass R, anders als W, kein belastungskonformes Schadensbild festgestellt und auch den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht geführt habe. Insbesondere spreche es gegen die Annahme einer BK 2108, dass nicht nur der LWS-Bereich betroffen sei, sondern der Kläger auch Beschwerden im HWS-Bereich habe. Dass die gesamte Wirbelsäule betroffen sei, deute auf ein generalisiertes degeneratives Wirbelsäulenleiden hin. Zudem spreche die sehr geringe Belastungsdosis von nur 1,75 MNh bis zum Auftreten der ersten Beschwerden im Jahr 1997 und der kurze Zeitraum bis zum Auftreten der Symptome dafür, dass es sich um degenerative Veränderungen handele. Auch R habe die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht als erfüllt angesehen und zudem ausgeführt, dass die in der Arbeitsplatzexposition angegebenen Zahlen recht großzügig gewählt seien. Im Übrigen hat die Beklagte auf eine von ihr beigefügte versorgungsärztliche Stellungnahme des V vom 23.02.2015 verwiesen. V hat darin erläutert, dass die gutachterliche Bewertung der BK 2108 eine denkbar schwierige Aufgabe darstelle. Bezüglich der arbeitstechnischen Voraussetzungen solle das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) eine gewisse Erleichterung bringen. Laut Urteil des BSG vom Oktober 2007 sei ab einer Gesamtdosis von 12,5 MNh eine kritische Bewertung des medizinischen Zusammenhangs erforderlich. Die entsprechenden Berechnungen seien zwangsläufig mit einer relativ großen Unsicherheit behaftet. Beide Sachverständige hätten sich anscheinend mit der doch sehr speziellen und ausgesprochen schwierigen Problematik der BK 2108 hinreichend befasst. Bei Betroffenheit auch der HWS und deutlicher Unterschreitung des Gesamtdosisgrenzwertes sei eher von einem generalisierten degenerativen Wirbelsäulenleiden auszugehen. Ein Einfluss des ausgeprägten Übergewichts liege zwar auf der Hand, lasse sich aber gutachterlich laut den Konsensempfehlungen nicht belegen.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben sich mit Schriftsatz vom 07.04.2015 demgegenüber auf das Gutachten des W gestützt und zudem darauf hingewiesen, dass die kurze Stellungnahme des Beratungsarztes V keineswegs geeignet sei, das Gutachten des W in irgendeiner Weise zu entkräften. Zudem haben sie erneut bemängelt, dass die Belastungsdosis nicht konkret am Arbeitsplatz des Klägers und nicht konkret für den Kläger ermittelt worden sei.
Im Auftrag des SG hat der gerichtliche Sachverständige R am 25.06.2015 ergänzend wie folgt Stellung genommen:
Zunächst hat er darauf hingewiesen, dass die Ermittlung und Feststellung der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht Aufgabe des medizinischen Sachverständigen seien. Dieser könne allenfalls die Plausibilität feststellen. Ihm selbst würden die Berechnungen der Beklagten, insbesondere die korrigierte Berechnung, plausibel erscheinen. Die von W konstruierten speziellen Situationen würden insofern keine grundlegenden Zweifel wecken. Im Übrigen stehe fest, dass bis zum Auftreten erster maßgeblicher Beschwerden mit Behandlungsnotwendigkeit (1997/1998) der hälftige Orientierungswert auch nicht nur annähernd erreicht gewesen sei. Dies impliziere die Aussage, dass ein belastungskonformer Verlauf vom Kläger nicht darzulegen sei, weil der klinischen Beschwerdesymptomatik keine ausreichende Belastung sowohl nach den Vorgaben des Verordnungsgebers als auch nach den Konsensempfehlungen vorausgegangen sei. Zudem sei nochmals darauf hinzuweisen, dass selbst für das großzügig berechnete gesamte Arbeitsleben der weiterhin gültige Orientierungswert von 25 MNh lediglich zu etwa 62 % erfüllt sei.
In einem solchen Fall (Unterschreitung des Orientierungswerts von 25 MNh) sei im Rahmen der medizinischen Einzelfallprüfung eine stichhaltige Begründung darzulegen, warum auch ohne Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen von einer Berufskrankheit auszugehen sei. Es habe weder eine besonders intensive Belastung noch ein besonders hohes Gefährdungspotenzial im Sinne der Zusatzkriterien zur Konstellation B2 vorgelegen. Im Abgleich mit den Konsensempfehlungen könne daher eine BK 2108 nicht vorgeschlagen werden. Der Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung würde sich dadurch erübrigen, dass selbst bei Feststellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung ganz konkret die Konstellation A2 vorläge, welche zu einer Ablehnung der BK 2108 führen müsse.
Grundsätzlich erübrige - so R - es sich daher, die recht eigenwillige Argumentation hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen im Gutachten des W weiter zu kommentieren. Gleichwohl sei darauf hinzuweisen, dass im Zentrum der BK 2108 die Bandscheibe selbst und deren Schädigung stünden. Die Veränderungen wie Spondylose und Sklerose seien bei entsprechender Ausprägung Indizien einer stattgehabten Belastung und selbst nicht grundsätzlich als krankhaft einzuschätzen. Beim Kläger liege definitiv keine Begleitspondylose vor, da über das maßgeblich betroffene Segment L4/L5 hinaus keine altersvorauseilende Ausprägung der Spondylose zu belegen sei, was auch W auf S. 24 seines Gutachtens bemerkt habe. Eine fehlende Begleitspondylose und eine weitgehende Aussparung des am meisten belasteten unteren Segments L5/S1 von altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen/Chondrose bei auch fehlender black disc würden im Abgleich mit den Konsensempfehlungen ein belastungstypisches Schadensbild der LWS beim Kläger nicht erkennen lassen. Im Übrigen sei für das unterste lumbale Segment ohne jeden Zweifel eine primäre Spondylarthrose außerhalb einer bandscheibenbedingten Erkrankung gegeben, was auf die schicksalhafte Komponente hinweise. Dies gelte insbesondere für den Zeitpunkt des Auftretens der maßgeblichen Veränderungen zwischen 1997 und 2004, die keine wesentlichen Zeichen einer bandscheibenbedingten Erkrankung, aber schon einer Spondyloarthrose erheben ließen.
Zudem sei in den Konsensempfehlungen klar angegeben, dass der Nachweis eines Bandscheibenschadens unabdingbare, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS sei. Ein segmental zuzuordnendes und reproduzierbares radikuläres Krankheitsbild lasse sich aktenkundig und ausweislich der stattgehabten Untersuchung nicht darlegen; für die zwischenzeitlich dokumentierte pseudoradikuläre Symptomatik S1 habe sich zu keinem Zeitpunkt ein maßgebliches morphologisches Korrelat gefunden. Segmentale neurologische Ausfallserscheinungen seien zu keinem Zeitpunkt dokumentiert.
Das bisegmentale Schadensbild mit Bandscheibenvorfall L3/L4 ohne wesentliche Bedrängung neurologischer Strukturen und der altersvorauseilenden Chondrose L4/L5 sei auch von ihm, R, dokumentiert und berücksichtigt worden. Eine neurologische Symptomatik habe er klinisch ebenso wie zuvor beurteilende neurologische Kollegen nicht feststellen können; auch die Begutachtung durch W weise auf eine fehlende radikuläre Symptomatik bei einer möglichen L5-Symptomatik in Form einer ganz geringen Großzehenheberschwäche beidseits hin. Bei den gegebenen morphologischen Veränderungen und den vorliegenden klinischen Befunden sei also grundsätzlich von nicht mehr als einem lokalen Lumbalsyndrom auszugehen.
Bei der Auflistung der konkurrierenden Ursachen werde insbesondere an der Gewichtung der Adipositas festgehalten, da auch in den Konsensempfehlungen zusammenfassend festgestellt werde, dass nach dem Ergebnis der Literaturanalyse ein Zusammenhang zwischen Gewicht und Bandscheibenerkrankung noch nicht als gesichert angesehen werden könne. Dies heiße aber auch, dass eben dieser Zusammenhang nicht gesichert ausgeschlossen werden könne. Es bedürfe in diesem Zusammenhang keiner besonderen Bemerkung, dass das Übergewicht des Klägers (von 40 bis 50 kg) langjährig als exorbitant hoch einzuschätzen sei. Dies lasse einen vorzeitigen Verschleiß absolut plausibel erscheinen. Bezüglich der Erkrankung der HWS, des Morbus Scheuermann in den oberen Segmenten der LWS und der Haltungsinsuffizienz verweise er auf die Ausführungen in seinem Gutachten. Es erscheine nicht unberechtigt, eine maßgebliche Komponente der erheblich eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers im Habitus begründet festzustellen.
Für die Annahme einer B-Konstellation würden die arbeitstechnischen Voraussetzungen fehlen, sodass in eine diesbezügliche Diskussion nicht weiter eingestiegen werde.
Zusammenfassend könne er daher die Anerkennung einer BK 2108 aus ärztlicher Sicht nicht empfehlen; in der Gesamtbeurteilung spreche sehr deutlich mehr gegen als für die Annahme einer berufsbedingten Bandscheibenerkrankung der LWS. Im Gutachten des W werde zu augenscheinlich und großzügig eine positive Feststellung hinsichtlich der zu beurteilenden Einzelsachverhalte (arbeitstechnische Voraussetzungen erfüllt, obwohl diese der Präventionsdienst verneint; Begleitspondylose festgestellt, obwohl keine pathologische Spondylose außerhalb der betroffenen Segmente im Abgleich mit den Vorgaben der Konsensempfehlungen besteht; usw.) getroffen, sodass ein Gesamtergebnis mit scheinbarer Plausibilität resultiere, welches bei kritischem Hinterfragen der einzelnen Sachverhalte nicht fundiert haltbar sei.
Zu dieser ergänzenden Stellungnahme haben die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 05.08.2015 mitgeteilt, dass der Kläger mangels eigener ärztlicher Fachkenntnisse die medizinische Diskussion natürlich nicht nachvollziehen könne. Er fühle sich aber beim Gutachter W gut aufgehoben und habe das Gefühl, dass er über Jahre schwerer körperlicher Arbeit verheizt worden sei und nun von der Beklagten fallen gelassen werde.
Mit Urteil vom 30.09.2015 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das ihnen am 17.11.2015 zugestellte Urteil haben die Bevollmächtigten des Klägers mit Eingang am 10.12.2015 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.
Zur Begründung der Berufung haben sie mit Schriftsatz vom 25.01.2016 Folgendes vorgetragen:
Sowohl die arbeitstechnischen als auch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen seien erfüllt. Der Kläger habe eine deutlich höhere Gesamtbelastungsdosis erleiden müssen, als dies von der Beklagten angenommen worden sei. Die Belastungsanalyse aus dem Jahr 2012 gehe von unzutreffenden Belastungen aus und beruhe nicht auf Angaben des Klägers oder sonstiger dort tätiger Arbeitnehmer, sondern auf internen Ermittlungen und Gesprächen mit postinternen Personen. Die Bevollmächtigten haben die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten so beschrieben, wie dies bereits zur Widerspruchsbegründung erfolgt war. Es sei nicht gangbar, einen Mittelwert von Statistiken aus den Jahren 1992 und 2008 zu bilden. Hinsichtlich der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen haben sich die Bevollmächtigten auf das Gutachten des W gestützt.
In der Folge hat der Senat weitere medizinische Unterlagen beigezogen.
2018 wurde der Kläger wegen der Lumboischialgie beidseits bei Spinalstenose L2 bis L4 in der Kreisklinik W operiert (Dekompression und Nucleotomie).
Auf Nachfrage des Gerichts hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2020 dahingehend geäußert, dass nach Überprüfung der Zusatzkriterien das Vorliegen der Voraussetzungen der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen nicht festgestellt werden könne. Beigefügt gewesen ist eine Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2020. Darin ist darauf hingewiesen worden, dass die Beurteilungstagesdosen zwar über dem hälftigen MDD-Tagesdosis-Richtwert lägen, die Überschreitung des hälftigen MDD-Tagesdosis-Richtwertes aber nicht auf intensive Einwirkungen durch hohe Belastungsspitzen zurückzuführen sei, sondern daran liege, dass die Anzahl der Lasthandhabung (Häufigkeit) zum Überschreiten des hälftigen MDD-Tagesdosis-Richtwertes beigetragen habe. Die Kriterien für eine Konstellation B2 seien daher nicht erfüllt.
Dem haben die Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.07.2021 entgegengehalten, dass es beim Kläger sehr wohl in sämtlichen Tätigkeitsabschnitten solch intensive Belastungen gegeben habe, die den Richtwert für die sogenannte Lebensdosis in weniger als 10 Jahren erreicht hätten. Es werde bestritten, dass die höchsten Belastungsspitzen bei allen drei Tätigkeitsabschnitten den Richtwert für Männer unterschritten hätten. Der Kläger sei - so die Bevollmächtigten - seit dem Bandscheibenvorfall Ende September 2011, nachdem er in Betriebsrente geschickt worden sei, keiner anderen Tätigkeit mehr nachgegangen. Rehaberichte über die Rehaaufenthalte in den Jahren 1998 und 2002 lägen dem Kläger nicht mehr vor. Die Reha-Klinik in O habe dem Kläger auf dessen Nachfrage mitgeteilt, dass dort keine Berichte mehr, auch nicht im Archiv, vorhanden seien.
Die Beklagte hat darauf mit Schriftsatz vom 30.11.2020 erwidert, dass der Kläger hinsichtlich der beruflichen Belastung lediglich Behauptungen aufgestellt bzw. pauschal bestritten, nicht aber nachprüfbare Angaben gemacht habe, die vom Präventionsdienst verifiziert werden könnten. Die Folgen der Nichtfeststellbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen müssten nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zulasten des Klägers gehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Augsburg vom 30.09.2015 sowie den Bescheid vom 18.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, beim Kläger das Vorliegen einer Berufungskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind die Akte des SG sowie die Verwaltungsakte der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 2108. Er hat zwar eine versicherte Tätigkeit (dazu unten Ziff. 2.) ausgeübt, bei der nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie aufgrund der damit verbundenen Belastungen des Hebens und Tragens zu einer Schädigung der Bandscheiben der LWS führt (dazu unten Ziff. 3). Das konkrete Erkrankungsbild ist aber dergestalt, dass sich ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung nicht herstellen lässt (dazu unten Ziff. 4.).
1. Allgemeines
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, die BKV, als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (sog. Listen-Berufskrankheit).
Mit der Aufnahme einer Krankheit in die Liste der Berufskrankheiten wird indes nur die mögliche Ursächlichkeit einer beruflichen Schädigung generell anerkannt und die Erkrankung als solche für entschädigungswürdig befunden. Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit (Versicherungsfall) ist daher erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen (durch Belastungen, Schadstoffe o.ä.) auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. z.B. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 06.05.2021, B 2 U 15/19 R), vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 23.04.2015, B 2 U 6/13 R, vom 06.09.2018, B 2 U 10/17 R, und vom 16.03.2021, B 2 U 11/19 R). Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (vgl. BSG, Urteile vom 15.05.2012, B 2 U 31/11 R, und vom 20.03.2018, B 2 U 5/16 R). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit, wohl aber für den Leistungsfall (vgl. BSG, Urteile vom 20.03.2018, B 2 U 5/16 R, und vom 06.09.2018, B 2 U 10/17 R).
Zu den von der Bundesregierung in der Anlage 1 der BKV bezeichneten Berufskrankheiten zählt die vorliegend angeschuldigte Berufskrankheit. Die BK 2108 hatte in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung folgenden Wortlaut: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Mit dem Wegfall des Unterlassungszwangs ist auch die Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben müssen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, mit Wirkung zum 01.01.2021 entfallen (Art. 24 Nr. 3 Buchst. a des 7. SGB-IV-ÄndG, BGBl. I 2020, S. 1248). Zeitgleich ist der Tatbestand der BK 2108 um eine weitere Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der LWS) geführt haben müssen, erweitert worden (vgl. Art. 24 Nr. 3 Buchst. c, a.a.O.). Die BK 2108 lautet nunmehr: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen von Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen geführt haben". Konkret muss zur Erfüllung des Tatbestands der BK 2108 ein Versicherter also aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten gehoben und getragen bzw. langjährig in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben, wodurch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS (mit chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen) entstanden ist.
Die Änderung der Rechtslage zum 01.01.2021 hat auf den vorliegenden Fall keine Auswirkungen. Im Fall des Klägers scheitert die Anerkennung der BK 2108 bereits daran, dass nicht im Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die beim Kläger vorliegende bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen ist.
2. Versicherte Tätigkeit
Der Kläger gehört infolge der von ihm als ursächlich für seine Rückenbeschwerden angeschuldigten beruflichen Tätigkeit bei der P ab dem 10.06.1991 zum versicherten Personenkreis.
3. Arbeitstechnische Voraussetzungen
Die Anerkennung einer BK 2108 scheitert nicht an den arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Nach der überarbeiteten Stellungnahme des Präventionsdienstes zur beruflichen Belastung des Klägers vom 16.04.2014 errechnet sich nach dem nach wie vor als aktuell zugrunde zu legenden MDD (vgl. BSG, Urteile vom 06.09.2018, B 2 U 10/17 R, und vom 27.09.2023, B 2 U 13/21 R) eine Gesamtdosis von 15,29 MNh für den gesamten Zeitraum der Tätigkeit des Klägers bei der P. Damit erreicht die berufliche Belastung des Klägers den nach dem MDD anzunehmenden Orientierungswert von 25 MNh zwar nicht, überschreitet aber den hälftigen Orientierungswert. Der hälftige Orientierungswert ist als der untere Grenzwert zu betrachten, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R, vom 18.11.2008, B 2 U 14/07 R, und vom 06.09.2018, B 2 U 13/17 R).
Ob die vom Präventionsdienst ermittelte Gesamtdosis (etwas) zu niedrig ist, weil - so der Kläger und ähnlich der Sachverständige W - nicht die bei ihm vorliegenden individuellen Arbeitsverhältnisse zu Grunde gelegt worden seien, kann letztlich dahingestellt bleiben. Abgesehen davon, dass die exakten Belastungen des Klägers nachträglich kaum mehr aufgrund der von ihm konkret-individuell verrichteten Tätigkeiten ermittelt werden können, sondern auf allgemeine Erkenntnisse über die Tätigkeit in einer vergleichbaren Position wie der des Klägers zurückgegriffen werden muss, wie dies die Beklagte zutreffend getan hat, würde dies an der Beurteilung des konkreten Sachverhalts nichts ändern. Denn für die Beurteilung ist es letztlich bedeutungslos, ob der hälftige Orientierungswert mehr oder weniger deutlich überschritten wird oder ob sogar der Orientierungswert erreicht wäre, wovon sich der Senat aber auch bei Berücksichtigung der Hinweise des Klägers und des Sachverständigen W nicht überzeugen konnte.
4. Arbeitsmedizinische Voraussetzungen/Kausalität
Nicht nachgewiesen sind jedoch die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen; ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und Gesundheitsschaden des Klägers im Sinne der BK 2108 lässt sich nicht nachweisen.
Weder unter Zugrundelegung der Feststellungen im Gutachten des R noch unter Berücksichtigung der Feststellungen im Gutachten des W, auf die sich der Senat stützt, lässt sich der Nachweis führen, dass beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorläge, die hinreichend wahrscheinlich durch die berufliche Belastung verursacht wäre.
4.1. Prüfung anhand der Konsensempfehlungen
Unter Zugrundelegungen der sogenannten Konsensempfehlungen lässt sich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung des Klägers nicht hinreichend wahrscheinlich machen.
Bei der Beurteilung der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen legt der Senat neben dem Merkblatt zur BK 2108 (Bek. des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 01.09.2006 - IVa 4-45222-2108 - BArbBl. 10-2006, S. 30 ff.) die Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule - Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe, Bolm-Audorff u.a., Trauma und Berufskrankheit 2005/3, S. 212 ff., (im Folgenden: Konsensempfehlungen) zugrunde. Die Konsensempfehlungen bilden nach aktueller wissenschaftlicher Ansicht, der die Rechtsprechung folgt, weiterhin den aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur BK 2108 ab (zuletzt: vgl. BSG, Urteil vom 27.09.2023, B 2 U 13/21 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.2023, L 10 U 2177/19; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 1456; zuvor: vgl. BSG, Urteile vom 23.04.2015, B 2 U 10/14 R, und vom 06.09.2018, B 2 U 13/17 R, Hess. LSG, Urteil vom 04.05.2021, L 3 U 70/19; Thüringer LSG, Urteil vom 01.07.2021, L 1 U 976/18; Bayer. LSG, Urteil vom 23.03.2022, L 3 U 297/17; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2023, L 17 U 484/21).
Bei den Konsensempfehlungen handelt es sich zwar nicht um unmittelbar verbindliche Regelungen, wie sie nur der Gesetz- oder Verordnungsgeber treffen könnte; auch stellen sie kein antizipiertes Sachverständigengutachten dar (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 10/14 R; anders die Erwartung der Verfasser der Konsensempfehlungen, vgl. Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 212). Sie binden daher Verwaltung, Gerichte und Sachverständige nicht, sind aber als Orientierungshilfe zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall anzuwenden, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können.
4.1.1. Bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS
Von einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS, wie sie die BK 2108 voraussetzt, kann beim Kläger noch grenzwertig ausgegangen werden.
Die Diagnose einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS setzt neben dem radiologisch zu führenden Nachweis eines Bandscheibenschadens (Bandscheibenvorfall oder Chondrose) (dazu unten Ziff. 4.1.1.1.), der unabdingbare, aber nicht hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist, zudem voraus, dass eine korrelierende klinische Symptomatik besteht (dazu unten Ziff. 4.1.1.2.). Bei den klinischen Krankheitsbildern ist zu unterscheiden zwischen einem lokalen Lumbalsyndrom und einem lokalen Wurzelsyndrom (mit einem Kaudasyndrom als Sonderform). Beim lokalen Lumbalsyndrom ist klinisch u.a. ein Segmentbefund mit provozierbarem Schmerz und funktionell eine Entfaltungsstörung der LWS zu fordern. Beim lumbalen Wurzelsyndrom muss neurologisch eine Reizung bzw. Schädigung der entsprechenden Nervenwurzel(n) nachgewiesen sein (vgl. zu allem Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 212 ff.).
4.1.1.1. Radiologischer Befund
Radiologisch nachgewiesen beim Kläger sind durch die (zeitnah zur ärztlichen Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit und damit hier zeitlich passend [vgl. Obermeyer, Bultmann, Die Begutachtung der BK 2108 - Zu welchem Zeitpunkt wird geprüft?, MedSach 2023, S. 119 ff.] durchgeführte) Kernspintomographie vom 15.02.2012 - für die BK 2108 irrelevant - Bandscheibenprotrusionen L1-3 und L4-S1 und ein für die BK 2108 relevanter Bandscheibenvorfall L3/L4 sowie eine aktivierte Osteochondrose und eine für die BK 2108 relevante pathologische Chondrose Grad II im Segment L4/L5. Die übrigen Segmente weisen altersentsprechende Befunde auf. Nachgewiesen ist zudem eine Spondylose im Bereich der LWS und der unteren BWS, wobei - darin stimmen die Sachverständigen überein (S. 24 des Gutachtens des W, S. 4 der ergänzenden Stellungnahme des R) - diese nicht altersuntypisch ist. Zudem liegt beim Kläger ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle vor, das vom klinischen Erscheinungsbild her aber schwächer ausgeprägt ist als das lokale Lumbalsyndrom.
4.1.1.2. Klinischer Befund
4.1.1.2.1. Lumbales Wurzelsyndrom
Ein lumbales Wurzelsyndrom ist nicht im Vollbeweis nachgewiesen.
An einer neurologischen Symptomatik für ein lumbales Wurzelsyndrom fehlt es. Weder bei neurologischen Untersuchungen mittels elektrophysiologischer Messungen noch bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen R und W hat sich je eine radikuläre Symptomatik sicher feststellen lassen. Sofern W eine potentielle L5-Symptomatik in Form einer ganz geringen Großzehenheberschwäche (4+/5) beidseits angenommen hat, bestehen angesichts der zuvor durchgeführten neurologischen Untersuchungen, der ganz geringen Ausprägung der angenommenen Großzehenheberschwäche und der bei fehlender Seitendifferenz potentiell subjektiven Färbung nicht unerhebliche Zweifel, sodass die Nachweisführung im Sinne des Vollbeweises scheitert.
4.1.1.2.2. Lokales Lumbalsyndrom
Bei für den Kläger wohlwollender Betrachtungsweise kann von einem lokalen Lumbalsyndrom ausgegangen werden.
Beim Kläger liegt eine pseudoradikuläre Schmerzausstrahlung ohne sensomotorisches Defizit vor. Fraglich sind aber eine Entfaltungsstörung der LWS und eine Tonuserhöhung der Muskulatur, wie sie die Konsensempfehlungen (vgl. a.a.O., S. 216) voraussetzen. Zwar hat R in seinem Gutachten ausgeführt, dass eine Entfaltungsstörung der unteren LWS nicht gegeben sei, sondern nur eine solche im thorakolumbalen Übergangsbereich vorliege, die für die BK 2108 nicht relevant ist. Andererseits ist der von ihm gemessene und für die Beweglichkeit der LWS aussagekräftige Wert nach Schober von 10:13,5 cm (W: 10:14 cm) gegenüber dem Normwert von 10:15 cm doch etwas, wenn auch nur geringfügig eingeschränkt. Der Senat geht daher zugunsten des Klägers und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Konsensempfehlungen keine weitergehende Präzisierung des Begriffs der Entfaltungsstörung enthalten, davon aus, dass auch im Bereich der (unteren) LWS eine Entfaltungsstörung vorliegt. Was die Tonuserhöhung der Muskulatur im Bereich der LWS betrifft, haben sich bei den gutachterlichen Untersuchungen zwar keine Myogelosen gefunden, aber ein gewisser Muskelhartspann, der insofern als ausreichend für das klinische Bild der BK 2108 betrachtet werden kann. Bestätigt wird dies auch durch die ergänzende Stellungnahme des R, der dort (S. 5) ausdrücklich von einem "lokalen Lumbalsyndrom" ausgeht.
4.1.2. Einordnung nach dem System der Konsensempfehlungen
Das Erkrankungsbild beim Kläger ist unter die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen zu subsumieren, da mit Ausnahme der in der Konstellation B2 genannten Zusatzkriterien die Voraussetzungen der Konstellation B2 erfüllt sind.
Die mit dem Buchstaben A beginnenden Konstellationen sind nicht einschlägig, weil weder vom Fehlen einer bandscheibenbedingter Erkrankung noch von einer nicht ausreichenden Exposition ausgegangen werden kann (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 217).
Nicht einschlägig sind die mit dem Buchstaben C beginnenden Konstellationen, weil die Erkrankung des Klägers eines der beiden unteren LWS-Segmente betrifft (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 218).
Ebenfalls nicht einschlägig sind die mit dem Buchstaben D beginnenden Konstellationen, weil die Ausprägung des Bandscheibenschadens des Klägers jedenfalls teilweise über den Umfang einer Protrusion hinausgeht (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 218).
Schließlich sind auch nicht einschlägig die mit dem Buchstaben E beginnenden Konstellationen, weil die Ausprägung des Bandscheibenschadens des Klägers den Umfang einer Chondrose Grad I überschreitet (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 218).
Grundvoraussetzung für die mit dem Buchstaben B beginnenden Konstellationen ist, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft. Die Ausbildung des Bandscheibenschadens muss zumindest eine Chondrose Grad II und/oder einen (Bandscheiben-)Vorfall umfassen (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 217).
Beides ist beim Kläger der Fall: Er hat eine Chondrose im Segment L4/L5 und diese hat eine (altersvorauseilende) Ausprägung vom Grad II.
Die Konstellation B2 setzt nach den Konsensempfehlungen (a.a.O., S. 217) Folgendes voraus:
"Konstellation B2. Wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren erkennbar: nein
Begleitspondylose: nein
Zusätzlich mindestens eins der folgenden Kriterien erfüllt:
* Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben - bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm in mindestens 2 angrenzenden Segmenten (Hinweis: ggf. Magnetresonanztomogramm der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Begutachtung veranlassen)
* Besonders intensive Belastung; Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren.
* Besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen; Anhaltspunkt: Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4 1/2 kN; Männer ab 6 kN)."
Für die Person des Klägers und den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies Folgendes:
4.1.2.1. Wesentliche, in den Konsensempfehlungen als relevant aufgeführte konkurrierende Ursachenfaktoren sind beim Kläger nicht erkennbar. Sofern der Sachverständige R - außerhalb der Prüfung der Fallgruppen der Konsensempfehlungen - davon ausgegangen ist, dass das massive Übergewicht des Klägers eine wesentliche konkurrierende Ursache darstelle, kann dies jedenfalls nach den Konsensempfehlungen nicht als relevante konkurrierende Ursache betrachtet werden. So ist Adipositas zwar als alternative Ursache diskutiert worden, ein Zusammenhang zwischen Gewicht und Bandscheibenerkrankung konnte jedoch aufgrund der Literaturanalyse nicht als gesichert angesehen werden (vgl. Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 248 ff.). Weitere alternative Ursachen, die nach den Konsensempfehlungen Berücksichtigung finden können, sind von den Sachverständigen nur andiskutiert, nicht aber explizit bejaht worden.
4.1.2.2. Eine Begleitspondylose liegt nicht vor. Beide Sachverständige haben sich dahingehend geäußert, dass zwar eine Spondylose im Bereich der LWS und unteren BWS vorliegt, diese aber kein altersuntypisches Maß hat (S. 24 des Gutachtens des W, S. 4 der ergänzenden Stellungnahme des R). Von einer Begleitspondylose kann daher nicht gesprochen werden, da eine Spondylose erst dann als Begleitspondylose angesehen werden kann, wenn sie über das alterstypische Maß hinausgeht (vgl. Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 216 f.). Soweit W in seinem Gutachten das Vorliegen einer Begleitspondylose bejaht, entspricht dies nicht seinen eigenen Feststellungen (vgl. unten Ziff. 4.1.3.2., erster Spiegelstrich).
4.1.2.3. Keines der weiteren drei Zusatzkriterien der Konstellation B2 ist erfüllt.
* Ein besonderes Gefährdungspotenzial (drittes Zusatzkriterium) durch hohe Belastungsspitzen hat bei der Tätigkeit des Klägers nicht vorgelegen.
Die Tätigkeit war durch vergleichsweise gleichartige Verrichtungen ohne besondere Spitzenbelastungen geprägt. Dies hat auch die überzeugende Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2020 gezeigt.
* Eine besonders intensive Belastung (zweites Zusatzkriterium) ist nicht nachgewiesen.
Der Orientierungswert für die Lebensdosis des Klägers ist im Zeitraum seiner gesamten Tätigkeit von annähernd 21 Jahren nicht erreicht worden, geschweige denn in einem kürzeren Zeitraum als von zehn Jahren. Dies belegt auch die überzeugende Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 18.11.2020.
* Das erste Zusatzkriterium ist in keiner seiner beiden Alternativen erfüllt.
Eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben - bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten - liegt/liegen nicht vor.
o Die erste Alternative des ersten Zusatzkriteriums ist nicht erfüllt.
Die erste Alternative setzt voraus, dass eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps "an mehreren Bandscheiben" (Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 217) vorliegt/en. Das Wort "mehreren" ist so zu verstehen, dass an mindestens drei Bandscheiben eine Höhenminderung und/oder ein Bandscheibenvorfall vorliegen müssen; ein bloß bisegmentaler Schaden reicht nicht (so die ganz überwiegende Meinung auch aufgrund wiederholter Befragung von medizinischen Sachverständigen: vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2016, L 17 U 275/14 [bestätigt vom BSG mit Urteil vom 06.09.2018, B 2 U 13/17 R]; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.07.2019, L 3 U 95/14; Thüringer LSG, Urteil vom 25.11.2021, L 1 U 880/19; Bayer. LSG, Urteil vom 23.03.2022, L 3 U 297/17 [Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG erfolglos - BSG, Beschluss vom 08.11.2022, B 2 U 59/22 B]; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 27.04.2022, L 3 U 4097/20, und vom 16.11.2023, L 10 U 2177/19; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 20.01.2023, L 21 U 113/19, und vom 07.02.2023, L 3 U 166/19; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15.03.2023, L 5 U 47/18).
Im Falle des Klägers gibt es aber mit einem Bandscheibenvorfall L3/L4 und einer Chondrose Grad II im Segment L4/L5 nur einen bisegmentalen und damit für die zweite Alternative des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 nicht ausreichenden Bandscheibenschaden. Eine altersvorauseilende Chondrose oder einen Bandscheibenvorfall in einem weiteren Segment liegt nach übereinstimmender Einschätzung beider gerichtlicher Sachverständigen nicht vor.
o Auch die zweite Alternative des ersten Zusatzkriteriums ist nicht erfüllt.
Die zweite Alternative setzt voraus, dass bei einer/m monosegmentalen Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 eine magnetresonanztomographisch nachgewiesene black disc "in mindestens 2 angrenzenden Segmenten" (Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 217) nachgewiesen ist.
Beim Kläger liegt zwar die Eingangsvoraussetzung der zweiten Alternative vor, weil bei ihm im Bereich der Segmente L4/L5 und L5/S1 mit der Chondrose Grad II im Segment L4/L5 nur ein monosegmentaler Schaden vorliegt - der weitere Schaden im Sinne eines Bandscheibenvorfalls L3/L4 ist außerhalb des für die zweite Alternative relevanten Bereichs lokalisiert. Es liegen aber keine black discs "in mindestens 2 angrenzenden Segmenten" vor.
Ein solcher Nachweis ist vorliegend nach keinem der im Verfahren eingeholten Gutachten geführt. Ob überhaupt eine (einzige) black disc vorliegt - der Sachverständige R hat dies eindeutig verneint, der Gutachter W bejaht - kann dahingestellt bleiben. Denn selbst nach den Feststellungen des W liegt nur eine einzige black disc im Segment L5/S1 (S. 15 seines Gutachtens) vor, nicht aber black discs in mindestens zwei angrenzenden Segmenten.
4.1.3. Zu abweichenden Ausführungen der Sachverständigen
Sofern die gerichtlichen Sachverständigen von den obigen Ausführungen abweichende Schlüsse gezogen haben, ist dazu auf Folgendes hinzuweisen:
4.1.3.1. Zum Gutachten des R
Sofern dieser in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.06.2015 davon ausgegangen ist, dass die Konstellation A2 vorliege und für die Annahme einer B-Konstellation die arbeitstechnischen Voraussetzungen fehlen würden, kann der Senat dieser Argumentation so nicht folgen. Denn der Senat versteht die Voraussetzung der Konstellation A2 "Exposition ausreichend: nein" nicht so, dass unter einer ausreichenden Exposition zwingend nur solche Arbeitsbelastungen zu verstehen wären, die den (vollen) Orientierungswert von 25 MNh erreichen/überschreiten. So hat auch das BSG lediglich eine Unterschreitung des hälftigen Orientierungswertes als Ausschlussgrund für eine BK 2108 betrachtet (vgl. BSG, Urteile vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R, vom 18.11.2008, B 2 U 14/07 R, und vom 06.09.2018, B 2 U 13/17 R).
4.1.3.2. Zum Gutachten des W
Das Gutachten ist in sich nicht widerspruchsfrei. So geht der Sachverständige zunächst - S. 24 des Gutachtens - davon aus, dass beim Kläger die Konstellation B1 vorliege. Später - auf S. 25 des Gutachtens - nimmt er hingegen die Konstellation B4 an. Wegen dieses vom Sachverständigen nicht aufgelösten Widerspruchs erscheint die Verwertbarkeit des Gutachtens bereits aus diesem Grund fraglich.
Ganz unabhängig davon sind die Annahmen des Sachverständigen sowohl betreffend die Konstellation B1 als auch die Konstellation B4 nicht überzeugend:
* Der zunächst erfolgten Annahme einer Konstellation B1 (S. 24 des Gutachtens) legt W zu Grunde, dass beim Kläger zum einen im Segment L3/L4 ein Bandscheibenvorfall sowie im Segment L4/5 eine Chondrose Grad II vorlägen und zum anderen eine Begleitspondylose gegeben sei. Letztere Annahme - Begleitspondylose - ist aber unrichtig; der Sachverständige weist selbst darauf hin, dass "die Begleitspondylose in ihrem Ausprägungsgrad entsprechend den Konsensempfehlungen nicht als eindeutig altersuntypisch zu bewerten ist" (S. 24 des Gutachtens). Eine nicht altersvorauseilende Spondylose kann aber genauso wie auch sonst nicht altersuntypische Veränderungen nicht zur Begründung einer Berufskrankheit aufgrund einer besonderen beruflichen Belastung, die eine gegenüber der Allgemeinbevölkerung vorauseilende degenerative Schädigung der Bandscheiben nach sich zieht, herangezogen werden; einer nicht altersvorauseilenden degenerativen Veränderung kommt keine Indizwirkung zu (vgl. Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 216 f.: "Um eine positive Indizwirkung für eine berufsbedingte Verursachung zu haben, muss die Begleitspondylose über das Altersmaß (...) hinausgehen ...."). Denn bei einer nicht altersuntypischen degenerativen Veränderung lässt sich eine berufliche Verursachung nicht vermuten - die Veränderung kann als alterstypische so in gleichem Umfang bei jedem Menschen vorliegen, auch wenn er keinen besonderen (beruflichen) Belastungen der Bandscheiben ausgesetzt gewesen ist. Insofern kann die Konstellation B1, die nach den Konsensempfehlungen eine Begleitspondylose, die eine altersvorauseilende Spondylose darstellen muss - anderenfalls müsste von einer (bloßen) Spondylose gesprochen werden -, zwingend voraussetzt, nicht bejaht werden. Wenn der Sachverständige gleichwohl entgegen den Vorgaben der Konsensempfehlungen zunächst von der Konstellation B1 ausgeht, missachtet er damit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand.
* Wenn der Sachverständige sodann - in Widerspruch zu seiner ursprünglichen Annahme, wonach die Konstellation B1 gegeben sei - vom Vorliegen der Konstellation B4 ausgeht (S. 25 des Gutachtens - bei der Beantwortung der Beweisfragen), weil zusätzlich klinische Zeichen einer Funktionsstörung der HWS zu finden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar geht W zutreffend von einer Funktionsstörung der HWS aus. Die Einordnung in die Konstellation B4 ist aber fehlerhaft. Der Sachverständige hat fälschlicherweise das erste Zusatzkriterium der Konstellation B2, deren Voraussetzungen auch bei der Konstellation B4 zu beachten sind, bejaht (dazu s. oben Ziff. 4.1.2.3., 3. Spiegelstrich). W hat übersehen, dass es beim ersten Zusatzkriterium zwei Alternativen gibt, deren Voraussetzungen getrennt zu prüfen sind, und so die Voraussetzungen unzulässigerweise vermengt.
4.1.4. Ergebnis der Prüfung anhand der Konsensempfehlungen
Somit liegt beim Kläger die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen vor.
Hinsichtlich der Beurteilung eines kausalen Zusammenhangs bestand bei dieser Konstellation unter den Verfassern der Konsensempfehlungen kein Konsens; neue Erkenntnisse hinsichtlich der Beurteilung in den Konsensempfehlungen liegen nicht vor, sodass nach wie vor von einem fehlenden Konsens auszugehen ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 27.09.2023, B 2 U 13/21 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.2023, L 10 U 2177/19; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 1456). Somit ist anhand der Konsensempfehlungen der Nachweis eines hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Belastung und der Erkrankung des Klägers nicht zu führen.
4.2. Konsequenz des Vorliegens der Konstellation B3
Obwohl der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Konstellation B3 einschlägig ist, bedeutet, dass in der medizinischen Wissenschaft keine herrschende medizinische Meinung hinsichtlich der Beurteilung des Zusammenhangs besteht - sonst bestünde ein Konsens -, geht das BSG davon aus, dass gleichwohl in derartigen Fällen eine Beurteilung anhand der Umstände des Einzelfalls außerhalb der Kriterien der Konsensempfehlungen zu erfolgen hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 6/13 R). Diesen Ansatz hält der Senat für nicht überzeugend.
Die Konsensempfehlungen stellen - nach wie vor (s.o.) - ein Abbild des aktuellen anerkannten medizinischen Erkenntnisstands hinsichtlich der Beurteilung der Kausalität bei bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS dar und repräsentieren somit für die Fälle, in denen ein Konsens besteht, die herrschende medizinische Meinung. Sind die Verfasser der Konsensempfehlungen zu der Einschätzung gekommen, dass hinsichtlich der Bewertung einer bestimmten Fallgruppe kein Konsens besteht, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass es hinsichtlich der Beurteilung der Kausalität in derartigen Fällen keine herrschende medizinische Meinung gibt. Daraus muss nach Ansicht des Senats der Schluss gezogen werden, dass in derartigen Fällen der für die Anerkennung einer Berufskrankheit erforderliche kausale Zusammenhang nicht positiv feststellbar ist und daher eine Prüfung der Kausalität über die Kriterien der Konsensempfehlungen hinaus obsolet ist - eben weil eine solche Prüfung nicht auf der Basis eines aktuellen anerkannten medizinischen Erkenntnisstands erfolgen kann, weil ein solcher medizinischer Konsens fehlt, wie dies aber für die Beurteilung der Bewertung der Kausalität erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, vom 30.03.2023, B 2 U 2/21 R).
Wenn das BSG gleichwohl auch in den Fällen eines fehlenden Konsenses in der medizinischen Wissenschaft eine weitergehende Kausalitätsprüfung anhand der Kriterien des Einzelfalls verlangt - so die Vorgaben im Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 6/13 R:
"Dieser fehlende Konsens in der Arbeitsgruppe kann aber nicht so gedeutet werden, dass damit eine Anerkennung des Verursachungszusammenhangs im Einzelfall unmöglich wäre. Zwar wird die Schlussfolgerung des LSG häufig zutreffen, jedoch ist die vom LSG zugrunde gelegte generelle Aussage wissenschaftlich nicht belegt, so dass es im Einzelfall nicht ausgeschlossen und dementsprechend jeweils erst im Rahmen der Amtsermittlung festzustellen ist, ob individuelle, dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechende Umstände vorliegen, die im konkreten Einzelfall den Ursachenzusammenhang als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen (BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 52). Dies lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG indes nicht beurteilen, das - von seiner Rechtsansicht her konsequent - die Ermittlungen bereits mit der Bejahung der Konstellation B3 beendet hat." -
lässt sich dies jedenfalls unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des BSG nicht mehr begründen. Ist das BSG noch im Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, - wenngleich in etwas unklarem Kontext mit dem zu Recht verzichtbaren Erfordernis epidemiologischer Studien, weil solche Studien nicht zwingend für die Bildung einer anerkannten herrschenden Meinung vorausgesetzt werden können - davon ausgegangen, dass bei Fehlen eines aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstands die Bejahung des Ursachenzusammenhangs nicht ausgeschlossen sei, weil das Tatsachengericht in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Meinung folgen könne (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R:
"Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG SozR Nr 33 zu § 128 SGG; ähnlich Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl 2005, § 108 RdNr 9)."),
so hat das BSG diese Meinung jedenfalls nicht aufrecht erhalten. So hat es später klargestellt, dass der Begriff des aktuellen medizinischen Erkenntnisstands voraussetzt, dass dieser Erkenntnisstand der herrschenden medizinischen Meinung entsprechen muss. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Urteil des BSG vom 24.07.2012, B 2 U 9/11 R:
"Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18)."
und dem Urteil des BSG vom 16.03.2021, B 2 U 11/19 R:
"Bei BKen ist von den Tatsachengerichten jeweils der im Entscheidungszeitpunkt aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zugrunde zu legen (vgl die Darstellung in BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 24 RdNr 18 mwN). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 11/14 R - BSGE 120, 230 = SozR 4-2700 § 9 Nr 26, RdNr 16 f; BSG Urteil vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 7 RdNr 22)."
Dass die Beurteilung der Kausalität im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nur auf der Grundlage der herrschenden medizinischen Meinung erfolgen kann und bei Fehlen einer solchen herrschenden Meinung nicht auf eine medizinische Meinung zurückgegriffen werden kann, die sich (noch) nicht zur herrschenden Meinung entwickelt hat, ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem in den Grundzügen ähnlichen Recht der sozialen Entschädigung (Versorgungsrecht). Mit der bis zum 31.12.2023 geltenden Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 Bundesversorgungsgesetz bzw. danach des § 4 Abs. 6 Satz 1 Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch (sogenannte Kann-Versorgung) hat der Gesetzgeber eine Regelung dazu getroffen, wie im Recht der sozialen Entschädigung die Kausalitätsbeurteilung vorzunehmen ist, wenn in der medizinischen Wissenschaft eine allgemeine, also abstrakte theoretische Ungewissheit über die Ursache einer Gesundheitsstörung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995, 9 RV 17/94 ), es also keine herrschende medizinische Meinung betreffend die Kausalitätsbeurteilung gibt. In solchen Fällen genügt es im Recht der sozialen Entschädigung für die Herstellung des Kausalzusammenhangs, wenn es wenigstens eine wissenschaftliche Lehrmeinung gibt, die einen generellen, in der Regel durch statistische Erhebungen untermauerten Zusammenhang zwischen besonderen körperlichen Belastungen und einer festgestellten Erkrankung sieht, also die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs positiv vertritt (vgl. BSG, Beschluss vom 07.07.2022, B 9 V 2/22 B); das BSG spricht hier auch von der "guten Möglichkeit" eines Zusammenhangs (BSG, Urteile vom 12.12.1995, 9 RV 17/94, und vom 17.07.2008, B 9/9a VS 5/06). Würde man, wie dies das BSG im Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 6/13 R, für den Bereich des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung zu tun scheint, bei Fehlen einer herrschenden Meinung die Beurteilung der Kausalität anhand einer medizinischen Lehrmeinung zulassen, würde damit in unzulässiger Weise für die Beurteilung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Grundsätze der Kann-Versorgung des Rechts der sozialen Entschädigung zurückgegriffen, ohne dass dies vom Gesetzgeber im SGB VII vorgesehen wäre. Eine derartige Erweiterung wäre aber nur dem Gesetzgeber vorbehalten und ist der Judikative verwehrt (Grundsatz der Gewaltenteilung - Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz).
Mit der an die Tatsachengerichte gerichteten Forderung einer Einzelfallprüfung in den Fällen eines fehlenden Konsenses und damit auch bei der Konstellation B3 der Konsensempfehlungen setzt sich das BSG daher in Widerspruch zu dem von ihm wiederholt bekräftigten Grundsatz, dass die Kausalitätsprüfung auf der Grundlage des aktuellen anerkannten Stands der medizinischen Wissenschaft zu erfolgen hat.
Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass mit der Subsumtion des Falles unter die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen die Kausalitätsprüfung mit einem für den Kläger negativen Ergebnis abgeschlossen ist.
4.3.
Hilfsweise: Prüfung der Zusammenhangs über die Konsensempfehlungen hinaus
Aber selbst dann, wenn entgegen den obigen Ausführungen der nicht überzeugenden Entscheidung des BSG vom 23.04.2015, B 2 U 6/13 R, gefolgt würde, würde sich keine für den Kläger günstige Bewertung des Kausalzusammenhangs ergeben. Denn auch bei einer reinen Einzelfallbeurteilung über die Vorgaben der Konsensempfehlungen hinaus würde sich ein Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS nicht hinreichend wahrscheinlich machen lassen. Denn die gegen einen Zusammenhang sprechenden Gründe haben, wie auch der gerichtliche Sachverständige R ausführlich und überzeugend erläutert, ein ganz überwiegendes Gewicht; für einen Zusammenhang spricht letztlich nichts:
* Der Kläger war mit Blick auf eine Bandscheibenbelastung nur einer vergleichsweise geringen Gesamtbelastung ausgesetzt. Die bis zum Ende des Berufslebens erfolgte zweifelsfrei nachgewiesene Gesamtbelastung des Klägers von 15,29 MNh liegt zwar noch über dem hälftigen Orientierungswert von 25 MNh, aber doch deutlich unter dem Orientierungswert. Bei einer so deutlichen Unterschreitung des Orientierungswertes ist eine beruflich bedingte Schädigung eher nicht zu erwarten; die medizinischen Voraussetzungen sind damit mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, wobei es im Falle des Klägers keine medizinischen Gesichtspunkte gibt, die besonders auf eine berufliche Verursachung hindeuten.
Dass beim Kläger eine höhere Gesamtbelastung vorgelegen hätte, als sie der Präventionsdienst der Beklagten ermittelt hat, ist nicht nachgewiesen. Überzeugende Gründe dafür, dass die Arbeitsbedingungen des Klägers von denen vergleichbarer Beschäftigter der Post, wie sie Grundlage für die Ermittlung des Präventionsdienstes waren, abweichen, sind nicht nachgewiesen.
* Ein belastungskonformer Verlauf der Erkrankung liegt nicht vor. Chronische und sich regelmäßig wiederholende Rückenschmerzen im Lumbalbereich sind bereits ab Mitte der 1990er Jahre (so der ärztliche Entlassungsbericht der R-Klinik vom 30.05.2007) bzw. ab 07/1997 häufig (so die Angaben des Klägers im Fragebogen der Beklagten, ausgefüllt am 20.03.2012) aufgetreten. Bis zum Auftreten erster relevanter Beschwerden des Klägers im Jahr 1997 hat der Präventionsdienst eine Gesamtdosis von bis dahin nur 1,75 MNh errechnet. Dass bereits nach einer so geringen Belastung nicht unbedeutende Beschwerden, die auch in zeitlich naher Folge zu Rehaaufenthalten geführt haben, aufgetreten sind, gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Beschwerden des Klägers mit großer Wahrscheinlichkeit ihre wesentliche Ursache nicht in beruflichen Belastungen, sondern in einer Anlage des Klägers oder in außerberuflichen Ursachen haben. Denn es fehlt an einer plausiblen zeitlichen Korrelation zwischen beruflicher Belastung und Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung, wie es Grundvoraussetzung für die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen beruflicher Belastung und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ist (so auch die Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 216).
* Gegen ein belastungskonformes Schadensbild spricht, dass das durch Hebe- und Tragetätigkeiten am meisten belastete unterste Segment der LWS, nämlich L5/S1, von altersvorauseilenden Veränderungen der Bandscheibe ausgespart ist. Dies stellt ein gewichtiges Argument gegen eine berufliche Veranlassung der LWS-Beschwerden durch Heben und Tragen dar.
* Der Kläger hat auch im Bereich der HWS, die beruflich nicht belastet war, Beschwerden, was auf eine anlagebedingte Verursachung der Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule und damit auch der LWS hindeutet.
* Eine Begleitspondylose, die auf Hebe- und Tragebelastungen hindeuten würde, gibt es nicht; die beim Kläger vorliegende Spondylose entspricht weitgehend einem altersentsprechenden Befund.
* Die oberen lumbalen Segmente weisen Veränderungen wie bei einem Morbus Scheuermann auf, was auf eine anlagebedingte Erkrankung hinweist.
* Eine Entfaltungsstörung besteht nicht - wie dies bei einer beruflichen Verursachung zu erwarten wäre - im Bereich der unteren LWS, sondern im thorakolumbalen Übergang, also in einem eher belastungsfernen Bereich der Wirbelsäule.
* Beim Kläger liegt ein langjähriges und erhebliches Übergewicht vor. Ob dies, wie dies R getan hat, als (klares) Argument gegen einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung des Klägers und der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS gewertet werden kann, kann offenbleiben. Zwar weisen die Konsensempfehlungen (a.a.O., S. 248) darauf hin, dass es Studien gebe, die einen signifikanten und deutlichen Zusammenhang zwischen Gewicht und Erkrankung sehen, dass aber wegen uneinheitlicher Studienergebnisse noch nicht von einem gesicherten Zusammenhang gesprochen werden könne, also keine herrschende Meinung zu diesem Aspekt existiere. Trotzdem liegt es bei der über den Boden der Konsensempfehlungen hinausgehenden Einzelfallbeurteilung, die ohnehin nicht auf der Grundlage einer herrschenden medizinischen Meinung erfolgen kann (vgl. oben Ziff. 4.1.4. und 4.2.), nicht fern, hier einen Zusammenhang zu sehen, wie dies R in seinem Gutachten vom 01.09.2014 (dort S.16) und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.07.2015 (dort S. 5 f.). ausführlich erläutert hat. Diese Überlegungen erscheinen den Senat auch deshalb nicht fernliegend, weil die BK 2108 von einer Schädigung der Bandscheiben durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten ausgeht und - physikalisch betrachtet - ein jahrelanges und erhebliches Übergewicht einem solchen, vom Verordnungsgeber als schädigend angenommenen Vorgang entspricht. Letztlich kann die Bewertung des Übergewichts aber offenbleiben, da dieser Gesichtspunkt jedenfalls nicht für einen Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung und somit nicht für eine Berufskrankheit spricht.
* Auch die beim Kläger vorliegende Haltungsschwäche und muskuläre Insuffizienz der Rumpfmuskulatur, wie sie R festgestellt hat, legen eine anlagebedingte Schädigung der Bandscheiben nahe, gerade im Zusammenhang mit dem jahrelangen und erheblichen Übergewicht des Klägers.
* Als Alternativursachen können zudem Stoffwechselstörungen und der im Jahr 1990 beendete Nikotinabusus erörtert werden.
* Für eine berufliche Verursachung spricht lediglich ein altersvorauseilendes Schadensbild in den Segmenten L3/L4 und L4/L5, das aber mit Blick darauf, dass das durch Hebe- und Tragebelastungen am meisten beanspruchte Segment L5/S1 von Schädigungen ausgespart ist, so dass ein belastungskonformes Schadensbild nicht vorliegt, von seiner Bedeutung her zu relativieren ist.
Zusammenfassend ist daher bei einer Einzelfallbetrachtung festzuhalten, dass so gut wie nichts für eine durch berufliche Belastungen verursachte bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS, deutlich mehr aber dagegen spricht, sodass von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS und der beruflichen Belastung nicht ausgegangen werden kann.
Der Berufung hat daher keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.