Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Juli 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die höhere Erstfeststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mehr als 40.
Sie ist 1962 geboren, hat nach dem Abitur eine Ausbildung zur Schriftsetzerin abgeschlossen und in verschiedenen Bereichen wie dem Buchdruck, gearbeitet. Anschließend hat sie in einer Firma für Softwareentwicklung für Verlagswesen angefangen. Zwischenzeitlich hat sie in der Schweiz in einem Medienhaus für fünf Jahre gearbeitet. Derzeit ist sie als IT-Applikationsmanagerin tätig. Die Klägerin ist verheiratet, der Ehemann hat Kinder mit in die Ehe gebracht (vgl. Anamnese Rehabilitationsklinik B1, Sachverständiger J1).
Am 21. Dezember 2021 beantragte sie bei dem Landratsamt R1 erstmals die Feststellung des GdB. Vorgelegt wurde der ärztliche Entlassungsbericht der S1-Klinik O1 über die stationäre psychosomatische Behandlung vom 9. Oktober bis 12. November 2013. Als Diagnosen wurden mittelgradige depressive Episoden und Anpassungsstörungen angegeben. Die Psychotherapie solle fortgesetzt werden, die Entlassung sei arbeitsunfähig erfolgt.
Im Operationsbericht des S5 Klinikums O2 vom 28. November 2017 wurde bei morbider Adipositas eine Schlauchmagenoperation beschrieben, weiter eine laparoskopische Leberzystenresektion. Die Operation sei bei einem Body-Mass-Index (BMI) > 40 indiziert.
Im Bericht über die stationäre Behandlung vom 7. bis 8. März 2018 wurde der Verdacht auf eine Dumping-Symptomatik bei Z.n. laparoskopischer Leberzystenresektion und Sleeve-Gastrektomie geäußert. Der BMI betrage 40,8. Das Abdomen sei weich, die Sonographie zeige keinen auffälligen Befund. Die Laborwerte seien unauffällig, ebenso die Endoskopie.
S2, ARCUS Versorgungszentrum P1, gab nach ambulanter Untersuchung vom 20. Juni 2018 an, dass sich die Klägerin mit Schmerzen in der linken Schulter vorgestellt habe. Die Anteversion sei mit 90°, die Abduktion mit 60° möglich. Die Kernspintomographie (MRT) vom 6. Juni 2018 zeige eine beginnende Omarthrose mit Dickenminderung des Knorpels. Klinisch liege eine Schultersteife vor, die Erkrankung und der selbstlimitierende Charakter seien erläutert worden. Auf ein orales Kortison-Schema sei wegen der Magenoperation zunächst verzichtet worden, bei ausbleibender Besserung eine Arthroskopie zu diskutieren.
Vom 29. bis 30. November 2018 wurde die Klägerin stationär in der Adipositas-Chirurgischen Klinik des S5 Klinikums O2 behandelt. In der klinischen Untersuchung sei das Abdomen weich, ohne Abwehrspannung und mit regelrechten Darmgeräuschen in allen Quadranten gewesen. Kardiopulmonal bestünden vesikuläre Atemgeräusche ohne Nebengeräusche, ein rhythmischer, normofrequenter Herzschlag mit reinen Herztönen und ein Blutdruck im Normbereich. Die Symptome seien konservativ mit Infusion, Vitaminen und Schmerzmittel behandelt worden. Am 11. Januar 2019 wurde beschrieben, dass ein Frühdumping bestehe, dessen Ursache unklar sei. Offensichtlich entleere sich der Magen sturzartig über den klaffenden Pylorus in das Duodenum, dessen Dehnrezeptoren das Dumping vermittelten. Die Behandlung sei die Umwandlung in einem Mini Gastric Bypass, mit dem auch die Gewichtskurve verbessert werde. Der operative Eingriff erfolgte während der stationären Behandlung vom 20. bis 27. Februar 2019. Die Entlassung sei beschwerdefrei in die Weiterbehandlung erfolgt.
Der Bericht über die Kernspintomographie (MRT) des linken Kniegelenks vom 19. Oktober 2020 (W1) beschrieb ein Pes-anserius-Syndrom mit kleiner Verkalkung in der Bursa und eine Chondropathia patellae.
Das LRA holte den Befundschein des K1 ein, der eine schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks im Sinne eines Impingementsyndroms beschrieb. Es bestehe eine Tendinopathie sowie eine AC-Gelenkarthrose. Die Belastbarkeit sei schmerzhaft eingeschränkt, ebenso bestehe eine konsekutive Kraftminderung. Therapeutisch komme langfristige Physiotherapie in Frage. An den Kniegelenken bestünden Knorpelschäden im Sinne einer Chondropathia patellae. Dies führe zu einer schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit und Belastbarkeit.
Aufgrund der bariatrischen Operation zur Gewichtsreduktion bestünden Verdauungsbeschwerden, es könne zu Mangelerscheinungen sowie zu rezidivierendem Erbrechen bei übervollem Reservoirmagen kommen. Es bestehe ein funktionelles Kurzdarmsyndrom im Sinne eines Frühdumping-Syndroms. Therapeutisch bestünden keine Optionen mehr. Die arterielle Hypertonie sei medikamentös eingestellt. Bei häuslicher Selbstmessung lägen keine einzelnen Messdaten vor. Über Organbeteiligungen oder Organschäden lägen keine Daten vor.
Weiter legte er Befundberichte vor, darunter, neben bereits aktenkundigen Berichten, den kardiologischen Arztbericht des M1 aufgrund ambulanter Behandlung vom 8. August 2017. Danach habe ein echokardiographischer Normalbefund imponiert.
Die MRT des rechten Kniegelenks vom 7. November 2018 (B2) zeigte eine degenerative Rissbildung des Außenmeniskus, einen Knorpelschaden am medialen Femurcondylus Grad II – III, eine lateral beginnende Gonarthrose sowie einen retropatellarer Knorpelschaden Grad II und einen Reizerguss.
Der Ambulanzbrief der Krankenhauses E1 vom 20. Oktober 2020 gab eine Stuhlentleerungsstörung und Stuhlinkontinenz an. Die Inspektion sei unauffällig, eine wesentliche Blasensenkung nicht zu erkennen. Rektal-digital bestehe ein guter Ruhetonus und Willkürtonus.
Die MRT der rechten Schulter vom 13. Juli 2021 (M2) zeigte eine Tendinopathie der Supraspinatussehne, keinen Nachweis einer Rotatorenmanschettenruptur und eine geringe Omarthrose sowie eine deutliche ACG-Arthrose.
S3 bewertete versorgungsärztlich die Depression mit einem Teil-GdB von 30, den Teilverlust des Magens mit Dumping-Syndrom mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks und den unwillkürlichen Harnabgang je mit einem Teil-GdB von 10.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2022 stellte das LRA einen GdB von 30 seit dem 9. November 2021 fest.
Im Widerspruchsverfahren wurde der Bericht des Klinikums M3 über die ambulante Untersuchung vom 11. April 2022 vorgelegt. Danach seien der Allgemein- und der Ernährungszustand gut gewesen. In der Sonographie habe sich ein Harnstau 2. Grades rechts gezeigt. Am 12. April 2022 sei eine Steinreposition und DJ-Anlage rechts erfolgt. Bei der Kontrolluntersuchung am 6. Mai 2022 wurde ein problemloser intra- und postoperativer Verlauf beschrieben.
Z1 führte versorgungsärztlich aus, dass eine Teilabhilfe möglich sei. Der geltend gemachte Magenbypass und die Anlage eines Sleeve-Magens seien bereits berücksichtigt. Beschrieben sei ein residuelles Frühdumping-Syndrom, sodass eine höhere Bewertung erfolgen könne. Eine dauerhafte und schwergradige Beeinträchtigung des Kräfte- und des Ernährungszustands sei nicht erkennbar. Das geltend gemachten Nierensteinleiden, die Schilddrüsenunterfunktion, der Bluthochdruck sowie der Zustand nach DJ-Einlage rechts bei Harnleitersteinen erreichten nicht das Ausmaß einer Behinderung. Die Depression und der Teilverlust des Magens seien mit einem Teil-GdB von je 30 zu bewerten, der Gesamt-GdB mit 40.
Mit Teilabhilfebescheid vom 17. Oktober 2022 stellte das LRA einen GdB von 40 seit dem 9. November 2021 fest.
Weiter wurde der Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums B1 über die stationäre Rehabilitation vom 26. Juli bis 30. August 2022 vorgelegt. Danach seien wegen der gastoenterologischen Erkrankungen nur leichte Tätigkeiten zumutbar. Zuletzt sei die Klägerin als IT-Applikationsmanagerin beschäftigt gewesen, hierfür bestehe eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr. Alltägliche und berufliche Aktivitäten könnten ohne wesentliche Einschränkungen bewältigt werden.
Der Kräftezustand sei normal, der Ernährungszustand adipös (Aufnahmegewicht 105,9 kg, Entlassungsgewicht 105,6 kg). Es fänden sich keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, Kopf und Hals seien unauffällig. Der Thorax sei symmetrisch und seitengleich beatmet. An den Lungen bestehe ein vesikuläres Atemgeräusch. Die Herztöne seien rein, pathologische Geräusche imponierten keine.
Die Gelenke seien frei beweglich, es bestehe keine Gelenkschwellung, keine Deformitäten, die periphere Pulse seien seitengleich tastbar. An der Wirbelsäule zeigten sich keine abnormen Verbiegungen, sie sei frei beweglich. Motorik und Sensibilität seien unauffällig, die Reflexe seitengleich und die Koordination regelrecht. Der allgemein psychische Befund sei unauffällig.
Das Abdomen sei perkutorisch, palpatorisch und auskultatorisch unauffällig. Die Leber sei normal groß, die Milz nicht tastbar. Die Nierenlager seien unauffällig, inspektorisch finde sich keine perianale Wunde. Bei der digitalen Untersuchung zeige sich ein normaler Ruhetonus und ein deutlich reduzierter Kneiftonus. Die Stuhlinkontinenz sei mit Grad I, entsprechend einer Feinverschmutzung, zu bewerten. Die Stuhlfrequenz sei mit drei- bis viermal pro Tag angegeben worden. Die Harnblase sei ohne Befund, in der rechte Niere zeige sich ein Nierenstein ohne Stauung und Infektzeichen.
Die antihypertensive Therapie sei angepasst worden, das Dumpingprofil unauffällig. Ein 24-Stunden-Monitoring im ambulanten Bereich werde empfohlen. Die salznormalisierte Kost sei gut vertragen worden. In der Sonographie habe eine Nierenstauung ausgeschlossen werden können. Eine kardiologische Kontrolle sei empfohlen worden.
Der K1 führte am 26. Oktober 2022 aus, dass die Klägerin aufgrund einer schweren Covid-Infektion und prolongierter Beschwerdepersistenz an den Theorie- und Praxiskursen im Oktober und November 2022 für das Leistungsabzeichen in Bronze für den Blasmusikverband nicht teilnehmen könne.
Z1 legte versorgungsärztlich dar, dass die im Entlassungsbericht beschriebene Stuhlinkontinenz bereits berücksichtigt sei. Wesentliche und dauerhafte Einschränkungen des Kräfte- und Ernährungszustandes seien nicht erkennbar. Aktuelle und aussagekräftige Facharztbefunde nach abgelaufener sechsmonatiger Ausheilungszeit nach geltend gemachter Covid-19-Infektion lägen nicht vor. Wesentliche und somit GdB-relevante Residuen seien somit nicht erkennbar.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S4 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2023 zurück. Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang erfasst und unter Berücksichtigung der VG angemessen bewertet worden. Die weiter geltend gemachten Funktionseinschränkungen führten zu keinen höheren Teil-GdB als 10 und wirkten sich daher nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus.
Am 22. Februar 2022 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und den Bericht über die Gastroskopie vom 24. März 2023 (Z.n. Sleeve-Gastrektomie, erosive Gastritis) sowie den Antrag auf Kostenübernahme für Funktionstraining bei Lumboischialgie vorgelegt, weiter das Attest des K1 vom 4. April 2023. Danach bestehe ein chronisches Fatigue-Syndrom nach Covid-19-Infektion in Verbindung mit chronischen Muskelschmerzen, rascher Ermüdbarkeit und Leistungsmangel.
Besonders schwerwiegend und belastend sei das chronische degenerative Lumbalsyndrom mit Neuroforamenstenose und begleitender Nervenwurzelbeteiligung. Diese Situation führe zu merklichen Einschränkungen der Mobilität und der Beweglichkeit. Es bestünden auf verschiedenen Höhen der Lendenwirbelsäule (LWS) deutliche arthrotische Veränderungen.
Auf den Hinweis des SG, dass keine Behandlung hinsichtlich einer Depression zu erkennen sei, hat die Klägerin ein Schreiben des K1 vom 25. Mai 2023 vorgelegt. Danach bestehe eine chronische mittelgradige Depression mit flukturierendem Verlauf sowie eine chronische Angststörung. Es bestehe eine medikamentöse Therapie und eine regelmäßige ärztliche Mitbehandlung. Weiterhin habe zudem die Notwendigkeit einer stationären Behandlung bestanden (Verweis auf den aktenkundigen Entlassungsbericht aus 2013). Aufgrund der sehr komplikationsträchtigen postoperativen Verläufe und der rezidivierenden stationären Aufenthalte wegen eines chronischen Nierenleidens sei die psychische Situation zusätzlich deutlich verschlechtert. Weiterhin habe sich das bekannte Dumping-Syndrom merklich verschlechtert im Sinne einer ausgeprägten vegetativen Dysregulation mit Kollapszuständen.
Die Computertomographie (CT) des Abdomens vom 3. Mai 2023 (Z2) ergebe den Nachweis zahlreicher Leberherde, am ehestens Zysten entsprechend. Nebenbefundlich bestehe eine Coxarthrose links.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. Juli 2023 abgewiesen. Im Funktionssystem „Verdauungsorgane“ betrage der Teil-GdB 30. Es bestehe ein Z.n. Sleeve-Gastrektomie, Früh-Dumpingsyndrom und Stuhlinkontinenz Grad I. Der Allgemeinzustand der Klägerin werde als gut beschrieben, eine Einschränkung des Kräfte- und Ernährungszustandes liege nicht vor. Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ betrage der Teil-GdB maximal 20. Eine fachärztliche Behandlung finde nicht statt, der Entlassungsbericht der Rehabilitation beschreibe einen unauffälligen Befund. Die von K1 genannte Diagnose einer mittelgradigen Depression und Angststörung entbehre jeder Grundlage. Die von ihm behauptete Medikation finde sich in den Klinikberichten nicht. Weitere Funktionseinschränkungen ergäben sich insbesondere aus dem Entlassungsbericht über die Rehabilitation nicht. Weitere Ermittlungen von Amts wegen seien nicht durchzuführen, die Beweisausforschungsanträge abzulehnen gewesen.
Am 27. Juli 2023 hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Mehrfach sei erstinstanzlich darauf hingewiesen worden, dass die Einholung aktueller medizinischer Befundberichte im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zwingende Voraussetzung sei, was jedoch seitens des Erstgerichts nicht veranlasst worden sei. Es sei kein Sachverständigengutachten eingeholt worden und keine Exploration erfolgt. Die Einschätzungen des Beklagten basierten lediglich auf der Aktenlage und keiner konkreten Fragestellung, die seitens der behandelnden Ärzte und Therapeuten beantwortet worden wäre. Soweit sich das SG den Feststellungen des Beklagten angeschlossen habe, überzeugten die Begründungen nicht, da sie weder durch eingeholte Befundberichte der behandelnden Ärzte und Therapeuten mit konkreten Fragestellungen belegt worden seien, noch erkennbar sei, auf welcher medizinischer Fachkenntnis und medizinfachlichen Empfehlung die gerichtliche Einschätzung beruhe. Es sei nicht einmal dargetan, dass das SG über eigene medizinische Fachkenntnis verfüge, um derartige Einschätzungen ohne Exploration und Untersuchung treffen zu können. Es werde die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, indem keine Befundberichte eingeholt und kein Sachverständigengutachten beauftragt worden sei.
Die Verletzung rechtlichen Gehörs werde auch dadurch begründet, dass nicht nur der Amtsermittlungsgrundsatz verletzt worden sei, sondern dass gegen ihren Willen ohne mündliche Verhandlung entschieden worden sei. Der Sachverhalt sei nur dann im Sinne des § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geklärt, wenn aufgrund des Sachvortrags der Beteiligten und der beigezogenen Akten Zweifel hinsichtlich des Sachverhalts ausgeschlossen seien.
Die Auswertung eingeholter Befundberichte der behandelnden Ärzte genüge nicht, um den Erfordernissen der Amtsermittlung gerecht zu werden, zumal vom SG keine eigene Befundanforderung veranlasst worden sei. Die eingereichten Befundberichte seien nur schriftliche Zeugenaussagen. Zur Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht bedürfe es regelmäßig der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Soweit das SG meine, die angeführte Diagnose einer mittelgradigen Depression und Anpassungsstörung entbehre jeglicher Grundlage, seien keine eigenen Ermittlungen des SG erfolgt. Auch einem medizinisch Unkundigen dürfte aufgrund eigener Lebenserfahrung bekannt sei, dass sich psychische Beeinträchtigungen und Magen-Darm-Probleme bedingten. Sie sei seit Jahren bei dem K1 in Behandlung, sodass dieser sehr wohl berufen sei, Feststellungen zu den psychischen Beeinträchtigungen zu treffen. Dass sie es ablehne, sich wegen der psychischen Beeinträchtigungen medikamentös behandeln zu lassen, rechtfertige nicht die Annahme, dass die Beeinträchtigungen nicht bestünden. Da das SG keine eigenen Ermittlungen angestellt habe, seien ihre Ausführungen zu ihren psychischen Beeinträchtigungen als unstrittig anzusehen und mit einem eigenen GdB festzustellen.
Soweit auf eine chronische Schmerzsymptomatik verwiesen werde, sei kein Befundbericht angefordert worden, obwohl der Hausarzt dies bestätigen könne. Es sei nicht ihre Aufgabe, ohne konkrete gerichtliche Hinweise ergänzende medizinische Stellungnahmen im Parteibetrieb auf bloßen Verdacht hin, beizubringen.
Das Rehabilitationszentrum B1 habe keine orthopädische Rehabilitation durchgeführt, sodass die GdB-relevanten Bewegungseinschränkungen dort nicht im GdB-relevanten Umfang exploriert worden seien. Weiter sei nicht ermittelt worden, weshalb sich bei ihr nach einem operativen Eingriff sofort neue Nierensteine bildeten. Die Magenbypassoperation begünstige die Entstehung von Nierensteinen (Verweis auf einen in Kopie vorgelegten Aufsatz). Soweit das SG meine, der Bluthochdruck mit Augenhintergrundveränderung ergebe sich aus dem Aktenmaterial nicht, habe es keine eigenen Ermittlungen durchgeführt. Dass sie bezüglich der arteriellen Hypertonie medikamentös eingestellt sei, rechtfertige nicht die Annahme, dass keine GdB-relevante Beeinträchtigung unter Einbeziehung anderer Organe bestünden. Letztlich überzeugten die Ausführungen zu den Beweisausforschungsanträgen schon deshalb nicht, da im Verfahren kein konkreter Beweisantrag gestellt worden sei.
Weiter hat sie die Verordnung von Kompressionsstrümpfen (Angabe: „Zeitraum 6 Monate“) und Physiotherapie vom 4. April 2024 sowie die Bescheinigung des K1 vom 3. Juni 2024 vorgelegt. Letzterer hat ausgeführt, dass die vorangegangene bariatrische Operation bezüglich des Lipödems keine Besserung gebracht habe, eine regelmäßige Lymphdrainage sei notwendig.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Juli 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 16. Mai 2022 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 17. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2023 einen Grad der Behinderung von nicht unter 50 ab dem 9. November 2021 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung. Im Funktionssystem „Verdauung“ sei ein Teil-GdB von 30 anzunehmen, hier seien der Zustand nach Sleeve-Gastrektomie, ein Früh-Dumpingsyndrom und einer Stuhlinkontinenz Grad I berücksichtigt. Die Befundberichte beschrieben einen guten Allgemeinzustand und eine Einschränkung des Kräfte- und Ernährungszustandes liege nicht vor, der BMI betrage 37,6. Die Depression bewerte das SG entgegen der Einschätzung des Beklagten nur mit einem Teil-GdB von 20, die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen wirkten nicht erhöhend.
Die Klägerin hat die Behandlungsdokumentation des K1 und weitere Befundberichte zur Akte gereicht, insoweit wird auf Blatt 60 ff. der Senatsakte verwiesen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat das Sachverständigengutachten des J1, Schmerzzentrum B3, aufgrund ambulanter Untersuchung vom 17. Januar 2024 erhoben. Diesem gegenüber hat die Kläger bei der Untersuchung angegeben, Schmerzen im linken Knie zu haben sowie ein schmerzhaftes Gefühl im Brustbereich. In der linken Hand beginne ein Arthroseschub. Sie spiele täglich Saxophon, habe einen Lehrer, da sie erst 2017 mit dem Spielen angefangen habe. Sie nehme „ganz oft“ Novalgin ein, andere Schmerzmittel dürfe sie wegen ihres Magens nicht einnehmen. Die Kopfschmerzen habe sie schon seit der Pubertät, sei deswegen auf der Arbeit auch oft ausgefallen. Diese würde sich bei körperlicher Tätigkeit nicht verstärken. Sie sei deswegen öfter beim Arzt gewesen, in der MRT des Kopfes habe man nichts gefunden.
Auf die Nachfrage, weshalb die Kopfschmerzen bei den früheren Begutachtungen nicht angegeben worden seien, habe die Klägerin angeführt, dass sie das verdränge und auch keiner danach gefragt habe. Erst bei den jetzigen Fragebögen sei ihr das bewusst geworden. Die Schmerzen an der LWS bestünden seit Jahren und würden im Laufe der Zeit immer schlimmer, die an der linken Schulter seien schon seit vielen Jahren vorhanden.
Die Klägerin habe sich zügig im Wartebereich erhoben und sei mit raumgreifenden Schritten rasch in das Untersuchungszimmer gelaufen. Sie habe die ganze Zeit sitzen bleiben können, zur körperlichen Untersuchung habe sie sich zügig entkleidet, sich problemlos hinlegen und aufrichten können. Hinsichtlich des Schmerzes liege ein Chronifizierungsgrad II nach Gerbershagen vor.
Der Allgemeinzustand sei reduziert, der Ernährungszustand deutlich adipös. Bei einer Größe von 171 cm betrage das Gewicht 110 kg, entsprechend einem BMI von 36,9 kg/m2. Haut und sichtbare Schleimhäute seien gut durchblutet, es fänden sich keine Ödeme, kein Exanthem und kein Enanthem. Im Bereich des Halses sei die Bewegung mäßig eingeschränkt, die Nervenaustrittspunkte seien frei. Die Seitneigung von HWS und BWS sei erheblich eingeschränkt. An den Schultern zeige sich ein schlaffes Muskelprofil beidseits. Links sei der Schürzengriff nicht vollständig ausführbar, das Anheben des linken Armes gelinge nur knapp über die Waagerechte. An den oberen Extremitäten bestehe ein unauffälliges Muskelprofil beidseits, aktiv und passiv frei beweglich, bei unauffälligem Muskeltonus. Die Handgelenke seien frei beweglich, die Muskelkonturen seien orientierend symmetrisch, weshalb auf die Messung der Umfänge verzichtet worden sei.
Es zeige sich ein weitgehend lotrechter Aufbau der Wirbelsäule bei Schultergeradstand. Im Stehen von der Seite werde der Kopf deutlich vor dem Lot gehalten, bei L3 bis L5 werde ein Klopfschmerz angegeben. Die LWS sei gerade, bei normaler Schwingung. Druck- und Klopfschmerzen würden im Bereich der gesamten LWS angegeben, das Zeichen nach Lasèque sei beidseits negativ. Der FBA betrage 50 cm. An den Hüftgelenken zeigten sich deutliche Zeichen einer Arthrose, insbesondere die Außenrotation der Hüftgelenke sei praktisch nicht möglich. Die Beweglichkeit sei aktiv und passiv frei. An den Beinen bestehe ein deutliches Lymphödem beidseits. Die „Tender-Points“ im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms seien negativ, der Reflexstatus unauffällig.
Psychisch bestünden schmerzbedingte Hinweise für Bewusstseinseinengungen, ansonsten keine Bewusstseinserweiterungen oder Bewusstseinsverschiebungen. Die Orientierung sei vollständig, es bestehe eine leichtgradige Beeinträchtigung der Auffassungsgabe, der Konzentrationsfähigkeit, der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Weiter lägen Hinweise auf eine leichte Störung der Lern- und Merkfähigkeit vor. Aufmerksamkeitsstörungen bestünden keine, die Ablenkbarkeit sei leicht erhöht, die kognitiven Funktionen ungestört. Das Reaktionsvermögen sei leichtgradig verzögert, Hinweise für Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses bestünden nicht. Das formale Denken sei geordnet, nicht verlangsamt und nicht gehemmt. Hinweise auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bestünden nicht. Affektiv sei die Stimmung leicht dysphorisch gereizt, die affektive Modulationsfähigkeit leicht reduziert im Zusammenhang mit den bestehenden Funktionseinschränkungen, Insuffizienzgefühlen und reduziertem Selbstwert. Der Antrieb sei schmerzbedingt reduziert. Gestik und Mimik seien regelrecht und situationsadäquat, es bestehe eine leichte psychomotorische Unruhe. Die Impulskontrolle sei erhalten, eine chronische Einschlafstörung werde berichtet. Eine akute oder latente Suizidalität bestehe nicht, der letzte Urlaub sei im Herbst in Sachsen verbracht worden, davor an der Nordsee und viel in Kroatien.
Der Einbeinstand sowie der Zehen- und Hackenstand seien beidseits sicher möglich, der Unterberger Tretversuch ebenso unauffällig wie der Romberg-Stehtest.
Nach der ICD-11 lägen ein chronisches ausgeprägtes Schmerzsyndrom, ein chronischer Spannungskopfschmerz, eine Anpassungsstörung, eine depressive Episode und eine Adipositas per magna vor.
Gegen die Verwendung von Fragebögen in der Begutachtung werde immer wieder vorgebracht, dass sie nur subjektiv und deshalb weder aussagefähig noch verwertbar seien. Diese Behauptung halte einer nur einer oberflächlichen Betrachtung stand. Der Gutachter stehe vor der Herausforderung, subjektive Eindrücke und Empfindungen der Betroffenen objektivieren zu müssen. Dabei könnten die Fragebögen helfen, da sie eine Konsistenzprüfung ermöglichten.
Im Vordergrund des Beschwerdekomplexes der Klägerin stehe eine chronifizierte Störung der Schmerzverarbeitung, die zur Ausprägung eines Vollbildes einer eigenständigen Krankheit geführt habe. Dieser Umstand gewinne insbesondere an Bedeutung, da durch den weiteren Krankheitsverlauf gelegentlich der Gesamtbefund als Krankheitsstadium erkennbar werde und die bisher erhobenen einzelnen Befunde an Relevanz verlören.
Chronisch schmerzkrank seien alle Betroffenen, bei denen der Schmerz seine Leit- und Warnfunktion verloren und selbstständigen Krankheitswert erlangt habe. In diesen Fällen führe das Schmerzleiden zwangsläufig zu psychopathologischen Veränderungen. Die Klägerin erhebe den Schmerz neben ihrem für sie letztendlich unverständlichen Gewichtsproblem mit den nachfolgenden Operationen zum Mittelpunkt ihres Denkens und Verhaltens, dadurch werde sie ihrem sozialen Umfeld entfremdet, was zu einer Vertiefung des psychopathologischen Krankheitsbildes oder zu entsprechenden Persönlichkeitsveränderungen führen könne. Es müsse festgestellt werden, dass die Nichtbehandlung psychischer Probleme nicht bedeute, dass diese nicht vorhanden seien. Die Klägerin verstehe die psychischen Veränderungen als im Zusammenhang mit den Brüchen in ihrer Biographie, dies sei nicht falsch und könne nachvollzogen werden. Eine psychische Behandlung sei nur in einem dauerhaften Kontext sinnvoll und möglich, hier seien die Ressourcen in Wohnortnähe der Klägerin sehr begrenzt, sodass ihr hieraus kein Nachteil erwachsen dürfe. Kennzeichnend für diese chronischen Schmerzkranken seien oft Behandlungsversuche über eine lange Zeit, die nicht erfolgreich gewesen seien.
Der Teilverlust des Magens sei mit einem Teil-GdB von 30, die Migräne und die Kopfschmerzen ebenfalls mit einem Teil-GdB von 30 sowie die Anpassungsstörung bei chronischen Schmerzen mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten, sodass sich ein Gesamt-GdB von 50 ergebe. Die bisher vorliegenden Feststellungen und Beurteilungen seien nicht umfangreich und berücksichtigten den Gesamtzustand nur unzureichend. Die chronischen Schmerzen hätten bisher keine Berücksichtigung gefunden, lägen aber vor und hätten einen wenigstens mittelschweren Ausprägungsgrad.
Der Beklagte ist dem Sachverständigengutachten durch Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme der B4 entgegengetreten. Diese hat ausgeführt, dass über die Häufigkeit der Lymphdrainagen in dem Bericht vom 3. Juni 2024 nicht berichtet werde. Der Rehabilitationsentlassungsbericht aus B1 von 2022 beschreibe explizit keine Beinschwellungen, der Bericht gehe indessen davon aus, dass das Lip-/Lymphödem bereits nach der Hysterektomie 2009 aufgetreten sei. Im Befund des Universitätsklinikums F1 aus Juli 2023 sei ebenfalls vermerkt, dass Beinödeme nicht vorlägen. Der Sachverständige J1 beschreibe ein deutliches Lymphödem beidseits. Die Stimmung der Klägerin sei dysphorisch gereizt, der Antrieb schmerzbedingt reduziert. Die von ihm beschriebenen chronischen Einschlafstörungen seien anhand der als gut beschriebenen Einschlaffähigkeit nicht nachvollziehbar, ein Kopfschmerzkalender werde nicht vorgelegt. Eine Schmerzmedikation werde nicht eingenommen, obwohl mittlerweile auch nebenwirkungsarme Substanzen vorfügbar seien. Eine fachärztliche schmerztherapeutische Begleitung sei nicht aktenkundig, bei vermuteter Migräne eine entsprechende Prophylaxe nicht dokumentiert. Ein Teil-GdB von 30 könne dem psychiatrischen Befund nicht entnommen werden, gleiches gelte für die mangelnden Einschränkungen in der Lebensgestaltung. Eine stimmungsaufhellende Medikation werde nicht eingenommen. Der Teil-GdB von 30 könne lediglich unter Berücksichtigung der Schmerzanamnese angenommen werden, wobei sich Überschneidungen zum Nierensteinleiden und den orthopädischen Erkrankungen ergäben. Auf orthopädischem Fachgebiet ergäben sich keine Hinweise auf längerdauernde höhergradige Funktionseinschränkungen. Die Gelenke seien in der Rehabilitation 2022 alle frei beweglich gewesen. Die Depression und das chronische Schmerzsyndrom seien mit einem Teil-GdB von 30, der Teilverlust des Magens mit einem Teil-GdB von 30 sowie die Funktionsbehinderung der Schultergelenke, die Funktionsbehinderungen des Kniegelenks, der unwillkürliche Harnabgang sowie das Nierensteinleiden und das Lymphödem der unteren Extremität seien jeweils mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten, ein höherer Gesamt-GdB als 40 ergebe sich nicht.
Hierzu hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Darlegungen nur als Parteivortrag des Beklagten zu sehen seien, die nicht mit einem Gutachten nach Exploration gleichgesetzt werden könnten. J1 habe das Lipödem eindeutig erwähnt und es nicht nur zum Bestandteil seiner Einschätzungen gemacht. Dieser stütze seine Einschätzung vielmehr auf andere Störungen, die er aufgezeigt, belegt und kommentiert habe. Der Universitätsklinikum F1 erwähne die Ödeme deshalb nicht, weil die Beine nicht untersucht worden seien. Der Befundbericht des K1 vom 3. Juni 2024 belege das Lipödem, es werde zweimal wöchentlich Lymphdrainage durchgeführt. Es bestehe deshalb schon seit Jahren eine schmerzhafte körperliche Einschränkung. Dass die bisher behandelnden Ärzte und Therapeuten keine Untersuchungen und Befunderhebungen durchgeführt hätten, rechtfertige nicht die Annahme, dass nicht bereits seit mehreren Jahren eine gesundheitliche Beeinträchtigung bestehe. Die Krankenkasse habe am 11. Juni 2024 entsprechende Hilfsmittel bewilligt. Einem betroffenen Schmerzpatienten könne kein genereller Vorwurf gemacht werden, wenn er bei bestehenden Schmerzen keine Schmerzmittel einnehme. J1 habe durch eine leitliniengerechte Befunderhebung die bestehenden Einschränkungen erfasst und bewiesen. Weder aus dem Gesetz noch aus etwaigen Verordnungen ergebe sich eine Verpflichtung des Patienten zur „regelmäßigen medikamentösen und fachärztlichen Behandlung“. Am 25. Juni 2024 finde eine CT-Untersuchung der Niere statt, die versorgungsärztliche Stellungnahme sei J1 zur Ergänzung seines Gutachtens zu übersenden. Zu dem Ergebnis der erfolgten CT-Untersuchung ist in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt worden, dass diese operationsbedürftige Nierensteine von einer Größe bis 17 mm ergeben habe, die Blase sei normal gefüllt gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 10. Juli 2023, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf höhere Erstfeststellung des GdB unter Abänderung des Bescheides vom 16. Mai 2022 in der Fassung des Teilabhilfebescheides (§ 86 SGG) vom 17. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 15. Februar 2023 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34).
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 16. Mai 2022 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 17. Oktober 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Auch zur Überzeugung des Senats, wie des SG, hat der Beklagte den Gesamt-GdB mit 40 nicht rechtswidrig zu niedrig festgestellt. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Aus dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten folgt nichts anderes, da die rechtliche Bewertung des Sachverständigen zu den Teil- GdB und dem Gesamt-GdB in Ermangelung von tragfähigen Befunden, die seine Einschätzung tragen könnten, nicht überzeugend war. Insbesondere war der Sachverständige zu der von B4 versorgungsärztlich ebenfalls beanstandeten Teil- und Gesamt-GdB-Bildung nicht ergänzend zu hören, da es sich um eine rechtliche Bewertung handelt. Im Übrigen hat die Versorgungsärztin nur die Aktenlage referiert und auf dort dokumentierte Befunde hingewiesen, dieses Vorbringen des Beklagten hatte der Senat zu würdigen.
Die versorgungsärztliche Stellungnahme verwertet der Senat als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen, da die Beteiligten schon nicht gehindert sind, eigene Gutachten in das Verfahren einzubringen (Urteil des Senats vom 9. Dezember 2021 – L 6 VG 2424/21 –, juris, Rz. 96), sodass für eine versorgungsärztliche Stellungnahme, die sich mit dem eingeholten Gutachten insbesondere im Hinblick auf Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage auseinandersetzt und damit selbst kein Gutachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R –, juris, Rz. 26), nicht anderes gilt (so auch BSG, Urteil vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, juris, Rz. 19). Zwar handelt es sich bei der versorgungsärztlichen Stellungnahme um kein Beweismittel im Sinne des Beweises durch Sachverständige, sie ist aber im Rahmen des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu würdigen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B –, juris, Rz. 19; BSG, Urteil vom 23. September 1957 – 2 RU 113/57 –, juris, Rz. 8).
Der Anspruch richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Nachdem noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen, somit die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412), entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 – B 9 V 25/98 R –, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als „Alterskrankheiten“ (etwa „Altersdiabetes“ oder „Altersstar“) bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 – B 9 SB 1/03 R –, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – B 9 SB 35/10 B –, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSGE 82, 176 [177 f.]). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Gesamt-GdB mit 40 nicht rechtswidrig zu niedrig festgestellt worden ist.
Die vorwiegenden Funktionseinschränkungen der Klägerin liegen im Funktionssystem „Verdauung“, welches entgegen der versorgungsärztlichen Einschätzung des Z1 und in Übereinstimmung mit dem S3 nur mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist.
Nach den VG, Teil B, Nr. 10.2.1 ist eine Teilentfernung des Magens je nach Beschwerden mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten, bei anhaltenden Beschwerden wie z.B. einem Dumping Syndrom mit einem GdB von 20 bis 40. Eine Totalentfernung des Magens ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes führt zu einem GdB von 20 bis 30, bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder Komplikationen zu einem GdB von 40 bis 50.
Ausgehend von diesen Maßstäben kommt ein höherer Teil-GdB als 20, wie ihn S3 versorgungsärztlich ebenfalls eingeschätzt hat, nicht in Betracht. Eine Totalentfernung des Magens liegt bei der Klägerin bereits nicht vor. Aber auch eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, schon gar nicht dauerhafter Art, sind nicht objektiviert, worauf Z1 versorgungsärztlich zu Recht hingewiesen hat. Dem aktuellen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik B1 2022 über die vierwöchige Maßnahme mit der Möglichkeit einer längeren Verlaufsbetrachtung ist vielmehr in aller Deutlichkeit das Gegenteil zu entnehmen, nämlich, dass ihr Kräftezustand normal und der Ernährungszustand (weiterhin) deutlich adipös gewesen ist. Das Dumpingprofil wird als unauffällig beschrieben, die Stuhlinkontinenz mit Grad I nur im Sinne einer Feinverschmutzung bewertet, somit hat sich der im März 2018 und dann erneut im Januar 2019 geäußerte Verdacht im Rahmen der damaligen stationären Behandlung nicht bestätigt. Z1 ist daher versorgungsärztlich zu Unrecht von einem Frühdumping-Syndrom ausgegangen, was allein die Annahme seines Abhilfevorschlags hätte rechtfertigen können, wofür es aber an tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt. J1 hat diesen Teil-GdB ungeprüft übernommen, was Teil seiner überhöhten Annahme eines Gesamt-GdB von 50 ist.
Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ kommt ein höherer Teil-GdB von 20, wie ihn auch das SG nur gesehen hat, angesichts der hohen Funktionalität der Klägerin und der Ermangelung jeglicher Therapie, insoweit mit fehlender Verifizierung der Behauptungen des Sachverständigen J1, nicht in Betracht.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 begründen Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen in Form leichterer psychovegetativer oder psychischer Störungen einen GdB von 0 bis 20, stärkere Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) einen GdB von 30 bis 40, schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB von 80 bis 100. Die funktionellen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung, insbesondere wenn es sich um eine affektive oder neurotische Störung nach F30.- oder F40.- ICD-10 GM handelt, manifestieren sich dabei im psychisch-emotionalen, körperlich-funktionellen und sozial-kommunikativen Bereich (vgl. Philipp, Vorschlag zur diagnoseunabhängigen Ermittlung der MdE bei unfallbedingten psychischen bzw. psychosomatischen Störungen, MedSach 6/2015, S. 255 ff.). Diese drei Leidensebenen hat auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung angesprochen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Juli 2017 – B 9 V 12/17 B –, juris, Rz. 2). Dabei ist für die GdB-Bewertung, da diese die Einbußen in der Teilhabe am Leben in der (allgemeinen) Gesellschaft abbilden soll, vor allem die sozial-kommunikative Ebene maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VH 2746/15 –, juris, Rz. 61). Bei dieser Beurteilung ist auch der Leidensdruck zu würdigen, dem sich der behinderte Mensch ausgesetzt sieht, denn eine „wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ meint schon begrifflich eher Einschränkungen in der inneren Gefühlswelt, während Störungen im Umgang mit anderen Menschen eher unter den Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ fallen, der ebenfalls in den VG genannt ist. Die Stärke des empfundenen Leidensdrucks äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch und maßgeblich in der Behandlung, die der Betroffene in Anspruch nimmt, um das Leiden zu heilen oder seine Auswirkungen zu lindern. Hiernach kann bei fehlender ärztlicher oder der gleichgestellten (§§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Krankenversicherung) psychotherapeutischen Behandlung durch – bei gesetzlich Versicherten zugelassene – Psychologische Psychotherapeuten in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (Senatsurteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4718/16 –, juris, Rz. 42; vgl. auch LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 17. Dezember 2010 – L 8 SB 1549/10 –, juris, Rz. 31).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht objektiviert. Eine solche folgt schon aus dem – mehrfach in Bezug genommenen – Entlassungsbericht aus dem Jahr 2013 gerade nicht. Abgesehen davon, dass dieser nur eine mittelgradige depressive Episode beschreibt, also keinen Dauerzustand, wird zur weiteren Stabilisierung lediglich die Fortführung der Psychotherapie empfohlen, aber kein weitergehender Behandlungsbedarf beschrieben. Daneben kann aus einer Behandlung 2013 allein nicht auf GdB-relevante Einschränkungen zum Zeitpunkt der Antragstellung 2019, also fünf Jahre später, geschlossen werden, zumal danach erst die operativen Maßnahmen wegen des massiven Übergewichts erfolgten.
Anhaltspunkte dafür, dass in der Zwischenzeit, also noch weitere fünf Jahre, d.h. insgesamt zehn Jahre nach der einmaligen Fachdiagnose, fachärztliche Behandlungen notwendig geworden oder durchgeführt worden wären, bestehen nämlich nicht, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat. Aus den Ausführungen des K1, als Internist fachfremd, ergibt sich nichts Anderes, da dieser weder tragende Befunde mitgeteilt hat, noch solche aus seiner Behandlungsdokumentation folgen. Dort sind vielmehr nur Diagnosen mit einmaliger Kodierung vermerkt, aus denen allein keine Rückschlüsse auf tatsächliche psychische Erkrankungen gezogen werden können.
Das kann aber schon deshalb dahinstehen, da sich in der Rehabilitationsklinik während der stationären Rehabilitation – immerhin über einen Zeitraum von gut vier Wochen – ein psychisch unauffälliger Befund zeigte, wie aus dem Entlassungsbericht folgt. Weder sind psychische Auffälligkeiten beschrieben, noch hieraus resultierende Funktionseinschränkungen, sodass sich korrespondierend hierzu keine Anhaltspunkte für eine medikamentöse Behandlungsnotwendigkeit ergeben. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen und damit die dokumentierten ärztlichen Befunde gewürdigt und, anders als die Klägerin glauben machen will, keine eigene medizinische Beurteilung vorgenommen. Im Übrigen hat die Klägerin selbst keine weitergehenden Behandlungen berichtet, sodass ersichtlich kein Ermittlungsbedarf über die bereits aktenkundigen Befundunterlagen hinaus bestanden hat. Ihre Ausführungen, dass ihr Beschwerdevorbringen deshalb „unstrittig“ sei, weil das SG keine weiteren Ermittlungen angestellt habe, gehen in der Sache fehl. Das SG hat vielmehr, wie es seiner Aufgabe entspricht, die Befundunterlagen ausgewertet, hierauf die – rechtliche – Bewertung des GdB gestützt und ist schlüssig zu dem Ergebnis gelangt, dass die versorgungsärztliche Bewertung von der Befundlage nicht getragen wird. Soweit S3 und Z1 von einem Teil-GdB von 30 ausgehen, überzeugt dies angesichts der objektivierten Befunde nämlich nicht und anderes folgt aus dem Vorbringen der Klägerin, dass keine Pflicht bestehe, sich medikamentös oder fachärztlich behandeln zu lassen, nicht. Abgesehen davon, dass bei fehlender ärztlicher Behandlung keine Verlaufsdokumentation vorliegt und damit keine Anknüpfungstatsachen gesichert sind, auf die sich die Bewertung stützen könnte, ist vorliegend, wie oben dargelegt, während der mehrwöchigen Rehabilitation gerade ein unauffälliger Befund erhoben worden.
Aus dem Gutachten des J1 folgt nichts Anderes. Dieser hat zunächst Bewusstseinserweiterungen oder Bewusstseinsverschiebungen verneint, die Orientierung als vollständig erhalten beschrieben und nur leichtgradige Beeinträchtigungen der Auffassungsgabe, der Konzentrationsfähigkeit, der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit gesehen. Die kognitiven Funktionen beschreibt er dazu passend als ungestört, bei geordnetem formalen Denken zeigten sich keine Hinweise für Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses. Gestik und Mimik beschreibt er als regelrecht und situationsadäquat, lediglich den Antrieb als schmerzbedingt reduziert. Einschlafstörungen sind von der Klägerin verneint worden. Pathologische Befunde, die die Annahme einer stärker behindernden Störung rechtfertigen würden, sind von ihm somit nicht erhoben worden. Auch steht sein Befund in keinem Widerspruch zu den Ausführungen der Rehabilitationsklinik B1, sondern stützt diesen vielmehr.
Vorstehendes wird in tatsächlicher Hinsicht dadurch untermauert, dass J1 bei der Klägerin einen geregelten Tagesablauf und ein erhaltenes Interessenspektrum erhoben hat. Sie hat ihm berichtet, neben ihrer beruflichen Tätigkeit – vorwiegend im Homeoffice – den Haushalt zu versorgen, sich um die Enkel zu kümmern und Besorgungen zu erledigen. Somit ist sie sogar außerordentlich belastbar. Weiter ist dargelegt, dass sie Saxophon im Orchester spielt, dort Aufgaben im Vorstand wahrnimmt sowie gerne Musik hört. Weiter sind regelmäßige Urlaubsreisen beschrieben worden, sodass eine relevante Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach den eigenen Erhebungen des Sachverständigen gerade nicht objektiviert ist, woraus dieser aber nicht die erforderlichen Schlussfolgerungen zieht. Seine rechtliche Bewertung der Höhe von Teil-GdB und Gesamt-GdB beruhen damit auf einer unzureichenden Würdigung der Anknüpfungstatsachen, sind unschlüssig und können deshalb nicht überzeugen.
Soweit die Klägerin dem Sachverständigen J1 erstmals über seit Jahren bestehende Kopfschmerzen berichtet hat, rechtfertigt sich hieraus die Annahme eines Teil-GdB (vgl. zur Migräne VG, Teil B, Nr. 2.3) nicht. Der Sachverständige stützt sich hier nur auf ihre subjektiven Angaben, ohne dies zu hinterfragen und dies, obwohl er selbst darauf hingewiesen hat, dass sich nach Aktenlage weder Befunde noch Beschwerdeangaben finden. Das würdigt er aber nicht, obzwar kein Grund ersichtlich ist, warum sie darüber bei den zahlreichen Behandlungen nicht hätte berichten sollen. Anhaltspunkte für Leistungseinschränkungen aufgrund einer Kopfschmerzsymptomatik ergeben sich aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht nicht, wo dies aber angesichts der längeren Verlaufsbeobachtung hätte auffallen müssen. Solche sind angesichts des der Klägerin möglichen Tagesablaufs (dazu im Einzelnen oben) nicht plausibel. Eine fachärztliche Diagnostik ist ebenso wenig ersichtlich wie eine medikamentöse Behandlungsnotwendigkeit. Ein weiterer Teil-GdB von 30, der bei diesem Krankheitsbild ohnehin nur bei einer massiven Problematik in dieser Höhe in Betracht kommt, wie der Sachverständige meint, kommt somit mangels tragender Befunde schon nicht in Betracht. Es kann daher dahinstehen, wie sich ein solcher auf die GdB-Bildung im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ auswirken würde.
Im Funktionssystem „Rumpf“ ist kein Teil-GdB begründet.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten „Postdiskotomiesyndrom“) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte „Wirbelsäulensyndrome“ (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz-dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Hiervon ausgehend sind wenigstens mittelgradige Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt nicht objektiviert. Vielmehr entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik B1, das sich an der Wirbelsäule der Klägerin keine abnormen Verbiegungen zeigten, diese auch frei beweglich war und sich Motorik und Sensibilität unauffällig darstellten. Passend hierzu beschreibt der im Berufungsverfahren vorgelegte Befund der MRT der LWS vom 20. Januar 2022 keine Wurzelkompressionen. Diese objektivierten, nicht pathologischen Befunde, werden, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Rehabilitationsbehandlung keinen orthopädischen Schwerpunkt gehabt haben mag. Das ist aber nicht erforderlich, denn in aller Regel wird in einer Rehabilitationsklinik der gesundheitliche Status des Patienten umfassend erhoben, weil daraus Rückschlüsse auf den jeweiligen Behandlungsbedarf gezogen werden müssen. So hat es sich auch im Falle der Klägerin gestaltet. Ihre orthopädischen Befunde sind tatsächlich ärztlich erhoben worden. Nichts Anderes folgt daraus, dass J1 Bewegungseinschränkungen in einzelnen Bewegungsrichtungen gesehen hat. Dies gilt schon deshalb nicht, da er der von ihm gesehenen Mobilität gerade keinen funktionellen Organschäden zuschreibt, sondern dem von ihm beschriebenen Schmerzsyndrom. Eine gesonderte Bewertung neben dem Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ scheidet damit auch mit dem Sachverständigen aus.
Im Funktionssystem „Harnorgane“ wird ein Teil-GdB von 20 ebenfalls nicht erreicht. Soweit ein Nierensteinleiden beschrieben wird, hat Z1 versorgungsärztlich überzeugend dargelegt, dass diese Erkrankung bei der Klägerin kein GdB-relevantes Ausmaß erreicht. Daneben ist in Rechnung zu stellen, dass nach den VG, Teil B, Nr. 12.1.1 ein Nierensteinleiden ohne Funktionseinschränkung der Niere erst dann mit einem Teil-GdB von 20 bis 30 zu bewerten sein kann, wenn es zu häufigen Koliken, Intervallbeschwerden und wiederholten Harnwegsinfekten kommt, was bei der Klägerin in keiner Weise objektiviert ist. Vielmehr ist dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik B1 zu entnehmen, dass die Harnblase sogar ohne Befund gewesen ist, sich bei erkennbarem Nierenstein keine Stauung oder Infektzeichen ergaben. Auf eine Ermittlung der Ursache für das Entstehen des Nierensteines kommt es, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht an, ebenso nicht darauf, dass eine weitere CT durchgeführt wurde, zumal es nach den VG nicht auf die bildgebenden Befunde, sondern ausschließlich funktionale Befunde ankommt. Denn bei der GdB-Bewertung sind nicht die Ursachen, sondern die Auswirkungen der festgestellten Behinderungen auf die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft maßgeblich (BSG, Urteil vom 27. Oktober 2022 – B 9 SB 4/21 R –, SozR 4-3250 § 152 Nr. 4, Rz. 38). Solche Funktionseinschränkungen sind gerade nicht beschrieben worden, was die versorgungsärztliche Einschätzung stützt. Diese wird ebenfalls durch den im Berufungsverfahren vorgelegten Befund des urologischen Zentrums M3 vom 15. September 2023 belegt, wonach sich die Klägerin beschwerdefrei bei unauffälliger Miktionsfrequenz zur Untersuchung vorgestellt hat. Das Abdomen wird als weich, die Nierenlager als beidseits frei beschrieben, also erneut ohne pathologischen Befund. Nichts anderes ergibt sich aufgrund des in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Ergebnis der ganz aktuellen CT. Dass dort operationsbedürftige Nierensteine mit einer Größe von 17 mm gesehen worden sind, erweist sich nicht als GdB-relevant, sondern belegt nur einen aktuellen Operationsbedarf, nämlich die erforderliche Zertrümmerung der Steine, die aufgrund ihrer Größe nicht normal durch die Harnleiter abgehen können. Nachdem weiter angegeben wurde, dass die Harnblase normal gefüllt gewesen ist, arbeitet die Niere weiterhin korrekt, also ohne Anhaltspunkte für relevante Funktionseinschränkungen, es hat sich insoweit schon kein von den Vorbefunden abweichender Befund ergeben. Anhaltspunkte für die eine Nierenfunktionseinschränkung bestehen damit weiterhin nicht, worauf auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat.
Weiter ist kein Teil-GdB im Funktionssystem „Herz und Kreislauf“ (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.1) begründet. Dem Arztbericht des M1 entnimmt der Senat vielmehr, dass sich bei der Klägerin ein echokardiographischer Normalbefund zeigte. Dieser unauffällige Befund hat sich zuletzt in der Rehabilitationsklinik B1 bestätigt, die ebenfalls keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen gesehen hat. Daneben folgt schon aus dem Befundschein des K1, dass die arterielle Hypertonie (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.3) medikamentös eingestellt ist und keine Dokumentation von Messwerten vorliegt, aus denen sich ein diastolischer Blutdruck von mehrfach über 100 mmHg ableiten lässt. Organbeteiligungen oder Organschäden hat der Internist ebenfalls nicht erhoben.
Daraus, dass der K1 in seinem Attest vom 3. Juni 2024 ein Lip-/Lymphödem beschrieben und Kompressionsbandagen verordnet hat, folgt nicht anderes. B4 hat hinsichtlich dieser Befunde versorgungsärztlich nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass während der stationären Rehabilitation gerade keine pathologischen Befunde an den Beinen erhoben worden sind, sondern ein regelrechter Zustand beschrieben ist. Ebenso führt B4 zutreffend aus, dass das Universitätsklinikum F1 am 19. Juli 2023 keine pathologischen Befunde im Bereich der Beine erhoben, sondern ausdrücklich festgehalten hat, dass sich bei der körperlichen Untersuchung keine Beinödeme zeigten. Dass keine Untersuchung erfolgt wäre, wie die Klägerin behauptet, trifft nach dem von ihr selbst vorgelegten Bericht somit nicht zu. Die Befunde widerlegen weiter ihr Vorbringen, dass die Funktionseinschränkungen bereits seit Jahren bestünden und nur von keinem Untersucher behandelt worden seien. Tatsächlich haben sich bei den ärztlichen Untersuchungen keine pathologischen Befunde sichern lassen, sodass keine dauerhaften stärkergradigen Funktionseinschränkungen objektiviert sind. Ein höherer Teil-GdB als 10 (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.2.3), wie ihn auch B4 eingeschätzt hat, lässt sich aber nicht begründen.
Letztlich besteht aufgrund der in den MRT beschriebenen Knorpelschäden am Kniegelenk kein Teil-GdB von wenigstens 20 im Funktionssystem „Beine“ (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14), nachdem die Rehabilitationsklinik B1 Gelenkschwellungen ausdrücklich ausgeschlossen hat, sodass sich keine klinischen Zeichen anhaltender Reizerscheinungen ergaben. Eine Bewegungseinschränkung der Knie ist ebenfalls nicht dokumentiert.
Aus den Teil-GdB von 20 im Funktionssystem „Verdauung“ und 20 im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ lässt sich bereits der vom Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 40 nicht bilden. Daraus folgt gleichzeitig, dass sich eine andere Beurteilung im Sinne einer Schwerbehinderung auch dann nicht ergibt, wenn mit dem Sachverständigen J1 und der versorgungsärztlichen Einschätzung im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ ein Teil-GdB von 30 angenommen wird.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SB 439/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2150/23
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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