Anwalts- und Prozesskosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit einer Räumungsklage entstehen, sind nicht unabweisbar im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Erstattung von Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 4.550,35 EUR, die ihm im Rahmen einer gegen ihn gerichteten Räumungsklage entstanden sind.
Der Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zwischenzeitlich ist der Kläger aus seiner ursprünglichen Wohnung in der Z-Straße in M-Stadt ausgezogen und ist im Februar 2022 in eine neue Wohnung gezogen, für die der Beklagte auch die Miete vollumfänglich übernimmt.
Im Mai 2021 teilte der Kläger mit, dass er Schwierigkeiten mit seinem Vermieter habe und er laut Urteil des Amtsgerichts M-Stadt bis 30.09.2021 (Az: XYZ)
die Wohnung zu räumen habe. Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wurde mit Beschluss des Landgerichts M-Stadt vom 26.07.2021 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Berufung wurde mit Beschluss vom 08.11.2021 zurückgewiesen (Az: XXX).
Bereits am 30.09.2021 stellte der Kläger per E-Mail einen Antrag auf Übernahme der bis dahin angefallenen Kosten.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 05.10.2021 abgelehnt. Es bestehe weder ein Anspruch gemäß § 21 Abs. 6, 22 Abs. 6, 22 Abs. 8 oder 24 SGB II.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2021 zurückgewiesen wurde.
Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt unter anderem vor, dass die Kosten nur deswegen entstanden seien, weil die Wohnung so günstig gewesen sei und deshalb Probleme aufgetreten seien. Der Beklagte habe dies daher zu verantworten und die Kosten für die Räumungsklage zu übernehmen. Insgesamt reichte der Kläger Rechnungen in Höhe von 4.550,35 EUR ein.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid vom 05.10.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, die Anwalts- und Prozesskosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit der Kündigung seiner Wohnung in der Z-Straße in M-Stadt entstanden sind, zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte und auf die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthaft und als solche zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht erhoben.
2.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 05.10.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten.
a.
Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt soweit diese angemessen sind. Zu den Aufwendungen, die über § 22 Abs. 1 SGB II zu erstatten sind, gehören die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung/Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat. Dies bezieht sich zunächst auf den Mietzins, den der Leistungsempfänger dem Vermieter aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung schuldet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017, Az. L 9 AS 1742/14). Ausnahmsweise sind auch Kosten einer Räumungsklage übernommen werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Räumungsklage für den Leistungsberechtigten nicht abwendbar ist, weil das Jobcenter ihm den Ausgleich des bestehenden Unterkunftsbedarfes durch die Versagung der Leistungen vorenthalten hat und es dadurch zur Räumungsklage kommt (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O. sowie LSG A-Stadt, Urteil vom 30.01.2014, L 7 AS 676/13).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Beklagte hatte die Kosten der Unterkunft und Heizung beim Kläger durchgängig und in voller Höhe übernommen. Die Räumungsklage des Vermieters beruhte hier auf Streitigkeiten bezüglich Schimmelbefalls in der Wohnung und darauf basierender Sanierungsarbeiten, die der Vermieter vornehmen wollte. Streitig war dann die Besichtigung der Wohnung samt Duldung der Instandsetzungsarbeiten.
Demzufolge ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Räumungsklage.
b.
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II.
Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist gemäß § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Der Bedarf ist vorliegend nicht unabweisbar. Damit auch hilfebedürftige Personen gerichtlichen Rechtsschutz und anwaltliche Vertretung in Anspruch nehmen können, gibt es das System der Prozesskostenhilfe. Der Kläger hat einen entsprechenden Antrag gestellt. Dieser ist vom Landgericht mangels Erfolgsaussicht der Berufung abgelehnt worden. Die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz ist in einem solchen Fall, in dem der Rechtsweg keine Aussicht auf Erfolg bietet, nicht unabweisbar. Vielmehr ist es dann das eigene (finanzielle) Risiko des Klägers, den Rechtsstreit trotzdem weiterzuführen. Im Übrigen würde das System der Prozesskostenhilfe unterlaufen, wenn ein dort abgelehnter Antrag über den Weg des § 21 Abs. 6 SGB II bewilligt würde.
c.
Schließlich stellen die streitigen Kosten keine Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 6 SGB II dar und auch keine Schulden oder Forderungen, die mit Schulden im Zusammenhang stehen, sodass auch § 22 Abs. 8 SGB II nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt.
d.
Die Klage ist daher abzuweisen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.